Das Reisemodell des „Fortunatus“ im Vergleich mit klassischen mittelalterlichen Reisemodellen


Hausarbeit, 2013

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. „Fortunatus“ als erster Roman? 3

2. Vergleich mit „Erec“ und dem „Alexanderroman“ 3

2.1. Die aventiure in „Erec“ 3

2.2. Der Reisebericht im „Alexanderroman“ 5

3. Vergleich mit dem „Fortunatus“ 7

3.1. Reisen vor Erhalt des seckels 7

3.2. Reisen nach Erhalt des seckels 8

3.3. Direkter Vergleich mit dem Reisebericht Alexanders 10

4. Reisen zum Selbstzweck? 11

5. Der wahre Nutzen des seckels 13

6. Literaturverzeichnis 14

1. „Fortunatus“ als erster Roman?

Der etwa um 1500 entstandene „Fortunatus“ war auch aufgrund des etwa zur gleichen Zeit entstandenen Buchdruckverfahrens einer der ersten Bestseller der frühen Neuzeit.[1] Das Buch kann als direkter Vorläufer des modernen Romans gesehen werden, da es sich vor allem durch seine Fiktionalität, Komplexität und Realitätsnähe auszeichnet. Gleichzeitig spiegelt die Handlung auch die Diskurse der Zeit des anonymen Verfassers wieder. Besonderes Augenmerk soll hier auf die Reisen des Fortunatus gerichtet werden, beziehungsweise auf das neue Motiv des Reisens in der frühen Neuzeit. Der Beginn der Neuzeit ist auch der Beginn eines Zeitalters der Reisen, was vor allem durch vielen die Entdeckungsreisen dieser Zeit belegt werden kann. Das im Mittelalter eher negativ konnotierte Motiv des Reisens, die curiositas, die man im Sinne des sinn- und ziellos Umherschweifens verstand, bekommt in der frühen Neuzeit einen neuen Bedeutungshorizont. Das Reisen aufgrund von curiositas und nicht nur zur Vertiefung des Glaubens, dient nun ebenso wie ratio der Erkenntnis, der Erweiterung des kulturellen Wissens.[2] Dieses Motiv des Reisens ist auch immer wieder Gegenstand der Literatur und wird, wie man im Kontrast zum, etwa zu gleichen Zeit entstandenen, „Narrenschiff“ von Sebastian Brandt zum „Fortunatus“ sieht, sehr unterschiedlich reflektiert.

2. Vergleich mit „Erec“ und dem „Alexanderroman“

Um sich der Komplexität des Reisemodells im Fortunatus bewusst zu werden, muss man es nicht nur im Kontext seiner Zeit betrachten, sondern auch Verbindungen zur Vergangenheit des Reisemotivs ziehen. Dafür werden zwei mittelalterliche Texte herangezogen, die das Motiv der Reise auf, zu ihrer Zeit klassische Weise, behandeln.

2.1. Die aventiure in „Erec“

Der „Erec“ Hartmanns von Aue gilt als einer der ersten Arthus-Romane in deutscher Sprache und eignet sich somit, trotz der individuellen Thematik, hervorragend, um das Modell der Reise als aventiure vorzustellen. Der Text entstand etwa am Ende des 12. Jahrhunderts und kann deshalb in die Literatur des Hochmittelalters eingeordnet werden.[3] Das Rittertum und die höfische Welt mit ihren Werten sind also Folie der Handlung, in deren Zentrum der Artusritter Erec steht, der sich vor allem durch das Suchen und Bestehen von aventiuren wieder in die soziale Ordnung integrieren muss. Hier spielt hauptsächlich die êre, nach mittelalterlichem Verständnis, eine große Rolle, diese verliert Erec gleich zweimal und muss sie im Laufe der Handlung wiedererlangen.[4]

Hier liegt auch schon das Motiv für Erecs Reisen: Seine Ausgangssituation, als noch unerfahrener Ritter oder als junger Herrscher in Karnant, wird ins Ungleichgewicht gebracht, weil er sich unehrenhaft verhält oder, bei der Begegnung mit dem Ritter Iders, verhalten muss. [5] Beide Male bleibt ihm nur eine Wahl: Er muss die vertrauten Verhältnisse verlassen und durch ritterliches Verhalten seinen Ruf wiederherstellen. Im Fall der Beleidigung durch den Zwerg des Ritters Iders durchlebt Erec seinen Initiationsritus zum Mann und Ritter. Er tut sich im Turnierkampf hervor und gewinnt die schönste Frau für sich. Dieses Happy End wird jedoch durch den zweiten Ehrverlust wieder zerstört, dessen nachfolgende aventiure hier genauer betrachtet werden soll.

Erec verligt sich, wie es in der Forschungsliteratur heißt, mit seiner Frau Enite, er kümmert sich also nur noch um seine ehelichen, nicht mehr um seine Ritter- und Herrscherpflichten. Um dieses Ungleichgewicht wieder auszugleichen, zieht Erec mit seiner Frau in die Fremde. Ohne Ziel geht er los, doch die aventiure findet ihn von selbst: Gegen drei exemplarische, feindliche Mächte muss Erec kämpfen. Auffällig an den Aventiure-Episoden im „Erec“ ist ihre Doppelung, die vor allem durch den Ritter Guivreiz und die „Pause“ im Wald bei den Artusrittern gekennzeichnet wird. [6] Auf der untersten Stufe stehen als Stellvertreter der unzivilisierten Welt die Räuber und der Riese, darauf folgt jeweils eine Begegnung mit einen Grafen, der ihm seine Frau Enite nehmen will und zuletzt jeweils der Kampf mit dem Erec ebenbürtigen Ritter Guivreiz, der jedoch schnell als Freund integriert wird. Die Räume, die in dieser Zeit durchquert werden spielen für die Handlung eigentlich keine Rolle, sie werden eher durch die Personen semantisiert, die in ihnen auftreten.[7] Der Wald beispielsweise kann einmal in der Begegnung mit dem Riesen für Wildheit stehen, ist aber auch der Platz an dem Erec die, natürlich zivilisierten, Artusritter trifft und von ihnen Hilfe erhält. Räume spielen nur an wenigen Stellen und dann als allegorische, nicht als geographische Orte eine Rolle wie bei der Wiedervereinigung von Erec und Enite als Paar ,sowohl im Wald, beziehungsweise der Natur oder dem Privaten als auch später am Hof, beziehungsweise der Kultur oder der Öffentlichkeit, genauso wie bei Erecs letzter ritterlicher Bewährungsprobe, dem Kampf gegen den bisher unbesiegten Ritter Mabonagrin, um die „Joie de la Court“ wiederherzustellen.[8] Nach diesem letzten Kampf scheint Erec seine aventiuren für beendet anzusehen, da sein guter Ruf wiederhergestellt ist und die Beziehung zu Enite ihr geregeltes Maß im Hinblick auf seine Pflichten als König und Ritter gefunden hat. Er kehrt also wieder an seinen Ausgangspunkt Karnant zurück und kann dort als idealer Herrscher und Privatmann sein Leben weiterführen. Auch wenn sie einen großen Teil der Handlung einnimmt, steht die Reise an sich im „Erec“ also nicht unbedingt im Vordergrund, sie ist einfach nur Mittel zum Zweck, sozusagen eine probate Methode für den Ritter sich zu beweisen und zu bewähren.


[1] Steinmetz: S.210.
[2] Müller 1986: S.328f.
[3] Cramer 2005: S.444.
[4] Bumke 2006: S.27.
[5] Ebd.: S.23.
[6] Bumke 2006: S.73.
[7] Ebd.: S.82.
[8] Ebd.: S.65.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das Reisemodell des „Fortunatus“ im Vergleich mit klassischen mittelalterlichen Reisemodellen
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Note
1,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
15
Katalognummer
V287851
ISBN (eBook)
9783656878902
ISBN (Buch)
9783656878919
Dateigröße
431 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fortunatus, Erec, Alexanderroman, Reisen, Reisemodelle, Aventiure
Arbeit zitieren
Sophie Strohmeier (Autor:in), 2013, Das Reisemodell des „Fortunatus“ im Vergleich mit klassischen mittelalterlichen Reisemodellen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/287851

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