Die Zukunft der Bildungsberatung. Aufgaben- und Problemfelder einer sich wandelnden Disziplin


Hausarbeit, 2014

29 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Zum Bildungsbegriff

3. Was ist Bildungsberatung?
3.1. Aufgabenbereiche und Zielgruppen
3.2 Formen der Bildungsberatung

4. Problemfelder

5. Online-Beratung – Die Zukunft der Bildungsberatung?
5.1 Formen der Online-Beratung
5.2 Vor- und Nachteile

6. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Unsere Wirtschaft und Arbeitswelt befinden sich in einem tief greifenden Wandel, der, gekennzeichnet durch häufige Tätigkeits- oder gar Berufswechsel, für den Einzelnen mit Anpassungs- und Umstrukturierungsprozessen verbunden ist. Dafür verantwortlich ist ein ganzes Ursachenbündel, das sich stichwortartig mit den Megatrends Globalisierung, Digitalisierung, Deregulierung, Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft und demografischer Wandel beschreiben lässt und verdeutlicht, dass hier ein global-ökonomischer, politischer und kultureller Wandel ineinander greifen. [...] Inmitten dieser Gemengelage wird den Angeboten der Bildungs- und Berufsberatung eine wachsende Bedeutung beigemessen – wie so oft werden in Zeiten von Krise und Unsicherheit Bildung- und Beratungsdienstleistungen hoch gehandelt und mit nahezu heilsbringerischer Erwartungshaltung behaftet. Es ergeben sich folgende grundsätzliche Fragen: Welche Angebote wären unter den genannten Bedingungen sinnvoll und nützlich? Welche Beratungsformen wären passend und wie können Zugänge auch für bildungsferne Zielgruppen geschaffen werden?“ (Egbringhoff 2011, S. 41/45)

Die globalisierte Wissensgesellschaft bleibt nicht ohne Folgen für die Alltags- und Berufswelt von Individuen. Neben den neuen Chancen für die persönliche Lebensgestaltung bringt eine der größten Errungenschaften des Menschen – nämlich die der Befreiung von Zwängen und Bevormundung – auch große Unsicherheiten und Unvorhersehbarkeiten für den Einzelnen mit sich. Mit der neugewonnenen Freiheit steigen der Druck und die Verantwortung, den eigenen Lebenslauf selbst zu gestalten und sich ständig anzupassen und neu zu erfinden (vgl. Schiersmann 2011, S. 81). In diesen Kontexten wird der Beratung ein immer größerer Stellenwert zugeschrieben. Um den Individuen die vielfältigen Bildungs- und Berufswege aufzuzeigen und ihnen bei der Entscheidungsfindung in der unübersichtlich großen Menge an Möglichkeiten zu helfen, werden professionelle Beratungsangebote zunehmend wichtiger (vgl. Ebd., S. 96). Auch von Seiten der Bildungspolitik steigen die Erwartungen für eine erfolgreiche Umsetzung des Konzepts des Lebenslangen Lernens durch Bildungsberatung[1]. Die wirtschaftliche Dynamik und die Aufstiegschancen für jeden werden gefördert. Bildung gilt als wichtigste Ressource und soll den Erfolg der Wirtschaft stärken und die Zukunft der Gesellschaft sichern (vgl. BMBF o.J.). Wie das angeführte Zitat Egbringhoffs zeigt, befindet sich dadurch auch die Bildungsberatung im Umbruch. Traditionelle Angebote werden überdacht, angepasst und in Frage gestellt.

Interaktionen und soziale Gruppen verlagern sich immer häufiger in virtuelle Räume. Dadurch verändern sich auch die Kommunikationswege und viele Menschen sind leichter oder nur noch auf virtuellem Wege erreichbar. Im hektischen Alltag, in dem Zeit zu einem knappen Gut wird, werden zeit- und ortsunabhängige Beratungsangebote immer häufiger nachgefragt. Für Anbieter von (Bildungs-)Beratung stellt sich daher die Frage, ob und inwiefern Online-Beratungsangebote helfen können, Bildungsberatung bekannter zu machen, die Vernetzung unter den Anbietern voranzutreiben, mit Ratsuchenden zu kommunizieren und virtuelle Beratungssitzungen durchzuführen (vgl. Haydn/ Götz 2013, S. 9).

In der vorliegenden Arbeit soll anhand verschiedener Aspekte die Zukunft der Bildungsberatung diskutiert werden. Dabei wird einleitend der Bildungsbegriff aus historischer und moderner Perspektive betrachtet, um den Zusammenhang zwischen den Veränderungen in der Gesellschaft und dem Bedeutungswandel des Bildungsbegriffs und die daraus resultierenden Folgen für die Beratung zu verdeutlichen. Um den Ist-Zustand der Bildungsberatung zu schildern, wird das Wesen derselben anhand der Aufgabenbereiche, Zielgruppen der Beratungsformen beschrieben. Darüberhinaus werden Problemfelder im Feld Bildung, Beruf und Beschäftigung aufgezeigt und Fragen zur Zukunft der Bildungsberatung aufgeworfen. Darauf aufbauend kann dann Online-Beratung als mögliche zukünftige Beratungsform diskutiert werden. Neben den Formen der Online-Beratung sollen sowohl die Vor- als auch die Nachteile dieser Art der Beratung angebracht werden. Ein Fazit und ein Ausblick fassen die Ausführungen zusammen und schildern, wie die Zukunft der Bildungsberatung aussehen könnte bzw. welche Aufgaben und Probleme auf sie womöglich zukommen werden.

2. Zum Bildungsbegriff

Bevor im nächsten Kapitel das Wesen der Bildungsberatung beschrieben wird, soll zunächst der Bildungsbegriff betrachtet werden. Dazu wird Bildung sowohl aus der historischen Perspektive, als auch aus dem modernen Diskurs heraus zusammengefasst dargestellt.

Bildung gilt als einer der wichtigsten, aber auch umstrittensten Grundbegriffe der Pädagogik. Sie ist keine Erfindung der Neuzeit, sondern vollzieht sich „von Beginn der menschheitlichen Geschichte an in den Tätigkeiten, mit deren Hilfe die menschliche Gesellschaft ihre Lebensbedingungen aufbaut, sichert und fortführt.“ (Bernhard 2001, S. 63). Durch Bildung entfalten Menschen ihre Persönlichkeit und damit auch ein rationales Subjektvermögen und ein Selbstkonzept. Die Lebensbedingungen, die seinen Bedürfnissen entsprechen, muss sich der Mensch durch Arbeit schaffen. Arbeit, als bewusste gesellschaftliche Tätigkeit, bildet dadurch sein Bewusstsein (vgl. Ebd.). Während Bildung seit jeher gegenwärtig ist, hat sich eine Theorie bzw. ein Ideal der Bildung erst später entwickelt. In vorindustriellen Gesellschaften waren Bildung und Erziehung noch stark an die alltäglichen Produktions- und Reproduktionsabläufe gebunden. Erst mit dem Aufkommen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung entwickelte sich in Zusammenhang mit spezifischen gesellschaftlichen, politischen, kulturellen Bedingungen zunehmend ein Bildungsbegriff (vgl. Ebd.). Mit der Befreiungsbewegung des Bürgertums im 18. Jahrhundert aus der ständischen Gesellschaft wurde Bildung zu einer politischen Kraft, mit deren Hilfe eine neue Gesellschaft mit gleichen Rechten für alle aufgebaut werden sollte (vgl. Ebd., S. 64). Durch die Befreiung aus der Bevormundung wird das Subjekt aktiv und damit zum „alleinigen Motor seiner Geschichte, zum Beweggrund seiner Aktivitäten, zur verursachenden Initiative seiner Handlungen“ (Ebd.). Bildung wird das wichtigste Mittel, um dieses individuelle Subjektvermögen in die Praxis umzusetzen. Das Konzept der Unterdrückung und Bevormundung wird durch die „Selbstsetzung des Subjekts“ ersetzt (Ebd., zitiert nach Koneffke 1987, S. 133). In anderen Ländern geschieht dies durch Aufstände und Revolutionen (bspw. die Französische Revolution), in Deutschland hingegen werden diese aufgrund der Machtverhältnisse durch die Aufbereitung einer Bildungstheorie ersetzt (vgl. Bernhard 2001, S. 64). Der Doppelcharakter der Bildung wird dabei bereits deutlich. Einerseits steht sie für die Vorbereitung auf das berufliche Leben, andererseits stellt sie die Voraussetzung zur Selbstbewusstwerdung und zur Loslösung vom Verfügungsdruck der Gesellschaft dar. So entwickelt sie sich mehr und mehr von der ursprünglichen „Bildung für alle“ hin zu einem Instrument der Selektion (vgl. Ebd.). Die „geistige Erschließung von Welt“ (Ebd., S. 65), die bewusste Weiterentwicklung der Persönlichkeit und der Erwerb kultureller Gehalte stellen die Ziele von Bildung dar. Sie formt unser Selbstbewusstsein und setzt Selbstreflexion in Gang, die es uns ermöglicht, unsere Lage, Rolle, unsere Position und Perspektiven in der Gesellschaft zu bestimmen (vgl. Ebd.). Dies wiederum führt jedoch nicht automatisch zu einer Emanzipationsfähigkeit, denn erst die bewusste und distanzierte Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Vorgaben und Anforderungen macht eine Befreiung des Bewusstseins über die Persönlichkeitsentwicklung hinaus möglich (vgl. Ebd., S. 66). Die Fähigkeit, sich die Welt erschließbar zu machen, resultiert aus erlerntem Wissen und erlernten Kenntnissen, deren Vermittlung hauptsächlich der Institution Schule zugeordnet wird. Nur dort können alle Kinder systematisch mit den Grundlagen versorgt werden, die ihnen ein Bewusstsein von der Welt und von sich selbst ermöglichen (vgl. Ebd.). Durch die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Alltagserfahrungen geht Bildung aber über die Schule hinaus und kann einen gesellschaftlichen Lernprozess auslösen. Missstände (als Einschränkungen der emanzipativen Selbstwerdung) können so erkannt und in politische Bildungsprozesse umgewandelt werden (vgl. Ebd., S. 67).

Der Bildungsbegriff wird in unterschiedlichen Kategorien und Dimensionen erfasst. Schlei-ermacher unterscheidet zwischen Allgemeinbildung und beruflicher Bildung (vgl. Berhard 2001, S. 67; zitiert nach Schleiermacher 1957, S. 42f.). Durch berufliche Bildung qualifiziert sich das Individuum für ein bestimmtes Arbeitsgebiet, durch Allgemeinbildung erlangt es die Fähigkeit des selbstständigen Handelns und damit die Fähigkeit, gesellschaftliche Lebenspraxis aktiv mitzugestalten. Davon unterscheidet sich die Weiterbildung, die den Erwerb aller Fähigkeiten und Kenntnisse nach Durchlaufen der Erstausbildung meint, aber auch als „Aktualisierung und Vertiefung berufsbezogener Qualifikationen“ beschrieben wird (vgl. Bernhard 2001, S. 67; zitiert nach Schaub/ Zenke 1995, S. 371). Weiterbildung wird vor allem durch die Digitalisierung und den damit verbundenen sich ständig weiterentwickelnden technischen und gesellschaftlichen Umständen immer wichtiger (vgl. Bernhard 2001, S. 67). Darüber hinaus kann Bildung in materiale, formale und kategoriale Bildung unterteilt werden. Ersteres beschreibt den Bildungswert eines Gegenstands oder Inhalts, der immer wieder neu bestimmt werden muss. Formale Bildung meint die Ausbildung individueller Fähigkeiten und Kompetenzen und die Entfaltung des bereits beschriebenen Subjektvermögens, das zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben befähigt. Die Verknüpfung von materialer und formaler Bildung wird mit der kategorialen Bildung beschrieben. Die daraus resultierenden Fähigkeiten ermöglichen eine intensivere Auseinandersetzung mit Bildungsinhalten (vgl. Ebd., S. 67f.). Fokussiert sich das Individuum zu sehr auf die materiale Bildung entsteht ein lediglich abrufbares Wissen, das in keiner Beziehung zum Subjekt, seinen Lebensbedingungen und Sozialisationsproblemen steht. Ein zu geringes Maß an materialer Bildung ist allerdings laut Horkheimer auch bedenklich, da ein Mensch nicht gebildet ist, wenn er sich nicht auch in Bildungsinhalten verlieren kann (vgl. Ebd., S. 68; zitiert nach Horkheimer 1981, S. 169f.). Ähnliche Annahmen sind bei Adorno zu finden, der eine weitere Kategorie, nämlich die der „Halbbildung“, entwickelte und darin die oberflächliche und flüchtige Informiertheit kritisierte (vgl. Bernhard 2001, S. 70; zitiert nach Adorno 1979 bzw. Gruschka 1988, S. 213ff.). Durch willkürliche Aneignung von beliebigen Bildungsinhalten wird Bildung zu einer „vergesellschafteten Verfallsform“, durch die die Idee des mündigen Subjekts nicht verwirklicht werden kann (vgl. Berhard 2001, S. 71). Eine Lösung kann organisierte Bildungsarbeit sein, durch die Aufklärung und Kritik gegenüber der Gesellschaft vermittelt wird und dadurch die Erkenntnis der Zusammenhänge zwischen individuellen Zwängen und denen der Gesellschaft vorantreibt. Die Persönlichkeitsbildung wird somit zum Bildungsinhalt (vgl. Ebd.).

Im modernen Diskurs hat sich der Bildungsbegriff weiter gewandelt. Beschäftigungsfähigkeit (Employability) löst die Persönlichkeitsentwicklung ab. Es entsteht ein ökonomischer Kompetenzwettbewerb, der immer neue Qualifikationen und Ansprüche hervorbringt. Vom Individuum wird eine unerreichbare Selbstoptimierung bis zur „Passgenauigkeit“ in den Arbeitsmarkt gefordert. Als Optimum dieser Passgenauigkeit wird die Schnittmenge von Persönlichkeitsbildung und Employability angesehen (vgl. Kyrosch 2011, S. 234). Bildung wird zum Humankapital, d.h., dass sich der Wert des Einzelnen im Sinne der Unternehmen bestimmt bzw. im Sinne eines „Anlage-Objekts für Investition“ gesehen wird. Eine Investition in Bildung ist somit eine Investition in volkswirtschaftliches Humankapital, deren Erfolg oder Misserfolg durch ständige Messungen, Erhebungen und Ranglisten dokumentiert wird (vgl. Ebd., S. 235). Aus Sicht des Individuums wird der Bildungsbegriff auch zur Aufforderung, sich als „unternehmerisches Selbst“ zu betätigen und in Bildung zu investieren. Durch die ständige Anpassung ist Lebenslanges Lernen eine lebenslange Aufgabe und Bildung somit nur noch als vorübergehender Zustand denkbar. Nur so gelingt dem Individuum der Zugang zum Arbeitsmarkt und die Teilhabe an der Gesellschaft (vgl. Ebd., S. 235f./241). Es scheint als sei nicht mehr ein hohes Maß an Bildung das Ziel, sondern einzig die passenden Bildungsabschlüsse und Zertifikate. Der Zugang zu diesen Bildungsabschlüssen soll jedem ermöglicht und so eine Chancengleichheit erreicht werden. Bildung gilt daher als Lösung für den sozialen Aufstieg der so genannten „Unterschicht“ bzw. den „bildungsfernen Schichten“ (vgl. Ebd., S. 128ff./236). Bei genauem Hinsehen werden jedoch Unterschiede bei gleichen Abschlüssen sichtbar (bspw. bei den Zugangsvoraussetzungen), die eine Gerechtigkeit unabhängig von der Herkunft oder anderen Faktoren unmöglich machen. Die Ansicht, dass Bildung den Aufstieg in der Gesellschaft vorantreibt, ist nicht neu (vgl. mit dem bereits beschriebenen Aufstieg des Bürgertums im 18. Jahrhundert). Heute stehen dabei allerdings nicht die individuellen Potentiale im Vordergrund, sondern die Pflicht zur Bildung und zum Aufstieg (vgl. Ebd., S. 236). Auch im modernen Diskurs wird somit ein Doppelcharakter bzw. Paradoxon des Bildungsbegriffs deutlich, indem Bildung als exklusiv, aber auch als „Bildung für alle“ beschrieben wird. Einerseits soll sich das Individuum von der Masse abheben und in der Gesellschaft aufsteigen, andererseits gilt Bildung aber auch als Lösung für das Problem der Kluft zwischen (bildungs-)arm und (bildungs-)reich (vgl. Ebd., S. 238f.).

3. Was ist Bildungsberatung?

„Wir brauchen faire Chancen und beste Bildung für alle. In einer modernen wissensbasierten, von zunehmender Spezialisierung und raschen Veränderungen geprägten Gesellschaft haben Menschen im Laufe ihres Lebens wiederholt Bildungs- und Berufsentscheidungen zu treffen. Dabei müssen wir sie bestmöglich unterstützen. Professionelle Beratung und Orientierung sind ein Schlüssel für nachhaltige Entscheidungen. Dies gilt nicht nur für die Wahl der passenden Erstausbildung, sondern auch für alle späteren Fragen der Weiterqualifizierung, der Umorientierung, des Wiedereinstiegs und der Karriereplanung. Lebensbegleitendes Lernen benötigt daher ‚Lifelong Guidance’ in Form von Angeboten der Information, Beratung und Orientierung für jedes Lebensalter.“ (Schmied 2011, S. 9)

Wie die österreichische Ministerin hier beschreibt, werden faire Chancen und eine bestmögliche Bildung für alle gefordert, sodass jedem der Aufstieg in der Gesellschaft und der Ausbruch aus sozialer Ungleichheit ermöglicht werden kann. Durch die ständigen Veränderungen in der Arbeits- und Lebenswelt wird Lebenslanges Lernen zur lebenslangen Aufgabe. Bildungsberatung soll den Mitgliedern der Gesellschaft alle Möglichkeiten aufzeigen, Orientierung geben und bei der Entscheidungsfindung in Lern- und Bildungsprozessen helfen (vgl. Schmied 2011, S. 9; Schlüter 2010, S. 10; BMBF o.J.). Der Begriff der Bildungsberatung wird unterschiedlich definiert und verwandt und ist zudem nicht geschützt. Eine Definition kann so nur durch eine Eingrenzung anhand verschiedener Aspekte stattfinden (vgl. Schiersmann 2013, S. 25).

„Vor dem Hintergrund des lebensbegleitenden Lernens erstreckt sich Beratung auf eine Vielzahl von Tätigkeiten [...], die Bürger [und Bürgerinnen, d. Verf.] jeden Alters in jedem Lebensabschnitt dazu befähigen, sich Aufschluss über ihre Fähigkeiten, Kompetenzen und Interessen zu verschaffen, Bildungs-, Ausbildungs- und Berufsentscheidungen zu treffen sowie ihren persönlichen Werdegang bei der Ausbildung, im Beruf und in anderen Situationen, in denen diese Fähigkeiten und Kompetenzen erworben und/oder eingesetzt werden, selbst in die Hand zu nehmen“ (Rat der Europäischen Union 2004, S. 2)

Die Notwendigkeit von Bildungsberatung aufgrund der vielfältigen Bildungsmöglichkeiten wird seit langem politisch betont, wie auch die Resolution zum lebensbegleitenden Lernen der Europäischen Union zeigt. Die Ausbildung und Qualifikation für diese Tätigkeit entwickelte sich aber nur schleppend (vgl. Schlüter 2010, S. 9). Mit der angeführten Definition wird Bildungsberatung über die Übergänge, Sondersituationen und Krisen im Lebenslauf hinaus auch zu einem begleitenden Angebot. Dadurch sollen Potentiale und Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um mit individuellen oder sozialen Veränderungen umgehen zu können. Beratung kann so nicht nur reaktiv bzw. situativ, sondern auch präventiv angelegt sein (vgl. Schiersmann 2013, S. 26). Durch die enge Verbindung von Bildungsberatung und Erwachsenenbildung, kann sie als Handlungsfeld der Erwachsenenpädagogik beschrieben werden. Bildungsberatung soll dabei Ziele der Erwachsenenbildung realisieren und generell die Selbsthilfekompetenz der Lernenden bzw. Ratsuchenden stärken (vgl. Schlüter 2010, S. 19). Bildungsberatung fördert dabei das Konzept vom Lebenslangen Lernen und leistet einen Beitrag zur Existenzsicherung einzelner Personen (individuelle Ebene), aber auch der Gesellschaft als ganze (gesellschaftliche Teilhabe und soziale Integration) und des Staates im internationalen Wettbewerb (bildungs- und arbeitsmarktpolitische Ziele) (vgl. Knoll 2008, S. 15; NFB o.J.). Die Bildungspolitik fordert daher den ständigen Ausbau und die Weiterentwicklung der Bildungsberatung, die Verbesserung der Transparenz ihrer Angebote und die Professionalisierung des Personals (vgl. BMBF o.J.).

3.1. Aufgabenbereiche und Zielgruppen

Bildungsberatung kann in jeder Lebensphase nützlich werden. Vielfältige Angebote der Bildungsberatung sind in Einrichtungen der Erwachsenenbildung (öffentliche oder privatwirtschaftliche Organisationen) vorzufinden. Tabelle 1 und 2 zeigen die verschiedenen Aufgabenbereiche und Anbieter und versuchen das weitläufige Feld der Bildungsberatung einzugrenzen und zu veranschaulichen.

Tab. 1: Zielgruppen, Aufgabenbereiche und Anbieter personen- und organisationsbezogener Beratung in der Bildungsberatung (Eigene Darstellung, nach Schiersmann 2007, S. 150-160)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Tabelle 1 ist eine Unterteilung nach personenbezogener und organisationsbezogener Beratung zu finden. Die Veränderungen der Lebens- und Arbeitswelt erfordern nicht nur von Individuen eine ständige Aktualisierung und Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse. Auch Organisationen (Betriebe und Weiterbildungsorganisationen) müssen sich mit diesen Veränderungen auseinandersetzen und zu lernenden Organisationen werden. Neben Beratungsangeboten für Personen werden deswegen auch solche für Organisationen aufgeführt, bei denen eine zunehmende Verschmelzung von Fortbildung, Personalentwicklung und Organisationsentwicklung zu beobachten ist (vgl. Tab. 1; Schiersmann/ Remmele 2004, S. 8).

[...]


[1] Laut Schlüter lässt sich der Begriff „Bildungsberatung“ als Oberbegriff für verschiedene Beratungsformen verwenden. In dieser Arbeit wird er daher oft als Synonym für die verschiedenen Formate verwandt (vgl. Schlüter 2010, S. 11).

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Die Zukunft der Bildungsberatung. Aufgaben- und Problemfelder einer sich wandelnden Disziplin
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Lern- und Bildungsberatung
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
29
Katalognummer
V288701
ISBN (eBook)
9783656890317
ISBN (Buch)
9783656890324
Dateigröße
468 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lernberatung, Bildungsberatung, Beratung, Zukunft, Online-Beratung
Arbeit zitieren
Jana Fry (Autor:in), 2014, Die Zukunft der Bildungsberatung. Aufgaben- und Problemfelder einer sich wandelnden Disziplin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/288701

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