Mobile Wallet. Analyse und Bewertung bestehender Geschäftsmodelle


Bachelorarbeit, 2014

66 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung und Problemstellung
1.1 Ausgangssituation
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Vorgehensweise

2 Mobile Wallet
2.1 Begriffsabgrenzung
2.1.1 Abgrenzung E-Commerce, M-Commerce und M-Payment
2.1.2 Vom elektronischen Zahlungsverkehr zur Mobile Wallet
2.2 Aufbau der Mobile Wallet
2.2.1 Technologien
2.2.2 Zahlungsfunktionen
2.2.3 Value Added Services

3 Bedürfnisse und Akzeptanz
3.1 Ausgangssituation
3.2 Bedürfnisse und Akzeptanz der Kunden
3.2.1 Anforderungen (Kunden)
3.2.2 Interesse (Kunden)
3.2.3 Erfahrungen (Kunden)
3.2.4 Akzeptanz (Kunden)
3.3 Bedürfnisse und Akzeptanz der Händler
3.3.1 Anforderungen (Händler)
3.3.2 Interesse (Händler)
3.3.3 Erfahrungen (Händler)
3.3.4 Akzeptanz (Händler)
3.4 Zwischenfazit

4 Marktteilnehmer und Kooperationskomplex
4.1 Ausgangssituation
4.2 Marktteilnehmer
4.2.1 Mobilfunkbetreiber
4.2.2 Kreditinstitute
4.2.3 Kreditkartenunternehmen
4.2.4 Technologieunternehmen
4.2.5 Startups/Spezialisten
4.2.6 Handelsunternehmen
4.3 Kooperationskomplex
4.3.1 Trusted Service Manager
4.3.2 Fallbeispiel „Osaifu-Keitai“-Wallet
4.4 Zwischenfazit

5 Analyse und Bewertung bestehender Geschäftsmodelle
5.1 Ausgangssituation
5.2 Analyse der Geschäftsmodelle
5.2.1 Tabellarischer Überblick
5.2.2 Erlösmodelle
5.3 Bewertung der Geschäftsmodelle
5.3.1 Tabellarischer Überblick
5.3.2 Potenzialanalyse und Handlungsempfehlung
5.4 Zwischenfazit

6 Schlussbetrachtung
6.1 Allgemeine Handlungsempfehlung zur Markterschließung
6.2 Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Einordnung Mobile Payment

Abb. 2: Mobile Endgeräte erobern den Massenmarkt

Abb. 3: Vom elektronischen Zahlungsverkehr zur Mobile Wallet

Abb. 4: Abgrenzung mPayment und mWallet (Stand: Q1/2014)

Abb. 5: Einsatzmöglichkeiten von NFC (Auswahl)

Abb. 6: Vergleich 1D- und 2D-Code

Abb. 7: Bestandteile eines QR-Codes (nicht alle haben alle Bestandteile)

Abb. 8: Wichtigkeit und Bewertung von mWallet-Funktionen

Abb. 9: Optimale mWallet: Funktionen

Abb. 10: Erfahrung mit mPayment

Abb. 11: Bekanntheit und Nutzung von mWallets

Abb. 12: Prozessvergleich – Kartenzahlung und kontaktlose Zahlung

Abb. 13: Top-5-Gründe gegen die mWallet-Nutzung

Abb. 14: Händlerbefragung zum kontaktlosen Bezahlen per NFC

Abb. 15: Anforderungen der Kunden und Händler bezgl. mWallets

Abb. 16: Marktteilnehmer und Anbieter der Mobile Wallet

Abb. 17: Vergleich NFC-Ökosystem ohne und mit TSM

Abb. 18: Umsetzung der Mobile Wallet durch NTT DOCOMO

Abb. 19: Das Geschäftsmodell von NTT DOCOMO

Abb. 20: Stufen der Mobile Wallet-Markterschließung

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Analyse der Mobile Wallet-Geschäftsmodelle (Stand: 08/2014)

Tab. 2: Bewertung der Mobile Wallet-Geschäftsmodelle (Stand: 08/2014)

1 Einleitung und Problemstellung

1.1 Ausgangssituation

Die Mobile Wallet, das Ergebnis eines schnell und erfolgreich wachsenden digitalen Ökosystems1, bildet die Herausforderung eines technologiegetriebenen und innovativen Lifestyle-, Kauf- und Bezahlprozesses. Waren Mitte der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts Zahlungen per Karte noch die Ausnahme2, wurde der Zahlungsverkehr im Ladengeschäft im Jahr 2012 bereits zu 54 % in elektronischer Form abgewickelt. Trotz dieser Entwicklungen und einer Prognose, dass im Jahr 2022 bereits 27 % der Zahlungen im Ladengeschäft kontaktlos abgewickelt werden3, scheiterten innovative Zahlungsmechanismen wie die Mobile Payment-Systeme der ersten Generation jedoch nahezu ausnahmslos4, denn eine Beschränkung auf eine nur bedingt vereinfachte Bezahlungsfunktion per Smartphone überzeugte in Deutschland bisher weder Händler noch Kunden. Robert A. Wieland, Geschäftsführer von TNS Infratest, beschreibt dies sehr treffend:

„Die Zeit für mobile Bezahlverfahren ist gekommen. Sowohl Konsumenten als auch Unternehmen gehen heute sehr souverän mit digitalen Medien um und sind an diesen innovativen Ansätzen interessiert. Allerdings müssen die neuen Payment-Verfahren gezielt die vorhandenen, jedoch noch nicht ausreichend adressierten Bedürfnisse der Konsumenten aber auch der Unternehmen bedienen.“5

Mit der Einführung von Techniken wie der NFC-Technologie oder Cloud-basierter Smartphone-Apps ergeben sich Potenziale, welche die Anbieter erkennen und für eine erfolgreiche Etablierung und Bereicherung bisher gescheiterter Mobile Payment-Systeme zu nutzen versuchen. Mobile Payment i. V. m. sogenannten Value Added Services (wertsteigernde Zusatzfunktionen) bilden in Summe die Mobile Wallet. Diese bietet das Potenzial, zukünftig auf die Mitnahme von Portemonnaie und Schlüssel verzichten zu können. Um die Bedürfnisse der Konsumenten und Händler zu bedienen, besteht laut Studie des ECC Köln und goetzpartners die Vision und Erfordernis darin, in einer Smartphone-App nicht nur die Bezahlfunktion, sondern weitere Inhalte des Portemonnaies wie Tickets, Coupons und Kundenkarten zu integrieren.6 Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, bisherige physische Gegenstände wie Ausweisdokumente und Schlüssel in Form einer Applikation auf dem Smartphone zu digitalisieren und anzuwenden.

1.2 Zielsetzung der Arbeit

Seit Einführung der GeldKarte im Jahr 1996 mit dem vorrangigen Ziel der Reduktion des Bargeldumlaufs erhoffen sich die beteiligten Unternehmen vergeblich einer weitreichenden Verbreitung selbiger Technik innerhalb Deutschlands.7 Ähnlicher Akzeptanz ergeht es in Deutschland der Möglichkeit des mobilen Bezahlens per Smartphone. Aus diesem Grund versuchen die Unternehmen mit der Einführung der Mobile Wallet, dem Mobile Payment einen entscheidenden Mehrwert zu verschaffen, um damit u. a. auch auf dem deutschen Markt eine erfolgreiche Platzierung zu erreichen. In Japan wurde das erste Mobile Wallet-System „Osaifu-Keitai“ bereits im Jahr 2004 durch den Mobilfunkbetreiber NTT DOCOMO eingeführt und fand innerhalb von 3 Jahren erfolgreiche Anwendung. NTT DOCOMO etablierte eine innovative sogenannte „Lifestyle-Infrastruktur“ (vgl. Abb. 18) und erkannte in dem Smartphone das Potenzial, dieses als ein Marketing-Instrument anzuwenden und zudem Geld-, Kredit- und Bonuskarten für den Nutzer digital, sicher und bequem aufzubewahren.8 Dem gegenüber titelt in Deutschland eine Studie von ECC Köln und goetzpartners im Hinblick auf die Mobile Wallet:

„Die bestehenden Anbieter decken derzeit meist nur Teilfunktionalitäten ab und bearbeiten den Markt mit unterschiedlichen Strategien. Wir erwarten den Durchbruch in drei, spätestens in fünf Jahren.“9

Wie aus dem Zitat der Studie hervorgeht, ist es bisher keinem Unternehmen gelungen, ein Mobile Wallet-Produkt auf den deutschen Markt zu bringen, welches sich bis heute marktdurchdringend etablieren konnte.

Zielsetzung dieser Arbeit ist, die aktuellen Geschäftsmodelle der Mobile Wallet zu analysieren und zu bewerten. Diesbezüglich wird untersucht, welche Anforderungen Kunden und Händler an eine Mobile Wallet stellen, welche Interessen diese dabei verfolgen und worin die Gründe liegen, dass sich Mobile Payment und Wallet in Deutschland bisher nicht durchsetzen konnten.

1.3 Vorgehensweise

Im ersten Schritt dieser Arbeit wird im Allgemeinen auf den Begriff Mobile Wallet eingegangen. Dazu werden zunächst Begriffsabgrenzungen vom Electronic Commerce bis zur Mobile Wallet durchgeführt, die technischen Möglichkeiten für den kontaktlosen Datenaustausch per mobilen Gerät vorgestellt und anschließend zusammengetragen, welche Integrationsmöglichkeiten sich bei einer Mobile Wallet bieten. Unter Punkt 3 wird anschließend analysiert, welche Anforderungen Kunden und Händler an eine Mobile Wallet stellen und warum die erfolgreiche Etablierung von Mobile Payment- und Mobile Wallet-Systemen in Deutschland bisher nicht gelungen ist. Anschließend werden die Marktteilnehmer der Mobile Wallet analysiert und der Kooperationskomplex der beteiligten Mobile Wallet-Unternehmen anhand eines Fallbeispiels erläutert. Unter Punkt 5 werden die bestehenden Geschäftsmodelle analysiert und mit Hilfe eines Benchmarks gegenübergestellt und bewertet. Abschließend wird eine Empfehlung zur erfolgreichen Markterschließung gegeben, die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und ein kurzer Ausblick zur voraussichtlichen Entwicklung des Marktes der Mobile Wallet gegeben.

2 Mobile Wallet

2.1 Begriffsabgrenzung

2.1.1 Abgrenzung E-Commerce, M-Commerce und M-Payment

Im Folgenden werden die Begrifflichkeiten Mobile, Electronic Commerce, Mobile Commerce und Mobile Payment definiert und voneinander abgegrenzt.

Der Begriff „Mobile“ oder „M“ sagt aus, dass der jeweilige Datenaustausch ortsungebunden stattfindet. Zudem wird In diesem Zuge ein mobiles Endgerät verwendet, welches in der Lage ist, mobiles Internet einzusetzen.10

Während „Electronic Commerce“ den traditionellen und gesamten elektronischen Handel ortsgebunden über den PC und Händlershops im Internet beschreibt, definiert „Mobile Commerce“ den ortsungebundenen Handel von Dienstleistungen und Gütern über ein mobiles Endgerät wie das Smartphone.11 Ausgeschlossen wird hier das Notebook, da es den stationären Eigenschaften eines PCs zu sehr ähnelt.12

„Mobile Payment“ („M-Payment“ oder „mPayment“) ist ein Zahlungsverfahren, bei welchem mindestens ein Transaktionspartner bei der Abwicklung der Zahlung ein mobiles Endgerät nutzt.13 „Der Begriff Mobile Payment bezeichnet [somit, d. Verf.] die Übertragung eines monetären Anspruchs, welcher mittels eines Mobiltelefons initiiert und/oder bestätigt wird.“14

Folglich definiert Mobile Commerce eine Teilmenge von Electronic Commerce und Mobile Payment eine Teilmenge von Mobile Commerce.

Ein Teilbereich von Mobile Payment bilden die „Proximity Payments“, welche für diese Arbeit von besonderer Relevanz sind (v. a. „Mobile NFC“ und „Mobiler Barcode“, vgl. Abb. 1). Diese bezeichnen Nahzahlungen in Verbindung mit dem mobilen Endgerät bzw. Tablet oder Smartphone. Folgende Abbildung verschafft einen Überblick über die Teilgebiete des Mobile Payment nach Lerner.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abb. 1: Einordnung Mobile Payment15

2.1.2 Vom elektronischen Zahlungsverkehr zur Mobile Wallet

Bezüglich der Entwicklung elektronischer Zahlungsmethoden wie der Zahlung per Kreditkarte verzeichnete Deutschland im Jahr 2011 im Vorjahresvergleich ein Wachstum von 11 % und auf 5-Jahressicht (2007 bis 2011) eine durchschnittliche Wachstumsrate von 9,3 %.16 Elektronische Zahlungsmethoden nehmen an Bedeutung zu und ersetzen nach und nach Papiergeld und traditionelle Zahlungsmittel.17

„The high penetration rate of mobile and wireless networks seems to imply a vast market potential for mobile payment services.“18

Die Verbreitung von Smartphones (vgl. Abb. 2) und die damit verbundenen Zahlungsmöglichkeiten im Bereich von Mobile und Proximity Payments wird dies weiter vorantreiben. Analysten von eMarketer rechnen mit einer weltweiten Marktpenetration des Smartphones von 50 % im Jahr 2017, in Westeuropa soll dieser Anteil bereits im Jahr 2014 erreicht sein.19 Im Jahr 2015 soll dieser sogar auf 70 % gestiegen sein.20

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abb. 2: Mobile Endgeräte erobern den Massenmarkt21

Das Smartphone ermöglicht den Umstieg vom elektronischen Zahlungsverkehr per Kartenzahlung über das Mobile Payment in die sogenannte Mobile Wallet. Mit Hilfe unterschiedlicher Technologien, auf welche unter Punkt 2.2.1 eingegangen wird, ist es möglich, Zahlungsfunktion (vgl. Unterpunkt 2.2.2) und weitere sogenannte Value Added Services (VAS), welche im Unterpunkt 2.2.3 vorgestellt werden, zu verbinden. Dieses Konstrukt, softwaretechnisch zusammengeführt aus der Smartphone-App und hardwareseitig angewandt über das mobile Endgerät und Lesegeräten am Point of Sale (POS)22, bildet die „Mobile Wallet“. Hier richtet sich der Fokus nicht mehr nur auf die Zahlungsfunktion, sondern der Kombination aus selbiger und weiteren Diensten wie beispielweise der Integration von Coupons, Tickets und Schlüsseln, welche über das Smartphone eingelöst und genutzt werden können. Abb. 3 zeigt die chronologische Entwicklung des elektronischen Zahlungsverkehrs bis zur Mobile Wallet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abb. 3: Vom elektronischen Zahlungsverkehr zur Mobile Wallet23

2.2 Aufbau der Mobile Wallet

Auf den heutigen Markt ist zu erkennen, dass im Bereich von Mobile Payment und Mobile Wallet diverse Unternehmen mit verschiedenen Lösungen (vgl. Unterpunkt 5.2) angetreten sind. Wie anhand der folgenden Grafik zu erkennen ist, bieten Unternehmen wie YAPITAL lediglich eine Zahlungsfunktion an, wohingegen einige wenige Unternehmen wie Google mit der Google Wallet bereits versuchen, Zusatzfunktionen (Value Added Services) zu integrieren, welche weitere vielseitige Inhalte des Portemonnaies zum Gegenstand haben.24 Andere Anbieter bieten bisher wiederrum Lösungen an, welchen die Zahlungsfunktion fehlt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abb. 4: Abgrenzung mPayment und mWallet (Stand: Q1/2014)25

In Bezug auf die Bezahlungsfunktionalität der Mobile Wallet wird in dieser Arbeit lediglich das kontaktlose Bezahlen per Smartphone behandelt. Außen vor gelassen werden Bezahlkarten mit NFC-Chips (Smartcards) und zum anderen Dienste, bei welchen das Mobiltelefon mit Hilfe eines zusätzlichen Kartenlesegerätes als mobiles POS-Terminal verwendet wird (Dongle Payment), und damit ergänzende Hardware im direkten Zusammenhang zum Smartphone notwendig macht (z. B. iZettle26 ). Denn „ein Verzicht auf das Mitführen einer Geldkarte ist durch diese Variante des Mobile Payment […] nicht gegeben. Unternehmen sind daher bestrebt, ihren Kunden den Alltag zu erleichtern und das Zahlen ohne Bargeld und Karte über mobile Endgeräte zu ermöglichen“.27 Relevanz für diese Arbeit hat somit im Besonderen der untere Bereich aus Abb. 4 (mWallet). Weiterhin ist zu beachten, dass oftmals die Mobile Wallet noch mit Mobile Payment gleichgesetzt wird.28 In dieser Arbeit soll die mWallet jedoch als vollumfängliche Mobile Wallet mit all ihren Zusatzfunktionen definiert sein.

Zum besseren Verständnis wird im Folgenden der Aufbau der Mobile Wallet in drei Teilbereiche untergegliedert: „Technologien“, „Zahlungsfunktionen“ und „Value Added Services“.

2.2.1 Technologien

Für den Einsatz der Mobile Wallet bzw. den kontaktlosen Datenaustausch per Smartphone oder Tablet finden verschiedene Technologien Anwendung. Grundsätzlich wird in Hardware- und Software-basierte (auch Web-basierte) Lösungen unterschieden, wobei auch Mischformen möglich sind. Im Folgenden werden zu den jeweiligen Arten die beiden bedeutendsten Technologien vorgestellt. Near Field Communication (NFC) und Bluetooth Low Energy (BLE) für hardwareseitige Lösungen, sowie QR-Code (QRC) und Cloud/In-App für die softwareseitige Lösung. Der Vorteil der Software-Lösungen liegt darin, dass Akzeptanzhürden wie bei NFC überwunden werden. Denn bei NFC muss der Händler zusätzlich in Hardware am Point of Sale investieren, was bei den Web-basierten Lösungen vermieden werden kann.29

Near Field Communication

Grundsätzlich ist unter Near Field Communication eine Nahfunktechnik zu verstehen, bei welcher Daten kontaktlos über eine Entfernung von 4-10 cm ausgetauscht werden.30 Entwickelt wurde diese Technologie im Jahr 2002 in Kooperation von Sony und NXP Semiconductors (vormals Philips). Ziel war der Aufbau einer Datenverbindung, welche es erlaubt, sich ohne den Eingriff des Nutzers zu identifizieren und damit unkompliziert und schnell Daten über eine kurze Entfernung zu übertragen. Um die Verbreitung von NFC voranzutreiben und gemeinsame Technologie- und Sicherheitsstandards zu schaffen, wurde im Jahr 2004 das sogenannte „NFC Forum“ mit inzwischen über 130 Mitgliedern aus unterschiedlichsten Branchen gegründet.31

Für die Datenübertragung gibt es mehrere Wege. Der NFC-Chip, worauf die kundenspezifischen Daten gespeichert sind, befindet sich entweder auf einer Smartcard, direkt im Smartphone oder als Zwischenlösung in einem Sticker, welcher auf das Smartphone geklebt wird.32 Für die Sicherheit der Daten sorgt das sogenannte „Secure Element“. Dieses ist entweder direkt im mobilen Endgerät, in der SIM-Karte des Mobilfunkanbieters, oder auf einer externen Speicherkarte integriert. Darin sind Kartendaten (z. B. EC- oder Kreditkarte) und jegliche Anwendungen und Daten, welche den Zahlungsverkehr anbelangen, lokal gespeichert.33 Neuere Geschäftsmodelle (z. B. Google Wallet) umgehen teilweise das Secure Element und nutzen eine weitere Lösung. Dabei werden die Daten nicht auf dem Secure Element, sondern Server- bzw. Cloud-basiert hinterlegt, um eine höhere Kartenakzeptanz und eine unkomplizierte Deaktivierung der Karten bzw. des Gerätes bei Verlust oder Diebstahl zu ermöglichen.34

Ein bedeutender Vorteil der NFC-Technik liegt darin, dass bei leerem Akku und ausgeschaltetem Smartphone Bezahlungen bis zu einem Betrag von 25 Euro möglich sind (Voraussatzung ist, dass sich Guthaben in der Prepaid-Geldbörse befindet, vgl. Unterpunkt 2.2.2).35 Eine Zahlung über 25 Euro erfordert die Eingabe einer PIN auf dem Smartphone, weshalb das Smartphone dazu eingeschaltet sein muss. Auch auf dem Smartphone befindliche Tickets könnten bei leerem Akku noch nachgewiesen werden, da sich ein passiver NFC-Chip auch extern mit Energie versorgen lässt. Abb. 5 zeigt eine Auswahl, welche Einsatzmöglichkeit die NFC-Technologie durch einmalige Berührung bietet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abb. 5: Einsatzmöglichkeiten von NFC (Auswahl)36

Bluetooth Low Energy

Mit der Funktechnologie Bluetooth 4.0, welche erstmals den Protokollstapel „Low Energy“ enthält, wurde im Dezember 2009 ein Konkurrenzprodukt zu NFC für die Kommunikation zwischen Kunde und Händler eingeführt. Im Gegensatz zu NFC erreicht BLE eine Reichweite von etwa 10 Metern. Sogenannte „Beacons“, welche als BLE-Sender dienen und sich im Umkreis des Nutzers befinden, kommunizieren automatisch mit der Smartphone-App des Kunden. Diese Beacons dienen sowohl der Übertragung allgemeiner Informationen als auch zur Abwicklung der Zahlung. Im Gegensatz zu NFC besteht mit BLE die Möglichkeit, das Smartphone für die Zahlung in der Tasche zu behalten, da dieses nicht zwangsläufig an ein Lesegerät gehalten werden muss, sondern über die größere Entfernungen von bis 10 Metern mit den Beacons kommuniziert.37

Experten rechnen dieser Technik hohes Potenzial zu, denn weitere Vorteile sind, dass sich BLE bereits in den meisten Smartphones integriert findet und zudem mit nur wenig Energie und auch ohne Verbindung zum Mobilnetz auskommt. Zudem ermöglicht BLE gezielte Marketing-Aktivitäten am POS und Indoor-Navigation ohne GPS-Empfang.38 Beispielsweise besteht die Möglichkeit, den Kunden anhand eines Beacons über ein Rabatt-Angebot im Laden zu informieren, diesen direkt zum entsprechenden Verkaufsregal zu navigieren und am Ende des Einkaufs kontaktlos und ohne, dass er das Smartphone heraus holen muss, zahlen zu lassen. Identifiziert wird der Kunde über ein Bild auf dem Kassengerät oder durch verbale Bestätigung. Allerdings haben die Anbieter noch keine überzeugende Lösung gefunden, wie die Händler dem Kunden ohne Hilfsmittel die jeweilige Rechnung eindeutig zuordnen können.39

Trotz der genannten Vorteile gibt es dennoch auch Hürden zu bewältigen. Beispielsweise benötigt das Smartphone zwangsläufig Energie, um kommunikationsfähig zu bleiben. Weiterhin konfigurieren die Nutzer ihr Smartphone häufig so, dass diese per Bluetooth dauerhaft in der Umgebung sichtbar sind und eine Verbindung zum Gerät möglich ist.40 Somit ist nicht nur ein Energieproblem zu lösen, sondern die Einführung weiterer Sicherheitsstandards notwendig, um für Datensicherheit und -schutz zu sorgen.

QR-Code

Eine weitere Technologie bilden die eindimensionalen Strichcodes und zweidimensionalen Matrixcodes (vgl. Abb. 6). Diese sind optoelektronisch-lesbare Schriften, die kodierte Daten binär darstellen können. Generell hat der Matrixcode gegenüber dem Strichcode den Vorteil, dass er größere Datenmengen auf kleineren Flächen darstellen kann und zudem einer geringeren Fehleranfälligkeit beim Auslesevorgang unterliegt. Der mittlerweile am häufigsten anzutreffende Matrixcode ist der 1994 entwickelte QR-Code (Quick Response Code, vgl. Abb. 7).41

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abb. 6: Vergleich 1D- und 2D-Code42

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abb. 7: Bestandteile eines QR-Codes (nicht alle haben alle Bestandteile)43

Verwendung findet der QR-Code in Deutschland bisher bei der Zahlungsabwicklung (ZA) am POS in Form von zwei verschiedenen Verfahren. Zum einen gibt es die Möglichkeit, dass das Kassenterminal einen Code erzeugt und der Kunde diesen mit seiner Smartphone-Kamera abscannt. Anschließend wird der Zahlungsvorgang mit den hinterlegten Kontoinformationen abgewickelt. Die zweite Möglichkeit findet in umgekehrter Reihenfolge statt. Dabei erzeugt das Smartphone des Kunden den QR-Code auf dem Display. Dieser wird von dem Kassengerät abgescannt und enthält die Kundeninformationen für die Zahlungsabwicklung.44 Bei beiden Vorgehensweisen besteht der Vorteil, dass aktuelle Smartphones und Kassengeräte für diese Technik größtenteils gerüstet sind und damit keine kostenaufwendigen Neuinvestitionen erforderlich machen. Weitere Einsatzmöglichkeiten wären beispielsweise Ticketing (z. B. Deutsche Bundesbahn), Wert- bzw. Briefmarken (z. B. Deutsche Post) und Couponing.

Problematisch wird die Sicherheit solcher QR-Codes gesehen, welche vollständige und unverschlüsselte Daten enthalten. Aufgrund dessen wurden sogenannte indirekte Barcodes bzw. Secure-QRCs entwickelt, welche die Informationen verschlüsselt darstellen. Nach dem Scanvorgang durch das Lesegerät müssen diese über einen separaten Online-Server wieder entschlüsselt werden. Dies verhindert, dass Dateninhalte von Dritten eingesehen werden können.45

Cloud/In-App

Bei der Cloud-basierten In-App-Lösung nutzt der Kunde für die Zahlung und die weiteren Dienste der Mobile Wallet eine auf dem Smartphone installierte App. Diese wird auch „Line-Skipping-App“ genannt, da der Kunde seine Produkte sofort und selbstständig bezahlen, und damit die Warteschlange an der Kasse umgehen kann.46 Die App greift in diesem Zuge auf Informationen (z. B. Kreditkartendaten) zu, welche in der Online-Cloud des Kunden hinterlegt sind.

Im Zuge der Bezahlung am POS gibt es verschiedene Vorgehensweisen. Eine Möglichkeit besteht darin, dass die Smartphone-App des Kunden nach der Authentifizierung durch die Eingabe einer PIN eine Transaktionsnummer generiert. Diese wird dem Kassenpersonal anschließend zur Eingabe und Transaktionsabwicklung mitgeteilt (z. B. Netto Marken-Discount). Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass nach Eingabe des kundenspezifischen PINs in die Smartphone-App ein Strichcode generiert wird, welcher vom Kassenpersonal zur Zahlungsabwicklung eingescannt wird (z. B. EDEKA). Bei beiden Verfahren wird der Zahlungsbetrag anschließend per Lastschrift vom Konto des Kunden abgebucht (Debit-Zahlung, vgl. Unterpunkt 2.2.2). Etwaig in der App hinterlegte Coupons werden automatisch verrechnet.47

Weiterhin besteht durch die Cloud-basierte Smartphone-App die Möglichkeit der direkten Online-Zahlung, des Geldversandes per P2P und des vorherigen Aufladen des Guthabens in der App (Prepaid, vgl. Unterpunkt 2.2.2), wie es beispielsweise PayPal anbietet.48 Weitere Funktionen sind das Cloud- bzw. Server-basierte Hinterlegen von Kartendaten und Kundeninformationen (z. B. Google Wallet). Vorteil dieser Technik ist, dass die Daten überall auf jedem Gerät synchron abrufbar sind und im Falle eines Verlustes des Gerätes auch sofort deaktivierbar sind. Auch Tickets, Kundenkarten und Coupons können in der App Cloud-basiert gespeichert werden und so eine geräteübergreifende und ganzheitliche Mobile Wallet ermöglichen.49

Merkmale der Cloud-basierten In-App-Lösung sind zudem, dass auch hier heutige Technik hardwareseitig gerüstet ist und Händler wie Netto Marken-Discount und EDEKA aus erster Hand über Kundeninformationen und -verhalten verfügen können. Weiterhin gilt dieses Verfahren als relativ sicher, weshalb Experten annehmen, dass sich App-basierte Lösungen durchsetzen könnten.50

2.2.2 Zahlungsfunktionen

Die Kernfunktion der Mobile Wallet bildet das Mobile Payment. Relevanz für diese Arbeit hat der Bereich der kontaktlosen Zahlungsfunktionalität per mobilen Endgerät. Das vorrangige Ziel besteht in der Reduktion des Bargeldumlaufes51 und der Verringerung von Wartezeiten am POS und den damit verbundenen Zeitgewinn. „Die Zahlungstransaktion dauert bei Bargeldzahlung 33,7 s, bei Zahlen mit der klassischen Kreditkarte 26,7 s und lediglich 12,5 s bei der kontaktlosen Variante.“52

Möglich ist die Zahlung nicht nur direkt im Geschäft, sondern ebenfalls an Automaten, im Online-Shop oder von Person zu Person (P2P), was im Folgenden näher erläutert wird. Grundsätzlich unterteilt wird der kontaktlose Geldtransfer in dieser Arbeit in Prepaid-, Debit- und Credit-Zahlung am POS, sowie P2P-Geldtransfer und Online-Zahlung.

POS Prepaid-Zahlung

Die Prepaid-Zahlung in Bezug auf die Mobile Wallet ist zu beschreiben als eine Zahlung mit elektronischer Geldbörse. Wie auch bei der bereits 1996 eingeführten GeldKarte wird bei diesem Verfahren vor der eigentlichen Zahlung am POS elektronisches Geld auf oder in ein Prepaid-Element geladen.53 In diesem Zusammenhang und für diese Arbeit von Relevanz ist das sogenannte Secure Element (NFC-Technologie), auf welchem das Guthaben lokal und sicher auf dem mobilen Endgerät gespeichert wird.54 Weiterhin handelt es sich um eine Prepaid-Lösung, wenn im Vorhinein das Cloud-basierte Benutzerkonto des Kunden mit Guthaben gefüllt wird (z. B. Telekom MyWallet).

Bei jedem kontaktlosen Zahlvorgang verringert sich der Saldo der elektronischen Geldbörse, bis diese nach der Unterschreitung eines bestimmten Betrages wieder aufgeladen werden muss. Jenes kann bar oder bargeldlos durch den Anwender manuell55 oder automatisiert bei Erschöpfung des Guthabens im Zuge der Zahlung am POS geschehen.56 Bei der Nutzung der NFC-Technologie besteht ein großer Vorteil darin, dass im Gegensatz zu bisherigen Prepaid-Lösungen wie der GeldKarte das manuelle Aufladen jederzeit und an jedem Ort möglich ist.57 Bisherige Wallet-Lösungen haben sich stark in Richtung der Prepaid-Variante orientiert (z. B. Telekom MyWallet oder Vodafone Wallet). Ein Vorteil für den Anbieter besteht in diesem Fall darin, dass zum einen dem Anbieter durch den Konsumenten ein zinsloser Kredit gewährt wird und zum anderen der Kunde nach dem Einkauf in den meisten Fällen über ein Restguthaben verfügt, welches ihn zur weiteren Nutzung der Wallet animiert.

POS Debit-Zahlung

Im Unterschied zur physischen Nutzung einer Debitkarte (z. B. EC-Karte) am POS werden zum Zweck des kontaktlosen Zahlens die Daten der Karte in der digitalen Mobile Wallet Cloud-basiert oder im NFC-Secure Element hinterlegt (z. B. Volksbank ClassicCard i. V. m O2 Wallet).58 Sobald am POS eine Zahlung ausgeführt wird, wird gleichzeitig die Abrechnung des Betrages über die in der Mobile Wallet hinterlegte Debitkarte initiiert und der Rechnungsbetrag sofort vom Konto des Nutzers abgebucht.59 Hier sowie bei der Credit-Zahlung ergibt sich somit der Vorteil, dass der Kunde, nachdem die Karte einmal hinterlegt wurde, automatisiert und ohne vorheriges Aufladen (wie bei Prepaid mit manueller Aufladung) zahlen kann.

POS Credit-Zahlung

Ähnlich der Debit-Zahlung ist bei der Credit-Zahlung eine Kreditkarte im Mobile Wallet-Konto des Nutzers hinterlegt. Grundsätzlich handelt es sich bei der Kreditkarte um eine Zahlungskarte, bei der ein auf die Kreditwürdigkeit des Inhabers angepasster Verfügungsrahmen zur Verfügung gestellt wird. Der Karteninhaber hat die Möglichkeit, bis zur Ausschöpfung des Kreditrahmens Umsätze zu tätigen. Die Abrechnung des Endsaldos oder eines Teilsaldos erfolgt im Nachhinein in bestimmten Intervallen über ein Girokonto des Karteninhabers.60

Sobald am POS eine Zahlung ausgeführt wird, erfolgt gleichzeitig die Abrechnung des Betrages über die in der Mobile Wallet hinterlegte Kreditkarte. Die Integration von Kreditkarte und auch Debitkarte in der Mobile Wallet bzw. dem Mobiltelefon hat den Vorteil, dass mehrere Kreditkarten parallel gespeichert werden können und der Kunde zwischen diesen wählen kann. Zudem hat er jederzeit Zugriff auf alle über die Mobile Wallet abgewickelten Transaktionen.61

Wie auch bei der Debitkarte kann es hier zu einer Mischform zwischen Prepaid und Kredit- bzw. Debitkarte kommen. Dies wäre dann der Fall, wenn das Mobile Wallet-Benutzerkonto im Vorhinein mit einer der Karten geladen wird und damit ein Prepaid- bzw. Credit-/Debit-Guthaben62 entsteht. Am POS handelt es sich dann um eine Prepaid-Zahlung mit Credit- oder Debit-Guthaben.

P2P-Geldtransfer

In Anlehnung an das „Peer-to-Peer“ der Internet-Tauschbörsen beschreibt P2P-Transfer den Geldtransfer von Person zu Person. In diesem Fall wird eine virtuelle Währung zwischen Geldsender und Geldempfänger per Mobilfunknetz, Internet oder direkt zwischen zwei Smartphones kontaktlos übertragen.63 Dieses Verfahren bietet ebenfalls Ersatz für Bargeldtransaktionen und Überweisungen. Besonders in Entwicklungsländern, in denen Konten und Bankverbindungen unter der Bevölkerung noch wenig verbreitet sind, wird diese Form der Geldübertragung zwischen Personen über Mobiltelefone (z. B. per SMS oder Smartphone-App) genutzt.64 „In diesen Fällen schickt der Kunde eine SMS mit der zu übertragenden Summe und der Mobilnummer des Empfängers an den M-Payment-Server. Der Server ruft zurück und verlangt zur Autorisierung der Transaktion einen PIN-Code. Das Geld wird dann an das Telefonkonto des Empfängers transferiert.“65

Auch die Geldübertragung zwischen zwei E-Mail-Adressen, wie es beispielsweise die PayPal-App anbietet, ist eine Form von P2P-Zahlung.66

Diese Form der Geldübertragung ist eine ernstzunehmende Alternative zur Banküberweisung. Somit hat die Mobile Wallet auch das Potenzial, mit dem Bereich der Kontoführung der klassischen Banken in Konkurrenz zu treten.

Online-Zahlung

Unter Online-Zahlung ist das Kaufen und Zahlen von Dienstleistungen und Gütern direkt in einem Online-Shop zu verstehen. Auch dieses kann Teil einer Mobile Wallet sein. Die Cloud-basierte In-App-Lösung der PayPal Wallet beispielsweise bietet das Zahlen in Online-Shops mit den vom Kunden hinterlegten Zahlungskarten oder mit dem auf dem PayPal-Konto liegenden Prepaid-Guthaben an.67 Wichtiger Bestandteil dieser Zahlungsform ist ein kundenfreundlicher Check-out, welcher im folgenden Abschnitt der Value Added Services beschrieben wird.

2.2.3 Value Added Services

„Die vollumfängliche mobile Geldbörse (mWallet) ist derzeit noch eine Vision, wird aber kommen.“68 Die Rede ist von einer Mobile Wallet, welche nicht nur über Ihre Kernfunktion, also die Zahlungsfunktionalität, sondern auch über wertsteigernde Zusatzfunktionen, den Value Added Services, verfügt. Diese ermöglichen perspektivisch die Digitalisierung des gesamten Portemonnaies und des Schlüsselbundes. Demzufolge soll beim Verlassen des Hauses nicht mehr Portemonnaie, Schlüssel und Mobiltelefon, sondern allein das Smartphone mit sich geführt werden müssen.69 Im Folgenden werden mögliche Value Added Services aufgeführt.

Digitale Karten

Hierunter versteht sich vorrangig die Ablage digitaler Kunden- und Mitgliedskarten in dem Smartphone. Händler geben diese vor allem mit dem Ziel der Kundenbindung (Loyalty) aus und machen damit Rabattaktionen, Punktesammel- und Bonusprogramme möglich. Bisher bieten Stand-Alone-Lösungen wie die Stocard-App für iPhone und Android die Möglichkeit, durch das Abscannen des Bar- oder QR-Codes mit der Smartphone-Kamera, eine platzsparende und gesammelte Ablage digitaler Karten. Diese werden dann am POS auf dem Smartphone-Display vorgezeigt und eingescannt.70

Ziel sollte es jedoch sein, Kundenkarten tiefer in die Mobile Wallet zu integrieren und diese beispielsweise mit der Zahlungsabwicklung, Coupons oder gezielten Werbemaßnahmen zu verknüpfen, um eine einfache und automatisierte Handhabung zu erreichen.

Couponing

Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Mobile Wallet bildet das Couponing. Händler nutzen auch Coupons vorrangig mit dem Ziel der Kundenbindung. Die Kunden werden zudem durch die Verwendung der Coupons gezielt in stationäre Filialen geführt. Mit der Einlösung der Coupons wird das menschliche Bedürfnis, einen „guten Deal“ erwirtschaften zu haben, belohnt. Ein Problem stellt jedoch bisher dar, dass gängige Methoden vergleichsweise aufwendig und nicht sonderlich umgänglich sind. Papiercoupons zerknüllen in Portemonnaies, E-Mails werden in ihrer Masse übersehen oder landen sofort im Spamordner und Briefkästen quellen über.71

Coupons sollen daher, wie beispielsweise in den USA schon weit verbreitet72, auf dem Smartphone, verknüpft mit Kundenkarten und Filialfindern, digital abgelegt werden. Dies sorgt für eine einfache und übersichtliche Handhabung und trägt ebenfalls zur Kundenbindung bei, gerade weil der Kunde diese in der Mobile Wallet hinterlegt immer und überall bei sich hat und sich die Coupons automatisch im Zuge der Bezahlung einlösen lassen.73 Studien belegen zudem, dass Coupons in der mobilen Variante deutlich häufiger eingelöst werden. In Verbindung mit GPS ist es außerdem möglich, mit Location Based Couponing den Kunden gezielt, ortsbezogen und in Echtzeit mit Coupons zu versorgen. Des Weiteren können diese dank Big-Data-Analyse der Kundendaten personalisiert und standortbezogen individuell auf die Bedürfnisse und Umgebung des Kunden zugeschnitten werden.74

Im Zuge der Einlösung am POS sind die Kassen der Händler von zentraler Bedeutung. Diese müssen (im besten Falle digitalen) Zugriff auf den Inhalt des Warenkorbes haben, denn nur dann ist sichergestellt, dass der Kunde den richtigen Coupon zur entsprechenden Ware einlöst. Technisch werden die Coupons als QR-, Bar- oder Ziffern-Codes dargestellt oder werden bei Zahlung automatisch eingelöst.75

Location Based Services

Standortbezogene Informationsdienste (Location Based Services (LBS)) sind etablierter Bestandteil aktueller mobiler Geräte und finden auch in der Mobile Wallet vielseitige Anwendung. Per Smartphone-App und Satelliten-Ortung über GPS ist es möglich, Ladengeschäfte und Dienstleister in der Umgebung aufzusuchen und bietet Händlern die Möglichkeit, die Kunden gezielt auf ihr Geschäft aufmerksam zu machen. Location Based Services in Verbindung mit der Mobile Wallet können für das Aufsuchen von Akzeptanzstellen, den allgemeinen Vertrieb und Verkauf sowie Marketing und den Kundendienst eingesetzt werden.76

Ticketing

Digitale Tickets auf dem Smartphone befinden sich bereits erfolgreich im Einsatz. Mit Hilfe der NFC-Technologie ist es in Wien bereits flächendeckend möglich, per Smartphone an NFC-Terminals Fahrscheine der Wiener Linien zu erwerben. Dazu wird das Mobiltelefon an einen NFC-Touchpoint gehalten, woraufhin sich automatisch die entsprechende Applikation auf dem Smartphone öffnet. Anschließend wird der Zielbahnhof eingegeben. Zur Bestätigung des Kaufes erhält der Kunde eine Kurzmitteilung. Dadurch werden ein schnellerer Durchgang an den Schleusen sowie Ticketautomaten und eine Ersparnis von Ticket-Druckkosten erzielt.77 Doch sollten auch hier Risiken nicht vernachlässigt werden. Diese könnten beispielsweise ein plötzlicher Defekt, Verlust oder leerer Akku des Smartphone sein. Hier sollte technisch sichergestellt werden, dass auch in diesem Fall ein Nachweis des Ticketkaufs möglich ist.78

Auch der Kauf von Kino- oder Konzertkarten ist möglich. Dazu muss das Smartphone an einen im Kinoplakat integrierten NFC-Tag oder QR-Code gehalten werden. Darin gespeichert findet sich eine URL, welche die Internetadresse zum Ticketkauf beinhaltet. Nach Kauf des Tickets (Benutzerkonto vorausgesetzt), wird dieses per SMS zugestellt und im Secure Element des Smartphones abgelegt. Bei Eintritt in die Veranstaltung wird das Ticket durch das entsprechende NFC-Lesegerät (z. B. im Drehkreuz integriert) automatisch erkannt und entwertet.79 Perspektivisch sollten nicht nur die Ablage von Tickets, sondern ebenfalls der Kauf und die Verknüpfung mit Rabatt- und Werbeaktionen in der mWallet integriert sein.

Schlüssel und Identität

Ein weiterer Einsatzbereich ist die Zutrittskontrolle und Identitätsfeststellung. Ein NFC-Telefon kann als Haustür-, Auto-, Hotelzimmer oder Firmengeländeschlüssel eingesetzt werden.80 Die Zugangsberechtigungen kann gezielt und zeitlich beschränkt vergeben werden, um beispielsweise ein Auto zu vermieten oder einem Handwerker den Zutritt zu einer Wohnung zu gestatten.

Zusätzlich besteht die Möglichkeit Ausweisdokumente, Versicherungsdokumente, Gesundheitskarten und Führerscheine digital in die Mobile Wallet einzubinden. Dies stellt die Anbieter jedoch vor eine komplexe und bisher unlösbare Aufgabe. Denn zunächst müssen einheitliche technische Schnittstellen und rechtliche Rahmenbedingen von Herstellern und Staat geschaffen und bereitgestellt werden. Zudem muss gerade bei Ausweisdokumenten für absolute Sicherheit gesorgt sein. Denn sollten Ausweise beispielsweise PIN-gesichert im Secure Element des NFC-Moduls abgelegt sein, könnte die PIN-Eingabe abgegriffen werden, falls das Handy gegenüber Trojanern anfällig wäre.81

Check-out

Ein weiterer wichtiger Bestandteil bildet die kundenfreundliche, unkomplizierte und zeitsparende Zahlungsabwicklung im Nachgang eines Kaufs oder einer Buchung, genannt Check-out. Dieser sollte auf der einen Seite so einfach wie möglich gestaltet sein, auf der anderen Seite jedoch auch Cross- und Up-Selling-Möglichkeiten bieten, um den Käufer eventuell zu weiteren Käufen zu bringen.82 Entscheidend ist jedoch die Auswahl an Zahlungsmöglichkeiten: „Finden Käufer die von ihnen bevorzugte Zahlungsmethode nicht vor, brechen sie ihren Kauf ab. So liegt laut Studie des ECC Köln die Kaufabbruchquote gar bei 45 Prozent, wenn die drei beliebtesten Zahlungsarten Rechnung, PayPal und Lastschrift fehlen.“83 In der Mobile Wallet sollten daher verschiedene Zahlungsvarianten integrierbar und für den Online-Kauf sowie Kauf am POS schnell und ohne Eingabe komplizierter Daten einsetzbar sein.

Weitere Value Added Services

Weitere Einbindungsmöglichkeiten sind gezielte Werbung, Financial Services, generelle Produktinformation und die Verknüpfung mit Social Media-Plattformen.

[...]


1 Vgl. Dapp et al. (2013), S. 31.

2 Vgl. Stix (2006), S. 43.

3 Vgl. eBay International AG (07.08.2012).

4 Vgl. Lammer (2006), S. 1.

5 TNS Infratest (08.02.2013).

6 Vgl. ECC Köln und goetzpartners (2014), S. 6.

7 Vgl. Ketterer et al. (2002), S. 33.

8 Vgl. Lerner (2013), S. 87f.

9 ECC Köln und goetzpartners (2014), S. 4.

10 Vgl. Heinemann (2012), S. 3.

11 Vgl. Heinemann (2012), S. 4.

12 Vgl. Heinemann (2012), S. 3.

13 Vgl. Khodawandi et al. (2003), S. 42.

14 Contius und Martignoni (2003), S. 59.

15 Lerner (2013), S. 10.

16 Vgl. PaySys Consultancy GmbH (15.01.2013), S. 1.

17 Vgl. Lerner (2013), S. 5.

18 Hartmann (2006), S. 15.

19 Vgl. eMarketer.com (2013).

20 Vgl. Lerner (2013), S. 134.

21 Dapp et al. (2013), S. 15.

22 Vgl. Lerner (2013), S. 101.

23 Eigene Darstellung in Anlehnung an Lerner (2013), S. 5.

24 Vgl. Lerner (2013), S. 105.

25 ECC Köln und goetzpartners (2014), S. 6.

26 Vgl. Lerner (2013), S. 111.

27 Jacke (2013), S. 26.

28 Vgl. Fundinger (2013), S. 60.

29 Vgl. Dapp et al. (2013), S. 17.

30 Vgl. Heinemann (2012), S. 63.

31 Vgl. Rankl und Effing (2008), S. 376f.

32 Vgl. Stahl et al. (2014), S. 31.

33 Vgl. Rankl und Effing (2008), S. 380.

34 Vgl. Google Commerce Blog (2012).

35 Vgl. Schartel (2014).

36 Eigene Darstellung in Anlehnung an NFC-Forum.org (2014).

37 Vgl. Stahl et al. (2014), S. 31.

38 Vgl. Koewel (2014b), S. 12.

39 Vgl. Wilhelm (2014), S. 39.

40 Vgl. Kuch, Alexander mit Material von dpa (2014).

41 Vgl. Hegen (2010), S. 36 - 48.

42 Hegen (2010), S. 41.

43 Hegen (2010), S. 43.

44 Vgl. Stahl et al. (2014), S. 31.

45 Vgl. Lerner (2013), S. 48.

46 Vgl. Dapp et al. (2013), S. 17.

47 Vgl. Stahl et al. (2014), S. 31.

48 Vgl. ECC Köln und goetzpartners (2014), S. 9.

49 Vgl. ECC Köln und goetzpartners (2014), S. 8f.

50 Vgl. Koewel (2014b), S. 10.

51 Vgl. Lerner (2013), S. 22.

52 Lerner (2013), S. 110.

53 Vgl. Rankl und Effing (2008), S. 811.

54 Vgl. Langer und Roland (2010), S. 209.

55 Vgl. Rankl und Effing (2008), S. 811.

56 Vgl. Urbatsch und Steidl (2013), S. 31.

57 Vgl. Langer und Roland (2010), S, 209f.

58 Vgl. ECC Köln und goetzpartners (2014), S. 22.

59 Vgl. Langer und Roland (2010), S. 211f.

60 Vgl. Gruber (2008), S. 20.

61 Vgl. Langer und Roland (2010), S. 208f.

62 Vgl. ECC Köln und goetzpartners (2014), S. 9.

63 Vgl. Koesch et al. (2007).

64 Vgl. Lerner (2013), S. 7.

65 Karlsson und Taga (2006), S. 76.

66 Vgl. ECC Köln und goetzpartners (2014), S. 9.

67 Vgl. ECC Köln und goetzpartners (2014), S. 9.

68 ECC Köln und goetzpartners (2014), S. 4.

69 Vgl. ECC Köln und goetzpartners (2014), S. 6.

70 Vgl. Absatzwirtschaft.de (2014).

71 Vgl. Maaßen (2013), S. 169f.

72 Vgl. Maaßen (2013), S. 170.

73 Vgl. Krueger (2013), S. 18.

74 Vgl. Maaßen (2013), S. 171f.

75 Vgl. Maaßen (2013), S. 175.

76 Vgl. Rio Mobile GmbH (2010), S. 14.

77 Vgl. Langer und Roland (2010), S. 212.

78 Vgl. Lerner (2013), S. 119.

79 Vgl. Langer und Roland (2010), S. 221f.

80 Vgl. Langer und Roland (2010), S. 223.

81 Vgl. Borchers (2012).

82 Vgl. Koewel (2014a), S. 20.

83 Hackelöer (2014), S. 18.

Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Mobile Wallet. Analyse und Bewertung bestehender Geschäftsmodelle
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden
Note
1,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
66
Katalognummer
V289125
ISBN (eBook)
9783656893141
ISBN (Buch)
9783656893158
Dateigröße
1491 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mobile Wallet, Mobile Payment, NFC, BLE, M-Payment, E-Commerce, Apple Pay, Google Wallet, mWallet, iBeacon, PayPal Wallet, Amazon Wallet, Telekom MyWallet, Vodafone Wallet, YAPITAL, Valuephone, Osaifu-Keitai, Trusted Service Manager, Bluetooth Low Energy
Arbeit zitieren
Gustav Augart (Autor:in), 2014, Mobile Wallet. Analyse und Bewertung bestehender Geschäftsmodelle, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/289125

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