Der Einfluss des Qualitätsmanagements auf die Wettbewerbsfähigkeit der Bauwirtschaft


Hausarbeit, 2012

30 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Qualitätsmanagement und Unternehmenserfolg
1.2 Gang der Untersuchung

2. Abgrenzung: Qualität, Qualitätsmanagement und Qualitätsmanagement-System
2.1 Der Qualitätsbegriff
2.2 Das Qualitätsmanagement
2.2.1 Die Qualitätskontrolle (bis 1950)
2.2.2 Die Qualitätssicherung (1960 bis 1980)
2.2.3 Das Qualitätsmanagement (1980 bis 1990)
2.2.4 Total Quality Management (1990 bis heute)
2.3 Das Qualitätsmanagement-System
2.3.1 Aktuelle Qualitätsmanagementsysteme
2.3.2 Das Qualitätsmanagementsystem nach DIN EN ISO 9000 ff
2.3.3 Kosten und Nutzen von QMS

3. Die Rolle der obersten Leitung im QM

4. Chancen guter und schlechter Qualität

5. Zusammenfassung / Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Internetquellen

Sekundärliteratur

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Die Entwicklungsstufen von der Qualitätskontrolle zum TQM

Abbildung 2 Das Prozessmodell nach ISO 9001 mit PDCA-Zyklus

Abbildung 3 Top-Down-Kommunikation und Problemfelder im Bauwesen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Von der Qualitätssicherung zum Qualitätsmanagement (REFA, S. 676, Bild 2)

1. Einleitung

1.1 Qualitätsmanagement und Unternehmenserfolg

Das unternehmerische Umfeld gewinnt seit Jahren, infolge der raschen Änderungen von technologischen, gesellschaftlichen und politischen Einflussfaktoren, an Komplexität. Unternehmen sehen sich neuen Bedingungen gegenübergestellt. Insbesondere die Schnelllebigkeit von Produkten und Dienstleistungen, der Wandel vom Verkäufer zum Käufermarkt und die zunehmende Sensibilisierung der Öffentlichkeit in Bezug auf Themen der Sicherheit, Gesetzeskonformität, soziale Verträglichkeit sowie des Umweltschutzes, zwingen Unternehmen mehr denn je zur laufenden und professionellen Anpassung an die verändernden Kundenbedürfnisse (vgl. Kamiske 2003, S. 2). In diesem wirtschaftlichen Umfeld bestimmt sich der Unternehmenserfolg von dessen Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Innovationskraft. Vor diesem Hintergrund müssen sich die Entscheidungsträger im Unternehmen insbesondere die Kernfrage stellen, wie das eigene Unternehmen den hohen Marktansprüchen gerecht werden kann. Eine Antwort darauf kann das Qualitätsmanagement sein. So geht beispielsweise KAMISKE davon aus, dass langfristig die Qualität von Produkten und Prozessen, über Erfolg und Misserfolg im Wettbewerb entscheidet. So können mit qualitativ hochwertigen Prozessen Reibungsverluste minimiert und Kostenvorteile generiert werden. Diese können in Form von Preissenkungen an den Kunden weitergegeben werden, was letztlich einen Wettbewerbsvorteil bedeutet (vgl. Kamiske 2003, S. 1). Insbesondere bei homogenen Gütern, kann eine herausragende Qualität zum Alleinstellungsmerkmal werden, wodurch ein größerer Marktanteil realisiert werden kann. Vor diesem Hintergrund ist das Qualitätsmanagement eine zentrale Führungsaufgabe und essenzieller Bestandteil eines nachhaltigen Managements. Doch obwohl sich wahrscheinlich die meisten Entscheidungsträger im Unternehmen der Wirkung von Qualität bewusst sind, ereignen sich immer wieder Qualitätsfehler. Im Bauwesen beispielsweise rangiert die Höhe der Fehlerkosten zwischen einer Spanne von zwei bis zwölf Prozent des Baumsatzes (vgl. Gehbauer 2009, S. 123). Doch Qualitätsfehler bedeuten nicht nur monetäre Nachteile, insbesondere die daraus resultierenden Image- und Reputationsschäden werfen noch Jahre später ihren Schatten auf den Unternehmenserfolg.

Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich diese Arbeit ausführlich mit der Frage, wie Qualität im Unternehmen gelebt werden kann, damit Fehler vermieden und die Chancen aus dem Erkennen von guter und schlechter Qualität bestmöglich genutzt werden können.

1.2 Gang der Untersuchung

Die vorliegende Arbeit ist in 5 Abschnitte gegliedert. Die Einleitung stellt den Kontext zwischen Qualitätsmanagement und Unternehmenserfolg her und führt den Leser in die Problematik des Themas ein.

Im Anschluss an das einführende Kapitel werden in Kapitel 2 die inhaltlichen Unterschiede zwischen Qualität, Qualitätsmanagement und Qualitätsmanagementsystem herausgearbeitet und an geeigneter Stelle auf ausgewählte Problemfelder eingegangen. Es wird dargestellt, welchen Einfluss die Qualität heute auf die Unternehmensprozesse nimmt. Zu diesem Zweck wird die Bedeutung des Qualitätsmanagements als Führungsprozess herausgearbeitet. Der Leser ist nach Kapitel 2 in der Lage die Potentiale und den Nutzen von QMS zu erkennen und diese im Unternehmenskontext einzuordnen.

Kapitel 3 ist der besonderen Rolle der obersten Leitung im QM gewidmet. Ziel ist es, anhand der speziellen Kommunikations- und Koordinationsstrukturen in Bauprojekten aufzuzeigen, dass die oberste Leitung eine besondere Verantwortung für die Sicherstellung der Qualität am Bau hat.

In K apitel 4 soll gezeigt werden, dass nur durch ein systematisches Qualitätsmanagement schlechte Qualität als Chance nutzbar gemacht werden kann.

Die Arbeit schließt mit Kapitel, in welchem ein kurzer Ausblick in die weitere Entwicklung der Thematik gegeben wird.

Die vorliegende Arbeit ist keine abschließende Darstellung aller vorstellbaren Problemstellungen und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ziel dieser Arbeit ist es, dem Leser einen kompakten Eindruck darüber zu geben, inwiefern ein systematisches Qualitätsmanagement Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens nehmen kann.

2. Abgrenzung: Qualität, Qualitätsmanagement und Qualitätsmanagement-System

Auch wenn die Begriffe Qualität, Qualitätsmanagement (QM) und Qualitätsmanagement-System (QMS) im ungeschulten Sprachgebrauch gerne synonym verwendet werden, so weisen die einzelnen Begriffe doch empfindliche Unterschiede auf. Um ein gemeinsames Verständnis für die Begriffe und deren Bedeutung zu schaffen, soll daher im Folgenden detailliert auf die jeweiligen Inhalte eingegangen werden.

2.1 Der Qualitätsbegriff

Der Begriff Qualität hat seine etymologischen Wurzeln im lateinischen Wort „qualitas” bzw. „qualis“. Übersetzt wird dies oftmals mit den Worten „Beschaffenheit, Eigenschaft, Güte oder Wert“ bzw. mit dem Ausdruck „beschaffen wie“. Übertragen steht der Begriff für jenen Grad, den Produkte, Dienstleistungen, Prozesse und Systeme in Bezug auf die Erfüllung, der an sie gestellten Anforderungen, erreichen (vgl. Kamiske / Brauer 2003, S. 167).

In der Alltagssprache, in Nachschlagewerken, in Normen und der betriebswirtschaftlichen Literatur wird der Begriff Qualität unterschiedlich definiert (vgl. Lembken 2012, S. 65). Beispielsweise unterscheidet der Duden zwischen erster, zweiter und mittlerer Qualität ohne dabei eine Aussage über den Verwendungszweck zu treffen. Das heißt, es bleibt völlig unbeachtet, für was der Gegenstand bzw. Prozess verwendet werden soll (vgl. REFA 2002, S. 677). Diese definitorische Lücke versuchen Normen, wie beispielsweise die DIN EN ISO 8402[1] und die DIN EN ISO 9000:2005[2] zu schließen, indem sie den Begriff Qualität in den Kontext zu einem vordefinierten Zweck setzen und definieren, dass Qualität nur dann vorliegt, wenn sich das Gut für ebendiesen Zweck eignet bzw. zu dessen Erfüllung beiträgt. In der DIN EN ISO 9000:2005 heißt es ferner, dass der Begriff Qualität zusammen mit den Adjektiven schlecht, gut oder ausgezeichnet verwendet werden darf (vgl. Kamiske / Brauer 2003, S. 167). Dabei gilt das einfache Prinzip: Je mehr Anforderungen im Sinne der Zweckbestimmung erfüllt werden, desto besser die Qualität (vgl. DIN EN ISO 9000:2005, S. 18). Diese Anmerkung trägt vor allem der Nutzung des Qualitätsbegriffs im allgemeinen Sprachgebrauch Rechnung. Spricht man hierzulande von guter Qualität, wird damit etwas mit hohem Wert assoziiert, schlechte Qualität wird dagegen gerne mit Krempel, Trödel oder Plunder verbunden (vgl. REFA 2002, S. 677).

Eine Legaldefinition des Qualitätsbegriffs gibt es nicht. Es lässt sich lediglich eine definitorische Minimalvariante aus § 633 BGB ableiten. Demnach liegt Qualität vor, wenn der Gegenstand die vereinbarte bzw. die üblich erwartete Beschaffenheit aufweist und/oder er sich für die gewöhnliche Verwendung eignet (vgl. Lembken 2012, S. 65).

Allen Definitionsansätzen gemein ist der Kerngedanke, dass sich gute Qualität in einem kleinen Delta zwischen Soll-Anforderungen und Ist-Zustand eines Erzeugnisses, Systems oder Prozesses, zeigt. Je größer die IST-SOLL-Abweichung, desto schlechter die Qualität (vgl. Neumann 2008, S. 14).

In der Bauwirtschaft unterscheidet man zwischen Produkt- und Prozessqualität. Die Produktqualität bestimmt sich aus der Qualität der eingesetzten Bauprodukte und des fertigen Bauwerkes. Die Planungs- und Bauausführung, bestimmen die Prozessqualität. LEMBKEN weist darauf hin, dass Produkt- und Prozessqualität in der Bauwirtschaft sich gegenseitig beeinflussen (vgl. Lembken 2012, S. 66). In diesem Zusammenhang beschreiben Normen und Richtlinien Mindestanforderungen an Qualitäten[3], während Leistungsbeschreibungen, Verträge o.Ä. zusätzliche Anforderungen an das Bauwerk stellen (vgl. Lembken 2012, S. 65). Zwar spielen nicht-verifizierbare Anforderungen, wie Schönheit oder Ebenmäßigkeit keine Rolle in Normen, wie beispielsweise der DIN EN ISO 9000 ff., derartige Merkmale können jedoch aus Sicht des Kunden entscheidend für die Qualität sein (vgl. REFA 2002, S. 678).

LEMBKEN formuliert vier konstituierende Eigenschaften für die Qualität in der Bauwirtschaft:

1) das Bauwerk entspricht zum Zeitpunkt der Bauwerkserrichtung den anerkannten Regeln der Technik[4],
2) die Bauleistung geht mit der Baugenehmigung konform,
3) das Bauwerk stimmt mit den Ausführungsplänen und Leistungsbeschreibungen überein,
4) neben verifizierbaren Qualitäten werden auch nicht-verifizierbare Anforderungen erfüllt (vgl. Lembken 2012, S. 66/67).

2.2 Das Qualitätsmanagement

Die DIN EN ISO 9000:2000 definiert Qualitätsmanagement als „aufeinander abgestimmte Tätigkeiten zur Leitung und Lenkung einer Organisation bezüglich Qualität“ (Kamiske / Brauer 2003, S. 207). Das QM umfasst die Festlegung der Qualitätspolitik, die Qualitätsplanung, die Qualitätslenkung, die Qualitätssicherung und die Qualitätsverbesserung (vgl. Kamiske / Brauer 2002, S. 61).

Seinen Ursprung hat das Thema Qualitätsmanagement in den 60er Jahren in den USA. Entsprechend früh finden sich Normen und Richtlinien zum Thema Qualität. Ein Beispiel hierfür ist das Regelwerk MIL-Q-9858 mit dem Titel Quality Program Requirements, welches 1959 im Militärbereich initiiert und als umfassendes Regelwerk für Qualitätsprüfungen auch im zivilen Bereich populär wurde (vgl. Liesegang 1999, S. 126). Dieses Beispiel zeigt, dass Qualitätsmanagement keine Erfindung des 21 Jahrhunderts ist, sondern seit etlichen Jahren eine Rolle in Organisationen spielt.

Ziel des Qualitätsmanagements ist es ist es Qualitäten zu erzeugen, die mit den an sie gestellten Anforderungen konform gehen. Voraussetzung für die Kontrolle, Überwachung und Sicherung von Qualität ist, dass die qualitätsbestimmenden Merkmale in Größe, Maß und Ausprägung im vornherein definiert worden sind. Erst wenn ein Merkmal definiert worden ist, lässt sich die Qualität daran messen, ob das Merkmal entsprechend der Festlegung ausgebildet ist (vgl. Lembken 2012, S. 65; REFA 2002, S. 677). Eine Kernaufgabe des QM ist es daher, qualitätsbestimmende Merkmale zu definieren und deren Einhaltung zu überwachen.

Im Wandel der Zeit haben sich die Konzepte zur Sicherstellung von Qualität verändert und kontinuierlich fortentwickelt. Um den heutigen Qualitätsmanagementgedanken zu verstehen, ist es hilfreich die historische Entwicklung des QM zu kennen. Daher soll im Folgenden ein kurzer Abriss über die Entwicklung des Qualitätsmanagements im Unternehmensbereich gegeben werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Kamiske / Brauer 2003, Bild 17, S. 89.

Abbildung 1 Die Entwicklungsstufen von der Qualitätskontrolle zum TQM

2.2.1 Die Qualitätskontrolle (bis 1950)

Mit Einführung der Arbeitsteilung, welche die handwerkliche Produktion im klassischen Sinne ablöste, stieg die Quote fehlerhafter Produkte. Der Grund hierfür lag in der Trennung zwischen Kopf- und Handarbeit. Die relativ monotonen Arbeiten führten zu einer Ermüdung, was wiederrum dazu führte, dass Fehler passierten. Dieser Entwicklung wurde entgegengewirkt indem am Ende des Produktionsprozesses ein Qualitätsprüfer die Funktionstüchtigkeit aller Produkte prüfte (Endkontrolle). Der Aufwand für diese Vorgehensweise war enorm und Qualität war entsprechend teuer (vgl. REFA 2002, S. 673).

2.2.2 Die Qualitätssicherung (1960 bis 1980)

Zu Zeiten der Qualitätskontrolle galt die Idee Qualität zu steigern und gleichzeitig Kosten zu senken als konkurrierende Zielsetzung. Unternehmen erkannten deshalb bald, dass andere Verfahren gefunden werden mussten, um Qualität sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund gewann die Qualitätssicherung und die statistische Produktionskontrolle verstärkt an Bedeutung. Im Zuge der Qualitätssicherung, wurden die Kontrollen in den Entwicklungs- und Produktionsprozess vorverlagert, wodurch fehlerhafte Teile bzw. Komponenten frühzeitig erkannt und adäquate Gegenmaßnahmen zeitnah ergriffen wurden. Statistische Produktionskontrollen erlaubten es zudem Fehler im laufenden Produktionsprozess zu erkennen und entsprechend einzugreifen. Heute ist die Produktionskontrolle ein wertvolles Instrument des modernen Qualitätsmanagements (vgl. REFA 2002, S. 674).

2.2.3 Das Qualitätsmanagement (1980 bis 1990)

Die Väter des modernen Qualitätsmanagements sind W.E. Deming (1900-1993) und J.M. Juran, die im Zuge ihrer innovativen Ansätze das Qualitätswesen „zu einem anerkannten Instrument der Produktivitätssteigerung“ (REFA 2002, S. 674) machten. Im Zentrum des Deming’schen Ansatzes steht die Überzeugung, dass Produktqualität nur durch eine konsequente Weiterentwicklung und Verbesserung des Produktionsprozesses (KVP) erreicht werden kann. Ferner geht DEMING davon aus, dass die Steigerung der Prozessqualität Dreh- und Angelpunkt für eine Verbesserung der Marktposition des Unternehmens ist.[5] In diesem Denkansatz kommt klar zum Ausdruck, dass der Begriff Qualität nicht mit Produktqualität gleichzusetzen ist, sondern viel mehr auch für Prozessqualität steht. JURAN entwickelte den Deming’schen Ansatz um die Prozessplanung und Prozesssteuerung weiter und setzte den Kunden in den Mittelpunkt sämtlicher Qualitätsüberlegungen. Die Weiterentwicklung von der Qualitätssicherung zum QM erfolgte schlussendlich dadurch, dass im Mittelpunkt der Qualitätsüberlegungen die Organisation und Verbesserung von Prozessen standen. Das gesamte betriebliche Handeln wurde fortan als Kombination von Prozessen bzw. das Prozessketten verstanden (vgl. Kamiske / Brauer 2002, S. 55). Diese Sichtweise ist in der BWL als „Prozessorientierung“ bekannt.

Heute stellt die DIN EN ISO 9000:2008 die gültige Verständigungsnorm für das QM dar, welche konsequent den prozessorientierten Ansatz fördert (vgl. Kamiske / Brauer 2002, S. 60).

2.2.4 Total Quality Management (1990 bis heute)

Das Total Quality Management versteht Qualitätsmanagement als eine „umfassende Aufgabe, an der alle Mitarbeiter im Unternehmen – die Führung allen voran – mitwirken“ (REFA 2002, S. 675). Der TQM-Gedanke geht davon aus, dass Qualität sämtlichen anderen Funktionen übergeordnet ist. In Zuge dessen, sollten jene Abteilungen, die auf das QM spezialisiert sind, zugunsten einer auf Qualität ausgerichteten Unternehmensstrategie, aufgehoben werden. Ziel ist es, dass Qualität nicht mehr zentral „gemanaged“ wird, sondern jeder einzelne Arbeitsplatz – unabhängig von der Führungs- und Hierarchieebene – Verantwortung für Qualität übernimmt (vgl. Kamiske 2003, S. 9/72/89/96). Tabelle 1 veranschaulicht den Wandel von der Qualitätssicherung zum Qualitätsmanagement.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: REFA 2002, S. 676, Bild 2

Tabelle 1 Von der Qualitätssicherung zum Qualitätsmanagement (REFA, S. 676, Bild 2).

Nach dem heutigen Qualitätsmanagementdenken ist der Qualitätsbegriff nicht mit Produktqualität gleichzusetzen. Vielmehr ergibt sich Qualität daraus, dass alle betrieblichen Prozesse (Führungs-, Wertschöpfungs-, und Unterstützungsprozesse) konsequent durchleuchtet und auf Optimierungsmöglichkeiten untersucht werden (vgl. IHK 2012, S. 4). Das QM wird in der wissenschaftlichen Diskussion und in der Unternehmenspraxis primär als Unterstützungsfunktion, Unterstützungsprozess bzw. sekundärer Geschäftsprozess verstanden (vgl. Jochem 2010 S. 5). Folglich müsste das QM auf ein Minimum beschränkt werden, da es als Unterstützungsprozess keinen Mehrwert im Wertschöpfungsprozess liefert. Dieser Theorie stehen erfolgreiche Unternehmensgeschichten, die QM als Führungsmodell verstehen[6], entgegen. Diese beweisen, dass Qualität viel mehr als ein Unterstützungsprozess ist und sowohl einen gestaltenden als auch eine werttreibenden Charakter hat. Voraussetzung hierfür ist, dass Qualität sowohl operativ als auch strategisch geplant, gesteuert und koordiniert wird (vgl. Jochem 2010, S. 6). Der Begriff Qualitätsmanagement-System rückt in diesem Zusammenhang immer mehr ins Rampenlicht der unternehmerischen Tätigkeit.

2.3 Das Qualitätsmanagement-System

Im Folgenden werden Begriff und Inhalt des Qualitätsmanagement-Systems erläutert. Ziel ist es, einen Überblick über die vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten derartiger Systeme zu geben, die je nach Anzahl und Art der Produkte, Absatzmarkt, Kundenanforderungen und Unternehmensgröße variieren (vgl. Brunner / Wagner 2011, S: 92). Im Zentrum der anschließenden Betrachtung steht die Ausgestaltung eines QMS nach DIN EN ISO 9000 ff.

2.3.1 Aktuelle Qualitätsmanagementsysteme

Qualitätsmanagementsysteme sind von Unternehmen eingerichtete Verfahren „zur Festlegung der Qualitätspolitik und von Qualitätszielen sowie zum Erreichen dieser Ziele“ (Kamiske / Brauer 2003, S. 210). Hinter dem QMS steht die Absicht, sämtliche qualitätsbezogenen Aktivitäten untereinander zu verknüpfen, um eine homogene Planung, Umsetzung und Steuerung der Qualitätsaufgaben zu gewährleisten und sämtliche Arbeitsabläufe zu optimieren (vgl. REFA 2002, S. 672). Dabei sollte für das Unternehmen stets die Erfüllung der Kundenbedürfnisse im Vordergrund stehen (vgl. Kamiske / Brauer 2003, S. 210; vgl. DIN EN ISO 9000:2008, S. 6). Ferner sollten Qualitätsmanagement-Systeme den Mitarbeitern einen einfachen Leitfaden zur Verfügung stellen, damit das QM auf allen Hierarchieebenen gelebt werden kann und so das Vertrauen der Kunden in die Zuverlässigkeit des Unternehmens gefestigt wird. Die Umsetzung des QM-Systems wird in der Unternehmenspraxis durch Arbeitsanweisungen und Verfahrensanweisungen realisiert. (vgl. Kamiske / Brauer 2003, S. 210; REFA 2002, S. 680).

Qualitätsmanagementsysteme unterscheiden sich darin, ob sie lediglich Mindestanforderungen an das Qualitätsmanagement definieren oder darüber hinausgehende Bestimmungen enthalten. Beispielsweise enthält die DIN EN ISO 9000 ff. sehr unspezifische und allgemeine Anforderungen an ein QMS. Im Gegenzug enthalten branchen-, länder-, firmenspezifische bzw. regionale QMS spezifische, auf das jeweilige Umfeld angepasste Anforderungskataloge (vgl. Brunner / Wagner 2011, S. 92; REFA 2002, S. 680). Ferne variieren QMS in Bezug auf die Gewichtung und Zusammenstellung der Qualitätsanforderungen (vgl. REFA 2002, S. 680).

Die wichtigsten QM-Modelle und QM-Regelwerke sind:

- DIN EN ISO 9000 ff.

Die DIN EN ISO 9000er Familie ist ein Normenwerk für Qualitätsmanagement welches vom Europäischen Komitee für Normung (CEN) im Jahr 1987 freigegeben wurde. Auf Grundlage der DIN EN ISO 9000 ff. können sich Unternehmen freiwillig dem Qualitätsmanagement verpflichten und zertifizieren lassen. Heute ist das QMS nach DIN EN ISO das populärste Qualitätsmanagementsystem.

- VDA 6.1 ff.

Das Akronym VDA 6.1 steht für den Band 6 der Schriftenreihe des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie e.V. Dieser Band stellt einen Forderungskatalog bereit, der den Anforderungen der Automobilindustrie gerecht wird.

- QS 9000

QS 9000 ist ein von General Motors, Chrysler bzw. Daimler/Chrysler und Ford entwickelter Anforderungskatalog, der über die DIN EN ISO 9001 hinausgehende Forderungen enthält.

- EFQM

Die European Foundation for Quality Management hat ein Qualitätsmodell entwickelt, anhand dessen ein Self-Assessment zum Stand des eigenen Unternehmens in Bezug auf Qualität durchgeführt werden kann (vgl. REFA 2002, S. 680).

Da sich das QM im Bauwesen maßgeblich an der DIN EN ISO 9000 ff. orientiert, soll im Folgenden näher auf diese Norm, ihre Grundsätze und Anforderungen eingegangen werden (vgl. Gehbauer 2009, S. 124).

2.3.2 Das Qualitätsmanagementsystem nach DIN EN ISO 9000 ff.

Das Akronym DIN EN ISO steht für Normen, die gemeinsam vom Deutschen Institut für Normung e.V. (DIN) und vom Europäischen Komitee für Normung (CEN) erarbeitet wurden. Die Zahlenfolgen im Anschluss bilden die Identifikationsnummer und das Erscheinungsjahr der Norm. Die DIN EN ISO 9000er Familie ist dem privatwirtschaftlich festgelegten Bereich des Normensystemen zuzuordnen. Entsprechend besitzt sie keine Gesetzeskraft[7], sondern dient primär als Hilfestellung beim Aufbau und der Implementierung eines QMS (vgl. REFA 2002, S. 680). Vor diesem Hintergrund sind die Anforderungen an ein QMS nach DIN EN ISO 9000 ff. sehr allgemein und unspezifisch formuliert. Dadurch wird gewährleistet, dass die Norm für sämtliche Unternehmen unabhängig von Branche, Größe oder Produkt bzw. Dienstleistung anwendbar ist (vgl. Kamiske / Brauer 2002, S. 69, 70; Brunner / Wagner 2011, S. 92)

Die DIN EN ISO 9000er Familie besteht aus vier Einzelnormen:

§ DIN EN ISO 9000 Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen und Begriffe:

Hier werden die wesentlichen Begriffe zu den Themen Qualität und Qualitätsmanagement erläutert. Außerdem wird ein Überblick über Ziele und Verantwortlichkeiten im QM sowie Nutzen von Systemdokumentationen gegeben.

§ DIN EN ISO 9001 Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen:

Diese Norm enthält einen Anforderungskatalog, auf dessen Basis ein QMS ausgestaltet und zertifiziert werden kann.

§ DIN EN ISO 9004 Qualitätsmanagementsysteme – Leitfaden zur Leistungsverbesserung:

Die DIN EN ISO 9004 betrachtet Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit von QMS mit dem Ziel die interne Leistung und die Kundenzufriedenheit zu optimieren.

§ DIN EN ISO 19011 Leitfaden für das Auditieren von Qualitäts- und Umweltmanagementsystemen (vgl. Kamiske/Brauer 2002, S. 68 (69); Brunner / Wagner 2011, S. 92; Neumann, 2008, S. 45).

Kerngedanke der ISO 9000 ff. ist, dass sich Qualität sowohl auf Produkte und Dienstleistungen als auch auf die internen Prozesse des Unternehmens bezieht (vgl. Beer 2006, S. 6). In ihrer Ausführung konzentriert sich die ISO 9000 ff. daher auf folgende acht Grundsätze:

1. Kundenorientierung: Organisationen sollten die Kundenbedürfnisse verstehen, sie erfüllen und die Kundenerwartungen übertreffen.
2. Führung: Das Management ist für die Schaffung und Aufrechterhaltung eines Umfeldes verantwortlich, in dem sich die Mitarbeiter voll und ganz auf das Erreichen der Organisationsziele konzentrieren können.
3. Beteiligung der Mitarbeiter: Die Fähigkeiten der Mitarbeiter sollten gefördert und bestmöglich genutzt werden.
4. Prozessorientierung: Die Lenkung von Ressourcen und Aktivitäten in Prozessen führt zu einem effizienteren Ergebnis.
5. Systemorientierung: Das Erkennen, Verstehen und Managen von Prozessen bewirkt eine Steigerung der Wirksamkeit und Effizienz der Organisation.
6. Ständige Verbesserung: Die stetige Verbesserung der Unternehmensleistung sollte eine langfristige Zielsetzung sein.
7. Sachbezogenheit: Die Analyse von Daten und Informationen ist die Voraussetzung für eine nachhaltige Entscheidungsfindung.
8. Vorteilhafte Lieferantenbeziehungen: Win-Win-Konstellationen steigern die Wertschöpfungsfähigkeiten beider Parteien (vgl. Kamiske/Brauer 2003, S. 71/72).

Der ablauforientierte Aufbau eines QMS (Abbildung 2) nach DIN EN ISO 9000ff. illustriert, dass die Kundenanforderungen der Ausgangspunkt für den Wertschöpfungsprozess ist. In diesem Zusammenhang wird der Kundenbedarf ermittelt und im Leistungserstellungsprozess realisiert. Anschließend wird die Kundenzufriedenheit ermittelt. Auf diese Weise werden neue Potenziale zur Weiterentwicklung der Produkte und zur Optimierung der Abläufe deutlich (vgl. IHK 2012, S. 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Dahle, D.( 2012): Modell eines prozessorientierten Qualitätsmanagementsystems – DIN EN ISO 9001:2008 [WWW]. Verfügbar auf: http://www.qms4f.de/

Abbildung 2 Das Prozessmodell nach ISO 9001 mit PDCA-Zyklus

In Abbildung 2 wird das Zusammenwirken von Führungs- und Unterstützungsprozessen mit der Leistungserstellung deutlich. Im Sinne der kontinuierlichen Verbesserung, müssen alle involvierten Prozesse derart ausgestaltet, realisiert und kontrolliert werden, dass die Kundenanforderungen effektiv[8] und effizient[9] erfüllt werden. Das heißt, dass die Prozesse stets auf Tauglichkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft und gegebenenfalls an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst werden müssen (vgl. IHK 2012, S. 5).

DEMING hat diese Aktivitäten im PDCA-Zyklus zusammengefasst:

§ Plan: Identifikation der Erwartungen und Forderungen.

§ Do: Umsetzung der Erwartungen und Forderungen.

§ Check: Bewertung der umgesetzten Maßnahmen im Hinblick auf Effektivität und Effizienz .

§ Act: Verbesserung der Maßnahmen im Hinblick auf Effektivität und Effizienz (vgl. Neumann 2008, S. 100).

LEMBKEN bringt zum Ausdruck, dass sich die ISO 9000 ff. nur sehr begrenzt für Bauunternehmen und die speziellen Planungs- und Bauprozesse übertragen lässt. Der Autor kritisiert, dass sich die Umsetzung der ISO-Anforderungen vorrangig auf unternehmensinterne Prozesse bezieht, jedoch für die Qualität der Planungs- und Bauausführung nebensächlich ist (vgl. Lembken 2012, S. 66). Ferner dient die Zertifizierung nach ISO 9001 primär der Selbstdarstellung des Unternehmens. LEMBKEN schließt daraus, dass sich die Zertifizierung als notwendiges Muss in der Baubranche bis dato noch nicht durchgesetzt hat (vgl. Lembken 2012 S. 66). Auch GEHBAUER stützt die Annahme, dass sich die ISO 9000er Familie nur bedingt für das Bauwesen eignet und formuliert seine Gedanken folgendermaßen:

1) Das QMS nach ISO 9000 ff. ist zu abstrakt für die Umsetzung auf der Baustelle.
2) Die Qualitätssicherung bei der manuellen Ausführung der einzelnen Bauaufgaben wird vernachlässigt. Die Qualitätssicherung ist vielmehr vergleichbar mit dem Rahmenterminplan des Projektmanagements.
3) Folglich ist die Qualität am Bau nicht von Beginn an, an der Quelle gesichert und wird noch immer kontrolliert und nicht produziert (vgl. Gehbauer 2009, S. 124/125).

[...]


[1] Die DIN EN ISO definiert Qualität als „Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen (Rosmanith, 2004, S.6).

[2] Die DIN EN ISO 9000:2000 definiert Qualität als “Vermögen einer Gesamtheit inhärenter Merkmale eines Produktes, Systems oder Prozesses, zur Erfüllung von Forderungen von Kunden und anderen Parteien.“ (Kamiske / Brauer 2003, S: 167).

[3] Im Folgenden sollen unter dem Begriff „Qualitäten“ sämtliche Produkte, Dienstleistungen, Prozesse, Systeme o.Ä. zusammengefasst werden.

[4] Anhang 1 hält eine Liste anerkannter Regeln der Technik bereit.

[5] Dieser Zusammenhang ist auch als Demingkette bekannt, welche in Anhang 2 zu finden ist.

[6] JOCHEM nennt als Beispiele die Firmen Toyota, Haier und Viessmann (vgl. Jochem 2010, S 6).

[7] Gesetzeskraft haben beispielsweise die Normen betreffend die Fahrzeugüberwachung, Kalibrierdienste und die Baunormen.

[8] Die Frage nach der Effektivität lautet: Haben wir das Richtige gemacht, d.h. erfüllen unsere Produkte/ Dienstleistungen die Markt-/Kundenbedürfnisse? (vgl. IHK 2012, S.

[9] Die Frage nach der Effizienz lautet: Haben wir es richtig gemacht, das heißt entsprechen die fertigen Produkte/die Dienstleistungen den vorgegebenen (Kosten-)Anforderungen?

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Details

Titel
Der Einfluss des Qualitätsmanagements auf die Wettbewerbsfähigkeit der Bauwirtschaft
Hochschule
Hochschule für angewandte Wissenschaften München
Note
1,7
Autor
Jahr
2012
Seiten
30
Katalognummer
V287548
ISBN (eBook)
9783668493803
ISBN (Buch)
9783668493797
Dateigröße
879 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einfluss, qualitätsmanagements, wettbewerbsfähigkeit, bauwirtschaft
Arbeit zitieren
Tanja Hörmann (Autor:in), 2012, Der Einfluss des Qualitätsmanagements auf die Wettbewerbsfähigkeit der Bauwirtschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/287548

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