Professionelle Lobby / Public-Affairs Agenturen: Neue Formen der Interessenvertretung auf EU-Ebene


Diplomarbeit, 2002

98 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Fragestellung
1.2. Vorgehensweise
1.3. These und Zielsetzung der Arbeit
1.4. Forschungsstand und Quellenlage
1.5. Begriffsdefinitionen

2. Rahmenbedingungen für Interessenvertretung auf EU-Ebene
2.1. Nationale Einwirkungsmöglichkeiten
2.2. Relevante institutionelle Ansatzpunkte auf EU-Ebene
2.2.1. Die Kommission
2.2.2. Das Europäische Parlament
2.2.3. Der Rat der Europäischen Union
2.2.4. Wirtschafts- und Sozialausschuss und Ausschuss der Regionen
2.3. Verhaltensmaßregeln gegenüber Lobbyisten und Public-Affairs Agenturen auf der Ebene der europäischen Institutionen
2.3.1. Schwierigkeiten bei der Implementierung von Akkreditierungsmaßnahmen
2.3.2. Gründung von Public-Affairs Dachverbänden
2.4. Interessenvertretung im Mehrebenensystem der EU
2.4.1. Mehrebenen-Lobbying durch Public-Affairs
2.4.2. Beispiel zur Veranschaulichung von Public-Affairs im Mehrebenensystem der EU
2.5. Ineffektives Lobbying bei den Institutionen der EU
2.6. Prozessuale Einwirkungsmöglichkeiten
2.6.1. Rechtsetzungsverfahren
2.6.2. Rechtshandlungen

3. Wettbewerbssituation auf dem Lobbymarkt der EU
3.1. Wirtschaftsverbände und die Herausforderung an eine traditionelle Interessenvertretung auf europäischer Ebene
3.2. Wettbewerb zwischen Wirtschaftsverbänden und Unternehmen auf dem Feld der Interessenvertretung
3.2.1. Interessenvertretung durch strategische Bündnisse
3.3. Wettbewerb zwischen gemeinnützigen Interessengruppen und Unternehmen
3.3.1. Exemplarisches Verhalten in Krisensituationen
3.4. Praxisbezogene Darstellung des Ablaufs von Interessenvertretung bei den Institutionen der EU

4. Public-Affairs als Instrument der Interessenvertretung auf EU-Ebene
4.1. Interessensvertretungsrelevante Arbeitstechniken der Public-Affairs
4.1.1. Government Relations
4.1.2. Issues-Management
4.1.3. Monitoring
4.1.4. Public Relations
4.1.5. Coalition Building
4.2. Optimale Ansatzpunkte für Public-Affairs
4.3. Personenbezogene Kriterien im Tätigkeitsfeld Europäische Public-Affairs
4.3.1. Exkurs: Weiterbildungsmöglichkeiten für Interessenvertreter auf EU-Ebene
4.4. Kontaktaufnahme von Public-Affairs Agenturen mit Kunden im Betätigungsfeld Interessenvertretung auf EU-Ebene
4.5. Kontaktaufnahme mit den relevanten politischen Entscheidungsträgern
4.6. Kundenstruktur von Public-Affairs Agenturen
4.7. Der Public-Affairs Markt auf EU-Ebene: Unabhängige Nischenspieler und globale Netzwerke
4.8. Förderung von Public-Affairs Netzwerken durch die zunehmende europäische Integration
4.9. Prognosen für den Public-Affairs Markt in der EU

5. Versuch einer Evaluierung von Interessenvertretung
5.1. Portfolio-Darstellung zur Bewertung der Kosten-Nutzen Relation von Interessenvertretung

6. Ausblick: Interessenvertretung von Public-Affairs Agenturen bei den Institutionen der EU

Literaturverzeichnis

Anhang A

Anhang B

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Umfassende Interessenvertretung durch Public-Affairs Agenturen

Abbildung 2: Gründe für ineffektives Lobbying

Abbildung 3: Exemplarisches Verhalten in Krisensituationen

Abbildung 4: Praxisbezogene Darstellung des Ablaufs von Interessenvertretung bei den Institutionen der EU

Abbildung 5: Die umsatzstärksten PR-Agenturen mit Schwerpunkt Public-Affairs in Brüssel

Abbildung 6: Analyse und Kostenbewertung von Interessenvertretung

1. Einleitung

Nach Einschätzung der Europäischen Kommission sind bereits 80% aller nationalen Regelungen im Bereich des Wirtschaftsrechts durch die Europäische Union (EU) festgelegt. Insgesamt wurden mittlerweile 50% aller Gesetze in der Bundesrepublik Deutschland von der EU initiiert.1

Seit längerem gewinnen die Gesetzgebungsvollmachten der EU für die Mitgliedsstaaten zunehmend an Bedeutung. Vier Änderungen der Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaften sind bisher vereinbart worden, welche den Gestaltungsspielraum der EU stetig erweiterten: 1986 mit der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA), 1992 im Maastrichter Vertrag, 1997 im Amsterdamer Vertrag und 2000 im Vertrag von Nizza (Ratifizierung steht noch aus).2 Mit der EEA, welche 1987 in Kraft trat, wurden die EG- Verträge um neue Aufgabenbereiche erweitert und die Verwirklichung eines gemeinsamen Binnenmarktes bis Ende 1992 beschlossen. Es wurde darin vereinbart, den freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr zwischen allen Mitgliedstaaten zu ermöglichen. Zur Gewährleistung dieser sogenannten vier Grundfreiheiten mussten die nationalen Rechtsvorschriften der einzelnen Länder einander angeglichen werden. Hierfür unumgänglich waren erweiterte legislative Befugnisse des Europäischen Parlaments (EP) und eine partielle Abschaffung des nationalen Vetos im Ministerrat um die Entscheidungsstrukturen der Gemeinschaft zu verbessern.3

Aus dieser Einführung der qualifizierten Mehrheit in den Entscheidungsprozeû bestimmter Politikfelder und der Stärkung der gesetzgeberischen Kompetenzen der EU-Institutionen, insbesondere des Parlaments, resultierte ein starker Anstieg von Interessengruppen und Organisationen, welche sich der Mitgestaltung und Beeinflussung von EU-Politikentwürfen widmeten.4

Die Umstellung des Entscheidungsprozesses im EU-Ministerrat von der Einstimmigkeit auf qualifizierte Mehrheit in Fragen der Binnenmarktintegration in der EEA und der Verzicht auf das Ziel der vollständigen Harmonisierung von Rechtsvorschriften, technischen Standards und Normen zugunsten ihrer gegenseitigen Anerkennung zwischen den Mitgliedsländern im Weiûbuch zur Vollendung des Binnenmarktes halfen, eine Phase der Stagnation der Integrationsbemühungen zu beenden und forcierten die Vollendung des Binnenmarktes. Der Maastrichter Vertrag von 1991 ebnete den Weg für die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) 1999. Die Beschränkung auf die Herstellung des Binnenmarktes durch den Abbau von Barrieren zugunsten des freien Wirtschaftsverkehrs und auf die stabilitätspolitische Absicherung der WWU trugen entscheidend zur Realisierung dieses ökonomischen Integrationsprojektes bei.5

Die Entwicklung zu einer immer stärker zusammenwachsenden EU ist auf lange Sicht noch nicht abgeschlossen und mit der dynamischen Veränderung und Weiterentwicklung der europäischen Idee hat sich auch das Selbstverständnis, die Art und Weise der Partizipation und der Partizipationsmöglichkeiten der politisch Handelnden und der gesellschaftlichen Gruppen geändert.

Aus dieser Dynamik sich ständig wandelnder Beteiligungsmöglichkeiten erklärt sich die Notwendigkeit einer adäquaten Interessenvertretung für gesellschaftliche Gruppierungen, ebenso wie für privatwirtschaftliche Unternehmen.

Insbesondere die enorme Gestaltungsmacht der EU-Institutionen im wirtschaftlichen Bereich berücksichtigend, soll diese Arbeit das Ziel verfolgen, das bisher wissenschaftlich wenig beachtete Feld der professionellen Interessenvertretung auf EU-Ebene zu erforschen. Schwerpunkt sind Beratungsunternehmen für Interessenvertretung und Lobbying bei den Institutionen der EU, welche speziell im Hinblick auf ihre Ansatzmöglichkeiten und die einzusetzenden Instrumente untersucht werden sollen.

1.1. Fragestellung

In folgender Aussage von Sam Rowe, der Direktorin von GPC International in Brüssel, wird eine Notwendigkeit deutlich, mit der sich viele Unternehmen und Interessengruppen jedweder Art auseinandersetzen müssen: “In many areas it is Brussels, not the national capitals that are forming policy. To ignore this is to potentially restrict a company’s potential to trade in Europe as it wished”6

Um weiterhin oder zukünftig eine Stimme im politischen Entscheidungsfindungsprozess der EU zu haben, ist es notwendig, sich auf geänderte Rahmenbedingungen einzustellen und zu erkennen, dass in vielerlei Hinsicht eine wirksame Interessenvertretung nur noch über eine Einwirkung auf europäischer Ebene gewährleistet werden kann.

Um sich dem Komplex der Interessenvertretung im transnationalen System in Teilbereichen nähern zu können, muss man sich zunächst mit den institutionellen Rahmenbedingungen und Ansatzmöglichkeiten sowie den gegebenen Strukturen der Interessenvertretung auf EU-Ebene auseinandersetzen.

Auf der Achse der politikwissenschaftlichen Ansätze der Interessengruppenforschung in der EU markieren Pluralismus und (Neo-) Korporatismus gewissermaûen die Endpunkte, wobei die Mitgliedsstaaten an unterschiedlichen Positionen innerhalb dieses Spektrums angesiedelt sind. Grob vereinfacht stehen im Pluralismus die gesellschaftlichen Gruppen im Willensbildungsprozess in Konkurrenz miteinander während im Korporatismus ein stärkerer Wert auf den Konsens der Gruppen und die Einbindung in das politisch-administrative System gelegt wird. Da sich das europäische Mehrebenensystem, welches im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch erörtert werden wird, sowohl auf den nationalen politischen Systemen, als auch auf den gemeinschaftlichen Strukturen gründet, ist es schwierig ein einheitliches Interessenvertretungssystem zu erkennen. Allerdings herrscht in vielen Sektoren ein intensiver Wettbewerb, welcher pluralistische Formen nahe legt.7 Welche Strukturen dominieren, muss im konkreten Fall durch eine Analyse des institutionellen Rahmens unter Berücksichtigung des entsprechenden Politikfeldes geklärt werden.

Da Lobby/Public-Affairs Agenturen als externes Beratungsunternehmen fungieren, d.h. keine eigenen, sondern die Interessen des Kunden vertreten, ist es von Bedeutung zu erfahren, welche Gruppen diese Beratungsleistung in Anspruch nehmen.8 Naheliegend wäre es, dass insbesondere Unternehmen und Organisationen, welche für sich selbst ein Interessenvertretungsdefizit ausmachen auf externe Unterstützung zurückgreifen. Dies wären insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), sowie sonstige Interessengruppen, die in der Mehrzahl der Fälle weder über eigene Verbindungen zu den Institutionen der EU noch über einen bedeutenden Einfluss in ihrem Verband bzw. der Öffentlichkeit verfügen. Die Kundenstruktur der Public-Affairs Agenturen auf europäischer Ebene wird im vierten Kapitel genauer untersucht werden.

Im Zentrum dieser Arbeit steht die Frage, durch welche Faktoren sich Public-Affairs Agenturen im Bereich der Interessenvertretung auf EU-Ebene etablieren konnten und mit welchen Methoden und Instrumenten ihnen dies gelang. Eine solche Frage zur Stellung dieser Agenturen kann jedoch nur unter Berücksichtigung des Umfeldes beantwortet werden.

1.2. Vorgehensweise

Im zweiten Kapitel sollen die institutionellen Rahmenbedingungen mitsamt ihrer Entscheidungsstrukturen für Ansätze einer wirksamen Interessenvertretung auf EU-Ebene dargestellt werden.9 Für das Verständnis der zu behandelnden Fragestellung und um die Arbeit von professionellen Interessenvertretern evaluieren zu können, ist es notwendig, ansatzweise die interessenvertretungsrelevanten Organe der Europäischen Union, die Grundzüge der Entwicklung ihrer Funktionen und der europäischen Rechtsetzungsverfahren darzustellen. Hieraus lassen sich die für die Akteure entscheidenden Ansatzmöglichkeiten für eine erfolgreiche Interessenvertretung herleiten. Je nachdem in welchem Stadium der Rechtsetzung und in welcher Rechtsform sich ein relevantes Thema befindet, ergeben sich spezifische Möglichkeiten der Einflussnahme.

Aus der Darstellung wird erkennbar, dass auf Ebene der EU kein Mangel, sondern vielmehr ein kaum zu überblickendes Angebot an Wegen gibt, über die man seine Interessen vertreten kann.

Die Entscheidungen auf EU-Ebene vollziehen sich politikfeldspezifisch. Die Entscheidungsfindung verläuft unterschiedlich, da je nach Rechtsgrundlage die Wahl der Instrumente, die Akteure, das Verfahren und die Verbindlichkeit der gefallenen Entscheidung variiert.10

Wie sich im weiteren Verlauf noch zeigen wird, steigert die zunehmende Komplexität des europäischen Mehrebenensystems die Akzeptanz von Beratungsunternehmen, welche sich auf genannte Strukturen spezialisiert haben.11

Erwähnt werden in diesem Zusammenhang auch jene nationalen Organe über die sich ebenfalls auf absehbare Zeit auf europäischer Ebene Interessen vertreten lassen. Nach dieser theoretischen Erörterung der Rahmenbedingungen soll erkennbar sein, in welchem Umfeld sich die Arbeit einer Public-Affairs Agentur als externer Interessenvertreter und Berater abspielt.

Nachdem im zweiten Kapitel das Arbeitsfeld der Interessenvertretung aufgezeigt wurde, beschäftigt sich das anschlieûende Kapitel mit der Wettbewerbssituation auf dem Feld der Interessenvertretung auf europäischer Ebene, wo eine Vielzahl von Interessengruppen, Unternehmen und Verbänden um Zugang zu den politischen Entscheidungsträgern konkurriert. Um Public-Affairs Agenturen als neue Form der Interessenvertretung bewerten zu können, ist es von groûer Bedeutung einen Eindruck über die Wettbewerbssituation zu haben, um die Stärken aber auch die Schwächen der Wettbewerber genauer beurteilen zu können.

Im vierten Kapitel, welches den Hauptteil dieser Arbeit darstellt, soll eine Branchenstudie der Public-Affairs Agenturen erstellt werden. Von Bedeutung ist insbesondere die Darstellung, der für Interessenvertretung relevanten Instrumente von Public-Affairs, welche ein flexibles und ganzheitliches Vorgehen ermöglichen.

Dieses Kapitel beinhaltet einen empirischen Teil, der sich im wesentlichen auf eine durchgeführte Umfrage bei Public-Affairs Agenturen stützt und einen Überblick über die brancheninternen Rahmenbedingungen auf EU-Ebene gibt. Abschlieûend erfolgt eine Prognose der Perspektiven der Public-Affairs Branche.

Um die Praxisbezogenheit der Arbeit zu unterstreichen erfolgt daraufhin der Versuch ein Instrument zu entwickeln anhand dessen die Notwendigkeit von Public-Affairs Agenturen im Einzelfall gegen traditionelle Formen der Interessenvertretung, im wesentlichen Verbände und Unternehmensdependancen, abgewogen werden kann.

Anhand einer Portfolio-Darstellung soll im Vorfeld eines konkreten Projekts eine KostenNutzen Einschätzung des zu wählenden Interessenvertreters ermöglicht werden. Im abschlieûenden Teil sollen die gewonnenen Erkenntnisse noch einmal zusammengefasst und ein Ausblick über die sich abzeichnende Bedeutung des Public-Affairs Marktes für Interessenvertretung auf EU-Ebene gegeben werden.

1.3. These und Zielsetzung der vorliegenden Arbeit

Professionelle Lobby/Public-Affairs Agenturen, welche für Unternehmen der Privatwirtschaft auf europäischer Ebene die Interessevertretung optimieren und deren Beziehungen zu den Institutionen der Europäischen Union professionalisieren, profitieren von der Schwäche der Wirtschaftsverbände als klassisches Lobby-Medium und dem gestiegenen Anspruchdenken in der Privatwirtschaft.

Aufgrund heterogener Interessen ihrer Mitglieder sind Verbände schwerlich in der Lage unternehmensspezifische Anliegen wirksam zu vertreten.

Diese Problematik verstärkt sich auf europäischer Ebene. Partikularinteressen von Firmen müssen dem kleinsten gemeinsamen Nenner geopfert werden, um nicht die verbandsinterne Beschlussfähigkeit zu verlieren. Im europäischen Maûstab kann das bedeuten, dass die einheitliche Position eines nationalen Verbandes vom EU-Dachverband nicht übernommen wird.12

Die Aufsplitterung von Interessen führt dazu, dass sich Unternehmen dahingehend absichern müssen, dass ihr individuelles Anliegen notfalls ohne Rückendeckung des nationalen oder europäischen Verbandes in den Entscheidungsfindungsprozess eingebracht wird. Dies kann durch ein eigenes Unternehmensbüro vor Ort und/oder durch die Inanspruchnahme professioneller Lobby/ Public-Affairs Agenturen erfolgen. Die Vertretung von Interessen bei den Institutionen der EU setzt hierbei ein hohes Maû an Organisation und Kontinuität der politischen Arbeit vor Ort voraus.

Die These der vorliegenden Arbeit lautet, dass aufgrund der doppelten Problematik, nämlich der zunehmenden Kompetenzverlagerung von den Nationalstaaten hin zu den Organen der EU und der unausgereiften oder fehlenden Antizipation dieser Entwicklung eine Interessenvertretungslücke entstanden ist, wodurch insbesondere singuläre Anliegen nur schwerlich in den Politikformulierungsprozess eingebracht werden können. Diese Schwäche wird durch ein gesteigertes Anspruchsdenken der Privatwirtschaft noch verstärkt, wodurch ein Bedarf an professioneller externer Hilfe entstanden ist.

Durch das transnationale EU-System entsteht eine Konstellation, welche traditionelle Mittel der Interessenvertretung, die sich auf nationalstaatlicher Ebene bewährt haben, mitunter langsam und unflexibel erscheinen lässt.

Trade Association usually do not work well at EU level. They are either too slow, underfunded, dominated by one or two players.”13

Daraus ergibt sich die Konsequenz, dass Unternehmen gezwungen sind, sich eigenständig auf die neuen Rahmenbedingungen einzustellen. Hierdurch entsteht eine Nachfrage nach externen Beratern, welche in diesem Bereich über Kernkompetenzen verfügen. Dies können einerseits Anwaltskanzleien sein, die sich auf EU-Recht spezialisiert haben, zum anderen aber jene Lobby/Public-Affairs Agenturen, welche neben dem reinen Lobbying auch über die passenden Begleitinstrumente verfügen, um ganzheitliche Interessenvertretung für den Auftraggeber zu gewährleisten.

Begünstigt wird das Aufkommen von Lobby/Public-Affairs Agenturen durch eine zunehmende Bewusstwerdung der Bedeutung von professionellem Public-Affairs Management. D.h. wo vor einigen Jahren lediglich eine Grundversorgung an Interessenvertretung durch den zuständigen Verband wahrgenommen wurde, ist heute die Bedeutung von Lobbying auf europäischer Ebene so angestiegen, dass Unternehmen für ihr Anliegen in für sie relevanten Detailfragen individuelle Lösungen bevorzugen.14

Gründe für den Einsatz professioneller Agenturen sind u.a.:

- der gewachsene Einfluss der EU als Entscheidungsträger
- das komplexe politische System mit einer Vielzahl von Einwirkungsmöglichkeiten auf unterschiedlichen Ebenen
- der starke Wettbewerb der verschiedenen Interessengruppen
- Interessenvertreter stehen besonders im Licht der (kritischen) Öffentlichkeit und müssen entsprechend professionell handeln können
- das gestiegene Anspruchsdenken in vielen Unternehmen

Ziel dieser Arbeit soll es sein, einen ersten akademischen Überblick über diese neue Form der Interessenvertretung auf der Ebene der EU zu geben. Im Idealfall kann sie als Ansatzpunkt für weitere Forschung, welche sich mit externen Beratungsunternehmen als Akteur der Interessenvertretung in der EU auseinandersetzt, dienen. Hierfür bieten sich diverse Ansätze, beispielsweise die wissenschaftliche Untersuchung von sogenannten Nischenspielern, also Agenturen, welche sich auf ein bestimmtes Politikfeld spezialisiert haben oder eine Fallstudie bezüglich eines konkreten Projekts.

1.4. Forschungsstand und Quellenlage:

Die in dieser Arbeit im Mittelpunkt stehenden Lobby/Public-Affairs Agenturen sind nach Kenntnis des Verfassers bisher nicht in der Forschung genauer untersucht worden. "At this point, Public-Affairs is a field of study in which practitioners set the pace of development. Innovations in practice often occur as a result of pressures faced by practitioners, rather than as an outcome of investigations by researchers or university study of practice”15 Eine veröffentlichte Arbeit, welche sich mit solchen Agenturen, als Akteur auf der europäischen Ebene befasst, liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vor. In den bisherigen deutschsprachigen Veröffentlichungen findet sich i.A. lediglich knappe Hinweise auf die Existenz von sogenannten Consultants und/oder (Rechts-) Kanzleien, welche Beratungsleistungen im Rahmen der Interessenvertretung anbieten.

Eine Gleichsetzung beider Gruppen erscheint allerdings wenig schlüssig, da auf EU-Recht spezialisierte Kanzleien erst aktiv werden, wenn Rechtshandlungen implementiert sind. Der Zweck von Lobbying und Public-Affairs besteht hingegen darin, den Rechtsetzungsprozess im Sinne des Auftraggebers zielführend zu begleiten.

Eine Ursache für die wissenschaftliche Vernachlässigung mag sein, dass diese Kommunikationsunternehmen aus deutscher Sichtweise einen verhältnismäûig neuen Stil der Lobbyarbeit darstellen, während sie im angelsächsischen Raum über eine längere Tradition verfügen.16

Interessant ist hierbei, dass in den wenigen Veröffentlichungen häufig unterschiedliche Auffassungen über die eigentliche Bedeutung des Begriffs Public-Affairs besteht. Es scheint also keine allgemein anerkannte Definition von Gebrauchswert zu geben, was natürlich auch Schlüsse auf die Einheitlichkeit der Agenturen zumindest im deutschen Sprachraum zulässt. Um es mit den Worten des Managing Directors eines europaweit agierenden Kommunikationsunternehmens zu sagen: ¹ Nicht überall, wo Public-Affairs draufsteht, ist auch Public-Affairs drinª .17

Zu den relevanten Fachperiodika auf dem europäischen Markt gehören Journal of Marketing Management, European Journal of Marketing, Journal of Public-Affairs und Journal of Communications Management, in denen häufig Forschungsergebnisse des European Centre for Public-Affairs und des European Centre for Public-Affairs Brussels veröffentlicht werden.18

Während im angelsächsischen Raum einige Veröffentlichungen zu Teilbereichen der Disziplin Public-Affairs existieren (eine Fallstudie zum Themenkomplex ¹ Issues Managementª stammt bereits aus dem Jahr 1973), gibt es im deutschsprachigen Raum bisher lediglich eine Veröffentlichung, welche sich explizit mit den Public-Affairs Techniken befasst. Dies ist ¹Public-Affairs Management. Strategien & Taktiken erfolgreicher Unternehmenskommunikationª von Dr. Peter Köppl, erschienen in Wien. Die Agentur ECC Public-Affairs hat ein weiteres Buch über die Wirkungsweise von Public-Affairs Techniken erstellt, welches zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht veröffentlicht ist.

Aufgrund der relativen Unbekanntheit von Public-Affairs insbesondere im deutschsprachigen Raum erfolgt die durchgängige Verwendung englischer Fachtermini. Um Missverständnisse oder inhaltliche Fehler zu vermeiden wurde auf eine Übersetzung verzichtet.

Um einen ersten Einblick über jene Agenturen auf europäischer Ebene zu erhalten, bietet sich vor allem das Studium der mehr praxisbezogenen als theorieorientierten Fachperiodika an, in denen regelmäûig Aufsätze von Public-Affairs Consultants und Berichte über die Marktlage, Auftragsvergabe etc. erscheinen, beispielhaft sei der Public-Affairs Newsletter erwähnt. Zur Identifizierung der Akteure auf dem Public-Affairs Markt bietet das European Public- Affairs Directory einen Überblick über die entscheidenden Ansprechpartner und Unternehmen im Bereich Interessenvertretung auf öffentlicher und privater Ebene.19

Die Erkenntnisse über Public-Affairs Agenturen basieren im wesentlichen auf der Grundlage von Recherchen über Internetportale dieser Agenturen und der Fachpresse, sowie der Auswertung von standardisierten Fragebögen, welche im Rahmen dieser Arbeit erstellt und an ranghohe Verantwortliche der Agenturen in der EU geschickt wurden.

Die Fragebögen enthalten 13 ¹ offeneª Fragen, welche in drei Kategorien gegliedert sind:

- Rahmenbedingungen und Arbeitsweise der Agentur
- Agentur als Akteur auf der EU-Ebene
- Markteinschätzungen und Prognosen

Die Auswahl der Agenturen erfolgte im wesentlichen über die Kriterien Gröûe, Bedeutung20 und Umsatzstärke, wobei Wert darauf gelegt wurde, dass der Schwerpunkt der Aktivitäten im Bereich der EU lag. Insgesamt haben sich 21 Agenturen an dieser Umfrage beteiligt, darunter acht der zehn umsatzstärksten in Brüssel ansässigen Unternehmen.

Darüber hinaus wurden Agenturen in sechs weiteren EU-Mitgliedsstaaten (Deutschland, Österreich, Schweden, Groûbritannien, Portugal und Niederlande) befragt, um mögliche divergierende Einschätzungen zwischen Agenturen ¹ vor Ortª und in den nationalen Hauptstädten bzgl. der Bedeutung der EU für Interessenvertretung ausmachen zu können. Des weiteren wurden mehrere Länderbüros einer Agentur befragt, um mögliche unternehmensinterne Auffassungsunterschiede zu ermitteln.21

In vielen Aspekten lieû sich eine Grundhaltung der Teilnehmer erkennen, wobei die verwendeten Zitate ein Extrakt der gemeinsam getragenen Positionen darstellen. Aussagen, welche die Meinung eines Einzelnen verdeutlichen, sind als solche gekennzeichnet. Ein bedeutender Teil der Ergebnisse dieser Arbeit stützt sich auf die Mikroauswertung der Fragebögen, was zur Folge hat, dass eine Vielzahl von Zitaten herangezogen wird - nicht zuletzt, um eine plastische und lebhafte Darstellung der Zusammenhänge zu gewährleisten. Zudem wurden die Aufzeichnungen des Verfassers von zwei Gesprächen mit Mitarbeitern von Public-Affairs Agenturen, welche in Brüssel und Berlin über Filialen verfügen, verwendet, sowie die Korrespondenz mit einem Mitherausgeber des Journal of Public- Affairs.22

Eine wissenschaftliche Analyse des gewählten Themenkomplexes wird dadurch erschwert, dass im System der EU viele Prozesse auf informellen Weg ablaufen und nicht alle internen Prozesse transparent gemacht werden.23 Insbesondere bei der Befragung von Public-Affairs Agenturen muss die Bedeutung von Diskretion berücksichtigt werden, welche für das Vertrauensverhältnis zwischen Kunden und Agentur von groûer Bedeutung ist.24

Wissenschaftliche Literatur zu der Entwicklung und Ausgestaltung der EU hat in den letzten Jahren stark zugenommen, hierzu zählen u.a. detaillierte Darstellungen der Institutionen sowie der Bereich der Integrationstheorie. Trotz dieser Menge an Veröffentlichungen werden Teile des EU-Systems nur peripher erschlossen.

Über die Haupttätigkeit dieser Agenturen, nämlich die Interessenvertretung im weiteren Sinne, gibt es auf der Ebene der Europäischen Union insbesondere in der englischsprachigen Fachliteratur umfangreiche Gesamtdarstellungen und Untersuchungen. Für diese Arbeit von besonderer Bedeutung waren insbesondere die Publikationen von Justin Greenwood, Sonia Mazey, Jeremy Richardson und M.C.P.M. van Schendelen, welche den Themenschwerpunkt Interessenvertretung auf EU-Ebene seit längerem verfolgen. Im deutschsprachigen Raum haben sich in den letzten Jahren ebenfalls einige Wissenschaftler dem Thema der Interessenvertretung auf EU-Ebene gewidmet. Hierzu gehören u.a. René Buholzer, Klemens H. Fischer, Klemens Joos, Christian Lahusen, Manfred Strauch und Jörg Teuber.

Diese Arbeiten ermöglichen einen Überblick über die Rahmenbedingungen und Ansatzmöglichkeiten für Interessenvertretung auf europäischer Ebene.

Einschlägige Fachliteratur, die den aktuellsten Veränderungen der politischen Organe der EU und des europäischen Gesetzgebungsprozesses Rechnung tragen, fand sich wenig. Als Ansatzpunkt für weitere Forschung eignen sich die Veröffentlichungen des bereits erwähnten European Centre for Public-Affairs in Surrey, Groûbritannien. Erwähnt seien zudem die Arbeiten von Justin Greenwood, Professor an der Robert Gordon Universität in Aberdeen.

Veröffentlichungen der EU-Organe befassen sich ebenso mit der Rolle von Interessenvertretern im Entscheidungsfindungsprozess. Genannt seien hier das Weiûbuch (Europaisches Regieren von 2001 oder die Mitteilung An open and structured dialogue between the Commission and special interest groups (1992) welche beide von der Kommission veröffentlicht wurden und sich u.a. mit der Thematik beschäftigen, wie eine Regulation der Interessenvertretung auf EU-Ebene organisiert werden könnte.

1.5. Begriffsdefinitionen

Es gibt in der Forschung viele Auffassungen, wie Begriffe wie Lobbying und Public-Affairs zu fassen sind. Im folgenden sollen die wichtigsten kurz dargestellt und die Termini so definiert werden, wie sie im Kontext dieser Arbeit Verwendung fanden.

Der Begriff Lobbying bzw. Lobbyismus entstand im angelsächsischen Raum, je nach Quellenlage in Groûbritannien oder in den Vereinigten Staaten. In seiner ursprünglichen Bedeutung bezieht sich der Terminus Lobby auf die Vorhalle oder den Korridor des Parlaments, wo man Abgeordnete ansprechen und mit dem eigenen Anliegen vertraut machen konnte. Dies weist auf den informellen Charakter von Lobbying hin, der sich von der offiziellenª Einflussnahme durch Regierungsmitglieder oder Parlamentarier unterscheidet.

In der Gesellschaft stellen wirtschaftliche Aktivitäten ein entscheidendes Element dar, welches von einer Vielzahl von Gesetzen und Reglementierungen betroffen ist. Effektiv sind solche Eingriffe von staatlicher Seite lediglich dann, wenn sie konstruktiv und sachgerecht sind. Hierzu bedarf es im Vorfeld politischer Entscheidungen des Sachverstandes von Vertretern der betroffenen Interessensgruppen. Lobbying, d.h. die informelle Einflussnahme auf politische Entscheidungen in beliebiger Form dürfte so alt sein wie das staatliche Handeln überhaupt.

Manfred Strauch definiert Lobbyismus in seinem Standardwerk ¹ Lobbying: Wirtschaft und Politik im Wechselspiel" aus dem Jahre 1993 als ¹ Prozess der Informationsbeschaffung und der Einflussnahme. Dies bedeutet ¹ das Einwirken auf Entscheidungsträger und Entscheidungsprozesse durch präzise Informationª .25 Als Lobby, Lobby Group oder auch als Pressure Group (Interessenverband) gelten gesellschaftliche Organisationen, die Einfluss auf staatliches Handeln nehmen. Das sind insbesondere Verbände, auch Gewerkschaften".

Als Sammelbegriff für diese einflussnehmenden Organisationen dient der Begriff der Interessengruppe. Interessengruppen sind in diesem Zusammenhang organisatorische Zusammenschlüsse, die zum einen Interessen ihrer Mitglieder gegenüber anderen Organisationen mit abweichenden oder konträren Interessen wahrnehmen, zum anderen die Interessen ihrer Mitglieder durch Mitwirkung und Einwirkung auf Regierung, Verwaltung, Parlament und Öffentlichkeit im politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeû zur Geltung bringen.

Hierunter verstehen wir jegliche Gruppierung, welche Forderungen an staatliche Entscheidungsträger formuliert, um eine Beeinflussung der Entscheidung zu erreichen. Diese Gruppierungen stehen abseits der staatlichen Entscheidungsebene und streben auch keine Position innerhalb des staatlichen Machtgefüges an.26

Die Ziele solcher Interessenvertretung können für die Gruppe sowohl exogen, als auch endogen sein. Exogen sind die Ziele, wenn ein sich nachteilig auswirkender Gesetzentwurf verhindert oder geändert werden soll. Ein endogenes Ziel könnte die Erlangung von Fördermitteln oder die Gewährung von Subventionen sein.

Van Schendelen wiederum stellt zur Klärung des Begriffs zwei Definitionen zur Verfügung, eine minimale und eine maximale. Erstere besagt, dass es sich beim Lobbying um den informellen Austausch von Informationen mit öffentlichen Entscheidungsträgern (¹ Public authoritiesª ) handelt, während der Versuch der Beeinflussung von öffentlichen Entscheidungsträgern auf informellem Wege die zweite (maximale) Erklärung darstellt. Der Unterschied zwischen beiden Definitionen ist nur gering. Der Austausch von Informationen dient dazu beim Gegenüber einen nachdrücklichen Eindruck zu hinterlassen, welcher sein Verhalten beeinflusst, während der Prozess der Beeinflussung den Austausch von Informationen voraussetzt. 27

Aus diesem Grund existieren zwei grundlegende Elemente beim Lobbying: Informationsbeschaffung über geplantes oder im Gang befindliches staatliches Handeln aus der Position des interessierten, potentiell oder aktuell betroffenen Auûenstehenden, Nicht- Beamten, Nicht-Politikers heraus und Versuch oder ¹ Kunst des Einwirkens" (wie Strauch es nennt) auf das in Planung oder Ausführung befindliche staatliche Handeln. Der Lobbyist spielt ergo den Mittler zwischen Innen und Auûen des Staates bzw. des staatlichen Handelns.

Generell spielt sich Lobbying auf zwei Ebenen ab: Direktes Lobbying ist die direkte persönliche Kommunikation mit dem Entscheidungsträger. Indirektes Lobbying erfolgt unter Beihilfe von kommunikativen Hilfsmitteln, wie etwa der Stimulierung von Personengruppen oder durch Bildung von Interessenskoalitionen.

Im Umfeld der europäischen Institutionen spricht man von zwei bedeutenden Formen des Lobbying, dem privaten und dem staatlichen.28 Beide Formen begründen sich durch die massiven wirtschaftlichen und mitgliedstaatlichen Interessen, welche im System der EU verhandelt und entschieden werden. Für die vorliegende Arbeit ist vorrangig das private, nicht-öffentliche Lobbying von Interesse.

Public-Affairs ist in Deutschland eine relativ neue Disziplin. Einzelne Begriffe sind in der Fachliteratur nicht einheitlich definiert.29 Gebräuchlicher war früher der Begriff der politischen Kommunikation, welcher häufig als Kommunikation innerhalb der Politik und ihres direkten Umfeldes verstanden wurde.30

Eingebürgert hat sich dieser Begriff in den 1970er Jahren in den Vereinigten Staaten, wo er von der amerikanischen Wirtschaft synonym für Begriffe wie ¹Community Relationsª, Urban Affairsª und ¹ Government Relationsª verwendet wurde. Geprägt war diese Form der Kommunikation von einem beiderseitigen Interesse von Staat und Wirtschaft an einem Dialog jenseits der breiten Öffentlichkeit.31

Mitunter wird der Begriff der Public-Affairs mit demjenigen der Public Relations gleichgesetzt, was allerdings die spezielle Blickrichtung der Public-Affairs zugunsten einer breiteren und allgemeineren Definition negiert. Allenfalls kann man von Public-Affairs als zielgruppenspezifische Public Relations sprechen, wobei die Politik die zentrale Dialoggruppe ist.32

Public-Affairs umfasst im Kontext dieser Arbeit ein ganzes Bündel von Techniken, welches der internen und externen Kommunikation und Interessendurchsetzung einer nichtstaatlichen Gruppierung im politischen Raum dient und dabei den politischen Meinungsbildungsprozess beeinflussen soll.

Professionelle Lobby/ Public-Affairs Agenturen sind privatwirtschaftliche profitorientierte Unternehmen oder Unternehmenssparten, welche im Auftragsverhältnis ihr Fachwissen in den Bereichen Public-Affairs und Lobbying zur Erlangung gesetzter Ziele zur Verfügung stellen.33 In den deutschsprachigen Veröffentlichungen zum Thema Interessenvertretung auf EU-Ebene ist i.A. recht undifferenziert von Consultants oder Kanzleien die Rede, wenn es um externe Beratung im Bereich Interessenvertretung geht.34

Wenngleich Public-Affairs Agenturen eine Vielzahl verschiedener Serviceleistungen anbieten, so liegt das Stamm- und Kerngeschäft im erweiterten Bereich der Interessenvertretung. Public-Affairs Agenturen unterstützen ihre Kunden bei der Durchsetzung ihrer Geschäftsziele mit kommunikativen Mitteln.

In den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Public Relations ist der Begriff Public-Affairs als verhältnismäûig neue Kommunikations-Disziplin zu einem Modebegriff geworden. Insbesondere nach dem Umzug der deutschen Bundesregierung haben sich eine Vielzahl von neu gegründeten oder bereits etablierten PR-Unternehmen in der neuen Bundeshauptstadt mit diesem Trendbegriff versehen. Da diese bisweilen verschiedene Definitionen zugrunde legen und unterschiedliche Ansichten über die Arbeitsmethoden bestehen, erweist es sich mitunter als schwierig, diese einem Vergleich zu unterziehen.35

Von daher schlieût sich der Verfasser der recht knappen Definition von Tom Spencer, Direktor und Gründer des European Centre for Public-Affairs in Surrey, an: ªPublic-Affairs consists of an organised attempt to influence decision taking within a political system”.36

Wie erkennbar ist, werden bezüglich der Zielsetzung von Lobbying und Public-Affairs keine ausgeprägten begrifflichen Differenzierungen vorgenommen. Lobbying ist ein Bestandteil der Public-Affairs, beide dienen dem gemeinsamen Ziel der Einflussnahme auf politische Entscheidungen.

2. Rahmenbedingungen für Interessenvertretung auf EU-Ebene

Bevor die im Zentrum dieser Arbeit stehenden Lobby/ Public-Affairs Agenturen genauer untersucht werden sollen, ist es von groûer Bedeutung, sich der EU als institutionelles Gebilde im Hinblick auf Interessenvertretung zu nähern.

In der Interessengruppenforschung wird seit langem betont, dass staatliche Institutionen - zu denen die EU-Stellen trotz Einschränkungen zu zählen sind - einen bedeutenden Einfluss auf Struktur und Orientierung von Interessengruppen haben.37 Der Spielraum einer Interessenvertretung ist grundsätzlich abhängig von den sozioökonomischen und politischen Gegebenheiten in einem System, wobei auf jeden Wandel eine Anpassung der Interessenvertretung an die neuen Strukturen erfolgen muss.

Das plausibelste Argument für die Bedeutung von Interessenvertretung auf EU-Ebene bietet der forcierte Anstieg von Interessengruppen in Brüssel seit Mitte der 1980er Jahre, welche mit ihrem Anliegen direkt an die EU-Kommission, den Rat oder - mit Einschränkungen - an das EP herantreten. Vor dem Inkrafttreten der EEA im Jahr 1987 wurde Lobbying auf Gemeinschaftsebene hauptsächlich durch nationale Regierungen betrieben, was in der starken Stellung des Ministerrates begründet lag, die jedem Land ein de facto Vetorecht gegenüber Vorlagen oder Gesetzesinitiativen der Kommission einräumte.38 Neben der Stärkung der Kommission haben sich die Unterzeichner der EEA auch auf die Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes geeinigt.39 Sowohl die Kompetenzverschiebung zugunsten der Kommission, als auch der geplante Binnenmarkt führten dazu, dass die EU zunehmend als Ansatzpunkt von den Interessengruppen angesehen wurde.40

2.1. Nationale Einwirkungsmöglichkeiten:

Europäisierung gilt in weiten Kreisen als Codewort für den faktischen Souveränitätsverlust des Nationalstaates, was eine Politik der Förderung und Privilegierung der eigenen nationalen Wirtschaft für eine Regierung zunehmend erschwert.41

Nichtsdestotrotz hat ein Unternehmen, welches seine Interessen auf EU-Ebene vertreten sehen möchte, weiterhin die grundsätzliche Möglichkeit über nationale Organe Einfluss zu nehmen. Über die Ständige Vertretung der Mitgliedsstaaten in Brüssel besteht die Möglichkeit zuständige nationale Behörden oder die Staatsregierung auf bestimmte Punkte innerhalb konkreter EU-Rechtssetzungsverfahren hinzuweisen und eine Überprüfung der nationalen Position vorzuschlagen.

Der Einfluss der Ständigen Vertretung auf die Urteilsfindung kann aber als gering eingestuft werden, da nationale Politikformulierungsprozesse i.A. in den jeweiligen Hauptstädten entschieden werden.42

Als effektiv kann sich die Ständige Vertretung für ein Unternehmen erweisen, indem sie hilft, Kontakte zu europäischen Behörden und Entscheidungsträgern herzustellen bzw. Ansprechpartner zu benennen. Allerdings lässt sich ihre Position als Verwalterin öffentlicher Interessen nur schwer mit der Vertretung singulärer Unternehmensinteressen vereinbaren. Zu den wesentlichen Tätigkeiten der Vertretungen gehören die Mitarbeit in diversen Ausschüssen, sowie die Weitergabe und Beschaffung von Informationen. Lobbying lässt sich hier nur im Rahmen des sogenannten staatlichen oder öffentlichen Lobbying feststellen, da in der Ausschussarbeit der Versuch unternommen werden kann, andere Mitgliedsstaaten oder die EU-Institutionen von der eigenen nationalen Sichtweise zu überzeugen.43

Die deutschen Bundesländer können über ihre Vertretungen in Brüssel ähnlich wie die Ständige Vertretung den Unternehmen schwerpunktmäûig Hilfestellung bei der Kontaktaufnahme leisten. Hilfreich können sie sich auch im Rahmen der regionalen Förderprogramme erweisen, da sie in diesem Bereich über regelmäûige Kontakte zu Kommissions-Beamten verfügen. Die Ländervertretungen sind aber nicht in das eigentliche EU-Rechtssetzungsverfahren eingebunden, es bieten sich lediglich Einwirkungsmöglichkeiten über den Ausschuss der Regionen (ADR). Effektive Interessenvertretung lässt sich aber auch über dieses Medium nicht gewährleisten.

Durch die starke Stellung des EU-Ministerrats besteht des weiteren die Möglichkeit über den zuständigen Fachminister Einfluss zu nehmen. Allerdings muss in solchen Fällen schon ein erhebliches öffentliches Interesse an einer Sache bestehen, dass sich ein Bundesminister oder gar der Bundeskanzler persönlich ein individuelles Anliegen zu eigen macht.44 Persönliche Kontakte können sich zwar mitunter im informellen Rahmen als nützlich für ein Anliegen erweisen. Dies sind jedoch Ausnahmen, die für eine permanente und verlässliche Interessenvertretung keine groûe Rolle spielen.

Der Gang ins Bundeskanzleramt kann für deutsche Interessenvertreter auch heute noch sehr wichtig sein, wird aber ohne die simultane "Bearbeitung" von EU-Kommissaren, Europaabgeordneten und die jeweils federführenden europäischen Beamten nicht recht weiterführen.ª45

Ein Hinweis auf die weiterhin bestehende Bedeutung der Einwirkung auf nationale Institutionen zur Beeinflussung von europäischen Rechtsetzungen bietet die Klage der Kommission darüber, dass ein erheblicher Anteil von Initiativen zur Rechtsetzung allein auf Druck der Mitgliedstaaten eingebracht wird. Dies geschieht insbesondere in Sektoren auf denen europäisches Handeln nicht erforderlich wäre, womit die nationalen Regierungen freizügig Kompetenzen an die EU übertragen.46 Wenngleich die europäische Politik ein Verhandlungssystem mit vielen Akteuren ist, spielen die nationalen Regierungen nach wie vor eine herausgehobene Rolle, da ihr Konsens die wesentliche Legitimationsgrundlage bildet.47

2.2. Relevante institutionelle Ansatzpunkte auf EU-Ebene

Die EU ist eine politisch einzigartige Konstruktion. Einerseits verfügt sie über wesentlich mehr Befugnisse als eine internationale Organisation im herkömmlichen Sinn, andererseits besitzt sie nur einen Teil jener Eigenschaften, die einen Staat charakterisieren.48 Unter Institutionen werden im Rahmen dieser Arbeit die legislativen und exekutiven Einrichtungen der EU verstanden. Die EU ist ein Bund von derzeit 15 Mitgliedsstaaten, welche sich zu einer Kooperation auf unterschiedlichen Politikfeldern verpflichtet haben. In einigen Teilbereich werden Entscheidungen nur noch gemeinsam beschlossen, in anderen stimmen die Staaten ihr Verhalten weitgehend miteinander ab oder verpflichten sich, zumindest nicht gegen die expliziten Interessen anderer Mitglieder zu handeln.49

Der gegenwärtige Zustand ist allerdings ein vorübergehender, da im Vertrag von Maastricht eine Ausweitung der gemeinschaftlichen Zuständigkeitsbereiche vorgesehen, aber derzeitig noch nicht voll umgesetzt ist. Der Amsterdamer Vertrag hat im Bereich der institutionellen Weiterentwicklung der EU Spielraum für Verbesserungen gelassen. Zwar wurde das Rechtsetzungsverfahren der Mitentscheidung durch das EP gestrafft und ausgeweitet, richtungsweisende Beschlüsse wurden jedoch nicht getroffen.50

Interessenvertreter müssen sich vergegenwärtigen, dass diese Rahmenbedingungen der fortwährenden Dynamik eines Wandlungsprozesses unterzogen sind. Zwar verlieren nationale Parlamente grundsätzlich nicht ihre legislative Funktion, aber eine Sogwirkung Richtung EUInstitutionen zur Regulierung insbesondere ökonomischer Problemstellungen ist evident.51 Ein Merkmal dieser Institutionen besteht in ihrer Funktionsweise, da eine Vielzahl von Arbeitsgruppen, Gremien und Ausschüssen in den Entscheidungsprozess mit einbezogen werden, was eine Prognose der Arbeitsergebnisse erschwert.

Aufgrund der unterschiedlichen Kompetenzen der verschiedenen Institutionen ist es von hervorgehobener Bedeutung zu wissen, wo Interessenvertretung zu welchem Zeitpunkt ansetzen muss. Je nach Intention sollten Ansprechpartner ausgewählt werden Negatives Lobbying, d.h. das Verhindern von geplanten Gesetzentwürfen, verlangt andere Ansprechpartner als das frühzeitige Mitgestalten eines Richtlinienentwurfs. Erfolgreiche Interessenvertretung kann dabei sowohl auf nationaler Ebene, als auch auf europäischer Ebene ansetzen. Hierbei muss aber von vornherein Klarheit bestehen, was erreicht werden soll, da die richtigen Argumente an der falschen Stelle wirkungslos bleiben. Im Allgemeinen gilt auf EU-Ebene das sogenannte ´bottom-up´ Prinzip, d.h. Interessenvertretung erweist sich dann als effektiv und effizient, wenn sie möglichst frühzeitig auf Fachebene ansetzt. 52 Interessenvertretung sollte i.d.R. ansetzen, bevor sich ein Meinungsbild im Entscheidungsprozess bereits verfestigt hat.

2.2.1. Die Kommission

Die Europäische Kommission ging durch die 1957 unterzeichneten Verträge von Rom hervor. Ihren Ursprung nahm sie mit der Gründung der Montanunion 1952, als aus administrativen Zwecken die Hohe Behörde eingerichtet wurde. Aus dieser ging die Kommission 1957 hervor. Seit jener Zeit gilt sie als ¹ Wächterin der Verträgeª , welche die Einhaltung der EU- Rechtsetzung kontrolliert.53 Die zwanzig Kommissare, von denen einer gleichzeitig Kommissionspräsident ist, stammen aus den 15 Mitgliedsstaaten. Zudem verfügen die fünf bevölkerungsreichsten Länder über einen zusätzlichen Kommissar. Obwohl diese von den jeweiligen nationalen Regierungen ernannt werden, müssen sie vom EP bestätigt werden und sich verpflichten, nur dem europäischen Allgemeinwohl zu dienen und keine Weisungen von nationalen Regierungen entgegenzunehmen.54 Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Kommission verwaltungstechnisch in 24 Generaldirektionen (GD) unterteilt und verfügt über einen Verwaltungsapparat von mehr als 15 000 Beamten und Angestellten. Jeder Kommissar ist für seinen speziellen Fachbereich sowie die entsprechenden GD zuständig. Wichtige Beschlüsse in einem Teilbereich können allerdings nur von der Kommission gemeinsam beschlossen werden. Die Kommission arbeitet als Kollegialorgan, d.h. sie fasst und verantwortet ihre Beschlüsse mit der Mehrheit der Mitglieder zusammen.55

Um den Entscheidungsfindungsprozess innerhalb der Kommission nachvollziehen zu können, bedarf es einem Verständnis der internen Organisationsstruktur. Die Kommission ist nicht mit nationalstaatlichen Institutionen wie Regierung oder Fachministerium zu vergleichen. Verbindungen wie Ideologie, Parteizugehörigkeit oder politische Patronage spielen auf der Ebene der Kommission allenfalls eine untergeordnete Rolle und es bedarf keines Wählervotums, dem sie sich stellen müsste.56 Die Kommissionsmitglieder sind relativ selbständig was die Gestaltung von Entwürfen und die Prioritätensetzung angeht, jedoch bestimmen sie nur frei über ihre eigenen Entwürfe, solange sie nicht der nächsten Ebene im Rechtssetzungsprozess in Form des Ministerrates oder des EPs vorgelegt werden.57 Die Kommission verfügt über kein Recht, ihre Entwürfe und Vorschläge eigenhändig zu implementieren. Hierzu bedarf es des Ministerrates und in Bereichen, die durch die EEA abgedeckt sind, des EPs.

Nichtsdestotrotz spielt die Kommission eine zentrale Rolle im Verhandlungsprozess. Zudem kann sie die politische Debatte in der EU durch öffentliche Stellungnahmen und Schwerpunktsetzungen in den Bereichen Finanzen und Haushalt entscheidend beeinflussen.58

Von entscheidender Bedeutung für Interessenvertreter ist die Kommission aufgrund ihres alleinigen offiziellen Initiativrechts.59 Ihr obliegt die inhaltliche Ausgestaltung und die exakte Formulierung der Richtlinien- und Verordnungsvorschläge auf europäischer Ebene. Die Leitlinien werden dabei vom Kommissionspräsidenten und auf der Ebene der GD von den verantwortlichen Kommissaren vorgegeben.60 Durch diese Richtlinienkompetenz innerhalb der GD erweist sich der Kommissar als vielversprechender Ansatz für eine Interessenvertretung. Dieser ist allerdings in den meisten Fällen nur schwer realisierbar, da der Zugang zu den Kommissaren aufgrund ihrer herausragenden Stellung innerhalb des Gefüges der Kommission entsprechend schwierig ist.61 Alternativ eignen sich Mitarbeiter aus dem Kabinett des Kommissars, welches vom Kabinettschef geleitet wird. Jenes besteht aus erfahrenen Kommissionsmitarbeitern und ehemaligen Angehörigen der nationalen Regierungen, etwa Mitarbeitern der Ständigen Vertretung.

Lobbying bei der EU-Kommission kann grundsätzlich in drei Kategorien eingeordnet werden: Einen Gesetzentwurf unterstützen, einen Gesetzentwurf beeinflussen oder behindern und die Kommission bei der Ausübung ihrer Kontrollfunktion und Kompetenzen beeinflussen. Die ersten beiden Kategorien stellen legislatives Lobbying dar und sind gemeinhin selbsterklärend. Die dritte Kategorie betrifft individuelle Entscheidungen, welche in den Kompetenzbereich der Kommission fallen.62

Das sogenannte anwendungsorientierte Lobbying reicht von staatlichen Beihilfen, Marktzugangsbestimmungen, Zollbestimmungen bis hin zu kartellrechtlichen Fragen und der Vergabe von Subventionen und Fördergeldern. Viele dieser Punkte stellen eine Kombination von rechtlichen und politischen Sachbereichen dar.

Diese Kategorie stellt hohe Anforderungen an individuelle Interessenvertretung. Während sich bei der Ausgestaltung des Sekundärrechts (Kategorie eins und zwei) häufig Verbündete auf Verbands- oder Branchenebene finden lassen, betrifft die dritte Kategorie einzelne Interessen.63

Allgemein gilt, je mehr Zeit benötigt wird um auf einen Entscheidungsfindungsprozess zu reagieren, um so wahrscheinlicher ist es, diesen nicht mehr entscheidend beeinflussen zu können. Bei Rechtsetzungsprozessen erweist sich die Auswahl unterer Referenten-Ebenen häufig als vielversprechend, da Interessenvertretung hier aktiv in die Entwicklungsarbeit eingreifen kann.

2.2.2. Das Europäische Parlament

Die Versammlung, welche sich 1952 als Versammlung der EGKS konstituierte, fungiert seit dem Abschluss der Römischen Verträge als parlamentarisches Organ der EU. Die derzeit etwa 600 Abgeordneten, welche seit 1979 direkt von den Bevölkerungen der Mitgliedstaaten gewählt werden, bilden keine nationalen, sondern politische Fraktionen.

In den frühen Phasen der europäischen Integration besaû das EP faktisch keinen Einfluss auf die Politikentwicklung in der Gemeinschaft.64 Durch die EEA wurden für das EP jedoch neue Partizipationsformen an der Rechtsetzung geschaffen, welche über die bisherige Anhörungspflicht hinausgehen und eine Mitwirkung an den Entscheidungsprozessen in bestimmten Bereichen ermöglichen.65 Diese Befugnisse sind in den folgenden Regierungskonferenzen auf weitere Sektoren ausgedehnt worden.

Wenngleich das EP mittlerweile die Möglichkeit besitzt ein Gesetzesvorhaben endgültig abzulehnen, so verfügt es über keine selbständigen Rechtsetzungskompetenzen. Einen Ansatz für Interessenvertreter bietet das EP durch seine Beratungsbefugnisse, welche es vorschreiben, dass das EP u.a. in Fragen des Gemeinsamen Marktes (Artikel 56, Absatz 2 EGV) oder der Wettbewerbspolitik (Artikel 87 EGV) angehört werden muss. Hier kann ± allerdings ohne gesetzlich bindende Wirkung ± ein Anliegen in die Debatte um einen Gesetzesentwurf eingebracht werden. Zudem verfügt das EP im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens, welches in Kapitel 2.6.1. detaillierter dargestellt wird, über ein echtes Mitentscheidungsrecht.

Darüber hinaus besitzt das EP das Anrecht, den Vorschlägen der Kommission sogenannte DPHQGPHQWV hinzuzufügen, welche einen Entwurf signifikant abändern können.

Schlüsselperson für ein bestimmtes Anliegen ist der 5DSSRUWHXU, welcher einem Komitee, das sich mit einem Sachthema befasst, vorsteht. Ihm obliegt es, dem Fachausschuss Bericht zu erstatten und einen ersten Kommentar vorzulegen. In diesen Fachausschüssen findet eine Vorentscheidung über den weiteren parlamentarischen Verlauf statt, was den 5DSSRUWHXU zu einer exponierten Ansatzstelle für Interessenvertretung macht.66

[...]


1 List (1999, 117)

2 Wenn im folgenden von der EU die Rede ist, bezieht sich dieser Begriff ebenso auf ihre Vorgängerorganisationen Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), Euratom und Europäische Gemeinschaft (EG).

3 Van Schendelen (1993, 6)

4 Mazey / Richardson (1993, 191)

5 Münch (2000, 2)

6 Siehe Anhang A.1.12

7 Vgl. u.a.: Teuber (2001, 143)

8 Da der Begriff Public-Affairs den Oberbegriff darstellt, dem sich das Lobbying als ein Element unterordnet soll im folgenden lediglich von Public-Affairs Agenturen die Rede sein. Wenngleich der Begriff Lobby-Agentur mitunter in Artikeln oder Aufsätzen vorkommt, reduziert er die Arbeit dieser Agenturen auf einen Teilaspekt.

9 Der Begriff „europäische Ebene“ wird in dieser Arbeit synonym für „EU-Ebene“ verwendet.

10 Vgl. Kohler-Koch, Beate (1996, 210)

11 Der Terminus „Brüssel“ steht in diesem Fall gleichbedeutend für das Entscheidungszentrum der EU. Davon unberührt finden in Luxemburg, Straûburg und anderen Städten Sitzungen und Treffen der Institutionen statt. Da Brüssel aber als das Zentrum der EU (und der im Umfeld agierenden Interessenvertreter) gilt, hält es der Verfasser für zulässig, diesen Begriff mitunter zur plastischen Schilderung zu verwenden.

12 Groûe Verbände, wie etwa der Bund Deutscher Industrie (BDI), sichern sich dahingehend ab, indem sie in Brüssel sowohl durch den Dachverband UNICE, als auch durch ein eigenes Verbindungsbüro vertreten sind.

13 Aussage von Peter-Carlo Lehrell, Chairman von FIPRA International, einem Netzwerk von Public-Affairs Spezialisten, die sich europaweit auf Wettbewerbspolitik spezialisiert haben. Siehe Anhang A.6.9.

14 Siehe u.a. Anhang A.4.12 und A.19.13

15 Spencer (2001a), siehe: http://www.publicaffairs.ac/ecpa_research.htm (31.7.2002)

16 Die umsatzstärksten Agenturen in der EU sind i.d.R. Ableger von US-amerikanischen Muttergesellschaften. 8

17 Nissen (2000), siehe: www.burson-marsteller.de/profil/reden/28-04-2000.htm (31.7.2002)

18 Diese beiden Institutionen in Surrey (Groûbritannien) und Brüssel arbeiten unabhängig voneinander und bieten neben Forschungsarbeit auch zahlreiche Kurse und Workshops für Fachleute an.

19 Landmarks (2002); Dieses Nachschlagewerk bietet Informationen zu 12 000 Personen (Fachgebiete, Anschrift etc.), welche im Umfeld der EU auf höherer Ebene tätig sind. Hierzu gehören u.a. Leiter der Öffentlichkeitsarbeit in Unternehmen, Kontaktleute von europäischen und nationalen Handelsvereinigungen, Interessengruppen, sämtlichen europäischen Institutionen, Anwaltskanzleien, Medien und Public-Affairs Agenturen.

20 Bedeutung bezieht sich auf die Erfahrung der Agenturen. Diese lässt sich i.A. durch eine Referenzliste und die Projekte ermitteln, welche die Agenturen auf ihren Websites veröffentlichen.

21 Alle beantworteten Fragebögen sind dem Anhang zu entnehmen.

22 Siehe Anhang B.1, B.2 und B.3

23 Teuber (2001, 20)

25 Strauch (1993, 19)

26 Deswegen fallen z.B. Oppositionsparteien, welche sich als Interessensvertreter bestimmter Gruppen artikulieren , nicht unter diesen Begriff, da sie i.A. die Regierungsmacht anstreben. Siehe hierzu Richardson (1993, 1). Problematisch ist die Rolle der Angehörigen von Institutionen, welche gleichzeitig Interessenvertreterfunktionen wahrnehmen, beispielsweise Angehörige des WSA oder Parlamentarier, die bei Verbänden beschäftigt sind.

27 Van Schendelen(1993, 3)

28 Der Begriff ¹ staatliches Lobbyingª bezieht sich auf das Einwirken von Mitgliedsstaaten auf Rechtsetzungsprozesse.

29 Bei der Recherche zu dieser Arbeit fand man den Begriff der ¹ Public-Affairsª in vielen Fachbüchern neueren Datums der Bereiche Öffentlichkeitsarbeit und Public Relations z.T. gar nicht erwähnt, teilweise widersprachen sich die Definitionen.

30 Dem Umfeld kann man die verschiedenen nichtstaatlichen Gruppierungen zurechnen, z.B. Verbände, Gewerkschaften, Bürgerrechtsgruppen oder kurz: Interessengruppen.

31 Avenarius (2000, 289)

32 Grunig/ Hunt (1984, 285)

33 Der Form der Zusammenarbeit sind dabei per se keine Grenzen gesetzt, je nach Intention kann sie projektbezogen oder von Dauer sein oder sich nur auf bestimmte Teilaspekte der Public-Affairs beschränken.

34 Zu dieser Problematik, siehe Kapitel 1.4.

35 Siehe hierzu u.a. Anhang B.2.

36 Spencer, Tom (2001, 81)

37 Grant (1993, 27)

38 Mazey/ Richardson (1993a, 6 ff.)

39 Europäische Kommission (1985)

40 Mazey / Richardson (1993, 11 ff.)

41 Decker (2000, 589)

42 Joos (1998, 81)

43 Fischer (1997, 47)

44 Joos (1998, 83)

45 Sebaldt, Martin (2002); Siehe: http://www.verbaende.com/Management/Interessenvertretung_Sebaldt.htm (31.7.2002)

46 Santer (1998 )Dieses Verfahren steht im Gegensatz zum Subsidiaritätsprinzip, welches ausdrücklich ein Vorgehen auf nationaler oder regionaler Ebene vorsieht, insofern dies gangbar erscheint.

47 Decker (2000, 611)

48 Decker (2000, 599)

49 Reuther/ Sandvoû (1996, 27)

50 Franûen- de la Cerda (2000, 543)

51 Triesch,/ Ockenfels (1995, 167)

52 Martell (2001, 8 ff.)

53 Donnelly (1993, 75)

54 Joos (1998, 44)

55 Franûen- de la Cerda (2000, 560)

56 Donnelly (1993, 75)

57 Eingegrenzt wird die Freiheit der Kommission allerdings durch das Subsidiaritätsprinzip, welches besagt, dass Beschlüsse und Entscheidungen, welche besser auf unterer (regionaler oder nationaler) Ebene vollzogen werden, dort auch verbleiben. Hierdurch soll Politik bürgernah realisiert werden.

58 Donnelly (1993, 75)

59 Der Impuls zu einer Initiative kann allerdings auch von anderen Organen wie dem Ministerrat, dem EP oder von Mitgliedsstaaten ausgehen.

60 Joos (1998, 70)

61 Vergleichen lässt sich dieser Ansatzpunkt mit dem der Bundesminister auf nationaler Ebene. Hier wie dort werden in den allermeisten Fällen Unternehmen nur aufgrund ihrer Bedeutung und Gröûe oder in Fällen, wo ein hohes öffentliches Interesse besteht die Gelegenheit zur persönlichen ¹ Audienzª haben.

62 OÂConnor (1997, 17)

63 Buholzer (1998, 8)

64 Wallace (1996, 157)

65 Vgl. Weindl/ Woyke (1999, 41)

66 OÂConnor (1997, 19)

Ende der Leseprobe aus 98 Seiten

Details

Titel
Professionelle Lobby / Public-Affairs Agenturen: Neue Formen der Interessenvertretung auf EU-Ebene
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Otto-Suhr Institut)
Note
1,7
Autor
Jahr
2002
Seiten
98
Katalognummer
V29145
ISBN (eBook)
9783638307352
ISBN (Buch)
9783640319008
Dateigröße
1080 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Arbeit beinhaltet Ergebnisse einer standardisierten Umfrage bei den wichtigsten Public Affairs Unternehmen in Brüssel
Schlagworte
Professionelle, Lobby, Public-Affairs, Agenturen, Neue, Formen, Interessenvertretung, EU-Ebene
Arbeit zitieren
Peter Husen (Autor:in), 2002, Professionelle Lobby / Public-Affairs Agenturen: Neue Formen der Interessenvertretung auf EU-Ebene, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29145

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