Der Gang an die Börse


Hausarbeit, 2000

42 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

A. EINLEITUNG

B. VORTEILE UND KONSEQUENZEN EINES BÖRSENGANGS
I. VORTEILE EINES BÖRSENGANGS
1. ZIELE AUS DER SICHT DES UNTERNEHMENS
a.) Eigenkapitalzufuhr
b.) Verbesserte Kreditwürdigkeit
c.) Dauerhafte Erschließung des Kapitalmarktes
d.) Der Börsengang von Tochtergesellschaften
e.) Erhöhung des Bekannheitsgrades
f.) Mitarbeiterbeteiligungsmodelle
g.) Attraktivität für Spitzenkräfte
2. ZIELE AUS DER SICHT DER ALTEIGENTÜMER
a.) Vermögensstreuung
b.) Schaffung eines familienfremden Managements
II. KONSEQUENZEN EINES BÖRSENGANGS
1. EINE BÖRSENEINFÜHRUNG VERURSACHT KOSTEN
a.) Einmalige Kosten
b.) Laufende Kosten
2. DIE AUSWIRKUNGEN AUF RECHNUNGSLEGUNG UND PUBLIZITÄT VOR, WÄHREND UND NACH DEM BÖRSENGANG
a.) Der Zwang zur Offenlegung
b.) Die allgemeine Rechnungslegungsverpflichtung
c.) Die gesetzliche Publizität
d.) Der Börsenzulassungsbericht / Unternehmensbericht
e.) Der Verkaufsprospekt
f.) Der Geschäftsbericht
g.) Der Zwischenbericht
h.) Die Ad hoc- Publizität
3. DIE GEFAHR DES ENTSCHEIDUNGSVERLUSTES
III. MÖGLICHE ALTERNATIVEN ZUM BÖRSENGANG

C. BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE ANFORDERUNGEN AN EINEN BÖRSENANWÄRTER
I. GRUNDSÄTZLICHES
II. EINZELNE BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE ANFORDERUNGEN
1. UMSATZHÖHE UND UMSATZWACHSTUM
2. ERTRAGSKRAFT EINES UNTERNEHMENS
3. DIE AUSSCHÜTTUNGSFÄHIGKEIT EINES UNTERNEHMENS UND DER CASH-FLOW
4. DIE WETTBEWERBSPOSITION
5. FACHLICHE KOMPETENZ UND ERFAHRUNG DES MANAGEMENTS
6. SCHAFFUNG EINER UNTERNEHMENSSTRUKTUR
7. ERSTELLUNG EINES UNTERNEHMENSKONZEPTES
8. LEISTUNGSFÄHIGKEIT DES RECHNUNGSWESENS
9. FESTSTELLUNG DER BÖRSENREIFE MITTELS DUE DILIGENCE
a.) Begriffsdefinition
b.) Die Aufgabenstellung
c.) Die Unterschiede der Due Diligence zu Jahresabschlußprüfungen und Unternehmensbewertungen
d.) Ablauf der Due Diligence- Untersuchung
D. DIE BESTIMMUNG DES EMISSIONSPREISES
I. DIE BEDEUTUNG DES EMISSIONSPREISES
II. VERFAHREN ZUR ERMITTLUNG DES EMISSIONSPREISES MULTIPLIKATORVERFAHREN
a.) Grundlagen
b.) Bezugsgrößen
c.) Multiplikatoren
d.) Modifizierung des rechnerischen Ergebnisses
e.) Fazit
III. TATSÄCHLICHE FESTLEGUNG DES EMISSIONSPREISES
1. DAS FESTPREISVERFAHREN
2. DAS VERSTEIGERUNGSVERFAHREN

E. THEORETISCHE GRUNDLAGEN ZUR ERMITTLUNG VON EMISSIONSRENDITEN
I. UNDERPRICING
II. ÜBERRENDITEN
III. UNDERPERFORMANCE VON IPOs
1. DIE DIVERGENCE OF OPINION-HYPOTHESE
2. DIE IMPRESARIO-HYPOTHESE
3. DIE WINDOWS OF OPPORTUNITY-HYPOTHESE
4. DIE BIG WINNER-HYPOTHESE
5. ANDERE ERKLÄRUNGSANSÄTZE
LITERATURVERZEICHNIS

A. EINLEITUNG

Die Aktie als Anlageform erfreut sich seit einigen Jahren bei den privaten Haushalten einer wachsenden Beliebtheit.

In besonderem Maße gilt dies für Börseneinführungen im Rahmen der Publikumsöffnung von Aktiengesellschaften. Zunehmendes Interesse finden solche Initial Public Offerings (IPOs) sowohl in der Öffentlichkeit als auch auf Unternehmensseite, wie man leicht an häufigen Überzeichnungen und der stetig steigenden Anzahl von IPOs sehen kann.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eines Börsengangs. Ziel der Arbeit ist die Darstellung des Prozesses des Börsengangs von der Entscheidung bis zum Emissionskonzept sowie eine Darstellung der Renditeentwicklung.

Zunächst werden die Vor- und Nachteile eines Börsengangs und mögliche Alternativen dargestellt. Danach werden die betriebswirtschaftlichen Anforderungen an einen Börsenanwärter erläutert, indem auf Umsatzhöhe und -wachstum, Ertragskraft, Cash-flow und Ausschüttungsfähigkeit, Wettbewerbsposition, fachliche Kompetenz & Erfahrung des Management , Schaffung einer Unternehmensstruktur, Erstellung eines Unternehmenskonzeptes, Leistungsfähigkeit des Rechnungswesens und Feststellung der Börsenreife mittels Due Diligence eingegangen werden.

Weiterhin wird auf die Emissionspreisbestimmung im Rahmen eines Börsengangs eingegangen, indem zunächst die Notwendigkeit der Unternehmensbewertung, das Verfahren zur Bestimmung des Emissionspreises und dann die Festlegung des Emissionspreises betrachtet wird. Nach Betrachtung der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wird zum Schluß auf theoretische Grundlagen zur Renditeentwicklung eingegangen.

B. VORTEILE UND KONSEQUENZEN EINES BÖRSENGANGS

I. VORTEILE EINES BÖRSENGANGS

Die Gründe für die Entscheidung, sich dem Kapitalmarkt zu öffnen, sind vielschichtig und individueller Natur. Ein Börsengang ist immer das Resultat eines komplexen Entscheidungsprozesses, der insbesondere auf den jeweiligen Gegebenheiten des Unternehmens und den Interessenlagen der Gesellschafter beruht.[1]

Mit dem IPO sind in erster Linie finanzwirtschaftliche Ziele verbunden wie z.B. das Streben nach Rentabilität, Liquidität, Sicherheit und Unabhängigkeit.

Meist werden mit dem IPO auch Ziele sowohl auf Unternehmensebene als auch auf Gesellschafterebene verfolgt.

1. ZIELE AUS DER SICHT DES UNTERNEHMENS

Aus der Sicht des Unternehmens gibt es mehrere Gründe, die für einen Gang an die Börse sprechen. Im folgenden sollen nun die einzelnen Gründe aufgezeigt werden.

a.) Eigenkapitalzufuhr

Der häufigste Grund für den Gang an die Börse ist die Deckung des Kapitalbedarfs zur finanziellen Absicherung des Wachstums, der Innovationskraft und der Wettbewerbsposition. Im Rahmen der Unternehmensentwicklung gibt es zwei Finanzierungsarten, die durch einen hohen Eigenkapitalbedarf charakterisiert sind:

- Innovationsfinanzierung: Entwicklung von Produkt- oder Verfahrensinnovationen mit hohem Investitionsbedarf und langfristigem Zeithorizont,
- Expansionsfinanzierung: Wachstumsstrategie mit internen oder externen Wachstumszielen.

Dieser hohe Eigenkapitalbedarf kann zumeist nicht durch die intern erwirtschafteten Mittel gedeckt werden.

Eine börsennotierte Gesellschaft kann sich das erforderliche Eigenkapital wesentlich einfacher beschaffen als eine GmbH oder eine Personengesellschaft:

- Potentielle Investoren können sich mit relativ geringem Kapitaleinsatz an einem börsennotierten Unternehmen beteiligen,
- die hohe Fungibilität der Anteile läßt den Investoren jederzeit die Möglichkeit offen, sich aus ihrem Engagement zurückzuziehen,
- das Risiko einer Beteiligung an einer Aktiengesellschaft ist wesentlich geringer als

bei einer Personengesellschaft oder bei einer GmbH.

Bei Mittelstandsunternehmen steht vor allem die Finanzierung risikobehafteter Investitionen im Bezug auf einen geplanten Wachstum im Vordergrund. Meist ist die Selbstfinanzierung nicht möglich, Bankkredite aufgrund fehlender Sicherheiten und / oder aufgrund schlechter Bilanzen schwer erhältlich und auch die finanziellen Mittel der Gesellschafter nicht ausreichend.

Falls eine Finanzierung mit Fremdkapital möglich ist, stellt dies jedoch einen Eingriff in die unternehmerische Autonomie dar. Eine überdurchschnittlich hohe Verschuldung bedeutet für die Kreditgeber ein entsprechendes Risiko, welches durch zusätzliche Sicherheiten und Rechte sowie gegebenenfalls durch einen Risikozuschlag im Zinssatz kompensiert werden muß.

Der Börsengang stellt vielfach die einzige Alternative dar. Die Zuführung von Eigenkapital über die Börse stärkt die finanzielle Widerstandsfähigkeit in wirtschaftlichen Schwächephasen, erhöht die unternehmerische Flexibilität durch die stärkere Unabhängigkeit von Kreditgebern und führt zu Wettbewerbsvorteilen aufgrund günstiger Refinanzierungsmöglichkeiten.[2]

Für Unternehmen aus zukunftsträchtigen Branchen ist der Gang an die Börse oftmals der geeignetste Weg, um ihr überdurchschnittliches Wachstum zu finanzieren. Sie verwenden zumeist den Emmissionserlös zur Akquisition von Mitbewerbern, zum Ausbau eines Vertriebsnetzes oder zur Erweiterung der vorhandenen Kapazitäten am bisherigen Standort.

b.) Verbesserte Kreditwürdigkeit

Das emmissionsbedingt zufließende Eigenkapital und die der Rechtsform der Aktiengesellschaft als solche zugeschriebene bessere Kreditwürdigkeit stärken die Position des Unternehmens gegenüber Fremdkapitalgebern.

Die Pufferfunktion des Eigenkapitals reduziert die Krisenanfälligkeit des Unternehmens, die finanziellen Reserven aus dem Börsengang ermöglichen dem Unternehmen, auch längere Durststrecken zu überstehen, ohne daß eine zusätzliche Belastung mit hohen Kreditzinsen erfolgt. Auch das erhöhte Verantwortungsbewußtsein der Banken gegenüber einer börsennotierten Unternehmung erweist sich als Vorteil in einem eventuellen Krisenfall.[3]

c.) Dauerhafte Erschließung des Kapitalmarktes

Nach dem IPO sind die Möglichkeiten, den Kapitalmarkt in Anspruch zu nehmen, nicht ausgeschöpft. Der Gesellschaft stehen nunmehr mehrere Finanzierungsalternativen offen. Als Beispiel seien hier Kapitalerhöhungen gegen Einlagen, Wandelanleihen, Optionen und Genußscheine[4] genannt.

Bei einer Barkapitalerhöhung (§ 182 AktG) stehen dem Unternehmen die gesamten zufließenden Mittel zur Verfügung. Der die Aufstockung des Grundkapitals übersteigende Geldbetrag wird bilanztechnisch der Kapitalrücklage zugewiesen.

Wandelschuldverschreibungen bestehen aus zwei Komponenten : einer normalen Anleihe und einem dem Gläubiger eingeräumten Umtauschrecht. Der formale Ablauf ist im § 221 AktG geregelt. Das emittierende Unternehmen muß die Verzinsungsleistung festlegen. Diese liegt normalerweise unter der gängigen Marktverzinsung.

Weiterhin ist ein Wandlungsverhältnis zu bestimmen, also zu entscheiden, wie viele Schuldverschreibungen einzutauschen sind, um eine Aktie zu erhalten.

Optionsanleihen unterscheiden sich von den Schuldverschreibungen dadurch, daß sie über den Zinsanspruch hinaus ein Optionsrecht verbriefen.

Der Anreiz liegt in erster Linie in der Ausübung des Optionsrechts, d.h. im Bezug junger Aktien zu einem vorher festgelegten Kurs.

Die Ausgestaltungsmöglichkeiten von Genußscheinen sind sehr vielfältig. Merkmal dieser Wertpapiere ist, daß sie den Genuß eines Rechts beeinhalten. Worin dieser Genuß liegt, hängt von der Ausgestaltung im Einzelfall ab. Möglich sind beispielsweise verbilligter Wareneinkauf , kostenfreie Produktlieferung etc.

d.) Der Börsengang von Tochtergesellschaften

Der Börsengang einer Tochtergesellschaft eröffnet einer diversifizierten Unternehmensgruppe eine interessante Alternative in der Eigenmittelbeschaffung zur über die Muttergesellschaft abgewickelten Eigenkapitalhervorbringung.

Die Etablierung einer eigenständigen Kapitalmarktadresse erlaubt es dem Konzernmanagement, jeweils durch die Gesellschaft Eigenmittel aufzunehmen, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation einen aktuellen Kapitalbedarf hat.

Ferner führt die rechtliche und organisatorische Ausgliederung von Tochterunternehmen in der Regel zu einer Effizienzerhöhung , da Entscheidungskompetenzen dezentralisiert werden. Auch trägt die Verselbstständigung einer Tochtergesellschaft als eigenständige Kapitalmarktadresse zur Ausprägung einer eigenen Unternehmenskultur und damit letztlich zu einer erhöhten Attraktivität der Management- Positionen bei.[5]

e.) Erhöhung des Bekannheitsgrades

Die mit einem IPO verbundenen Publizitätspflichten sind für ein Unternehmen als Chance zu sehen. Das Interesse der Öffentlichkeit an einem Unternehmen ist normalerweise zu keinem anderen Zeitpunkt so groß wie zum Zeitpunkt des Börsengangs. Das Unternehmen hat nun die Chance, den Bekanntheitsgrad und das Image zu verbessern. So können auch bislang weniger bekannte Stärken des Unternehmens der Öffentlichkeit bekanntgemacht werden.

Auch nach der Börseneinführung wird durch die tägliche Kursfestsetzung, die jährliche Hauptversammlung und Analystenmeetings sowie einem normalerweise höheren Interesse der Wirtschaftspresse ein großes Maß an Aufmerksamkeit erzielt.

Die Steigerung des Bekanntheitsgrades erleichtert die Beschaffung des zur Verwirklichung neuer Ziele benötigten Eigenkapitals und dient dem Aufbau eines Aktionärskreises. Der mit dem Börsengang verbundene Public- Relations- Effekt erstreckt sich auch auf den Personal- ,Kapital-, Absatz- und Beschaffungsmarkt und begünstigt in dieser Hinsicht die Unternehmensentwicklung.

f.) Mitarbeiterbeteiligungsmodelle

Unternehmen versprechen sich von Mitarbeiterbeteiligungen einen Motivationseffekt aufgrund der größeren emotionalen Verbundenheit des Arbeitnehmers mit dem Unternehmen und der daraus resultierenden höheren Einsatzbereitschaft.

Jedoch sind nicht nur die Motivationsgesichtspunkte, sondern auch die finanztechnischen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, da die Arbeitnehmer zugleich der Eigenkapitalbeschaffung für das Unternehmen dienen.

Insbesondere die an den Neuen Markt gehenden High- Tech- Unternehmen, die besonders vom Wissen und der Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter abhängig sind, versuchen durch Mitarbeiterbeteiligungen eine noch höhere Identifikation ihrer Mitarbeiter mit den Unternehmenszielen zu erreichen.

g.) Attraktivität für Spitzenkräfte

Die Aktiengesellschaft bietet in rechtlicher Hinsicht die besten Voraussetzungen zur Entfaltung unternehmerischer Begabung, da sie durch die Trennung von Eigentumsrechten und Managementfunktionen zur Professionalität der Unternehmensführung beiträgt. Nach dem AktG erfolgt bei einer Aktiengesellschaft eine Kompetenzabgrenzung zwischen geschäftsführendem Vorstand, kontrollierendem und beratendem Aufsichtsrat und der für Grundsatzbeschlüsse zuständigen Hauptversammlung. Der Vorstand kann nach § 76 AktG die Gesellschaft eigenverantwortlich leiten, ohne an Weisungen des Aufsichtsrats oder der Gesellschafter gebunden zu sein.[6]

2. ZIELE AUS DER SICHT DER ALTEIGENTÜMER

Die Eigentümerinteressen entsprechen häufig den Unternehmenszielen. Oft sind es jedoch auch die Interessen der Alteigentümer, die für den Gang zur Börse ausschlaggebend sind.

a.) Vermögensstreuung

In mittelständischen Unternehmen sind die Unternehmer oftmals mit einem großen Teil ihres Vermögens an das Unternehmen gebunden, was dazu führt, daß ihre wirtschaftliche Existenz vom Erfolg des Unternehmens abhängt.

Aufgrund haftungsrechtlicher Bestimmungen und konkursrechtlichen Anfechtungsvorschriften ist dies mit erheblichen Verlustrisiken verbunden.[7]

Indem die Alteigentümer im Rahmen eines IPO Aktien aus ihrem Besitz abgeben, erhalten sie nicht im Unternehmen gebundene, liquide Mittel. Nach der Börseneinführung eröffnet die Notierung den Altgesellschaftern die Möglichkeit zur Vermögens- und Risikostreuung, indem sie weitere Aktien verkaufen.

Sie können sich vom Unternehmen lösen ohne daß dies die Unternehmung berührt.

b.) Schaffung eines familienfremden Managements

Häufig soll durch einen Börsengang eine Plattform geschaffen werden, ein familienfremdes Management für das Unternehmen zu gewinnen.

Oftmals ist nachfolgende Generation fachlich nicht geeignet das Unternehmen weiterzuführen oder ist schlicht am Unternehmen nicht interessiert.

Für Unternehmer bleibt der Gang an die Börse oftmals die einzige Möglichkeit die Nachfolgeregelung zu lösen und gleichzeitig das Lebenswerk zu sichern.

II. KONSEQUENZEN EINES BÖRSENGANGS

Die Umwandlung in eine börsenfähige Rechtsform, das Bestehen in dieser Rechtsform sowie die Börsennotierung bringen nicht nur Vorteile mit sich, sondern sind auch mit einigen Nachteilen verbunden.

1. EINE BÖRSENEINFÜHRUNG VERURSACHT KOSTEN

Die Kosten für die Börseneinführung sind ein wichtiger Gesichtspunkt, der eine möglichst genaue Kalkulation erforderlich macht. Eine detaillierte Gesamtaufwandsberechnung ist aufgrund der Abhängigkeit von mehreren Faktoren nicht möglich. Grundsätzlich kann jedoch von 5 - 8 % des Plazierungsvolumens ausgegangen werden.

Dies mag zunächst abschreckend wirken, jedoch sollte hierbei auch berücksichtigt werden, daß diese Kosten zu einem, auf andere Weise nicht annähernd erreichbarem, Eigenkapitalzufluß führen.[8]

Bei den Kosten der Börseneinführung sind einmalige und laufende Kosten zu unterscheiden. Die einmaligen Kosten stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Börseneinführung.

Die laufenden Kosten sind auf die börsengängige Rechtsform, die Börsennotierung und auf die börsensegmentspezifischen Anforderungen zurückzuführen.

Auch zu beachten ist der zusätzliche Zeit- und Arbeitsaufwand für die oberen Führungskräfte des Unternehmens.

Selbst nach der Börseneinführung kommen eine Reihe von neuen Pflichten auf das Unternehmen zu, so daß eventuell eine Aufgabenneuverteilung für die oberen Führungskräfte erforderlich ist.

a.) Einmalige Kosten
aa.) Kosten der Umwandlung in eine börsengängige Rechtsform

Die Rechtsform eines Unternehmens stellt dann einen Kostenfaktor dar, wenn die Umwandlung in eine für den Börsengang geforderte Rechtsform erst noch vollzogen werden muß. Grundsätzlich anfallende Kosten sind Notargebühren für die Anmeldung zum Handelsregister und die Beurkundung des Umwandlungsbeschlusses, Gerichtskosten für die Eintragung ins Handelsregister, und Beratungskosten bezüglich der gesellschafts- und steuerrechtlichen Gestaltung der Umwandlung.

Die Kosten hängen wesentlich von der bisherigen Rechtsform des Unternehmens ab. Ein Formwechsel von der GmbH zur Aktiengesellschaft ist beispielsweise kostengünstiger als die Umwandlung einer Personengesellschaft.

Bei einer Personengesellschaft kann die Auflösung vorhandener stiller Reserven einen erheblichen Mehraufwand in der Beratung verursachen. Verfügt die umzuwandelnde Gesellschaft beispielsweise über einen umfangreichen Beteiligungsbesitz, ist dies mit höheren Honoraren bei der Beratung verbunden.

Die Kosten einer Rechtsformumwandlung belaufen sich in der Regel auf ca. 50.000

bis 150.000 DM. Auch kann die Grunderwerbssteuer, je nach Umwandlungsmodell hohe Kosten verursachen.

Zu beachten ist weiterhin, daß auch bei der Umwandlung in eine AG bzw. KGaA eine Gründungsprüfung zwingend vorgeschrieben ist, um eine Umgehung der Gründungsvorschriften zu vermeiden. Diese Gründungsprüfung verursacht ebenfalls nicht unerhebliche Kosten.

bb.) Kosten für den Börsenh6rosh6ekt

Für den Börsenprospekt müssen Druckkosten in Höhe von ca. 150.000 DM veranschlagt werden. Weiterhin müssen Kosten für die Erstellung der Wertpapierurkunden, abhängig von der Druckqualität und der Auflage der Aktien, einkalkuliert werden.

cc.) Kosten der Bekanntmachung

Durch die erforderlichen Mitteilungen in einem Börsenpflichtblatt und im Bundesanzeiger entstehen weitere Kosten.

So müssen das Verkaufsangebot für die auszugebenden Aktien oder optional der gesamte Börsenzulassungsprospekt veröffentlicht werden.

Je nach Größe der Darstellung und dem gewählten Börsenblatt müssen Kosten zwischen 12.000 DM und 100.000 DM für eine Finanzanzeige veranschlagt werden.

dd.) Kosten der Börsenzulassung

Mit einer Emission sind Börsenzulassungsgebühren verbunden, die einmalig an die Zulassungsstelle zu entrichten sind.

Basierend auf einer Mindestgebühr von 2.000 DM ist dieser Kostenfaktor abhängig von der Höhe des zugelassenen Grundkapitals und beträgt für je 5 angefangene Millionen des zugelassenen Kapitals

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei Beträgen über 50 Millionen DM sind 1.000 DM für je 10 angefangene Millionen DM zu entrichten.

Diese gültigen Zulassungsgebühren reduzieren sich bei der Zulassung zum Geregelten Markt oder zum Neuen Markt um 50 % bzw. 75 %. Die Mindestgebühr beträgt im Börsensegment einheitlich 1.000 DM.

Für die Zulassung und den Handel im Neuen Markt wird zusätzlich ein jährliches Entgelt von 15.000 DM berechnet.

ee.) Kosten der Finanzwerbung

Börsenkandidaten sind in der Regel mit dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit und der Erstellung von Werbekonzepten nicht besonders vertraut und aufgrund der zusätzlichen Anforderungen, die ein Börsengang mit sich bringt, dazu auch zeitlich nicht in der Lage. Die Beauftragung einer Finanzwerbeagentur , die über einschlägige Erfahrungen mit der Finanzkommunikation im Rahmen eines Börsengangs verfügt, ist daher meist erforderlich.

Umfang und Art der Unternehmenspräsentation sind auch hier wieder von der Größe der Emission und dem angesprochenen Anlegerpublikum abhängig. Möglich sind somit sowohl Pressegespräche, Finanzanzeigen in überregionalen Tageszeitungen bis hin zur ausgedehnten Fernsehwerbung.[9]

Für die Finanzwerbeagentur muß ein Budget von etwa 1% des Emissionsvolumens veranschlagt werden

Da diese Werbemaßnahmen einen deutlichen Kostenfaktor darstellen, sollte man berücksichtigen, daß über die Börseneinführung hinaus ein Imagegewinn für das Unternehmen erzielt wird. Dieser Imagegewinn kann sich durchaus in einer künftigen Umsatzsteigerung darstellen.

ff.) Konsortialbanken und ihre Provisionen

Ein weiterer Kostenfaktor sind die Managementgebühren und Provisionen der Konsortialbanken, die auf der Basis des Emissionsbetrages ermittelt werden und in der Regel 4- 6 % des Emissionsbetrages darstellen. Zusätzlich werden bei der Plazierung im amtlichen Handel 1 % des Nennwertbetrages aller Aktien als Einführungsprovision verlangt. Im Geregelten Markt beträgt die Einführungsprovision 0,75 % des Nennbetrages, während sie im Neuen Markt zwischen 0,75 % und 1 % liegt. Die Übernahme der Prospekthaftung durch die Konsortialbanken ist in den Provisionen mitberücksichtigt.

Üblicherweise wird ein weiterer Pauschalbetrag von bis zu 200.000 DM vereinbart, durch den zusätzliche Aufwendungen der Bank und Honorare externer Wirtschaftsprüfer beglichen werden.

gg.) Emissionsberatungskosten

Die Emissionsberatungskosten stellen den höchsten Kostenfaktor dar.

Wesentliche Aufgabe eines Emissionsberaters ist die strategische und konzeptionelle Vorbereitung der Börseneinführung und die Übernahme des Projektmanagements. Er ist auch derjenige, der die Position des Emittenten in Verhandlungen mit den Konsortialbanken über deren Emissionsleistungen und -kosten ,stärkt.

Um den Emissionserlös für das Unternehmen zu maximieren, muß er grundsätzlich für einen hohen Emissionspreis eintreten. Andererseits darf er den Emissionserfolg durch übertrieben hohe Ausgabepreise nicht gefährden. Schließlich eröffnet nur ein fairer Emissionspeis den Investoren die Chance auf Kurssteigerungen.

Aufgrund dieser vom Emissionsberater durchzuführenden Gradwanderung erscheint es ratsam eine pauschale Abrechnung und kein von der Höhe des Emissionspreises abhängiges Erfolgshonorar zu vereinbaren.

b.) Laufende Kosten

Dem Emittenten entstehen durch den Börsengang auch laufende Kosten in Form von Kosten für die Erstellung und Prüfung des Jahresabschlußes, der Durchführung der Hauptversammlung, Aufsichtsratskosten, Kosten für Zwischenberichte und Kosten für einen Betreuer.

[...]


[1] Carls Andre´, Das Going-Public- Geschäft deutscher Banken, S.11

[2] Gerke / Rapp , Eigenkapitalbeschaffung durch Erstemmission von Aktien, S. 291 f.

[3] Jeschke Dieter, Die Börseneinführung des Familienunternehmens, S.465 f.

[4] Die Möglichkeit der Ausgabe von Genußscheinen ist auch für nicht börsennotierte Unternehmen gegeben.

[5] Schmitz Ronaldo, Kreditwesen S.12 ff.

[6] DStR 1993, S.1260

[7] Jeschke Dieter, Die Börseneinführung des Familienunternehmens, S.466

[8] Jeschke Dieter, Die Börseneinführung des Familienunternehmens S. 469

[9] Beispiel: Börsengang der Deutschen Telekom 1996

Ende der Leseprobe aus 42 Seiten

Details

Titel
Der Gang an die Börse
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Wirtschaft)
Note
1
Autor
Jahr
2000
Seiten
42
Katalognummer
V288
ISBN (eBook)
9783638102117
Dateigröße
487 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gang, Börse
Arbeit zitieren
Simone Schenek (Autor:in), 2000, Der Gang an die Börse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/288

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