Berlusconi und die Macht der Massenmedien


Hausarbeit, 2004

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0 Einleitung

1 Die Medienpower Berlusconis
1.1 TV
1.2 Printmedien
1.3 Mediengesetzgebung
1.4 Journalismus

2 Politik, Werbung, Unterhaltung
2.1 Der AC Milan
2.2 Images, Gefühle, Effekte
2.3 Sprachanalyse

3. Meinungsforschung (Demoskopie)

4. Wahlkampfstrategien

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

7. Anhang

0 Einleitung

Medienfreiheit wird in demokratischen Gesellschaften als Grundrecht deklariert und demgemäß in die Verfassung eingebunden (vgl.Schneider, 1998, S.422). Sie wird als „frei von jeder Inpflichtnahme zugunsten staatlicher und gesellschaftlicher Ziele (S.423)“ eingestuft und stellt daher eher eine Ergänzung zum politischen System dar, um den Wählern eine gewisse Orientierungsmöglichkeit zu gewährleisten. Nach ideellen Richtgrößen und Normen stellt dies einen Soll-Zustand dar.

Erfahrungsgemäß ist dies aufgrund verschiedener Umstände in den westlichen Demokratien nicht mehr der Fall, was nicht zwingend negativ zu bemessen ist, jedoch kritisch betrachtet werden sollte. Oftmals hören wir von dem Begriff Mediendemokratie, verschärfter noch von Mediendiktatur, was nach näherer Betrachtungsweise und unter verschiedenen Gesichtspunkten angemessen erscheint, aus anderen Perspektiven vielleicht wieder hinfällig.

Mit dieser Hausarbeit möchte ich anhand des Beispiels „Berlusconi und die Macht der (Massen-) Medien“ belegen, dass die ideelle Richtgröße der Medien als kritische Kontrollgewalt der Politik in Hinblick auf die Instrumentalisierung von Medien, den sprachlich-instrumentellen Kurs der Politik Berlusconis, in keinem einzigen Ansatz mehr vorhanden sein wird, überlässt man sie der Gewalt einer einzigen Person. Die Arbeit teilt sich auf in die „Medienpower Berlusconis“ (Voraussetzung für seine [Medien-] Politik), in den Teil der „Politik, Werbung, Unterhaltung“ (spezifische Charakteristik seiner Politik) und in den dritten und vierten Teil der „Demoskopie“ und des „Wahlkampfes“ (Anwendung). Über jene Gliederung möchte ich zu meiner Ausgangsthese gelangen und aufgekommene Fragen beantworten.

Ausgangspunkt meiner Betrachtung ist meine, über die Erarbeitung des Themas zustande gekommene persönliche Einstellung, dass ohne die geringste Bemühung, die Medien in ihrer Autonomie zu stärken und ihren kritischen Faktor stets hervorzuheben und als allgemeines Gut zu klassieren, nach und nach jede Demokratie in ihrer idealen Form einem „Italien-Komplex“ anheim fallen würde.

Natürlich wird sich ein Leo Kirch nun nicht mehr in der Politik involvieren wollen, doch wer verspricht uns, dass nicht einer seiner Nachfolger das Kirchimperium zugunsten von politischen Entscheidungsprozessen benutzen wird um eigene Vorteile zu erzielen? Dass es in jedem Land innerhalb der Printmedien, sowie im TV verschiedene politische Lager gibt, ist niemandem neu.

Nun denn, Berlusconi stellt in jeder Hinsicht ein „Paradebeispiel“ für die Akkumulation

medialer und politischer Macht dar, welche es zu betrachten lohnt. Mit seinen Machtressourcen gelang es ihm innerhalb von vier Monaten, Ministerpräsident Italiens zu werden: Ohne Ideologie, ohne politischen Hintergrund, ohne einen zunächst erkennbaren Grund.

1 Die Medienpower Berlusconis

1.1 TV

Josef Klein (1996, S.20) sagt:

„TV wirkt über den Bauch, nicht über den Kopf. Sie sind gleichwohl nachhaltig und sie sind Gift für ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Politiker und politischer Praxis.“

Dieser Fakt stellt sozusagen die Zusammenfassung dar, warum das TV nicht unbedingt als vorteilhafte Fläche für politische Praxis dient, wohl aber für die Inszenierung und Dramaturgie des sonst für den Zuschauer so langweiligen politischen Lebens.

Wenn an dieser Stelle allerdings die Medien nicht mehr bewertend sondern nur noch passiv fungieren, also als Fläche, auf der jeder unterschwellig und verführerisch das an den Zuschauer bringen darf, was er will, entsteht hieraus eine durchaus bedrohliche Situation für den Willensbildungsprozess.

Berlusconi darf. Er besitzt 90% der TV-Reichweite (Wallisch, 1997, S.43) und drei der sechs größten Sender in Italien (S.68). Die öffentlich-rechtliche RAI stellt hierbei einen Gegenpol zu Berlusconis Hofberichterstattung dar, indem sie sich selbst als Berlusconi-kritisch betitelt. Dennoch gerät sie aufgrund der Unterhaltungsoffensive der „Berlusconi-Sender“ und den damit verbundenen Quoteneinbrüchen immer mehr unter Zugzwang. Dem Tiger werden also im Voraus ohne eigenes Zutun die Zähne gezogen. Einerseits entmachtet sich die RAI durch ihr Kulturprogramm selber. Andererseits wird sie gegenwärtig auch durch Berlusconi, in der Regierung sitzend, stark entmachtet.

Im Gegensatz zur RAI setzt die Fininvest, die Firma Berlusconis, auf Unterhaltung und Show, weniger auf Politik und Kultur. Mit Italia1 (Jugendsender), Rete4 (Hausfrauensender) und Canale6 (Spielfilm und Showsender) spielte Berlusconi sich in die Herzen des ohnehin schon in „tiefer Liebe zum TV“ gekennzeichneten italienischen Volk (S.68).

Der „Minister- und Medienpräsident (S.68)“ hat somit das Unterhaltungsmonopol geschaffen und weiß um seine Reichweite, die tagtäglich Bestandteil des Alltages von Millionen Italienern ist. Dabei setzt er auf tägliche Umfragedaten, um seine Wähler regelrecht „bei der Stange“ zu halten (S.112).

Unter diesen Umständen ist es einfach, das TV als Basis für Wahlkampfstrategien zu benutzen, dabei möglichst viele Zuschauer und damit potentielle Wähler zu erreichen und auch noch glaubwürdig zu wirken. Berlusconi personifiziert also geradezu die logische Folge, mit diesen „hausgemachten Bedingungen“ in die Politik einzusteigen. Gründe hierfür waren vor allem schwerer werdende Rahmenbedingungen für seine Medienpolitik und die Verknüpfung mit eigenen wirtschaftlichen Interessen, die er keineswegs leugnet.

Um politischen Erfolg zu haben verzichtet er nicht auf das TV, macht es zu seiner stärksten und gleichzeitig gefährlichsten Waffe. Als Beispiel dient hier die Tatsache, dass vorfabrizierte Presseerklärungen und perfekte Wahlkampfszenen auf Videoband gespeichert und an verschiedene TV-Kanäle geschickt werden (S.38). Vor kritischen Reflexionen in den Medien muss man logischerweise keine Angst haben, wenn man sie zu mehr als 50% besitzt.

Mit dieser „Do-it-yourself-Informationspolitik (S.134)“ wird das Augenmerk noch einmal auf die Fininvest gelenkt, die durch ihren Besitz von „mehreren Zeitungen, Fernsehsendern, Werbervermittlungsagenturen, Filmproduktionsfirmen, Musik-, Film- und Printverlagen, hunderten Kinos und zahlreichen Theatern (S.112)“ ihre Angebote selber produziert und ins eigene Mediensystem einspeist.

Dabei erkennt Ulrich Sarcinelli (1996, S.38) folgerichtig, dass gerade die Leistungsfähigkeit des Politikers davon abhängt, ob er in der Lage ist, sich in „medialen Umwelten durch Aufmerksamkeit […], Zustimmung zu behaupten, sich als Kommunikator Gehör zu verschaffen bzw. – und vor allem – ‚ins Bild’ zu setzen.“

Nach dieser Definition ist Silvio Berlusconi aufgrund seiner Medienmacht also super-handlungsfähig, was im Folgenden noch näher zu betrachten wäre. Fraglich ist dabei, ob für den „Bauch gemachte Medienangebote“ politische Wirklichkeiten widerspiegeln oder sie doch eigens konstruieren (vgl. Sarcinelli, 1996, S.38). Was macht also ein Politiker, der alle Medienmacht besitzt? Wird er sich bemühen, die Realität darzustellen, oder wird er sie selber medial konstruieren?

1.2 Printmedien

Die überregionalen Zeitungen stellen in Italien ein Elitemedium dar. Begründend wäre der Fakt, dass vor gerade einmal einhundert Jahren nur fünf Millionen Italiener lesen und schreiben konnten (Wallisch, 1997, S.69). Daraus resultierte eine starke Abhängigkeit der Blätter von Geldern um liquide, also überlebensfähig zu sein. Geldquellen waren aber kein „Geschenk“ von Prestigeträgern, sondern eine Art Investition in gute Kritiken und Wegbereitungen.

Gegenwärtig heben sich die Printmedien von denen damaliger Zeit kaum ab. 45% der Italiener konsumieren täglich eine Tageszeitung; erheblich mehr lesen lieber das Geschehen auf dem Sportplatz nach – und das nicht im Sportteil der Tageszeitung, sondern in Form einer illustrierten Sportzeitung (S.71).

Die stärkste Auflage erreicht die Berlusconi-Zeitschrift „Sorrist e Canzoni“, welche in bedeutender Weise die Werbetrommel für die Berlusconi-Kanäle rührt (S.71).

Über diese eindeutige Verknüpfung zwischen TV und Print hinaus sicherte sich Berlusconi die Teilhabe am Mondadori-Verlag, der auch ohne Berlusconi größer als RAI und Fininvest zusammen war. Er besitzt 13% der Tageszeitungen, 33% der Wochenzeitungen, eine eigene Werbeagentur, 12 Verlagszeitungen und zwei Nachrichtenmagazine auf dem italienischen Markt. Um die Quoten zu steigern willigten die Mondadori-Erben in den Pakt mit Berlusconi ein. 1990 sicherte er sich die Präsidentschaft im Verlag und entließ nach und nach anders gesinnte Redakteure. Exemplarisch war auch die Entlassung des Chef-Redakteurs des „Panoramas“ der gegen den Berlusconi-Kurs steuerte. Nach einer Aufsplittung des Unternehmens durfte Berlusconi autonom über den Buch- und Zeitschriftenverlag schalten und walten (vgl. S.79).

Mit diesen harten Fakten erscheint es unumstößlich, dass die „Berlusconi-philen“ Printmedien aktiv und Schritt für Schritt die „Berlusconi-phoben“ Medien durch Erweiterung der Machtperspektiven und –möglichkeiten minimieren, wenn nicht vernichten. Mit dieser Vorgehensweise werden Berlusconi-freundliche Medien „gemacht“ und konstruiert. Kritikern in den eigenen Reihen wird im Voraus die Kündigung ausgesprochen, in anderen Verlagen wird früher oder später eine Reißleine gelegt werden…

Warum Berlusconi so schnell in die Politik expandieren konnte, liegt teilweise am Komplex der Printmedien. Durch den „Tod der Parteipresse“ suchten die Politiker den Kanal über das Elitemedium Zeitung (S.83), welches durch den kryptischen Stil allerdings den „Mann auf der Straße“ nicht erreichte, möglicherweise auch gar nicht erreichen sollte. Doch Berlusconi monopolisierte sofort das Medium der Masse, das Fernsehen, sprach zu seinem Fernsehvolk und gewann sogleich Fläche für seine politischen Ziele.

1.3 Mediengesetzgebung

Trotz der versuchten Monopolisierung der Unterhaltungsmedien gab es natürlich auch

Stimmen die gegen diesen Kurs laut wurden. 1990 wurde ein Anti-Trustgesetz verabschiedet. Die „Legge Mammi“ sah ein Verbot dafür vor, gleichzeitig drei TV-Sender UND eine Tageszeitung zu besitzen (Wallisch, 1997, S.78). Dies entsprach genau den damaligen Geschäftsbedingungen Berlusconis. Um dies zu umgehen, trat er einfach seine Tageszeitung „Il Giornale“ an seinen Bruder Paolo ab. Dieser Akt der „symbolischen Trennung“ (S.78) ist mit Sicherheit nicht einmal Beweis für die Gerissenheit Berlusconis, sondern ein Indiz für die in sich unschlüssige Gesetzeslage, ihre innere Unabgestimmtheit und Oberflächlichkeit. Im Grunde genommen war dieses Trustgesetz ein kläglicher Versuch der staatlichen RAI, ihre Sonderstellung zu wahren. Der Konkurrenzkampf um Quoten und die Gunst der Zuschauer wurde dadurch jedoch nur noch zugespitzt. Spätestens an dieser Stelle musste Berlusconi erkennen, dass eine günstige Auslegung der Gesetzestexte einzig von einer politischen Lobby abhing.

[...]

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Details

Titel
Berlusconi und die Macht der Massenmedien
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Institut für Politikwissenschaften)
Veranstaltung
Politisch-strategische Instrumente
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
23
Katalognummer
V28845
ISBN (eBook)
9783638305136
ISBN (Buch)
9783638649995
Dateigröße
518 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Alles über Berlusconi und seine politischen Praktiken.
Schlagworte
Berlusconi, Macht, Massenmedien, Politisch-strategische, Instrumente
Arbeit zitieren
Adeline Kerekes (Autor:in), 2004, Berlusconi und die Macht der Massenmedien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28845

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