Die Etablierung des Deutschen Reichs 1870 - 1900

Wie haben sich die Machtverhältnisse in Europa durch das neugegründete Deutsche Reich verschoben?


Bachelorarbeit, 2014

44 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ein Schicksalsjahrhundert - Mit drei Kriegen zur Einheit
2.1 Das Ende des deutsch-französischen Krieges
2.2 Die Reichsgründung im Januar 1871

3. Die „Europäische Gespanntheit“ - politische Krise Europas
3.1 Bismarcks Bündnis- und Friedenspolitik
3.2 Das Verhältnis von Österreich/Ungarn und dem D. Reich
3.3 Das Verhältnis von Russland und dem D.Reich
3.4 Dreikaiserabkommen / Zweibund / Rückversicherungsvertrag
3.5 Der politische Disput mit Frankreich

4. 1888: Eine neue Epoche beginnt im Deutschen Reich
4.1 Dreikaiserjahr 1888: von Wilhelm I. bis Wilhelm II.
4.2 Die neue Führung: Wilhelm II. und Bismarck - Der politische Niedergang Bismarcks 1888 -
4.3 Wilhelms Drang nach dem „Weltmachtstatus“- Aufbau der Flotte / „Der Platz an der Sonne“
4.4 Ausblick in das 20. Jahrhundert

5. Zusammenfassung und Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Otto von Bismarck und das Deutsche Kaiserreich. Für Geschichtswissenschaftlicher sind diese beiden Begriffe und Namen fest miteinander verbunden. Doch trotzdem assoziieren die meisten Menschen, egal ob deutsch oder nicht, mit dem Begriff „Deutsches Reich“ das „Dritte Reich“ während des Nationalsozialismus. Sie betrachten es als dunklen Fleck der deutschen Geschichte. Dabei sollte man bei dem Deutschen Reich auch an die Einheit eines Landes denken, welche als Prozess vor circa 150 Jahren begann.

Im Vergleich zu den heutigen großen, politisch bedeutsamen Ländern in Europa wie Großbritannien, Frankreich und Russland, die auf eine lange Geschichte als geeinte Staaten zurückblicken können, ist Deutschland eine, im Verhältnis zu diesen Ländern, junge Nation. Zur Zeit der großen englischen und französischen Könige, sowie russischen Zaren, existierte ein Staat wie das Deutsche Reich oder Deutschland, welcher heute im Herzen Europas liegt, nicht. Es war viel mehr ein loser „Haufen“ von deutschsprachigen Fürsten- und Herzogtümern sowie Königreichen. Gleichwohl es auch in diesem Getümmel aus deutschen Staaten vorherrschende Kräfte gab, entwickelte sich der Wunsch nach einer geeinten Nation im Laufe des 19. Jahrhunderts. Otto von Bismarck, seinerzeit Preuße, wollte einen geeinten deutschen Staat unter preußischer Vorherrschaft schaffen. So kam es in den 1860er zu zwei der drei Einigungskriege, gegen Dänemark und den anderen vorherrschenden Staat auf deutschem Boden, Österreich, zur Machtausweitung des Königreich Preußens zur Vorherrschaft im deutschen Lande.

Zu Beginn der 1870er Jahre entwickelte sich dann, ausgelöst durch die Thronfrage in Spanien, der letzte Einigungskrieg des Deutschen Reiches gegen Frankreich. Erst mit dem Sieg über Frankreich und die daraus resultierende Ausrufung zum Kaiserreich schuf man einen geeinten Nationalstaat. Entstanden „unter dem bedrohenden Gewehranschlag des übrigen Europa“ (Bismarck) war keineswegs klar, wie lange, oder ob überhaupt sich das neue Reich in der europäischen Mitte würde halten können.[1]

Welchen Platz könnte das Deutsche Reich in der Hierarchie der Großmächte einnehmen? Vor allem aber, wie haben sich die Machtverhältnisse in Europa durch das neu gegründete Deutsche Reich verschoben? Diese Frage bildet den Kern der Arbeit und soll durch die Betrachtung und Analyse der verschiedenen Faktoren beantwortet werden.

Diese Niederschrift beschränkt sich auf den Zeitraum von 1870 / 71 — 1900, das heißt von der Reichsgründung bis zur Jahrhundertwende.

Die Arbeit beginnt mit den drei Einigungskriegen und der daraus resultierenden Einheit im Jahre 1871. Hier wird näher auf das Ende des deutsch - französischen Krieges und die Reichsgründung eingegangen. Den folgenden ersten Block bildet überwiegend die Bündnis- und Friedenspolitik Otto von Bismarcks, in der näher beleuchtet wird, wie die Verhältnisse des Deutschen Reiches zu Österreich - Ungarn, dem Zarenreich Russland und dem Erzfeind Frankreich waren. Was waren Bismarcks Intentionen und wie ging er auf der Bühne Europa vor? Einbezogen werden auch drei politisch wichtige Verträge, die die Geschehnisse der europäischen Machtpolitik maßgeblich beeinflussten und über längere Zeit prägten. Es folgt der zweite große Block, in dem eine neue Epoche des Deutschen Reichs, die „Wilhelminische“, beschrieben und analysiert wird. Wie verhielten sich Bismarck und Kaiser Wilhelm II. an der Spitze Deutschlands und wie entwickelte sich ihre Zusammenarbeit? Was waren die Gründe für den „Kurswechsel“ des Deutschen Reiches zu Beginn der 1890er Jahre und wie entwickelte sich die deutsche Stellung in Europa zur Zeit des Imperialismus? Darüber hinaus wird ein Blick in das 20. Jahrhundert geworfen, es wird dargestellt, welchen Kurs Deutschland auf dem Weg ins 20. Jahrhundert für sich wählte.

Die Etablierung des Deutschen Reiches zur Zeit Bismarcks und Wilhelms II. wurde bereits von zahlreichen Autoren erarbeitet und ausführlich analysiert. Klaus Hildebrand gibt in seinem Buch „Deutsche Aussenpolitik 1871 - 1918“ (1989) einen umfangreichen Überblick über die deutsche Außenpolitik, ihre Beziehung zu den anderen Großmächten und legt darüber hinaus auch großes Augenmerk auf die Grundprobleme und Tendenzen der Forschung zu diesem Thema. Weitere wichtige Werke, auf die sich auch diese Arbeit stützt, sind: „Deutsche Außenpolitik in der Ära Bismarck (1862 - 1890) von Andreas Rode, „Deutsche Geschichte 1871 - 1890 - Das Kaiserreich in der Ära Bismarck“ von Dieter Hertz - Eichenrode, „Otto von Bismarck und Wilhelm II - Repräsentanten eines Epochenwechsels“ herausgegeben von Lothar Gall und „Wilhelm II.“ von John C. G. Röhl.

2. Ein Schicksalsjahrhundert - Mit drei Kriegen zur Einheit

Das 19. Jahrhundert spielt für die deutsche Geschichte eine tragende und entscheidende Rolle. Im Gegensatz zu den anderen Großmächten Europas wie Großbritannien, Frankreich, Russland oder Österreich, brauchte Deutschland viel Zeit für eine Einigung. Sicherlich waren die verschiedenen deutschen Staaten wie Königreiche, Großfürstentümer, Fürstentümer oder Herzogtümer durch eine gemeinsame deutsche Sprache miteinander verbunden und in gewisser Weise auch vereint, man fühlte sich jedoch nicht als „deutsch“. Bayern fühlten sich als Bayern, Sachsen als Sachsen und Preußen als Preußen. Im Laufe der Geschichte kam es immer wieder zu „innerdeutschen“ Konflikten und Auseinandersetzungen. Während im Westen die Nationalstaaten aus dynastischen Reichen mit lange festliegenden Grenzen hervorgegangen sind, hatten in Mitteleuropa die Deutschen noch immer kein zentralisiertes dynastisches Reich, das sie zum Ausgangspunkt einer solchen Entwicklung hätten machen können.[2]

Nach den Napoleonischen Kriegen wurde auf dem Wiener Kongress von 1814 / 1815 versucht, den europäischen Kontinent neu zu ordnen.[3] Der „Deutsche Bund“ war eines der Ergebnisse des Wiener Kongresses und sollte lediglich eine defensive Funktion wahrnehmen, um die europäischen Großmächte von weiteren Zusammenstößen abzuhalten.[4] Er setzte sich aus 35 Fürstenstaaten und vier freien Städten zusammen.[5] In der Mitte des 19. Jahrhunderts durch die Märzrevolution von 1848 war zu erkennen, dass die Menschen in Deutschland sich nach einem geeinten Land sehnten. Deutschland bildete bis in die 1860er Jahre hinein keine außenpolitisch handlungsfähige Einheit.[6] Eine zentrale Rolle dieser Epoche der deutschen Geschichte spielte Otto von Bismarck, der am 23.09.1862 zum Ministerpräsident von Preußen ernannt wurde. So avancierte es durch die drei Einigungskriege 1864, 1866 und 1870 / 1871 zur vorherrschenden Macht auf deutschem Boden.

Der deutsch-dänische Krieg des Jahres 1864 bildete den Anfang der kriegerischen Einigung Deutschlands. Ursache war das erneute Aufkommen der Schleswig-Holsteinischen Frage, die mit dem Londoner Protokoll von 1852 getilgt schien. Der dänische König hatte Schleswig dem dänischen Staat einverleibt, obwohl die beiden Elbherzogtümer Schleswig und Holstein als „untrennbar“ galten.[7] Schleswig sollte künftig Dänemark angehören, während Holstein und Lauenburg mit einem Sonderstatus Teil des Deutschen Bundes bleiben sollten.[8] Nach einem relativ kurzen und erfolgreichen Feldzug der Allianz aus Preußen und Österreichern musste Dänemark im Wiener Friedensvertrag von 1864 die Herzogtümer abtreten.[9] Besetzung und Verwaltung wurden von den beiden Siegermächten im Kondominium übernommen.[10] Diese gemeinsame Herrschaft barg genügend „Zündstoff4, an dem sich schon bald der nächste Krieg entzünden sollte.[11] Es war vor allem ein Streit um die „Beute“ der letztendlich die kriegerische Auseinandersetzung, den deutsch-deutschen Krieg, auslöste.[12]

Dieser Krieg sollte darüber entscheiden, welcher der beiden deutschen Staaten die Vorherrschaft auf deutschem Boden haben sollte. Trotz der Gasteiner Konvention von 1865, welche die Verwaltung der Elbherzogtümer friedlich regelte, schloss Bismarck nun ein Bündnis mit den Italienern, welche zusicherten, dass österreichische Venedig anzugreifen, wenn Preußen innerhalb von drei Monaten Österreich angreifen würde, nicht mehr aus.[13] Als Österreich am 1. Juni 1866 die Schleswig­Holstein-Frage vor den Bundestag brachte, sah Bismarck darin einen Bruch der bisherigen Vereinbarungen ließ Truppen in Holstein einmarschieren, welches von Österreich besetzt war.[14] Österreich und seine Verbündeten mobilisierten darauf ihre Truppen und zogen gegen Preußen zu Feld. In einem kurzen, jedoch heftigen Krieg, der nur wenige Wochen andauerte und mit einer deutlichen Niederlage Österreichs endete, festige Preußen seine Vormachtstellung.

Daraufhin gründete sich der „Norddeutsche Bund“, ein Zusammenschluss von 22 Staaten, sowie den Freien Städten Hamburg, Lübeck und Bremen, nördlich der Mainlinie.[15] Im Laufe der nächsten vier Jahre baute sich eine immer schärfer werdende Krise zwischen dem Norddeutschen Bund und Frankreich auf, welche sich durch die spanische Thronfolgefrage und die Julikrise 1870 entlud und zum letzten der drei Einigungskonflikte, dem deutsch-französischen Krieg, führte.

2.1 Das Ende des deutsch-französischen Krieges

Die Entstehung des Deutschen Reichs und einer deutschen Großmacht in Europa ist unumstößlich mit dem deutsch-französischen Krieg von 1870 / 1871 verbunden.[16] Zuvor hatte Otto von Bismarck die preußische Machtposition durch Kriege gegen Dänemark und Österreich in den 1860er Jahren maßgeblich beeinflusst und gestärkt. In diesem Konflikt, der aus dem Streit über die spanische Thronfolge resultierte, standen sich der Norddeutsche Bund mit seinen Verbündeten Bayern, Württemberg sowie Baden und das Kaiserreich Frankreich gegenüber. Im Gegensatz zum Norddeutschen Bund konnte Frankreich auf keine Unterstützung anderer europäischer Staaten hoffen. Hier griff das zuvor von Bismarck gesponnene Netz aus Bündnissen in ganz Europa, sodass Frankreich politisch isoliert war.[17]

Österreich - Ungarn erklärte bereits zuvor, dass es im Falle eines Eingreifens auf französischer Seite bei Kriegsausbruch mit einer Kriegserklärung des russischen Zarenreiches rechnen müsse. Man profitierte von Bismarcks Bemühungen, die deutsch-russische Freundschaft aufrecht zu erhalten. Italien war durch die ersten Siege des Norddeutschen Bundes abgeschreckt und half Frankreich somit auch nicht.[18] Der im Grunde letzte Bündnispartner Napoleons III. war nun Großbritannien, doch das „Empire“ hielt sich weitestgehend aus dem Konflikt der kontinentalen Mächte Europas heraus.[19] Man befürchtete lediglich die Bildung beziehungsweise Entstehung einer allzu großen Macht in der Mitte Europas.[20] Doch es gelang Bismarck mit politischem Geschick, die Einmischung neutraler Staaten in den deutsch-französischen Konflikt zu verhindern.[21] Im Laufe des Krieges wurde deutlich, dass Frankreich ohne Hilfe etwaiger Bundesgenossen dem Norddeutschen Bund militärisch nicht gewachsen war. Bei der entscheidenden Schlacht im französischen Sedan 1870 wurden die Truppen Napoleons von den königlichen Truppen des Norddeutschen Bundes geschlagen, woraufhin Kaiser Napoleon III. in Gefangenschaft geriet. Das zweite französische Kaiserreich brach zusammen.[22] Der endgültigen Niederlage, der danach ausgerufenen Französischen Republik , folgten Friedensverhandlungen, die im Februar 1871 eingeleitet wurden.[23] Offiziell beendete der Frieden von Frankfurt im Mai 1871 den deutsch-französischen Krieg.

Nach dem Krieg war Frankreich machtpolitisch isoliert und lahmgelegt.[24] Zusätzlich zur militärischen Niederlage musste Frankreich das Gebiet Elsass-Lothringen und die dort liegenden Städte Metz und Straßburg abtreten, sowie eine Kriegsentschädigung von fünf Milliarden Mark zahlen.[25] Helmut Müller spricht im Gegensatz dazu von fünf Milliarden Franc. Der Verlust von Elsaß-Lothringen schürte den Hass der Franzosen auf Deutschland.[26] Langfristig führte dieser Vorgang zu der dauerhaften Störung der deutsch-französischen Beziehungen, es war eine Zäsur, die erst mit dem „Élysée-Vertrag“ von 1963, beigelegt wurde.[27] [28] Wehler zitiert darüber hinaus in seinem Buch „Das Deutsche Kaiserreich 1871-1918“ Marx, der den Frieden zwischen Frankreich und Deutschland als „Scheinfrieden“, mehr noch als Waffenstillstand bezeichnet.[29] Marx Ansicht nach war der Krieg von 1870 / 1871 die Folge des deutsch-deutschen Krieges aus dem Jahr 1866 und die Voraussetzung für den deutsch-russischen Konflikt.[30] Verantwortlich für den Krieg war die französische Führung, denn Frankreich wollte die eigene Vormachtstellung auf dem Kontinent behaupten und deshalb den preußisch-deutschen Nationalstaat verhindern.[31] Hierzu wurden mehrere Versuche unternommen, die Kriegsschuld eindeutig festzulegen, denn selbst groß angelegte Quellenauswertungen konnten diese bislang nicht beweisen.[32] Gewiss kann man Bismarck ein gewisses Kalkül unterstellen, denn mit seiner Abänderung der „Emser Depesche“ schien er eine Art „Meisterplan“ zur Entfesselung einer Krieges zu haben.[33] Letztendlich wurde die Entscheidung über Krieg und Friedenjedoch in Paris getroffen.[34]

2.2 Die Reichsgründung im Januar 1871

Bereits während der Märzrevolution von 1848 verlangte man nach einem geeinten deutschen Nationalstaat. Anders als 1870 / 1871 gelang esjedoch nicht, die innere politische Unruhe im Land zu bewältigen, sodass ein Nationalstaat nicht realisiert werden konnte. Durch die französische Kriegserklärung an Preußen schaffte dies ein verbindendes Gefühl im ganzen Land. Im Kriegsverlauf entsteht daraus glühender Patriotismus.[35] Noch während der Kampfhandlungen schaffte es Bismarck, die süddeutschen Staaten mit weitgehenden Zugeständnissen zu überzeugen, dem Norddeutschen Bund beizutreten.[36] Die Einzelstaaten hatten sich zunächst auf die Bezeichnung „Deutscher Bund“ für den Gesamtstaat und „Bundespräsidium“ für das Bundesoberhaupt geeinigt.[37] Bismarck wolltejedoch mit der Wiederherstellung der Würde eines „Deutschen Kaisers“ ein besonderes Symbol der Reichseinheit schaffen.[38] Darüber hinaus ging er mit der Wiederaufnahme des Kaisertitels auf die nationalen Gefühle des Bürgertums ein, das seit 1848/ 1849 die deutsche Einheit mit dem Kaisertum verband.[39]

Am 18. Januar 1871 rief man den preußischen König Wilhelm I. zum „Deutschen Kaiser“ aus. Im Vorfeld kam es zu Streitigkeiten zwischen Bismarck und Wilhelm I. über den genauen Titel des zukünftigen Kaisers. Der König selbst bevorzugte den Titel des „Kaiser von Deutschland“, um den Machtzuwachs des Hauses Hohenzollern vor aller Welt deutlich zu machen.[40] Für ihn war das preußische Königtum das gewachsene und von Gott verliehene Herrscheramt, dessen Glanz nicht durch den neuen Titel verdeckt werden sollte.[41] Bismarck begrüßte den Vorschlag „Deutscher Kaiser“ des König von Bayern. Dieser war von Vorteil, denn so konnten die empfindlichen eigenstaatlichen Gefühle, vor allem der Bayern, geschont und die preußische Vormachtstellung in dem neuen Reich verhüllt werden.[42] Auf Druck Bismarcks beugte sich Wilhelm schließlich dann dem Zwang der Realität. Die angespannte Situation löste der Großherzog von Baden trickreich, indem er simpel proklamierte: „Kaiser Wilhelm lebe hoch!“[43] Dass die Kaiserproklamation ausgerechnet auf französischem Boden noch inmitten des Krieges im Schloss Versailles stattfand, empfand man in Frankreich als eine weitere Demütigung.[44] Im Herzen des besiegten Landes, im Kreise von Militärs, Höflingen und Diplomaten, begingen die deutschen Fürsten die „kleindeutsche“ Einigung.[45] Die neuen Grenzen des Deutschen Reiches schlossen Österreich - Ungarn aus, sodass man von der „kleindeutschen“ Einigung spricht.[46]

Der staatsrechtliche Gründungsakt folgte am 16. April mit der neuen Verfassung des Deutschen Reiches.[47] Die Reichsverfassung entsprach im wesentlichen der Verfassung des Norddeutschen Bundes von 1867.[48] Der Norddeutsche Bund war das Ergebnis des deutsch-deutschen Krieges von 1866 und ging aus dem losen Verbund deutscher Staaten hervor, dem „Deutschen Bund“. Das neugegründete Deutsche Reich bestand aus 25 Bundesstaaten: vier Königreichen, sechs Großherzogtümern, fünf Herzogtümern, sieben Fürstentümern und drei Freien Städten.[49] Im Norden grenzte das Deutsche Reich an das Königreich Dänemark, im Osten an das Kaiserreich Russland und Österreich, im Süden und Südwesten an die Schweiz und Frankreich, sowie im Westen an die Königreiche Belgien und der Niederlande.

Nach der Proklamation des Deutschen Reiches betrachtete Bismarck, derjetzt Fürst, Reichskanzler und immer noch Ministerpräsident von Preußen war, die Machtansprüche Deutschlands als befriedigt.[50] Man spricht von der deutschen „Saturiertheit“.[51] Bismarck, der es im Reichstag mit einer schwerfälligen Maschinerie zu tun hatte, wobei er auf die Unterstützung der Nationalliberalen zählen konnte, machte sichjetzt daran, das Reich zu modernisieren und zu zentralisieren.[52]

Das Deutsche Reich von 1871 wurde nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse, sondern durch Blut und Eisen geeint, aber nichts führte zum Erfolg, das auf die Dauer dem Massennationalismus entgegenstand.[53]

3. Die „Europäische Gespanntheit“ - politische Krise Europas

Mit der deutschen Reichsgründung 1871 begann eine neue Epoche in Europa.[54] Es schien, als würde die Balance der Mächte, die über viele Jahre in Europa herrschte, durch die neue Großmacht aus dem Gleichgewicht kommen. Denn an Stelle des Deutschen Bundes trat ein massiv gefügter Machtbock, der das Vermögen zur Machtprojektion und zum Angriff hatte.[55] Das Deutsche Reich kam in die europäische Politik als eine Großmacht neuen Zuschnitts. Es fasste nicht nur die Gebiete des Deutschen Bundes zusammen, die nach dem Ausscheiden Österreichs übrig geblieben waren, sondern griff erheblich darüber hinaus.[56] Zur Kriegsbeute von 1871, dem Elsaß und Lothringen, kam die von 1866 beziehungsweise 1864 eroberten Gebiete wie Schleswig und außerdem auch die preußischen Provinzen Posen, West- und Ostpreußen.[57] Der wirtschaftliche, militärische und machtpolitische Aufschwung Preußens säte Misstrauen in Europa.[58] Man befürchtete eine zu große Dominanz des Deutschen Reiches, eine Machtunterwerfung der anderen Staaten in Europa, oder andere Pläne zum Umsturz des europäischen Mächtesystems und Gleichgewicht.[59] Es kam nun darauf an, die anderen Staaten in Europa davon zu überzeugen, dass die erweiterte Großmacht Preußen/Deutschland keine Bedrohung darstellte und das neue Deutsche Reich keine Ansprüche erhob, eine europäische Vormachtstellung zu erringen.[60] Das neue Reich nahm im Mächtesystem eine Stellung ein, auf die sich die anderen Staaten, gemäß der traditionell antagonistischen Struktur dieses Systems mit Zug und Gegenzug einzustellen bemühte.[61] Bismarcks Bemühungen fokussierten sich jedoch primär darauf, das Erreichte zu festigen, das Reich als neues Mitglied im Großmächtekonzert zu etablieren und die neuen Möglichkeiten als Großmacht im Herzen Europas auszuloten.[62] Er war sich nur zu gut der kritischen Vorbehalte Englands, Österreich-Ungarns und Russlands bewusst.[63] So wählte er für das Deutsche Reich eine konservative Innen- und Außenpolitik, die mit den Interessen der Großmächte übereinstimmte.[64] Um die Befürchtungen Europas gänzlich zu beschwichtigen, erklärte Bismarck kurzer Hand das Deutsche Reich als „saturiert“, das heißt, die Machtansprüche seien „gesättigt“. Hildebrandt bezeichnet das Reich in der Zeit zwischen 1871 und 1875 als „gezügelte Großmacht“, denn obwohl das Deutsche Reich wirtschaftlich und militärisch wohl die stärkste Macht auf dem Festland war, so hielt man sich doch bedeckt und legte das Ziel der deutschen Außenpolitik auf die Erhaltung und die Sicherung der neuen Reichsgrenzen.[65].

Als zweites großes „Werk“ Bismarcks gilt seine umfassende und durchdachte Bündnispolitik zur Sicherung des Friedens in Europa.[66] Wie erwähnt hatte sie zum Ziel, den Frieden in Europa zu sichern und als Zusatz, Frankreich in Europa zu isolieren. So könnten Revancheneigungen Frankreichs mit Hilfe anderer Staaten verhindert und zerschlagen werden.[67]

Im folgenden Kapitel wird die Komplexität des Bündnissystems Otto von Bismarcks dargestellt. Angefangen mit der europäischen Hochspannung - die durch die „Krieg in Sicht“-Phase, den Konflikt im Südosten Europas und die Bündnisse zwischen Russland, Deutschland und Österreich - Ungarn gezeichnet wurde. Es wird ein Blick auf die Bündnispolitik im Allgemeinen geworfen, um dann explizit auf das Verhältnis zu Österreich - Ungarn, Frankreich und Russland einzugehen. Hierbei rücken wesentliche Bestandteile dieser Beziehungen wie das „Dreikaiserabkommen“, der Zweibund zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn, die Bemühungen Bismarcks in der „deutsch - russischen Frage“ und dem daraus resultierten „Rückversicherungsvertrag“ und die politische Krise mit Russland und Frankreich in den Mittelpunkt.

3.1 Bismarcks Bündnis- und Friedenspolitik

Wie beschrieben war mit der Reichsgründung und dem neuen Mittelblock, dem Deutschen Reich, das europäische Machtverhältnis verändert worden. Otto von Bismarck sah es nun als seine Aufgabe an, nachdem er das Reich bereits durch drei Kriege einte, zu etablieren und zu erhalten. Vor Allem wollte er jedoch Frankreich isolieren.[68] Er wusste, dass der verlorene Krieg der Franzosen den Hass auf Deutschland mehr und mehr schürte. Nur durch eine machtpolitische Isolation Frankreichs in Europa konnte man den Revanchegedanken Frankreichs entgegenwirken und so das Reich vor einem Angriff schützen. Um eine Koalition der Verlierer von 1866 und 1871 zu verhindern und gleichzeitig Handlungsspielraum gegenüber Russland zu gewinnen, bemühte Bismarck sich um ein Bündnis mit Österreich - Ungarn und Russland.[69]

Die Anfangsjahre der reichsdeutschen Außenpolitik standen somit im Zeichen der Annäherung an Österreich - Ungarn und Russland sowie des Konflikts mit Frankreich.[70] Überraschend schnell hatte das Reich die Freundschaft der benachbarten Kaiserstaaten gewonnen, so dass das Dreieck Berlin - Wien - Sankt Petersburg sich als ein Schwerpunkt in Europa etablierte,obwohl er wusste, wie groß allerorten das Misstrauen gegen den starken und bedrohlichen neuen Bewerber war.[71] [72]

Zwischen 1873 und 1887 hat Bismarck verschiedene Bündnisse mit anderen europäischen Staaten geschlossen. Diese Bündnisse waren zum Einen Verträge, in denen festgelegt wurde, dass man sich im Falle eines Angriffes auf eines der Länder gegenseitig unterstützt und zum Zweiten, dass man sich im Falle eines Angriffs eines dritten Landes neutral verhalten würde, wie es zum Beispiel die Russen in den preußischen Einigungskriegen taten. Bismarcks Bündnisse können auf vier wichtige Verträge konkretisiert werden. Das in Schönbrunn unterschriebene Dreikaiserabkommen von 1873 war das erste der vier Bündnisse. Mit diesem Abkommen wurde die monarchische Tradition zwischen der „Heiligen Allianz“ von 1815 wieder aufgenommen und das Deutsche Reich setzte die traditionelle Freundschaft zu Russland fort und erreichte durch die Einbeziehung des österreichischen Kaisers, dass die Gegensätze zwischen dem Zarenreich und Österreich - Ungarn in der Balkanpolitik noch einmal überspielt werden konnte.[73] Darüber hinaus einigten sich die Herrscher darauf, den gegenwärtig in Europa herrschenden Friedenszustand zu befestigen und auf dem Gebiete der Grundsätze zusammenzustehen.[74]

Eine kaum kalkulierbare Gefahrenquelle für den europäischen Frieden war der Balkan.[75] Im Juni 1875 brach in Bosnien ein Aufstand gegen die türkische Herrschaft aus, der im Jahre 1876 auf Bulgarien Übergriff und bald die gesamte Balkanhalbinsel erfasste.[76] Eine umfassende Neuordnung des Balkans schien bevorzustehen.[77] Die Orientfrage bestand zunächstjedoch aus einem Gewirr von Gegensätzen und Interessen der auf dem Balkan lebenden Völker, die sich auf Rechtssicherheit und nationale Staatsmacht gegen die traditionelle, verfallende, aber sich umso grausamer gebärdende türkische Herrschaft richtete. Zugleich standen Christen und Moslems im religiösen Streit.[78] Durch diesen Konflikt sahen vor allem England, Österreich - Ungarn und Russland ihre Interessen bedroht.[79] Es ging zum einen um die handelspolitische Erschließung des südeuropäischen - kleinasiatischen Raums und um die Sicherung wichtiger Handelswege von Europa nach Asien und Nordafrika.[80] Doch im Vordergrund stand die auf das türkische Erbe gerichtete machtpolitische und strategische Rivalität zwischen Russland und Österreich - Ungarn, sowie zwischen dem Zarenreich und England.[81]

Währenddessen drohte das Deutsche Reich europäisch in eine außenpolitische Isolierung zu geraten. Der Zar gab gegenüber Kaiser Wilhelm I. seine Erwartungen zum Ausdruck, dass Deutschland sich ebenso verhalten werde wie Russland im Jahre 1870, falls es zu einem Krieg zwischen Russen und Österreichern kommen sollte. Für Bismarck ging es darum, eine militärische Auseinandersetzung zwischen den beiden im Dreikaiserabkommen verbündeten Staaten zu verhindern. Er wollte allerdings auch eine deutsche Option zugunsten von Wien oder St. Petersburg umgehen, denn allein durch das spannungsreiche Zusammenwirken der drei konservativen Staaten vermochte Deutschland seine freie Stellung zwischen den Mächten zu bewahren.[82] Er lehnte es daher ab, sich im russischen Sinne zu entscheiden.[83]

Die Ursache des russisch - türkischen Krieges kann man in den türkischen Repressionen gegen Serben und Bulgaren nach dem serbisch - türkischen Krieg, als auch im russischen Panslawismus sehen. Das Zarenreich hatte sich bislang als Schutzherr der orthodoxen Christen im Machtgebiet des Osmanischen Reichs verstanden, so drängte jetzt die nationalistische, panslawistische Bewegung Russland zum militärischen Eingreifen.[84] Russland erklärte daraufhin im Jahr 1877 dem Osmanischen Reich den Krieg, der Anfang 1878 mit einem vollständigen Sieg Russlands beendet war.[85]

Als Folge des russisch - türkischen Krieges von 1877 / 1878 wurde auf dem Berliner Kongress 1878 ein Vertrag zur Beilegung der Orientkrise ausgehandelt.[86] Bismarck erklärte sich bereit, diesen Kongress als „ehrlicher Makler“ zu leiten.[87] Im Grunde war für das Deutsche Reich dieser Konflikt zweitrangig, doch durch die Beteiligung der Bundesgenossen Österreich - Ungarn und Russland und die Versuche beider, bei Deutschland einen Rückhalt für ihre Politik zu suchen, rutschte Deutschland mit in diese Krise.[88] In den Bestimmungen des Berliner Kongresses wurde festgelegt, dass Großbritannien Zypern erhält, Österreich - Ungarn wird „de facto“ die Herrschaft über Bosnien und Herzegowina zugesprochen, Frankreich wird eine Gebietserweiterung am Mittelmeer in Aussicht gestellt und Russland zieht große Stücke aus der bulgarischen Beute.[89] Trotz dessen wird Russland als Verlierer des Treffens gesehen, denn das Zarenreich verlor auch relativ viele Gebiete, was zu großem Unmut auf russischer Seite führte. Der Berliner Kongress erzielte in der politischen Welt Europas verschiedene Effekte, da Bismarcks Ansehen und Schätzung in England stieg, jedoch die neutrale Haltung Deutschlands Russland vor den Kopf stieß. Der Berliner Kongress wird auch als Zäsur zwischen dem Zeitalter des europäischen Gleichgewichts und dem Zeitalter des Imperialismus gesehen., vor allem nahm das Deutsche Reich durch den Berliner Kongress die Vormachtstellung auf dem europäischen Festland ein.[90] [91] Darüber hinaus zählten ausschließlich die Interessen der Großmächte auf dem Kongress, nationale Interessen der Balkanvölker spielten keine Rolle.[92]

Als Folge der immer schlechter werdenden Beziehungen zwischen Deutschland und Russland, handelte Bismarck im Geheimen mit dem österreichischem Außenminister Andrassy ein Defensivbündnis zwischen dem Deutschen Reich und Österreich - Ungarn aus.[93] Dieses Bündnis war jedoch kein genereller militärischer Verbund, sondern eher eine Defensivallianz gegen Russland, die im Falle eines russischen Angriffs in Kraft treten würde.[94]

In jedem Fall lieferte die Allianz den Ausgang für ein neues Bündnissystem und die „Entlastungsphase“ der 1880erJahre.[95]

Mit dem Anbruch der achtziger Jahre begann Bismarck jenes zugleich kunstvolle wie künstliche „Spiel mit den fünf Kugeln“, das Bindungen an jede Großmacht aufwies, ohne doch an eine von ihnen angebunden zu sein.[96] Nachdem Bismarck es geschafft hatte, Wilhelm I. davon zu überzeugen, wieder ein Dreibündnis mit Österreich - Ungarn und Russland einzugehen, wohl wissend um die Gegensätze Österreich - Ungarns und Russlands, unterzeichneten die drei Herrscher den sogenannten „Dreikaiservertrag“ oder auch „Dreikaiserbund“. Der Vertrag verpflichtete die Länder zu „wohlwollender“ Neutralität, das heißt, im Falle eines Angriffs einer vierten Großmacht auf eine der Monarchien, erfolgt kein Eingreifen.[97] Würden Russland und England Krieg führen, verhält sich Deutschland neutral, bei kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und Frankreich würde Russland neutral bleiben.[98] Ein weiteres Bündnis Bismarcks, das das viel gesponnene Netz ergänzte, war der „Dreibund“, der 1882 zwischen Italien, Österreich - Ungarn und dem Deutschen Reich geschlossen wurde.[99] Dieser war keine Erweiterung des Zweibundes, sondern stellte ein eigenständiges Defensivbündnis gegen Frankreich dar und verstärkte so die im Dreikaiservertrag angelegte Sicherheitsgarantie gegen den Westen.[100] Will man den Stellenwert des Vertrages in Bismarcks Außenpolitik definieren, ist es geboten, ihn im Zusammenhang mit dem Dreikaiserabkommen und dem Zweibund zu sehen.[101] Denn die Kriegsfälle selbst, gegen die die einzelnen Verträge Beistand oder Neutralität versprachen, bleiben im Grunde sekundär, denn sie alle zusammen sollten Russland und Frankreich hindern, den Krieg gegen Deutschland überhaupt in das Auge zu fassen.[102]

So widersprüchlich die einzelnen Vereinbarungen für sich genommen erschienen, so sehr kam Bismarck mit dem Gesamtkonstrukt aus Zweibund, Dreikaiservertrag und Dreibund seiner Idealvorstellung recht nah.[103] Für Deutschland lag der Wert des Systems in der fortgesetzten Isolierung Frankreichs und in der Bindung des großen Unsicherheitsfaktors Russland, da die Verträge nicht zuletzt den Sinn hatten, den außenpolitischen Spielraum Russlands zu begrenzen und seinen Druck auf Mitteleuropa zu lindern.[104] Nicht ohne Stolz und nicht zu Unrecht verkündete der Reichskanzler 1882, dass es mit ihm mithilfe seiner komplizierten und nicht immer eindeutigen und von Widersprüchen freien Außenpolitik gelungen sei, Deutschland seit 1871 vor einer „übermächtigen Koalition“ zu bewahren.[105]

In der nach Ost und West entspannten Situation ergab sich für Deutschland 1884 die Gelegenheit, aktiv in die europäische Kolonialexpansionen einzugreifen und vorwiegend in Afrika sogenannte „Schutzgebiete“ zu erwerben.[106] Gewissermaßen mit einem energischen Schritt hat sich das deutsche Reich neben die großen Kolonialmächte England und Frankreich gestellt und seinen Anspruch auf Weltpolitik geltend gemacht.[107]

Bereits im Dezember 1882 wurde in Frankfurt am Main der „Deutsche Kolonialverein“ gegründet.[108] Bismarck selbst stand allen kolonialen Plänen lange Zeit ablehnend gegenüber, er sah die Gefahren, die im Erwerb überseeischer Gebiete lagen: Im Konfliktfall konnten die Kolonien vom Reich nicht ausreichend geschützt werden; zudem stellten sei eine zusätzliche außenpolitische Gefährdung dar, weil es unweigerlich zu Interessenkonflikten mit Großbritannien und Frankreich kommen musste.[109] Er beugte sich jedoch letztendlich dem innenpolitischen Druck und Ruf nach neuen Absatzmärkten, ausländischen Kapitalanlagen und der Sicherung von Rohstoffen.[110] Deutschland sicherte sich die Kolonien Deutsch - Südwestafrika, das heutige Namibia, Togo und Kamerun, später auch Deutsch - Ostafrika und Nordost - Neuguinea und die Marshallinseln im Pazifik.[111]

1884 wurde der Dreikaiserbund erneuert, scheiterte dann aber an den Gegensätzen Österreich - Ungarns und Russlands auf dem Balkan: 1879 hatte die bulgarische Nationalversammlung den 22 jährigen Alexander von Battenberg zum Fürsten von Bulgarien gewählt.[112] Ursprünglich eher ein „Statthalter“ Russlands, betrieb von Battenberg seit 1883 reformfreudige, antirussische Politik und vereinigte 1885 Bulgarien und Ostrumelien. 1886 wurde er von einer russischen Verschwörergruppe gestürzt, sodass die „bulgarische Frage“ erneut den Zwist zwischen Österreich - Ungarn und Russland entfachte.[113]

Auch wenn Bismarck sicherlich erleichtert gewesen sein dürfte, dass Russland zur Dreierkonstellation zurückkehrte, so machte er sich über die Natur eines solchen Zweckbündnisses keinerlei Illusionen.[114] Kaiser Wilhelm I. Gegenüber erklärte er, dass er froh sei, wenn es gelänge, den Frieden zwischen den beiden Monarchien zu erhalten, denn dies würde die Gefahr einer französisch - russischen Koalition ebenso beseitigen, wie das feindliche Verhalten Frankreichs und die deutschkritischen Kreise in Russland eindämmen.[115] Er sah bewusst davon ab, die Gunst der nun erreichten Sicherheit und Verflechtung zu einer Demütigung Frankreichs zu nutzen.[116] Bismarck schlug einen anderen Weg ein, er suchte den Kontakt zu Frankreich und dachte an eine französisch - deutsche Allianz.[117]

Diese Pläne konnte Bismarck jedoch nicht lange weiter aus führen, denn sein guter Partner in Frankreich, Ferry, der auch gleichzeitig französischer Ministerpräsident war, wurde Ende des Jahres 1885 gestürzt.[118] So konnte sich der Krisenherd im Westen weiter ausbreiten, denn durch den Regierungswechsel in Frankreich schwappte eine neue Welle antideutscher Stimmung von Frankreich nach Deutschland.[119] Bei den Wahlen zum französischen Parlament siegten die revanchistischen Kräfte unter den Monarchisten und den Radikalen gegen die gemäßigten Republikaner, die Ferry gestürzt hatten.[120] Die „Patriotenliga“ um Paul Déroulède forderte nach der zeitweiligen kolonialpolitischen „détente“ wieder lautstärker eine antideutsche Allianz mit Russland.[121] Man forderte die Rückgewinnung Elsaß - Lothringens mit offensiven militärischen Mitteln.[122] Bismarck ging es nun darum, so viel wie möglich von seinem Bündnissystem während der „Doppelkrise“ zu retten.[123] Durch diese Krise wurde sein Bündnissystem auf eine harte Probe gestellt.[124] Währenddessen bemühte sich der französische Außenminister Charles Louis de Freycinet um Kontakte mit dem zaristischen Establishment, die Annäherungsversuche sollten so intensiviert werden.[125] Déroulède reißte im Frühherbst 1886 von Frankreich nach Russland, im Gegenzug kam Anfang 1887 ein russischer General nach Frankreich - Revanchisten und Panslawisten reichten sich die Hand und die deutsche Regierung war alarmiert.[126] Bismarck musste mit Erschrecken feststellen, dass die Mehrheit der russischen Presse zum Kampf gegen Deutschland aufrief, es könne sogar in Paris zu einer „russischen Öffnung im Sinne einer gemeinsamen antideutschen Politik“ geben.[127]

Dem Deutschen Reich drohte der viel gefürchtete Zweifrontenkrieg, sodass Bismarck auf die Verstärkung der Rüstung setzte. Darüber hinaus förderte er den Abschluss einer „Mittelmeer - Entene“ zwischen England und Italien, der im März 1887 auch Österreich - Ungarn beitrat.[128] Für Europa entstanden zwei Alternativen: zum Ersten ein Präventivkrieg, sodass innen-und außenpolitische Verwicklungen zerschlagen werden würden, oder die Großmachtstellung des Deutschen Reiches in Europa, in Anlehnung an England oder Russland, wird akzeptiert.[129] Für Bismarck galt es, den Eintritt einer politischen Lage zu verhindern, die die Entstehung eines Zweifrontenkrieges gegen Frankreich und Russland begünstigt hätte und das war seiner Überzeugung nach möglich, jedoch allein durch diplomatische Mittel. Von der alten preußisch - russischen Freundschaft war nicht mehr all zu viel übrig, trotzdessen suchte er den Kontakt mit Russland. Erneut bewies er sein diplomatisches Geschick, als es am 18. Juni 1887 zum Abschluss des „Rückversicherungsvertrags“ zwischen dem Deutschen Reich und dem Zarenreich Russland kam.[130]

Das Neutralitätsabkommen (der Rückversicherungsvertrag) zwischen Deutschland und Russland trat im Sommer 1887 in Kraft, als der Dreikaiserbund von 1884 ablief. Er war wie dieser auf drei Jahre befristet und ist im Sommer 1890 zu Ende gegangen. Mit diesem Vertrag wurde die von Bismarck seit langem befürchtete Gefahr einer Annäherung von Russland und Frankreich ausgeschaltet. Nach dem Tod Wilhelm I. im Jahr 1888 und der Machtübernahme durch seinen Enkel Wilhelm II. veränderte sich die Position von Bismarck im Reich. Es begann ein „Generationskonflikt“ zwischen dem jungen Wilhelm und dem „alten“ Bismarck.[131] Wilhelm verehrte Bismarck als Gründer des Reiches und Gestalter der Reichspolitik, da erjedoch ein junger Kaiser und voller Tatendrang war, kam es bald zu Kontroversen.[132] Im Laufe der Zeit nach 1888 verlor Bismarck innenpolitisch immer mehr den Rückhalt, zuletzt sogar durch das Zentrum, die als Konservative zu ihm standen. So gipfelten den Spannungen und Kontroversen zwischen Bismarck und Wilhelm II. am 20. März 1890 in einem Rücktrittsgesuch von Bismarck, welchem stattgegeben wurde. Es war mehr ein Rausschmiss als Rücktritt. So ging die Ära Bismarck für das Deutsche Reich mit diesem Tag zu Ende, er hatte der deutschen Politik, vor allem der Außenpolitik als preußischer Ministerpräsident und als Deutscher Kanzler seinen Stempel aufgesetzt.

Zusammenfassend lässt sich die Bündnis- und Friedenspolitik Bismarcks als gutes Beispiel für diplomatisches Geschick darstellen. Durch „Eisen und Blut“ einte er das Reich und baute es bis zu seiner Entlassung 1890 zu einer der fünf Großmächte in Europa auf. Sein „Spiel mit den fünf Kugeln“ prägte die Epoche seiner Außenpolitik, das Deutsche Reich sollte zu jeder Großmacht eine Verbindung haben, aber an keine angebunden sein. Dies schaffte er nur bedingt, denn die Beziehungen zu Frankreich waren auch von ihm selbst nie verbessert worden, er selbst stand für sein größtes Ziel, der Isolierung Frankreichs in Europa. Doch nicht alleine sein diplomatisches Geschick brachte ihn an die „Spitze“ des Reiches, sondern auch das Wohlwollen Wilhelm I., der Bismarck im Grunde frei Hand ließ und sich nicht weiter in die außenpolitischen Geschicke des Kanzlers einmischte. Wäre Kaiser Wilhelm I. ein ebenso herrschsüchtiger Mensch wie sein Enkel gewesen, hätte Otto von Bismarck sein Konstrukt aus Bündnissen und Verträgen, so wie es heute bekannt ist, nicht spinnen können. Seine Nachfolger zerstörten in ihrem Streben nach Weltgeltung sein Werk.[133]

3.2 Das Verhältnis von Österreich - Ungarn und dem Deutschen Reich

Während der Bismarck'schen und wilhelminischen Zeit war Österreich - Ungarn ein stetiger „Begleiter“ und Verbündeter des Deutschen Reiches. Nach dem deutsch - deutschen Krieg fand sich Wien relativ schnell mit den neuen Gegebenheiten ab und konzentrierte sich fortan auf die Abischerung seiner Bestandes in Südosteuropa.[134] Beinahe zwangsläufig geriet die Doppelmonarchie damit auf Konfrontationskurs zu dem von Russland gedeckten panslawistisch- nationlistischen Strömungen der kleinen Balkanstaaaten, woraufhin es Rückhalt im neuen Deutschen Reich suchte und einer Aussöhnung positiv gegenüber stand.[135] Als Bismarck die Verbindung mit Wien aufnahm, nährte die politische Richtung der Habsburgermonarchie eher seine kritischen Vorbehalte.[136] Massiv erhöhte er den Druck und ließ über die Bedingungen der Kooperation keinen Zweifel. Als Preis für die für außenpolitische Annäherungsbereitschaft verlangte er faktisch die Unterordnung.[137] Es ging in den Verhandlungen zwischen der Habsburgermonarchie und Bismarck vor allem um die Beziehungen zu Russland und den Diskrepanzen zwischen Österreich - Ungarn und dem Zarenreich bezüglich der Balkaninteressen.

Im Bestreben Bismarcks, Gewichte und Gegengewichte auszubalancieren und die Differenzen zwischen Österreich - Ungarn und Russland zu tilgen, gelang es Bismarck, ein Treffen der drei Kaiser zu organisieren, auf dem sich alle Monarchen auf eine Zusammenarbeit einigen konnten und das Drei-Kaiser-Abkommen unterzeichnet wurde.[138] Dieses Bündnis sollte bereits wenige Jahre später durch die Orientkrise auf die Probe gestellt werden. Abermals trat ein Interessenkonflikt zwischen Österreich - Ungarn und Russland auf. In den Jahren 1876 - 1878 begann Bismarck, die deutsche Außenpolitik vorsichtig in Richtung Österreich zu lenken.[139] Im Vergleich sag Bismarck in Österreich den wertvolleren Bündnispartner.[140] Da Bismarck auf dem Berliner Kongress von 1879 die russischen Interessen aus Zarensicht nicht genug untersützte und es zu einer Abkühlung der Beziehungen kam, handelte Bismarck mit Österreich - Ungarn eine Defensivallianz gegen Russland aus. 1882 wurde dann ein weiterer Vertrag zwischen Österreich - Ungarn, dem Deutschen Reich und Italien geschlossen, der sogenannte Dreibundvertrag.[141] Die Partner versicherten sich ihrer gegenseitigen Freundschaft und des Beistandes bei Angriffen, die von zwei oder mehr Gegnern ausgingen; ein Angriff Frankreichs auf Italien verpflichtete beide Partner zur Hilfe, war jedoch Deutschland angegriffen, war ihm nur der Beistand Italiens zugesagt, das heißt, wie schon 1879 hat Österreich auch hier keine Pflichten in einem deutsch - französischen Krieg übernommen.[142] Zuvor wurde der wichtige Dreikaiservertrag erneuert, der die drei Partner zu wohlwollender Neutralität verpflichtete, falls eine der Monarchien durch eine vierte Großmacht angegriffen werden würde.[143] Dieses Bündnis spielte in Verlauf der 80er Jahre eine relativ große Rolle, da paradoxerweise die zwei Kontrahenten in der Balkanfrage, Österreich und Russland, durch diesen Vertrag in gewisser Weise aneinander gebunden waren. Die „zweite“ Balkankrise wirkte sich daher außerordentlich nachteilig auf ihre Beziehung und den Dreikaiservertrag aus, welcher 1884 diesem Interessenkonflikt nicht mehr standhalten konnte.[144] Im Jahre 1887 gelang es Bismarck darüber hinaus, England über den „Orientbund“ hinweg, bestehend aus Österreich - Ungarn, Italien und eben auch England, an den „Dreibund“ heranzuziehen.[145] Die neue britisch - österreichische Verbindung war also von großen Nutzen für das Deutsche Reich, denn sie bedeutete eine zusätzliche, wenn auch indirekte Sicherung Wiens gegenüber St. Petersburg.[146] Mit dem Thronwechsel und der Machtübernahme im Kaiserreich durch Wilhelm II. schwenkte die Außenpolitik von der Bismarck'schen Kontinental- und Bündnispolitik auf die große Bühne der Weltpolitik um. Österreich - Ungarn, als „Vielvölkerstaat“ von innerpolitischen Krisen betroffen, rückte komplett an das Deutsche Reich heran. Durch die wilhelminische Politik des Aufrüstens der Kolonialisierung gerieten beide Staaten in eine Einkreisung der europäischen Großmächte. Historiker sind sich uneins darüber, ob der Zweibund zwischen Österreich - Ungarn und dem Deutschen Reich bereits damals die Weichen für den späteren ersten Weltkrieg stellten. Sicher ist, dass vor allem der Zweibund für die Entfremdung zwischen Russland und Deutschland verantwortlich ist und so Russland auf die Seite Frankreichs und später auch Englands getrieben wurde. So sahen sich der deutsch - mitteleuropäische Block das Deutsche Reich und Österreich - Ungarn umkreist von Russland, Frankreich und England, den späteren feindlich gegenüberstehenden Parteien des ersten Weltkrieges.

3.3 Das Verhältnis von Russland und dem Deutschen Reich

Das Verhältnis zwischen dem russischen Zarenreich und dem Deutschen Reich lässt sich weite Strecken der Zeit als neutral beziehungsweise wohlwollend bezeichnen. Während der preußischen Expansionen der 1860er und 1870 / 1871 verhielt sich die russische Regierung neutral gegenüber dem Königreich. Rückblickend kann man sagen, dass im Grunde deswegen die Kriege gegen Dänemark, Österreich und Frankreich und die spätere Einheit möglich waren.[147] Nach der Reichsgründung sah man das Zarenreich als sinnvollen Bündnispartner an, so begann eine intensive Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland. Den zentralen außenpolitischen Bezugspunkt stellte ebenfalls Russland dar, der Hauptkontrahent um die Vormacht auf dem Kontinent.[148] In weltpolitischer Rivalität mit England und wegen orientalischer Fragen in latenter Spannung mit Österreich - Ungarn, sollte das Zarenreich auf Deutschland angewiesen sein.[149] Die erste vertraglich geregelte Übereinkunft entstand durch das „Drei - Kaiser - Abkommen“ von 1873 zur Sicherung des Friedens. Dieses Abkommen wurde im Laufe der Zeit zweimal erneuert und verband die beiden Länder über mehrere Jahre. Durch die Balkankrise zwischen Österreich - Ungarn und Russland war das Deutsche Reich eher passiv involviert. Da es mit beiden Länder durch das Abkommen von 1873 politisch verbunden war, fungierte Deutschland als „Vermittler“ zwischen beider Länder. Durch den Berliner Kongress, der als Ergebnis der Balkankrise in der deutschen Hauptstadt stattfand, kühlte sich das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland ab. Von russischer Seite hatte man sich mehr „Rückendeckung“ seitens Deutschlands als Revanche für die Neutralität während den Einigungskriegen gewünscht.[150] Man hatte mit nicht mit Anfragen, Appellen und Pressionen gegeizt.[151] Er vermied es jedoch zunächst, sich zwischen Österreich oder Russland zu entscheiden, da beide um die Gunst des Deutschen Reiches geworben hatten. Man bekannte sich gegenüber den Russen jedoch dann zu Österreich, da das Deutsche Reich nicht zusehen würde, wie Österreich aus seiner Großmachtrolle verdrängt werden würde.[152] Bismarcks Wunsch war es, dass Österreich und Russland sich über die Balkanpolitik einigen mögen, wie sie sich auch immer entscheiden würden, Deutschland unterstütze sie. Auf diese Weise hängte sich Deutschland als retardierendes Gewicht an die russische Balkanpolitik und diese Last wurde in St. Petersburg durchaus empfunden - die Jahre 1876 - 1878 wurden zu einem Wendepunkt in der deutsch - russischen Freundschaft.[153] Auch wirtschaftlich wand sich Deutschland mehr und mehr vom Zarenreich ab, so kam es in den Jahren 1879 / 1880 zur Einführung von Schutzzöllen auf landwirtschaftliche und schwerindustrielle Produktimporte, woraufhin Russland seinen Außenhandel nach Frankreich verlagerte.[154] Es begann eine Zeit des Agrarprotektionismus in Deutschland, 1885 verdreifachte man die Zölle um sie dann nur zwei Jahre später ein letztes Mal zu verdoppeln. 1887 folgte dann eine komplette Sperrung des Kapitalmarktes für russische Werte durch die deutsche Regierung.[155] Diese Maßnahmen der Außenpolitik Deutschlands wurden ergriffen, um den kriegslüsternen Panslawismus in Russland zu dämpfen und die expansive, anti­österreichische Balkanpolitik zu mindern. Durch dieses Verfahren der deutschen Politik wurden jedoch die Weichen für 1894 gestellt, in dem die russisch - französische Militärkonvention unterzeichnet wurde und somit die Gefahr eines Zweifrontenkrieges erheblich stieg.[156] Nach dem die Spannungen zwischen Österreich und Russland nicht mehr tragbar waren und der Drei-Kaiser­Vertrag nicht mehr verlängert wurde, handelte Bismarck 1887 den sogenannten Rückversicherungsvertrag aus. Er war im Grunde ein Neutralitätsabkommen, welches die Länder im Kriegsfall zu Neutralität verpflichtete. Mit der Machtübernahme Wilhelms II. brach das Bündnissystem mit Russland, von Bismarck mühevoll erarbeitet, zusammen. Dieses wurde auf Drängen der russischen Regierung vom neuen Kanzler Caprivi nicht verlängert, da die Berater des Kanzlers die Vereinbarkeit einer russischen Allianz mit dem Zwei- und Dreibund sowie dem Mittelmeerabkommen bestritten.[157] Als es dann schließlich durch die wirtschaftspolitischen Maßnahmen des Deutschen Reiches zur Wendung Russlands hin zu Frankreich kam, war die deutsch - russische Zusammenarbeit beendet. Wilhelm II. orientierte sich, anders als Bismarck, der während seiner Regenschaft eine große Distanz zu London aufbaute, eben an jenem Land und es begann ein heilloses Kräftemessen zwischen der Weltmacht Großbritannien und dem nach Weltgeltung strotzendem Deutschen Reich. Im Jahre 1905 scheiterten die letzten Versuche eines deutsch - russischen Bündnisses zwischen Kaiser Wilhelm II. und Zar Nikolaus II. Schließlich schloss England sich der russisch - französischen Militärkonvention an, die Fronten der zukünftigen Kriegsparteien waren geschaffen.[158]

3.4 Das Drei - Kaiser - Abkommen, der Zweibund und der Rückversicherungsvertrag

Die Anfangsjahre der reichsdeutschen Außenpolitik standen im Zeichen der Annäherung an Österreich - Ungarn und Russland, sowie des Konflikts mit Frankreich.[159]

Das Zarenreich stand von Beginn an im Hauptfokus deutscher Außenpolitik, galt doch der östliche Nachbar als „unbezwingbarer Riese“ und „elementare Kraft“.[160] Daher lag Bismarck sehr viel daran, Russland und das Deutsche Reich zu verbinden, um so die Gewissheit zu haben, dass es vorläufig keinen Krieg gegen das Zarenreich geben würde. Bismarck selbst hat in seiner der Reichsgründung folgenden inneren und äußeren Politik fast im Übermaß auf Feindbilder abgehoben.[161] [162] [163] Das verdeutlicht, für wie wichtig er den neuen Status Quo hielt, den es zu stabilisieren galt, denn er selbst und Wilhelm I. sahen ihn noch weitere Jahre als gefährdet an. Sie waren als Vertreter der Gründergeneration noch ganz vom tiefen Sorgegefühl erfüllt, dass das neue Deutsche Reich in schwerer Dauerbedrohung lebe, sich also in einer stetigen Ausnahmesituation befinde.162 163 Deswegen lag Bismarck zu Beginn der 1870er Jahre viel daran, sich durch konservative Innen- und Außenpolitik mit Österreich - Ungarn und Russland zu arrangieren.[164] Um eine Koalition der Verlierer von 1866 und 1871 , also Österreich und Frankreich, zu verhindern und gleichzeitig Handlungsspielraum gegenüber Russland zu gewinnen, bemühte Bismarck sich also um ein Bündnis mit Österreich - Ungarn und Russland. Bereits 1872 kamen die drei Monarchen der Kaiserreiche zusammen und legten den Grundstein für das „Drei-Kaiser-Abkommen“.

Zuvor ergab sich eine günstige Gelegenheit, die Interessengemeinschaft der drei Monarchien herauszustreichen, diese hatte sich noch während des Krieges durch den Aufstand der Pariser Kommune im März 1871 ergeben, denn für eine kurze aber entscheidende Phase rückte die allgemeine Revolutions- und Soziallistenfurcht die Sorge vor der neuen deutschen Großmacht in den Hintergrund.[165] Vor allem gegenüber den konservativ - monarchischen Monarchien in Wien und St. Petersburg fand er einen ersten gemeinsamen Gesprächspunkt.[166] So lange die großen Monarchien Europas zusammenhalten, ist ihnen keine Republik gefährlich.[167] Überraschend schnell hatte das Reich die Freundschaft der benachbarten Kaiserstaaten gewonnen, sodass das Dreieck Berlin - Wien - St. Petersburg sich als ein Schwerpunkt in Europa etablierte.[168] Im Sommer 1872 zeigte sich Bismarck sehr zuversichtlich, es schien als habe er die Konstellation in Europa unter Kontrolle. Der österreichische Außenminister Andrássy hatte sogar bereits im Jahr 1871 ein Bündnis offeriert und der Österreich - ungarische Kaiser hatte sich gerade erst zu einem Staatsbesuch nach Berlin angemeldet.[169] Noch wichtiger schien aber, dass auch Zar Alexander II. den Wunsch äußerte, an dem Monarchentreffen im Herbst teilzunehmen.[170] Demonstrative Staatsbesuche, gipfelnd in der Begegnung der drei Kaiser September 1872 in Berlin, markierten die Entwicklung, in der sich Deutschland als der umworbene Dritte wiederfand.[171] Darüber hinaus bekundeten sie ihr gemeinsames Interesse am Erhalt der monarchischen Staatsform.[172] Die Zusammenkunft der drei Kaiser führte zwar nicht zu festen Verabredungen zwischen den Reichen, knüpfte jedoch das Band monarchischer Solidarität enger.[173] Konkrete Versicherungen enthielt dagegen die von den Feldmarschällen Graf von Moltke und Graf Berg am 6. Mai 1873 in St. Petersburg unterzeichnete und noch am selben Tage von den Monarchen ratifizierte deutsch - russische Militärkonvention.[174] Einen Monat später unterzeichneten Franz Joseph I. von Österreich und Alexander II. von Russland ebenfalls eine Militärkonvention, die durch den Beitritt des deutschen Kaisers am 22. Oktober 1873 zum Drei-Kaiser-Abkommen erweitert wurde.[175] Durch dieses Bündnis sollte der Friedenszustand in Europa gefestigt werden. So wurde es im Laufe der Zeit zweimal erneuert. 1881 erfolgte die erste Erneuerung des Drei-Kaiser-Abkommens durch Wilhelm I., Franz Joseph I. und Alexander III. 1884 erfolgte dann die letzte Verlängerung des Abkommens, da sich im Zuge der Balkan-Krise die Fronten zwischen Österreich - Ungarn und Russland immer weiter verhärteten und schließlich ein neuer Zwist entstand.

In den Jahren 1876 - 1878 begann Bismarck die deutsche Außenpolitik vorsichtig in Richtung Österreich zu lenken.[176] Der aus der Balkan-Krise resultierte Berliner Kongress hatte zur Folge, dass das Verhältnis von Deutschland und Russland abkühlte. Russland war über die Haltung Deutschlands auf dem Kongress sichtlich verärgert. Dies ließ insbesondere das den deutschen Monarchen mit Vorwürfen überhäufende Handschreiben des Zaren von August 1879 erkennen, welches als „Ohrfeigenbrief4 in die Geschichte eingegangen ist.[177] Deswegen handelte Bismarck 1879 mit Österreich - Ungarn eine militärische Defensivallianz gegen Russland aus, den „Zweibund“.[178] Es war jedoch kein generelles Bündnis zwischen den beiden Monarchien, sondern griff nur bei einem russischen Angriff ein.[179] Wie zuvor erwähnt, war der Ausgangspunkt für dieses Bündnis der Berliner Kongress. Die Lage, die der Berliner Kongress geschaffen hatte, war für die deutsche Außenpolitik kein Ruhepunkt, sondern ein Durchgangspunkt.[180] Nur zu schnell zeigte sich, dass das Reich weiterhin im Sog der internationalen Spannungen einen schweren Stand hatte und das brachte Bismarck 1879 zu dem Entschluss, dem Gezeitenwandel der europäischen Politik mit dem deutsch - österreichischen Zweibund einen Damm entgegenzusetzen, in dessen Schutz die Funktion der stabilisierenden Mitte vom Deutschen Reich auf ganz Mitteleuropa übergehen sollte.[181] Schon Monate vor dem Berliner Kongress und drei Jahre bevor er das Bündnis mit Österreich - Ungarn aktiv betrieb, hatte Bismarck eine allgemeine Vorstellung von der Natur dieser Allianz.[182] In Österreichs inneren Schwierigkeiten sah er nicht nur potenzielle Gefahren für den Frieden Europas, sondern auch mögliche Vorteile für die deutsche Außenpolitik, denn die innere Schwäche des Habsburgerreiches würde es von Deutschland abhängig machen und dazu nötigen, sich außenpolitisch der Führung Berlins anzuvertrauen.[183] Obwohl die Allianz mit Österreich vor seinem geistigen Auge bereits Gestalt annahm, verging doch nach dem Berliner Kongress noch mehr als ein Jahr, ehe er Anstalten zu Verhandlungen mit Wien machte.[184] Er war noch nicht ganz entschlossen; es fehlte noch an einer Provokation, die ihm ermöglichte, den unvermeidlichen Widerstand des Kaisers gegen einen Bruch mit Russland zu überwinden.[185] Durch und durch Preuße, erkannte der Kaiser das Zarenreich immer noch als unentbehrlichen Verbündeten gegenüber dem traditionellen österreichischen Rivalen an.[186] Schließlich schaffte es Bismarck, Wilhelm I. davon zu überzeugen, dass ein Bündnis mit Österreich - Ungarn sinnvoll sei, es schien, als schwebte ihm eine Art „großdeutsche“ Lösung vor. Er schilderte dem Kaiser, dass der Zweibund kein zwangsläufiger Bruch mit dem Zarenreich bedeuten müsse.[187] Letztendlich brachte jedoch die Rücktrittsdrohung Bismarcks den Kaiser zum Einlenken, er bezeichnete Wilhelm I. als „Gefahr für die Zukunft des Landes“.[188] [189] [190] [191] [192] Nicht aus Überzeugung, sondern vor dem Machtwillen seines Kanzlers kapitulierte Wilhelm am Ende: „Bismarck ist notwendiger als ich“, erklärte er resignierend.189 190 Am 7. Oktober 1879 wurde schließlich der Zweibund zwischen dem Deutschen Reich und Österreich - Ungarn als Defensivallianz gegen Russland ratifiziert.191 192 Bismarck nahm in Kauf, dass es sich bei dem neuen Bündnis lediglich um eine Defensivallianz und kein generelles Bündnis handelte.[193] Österreichs Außenminister Andrássy hatte dies im Vorfeld generell ausgeschlossen. Durch diesen Bund beabsichtigte Bismarck, ein System von Hemmnissen und Gegengewichten zu schaffen, sein Interesse galt hauptsächlich dem Kontinent und dessen Angelegenheiten.[194] Er war bemüht, durch seine Politik der austarierten Gegengewichte den Ausbruch militärischer Auseinandersetzungen zu verhindern.[195]

Die letzte Verlängerung des Drei-Kaiser-Abkommens vollzogen die Herrscher der drei Monarchien im Jahre 1884. Wie beschrieben, scheiterte dieses Abkommen jedoch durch die erneut aufkommende Balkan-Krise 1885. Da in Folge der Balkan-Krise seit 1885 das Einvernehmen zwischen St. Petersburg und Wien zerstört war, kam für den Zaren eine Fortführung der Vertragsbindung an Österreich im Sommer 1887 nicht mehr in Frage.[196] So blieb für die deutsche Politik damals nur die Möglichkeit, mit Russland allein ein drittes Mal abzuschließen, um die wertvolle Friedensbürgschaft zu erhalten, die Beziehung zu Russland nicht ins „Leere laufen zu lassen“, dem Zaren und seinem Außenminister ein Bündnis mit Frankreich als unnötig oder weniger dringlich vorzustellen, jedenfalls es für sie psychologisch zu erschweren.[197] Dieses Bündnis zwischen Russland und dem Deutschen Reich war der sogenannte „Rückversicherungsvertrag“. Er trat am 18. Juni 1887 in Kraft. Dieser Vertrag war mehr eine Erneuerung des schon bestehenden Neutralitätsvertrages (Drei-Kaiser-Vertrag von 1881 und 1884), an dem als dritter Partner die österreichisch - ungarische Monarchie beteiligt gewesen war.[198] Durch diesen neuen geheimen Bund wurde die seit langem befürchtete Gefahr einer Annäherung Russland an Frankreichs ausgeschaltet.[199] Der Rückversicherungsvertrag bestand im Grunde aus zwei Teilen, dem geheimen, defensiv ausgerichteten Hauptvertrag und einem „völlig geheimen“ Zusatzprotokoll.[200] Anstelle des zerbrochenen und ausgelaufenen Drei-Kaiser-Vertrags sah dieser nunmehr allein zwischen Berlin und St. Petersburg wechselseitige Neutralität für den Verteidigungskrieg vor.[201] Diese Zusicherung sollte allerdings nicht im Falle eines Krieges gegen Frankreich oder Österreich gelten, wenn diesen eine der beiden Vertragsparteien angefangen hätte.[202] Im geheimen Zusatzprotokoll überließ man den Russen im Grunde den Zugang zu den umstrittenen Meerengen ebenso wie er „die geschichtlich erworbenen Rechte Russlands auf der Balkanhalbinsel anerkannte.[203] War dieser Rückversicherungsvertrag aus österreichischer Sicht nicht inkompatibel mit dem Zweibund? Müller vertritt die Meinung, dass dieser Vertrag nicht nur dem Zweibund, sondern auch dem Dreibund und dem Mittelmeerabkommen widersprach. Pflanze schreibt hierzu, dass Bismarck die Wiener Regierung wiederholt darauf aufmerksam gemacht hat, dass der Zweibund nicht zur Unterstützung der österreichischen Politik auf dem Balkan verpflichtete und er hatte stets - von einer kurzen Pause abgesehen - die Aufteilung des Balkans in Interessensphären befürwortet, eine westliche für Österreich und eine östliche für Russland. Besonders wichtig für beide Parteien war die absolute Geheimhaltung dieses Vertrages, so heißt es in Artikel V: „Die hohen vertragschließenden Parteien versprechen einander, über den Inhalt und das Bestehen des gegenwärtigen Vertrages und des beigefügten Protokolls Schweigen zu bewahren“.

In seiner politischen Bedeutung wurde der Rückversicherungsvertrag oft überschätzt, ob Russland tatsächlich im Orient, vor allem an den Dardanellen damit den Zugang zum Schwarzen Meer, aktiv werden würde.[204] Letztendlich diente der Vertrag der Erhaltung des Status quo und konnte eine französisch - russische Annäherung ebenfalls nicht verhindern.[205] Sethe bezeichnet den Abschluss des Rückversicherungsvertrags als Krönung des diplomatischen Werks von Otto von Bismarck.

3.5. Der politische Disput mit Frankreich

Der politische Disput mit Frankreich zog sich seit dem deutsch - französischen Krieg wie ein roter Faden durch die Kanzlerschaft Bismarcks bis zur Jahrhundertwende. Vor allem wurde dieser durch die Revanchegelüste des französischen Volkes, insbesondere der Nationalen, immer wieder aufgenommen. Nach dem der Krieg entschieden war, verhandelte man über die Friedensbedingungen. Durch die zähe deutsche Belagerung gegen Paris war der damalige französische Außenminister Jules Favre gezwungen, einen mit Bismarck ausgehandelten Friedensvertrag zu unterzeichnen.[206] Die Pariser Menschen fühlte sich an die Deutschen verraten und „verkauft“.[207] Als es dann noch zu dem Ausruf des Deutschen Reiches in Versailles kam, entwickelte sich ein Hass zwischen den beiden Ländern, vor allem aber der Franzosen gegenüber Deutschen. Während dieser Zeit lässt sich ein weiterer Grund für die andauernden Spannungen herauskristallisieren, die deutsche Annexion von Elsass - Lothringen.[208] Daher legte Bismarck seine Ziele in der Außenpolitik fest, er wollte den Frieden in Europa sichern, indem er Frankreich machtpolitisch isoliert, sodass es nicht möglich sei, mit der Hilfe anderer Staaten einen Revanchekrieg zu entfesseln.[209] [210] Die Verträge, die Bismarck im Laufe seiner Kanzlerschaft aushandelte, dienten eben jenem Zweck.[211] Mitte der 80er Jahre äußerten mehrere hohe Militärs Kritik an der Annexion Elsass - Lothringens.[212] Bismarck spielte mit dem Gedanken, da die Annexion der Keim für die dauerhafte Störung der Beziehung zwischen Frankreich und Deutschland sei, das Gebiet zu einer neutralen Zone zu erklären, so könnten die Spannungen abnehmen.[213] Bismarck schaffte es durch sein vielfach gesponnenes Netz aus Bündnissen, vor allem mit Russland, eine Bindung zwischen dem Zarenreich und Frankreich zu verhindern.

Zeit seines Lebens empfand Bismarck, ebenso wie der Kaiser, das Reich sei in einem permanentem Zustand der Dauerbedrohung.[214] [215] Nach dem Thronwechsel im Deutschen Reich 1888 und der Entlassung des „eisernen Kanzlers“ Otto von Bismarck durch den neuen Kaiser Wilhelm II., geriet das Deutsche Reich mehr und mehr in die Situation, in die Bismarck über Jahre zuvor Frankreich gebracht hatte, in eine europäische Isolation. Als neuer Reichskanzler und Außenminister beerbte Leo von Caprivi Otto von Bismarck in seinen Ämtern und betrieb zugleich, auch auf Drängen des neuen Kaisers, eine kontinentale Außenpolitik.[216] Als wohl schwerwiegendste Entscheidung kann man die Nicht-Verlängerung des Rückversicherungsvertrages zwischen Deutschland und Russland sehen. Dies war ein ausschlaggebender Punkt, der das deutsche Kaiserreich weiter in die politische Isolation trieb. Durch diesen Bruch in der russisch - deutschen Beziehung, kam nun Frankreich wieder in das Spiel der Großmächte zurück. Es bot sich für die Französische Republik die Chance, mit Russland einen starken Bündnispartner im Osten zu gewinnen, sodass man das Deutsche Reich umklammerte. Die beiden Länder verband eine starke Strömung gegen Deutschland, so hatte Frankreich immer noch Revanchegedanken für den verlorenen Krieg und Russland wollte die Vorherrschaft auf dem Balkan gegenüber Österreich - Ungarn, welches mit Deutschland verbündet war. Durch den Bund von Frankreich und Russland entstanden die Blöcke in Europa, die im Grunde die kämpfenden Parteien im folgenden Ersten Weltkrieg waren. Während des ersten und zweiten Weltkriegs hatte der Hass zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich weiterhin Bestand und wurde erst mit dem Élysée - Vertrag von 1963 beigelegt.

4. 1888: Eine neue Epoche beginnt im Deutschen Reich

Zurecht kann man auch das Jahr 1888 als ein weiteres Schicksalsjahr der deutschen Geschichte bezeichnen. Wie bereits zuvor erwähnt, starb im März 1888 Kaiser Wilhelm I. im Alter von neunzig Jahren. Mit der Thronbesteigung Wilhelms II. am 15. Juni 1888 wandelte sich das seit den siebziger Jahren unveränderte Machtgefüge an der Spitze des Deutschen Reiches.[217] Da der junge Kaiser nicht gewillt war, die Rolle seines Großvaters zu übernehmen und sich dem Willen des Kanzlers weitgehend unterzuordnen, kam es schon bald zu Auseinandersetzungen zwischen ihm und Bismarck, die zwar auf der politischen Bühne ausgetragen wurden, aber auch ins Persönliche spielten.[218] Die Thronbesteigung fand im berüchtigten „Dreikaiserjahr“ 1888 statt. Dem Deutschen Reich stand ein radikaler Generationswechsel aber auch Generationskonflikt bevor, denn nicht nur der große Altersunterschied, sondern auch die unterschiedlichen Ansichten in der Innen- und Außenpolitik bargen „Zündstoff“ für Konflikte.[219]

Laut dem „Historiker der Sozialdemokratie“ Mehring stand Deutschland außenpolitisch schlecht da, denn Russland war näher an Frankreich heran und weiter von Deutschland weggerückt.[220] Diese These lässt sich so nicht bestätigen, da Deutschland vor allem wirtschaftlich und militärisch die stärkste Kraft auf dem europäischen Kontinent war.[221] Im folgenden Kapitel wird auf das wichtige „Dreikaiserjahr“ näher eingegangen. Was genau man unter diesem Begriff versteht und was sich zutrug. Danach wird die Beziehung zwischen dem neuen Kaiser Wilhelm II. und dem „Eisernen Kanzler“ Bismarck näher beleuchtet und welche Ereignisse letzten Endes zu seiner Entlassung im März 1890 führten.

Darüber hinaus wird nach der „Ära Bismarck“ direkt auf den neuen Kaiser eingegangen. Sein „neuer Kurs“ unter der Parole „mit Volldampf voraus!“, sein Drang nach dem deutschen Weltmachtstatus und dem daraus resultierenden, neu aufkommenden Kolonialismus.

Am Ende der Arbeit wird ein Ausblick auf den Weg Deutschlands in das 20. Jahrhundert gegeben.

4.1 Das Dreikaiserjahr 1888: Von Wilhelm T. bis Wilhelm TT.

Am 22. März des Jahres 1887 feierte Kaiser Wilhelm I. seinen 90. Geburtstag.[222] Sieben Tage zuvor fanden Ärzte eine tumorartige Geschwulst am Kehlkopf des Kronprinzen und Thronnachfolgers Friedrich III.[223] Es stand ein doppelter Thronwechsel bevor, der eine ganze Generation „überspringen“ sollte.[224] Man stieß jedoch nur darauf, da der Prinz bereits im Jahr 1887 über andauernde Heiserkeit klagte und von einer Vielzahl von Ärzten aus ganz Europa, betreut wurde.[225] Mehr noch, da Kaiser Wilhelm I. jeder Zeit sterben konnte und auch Friedrich, der nur mit einem Luftröhrenschnitt am Leben gehalten werden konnte, wurde der junge Prinz Wilhelm und Sohn Friedrichs, zum Stellvertreter der Kaisers ernannt.[226]

Es entbrannte ein Streit am kaiserlichen Hofe, ob eine Operation von Nöten sei, oder nicht, denn trotz Behandlungen verbesserte sich der Zustand Friedrichs immer nur vorübergehend.[227]

Aufgrund seines leidlichen Zustandes bat er Bismarck, das Amt des Reichskanzlers auch bei Ableben Kaiser Wilhelms I. weiterhin zu bekleiden. Ursprünglich hatte Bismarck vor, das Amt zu räumen, da er sich nicht mehr selbst im Stande dazu sah, unter einem neuen Herrscher zu arbeiten. Bereits im Jahre 1885 erfragte Friedrich die Dienste des Kanzlers unter seiner Herrschaft. In diesem Jahr erwartete man einen Thronwechsel, denn Wilhelm I. stand kurz vor dem Tod.[228] Da Friedrich ungeheuren Respekt vor der Aufgabe des Kaisers Amt zu übernehmen hatte, wollte er Bismarck als Reichskanzler behalten. Dieser stellte jedoch zwei Bedingungen: Zum Ersten müsse der Kaiser deutsche und keine fremde Politik machen und zum Zweiten kein parlamentarisches System einführen.[229]

Zur tatsächlichen Thronbesteigung Friedrichs kam es dann nach dem Tod von Kaiser Wilhelm I. am 9. März 1888.[230] Das ganze Land war bestürzt, denn für das deutsche Volk galt er als Symbol der Einheit und Macht Deutschlands und natürlich wusste man auch um den gesundheitlichen Zustand des erbenden Prinzen. Für Bismarck war der Verlust des Kaisers ein schwerer Schlag, hatte er sich einen Tag zuvor doch noch mit ihm über die Beziehungen zu Frankreich unterhalten.[231]

Im Laufe der nur kurzen Herrschaftszeit Friedrichs schien es zunächst so, als könne Bismarck mit einem gleichdenkendem Kaiser zusammenarbeiten, denn er ließ das Kabinett seines Vaters bestehen.[232] Diese Annahme wurde jedoch schnell verworfen, denn schnell zeigten sich die unterschiedlichen politischen Ansichten des Kanzlers und Kaisers. Es war ein Disput der politischen Neigungen, Bismarck, der sehr konservativ und negativ gegenüber Sozialdemokraten eingestellt war und der liberal denkende Kaiser Friedrich III., der eine Verlängerung der diskriminierenden Sozialistengesetze nicht zustimmen wollte. Hierzu schreibt Pflanze, dass der deutsche Liberalismus wohl nur deshalb so lange „unterdrückt“ werden konnte, da Kaiser Wilhelm I. eben derart lange und Friedrich lediglich drei Monate regieren konnte. Wahrscheinlich hätte sich durch ein früheres Streben des Kaisers der Liberalismus in Deutschland schneller und eher durchgesetzt und das parlamentarische System Einzug unter Kaiser Friedrich III. gehalten. Am 15. Juni 1888 um 11.30 Uhr starb Kaiser Friedrich der III., just in diesem Moment wurde Prinz Wilhelm Deutscher Kaiser und König von Preußen, sowie „Summus Episcopus“ der evangelischen Kirche und oberster Kriegsherr der mächtigsten Armee der Welt.[233] Als erste Amtshandlung ließ er von seinen Husaren einen „Cordon“ um das Schloss ziehen, um seine Mutter daran zu hindern, ihre Papiere zu Queen Victoria nach England zu schmuggeln.[234] Dieser Vorgang war symbolträchtig: Weit entfernt, eine der modernen pluralistischen Industriegesellschaft gemäße Regierungsform einzuführen, ging der neue Kaiser daran, seine Vorstellungen einer monarchisch - militaristischen Eigenherrschaft von Gottes Gnaden umzusetzen.[235]

Bismarck selbst schätze die neue Situation durch de Thronbesteigung Wilhelms II. falsch ein, da er fest damit rechnete, dass der neue Kaiser „schon auf ihn hören würde“ und eine neue Zeit für die Familie Bismarck anbrechen würde.[236] Bereits kurz nach der Machtübernahme zeichnete sich ein Generationskonflikt ab, denn der neue Kaiser wollte selbst „herrschen“ und nicht wie sein Großvater Bismarck weitestgehend „freie Hand“ lassen. Der erst neunundzwanzig Jahre alte Wilhelm verkörperte in ganz ungewöhnlichem Maße die widersprüchliche Befindlichkeit der Nation, die innerhalb weniger Jahrzehnte zur führenden Wirtschaftsmacht in Europa aufgestiegen war.[237] Er war unsicher und arrogant, intelligent und impulsiv, vernarrt in die moderne Technik, aber zugleich verliebt in Pomp und Theatralik, neben ihm wirkte der dreiundsiebzig jährige Reichskanzler Otto von Bismarck wie ein Denkmal seiner selbst, eine Gestalt aus grauer Gründerzeit.[238] Mit dem Jahr 1888 und der daraus entstandenen Machtübernahme Wilhelms II. kam es zum machtpolitischen Abstieg und schlussendlich zum Sturz des Reichskanzlers Bismarck.

4.2 Die neue Führung: Wilhelm TT. und Bismarck - Der politische Niedergang Bismarcks

Wie im vorherigen Kapitel bereits angeklungen ist, spielte die Machtübernahme Wilhelms II. für Bismarcks politische Perspektive eine entscheidende Rolle. Eklatant und immer wieder angeführt, noch dazu unmittelbar mit den beiden Namen und Personen verbunden, ist der Kurswechsel in der Außenpolitik - von einer Politik der „Saturiertheit“ und der „Friedenspolitik“ stilisierten Konfliktvermeidung, gestützt auf freilich teilweise nur schwer miteinander vereinbare Bündnissysteme, zu einer Politik der möglichst freien Hand und der militärischen Stärke auf der Suche nach Machterweiterung und einem angemessener erscheinenden Anteil an Einflusszonen und außereuropäischem Kolonialbesitz, einem „Platz an der Sonne“, wie Bülow, der spätere Reichskanzler, das 1897 nannte.[239] Tendenziell war der neue Kaiser ähnlich preußisch - militärisch geprägt wie Bismarck, doch seine Arroganz und der Drang nach weltlicher Anerkennung unterschieden Beide im Kern.[240] [241] Bismarck hingegen sah die Zukunft des Deutschen Reiches nicht in der Gründung von Kolonien, um den geltenden Weltmachtanspruch des Kaisers gerecht zu werden. Dieses Verhalten war dem gänzlich fremd, er verehrte seine Vorfahren wie den „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. oder Friedrich „den Großen“, die durch Eroberungen und Kriege zu Ruhm kamen.[242] Wilhelm wollte das Reich von einer Großmacht zu einer Weltmacht formen, durch den Aufbau der Flotte und vor allem durch den Imperialismus. Der Kaiser wollte mit aller Bereitschaft sein eigenes Profil gewinnen, das Individuum Bismarck schien ihm daher als Hindernis. Sechs Monate sollte „der Alte“ noch verschnaufen, dann regiere er selbst, kündigte er vollmundig an.[243] Am Anfang schien es, als könne der neue Kaiser in der Innenpolitik mit dem propagierten „neuen Kurs“ tatsächlich neue Akzente setzen, in dem er das brennendste Problem, die soziale Frage, aufgriff.[244] Ende der Achtziger drängte sich der Eindruck auf, dass es der Politik Bismarcks an zukunftsweisenden Impulsen mangele und die Rezepte, mit denen er die innen- und außenpolitische Szene der siebziger Jahre so virtuos beherrscht hatte, nicht mehr recht taugten für die neuen Herausforderungen einer rasch expandierenden Industriegesellschaft.[245] Ebenso in der Außenpolitik schien es, als würde die Regierung einen neuen Weg einschlagen, so wurde der von Bismarck geschlossene Rückversicherungsvertrag mit Russland nicht verlängert und fast gleichzeitig das Helgoland - Sansibar - Tauschgeschäft abgeschlossen.[246]

Zum eigentlichen Bruch zwischen Wilhelm und Bismarck kam es bereits schon im Jahre 1887, als der zukünftige Kaiser im Hause Waldersees an der Versammlung zugunsten der Stadtmission des „christlich - sozialen“ Hofpredigers Adolf Stoecker teilnahm und Bismarck sich veranlasst sah, in für diese für einen Anwärter auf die Kaiserkrone besonders unangebrachte Identifikation mit der reaktionären urpreußischen Kreuzzeitungsfronde zu rügen.[247] Ebenso sollte der Reichskanzler gehorchen und den Befehlen des Kaisers folgen, „ein Kaiserwort soll man nicht drehen und deuteln“. Bismarck sah darin eine Gefährdung seiner föderalistischen Fundamente. Schlimmer war nur die Unterminierung der Friedenspolitik des Kanzlers.[248] Seit 1887 hatte sich er Preußenprinz zum Fürsprecher der Kriegspartei um den Stellvertretern Generalstabschef Waldersee gemacht und auf ein sofortiges Losschlagen gegen Russland und Frankreich gedrängt.[249] Bismarck konnte dieses Verhalten des Thronerben nicht tolerieren. Bismarck erkannte sehr wohl, welche Gefahr ihm aus der Dynamik des neuen Kaisers erwuchs, die Einzigartigkeit seiner Machtstellung beruhte ja darauf, dass der preußische König, dem er der Verfassung nach untergeordnet war, ihm freie Hand ließ.[250]

Wilhelm II. sah sich in jedoch in keinster Weise dazu veranlasst, dieses Prinzip fortzuführen und schüttelte die politische Bevormundung durch den Reichskanzler ab.[251] Darüber hinaus hatte sich ebenfalls das Umfeld des Kaisers geändert, es vertrat nun mehr und mehr eine „anti-Bismarck­Haltung“ . Waldersee hetze weiterhin gegen die angebliche „Russlandfreundlichkeit“ Bismarcks und unterließ es nicht, Wilhelm I. zu suggerieren, dass Friedrich II. nie „der Große“ geworden wäre, wenn er einen Minister wie Bismarck als Vormund gehabt hätte.[252] Eben durch diese leichte Beeinflussbarkeit des Kaisers, die oftmals zu spontanen Entscheidungen führten, ohnejedoch durch die Beurteilung seiner Diplomaten überdacht worden zu sein, erhielt die deutsche Politik bald den Anstrich des Unsteten und Unberechenbaren.[253]

Ein weiterer Streitpunkt zwischen Wilhelm II. und Bismarck war die Sozialpolitik. Bismarck hatte eine überaus negative Einstellung zur Sozialdemokratie und Sozialdemokraten, so setzte er während seiner Amtszeit das „Soziallistengesetz“ durch, das sozialdemokratische und sozialistische Vereine ebenso die Verbreitung ihrer Zeitungen und Schriften verbot.[254] Der junge Kaisers wollte vor allem von seinen Untertanen geliebt werden, Bismarck hingegen behielt seinen harten und „eisernen“ Kurs bei und scheute keine Konfrontation, zu sehen an seinem erneuten Wunsch, das Soziallistengesetz zu verlängern.[255] [256] Dies gipfelte in einem Bergarbeiterstreik von 1889, in dem der Kaiser einmal mehr sich selbst als „König der Bettler“ stilisieren wollte und die Zechenbesitzer im Ruhrgebiet aufforderte, den Forderungen der Arbeiter und Beschäftigten nachzukommen.[257] Durch diesen Konflikt zwischen dem „volksnahen“ Kaiser und dem „volksfremden“ Kanzler ebnete Bismarck zum größten Teil selbst seinen politischen Niedergang. Im Reichstag zerbrach das Bismarck-stützende Kartell aus liberaler und konservativer Mehrheit, sodass die Reichstagswahlen im Jahre 1890 mit einer krachenden Niederlage für Bismarck endeten.[258]

Am 15. März 1890 schickte der Kaiser den Befehl an Kanzler Bismarck, seinen Rücktrittsgesuch einzureichen, dem er am 18. März schließlich auch Folge leistete. Bismarck jedoch gönnte sich auch in der Stunde der Niederlage einen kleinen Triumph. Er spielte dem Kaiser, scheinbar unbeabsichtigt, Geheimberichte des Londoner Botschafters Paul Graf von Hatzfeld in die Hände, in welchen sich Zar Alexander III. höchst abfällig über den deutschen Kaiser geäußert hatte: „Das ist ein ungezogener Bursche, dem man nicht trauen kann.“[259] [260]

Nachfolger des scheidenden Kanzlers wurde General Leo von Caprivi. Er selbst betrachtete sein neues Amt „als soldatische Pflichterfüllung gegen Kaiser und Vaterland.[261] Dem Kaiser kam diese Einstellung voll und ganz entgegen, zumal er ihn ohnehin nur als Person des Übergangs betrachtete.[262] Die intrigenhafte und affektgesteuerte Entlassung des Reichsgründers gehört zu den folgenschwersten Entscheidungen, die Wilhelm II. in seiner langen Regierungszeit treffen sollte.[263] Seit seiner Berufung zum preußischen Ministerpräsident 1862 hatte Otto von Bismarck der deutschen Politik seinen Stempel aufgedrückt.[264] Mit „Eisen und Blut“, aber auch mit diplomatischem Geschick hatte er die Gründung des Deutschen Reiches 1871 herbeigeführt, dessen innere Verfassung freilich noch ungefestigt war, wie die Auseinandersetzungen mit dem politischen Katholizismus und der Arbeiterbewegung zeigten.[265] Am 29. März 1890 verließ Bismarck Berlin in Richtung Friedrichsruh und verbrachte seine letzten Lebensjahre damit, die Politik der seiner Nachfolger publikumswirksam zu kommentieren.[266] Mit dem Jahr 1890 ging die Ära des „eisernen Kanzler“ zu Ende und eine Neue, die „Wilhelminische Zeit“ begann.

4.3 Wilhelms Drang nach dem „Weltmachtstatus“ - Aufbau der Flotte - „der Platz an der Sonne“ - Ein Ausblick ins 20. Jahrhundert

Der Zeitabschnitt von 1890, dem Jahr der Entlassung Bismarcks, bis zum Ende des Ersten Weltkrieges 1918 wird in den Geschichtsbüchern das „Zeitalter des Imperialismus“ genannt, daneben befindet sich auch die Bezeichnung „Wilhelminisches Zeitalter“.[267] Der deutsche Imperialismus stützte sich auf eine beträchtliche militärische und wirtschaftliche Kraft, aber erreichte weniger als irgendein anderer.[268] Von 1890 bis 1914 gewann er in China eine kleine Stadt und im Stillen Ozean einige Inseln, während die anderen Mächte große Kolonien oder riesige Protektorate erwarben. Gleichzeitig aber machte der deutsche Imperialismus die halbe Welt argwöhnisch und rief bei vielen den Eindruck hervor, er strebe nach der Weltherrschaft.[269] Er wollte das deutsche Kaiserreich von einer kontinentalen, europäischen Großmacht zu einer globalen Weltmacht machen. So sagte Wilhelm anlässlich des des Geburtstags seines Großvaters am 22. März 1905: „Das Weltreich, das ich Mir erträumt habe, soll darin bestehen, dass vor allem das neugeschaffene Deutsche Reich von allen Seiten das absolute Vertrauen als eines ruhigen, ehrlichen, friedlichen Nachbarn genießen soll und dass, wenn man dereinst vielleicht von einem deutschen Weltreich oder einer Hohenzollernweltherrschaft in der Geschichte reden sollte, sie nicht auf Eroberungen begründet sein soll durch das Schwert, sondern durch gegenseitiges Vertrauen der nach gleich Zielen strebenden Nationen.“[270]

Auch im deutschen Volk, insbesondere in bildungsbürgerlichen Schichten gewann die Überzeugung Raum, dass „Weltpolitik“ für Deutschland lebenswichtig sei, wenn es seine internationale Stellung behaupten wolle.[271] Ohne den Kampf um die Weltmärkte, ohne de Zugewinn von Kolonien gerate das Reich gegenüber den anderen Großmächten ins Hintertreffen und sinke zu einer Macht zweiten Ranges herab.[272]

Jedoch fiel das erste Jahrzehnt seiner Herrschaft nach dem Abschied Bismarcks mit einer Phase massiver innenpolitischer Unruhen in Deutschland zusammen, in der sich der Kaiser wie nie zuvor an der deutschen Politik beteiligte. „Der Kurs bleibt der alte und nun mit Volldampf voraus!“[273]

Die neuen „Männer des Reichs“ waren nun neben dem Kaiser der neue Reichskanzler Leo von Caprivi und Staatssekretär des Auswärtigen Amtes wurde der diplomatisch unerfahrene Adolf Freiherrn Marschall von Bieberstein, der Herbert Bismarck beerbte. Doch der Übergang von den beiden Bismarcks auf Caprivi und Marschall stellte weit mehr als einen Personalwechsel dar.[274] Mit dem Sturz des Fürsten verlagerte sich das Zentrum der Macht vom Kanzler zum Kaiser, von den grünen Tischen der Wilhelmstraße ins Schloss und vom Staat zum Hof.[275] Wie sehr der Kaiser sein Machtanspruch gefestigt sah und darüber hinaus noch erweitern wollte, gab er oft genug zum Ausdruck. In einem giftigen Gebräu aus Ahnenkult, Gottesgnadentum, Militarismus und Rassismus hielt Wilhelm II. an der Idee fest, als Instrument des Herrn dazu berufen zu sein, das deutsche Volk - das Salz der Erde - herrlichen Zeiten entgegen zuführen.[276] Diese Sichtweise passt exakt zur Persönlichkeit des jungen Kaisers, die gezeichnet von innerer Unruhe und glanzvollem Auftreten war.[277] Wilhelm II. besaß eine geradezu grotesk-altmodische, romantische Vorstellung von seiner Herrscheraufgabe, die sich bei ihm mit dem Bewusstsein paarte, anderen überlegen zu sein.[278] Seine Vorliebe für Prunk und militärische Gepränge, für Paraden und Manöver führte in der deutschen Gesellschaft zu einer krassen Überschätzung des Soldatentums und brachte dem Deutschen Reich den Ruf ein, eine Hochburg des Militarismus zu sein.[279] Eben gerade deswegen verehrte er auch die großen preußischen Könige wie den „Soldatenkönig“, Friedrich den „Großen“ oder auch seinen Großvater Kaiser Wilhelm I.

Durch seine persönliche Veranlagung steckte er selbst die Ziele des Deutschen Reiches derart hoch, so schaute Wilhelm auf das englische „Empire“, dass für ihn die Verkörperung eines Weltreichs darstellte, zumal er durch die familiäre Beziehung mit dem englischen Königshaus verbunden war. Im Gegensatz zu Bismarck, der während seiner Kanzlerschaft eine große Distanz zu London aufbaute, da er eine Liberalisierung des Reiches durch die englisch - deutschen Beziehungen befürchtete, suchte Wilhelm den Kontakt mit London.[280] Man kann sagen, er stand im ständigen Vergleich zwischen dem Deutschen Reich und Großbritannien. Ab 1890 nahm auch die kommerzielle Rivalität auf dem Weltmarkt zwischen Deutschland und Großbritannien zu. Deutschland beteiligte sich ab diesem Jahr intensiv am imperialistischen Weltmachtbestreben. Allerdings konnten die in dieser Phase erworbenen Kolonien in Ostasien und im Pazifik in ihrer Bedeutung den Vergleich mit den kolonialen Erwerbungen der Bismarck - Zeit nicht aufnehmen.[281] Den größten Unterschied den er für sich herausnahm und schon bald des „Kaisers liebstes Kind“ wurde, war die Flotte. England besaß die größte Seestreitkraft, das Deutsche Reich hingegen nicht. Für Wilhelm II. war eine politische und wirtschaftliche Weltmachtstellung nur dann möglich, wenn man eine starke deutsche Kriegsflotte besäße.[282] Hier lag der Entscheidungspunkt in der Außenpolitik des Deutschen Reiches gegenüber England, denn durch den Aufbau der Flotte entschied sich Deutschland für eine Stoßrichtung gegen die englischen Interessen.[283] Hier liegt auch der Dreh- und Angelpunkt des deutsch - englischen Verhältnisses, die weltpolitische Rivalität.[284] Da war zum einen der deutsche Wunsch nach Weltgeltung, wozu die überseeischen Unternehmungen ebenso zählten, wie der deutsche Flottenausbau und da war zum anderen der entschiedene Wille Englands, diese Aktivitäten eben deshalb zu unterbinden, weil sie geradezu zwangsläufig mit britischen Interessen kollidieren mussten.[285]

Neben diesen Gesichtspunkten, der Erweiterungen der deutschen Kolonien, dem „Platz an der Sonne“, dem Drang nach Weltgeltung und dem Aufbau der Flotte, verlor Wilhelm seine eigentliche Leitidee nicht aus dem Auge: Der Zusammenschluss des monarchisch verfassten europäischen Festlandes unter deutscher Vorherrschaft.[286] Allerdings ist fraglich, ob diese deutsche „Suprematie“ in Europa auf friedlichen Wege zu erreichen sein würde, denn nicht nur Russland und Frankreich, die seit 1894 miteinander verbündet waren, sondern letzten Endes auch die ozeanische Weltmacht Großbritannien würden sich mit Sicherheit gegen eine deutsche Hegemonie stemmen und sich zur Verteidigung ihrer Selbstständigkeit und Existenz zusammenschließen.[287]

Doch nicht allein Wilhelm wollte dieses große Projekt „Weltmacht“ verwirklichen, im Sommer 1897 ernannte er zwei in ihrem Charakter völlig unterschiedliche Männer zu hohen Amtsträgern, die den Zwiespalt in seiner Persönlichkeit verkörperten und die die mittleren Jahre seiner Regierungszeit wesentlich mitbestimmen sollten. Bernhard von Bülow den der Kaiser zum Staatsekretär des Auswärtigen Amtes machte und der 1900 zum Reichskanzler aufsteigen sollte und zum anderen der machtbewusste Technokrat und Schlachtflottenfanatiker mit der „Bismarck - Natur“, Admiral Alfred Tirpitz. Er ist eine der Schlüsselfiguren der wilhelminischen Zeit, war er doch zunächst für den Ausbau der Torpedobootswaffe verantwortlich, von 1892 - 1895 Stabschef beim Oberkommando der Marine, engagiert - wachsamer Beobachter des Imperialismus insbesondere in Ostasien, wurde er 1897 zum Staatssekretär der Reichsmarine ernannt.[288] Dies war der eigentliche Startschuss in die Weltpolitik.[289] „Wir wollen niemanden in den Schatten stellen, aber wir verlangen auch unseren Platz an der Sonne“, mit diesen Worten formulierte Bülow Anfang Dezember 1897 unmissverständlich den Anspruch des wilhelminischen Deutschland, den für zu eng erachteten Rahmen der Kontinentalpolitik aufzugeben und sich der lockenden Perspektive überseeischer Expansionen zu verschreiben.[290] Darüber hinaus sah Tirpitz, der den Aufbau der Flotte und die Gründung des „Deutschen Flottenverein“ initiierte, in England den eigentlichen Gegner des Deutschen Reiches, der dem Streben nach Weltgeltung im Wege stand.[291] Im Laufe der nächsten Jahre entbrannte ein regelrechter Rüstungswettlauf zwischen England und dem Deutschen Reich. Die Deutsche Flotte war nicht nur „ des Kaisers liebstes Kind“, sondern auch eine wichtiges Element in der Rivalität der Großmächte. Diese wurde der deutschen Öffentlichkeit als Bestandteil deutscher „Weltpolitik“ verkauft, war jedoch de facto als politisches Druckmittel gegen England gedacht.[292] Gemeinsam hatten Welt- und Flottenpolitik nur den Zeitpunkt ihres Beginns und die Tatsache, dass sie wegen dieser zeitlichen Verbindung beide das Verhältnis zum englischen Nachbarn erheblich verschlechterten und trugen wesentlich zur Gegnerschaft zwischen dem Deutschen Reich und Großbritannien und damit letztendlich zur Isolierung Deutschlands bei.[293] [294]

Fügte sich Deutschlands Eintritt in die Weltpolitik diesem allgemeinen Trend des imperialistischen Zeitalters ein, so war es doch von Anfang an mit schweren Hypotheken belastet. Denn mit seinem forcierten Anspruch auf einen „Platz an der Sonne“ kam das Kaiserreich im Grunde zu spät.[295] Um 1900 war die Aufteilung der Welt schon weitgehend abgeschlossen.[296] Die Folge war, dass der „Newcomer“ unter den europäischen Großmächten überall dort, wo er fordernd auftrat, bereits auf entgegenstehende Interessen der arrivierten Kontinentalmächte, vor allem Englands, stieß.[297] Was die deutsche Weltpolitik kennzeichnete, war keine klare, zielgerichtete Konzeption, noch weniger eine durchdachte Planung, sondern ein hektischer Aktivismus, gepaart mit notorischer Unberechenbarkeit. Immer dabei sein, überall Flagge zeigen - das wurde zum Bewegungssatz wilhelminischer Außenpolitik.[298] Tatsächlich spielte der Kaiser bei der Ausrichtung der deutschen Außenpolitik in der Ära Bülow keine wichtige Rolle, sondern überließ diese größtenteils dem Auswärtigen Amt.[299] Zwei Grundsatzentscheidungen, welche die zukünftige Entwicklung ganz wesentlich bestimmen sollten, hat er allerdings maßgeblich beeinflusst: zum einen den folgenreichen Entschluss zum Schlachtflottenausbau, der das Verhältnis zu Großbritannien aufs Schwerste belastete und zum anderen die Option für eine expansive Weltpolitik, die zumindest im Grundsatz dazu bereit war, zugunsten der Durchsetzung der jeweils ins Auge gefassten Ziele das militärische Potenzial des Deutschen Reiches uneingeschränkt einzusetzen.[300] Hatten Bismarck und auch noch sein Nachfolger Caprivi sich bemüht, England an den Zweibund heranzuziehen, um die halbhegemoniale Stellung des Deutschen Reiches auf dem Kontinent abzustützen, so stieß die wilhelminische Weltpolitik mit dem Bau der Schlachtflotte direkt in das Herz des britischen Weltreichs.[301]

4.4 Der Kurs des Deutschen Reichs ins 20. Jahrhundert

Eine Bilanz von nur einem Jahrzehnt wilhelminischer Außenpolitik hätte ungünstiger nicht ausfallen können.[302] Das internationale Vertrauenskapital das Bismarck über die fast zwei Jahrzehnte seiner Kanzlerschaft angesammelt hatte, war bereits restlos verbraucht.[303] Die Politik des Kaisers brachte das Deutsche Reich in die Mitte zweier Blöcke. So war seit 1894 Russland mit Frankreich verbündet, welchem Bündnis sich später ebenfalls England anschloss. Nun waren bereits die Weichen für die späteren Kriegsparteien des ersten Weltkrieges gestellt, das Deutsche Reich zusammen mit Österreich - Ungarn gegen England, Frankreich und Russland, im Laufe des Krieges trat noch die USA auf der Seite der Westmächte und Russlands ein.

England versuchte in den Jahren um die Jahrhundertwende, eine Politik des Ausgleichs mit seinen weltpolitischen Rivalen zu führen, das Deutsche Reich, was sich mit dem Abschluss der japanisch - englischen Defensivallianz vom Jahre 1902 in gewissem Sinne bereits andeutete, verlor an Einfluss auf die sich neu herausbildende Ordnung der Staaten.[304] „Nun ist es wirklich soweit, dass wir politisch völlig isoliert sind“, notierte Waldersee im April 1900.[305] Einen Präventivkrieg gegen Frankreich zu führen, wurde in Berlin selbst während der „günstig“ erscheinenden Konstellation des Jahres 1904 / 05 nicht ernsthaft erwogen, als Frankreichs russischer Bündnispartner durch seine Niederlage im Krieg gegen Japan und seine Schwächung durch die Wirren der Revolution als Machtfaktor nahezu ausfiel.[306] Über den Anschluss eines das Reich begünstigenden Handelsvertrags mit Russland hinaus versierten die Deutschen vielmehr eine Allianz mit dem Zarenreich an. Doch der als der Auftakt zwischen Nikolaus II. und Wilhelm II. am 24. Juli 1905 in Björkö vereinbarte Defensivvertrag scheiterte politisch.[307] Der deutsche Kurs in 20. Jahrhundert war gekennzeichnet durch die Weltpolitik des Kaisers und die daraus resultierende Isolierung Deutschlands in Europa. Wie beschrieben schien es, als wolle das Kaiserreich bei allem „dabei sein“ und Flagge zeigen, wie zum Beispiel in der zweiten Phase der Kolonialpolitik ab 1890, kamjedoch immer zu spät und stieß so quasijedes Mal mit den Interessen der anderen Großmächte zusammen. Es blieb während dieser Zeit nur Österreich - Ungarn, durch den Zweibund mit Deutschland verbündet, an der Seite des Kaisers. In der Zeit vor dem ersten Weltkrieg sollte Deutschland durch dieses Bündnis und die bedingungslose Zusicherung von militärischer Unterstützung Österreichs mit den Weg in den Krieg gehen, der letztendlich das Ende der Herrschaft Wilhelms II. markierte und mit der Abdankung des Kaisers am 3. November 1918 die Monarchie in Deutschland zerschlug.

5. Zusammenfassung und das Fazit

Schlussendlich lässt sich die Frage der Etablierung des Deutschen Reiches in Europa und die daraus resultierende Machtverschiebung beantworten. Besonders Otto von Bismarck prägte die Rolle Deutschlands in Europa und verhalf dem Staat in den 1870er und 1880er Jahren zu einer der wirtschaftlich, militärisch und vor allem politisch stärksten Länder auf dem Kontinent zu werden. Besonders durch sein „Spiel mit den fünf Kugeln“, das hieß, eine Verbindung zu den anderen vier Großmächten zu haben, ohne jedoch an eine fest gebunden zu sein und dem daraus entstandenem Bündnissystem, konnte er die Stellung des Deutschen Reiches festigen und es zur führenden Kontinentalmacht formen. Wilhelm II. hingegen versäumte es in den 1890er Jahren durch die Kündigung der Verträge vor allem mit Russland und seiner aggressiven Weltpolitik, die Vormachtstellung in Europa zu sichern. Das Deutsche Reich geriet zusammen mit Österreich - Ungarn in die Isolation und war nun von einer Allianz zwischen Russland, England und Frankreich umgeben. Die Politik des Kaisers ebnete den Weg in einen Krieg und den Zerfall des Hohenzollernreiches.

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[28] Müller, 2003, S. 185

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[31] Canis, 2004, 37

[32] Rose, 2013, S.31

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[35] Müller, 2003, S. 185

[36] Müller, 2003, S. 185

[37] VonPlessen, 1990, S. 345

[38] VonPlessen, 1990, S. 345

[39] Müller, 2003, S. 186

[40] VonPlessen, 1990, S. 345

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[43] VonPlessen, 1990, S. 345

[44] Rose, 2013, S. 34

[45] VonPlessen, 1990, S. 345

[46] Müller, 2003, S. 186

[47] Rose, 2013, S. 34

[48] Müller, 2003, S. 186

[49] VonPlessen, 1990, S. 346

[50] Bowle, 1993, S. 639

[51] Röhl, 2013, S. 52

[52] Bowle, 1993, S. 639

[53] Schulze, 1994, S. 243

[54] Hildebrandt, 1989, S. 3

[55] Hildebrandt, 1989, S. 3

[56] Hertz-Eichenrode, 1992, S. 109

[57] Hertz-Eichenrode, 1992, S. 109 - 110

[58] Hildebrandt, 1898, S. 3

[59] Sethe, 1952, S. 218

[60] Müller, 2003, S. 194 - 195

[61] Wehler, 1994, S.182

[62] Rose, 2013, S. 54

[63] Rose, 2013, S. 54

[64] Hildebrandt, 1989, S. 4

[65] Asmuss, 1990, S. 367

[66] Sethe, 1952,218

[67] Sethe, 1952, S. 218

[68] Müller, 2003, S. 195

[69] Asmuss, 1990, S. 367

[70] Hertz-Eichenrode, 1992, S. 114

[71] Hertz-Eichenrode, 1992, S. 114

[72] Canis, 2004, S. 64

[73] Müller, 2003, S. 195

[74] Hildebrandt, 1989, S. 5

[75] Asmuss, 1990, S. 367

[76] Asmuss, 1990, S. 367

[77] Hertz-Eichenrode, 1992, S. 119

[78] Canis, 2004, S. 109

[79] Asmuss, 1990, S. 367

[80] Canis, 2004, S. 109

[81] Canis, 2004, S. 109

[82] Hildebrandt, 1989, S. 8

[83] Hildebrandt, 1989, S. 8

[84] Asmuss, 1990, S. 367

[85] Asmuss, 1990, S. 367

[86] Rose, 2013, S.75

[87] Asmuss, 1990, S. 368

[88] Hertz-Eichenrode, 1992, S. 119

[89] Hildebrandt, 1989, S. 10

[90] Hildebrandt, 1989, S. 11

[91] Sethe, 1952, S. 220

[92] Rose, 2013, S. 80

[93] Asmuss, 1990, S. 369

[94] Hildebrandt, 1989, S. 11

[95] Rose, 2013, S. 87

[96] Hildebrandt, 1989, S. 12

[97] Hildebrandt, 1989, S. 13

[98] Hildebrandt, 1989, S. 13

[99] Rose, 2013, S. 94

[100] Rose, 2013, S. 94

[101] Canis, 2004, S. 189

[102] Canis, 2004, S. 189

[103] Rose, 2013, S. 96

[104] Hertz - Eichenrode, 1992, S. 134

[105] Rose, 2013, S. 96

[106] Hertz - Eichenrode, 1992, S. 135

[107] Hertz - Eichenrode, 1992, S. 135

[108] Müller, 2003, S.197

[109] Müller, 2003, S. 197

[110] Rose, 2013, S. 100

[111] Müller, 2003, S. 197

[112] Amuss, 1990, S. 369

[113] Asmuss, 1990, S. 369

[114] Rose, 2013, S. 97

[115] Rose, 2013, S. 97

[116] Rose, 2013, S. 97

[117] Hildebrandt, 1989, S. 15

[118] Hildebrandt, 1989, S. 16

[119] Hildebrandt, 1989, S. 16

[120] Canis, 2004, S. 239

[121] Rose, 2013, S. 111

[122] Canis, 2004, S. 239

[123] Rose, 2013, S. 111

[124] Hildebrandt, 1989, S. 16

[125] Canis, 2004, S. 239

[126] Hertz - Eichenrode, 1992, S. 138

[127] Hertz - Eichenrode, 1992, S. 138

[128] Asmuss, 1990, S. 369

[129] Hildebrandt, 1989, S. 17

[130] Asmuss, 1990, S. 369

[131] Ullrich, 1993, S. 4

[132] Müller, 2003, S. 198

[133] Müller, 2003, S.198

[134] Rose, 2013, S. 49

[135] Rose, 2013, S. 49

[136] Canis, 2004, S. 71

[137] Canis, 2004, S. 71

[138] Canis, 2004, S. 75 - 77

[139] Pflanze, 1998, S. 219

[140] Pflanze, 1998, S. 218

[141] Hertz-Echenrode, 1992, S.133

[142] Hertz - Echenrode, 1992, S.133

[143] Hildebrandt, 1989, S. 13

[144] Hildebrandt, 1989, S. 18 - 19

[145] Rose, 2013, S. 115

[146] Rose, 2013, S. 115

[147] Wehler, 1994, S. 189

[148] Canis, 2004, S. 70

[149] Canis, 2004, S. 70

[150] Müller, 2003, S. 196

[151] Hertz-Eichenrode, 1992, S. 119

[152] Hertz - Eichenrode, 1992, S. 120

[153] Hertz-Eichenrode, 1992, S. 120

[154] Wehler, 1994, S. 189- 190

[155] Wehler, 1994, S. 189

[156] Wehler, 1994, S. 190

[157] Hildebrandt, 1989, S. 28

[158] Hildebrandt, 1989, S. 35

[159] Hertz - Eichenrode, 1992, S. 114

[160] Rose, 2013, S. 55

[161] Canis, 2004, S. 64

[162] Hallmann, 1968, Einleitung XII

[163] Canis, 2004, S. 64

[164] Hildebrandt, 1989, S. 5

[165] Rose, 2013, S. 56

[166] Rose, 2013, S. 56

[167] Canis, 2004, S. 78

[168] Hertz - Eichenrode, 1992, S. 114

[169] Rose, 2013, S. 56

[170] Rose, 2013, S. 56

[171] Hertz-Eichenrode, 1992, S. 114

[172] Asmuss, 1990, S. 367

[173] Hildebrandt, 1989, S. 5

[174] Hildebrandt, 1989, S. 5

[175] Asmuss, 1990, S. 367

[176] Pflanze, 1998, S. 219

[177] Hildebrandt, 1989, S. 10

[178] Hildebrandt, 1989, S. 11

[179] Hildebrandt, 1989, S. 11

[180] Hertz - Eichenrode, 1992, S. 124

[181] Hertz-Eichenrode, 1992, S. 124

[182] Pflanze, 1998, S. 220

[183] Pflanze, 1998, S. 220

[184] Pflanze, 1998, S. 221

[185] Pflanze, 1998, S. 221

[186] Rose, 2013, S. 84

[187] Rose, 2013, S. 86

[188] Canis, 2004, S. 156

[189] Canis, 2004, S. 156

[190] Rose, 2013, S. 86

[191] Rose, 2013, S. 86

[192] Canis, 2004, S. 156

[193] Hildebrandt, 1989, S. 11

[194] Pflanze, 1998, S. 236

[195] Hildebrandt, 1989, S. 12

[196] Hallmann, 1968, Einleitung XI

[197] Hallmann, 1968, Einleitung XI

[198] Hallmann, 1968, Einleitung XI

[199] Müller, 2003, S. 196

[200] Müller, 2003, S.196

[201] Hildebrandt, 1989, S. 20

[202] Pflanze, 1998, S. 496

[203] Hildebrandt, 1989, S. 20

[204] Müller, 2003, S. 196 -197

[205] Müller, 2003, S.197

[206] Von Plessen, Roth, 1990, S. 332

[207] Von Plessen, Roth, 1990, S. 332

[208] Wehler, 1994, S. 185

[209] Müller, 2003, S.195

[210] Sethe, 1952, S. 218

[211] Sethe, 1952, S.218

[212] Wehler, 1994, S. 186

[213] Wehler, 1994, S. 187

[214] Canis, 2004, S. 64

[215] Hallmann, 1968, Einleitung XII

[216] Hildebrandt, 1989, S. 28

[217] Koschnick, 1990, S. 455

[218] Koschnick, 1990, S. 455

[219] Ullrich, 1993, S. 4

[220] Ullrich, 1993, S. 4

[221] Röhl, 2013, S. 30

[222] Röhl, 2013, S. 28

[223] Pflanze, 1998, S. 520

[224] Röhl, 2013, S. 28

[225] Pflanze, 1998, S. 521

[226] Rö hl, 2013, S. 29

[227] Pflanze, 1998, S. 522

[228] Pflanze, 1998, S. 525

[229] Pflanze, 1998, S. 525

[230] Rose, 2013, S. 129

[231] Pflanze, 1998, S. 520

[232] Pflanze, 1998, S. 527

[233] Röhl, 2013, S. 30

[234] Röhl, 2013, S. 31

[235] Röhl, 2013, S. 31

[236] Rose, 2013, S. 129

[237] Ullrich, 1993, S. 11

[238] Ullrich, 1993, S. 11 - 12

[239] Gall, 2000, S. 3

[240] Röhl, 2013, S. 28

[241] Ullrich, 1993, S. 11 - 12

[242] Röhl, 2013, S. 53

[243] Rose, 2013, S. 129

[244] Müller, 2003, S. 200

[245] Ullrich, 1993, S. 14

[246] Müller, 2003, S. 200

[247] Röhl, 2013, S. 33

[248] Röhl, 2013, S. 32 - 33

[249] Röhl, 2013, S. 33

[250] Ullrich, 1993, S. 14

[251] Ullrich, 1993, S. 14

[252] Röhl, 2013, S. 34

[253] Müller, 2003, S. 203

[254] Müller, 2003, S.192

[255] Rose, 2013, S. 130

[256] Ullrich, 1993, S. 16

[257] Rose, 2013, S. 130

[258] Rose, 2013, S. 130

[259] Ullrich, 1993, S. 32

[260] Röhl, 2013, S. 40

[261] Mommsen, 2002, S. 49

[262] Mommsen, 2002, S. 49

[263] Röhl, 2013, S. 40

[264] Müller, 2003, S.198

[265] Müller, 2003, S.198

[266] Rose, 2013, S. 131

[267] Müller, 2003, S. 200

[268] Sethe, 1952, S. 225

[269] Sethe, 1952, S. 225

[270] Röhl, 2013, S. 53

[271] Ullrich, 2000, S. 33

[272] Ullrich, 2000, S. 33

[273] Ullrich, 2000, S. 27

[274] Röhl, 2013, S. 41

[275] Röhl, 2013, S. 41 -42

[276] Röhl, 2013, S. 53

[277] Sethe, 1952, S. 226

[278] Müller, 2003, S. 203

[279] Müller, 2003, S. 203

[280] Wehler, 1994, S. 187

[281] Müller. 2003, S. 205

[282] Müller, 2003, S. 206

[283] Wehler, 1994, S. 189

[284] Schöllgen, Kiessling, 2009, S.74-75

[285] Schöllgen, Kiessling, 2009, S. 75

[286] Röhl, 2013, S. 54

[287] Röhl, 2013, S. 54

[288] Wehler, 1994, S. 165

[289] Ullrich, 2000, S. 34

[290] Ullrich, 2000, S. 34

[291] Müller, 2003, S. 207

[292] Schöllgen, Kiessling, 2009, S.77-78

[293] Müller, 2003, S. 207

[294] Schöllgen, Kiessling, 2009, S. 78

[295] Ullrich, 2000, S. 34

[296] Ullrich. 2000, S. 34 - 35

[297] Ullrich, 2000, S. 35

[298] Ullrich, 2000, S. 35

[299] Mommsen, 2002, S. 99

[300] Mommsen, 2002, S. 99 - 100

[301] Ullrich, 2000, S. 37

[302] Ullrich, 2000, S. 39

[303] Ullrich, 2000, S. 39

[304] Hildebrandt, 1989, S. 34

[305] Ullrich, 2000, S. 39

[306] Hildebrandt, 1989, S. 35

[307] Hildebrandt, 1989, S. 35

Ende der Leseprobe aus 44 Seiten

Details

Titel
Die Etablierung des Deutschen Reichs 1870 - 1900
Untertitel
Wie haben sich die Machtverhältnisse in Europa durch das neugegründete Deutsche Reich verschoben?
Hochschule
Europa-Universität Flensburg (ehem. Universität Flensburg)  (Institut für Gesellschaftswissenschaften und Theologie)
Note
3,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
44
Katalognummer
V287992
ISBN (eBook)
9783656882206
ISBN (Buch)
9783656882213
Dateigröße
553 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Für eine BA-Arbeit war der behandelte Zeitraum doch etwas zu weit, sodass lediglich die angegebene Note vergeben wurde. Sie geht daher an einigen Stellen nicht besonders in die Tiefe der Thematik, sondern umreißt einige Fakten lediglich.
Schlagworte
Bismarck, Wilhelm I., Wilhelm II., Deutsches Reich, 1870 - 1900, Deutsche Geschichte, Europa 1870 - 1900, Deutsche Kolonialpolitik 1880-er Jahre
Arbeit zitieren
Henning Fischer (Autor:in), 2014, Die Etablierung des Deutschen Reichs 1870 - 1900, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/287992

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