Deutsche Lehnwörter im Slowenischen als Zeugen deutscher Vergangenheit und des deutschen Einflusses auf das Slowenische


Hausarbeit, 2012

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A) Deutsche Lehnwörter im Slowenischen als Zeugen deutscher Vergangenheit und des deutschen Einflusses auf das Slowenische

B) Hauptteil
I. Windisch, Slowenisch, Deutsch
II. Geschichte als Wegbereiterin für den starken deutschen Einfluss
III. Lautlehre
III 1 Vokalismus: a) Kurzvokale
III 1 Vokalismus: 1b) Langvokale
III.1. Konsonantismus: 2a) Dentale
III.1. Konsonantismus: 2b) Labiale
IV. Die slowenische Sprachreinigung

C) Fazit: Mundarten als entscheidender Maßstab für die Lehnwortforschung

D) Abkürzungsverzeichnis

E) Literaturverzeichnis

A) Deutsche Lehnwörter im Slowenischen als Zeugen deutscher Vergangenheit und des deutschen Einflusses auf das Slowenische

„Osteuropa ist die große Fundgrube für die deutschen Lehnwörter“.1 Deutsche Entlehnungen finden sich in Sprachen wie dem Polnischen, dem Russischen, dem Ukrainischen, dem Serbischen und vielen mehr. Laut Eberhard Kranzmayer verfügt das Slowenische hierbei über die meisten „Germanismen“.2

Grenzen mögen zwar geschaffen werden, um einzelne Länder voneinander zu trennen. Den Kontakt und die Verständigung zwischen den Völkern verhindern sie aber nicht – auch nicht in sprachlicher Hinsicht.3

Die deutschen Lehnwörter im Slowenischen bezeugen also den regen Kontakt beider Länder untereinander. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der hochmittelalterliche und neuzeitliche Adel, der in der jeweiligen Zeit zu einem Großteil oder zumindest „teilweise deutsch“ und in den meisten osteuropäischen Gebieten vertreten ist.

Mit jeder kulturellen Neuerung gelangt somit auch der entsprechende deutsche Wortschatz in die Länder Osteuropas. Wie groß der deutsche Einfluss tatsächlich ist wird nicht zuletzt daran deutlich, dass nicht nur vereinzelt Wortschatz entlehnt wird, sondern auch „deutsche Redensarten, […] Vergleiche, […] Bilder und […] Umschreibungen“4 in die slowenische Sprache übertragen werden.

Kranzmayer spricht also von einer „Durchdringung [der slowenischen Sprache] mit deutschem Geist“.5 Doch ist das Slowenische tatsächlich so sehr verdeutscht, dass man von einer „slowenisch-deutsche[n] Mischsprache“6 sprechen kann?

Zuerst werde ich auf das Windische eingehen und es von dem Slowenischen abgrenzen. Außerdem soll veranschaulicht werden, inwiefern historische Ereignisse als Grundlage für den starken deutschen Einfluss auf das Slowenische gesehen werden können. Beispiele für Entlehnungen werden vor allem aus dem Bereich der Lautlehre und des Lautwandels entnommen und dabei soll zwischen dem Vokalismus und dem Konsonantismus unterschieden werden.

Das sogenannte „man-Suffix“ 7 möchte ich ebenfalls kurz erläutern. Die slowenische Sprachreinigung des 19. Jahrhunderts kann als Auslöser dafür gesehen werden, dass viele deutsche Lehnwörter aus dem Slowenischen verschwinden. Zu letzt soll in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit der Mundarten für die Lehnwortforschung betrachtet werden.

B) Hauptteil

I. Windisch, Slowenisch, Deutsch

In den weiteren Kapiteln verwende ich die Begriffe „Windisch“ und „Slowenisch“. Wo ich dies tue beziehe ich mich auf die Arbeiten von Kranzmayer8 und Striedter-Temps9, denn aus diesen Quellen habe ich die Bezeichnungen entnommen. Was aber versteht man unter dem „Windischen“ und wo liegt der Unterschied zum „Slowenischen“?

Wie auch an späterer Stelle noch einmal erwähnt wird bezieht sich Kranzmayer in seinen Forschungsergebnissen auf die „Kärntner Slowenen“, beziehungsweise auf die „Kärnter Windischen“.10 Schlägt man nun in Martin Wuttes „Deutsch-Windisch-Slowenisch“ nach, so ist auch dort die Rede von den „Kärntner Slowenen“.11

Wutte grenzt das „Windische“ wie folgt von dem sogenannten „Neuslowenischen“ ab:

Nun ist aber die ursprüngliche Sprache der Kärntner Slowenen gar nicht das erst spät und künstlich geschaffene Neuslowenisch, sondern das bekannte Kärnter Windische, das sich vom Krainerischen und Neuslowenischen vielfach unterscheidet.12

Das „künstlich geschaffene Neuslowenisch“, damit meint Wutte das Ergebnis der im Rahmen der Sprachreinigung des 19. Jahrhunderts durchgeführten Normierung der Schriftsprache, auf die ich aber erst an späterer Stelle eingehen werde.

Mit Bezug auf Primus Lessiak spricht Wutte schließlich von einem „ursprünglichen Windisch“, welches noch nicht unter dem Einfluss des „Neuslowenischen“ steht und das so viele deutsche Lehnwörter enthält, dass man von einer „Mischsprache“ sprechen kann.13 Den Grund für diese „Mischsprache“ sieht Wutte im engen Kontakt „der slowenischen Kärntner mit den deutschen“14.

Heutzutage steht es mit dem Begriff des „Windischen“ etwas anders. Laut Heinz-Dieter Pohl wurde bis Anfang des 19.Jahrhunderts die slowenische Sprache im Allgemeinen von den Deutschen als „Windisch“ bezeichnet.15 Die „Slawistik“ führt schließlich den Begriff „Slowenisch“ in die deutsche Standardsprache ein.16 Das „Windische“ wird zuletzt als „slowenische Volkssprache in Kärnten“ der „slowenischen Schriftsprache“ gegenübergestellt. Letztere hat ihre Grundlage größtenteils in der „Krainer Mundart“. Heute wird „Windisch“ lediglich im südlichen Teil Kärntens gesprochen.17 Da ich mich auf Kranzmayer und Striedter-Temps beziehe werde ich den Begriff des „Windischen“ in meiner Arbeit übernehmen.

II. Geschichte als Wegbereiterin für den starken deutschen Einfluss

„Die Geschichte zwischenvölkischer Beziehungen zeigt in den Lehnwörtern ihr getreues Abbild“. 18 Im Normalfall lässt sich mit Hilfe der „Lautgeschichte“ auf den Zeitpunkt der Entlehnung eines Lehnwortes schließen.19 Deutlich wird dies im Rahmen des nächsten Kapitels, der Lautlehre. Zudem lässt sich erkennen, welchen Einfluss das Deutsche zu welchem Zeitpunkt auf die slowenische Sprache hat. Je mehr Wörter in einem bestimmten Zeitraum entlehnt wurden, desto größer war der deutsche Einfluss.20

Bereits zur Zeit der Germanen gelangen erste Lehnwörter in die slawischen Sprachen, darunter auch in das Slowenische. Sie bezeichnen zum Großteil Begriffe aus dem Rechts- und dem Kriegswesen, aus dem „kirchlichen“ Bereich, der Medizin, der „Viehzucht“, der Nahrung und dem handwerklichen Bereich.21 Drei Beispiele hierfür, die sich bis heute gehalten haben, sind: gospôd ‚Herr‘ aus dem germanischen gastfadaz ‚Bewirter der Gäste‘ und cêrkev ‚Kirche‘ aus dem germanischen kirkō ‚Kirche‘.22

Im Hochmittelalter, also zwischen dem 12. und 14.Jahrhundert, werden besonders viele Wörter aus dem Deutschen entlehnt. Eine wichtige Rolle spielen hierbei die Entstehung des Rittertums23 und der Lebensstil des höfischen Adels24, außerdem die Städteneugründungen und die „Mystik und [die] jüngere Scholastik“25, welche zu dieser Zeit den Blick auf Religion und Glauben neu formten. Lehnwörter, die diesem Zeitraum zuzuordnen sind, sind unter anderem wind. râtovž ‚Rathaus‘, mûrar ‚Maurer‘,krâmar ‚Krämer‘ und kšiht ‚Geschichte, Erzählung‘.26

Bis circa 1500 ist Deutsch die übergeordnete, vom Adel gesprochene Sprache und droht vor allem in „Kärnten, Krain und Steiermark“ das Slowenische zu verdrängen.27 Im 16.Jahrhundert jedoch wird die Bibel von zwei Slowenen in deren Sprache übersetzt: Primož Trubar und Jurij Dalmatin. Das „Bewusstsein“ für die eigene, die slowenische Sprache wird somit zumindest in der Geistlichkeit aufs Neue geweckt.28

Im 16.und 17.Jahrhundert strömen wieder mehr Lehnwörter aus dem Deutschen in das Slowenische, die Entlehnungen stammen hierbei vorwiegend aus dem Bereich des sich neubildenden „Berufsbeamtentums“ und der Naturwissenschaften.29 In diesen Zeitraum gehören Begriffe wie zum Beispiel krompir ‚Kartoffel‘ aus dem dialektalen ‚Grundbirne‘ und wind. šnicelj ‚Schnitzel‘ oder šnóps ‚Schnaps‘.30

Sowohl das 19. wie auch das 20. Jahrhundert stehen für zahlreiche Neuerungen im Bereich der Technik und für den Bau von Fabriken. Im Rahmen der Umstände dieser Zeit werden zum Beispiel folgende Wörter in das Slowenische entlehnt: âjzempon ‚Eisenbahn‘ 31, avto ‚Auto‘ , meter ‚Meter‘ oder liter ‚Liter‘.32

Es lässt sich also festhalten, dass man mit Hilfe der Lehnwörter auf die Geschichte und Kulturgeschichte zwischen verschiedenen Ländern schließen kann.33

Dadurch, dass die slowenische und die deutsche Bevölkerung für einen so großen Zeitraum so „intensiv“ zusammen und nebeneinander lebten ist es mehr als verständlich, dass das Slowenische stark von dem Deutschen beeinflusst gewesen ist.34 In den Gebieten, in denen die „Mischung“ der beiden Völker am größten ist oder von denen die „Sprachgrenze“ am wenigsten weit entfernt liegt kommt es auch zu den meisten Entlehnungen. Dies betrifft im Besonderen das in Kärnten gesprochene Slowenisch, also das „Windische“ und die Dialekte Krains und der Untersteiermark.35

III. Lautlehre

Die „deutschen Lehnwörter im Slowenischen“ haben ihren Ursprung im südbairischen Sprachraum.36

Das Mittelhochdeutsche stellt die Basis für die Lautlehre dar37, aber die folgenden Beispiele zeigen, dass auch schon zu althochdeutscher Zeit entlehnt wurde. Die Lautgestalt kann schließlich auch Aufschluss darüber geben, wie sich das Deutsche, im Besonderen die bairisch-österreichischen Dialekte, im Laufe der Zeit entwickelt haben.38 Durch feststehende „Lautgesetze“ kann der Entlehnungszeitpunkt festgelegt werden.39

Einige ausgewählte Beispiele aus der Lautlehre, die in Vokalismus und Konsonantismus eingeteilt werden, habe ich der Arbeit „Deutsche Lehnwörter im Slovenischen“ von Striedter-Temps entnommen.40

III 1 Vokalismus: a) Kurzvokale

mhd.(ahd.) a > slow. a:41

Mhd. a entspricht slow. a. Der Entlehnungszeitraum befindet sich zwischen dem 9. und dem 12. Jahrhundert, nicht aber danach, denn nach dem 12.Jahrhundert vollzieht sich die „bairisch-österreichische Verdumpfung“ von a zu ǫ42. Vor dem 9.Jahrhundert wird mhd.(ahd.) a durch slow. o vertreten.

Zwei Beispiele, in denen das mhd.a dem slow.a entspricht:

álmožna 'das Almosen', fárovž 'das Pfarrhaus'

mhd.(nhd.) a > slow. o:43

Zu einem späteren Zeitpunkt entspricht das mhd.a in Entlehnungen schließlich wieder dem slow.o. Hier handelt es sich um Wörter, die aus dem bairisch-österreichischen Sprachraum hörsprachlich entlehnt wurden, die Verdumpfung von a zu ǫ hat offensichtlich schon stattgefunden. Deshalb lassen sich zum Beispiel folgende Entlehnungen in den Zeitraum nach 1200 einordnen:

šnops 'der Schnaps' , šmorn 'der Schmarren'

Eine hundertprozentig richtige Datierung ist allerdings nicht möglich, da für diese Zeitperiode typische „Lautmerkmale“ fehlen. Die Entlehnungszeit wird somit durch die Wortbeispiele im Slowenischen und durch die jeweilige Bedeutung der Wörter erschlossen. Das Wort âjzempon ‚die Eisenbahn‘ zum Beispiel ist, wie bereits in BII erwähnt wurde, im 19. oder 20.Jahrhundert entlehnt worden und somit relativ jung.

mhd.ö> slow. e:44

[...]


1 Kranzmayer, Eberhard: Die deutschen Lehnwörter in der slowenischen Volkssprache. 1944, Ljubljana: Verlag Kramarič . S.29

2 Ebd. S.6

3 Ebd. S.1

4 Ebd. S.6

5 Ebd. S.23

6 Ebd. S.23

7 Striedter-Temps, Hildegard: Deutsche Lehnwörter im Slovenischen. 1963, Wiesbaden: Harrassowitz in Komm.S.77

8 Kranzmayer,E.: Die deutschen Lehnwörter in der slowenischen Volkssprache.

9 Striedter-Temps, H.: Deutsche Lehnwörter im Slovenischen.

10 Kranzmayer, E.: Die deutschen Lehnwörter in der slowenischen Volkssprache. S.5

11 Wutte, Martin: Deutsch-Windisch-Slowenisch. 1927, Klagenfurt: Selbstverlag Kärntner Heimatbund. S.5

12 Ebd. S.12

13 Ebd.

14 Ebd.

15 Pohl, Heinz-Dieter: Kleine Kärnter Mundartenkunde mit Wörterbuch.1989, Klagenfurt: Verlag Johannes Heyn. S.16

16 Ebd. S.16-17

17 Ebd. S.17

18 Kranzmayer, E.: Die deutschen Lehnwörter in der slowenischen Volkssprache. S.28

19 Ebd. S.9-10

20 Ebd. S. 10

21 Ebd.

22 Ebd.

23 Ebd. S.11

24 Ebd. S.12

25 Ebd.

26 Ebd.

27 Striedter-Temps, H.: Deutsche Lehnwörter im Slovenischen. S.XI

28 Ebd. S.X

29 Kranzmayer, E.: Die deutschen Lehnwörter in der slowenischen Volkssprache. S.13

30 Ebd.

31 Ebd.

32 Ebd. S.14

33 Ebd. S.15

34 Striedter-Temps, H.: Deutsche Lehnwörter im Slovenischen. S.XI

35 Ebd. S.XII

36 Kranzmayer, E.: Die deutschen Lehnwörter in der slowenischen Volkssprache. S.8

37 Striedter-Temps, H.: Deutsche Lehnwörter im Slovenischen. S.VII

38 Ebd.

39 Ebd. S. VIII

40 Ebd. S. 1-73

41 Ebd. S.1

42 Ebd.

43 Ebd. S.2

44 Ebd. S.8

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Deutsche Lehnwörter im Slowenischen als Zeugen deutscher Vergangenheit und des deutschen Einflusses auf das Slowenische
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Deutsche Philologie)
Veranstaltung
Einführung in die Dialektologie
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
14
Katalognummer
V287165
ISBN (eBook)
9783656873341
ISBN (Buch)
9783656873358
Dateigröße
507 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lehnwörter, Slowenisch, Deutsche Lehnwörter, Deutsch
Arbeit zitieren
Vanessa Middendorf (Autor:in), 2012, Deutsche Lehnwörter im Slowenischen als Zeugen deutscher Vergangenheit und des deutschen Einflusses auf das Slowenische, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/287165

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Deutsche Lehnwörter im Slowenischen als Zeugen deutscher Vergangenheit und des deutschen Einflusses auf das Slowenische



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden