Der Suizid in der Literatur des Umbruchs vom 18. zum 19. Jahrhundert

Darstellung, Funktion und Bedeutung


Facharbeit (Schule), 2013

20 Seiten, Note: 12


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2. Der Suizid - Begriffserklärung
2.1 Wortbedeutung und Herkunft
2.2 Geschichtliche, religiöse und rechtliche Hintergründe

3. Beispiele für Selbstmord in der Literatur des 18 und 19 Jahrhunderts
3.1 „Kabale und Liebe“
3.1.1 Das Drama als Gesellschaftskritik
3.1.2 Zwischen Wut und Verzweiflung
3.2 „Der Sandmann“
3.2.1 Der Autor und Entstehenshintergrund
3.2.2 Die narzisstische Krise als Ursache des Suizids
3.3 „Die Leiden des Jungen Werther“
3.3.1 Der Briefroman als autobiographisches Werk Goethes
3.3.2 Psychologische Analyse der Ursachen von Werthers Suizid

4. Die Darstellung des Suizids in der Literatur

5. Anhang
5.1 . Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Suizid ist seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein beliebtes und oft aufgegriffenes Motiv in der Literatur. Geschichten von Verliebten, Leidenden und Sterbenden wurden schon damals in solcher Anzahl gelesen, dass viele es sogar mit einer Sucht verglichen. „Die Wirkung dieses Büchleins war groß, ja ungeheuer, und vorzüglich deshalb, weil es genau in die rechte Zeit traf. “1 “ So spricht der große Dichter J. W. von Goethe von seinem 1773 erschienenen Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers", der unter seinen Lesern zu einem wahren Kult wurde. Dies ist wahrscheinlich auch die Ursache für die ungeheure Beliebtheit der oben angegebenen Thematik. Auch sie traf genau in die richtige Zeit. Denn der Übergang vom 18. ins 19. Jahrhundert brachte eine Menge sozialer wie auch politischer Veränderungen mit sich, die letztlich die Gesellschaft dieser Zeit stark beeinflussten. Diese Änderungen spiegelten sich in der Literatur, in den Charakteren der Figuren. Sie zeichneten sich durch eine herausragende Empfindlichkeit und Rührseligkeit aus. Ihre neue rebellische Auffassung von z.B. Religion, Natur oder die offene Kritik an der Umgebung waren oft Anlass für Konflikte. Diese nahmen in vielen Fällen ein tragisches Ende. Ein Aspekt, der mich dazu bewegt hat, sich in dieser Arbeit mit der Selbsttötung in der Literatur auseinanderzusetzen, war die Erkenntnis, dass, obwohl die Psychologie erst am Anfang des 19. Jahrhunderts als eigenständige Wissenschaft anerkannt wurde, die Verfasser der hier erforschten Werke schon früher in der Lage waren, den Geisteszustand eines Menschen glaubwürdig zu rekonstruieren. Die von ihnen dargestellten Empfindungen stimmen zum großen Teil mit den heute bekannten, wissenschaftlich erforschten Symptomen von emotionalen Störungen überein. Des Weiteren ist die Darstellung der Gedanken der einzelnen Figuren in Momenten der Unsicherheit und kurz vor der tödlichen Handlung besonders interessant. Die Betroffenen haben oft Erkenntnisse, die „glücklichen“ Menschen verschlossen bleiben. Sie stellen sich existenzielle Fragen, suchen nach einer Antwort und ziehen Schlüsse, die sie entweder zum weiteren Kampf mobilisieren oder zu ihrem Untergang beitragen. Als besonders ergreifend erweisen sich die Überlegungen junger Menschen, die keine Freude mehr am Leben finden und sich gezwungen fühlen, dieses zu beenden. Ein Drama, das einen besonderen Einfluss auf die Wahl des Themas dieser Arbeit hatte, war Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“, obgleich es erst im späten 19. Jahrhundert verfasst wurde.

2. Der Suizid

2.1 Bedeutung und Wortherkunft

Der Suizid ist das willentliche vorzeitige Beenden des eigenen Lebens. Er kann durch eine direkte Handlung oder das Unterlassen lebenswichtiger Verhalten, wie essen oder trinken, hervorgerufen werden. Ein Suizid liegt dann vor, wenn der Betroffene sowohl über Entscheidung wie auch Handlungsfreiheit verfügt. Ist bei einem Suizid eine dritte Person beteiligt, nennt man es einen assistierten Suizid oder Sterbehilfe. Dieses Thema wird vor allem im medizinischen Kontext intensiv diskutiert.

Ein erweiterter Suizid liegt dann vor, wenn außer dem Suizidenten auch andere Personen (nicht unbedingt freiwillig) ums Leben kommen.

Im Alltag werden ebenfalls die Begriffe „Selbstmord“, „Freitod“, „Selbstentleibung“ oder „Selbsttötung“ benutzt. Dabei ist der Erste der mit Abstand am häufigsten angewandte. „Suizid“ ist das in der Fachsprache bevorzugte Wort, da es im Gegensatz zu „Selbstmord“ oder „Freitod“ weder negativ noch positiv belegt ist.

Es stammt aus dem neulateinischen sui - „seiner“ und „cidere“ - töten und bedeutet also wörtlich: die Tötung seiner selbst.

Grundsätzlich aber haben alle diese Begriffe die gleiche Bedeutung.

2.2 Geschichtliche, religiöse und rechtliche Hintergründe

Mit der Zeit entstand ein duales Bild des Suizids, das sich erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts änderte. Man sprach von heroischem und unheroischem Suizid. Als Ursprung des Ersteren nimmt man den Tod Sokrates im Jahre 399 v.Ch. Er wurde des Verderbens der Jugend und der angeblichen Gottlosigkeit angeklagt und zum Tode verurteilt. Den Vorschlag einer Flucht wies er entschieden zurück und nahm das tödliche Gift ein, das ihm vom Gericht zugewiesen worden ist. Judas dagegen, der sich wegen der Last seines Verbrechens das Leben nahm, wurde im Mittelalter zum Beispiel des unheroischen Todes. Im Gegensatz zu Sokrates starb er nicht, um seine Ehre zu verteidigen, oder im Namen einer höheren Wahrheit, sondern aufgrund der Verzweiflung über die Größe seiner Schuld. So wird der heroische Suizid als Zeichen besonderer Geistesgröße und moralischer

Erhabenheit interpretiert, wogegen der unheroische (oder anonyme) Tod für Feigheit und Schwäche steht.

Die Intoleranz gegenüber der Selbsttötung durch die Kirche kann aus den Grundsätzen des christlichen Glaubens hergeleitet werden. Gott ist Herr über Leben und Tod. Das Leben ist heilig und ist nicht Eigentum des Menschen, sondern ihm von Gott anvertraut. Es steht einem Menschen also nicht zu, sich das Leben zu nehmen und damit Gottes Eigentum zu zerstören. Außerdem bezieht sich das fünfte Gebot: „Du sollst nicht töten“ nicht nur auf andere Menschen, sondern auch auf die Person selbst. Wer Selbstmord begeht, vollführt eine Todsünde, also eine Handlung, die die ewige Verbindung zu Gott zerstört. Aus diesem Grund wurden Suizidenten früher ein christliches Begräbnis und eine Bestattung innerhalb eines Friedhofs versagt.

Bis ins 18. Jahrhundert wurden Menschen, die einen Selbsttötungsversuch überlebten, sogar strafrechtlich verfolgt.2

Aus heutiger Sicht ist der Suizid keine Straftat. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland besagt, dass jeder Mensch das Recht auf Leben hat. Es ist ihm also ebenfalls überlassen, freiwillig auf dieses Recht zu verzichten, selbst wenn die Entscheidung in diesem Fall nicht rückgängig zu machen ist.

3. Beispiele für Selbstmord in der Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts

3.1 „Kabale und Liebe“

Im bürgerlichen Drama „Kabale und Liebe“ (1784) beschreibt Friedrich Schiller eine unglückliche Liebesgeschichte, die aufgrund der ständegesellschaftlichen Ordnung und höfischen Intrigen ein tragisches Ende nimmt. Ferdinand von Walter und seine geliebte Luise Millerin, Tochter des städtischen Musikanten, finden kein Verständnis für ihre Gefühle, weder am Hof noch im bürgerlichen Haus. Der Präsident möchte mit allen Mitteln die Heirat seines Sohnes mit einem Mädchen tieferen Standes verhindern und plant für ihn bereits eine Beziehung mit einer vorteilhafteren Partie - der fürstlichen Mätresse Lady Millford. Auch Miller denkt in Standeskategorien, er lässt seine Tochter aber allein über ihren Partner entscheiden. Ferdinand rebelliert gegen seinen Vater, kritisiert

2 Vgl. http://www.altenpflegeschueler.de/sonstige/suzid-gesellschaft.php, 14.11.2012 desgleichen die feudalen Zustände und beschließt zusammen mit Luise zu fliehen. Diese wird jedoch in höfische Intrigen verwickelt, die Ferdinands Vater und sein Sekretär Wurm erfunden haben, um die Geliebten zu trennen. Sie ist gezwungen einen gefälschten Liebesbrief an den Hofmarschall von Kalb zu schreiben und einen Meineid abzulegen, um ihre Eltern zu retten. Der Brief gelangt an Ferdinand, der glaubt von seiner Geliebten hintergangen worden zu sein. Luise möchte Selbstmord begehen, doch ihr Vater hält sie davon ab, wobei er sich auf die für seinen Stand wesentlichen Grundsätze des christlichen Glaubens und der Moral bezieht. Ferdinand dagegen, bestürzt und verzweifelt, vergiftet Luise und danach sich selbst. Vor ihrem Tod gesteht ihm Luise die ganze Wahrheit. Zum Schluss reicht der sterbende Ferdinand seinem Vater die Hand, was dieser als Geste des Vergebens interpretiert.

3.1.1 Das Drama als Gesellschaftskritik

Friedrich von Schiller wurde am 10. November 1759 in Marbach in Württemberg geboren. Neben Johan Wolfgang von Goethe gehört er zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellern und Dramatikern. Im Drama „Kabale und Liebe“ (1784) zeigt er die Beziehungen und Spannungen zwischen zwei Ständen - dem moralisch sauberen Bürgertum und dem verdorbenen Adel. Der Autor kritisiert hier radikal die Zügellosigkeit des Hofes und die Ungerechtigkeit des feudalen Systems, was besonders in seiner Darstellung des Soldatenhandels für die Kolonien deutlich wird. Gleichzeitig aber führt er die Begrenztheit des Bürgertums auf. Luises Vater gerät leicht in Versuchung von Reichtum und das Geld ist für ihn von größerer Bedeutung als seine verletzte Ehre.

Für das Entstehen des Dramas waren die Erfahrungen Schillers unter dem württembergischen Herzog Karl Eugen (1728- 1793) ausschlaggebend. Die Regierungszeit dieses Herrschers zeichnete sich durch Verschwendung, Willkür und Gewalttätigkeit aus. Im Drama präsentieren zwei Figuren eine abweisende Haltung gegenüber einem solchen Regierungsstil: Luise, versucht dem Präsidenten das Elend der Menschen klarzumachen, Lady Millford dagegen, setzt sich für die Befreiung der Kindersoldaten ein, die in die Kolonien verschickt werden. Mit dem Unglück am Ende des Stückes möchte der Autor wahrscheinlich nicht nur seine persönliche Kritik am Absolutismus und der Ständeteilung äußern, sondern auch zeigen, wozu Verlogenheit und Betrug führen.

[...]


1 http://www.kerber-net.de/literatur/deutsch/drama/goethe/personen/wetzbuff.htm, 27 .02. 2013

2. Der Suizid

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Der Suizid in der Literatur des Umbruchs vom 18. zum 19. Jahrhundert
Untertitel
Darstellung, Funktion und Bedeutung
Note
12
Autor
Jahr
2013
Seiten
20
Katalognummer
V288404
ISBN (eBook)
9783656886440
ISBN (Buch)
9783656886457
Dateigröße
657 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
suizid, literatur, umbruchs, jahrhundert, darstellung, funktion, bedeutung
Arbeit zitieren
Agata Gontarczyk (Autor:in), 2013, Der Suizid in der Literatur des Umbruchs vom 18. zum 19. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/288404

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