Einsatz von Controlling in Kleinstunternehmen der Beherbergungs- und Gastronomiebranche in Ostösterreich


Masterarbeit, 2013

120 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zentrale Fragestellungen
1.3 Methodik
1.4 Aufbau der Arbeit

2 Besonderheiten von Kleinstunternehmen
2.1 Definition der Größenklassen für Unternehmen
2.2 Wirtschaftliche Bedeutung der Klein- und Mittelbetriebe bzw. Kleinstbetriebe in der EU
2.3 Kleinstunternehmen in Österreich
2.3.1 Wirtschaftliche Bedeutung
2.3.2 Neugründungs- und Schließungsraten
2.3.3 Trends

3 Daten und Statistiken der Kleinstunternehmen der Beherbergungs- und Gastronomiebranche in Österreich
3.1 Definitionen
3.2 OECD-Vergleich Österreichs als Reisedestination
3.3 Strukturdaten der Beherbergungs- und Gastronomiebranche
3.3.1 Neugründungen und Beschäftigte
3.3.2 Schließungen und Beschäftigte
3.3.3 Umsatzerlöse
3.3.4 Bruttoinlandsprodukt

4 Controlling in Kleinstunternehmen
4.1 Definition und Begriffsabgrenzung
4.2 Controllingrelevante Charakteristika der Kleinstunternehmen
4.2.1 Personenbezogene Charakteristika
4.2.2 Organisationsbezogene Charakteristika
4.2.3 Kaufmännische Charakteristika
4.3 Aufgaben des Controllings in Kleinstunternehmen
4.3.1 Aufgaben des Controllings
4.3.2 Charakteristika und Ebenen des Controllings
4.4 Operative Controllinginstrumente für Kleinstunternehmen der Beherbergungs- und Gastronomiebranche
4.4.1 ABC-Analyse
4.4.2 XYZ-Analyse
4.4.3 Break-Even-Analyse
4.4.4 Budgetierung
4.4.5 Kennzahlen
4.4.6 Kennzahlensysteme
4.4.7 Deckungsbeitragsrechnung
4.4.8 Soll-Ist-Vergleich
4.4.9 Liquiditätsplan

5 Empirische Studie
5.1 Definition
5.2 Qualitative vs. Quantitative Forschung
5.3 Forschungsziel
5.4 Forschungsfragen
5.5 Forschungsdesign
5.5.1 Methodisches Vorgehen
5.5.2 Auswahl der Methoden
5.5.3 Auswahl der ExpertInnen
5.5.4 Erhebung der Daten
5.5.5 Auswertung der Daten
5.6 Ergebnisse und Interpretation
5.7 Zusammenfassung der Erkenntnisse aus den Interviews

6 Controllingkonzeption für KleinstunternehmerInnen der Beherbergung- und Gastronomie
6.1 Merkmale und Aufbau einer Controllingkonzeption
6.2 Erstellung einer Controllingkonzeption für Kleinstunternehmen der Beherbergung und Gastronomie
6.2.1 Ziele
6.2.2 Instrumente
6.2.3 Aufgaben
6.2.4 Träger
6.2.5 Das „optimale“ Controllingtool

7 Zusammenfassung und Ausblick

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Anhang 1

Abstract

The purpose of this thesis is parallel to the review of the controlling literature to analyse and answer the scientific research questions posed by this literature. It will aim to answer how controlling is executed in micro-enterprises in the accommodation and gastronomy sector in eastern Austria. If it should come out that there are no implemented controlling tools within these enterprises, the reason for that should be explained. Also information about the characteristics of an optimal controlling tool should be gathered. As a result of this information, a special controlling concept for the micro-enterprises of the accommodation and gastronomy sector should be developed.

Based on this subject this thesis is concentrated to answer the scientific research questions. For this reason a review of current literature on this topic is undertaken. Also the realization of interviews of experts was focused. To be considered as an expert, the person has to be the leader of a micro-enterprise within the accommodation or gastronomy industry in eastern Austria. Or he or she has to work for a company like the Austrian hotel and tourism bank, where he or she has a good overview over the sector. Within this frame eight guided interviews were made with experts to gain the requested information.

In conclusion, it was found that even if the experts do consider controlling measures as very important, there is no real use of controlling tools in practice except simple comparisons etc. in micro-enterprises in the accommodation and gastronomy sector in eastern Austria. The specifications that came out during the “optimal” controlling tool-survey are, that it should be compact and easy to handle and should summarise all the relevant information on one page. Additionally the execution without a high level of expertise should be guaranteed.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Bei der Betrachtung der österreichischen Unternehmenslandschaft wird ersichtlich, dass zirka 99 %[1] der Unternehmen in die Kategorie der Klein- und Mittelbetriebe, die auch die Kleinstbetriebe umfasst, eingeordnet werden können. Auf dieser Tatsache beruhend lässt sich somit feststellen, dass diese Betriebe zu der in Österreich am meist verbreiteten Unternehmensgrößenklasse zählen und daraus resultierend einen starken Einfluss auf die österreichische Wirtschaft haben. Dieser beachtliche Anteil an der Unternehmenskultur Österreichs ermöglicht eine weitere Differenzierung in sogenannte Kleinstbetriebe. Diese Kleinstbetriebe stellen die große Mehrheit aller österreichischen Betriebe im Jahr 2011 mit knapp 92 % (zirka 370.000 Unternehmen) dar. Laut der EU-Regelung beschäftigen Kleinstunternehmen nicht mehr als neun MitarbeiterInnen und die Jahresbilanz bzw. der jährliche Umsatz überschreiten nicht die zwei Mio. Euro-Grenze.[2]

Sehr stark vertreten sind diese Kleinstunternehmnungen in der Beherbergungs- und Gastronomiebranche, wo Kleinstunternehmen zirka 88 % aller Betriebe ausmachen.[3]

Diese Kleinstbetriebe sind zu Beginn ihrer Tätigkeit oft mit Hindernissen konfrontiert, die die Startup-Phase zusätzlich erschweren. Kleinstunternehmen haben es in der Anfangsphase schwer ein nachhaltiges Management und eine reibungslos funktionierende Organisation aufzubauen. Da diese Entscheidungen stark mit Kapital- und Humanressourcen verbunden sind und diese für Kleinstbetriebe eher eine Rarität darstellen, ist es hier sehr problematisch, eine optimale Lösung zu finden.

Diese Aussage manifestiert sich auch in der Anzahl der im Jahre 2009 eingetretenen Unternehmensschließungen. Mit einem Anteil der Unternehmensschließungen im besagten Jahr von rund 99 % weisen diese österreichischen Kleinstbetriebe die höchste Rate unter den zum Schließen gezwungenen Unternehmen auf.[4]

Das Fehlen der zuvor genannten Ressourcen erschwert es, eine Prognose zu erstellen, wie sich das Geschäft in der kurz- bis mittelfristigen Zukunft entwickeln wird. Dieser bittere Beigeschmack der Ungewissheit begleitet das Management auf seinen tagtäglichen Entscheidungen. Des Weiteren stellt die Tatsache, dass nicht jede Kleinstunternehmerin bzw. jeder Kleinstunternehmer über genügend Controllingwissen verfügt, eine Hürde dar, weshalb häufig neben den simplen Kontrollen wie Soll-Ist-Vergleiche, keine weiteren Controllinginstrumente eingesetzt werden. Dieses fehlende Wissen führt zum freiwilligen Verzicht einiger ManagerInnen auf umfangreichere Controllinginstrumente, was wiederum zum, obgleich manchmal auch unbewusst eintretenden Verzicht von Strategien und Konzepten führt, die eigentlich unerlässlich sind, um eine nachhaltige und wirtschaftliche Unternehmung aufbauen und erfolgreich führen zu können.

1.2 Zentrale Fragestellungen

Die zentralen Fragestellungen dieser Arbeit sind:

Welche Controllinginstrumente gibt es laut Literatur und welche dieser Instrumente eignen sich für den Einsatz in Kleinstunternehmen der Beherbergungs- und Gastronomiebranche?

Welche Controllinginstrumente werden in der Wirtschaft tatsächlich von Kleinstunternehmen der Beherbergungs- und Gastronomiebranche eingesetzt und wie beurteilen KleinstunternehmerInnen die Notwendigkeit und Machbarkeit des Einsatzes von ausgewählten Controllinginstrumenten?

Wie könnte ein „optimales“ Controllinginstrument für die österreichischen Kleinstunternehmen der Beherbergungs- und Gastronomiebranche aufgebaut sein, sodass es in der Praxis anwendbar wäre?

1.3 Methodik

Zur Beantwortung der Fragestellungen wird die vorhandene Literatur zum Thema Controlling in Kleinstunternehmen ausgewertet. Die wichtigsten Literaturquellen sind neben der Basisliteratur für Controlling und Rechnungswesen, aktuelle Statistiken und Daten der WKO, Statistik Austria, KSV, Bundeministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend etc.. Darüber hinaus wird mittels Fachzeitschriften für Kleinunternehmen in Österreich und Controllingzeitschriften der aktuelle Themenbereich der Masterarbeit bearbeitet.

Im empirischen Teil der Arbeit werden, im Rahmen eines qualitativen Designs mit Hilfe von leitfadengestützten Experteninterviews, die Controllingverantwortlichen in Kleinstunternehmen befragt. Neben den zuständigen Personen für das Controlling in diesen Unternehmen werden dabei BranchenexpertInnen wie beispielsweise MitarbeiterInnen der österreichischen Hotel- und Tourismusbank interviewt, die einen Überblick über die Beherbergungs- und Gastronomiebranche haben. Die zu befragenden ExpertInnen werden mittels convenience samplings festgelegt. Durch diese Befragung werden wesentliche Informationen zu Kapitel 5 untersucht.

1.4 Aufbau der Arbeit

Im Kapitel 2, 3 und 4 erfolgt die theoretische Grundsteinlegung der Arbeit. Die Definition der Kleinstunternehmen und die wirtschaftliche Bedeutung innerhalb der EU und Österreich wird im Kapitel 2 erläutert. Das dritte Kapitel der Arbeit widmet sich der wirtschaftlichen Bedeutung der Kleinstunternehmen der Beherbergungs- und Gastronomiebranche in Österreich. Im darauffolgenden Kapitel 4 wird das Controlling theoretisch näher beschrieben und vor allem der Fokus auf ausgewählte operative Instrumente gelegt, die sich zur Anwendung in Kleinstunternehmen eignen. Somit wird auch die erste Forschungsfrage beantwortet.

Mit Hilfe der Experteninterviews wird im fünften Kapitel dieser Masterarbeit das theoretisch erarbeitete Wissen zusätzlich empirisch untersucht. Dabei werden sowohl VertreterInnen der Beherbergungs- als auch der Gastronomiebranche bezüglich Controllingeinsatz in Ihren Unternehmen befragt. Auch ExpertInnen aus verschiedenen wichtigen Organisationen der Branche, wie beispielsweise der österreichischen Hotel- und Tourismusbank sind InterviewpartnerInnen. Damit wird die zweite Forschungsfrage der Masterarbeit beantwortet.

In weiterer Folge werden im Kapitel 6 eine Controllingkonzeption speziell für Kleinstunternehmen der Beherbergungs- und Gastronomiebranche vorgestellt. Dabei werden vor allem die maßgeblichen Parameter, Ziele, Instrumente, Aufgaben und Träger der Controllingkonzeption näher dargestellt. Abschließend beschreibt das „optimale“ Controllingtool die gewünschten Eigenschaften der KleinstunternehmerInnen der Beherbergung und Gastronomie. Somit wird die dritte Forschungsfrage dieser Masterarbeit beantwortet.

Als letztes Kapitel folgt eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse, die während der Erstellung dieser Arbeit gemacht wurden.

2 Besonderheiten von Kleinstunternehmen

Im folgenden Kapitel wird anhand der EU-Verordnung die Definition der einzelnen Unternehmensgrößenklassen mittels einer übersichtlichen Grafik illustriert. Anschließend wird beschrieben, wie wichtig die Klein- und Mittelbetriebe, speziell Kleinstbetriebe, auf der europäischen Wirtschaftsebene sind. Des Weiteren wird auf die Bedeutung der Kleinstunternehmen speziell für die österreichische Wirtschaft näher eingegangen. Abschließend wird gezeigt, wie sich die Kleinstunternehmer-landschaft in Österreich innerhalb der letzten Jahre entwickelt hat.

2.1 Definition der Größenklassen für Unternehmen

Obwohl die wirtschaftliche Bedeutung der Klein- und Mittelbetriebe und somit auch der Kleinstbetriebe enorm ist, gibt es interessanterweise auf nationaler Ebene keine klare Definition für die Größenklassifizierungen von Unternehmen. Aufgrund des Fehlens einer klaren Definition für Kleinst-, Klein-, Mittel- und Großunternehmen wird die Empfehlung der EU-Kommission herangezogen.[5] Diese wurde erstmals im Jahr 1996 als eine gemeinsame Definition für Klein- und Mittelunternehmen erstellt. Jedoch gab die Kommission am 6. Mai 2003 eine neue Empfehlung aus, worin die ökonomische Entwicklung miteinbezogen wurde. Mit 1. Jänner 2005 trat die aktuelle Empfehlung in Kraft und ist somit für alle Politikfelder, Programme und Maßnahmen der Kommission gültig. Neben der Tatsache, dass eine Verordnung auf freiwilliger Basis der Mitgliedsstaaten gültig ist, ist es jedoch unausweichlich diese einzuhalten, um bestimmte Vorteile wie z.B. der Europäischen Investitionsbank (EIB) oder des Europäischen Investitionsfonds (EIF) zu nützen.[6]

Die EU-Verordnung sieht vier Unterscheidungsmerkmale vor, die zur Klassifizierung von Unternehmen ausschlaggebend sind. Diese sind:[7]

Anzahl der MitarbeiterInnen

Umsatz

Bilanzsumme

Unabhängigkeit

In Abb. 1 ist dargestellt, welche Grenzen für die einzelnen Größenklassen die EU-Verordnung bezüglich der MitarbeiterInnen, Umsatz, Bilanzsumme und Unabhängigkeit vorsieht.

Abbildung 1: Definition der Größenklassen anhand der EU-Verordnung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an portal.wko.at

Bei der Betrachtung der obigen Grafik (Abb. 1) ist ersichtlich, dass KleinstunternehmerInnen laut der EU-Verordnung nicht mehr als neun MitarbeiterInnen beschäftigen dürfen. Ein weiteres Kriterium ist, dass der Umsatz höchstens 2 Mio. Euro im jeweiligen Geschäftsjahr betragen darf. Die Obergrenze für die Bilanzsumme ist für KleinstunternehmerInnen laut der EU-Verordnung mit maximal 2 Mio. Euro limitiert.

Die Kennzahl der MitarbeiterInnen ist mit Abstand das wichtigste Merkmal für die Einordnung der Unternehmen in die jeweilige Größenklasse. Deswegen muss unter allen Umständen die Anzahl der MitarbeiterInnen weniger als zehn betragen, damit ein Unternehmen als Kleinstunternehmen bezeichnet werden darf. Währenddessen ist es der Unternehmerin bzw. dem Unternehmer freigestellt, ob die Umsatzgrenze oder der Schwellenwert für die Bilanzsumme eingehalten wird. Es müssen nicht beide Obergrenzen eingehalten werden. Infolgedessen führt die Überschreitung einer dieser beiden Obergrenzen nicht zum Verlust des Kleinstunternehmerstatus.[8] Falls die Obergrenzen für die Anzahl der MitarbeiterInnen und/oder Finanzangaben im Laufe des Berichtsjahres überschritten werden sollten, hat das keinen Einfluss auf die Einstufung des Unternehmens. Der Status, der zu Jahresbeginn gültig war, bleibt erhalten. Zu einer Änderung kommt es nur, wenn die Obergrenzen in zwei aufeinander folgenden Rechnungslesgungszeiträumen über- bzw. unterschritten werden.[9]

Die Kleinstunternehmen und die Ein-Personen-Unternehmen (EPU) werden in die Kategorie der Klein- und Mittelunternehmen (KMU) eingeordnet. Jedoch führt die Kategorienbeschreibung „Klein- und Mittelunternehmen“ oft zu dem Irrglauben, dass nur kleine bzw. mittlere Unternehmen dieser Gruppe angehören. Dass das nicht so ist, beschreibt das Amtsblatt der Europäischen Union in Artikel 2 Absatz 3. Darin heißt es:

„Innerhalb der Kategorie der KMU wird ein Kleinstunternehmen als ein Unternehmen definiert, das weniger als 10 Personen beschäftigt und dessen Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 2 Mio. EUR nicht überschreitet.“[10]

Mit dieser Regelung ist klar definiert, dass Kleinstbetriebe in die Kategorie der KMU zugeordnet werden. Jedoch wäre die Bezeichnung KKMU, die neben den Klein- und Mittelunternehmen auch die Kleinstutnernehmen beinhaltet, eine verständlichere und logischere Abkürzung.

2.2 Wirtschaftliche Bedeutung der Klein- und Mittelbetriebe bzw. Kleinstbetriebe in der EU

Die Wirtschaft im EU-Raum wird von der Gruppe der KMU´s dominiert (99 %). Mit der Hälfte der gesamten Wertschöpfung der Wirtschaft (Privatwirtschaft) in der EU und einer Beschäftigungsquote von über 66 % sind diese KMU´s das Rückgrat der europäischen Wirtschaft. Wird die Anzahl der KMU´s genauer betrachtet, ist eine klare Dominanz der Kleinstunternehmen innerhalb dieser Gruppe mit knapp 90 % feststellbar.[11] Simplifiziert bedeutet das, dass etwa jedes neunte von zehn Unternehmen im EU-Raum ein Kleinstunternehmen ist. Diese Tatsache verdeutlicht, welche wichtige Rolle Kleinstunternehmen für die Wirtschaft im gesamten EU-Raum spielen.

Die folgende Aussage von Günter Verheugen, ehemaliger EU-Kommissars für Unternehmen und Industrie, verdeutlicht, wie essentiell Klein- & Mittelunternehmen bzw. Kleinstunternehmen auf internationaler Ebene für die Europäische Union und infolgedessen auch für Österreich sind.

„Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind der Motor der europäischen Wirtschaft. Sie tragen wesentlich zur Entstehung von Arbeitsplätzen bei, fördern den Unternehmergeist und die Innovationstätigkeit in der EU und spielen deshalb eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigung. Die neue KMU-Definition, die am 1. Januar 2005 in Kraft trat, markiert einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für KMU und zielt auf eine Förderung der unternehmerischen Initiative, der Investitionstätigkeit und des Wachstums ab. Sie wurde nach umfangreichen Konsultationen mit den beteiligten Interessensvertretern erstellt, was beweist, dass es bei der erfolgreichen Umsetzung der Lissabon-Ziele entscheidend darauf ankommt, den kleinen und mittleren Unternehmen Gehör zu schenken.“[12]

Günter Verheugen

Mitglied der Europäischen Kommission,

zuständig für Unternehmen und Industrie

2.3 Kleinstunternehmen in Österreich

In den folgenden Unterkapiteln werden die Kleinstunternehmen näher beschrieben. Mit Hilfe von Abbildungen wird illustriert, welche Bedeutung Kleinstbetriebe auf die österreichische Wirtschaft haben. Als Hauptkriterium wird, wie auch von der EU-Verordnung vorgeschrieben, die Anzahl der MitarbeiterInnen herangezogen. In diversen Tabellen ist die Anzahl der MitarbeiterInnen in Kategorien unterteilt. Die Untergliederung „0 unselbstständige Mitarbeiter“ beschreibt die Ein-Personen-Unternehmen (EPU), die keine unselbstständige Mitarbeiterin bzw. keinen unselbstständigen Mitarbeiter beschäftigen. Zusätzlich wird zwischen „1-4 unselbstständige Mitarbeiter“ und „5-9 unselbstständige Mitarbeiter“ unterschieden.

Mit dieser Differenzierung kann eine detailliertere Analyse in den folgenden Kapiteln vorgenommen werden.

2.3.1 Wirtschaftliche Bedeutung

Aus Abb. 2 ist ersichtlich, dass im Jahr 2010 zirka 87 % aller österreichischen Unternehmen Kleinstunternehmen waren. Vor allem waren diese in den Bereichen „Sonstige Dienstleistungen“, „Freiberufliche/technische Dienstleistungen“ und „Grundstücks- und Wohnungswesen“ vertreten. Insgesamt beschäftigten Kleinstunternehmen im Jahr 2010 zirka 660.000 Berufstätige. Das bedeutet einen Anteil von 25 % aller berufstätigen ÖsterreicherInnen, die im Jahr 2010 beschäftigt waren.

Abbildung 2: Zahl der Unternehmen nach ÖNACE 2008-Abschnitten und Beschäftigungsgrößenklassen für 2010

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistik Austria (2012e)

In Abb. 3 ist erkennbar, dass die Anzahl der Beschäftigten Personen in Kleinstunternehmen für das Jahr 2010, exakt wie die Gesamtanzahl der Kleinstunternehmungen, am höchsten in den Bereichen „Sonstige Dienstleistungen“, „Freiberufliche/technische Dienstleistungen“ und im „Grundstücks- und Wohnungswesen“ ist.

Sowohl die hohe Prozentzahl (87 %) als auch die hohen Beschäftigungsquoten, wie beispielsweise in der Beherbergung und Gastronomie (zirka 50 % aller Beschäftigten), unterstreichen die Bedeutung dieser Kleinstbetriebe für die österreichische Wirtschaft.

Abbildung 3: Beschäftigte insgesamt nach ÖNACE 2008-Abschnitten und Beschäftigungsgrößenklassen für 2010

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistik Austria (2012e)

2.3.2 Neugründungs- und Schließungsraten

Bei der Analyse der neu gegründeten Unternehmen wird die Dominanz der Kleinstunternehmen unter der Startups eindeutig. Im Jahr 2010 wurden österreichweit 26.000 neue KleinstunternehmerInnen „ohne unselbstständig Beschäftigte“, das sind Ein-Personen-Unternehmen (EPU), gegründet. Somit beinhalteten diese etwa die Hälfte (50,2 %) der gesamten Neugründungen. Kumuliert betrachtet ist ersichtlich, dass in die Kategorie der Kleinstunternehmen, die unter anderem maximal neun MitarbeiterInnen beschäftigen dürfen, zirka 98 % der neu gegründeten Unternehmen im Jahr 2010 fallen. Anders formuliert waren nur knappe 2 % der neu gegeründeten Unternehmen in 2010 in die Kategorien Klein-, Mittel- bzw. Großunternehmen einzuordnen.[13]

Die Zahl der Unternehmensschließungen verdeutlicht abermals die wirtschaftliche Wichtigkeit der Kleinstunternehmen. Im Jahr 2010 wurden insgesamt 24.135 Betriebe geschlossen. Ähnlich wie bei der Neueröffnungsqoute, fällt auch bei den Unternehmensschließungen der größte Anteil auf die EPU (64,3 %). Diese wurden dicht von den Kleinstunternehmen mit 1-4 MitarbeiterInnen (31,8 %) gefolgt.[14] Zusammengerechnet sind das zirka 96 % aller Unternehmensschließungen im besagten Jahr.

Somit ist, durch die Neugründungs- und Schließungsraten der Kleinstunternehmen, die wesentliche Beeinflussung der Statistik deutlich zu erkennen.

2.3.3 Trends

Die folgende Grafik stellt dar, wie sich die Neugründungen (prozentuell) der Kleinstunternehmen während der Jahre 2004 bis 2010 entwickelt haben.

Abbildung 4: Anteile der Neugründungen nach Beschäftigungsgrößenklassen 2004 - 2010

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistik Austria (2012a)

Bei näherer Analyse von Abb. 4 wird ersichtlich, dass die prozentualen Anteile der Neugründungen mit „0 unselbstständig Beschäftigte“, also die der EPU, mit Ausnahme des Jahres 2006 kontinuierlich zurückging (- 7,3 %).

In Betrieben mit ein bis vier unselbstständigen MitarbeiterInnen zeigt der Trend in den letzten zwei Jahren nach oben. Innerhalb dieser sieben Jahre gab es einen Anstieg von + 6,6 %.

Neugegründete Unternehmen die fünf bis neun MitarbeiterInnen beschäftigen, haben nach der finanziell schwierigen Lage im Jahr 2008, bedingt durch die weltweite Finanzkrise, wieder ihre Quote gesteigert (von 2004 auf 2010 + 0,9 %).[15]

Abb. 5 zeigt, wie sich die prozentuelle Schließungsrate der Kleinstunternehmen zwischen 2004 und 2010 entwickelt hat. Beispielsweise sind im Jahr 2010 knapp 64,3 % der EPU geschlossen worden. Verglichen mit dem Jahr 2004 war das ein Anstieg von + 7,7 %. Im Gegensatz dazu war die prozentuelle Abweichung der Schließungsrate von Betrieben mit 1-4 unselbstständigen Beschäftigten niedriger (- 5,5 %). Der Vergleich der Unternehmensschließungen zwischen den Jahren 2004 und 2010 zeigt, dass der kumulierte Rückgang der Schließungsrate bei Unternehmen mit fünf bis neun MitarbeiterInnen – 1,1 % beträgt.

Abbildung 5: Anteile der Schließungen nach Beschäftigungsgrößenklassen 2004 - 2010

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Statistik Austria (2012b)

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass sich die Überlebensrate für Kleinstunternehmen tendenziell mit steigender Anzahl der MitarbeiterInnen erhöht. Vice versa tendieren Betriebe mit wenigem Personal eher dazu, aus unterschiedlichen Gründen geschlossen zu werden.[16]

3 Daten und Statistiken der Kleinstunternehmen der Beherbergungs- und Gastronomiebranche in Österreich

In diesem Kapitel werden die Betriebe der österreichischen Beherbergungs- und Gastronomiebranche näher beschrieben. Nach kurzer Begriffserklärung beschreibt das Kapitel „3.2 OECD-Vergleich Österreichs als Reisedestination“ das Tourismuspotenzial, das in direktem Zusammenhang mit der Beherbergungs- und Gastronomiebranche steht. Danach wird auf die Struktur der jeweiligen Branche eingegangen und analysiert, wie viele Kleinst-, Klein- und Mittel- bzw. Großunternehmen tätig sind. Folglich werden die Zahlen der Neugründungen bzw. Schließungen näher beschrieben und die Anzahl der Beschäftigten innerhalb dieser Unternehmen dargestellt. Zum Schluss wird die Verteilung des Umsatzes auf die jeweiligen Unternehmen in den verschiedenen Größenklassen und das Bruttoinlandsprodukt näher analysiert.

3.1 Definitionen

Für eine klare Verständlichkeit der folgenden Seiten werden vorab die Begriffe Beherbergung und Gastronomie definiert.

„Zum Beherbergungsgewerbe gehören Betriebe, in denen gegen Entgelt Personen vorübergehend Unterkunft gewährt wird.“ [17]

„Ein Gaststättengewerbe betreibt, wer entgeltlich Getränke und/oder Speisen abgibt, die an Ort und Stelle verzehrt werden können.“[18]

„Die Gastronomie/das Gaststättengewerbe dient der Versorgung der Gäste durch Speisen bzw. Getränke. Meistens ist dieses Service mit einer Unterhaltungsfunktion verbunden, die je nach Art und Zielpublikum der Gaststätte variiert.“[19]

3.2 OECD-Vergleich Österreichs als Reisedestination

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) publiziert im Zweijahresrhythmus die internationalen Ankünfte in den jeweiligen 34 Mitgliedsstaaten. Laut der Erhebung der Statistik Austria gab es eine jährliche, durchschnittliche Zunahme von + 0,8 % der internationalen Ankünte in OECD-Mitgliedsländer zwischen den Jahren 2006 und 2010. Wird Österreich isoliert betrachtet, kann eine überdurchschnittliche Zunahme (+ 2,2 %) festgestellt werden. Die Reiseverkehrseinnahmen stellen ersichtlich dar, dass die durchschnittlichen Pro-Kopf-Einnahmen Österreichs 2.226 US$ betragen. Somit liegt Österreich weit über dem OECD-Durchschnitt (454 US$) und kann den 2. Platz, hinter Luxemburg, bei den Reiseverkehrseinnahmen behaupten. Die überdurchschnittlichen Ankünfte und Einnahmen resultieren in der Gesamtwertschöpfung Österreichs mit zirka 5,6 %, wobei der OECD-Durchschnitt bei etwa 4,2 % liegt.[20]

Diese positiven Zahlen sind Indizien dafür, dass Menschen aus der ganzen Welt Österreich gerne als Reiseziel wählen. So wurden im Jahr 2011 ungefähr 34 Millionen TouristInnen registriert, die Ihren Urlaub in Österreich verbracht haben. Im Jahr 2012 konnte diese Zahl sogar auf 36,2 Millionen (+ 4,4 %) UrlauberInnen gesteigert werden. Diese UrlauberInnen verbrachten im Jahr 2011 zirka 126 Millionen Urlaubstage in Österreich. Die Anzahl der Übernachtungen stieg im darauffolgenden Jahr 2012 auf etwa 131 Millionen Tage (+ 4 %).[21]

Zum einen sind es die beliebten Sehenswürdigkeiten und nationalen Speisen die diese hohe Touristenanzahl begünstigen. Zum anderen sind dafür u.a. die gute Infrastruktur, nachhaltige Umweltregelung, wertvolle Kultur- und Naturschätze und ebenso hohe Sicherheitsstandards, die von UrlauberInnen sehr wertgeschätzt werden, verantwortlich.[22]

3.3 Strukturdaten der Beherbergungs- und Gastronomiebranche

Die stark kleinbetrieblich strukturierte Unternehmensform in der österreichischen „Beherbergung und Gastronomie“ ist in der folgenden Tabelle 1: „Gliederung nach Beschäftigungsgrößenklassen“ deutlich erkennbar. Es ist ersichtlich, dass 99,9 % der Betriebe in der Beherbergungs- und Gastronomiebranche in die Kategorie KMU eingegliedert werden können. Bei genauerer Analyser diser KMU wird ersichtlich, dass etwa 88 % der Betriebe in dieser Kategorie Kleinstbetriebe sind. Von denen wiederum sind fast 20 % der Betriebe EPU (siehe Spalte „davon 1 Beschäftigter“). Bei Unternehmen mit „0 Beschäftigte“ handelt es sich beispielsweise um Holdings, denen keine Beschäftigten zugewiesen werden.

Auffallend niedrig ist die Prozentanzahl der Großunternehmen. Diese machen etwa 0,1 % aller Betriebe in der Beherbergung und Gastronomie aus. [23]

Tabelle 1: Aufgliederung der Unternehmen nach Sektoren und Beschäftigungsgrößenklassen in %

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: in Anlehnung an Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (o.J.), S. 11

3.3.1 Neugründungen und Beschäftigte

Nach den Sektoren „Handel“ und „Freiberufliche Dienstleistungen“ kann die Beherbergungs- und Gastronomiebranche im Jahr 2010 mit zirka 3.300 Unternehmen den dritten Platz in der Rangordnung der Neugründungen einnehmen.

Des Weiteren ist in der Tabelle 2 ersichtlich, dass die 6-jährige Überlebensquote dieser neu gegründeten Unternehmen 51 % beträgt. Das bedeutet, dass knapp mehr als die Hälfte der neuen Betriebe in der Gastronomie- und Beherbergungsbranche innerhalb der ersten sechs Jahre ihre betriebliche Fortführung sichern konnten.

Tabelle 2: Anzahl der Neugründungen, Überlebensquote nach Sektoren 2010

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: in Anlehnung an Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (o.J.), S. 14

Darüber hinaus ist in der Tabelle 2 veranschaulicht, dass 15 % aller Neugründungen im Jahr 2010 in der „Beherbergung und Gastronomie“ stattgefunden haben. Diese hohe Anzahl der neu gegründeten Unternehmen hat ebenso auf die Anzahl der beschäftigten Personen innerhalb dieser Startups einen starken Einfluss. Mit knapp 12.400 beschäftigten Personen im Jahr 2010, das sind zirka 24 % aller Beschäftigten innerhalb der Neugründungen, waren die meisten Beschäftigten mit Abstand in der Beherbergungs- und Gastronomiebranche zu finden (Vgl. Tab. 3).

Tabelle 3: Anzahl der Beschäftigten bei neuen Unternehmen nach Sektoren 2010

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: in Anlehnung an Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (o.J.), S. 30

3.3.2 Schließungen und Beschäftigte

Um korrekte Schlüsse aus den vorliegenden Daten ziehen zu können, sollten die Neugründungs- bzw. Überlebensraten mit den Schließungsraten in Relation gesetzt werden. Beispielsweise ist bei näherer Betrachtung der Unternehmensschließungen im Jahr 2010 in der „Beherbergung und Gastronomie“ eine Konsequenz der hohen Neugründungsrate ersichtlich. So nimmt die „Beherbergung und Gastonomie“ mit knapp 15 % den dritten Platz in der Reihung der Unternehmensschließungen ein. Dies ist unter anderem auf die vorige Aussage zurückzuführen, dass zirka 50 % der Neugründungen gezwungen sind, innerhalb der ersten sechs Jahre das Unternehmen zu schließen.

Tabelle 4: Anzahl der Schließungen und Schließungsquote nach Sektoren 2010

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: in Anlehnung an Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (o.J.), S. 16

Kongruent zu der hohen Schließungsrate der Unternehmen lässt sich in Tabelle 5 ablesen, dass auch die Zahl der Beschäftigten bei geschlossenen Unternehmen in der Beherbergungs- und Gastronomiebranche, verglichen mit anderen Sektoren, relativ hoch ist. Nach der Branche „Handel“ (21,4 %) weist die Branche „Beherbergung und Gastronomie“ den zweithöchsten Anteil der Schließungsraten mit 20,9 % (7.696 Personen) auf.

Tabelle 5: Beschäftigte bei geschlossenen Unternehmen nach Sektoren 2010

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (o.J.), S. 32

Ein Vergleich der Neugründungszahlen mit den Schließungen zeigt, dass die Anzahl der beschäftigten Personen in neugegründeten Unternehmen höher als die Anzahl der beschäftigten Personen war, die in geschlossenen Betrieben tätig waren. Somit kann gesagt werden, dass sich die Anzahl der Beschäftigten im Jahr 2010 in der Beherbergung und Gastronomie positiv entwickelt hat.

3.3.3 Umsatzerlöse

Beim Betrachten der Umsatzerlöse nach Größenklassen für das Jahr 2010 wird ersichtlich, dass insgesamt 92,2 % der gesamten Umsätze in der Beherbergungs- und Gastronomiebranche in KMU erzielt wurden. Davon entfallen zirka 40 % auf Kleinstunternehmen, die etwa 90 % der Unternehmen in diesem Sektor repräsentieren. Hingegen auf Kleinunternehmen, die zirka 11 % aller Betriebe in dieser Branche ausmachen, ein Umsatzanteil von knapp 35 % zukommt. Mittelgroße Betriebe in der „Beherbergung und Gastronomie“, die nur 1 % der gesamten Unternehmen in der Branche ausmachen, konnten im Jahr 2010 fast 20 % des gesamten Umsatzes generieren. Somit lässt sich aus der Tabelle herauslesen, dass, obwohl knapp 90 % aller Unternehmen in diesem Sektor Kleinstunternehmen sind, diese nur etwa ein Drittel des erzielten Gesamtumsatzes beisteuern. Infolgedessen ist erkennbar, dass die Relation zwischen erzieltem Umsatz und Anzahl der Unternehmen in den jeweiligen Größenklassen sehr ungleich verteilt ist.

Tabelle 6: Umsatzerlöse nach Größenklassen und Sektoren 2010

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (o.J.), S. 36

3.3.4 Bruttoinlandsprodukt

In der folgenden Tabelle sind die Anteile der Sektoren am nominellen Bruttoinlandsprodukt (BIP), das als Wohlstandsindikator herangezogen wird, für die Jahre 2006 bis 2010 angeführt.

Bei näherer Betrachtung der Tabelle 7 ist ersichtlich, dass in der „Beherbergung und Gastronomie“ innerhalb dieser fünf Jahre jeweils ein Anstieg des BIPs, im Vergleich zum letzten Jahr, zu verzeichnen war. Wobei der größte Anstieg (+ 0,78 Mrd. Euro) zwischen 2007 und 2008 verbucht wurde. Im Jahr 2010 konnten die Unternehmen in der Beherbergungs- und Gastronomiebranche zirka 13 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt beisteuern. Das entspricht prozentuell einem Wert von ungefähr 5 % des gesamten österreichischen Bruttoinlandprodukts im Jahr 2010.

Tabelle 7: Bruttoinlandsprodukt nach Wirtschaftsbereichen laufende Preise 2006 - 2010

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: in Anlehnung an Arbeiterkammer Österreich (2012)

4 Controlling in Kleinstunternehmen

In diesem Kapitel wird am Anfang der Begriff Controlling näher definiert. Danach folgt eine detaillierte Beschreibung der controllingrelevanten Charakteristika der Kleinstunternehmen. Folglich werden die Ebenen und Hauptaufgaben des Controllings, unter Beachtung der Merkmale von Kleinstunternehmungen, erläutert. Der Schlussteil dieses Kapitels beschäftigt sich explizit mit den operativen Controllinginstrumenten. Dabei wird der Fokus auf praxisrelevante Controllingmaßnahmen für die Unternehmen der Beherbergung und Gastronomie gesetzt.

4.1 Definition und Begriffsabgrenzung

Wenn deutsche Werke zum Thema Controlling analysiert werden, gewinnt man den Eindruck, dass keine einheitliche, kurze, prägnante und dauerhafte Defintion für den Begriff Controlling vorhanden ist. Eine erste Annäherung kann aus dem amerikanischen Verb „to control“ abgeleitet werden. Mit Rückgriff auf die entsprechende Managementliteratur wäre das Wort Controlling mit Beherrschung, Lenkung, Steuerung und Regelung übersetzbar.[24] Aus diesem Grund wird klargestellt, dass nicht Kontrolle unter Controlling verstanden werden sollte, sondern vielmehr ein Teilbereich der Unternehmung, „…der bestimmte Aufgaben wahrnimmt, um auf diese Weise die Führung bei ihrer zweckorientierten Steuerungs- und Lenkungsaufgabe und den damit verbundenen Entscheidungen zu unterstützen.“[25]

Nach Auffassung des Internationalen Controller Verein (ICV), eine Interessensvereinigung, befolgen ControllerInnen während ihrer Tätigkeit das Controller-Leitbild der International Group of Controlling (IGC):[26]

„Controller gestalten und begleiten den Management-Prozess der Zielfindung, Planung und Steuerung und tragen damit eine Mitverantwortung für die Zielerreichung. Das heißt:

Controller sorgen für Strategie-, Ergebnis-, Finanz- und Prozesstransparenz und tragen somit zu höherer Wirtschaftlichkeit bei.

Controller koordinieren Teilziele und Teilpläne ganzheitlich und organisieren unternehmensübergreifend das zukunftsorientierte Berichtswesen.

Controller moderieren und gestalten den Management-Prozess der Zielfindung, der Planung und Kontrolle so, dass jeder Entscheidungsträger zielorientiert handeln kann.

Controller leisten den dazu erforderlichen Service der betriebswirtschaftlichen Daten- und Informationsversorgung.

Controller gestalten und pflegen die Controllingsysteme.“

4.2 Controllingrelevante Charakteristika der Kleinstunternehmen

Im deutschen Sprachraum gibt es einige Controllingkonzeptionen, die gleichberechtigt nebeneinander stehen und nicht auf Unternehmensgrößen bezogen sind. Das bedeutet, dass diese sowohl bei Großunternehmen, als auch bei KMU zur theoretischen Fundierung herangezogen werden können.[27] Hoogen/Lingnau sind der Meinung, „dass die aktuell diskutierten […] Controlling-Konzeptionen nicht geeignet sind, die Besonderheiten von Controlling in KMU abzubilden bzw. zu erklären.“[28] Klar ist jedoch, dass die Controllingmaßnahmen, die in Großunternehmen eingesetzt werden, aus verschiedenen Gründen, nicht unmittelbar auf Kleinstunternehmen anwendbar sind. Deswegen sind in den letzten Jahren einige Konzeptionen mit Fokusierung auf KMU ausgearbeitet worden (siehe Tabelle 8)[29].

Tabelle 8: Ausgewählte KMU-Controlling-Konzeptionen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten [30] [31] [32] [33] [34] [35] [36]

Quelle: in Anlehnung an Mühlböck (2012): S. 30 f; Kramer/Valentin (2009): S. 89 ff.

Jedoch sollte beachtet werden, dass sogar innerhalb der KMU-Gruppe die Unterschiede sehr beachtlich sein können. Beispielsweise sollte ein großes Mittelunternehmen mit einem Kleinstunternehmen nicht vergleichen werden.[37]

Aus diesem Grund werden in den folgenden Kapiteln die personenbezogenen, organisationsbezogenen und kaufmännischen Charakteristika der Kleinstunternehmen detaillierter beschrieben.

4.2.1 Personenbezogene Charakteristika

Bei näherer Betrachtung der personenbezogenen Charakteristika (siehe Tab. 9) ist ersichtlich, dass das Unternehmen für die KleinstunternehmerInnen oft als „Lebensinhalt“ gesehen wird. Dieser „Lebensinhalt“ spiegelt sich bei der Festlegung der Unternehmensziele wieder. Somit beeinflussen die persönlichen Präferenzen und Einstellungen der KleinstunternehmerInnen stark die Werthaltung, Risikoneigung und Zielsetzung des jeweiligen Unternehmens und fließen indirekt in die Zielsetzung ein.

Außerdem ist in der Tabelle 9 weiters erkennbar, dass nur wenige führungsbegabte und -kompetente Fachkräfte vorhanden sind. Das führt zu einer mangelnden oder gänzlich fehlenden Spezialisierung und Arbeitsteilung.[38] Diese Akkumulation von Aufgaben und Verantwortungen führt einerseits zur Überlastung der ManagerInnen, andererseits bringt es die GeschäftsführerInnen an die physischen und psychischen Grenzen. Des Weiteren werden, wie in der Tabelle 9 dargestellt, die mangelnden betriebswirtschaftlichen Kenntnisse und die daraus resultierenden unzureichenden, sachbezogenen Führungskompetenzen wie Information, Planung und Kontrolle durch Intuition, Improvisation und Fingerspitzengefühl ersetzt.

Im Gegensatz zu Großunternehmen gibt es in Kleinstunternehmen keine Kontrollinstanzen wie zum Beispiel einen Aufsichtsrat bzw. stehen auch keine Anlegerinteressen im Hintergrund. Daraus folgt, dass die ManagerInnen in ihrer ökonomischen Zielsetzung relativ frei sind. Nur in bestimmten Punkten, wie rechltiche Vorgaben (z.B. Gläubigerschutz) sowie bei FremdkapitalgeberInnen, die gewisse Mindestansprüche an die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens stellen, ist diese Freiheit eingegrenzt.[39]

Weiters sind die mangelnde Führung und die rasche Entscheidungsfindung, die sehr oft intuitiv vollzogen wird, klare Eigenschaften von KleinstunternehmerInnen. Als ein offenes Geheimnis gilt, dass Planung, vor allem im strategischen Sinn, in Kleinstunternehmen gar nicht bis sehr wenig vorhanden ist (siehe Tab. 9).

Im Bereich „Kommunikation, Kontrolle, (An-)Weisungen“ (siehe Tab. 9) sind langjährige, persönliche Beziehungen zu vielen StakeholderInnen positive Eigenschaften, die Kleinstunternehmungen gegenüber Großunternehmen aufweisen können.

Tabelle 9: Personenbezogene Charakteristika

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Siller/Grausam (2013): S. 24.

4.2.2 Organisationsbezogene Charakteristika

Die Organisation ist der soziale Rahmen, indem die Geschäftsführung als Institution seine Funktionen wahrnimmt. Das bedeutet, dass durch die enge Beziehung der Organisationsstruktur und der Unternehmensführung eine starke Abhängigkeit untereinander herrscht. Das führt dazu, dass sich diese zwei Komponenten gegenseitig beeinflussen.[40]

Die Größe der Kleinstunternehmen ermöglicht es die Organisation überschaubar, wenig formalisiert und flexibel zu gestalten (vgl. Tab. 10).[41] Auch die Kommunikation innerhalb solcher Kleinstunternehmen ist meist informell und persönlich.[42] Die kurzen Informations- und Entscheidungswege, die durch wenige Hierarchiestufen bzw. die geringe Leitungstiefe begünstigt werden, ermöglichen Kleinstunternehmen die Erledigung der Aufgaben in einer kürzeren Reaktionsgeschwindigkeit als Großunternehmen.[43]

In der Tabelle 10 ist des Weiteren ersichtlich, dass im Gegensatz zu Großunternehmen die Kleinstunternehmungen mit einigen Nachteilen konfrontiert sind. So kann es beispielsweise durch die schwache Marktposition des Unternehmens häufig zu ungünstigeren Konditionen am Beschaffungsmarkt kommen. Wird ein Kredit mit solchen ungünstigen Konditionen aufgenommen, ist die Möglichkeit einer wirtschaftlich, problematischen Situation gegeben. Auch die Auftragsgrößen der Kleinstunternehmen, sowohl am Beschaffungs- als auch am Absatzmarkt, sind niedriger, als die der Großunternehmen (siehe Tab. 10). Das ermöglicht aber auch, dass solche Kleinstunternehmen extreme Anpassungsfähigkeit beweisen können, wenn es um die Erfüllung spezieller Kundenwünsche geht. Solche Eigenschaften helfen den Kleinstunternehmen, und vor allem den EPU, die finanziell schwierigen Situationen zu überleben.

Wie weiters in Tabelle 10 ersichtlich, ist der Beratungsaufwand entweder gar nicht oder sehr gering vorhanden. Falls Kleinstunternehmen Beratung in Anspruch nehmen, werden meistens die SteuerberaterInnen oder die PersonalverrechnerInnen kontaktiert.

Tabelle 10: Organisationsbezogene Charakteristika

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Siller/Grausam (2013)

4.2.3 Kaufmännische Charakteristika

Die in der Tabelle 11 aufgelisteten, kaufmännischen Merkmale der Kleinstunternehmen zeigen, dass durch fehlende Skaleneffekte die Kostendegression der Fixkosten nur sehr gering möglich ist.

Ein weiteres, weit verbreitetes Merkmal der Kleinstunternehmen ist die niedrige Eigenkapitalquote (im Jahr 2011 = 11 %)[44]. Das führt sehr oft zu einer überdurchschnittlichen Verschuldung. In der „Spirale der Verschuldung“ führt diese finanzielle Ausgangslage zu einer schlechteren Bonität des Kleinstunternehmens am Kapitalmarkt. Die Gründe dafür sind einerseits die niedrige Eigenkapitalquote bzw. das Nichtvorhandensein von Sicherheiten und andererseits ein bereits bestehender Kredit. Infolgedesse kann Fremdkapital nur mehr zu sehr schlechten Konditionen aufgenommen werden. Falls es dazu kommt, dass die Banken kein Kapital zur Verfügung stellen, werden des Öfteren auch die näheren Verwandten als KapitalgeberInnen genützt (siehe Tab. 11).

Obwohl die Kleinstunternehmen durch ihre finanziell schwierige Lage und den ungünstigen Konditionen auf dem Finanzmarkt, sehr auf Förderungen und Beihilfen angewiesen wären, verhindert die Lücke an Informationen der ManagerInnen, wie in Tabelle 11 ersichtlich, die Inanspruchnahme solcher Möglichkeiten.

Eine andere, wesentliche kaufmännische Eigenschaft der Kleinstunternehmen ist das Outsourcen der Aufgaben (siehe Tab. 11). Beispielsweise werden die in Kleinstunternehmen anfallenden kaufmännischen Agenden, u.a. wegen zu hoher Anschaffungskosten für Software usw., an die SteuerberaterInnen ausgelagert.

[...]


[1] Vgl. WKO (2011): S. 1.

[2] Vgl. Europäische Union (2007)

[3] Vgl. Statistik Austria (2012a)

[4] Vgl. Statistik Austria (2012b)

[5] Vgl. portal.wko.at (o.J.)

[6] Vgl. Europäische Kommission (2006): S. 6.

[7] Vgl. wko.at/Statistik (2013): S. 2.

[8] Vgl. Europäische Kommission (2006): S. 13.

[9] Vgl. Europäische Kommission (2006): S. 16.

[10] Amtsblatt der Europäischen Union (2003): S. 2.

[11] Vgl. ec.europa.eu (2013)

[12] Europäische Kommission (2006): S. 3

[13] Vgl. Statistik Austria (2012a)

[14] Vgl. Statistik Austria (2012b)

[15] Vgl. Statistik Austria (2012c)

[16] Vgl. Statistik Austria (2012d)

[17] Vgl. Fuchs/Mundt/Zollondz (2008): S. 75.

[18] Vgl. Kaub (1990): S. 60.

[19] Vgl. Meyer/Hoffmann (2002): S. 37.

[20] Vgl. Statistik Austria (2012g): S. 1.

[21] Vgl. Statistik Austria (2013)

[22] Vgl. Statistik Austria (2012f)

[23] Gesamte marktorientierte Wirtschaft: ohne Land- und Forstwirtschaft und persönliche Dienstleistungen (genauer: Abschnitte B bis N und S95 der ÖNACE 2008); um Verzerrungen zu vermeiden, werden auch Realitätenwesen und Holdings nicht berücksichtigt.

[24] Vgl. Horváth (2006): S. 18.

[25] Berens/Bertelsmann (2002): Sp. 281.

[26] Vgl. Internationaler Controller Verein (2007): S. 9.

[27] Vgl. Kramer/Valentin (2009): S. 89.

[28] Vgl. Hoogen/Lingnau (2009): S. 111.

[29] Vgl. Mühlböck (2012): S. 30.

[30] Vgl. Seitz (2002): S. 28 ff.

[31] Vgl. Seitz/Dittrich (2005): S. 457 f.

[32] Vgl. Künzle (2005): S. 53 ff.

[33] Vgl. Kummert (2005): S. 125.

[34] Vgl. Manegold/Steinle/Krummaker (2007): S. 16 f.

[35] Vgl. Mäder/Hirsch (2009): S. 16 ff.

[36] Vgl. Feldbauer-Durstmüller/Mühlböck (2011): S. 231.

[37] Vgl. Siller/Grausam (2013): S. 24.

[38] Vgl. Seitz/Dittrich (2005): S. 454.

[39] Vgl. Klett/Pivernetz (2009): S. 4.

[40] Vgl. Kosmider (1994): S. 11 ff.; Flacke (2006): S. 28 ff.; Wengerter (1992): S. 11 ff.

[41] Vgl. Kosmider (1994): S. 32.

[42] Vgl. Pleitner (1995): S. 46; Mugler (2008): S. 26; Kramer/Valentin (2009): S. 77.

[43] Vgl. Mühlböck (2012): S. 106.

[44] Vgl. Siller/Grausam (2013): S. 27.

Ende der Leseprobe aus 120 Seiten

Details

Titel
Einsatz von Controlling in Kleinstunternehmen der Beherbergungs- und Gastronomiebranche in Ostösterreich
Hochschule
Fachhochschule Burgenland
Note
2
Autor
Jahr
2013
Seiten
120
Katalognummer
V288637
ISBN (eBook)
9783656888130
ISBN (Buch)
9783656888147
Dateigröße
4374 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einsatz, controlling, kleinstunternehmen, beherbergungs-, gastronomiebranche, ostösterreich
Arbeit zitieren
Muharrem Pembe (Autor:in), 2013, Einsatz von Controlling in Kleinstunternehmen der Beherbergungs- und Gastronomiebranche in Ostösterreich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/288637

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