Die Theoriekonzeptionen von John Rawls, des aktivierenden Sozialstaates und des kommunitaristischen Sozialstaates im Vergleich


Hausarbeit, 2014

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2. Theoretische Sozialstaatsbegründungen
2.1. Eine Theorie der Gerechtigkeit von John Rawls
2.2. Kommunitaristische Sozialstaatsbegründungen
2.3. Anthony Giddens‘ Dritter Weg

3. Komparation der Sozialstaatstheorien

4. Implikationen aus dem Vergleich der Sozialstaatstheorien
4.1. Normative Niederschlagung der Sozialstaatstheorien
4.2. Eine übergeordnete Theorie des Sozialstaates?

5. Fazit.

1. Einleitung

Der Sozialstaat steht gegenwärtig unter erheblicher Kritik. Zum einen in der wissenschaftlichen Debatte und des Weiteren in der öffentlichen Meinung. In Ersterem tun sich vor allem neoliberale, kommunitaristische und feministische Kritiken (vgl. Butterwegge 2012: 74-92) auf. Im Zweitem wird die Aufblähung der Sozialleistungen, der demographische Wandel sowie die vermeintliche Förderung von ,,Sozialschmarotzern‘‘ durch eine zunehmende Ausbreitung von sozialen Rechten angemahnt (vgl. ebd.: 93-107). Verstärkt wird dies durch eine ,,Hegemonie über die Meinungsbildung‘‘ (Müller 2012: 272) seitens der Kontrahenten einer Sozialstaatserweiterung (vgl. ebd.: 270-277).

Somit fanden diese Kritiken zwangsläufig auch Anklang in der politischen Praxis. So bemerkte der ehemalige Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Gerhard Schröder: ,,Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern müssen.‘‘(Schröder 2004: 44). Mit diesen Worten umschrieb er die Konzeption für diejenigen Reformen, welche unter dem Dach der Agenda 2010 vorgenommen wurden. Selbst heutzutage wird die zentrale Stellung der Agenda 2010 noch deutlich, da sie stets den öffentlichen politischen Diskurs mitprägt (vgl. Astheimer et al. 2013).

Wie aus der Aussage Schröders‘ deutlich wird, sah sich die deutsche Sozialpolitik fundamental, erheblichen Veränderungen gegenübergestellt (vgl. Schröder 2004: 52ff. und 62). Ohnehin kann ein Transformationsprozess der Grundkonzeptionen von Sozial- und Wohlfahrtsstaaten, diese beiden Begriffe werden in dieser Arbeit synonym verwendet, von einem fürsorgenden hin zu einem aktivierenden Sozialstaat konstatiert werden (vgl. Dingeldey 2006: 3-7).

All dies zeigt: Der Sozialstaat hat politische Relevanz! Doch wie kann die spezifische Ausgestaltung eines Sozialstaats theoretisch begründet werden und von welchen Grundannahmen oder Faktoren hängt dies ab?

Diese Arbeit widmet sich genau diesen Fragen, indem zunächst die Sozialstaatsbegründungen von John Rawls (Rawls 1979)[1] als ein Vertreter des Liberalismus, der Denkweise des Kommunitarismus (Etzioni 1995; Walzer 1992) und Anthony Giddens (Giddens 1999), dessen Theorie zum einen als Vorreiter bzw. Ideengeber für Begriffe wie ,,aktivierender Sozialstaat‘‘ oder ,,Sozialinvestitionsstaat‘‘ angesehen wird und zum anderen, wie auch aus dem Schröder-Blair Papier (vgl. Blair et al. 1999: 289-299) herauszulesen ist, den reformorientierten sozialdemokratischen Parteien zur Jahrtausendwende hin Leitlinien vorgab (vgl. Giddens 1999: 114ff; Jun 2012: 76-81) oder gar eine neue Spielart der Sozialdemokratie heraufbeschwor (vgl. Nachtwey 2009: 235-248), skizziert werden.

Um die zentrale Fragestellung dieser Arbeit: ,,Kann aus den einzelnen theoretischen Überlegungen eine universelle Theorie des Sozialstaates konstruiert werden?‘‘ beantworten zu können, werden im dritten Kapitel dieser Arbeit die sich überschneidenden und auseinandergehenden Inhalte und Grundannahmen der Sozialstaatsbegründungen aus dem zweiten Kapitel abstrakt aufgezeigt.

Folgend wird im vierten Kapitel aus den Ergebnissen des vorangegangen Kapitels die normative Ausgestaltung eines realen Sozialstaates, welcher der jeweiligen Theorie folgt, mithilfe der Wohlfahrtsstaatstypologie von Gøsta Esping-Andersen (vgl. Esping-Andersen 1998: 35-52) vorgenommen. Folgend wird der Versuch unternommen, eine allgemeingültige Theorie des Sozialstaates mit ihren Grundannahmen und spezifischer Ausgestaltungsweise aufzeigen zu können.

Im fünften und letzten Kapitel dieser Arbeit wird ein Fazit gezogen, in dem die wesentlichen Ergebnisse zusammengefasst werden und detailliert auf die Frage eingegangen wird, ob nun eine universelle Theorie des Sozialstaates konstruiert werden kann oder nicht.

2. Theoretische Sozialstaatsbegründungen

In diesem Kapitel wird erstens die Theorie von John Rawls (Rawls 1979), zweitens dessen Kritik und Gegenentwurf seitens des Kommunitarismus (Etzioni 1995; Walzer 1992) und drittens der ,,Dritte Weg‘‘ von Anthony Giddens, in ihrer Entwicklung nachvollzogen und deren Grundzüge skizziert.

2.1. Eine Theorie der Gerechtigkeit von John Rawls

Rawls definiert seine Konzeption als eine ,,Gerechtigkeit als Fairneß [sic]‘‘ (Rawls 1979:19). Hierbei kupfert Rawls die Methodik der klassischen Vertragstheoretiker und deren hypothetische Konstruktion des Naturzustandes (vgl. Hobbes 1966: 94-98; Locke 1977: 201-209; Rousseau 1969: 30ff.) ab. Unter dem ,,Schleier des Nichtwissens‘‘ (Rawls 1979: 29), der dem Naturzustand gleichzusetzen ist, geht Rawls davon aus, dass die einzelnen Individuen nichts von ihrer zukünftigen gesellschaftlichen Stellung wissen und somit eine ,,ursprüngliche Situation der Gleichheit‘‘ (ebd.: 28) vorliegt, welche die Fairness in seiner Theorie widerspiegelt.

Die Vertragstheorien gliedern sich allesamt in drei Ebenen auf. Die erste Ebene stellt den Naturzustand dar, die zweite die Vertragsschließung (vgl. Hobbes 1966: 134f.; Locke 1977: 280f.; Rousseau 1969: 42-45) und die dritte die Errichtung der Gesellschaft, für die Schließung eines Sozialvertrages, bzw. des Staates für die Übereinkunft eines Herrschaftsvertrages.[2]

Im Kern beschreibt der Naturzustand die vorgesellschaftlichen Verhältnisse, denen die einzelnen Individuen ausgesetzt sind. Je nach Annahme divergiert die Ausgestaltung des Naturzustandes, woraufhin verschiedene Schlussfolgerungen für die gesellschaftliche und staatliche Ausgestaltung getroffen werden (vgl. Hobbes 1966: 145f.; Locke 1977: 283-293; Rousseau 1969: 58-65).

Rawls beschränkt sich in seiner Theorie jedoch lediglich auf die Konstruktion einer Gerechtigkeitsvorstellung, da eine wohlgeordnete Gesellschaft zwangsläufig eine identische Vorstellung von Gerechtigkeit aufweisen muss und sich somit alle weiteren gesellschaftlichen Festlegungen an dieser zu orientieren haben (vgl. Rawls 1979: 19ff., 28f.).

Gemäß einer ,,Theorie der vernünftigen Entscheidung‘‘ (ebd.: 35), also einer streng rationalistischen Entscheidung, schlussfolgert Rawls, dass die Menschen in ihrer Unwissenheit über ihre zukünftige gesellschaftliche Stellung zwei Gerechtigkeitsprinzipien auswählen würden: zum einen ,,die Gleichheit der Grundrechte und -pflichten; zum anderen, daß [sic] soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten [...] nur dann gerecht sind, wenn sich aus ihnen Vorteile für jedermann ergeben, insbesondere für die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft‘‘ (ebd.: 32). Offen bleibt, wie diese Prinzipien anzuordnen sind. Der Autor sieht zwar mit der Selektion von Gerechtigkeitsprinzipien zwangsläufig eine Akzentuierung einiger Grundsätze einhergehend, jedoch spricht sich Rawls für eine lexikalische Anordnung aus, welche die vollständige Erfüllung des ersten Grundsatzes vorsieht bevor ein niedrigerer Grundsatz greifen kann (vgl. ebd.: 60ff.).

Von diesem Standpunkt aus lässt sich auch das Prinzip des ,,Vorrang des Rechten vor dem Guten‘‘ (ebd.: 50) erklären. Dieses Prinzip entspringt der Annahme: ,,Jeder Mensch besitzt eine aus der Gerechtigkeit entspringende Unverletzlichkeit, die auch im Namen des Wohles der ganzen Gesellschaft nicht aufgehoben werden kann‘‘ (ebd.: 19). Rawls wendet sich damit explizit gegen den klassischen Utilitarismus und dessen Nutzenprinzip, welcher lediglich auf die absolute Glücksmaximierung achtet (vgl. ebd.: 40-45). Manifestiert wird dies in der Zusicherung individueller Freiheiten (,,das Rechte‘‘) gegenüber Zugriffen von Dritten, selbst wenn diese Zugriffe den Gesamtnutzen der Gesellschaft mehren würden (,,das Gute‘‘). Durch die lexikalische Ordnung zugunsten der individuellen Freiheit wird dies zusätzlich abgesichert.

Folglich stellt Rawls aus den zwei oben genannten Gerechtigkeitsprinzipien und den Implikationen der lexikalischen Ordnung folgend schließlich zwei Maximen auf:

,,1. Jedermann soll gleiches Recht auf das umfangreichste System gleicher Grundfreiheiten haben, das mit dem gleichen System für alle anderen verträglich ist.

2. Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten sind so zu gestalten, dass (a) vernünftigerweise zu erwarten ist, daß [sic] sie zu jedermanns Vorteil dienen, und (b) sie mit Positionen und Ämtern verbunden sind, die jedem offen stehen.‘‘ (ebd.: 81).

Konkret benennt Rawls das passive und aktive Wahlrecht, die Rede- und Versammlungsfreiheit, die Gewissens- und Gedankenfreiheit, die Unverletzlichkeit der Person, die Eigentumsfreiheit sowie die allgemeine Bindung an die Gesetze als diejenigen Freiheiten, die aus dem ersten Grundsatz entspringen (vgl. ebd.: 82).

Offen bleibt bei der Formulierung der Maximen aufgrund der zahlreichen Interpretationsmöglichkeiten jedoch, was unter ,,jedermanns Vorteil‘‘ und ,,jedem offen stehen‘‘ verstanden werden soll. Rawls argumentiert folgend aus einem wirtschaftswissenschaftlichen Standpunkt heraus um die ,,gerechte‘‘ Verteilung festzulegen, indem er die Pareto-Optimalität erläutert. Dieser zufolge wird eine Situation als gerecht bezeichnet, falls es keine Möglichkeit gibt eine repräsentative Person durch eine Veränderung der Verteilung besser zu stellen, ohne dass jemand davon einen Nachteil erfahren würde. Jedoch fehlt es diesem Prinzip an einer objektiven Bewertungsmöglichkeit, da das Prinzip der Pareto-Optimalität z.B. Sklaverei legitimieren würde (vgl. ebd.: 87-92). Deswegen führt Rawls das Differenzprinzip an. Dieses Prinzip verbindet die Pareto-Optimalität mit einer objektiven Bewertung, da es durch die gesellschaftliche Zusammenarbeit zu einer Vermehrung der Güter kommt und es lediglich notwendig ist die Stellung der am schlechtesten Gestellten zu beachten. Ferner können (zunehmende) Ungleichheiten legitimiert werden, wenn diese entweder den schwächsten Gliedern der Gesellschaft nutzen oder die Aussicht auf eine Verbesserung der Lebenslage dieser Gruppe gestärkt wird (vgl. ebd.: 96-100).

Somit lautet der (frühe)[3] zweite Gerechtigkeitsgrundsatz von Rawls: ,,Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten sind so zu regeln, daß [sic] sie sowohl (a) den am wenigsten Begünstigten die bestmöglichen Aussichten bringen als auch (b) mit Ämtern und Positionen verbunden sind, die allen gemäß der fairen Chancengleichheit offen stehen.‘‘ (ebd.: 104).

Rawls stellt zusätzlich dar, dass hier Teil (b) lexikalisch dem Teil (a) aufgrund der Kopplung der vollkommenen Verfahrensgerechtigkeit, die zusätzlich zu dem fairen Verfahren einen unabhängigen Maßstab für eine gerechte Verteilung aufweist, an die reine Verfahrensgerechtigkeit, bei der letzteres wegfällt, vorgeht (vgl. ebd.: 105-110). Somit geht gemäß Rawls die Erfüllung der Chancengleichheit der Ergebnisgleichheit vor.

2.2. Kommunitaristische Sozialstaatsbegründungen

Der Kommunitarismus kann zwar keine universelle Theorie oder einen Referenztheoretiker aufweisen, jedoch ist diese Schule mit der grundlegenden Kritik an John Rawls auf einem gemeinsamen Nenner. Die Kritik wird erstens an dem Auslassen der Normenbegründung in Gesellschaften sowie an der lexikalischen Ordnung der Gerechtigkeitsprinzipien ausgeübt (vgl. Schwaabe 2013: 156f.). Zweitens werden die mangelnden Lösungsvorschläge eine innergesellschaftliche Kohäsion aufrechtzuerhalten kritisiert (vgl. Frankenberg 1994: 9). Drittens wird spezifisch das ungebundene Selbst im Urzustand von Rawls kritisiert (vgl. Sandel 1993: 28ff.).

Somit kann im Speziellen von einer Gegenbewegung zum Liberalismus nach der Spielart von Rawls, und im Allgemeinen von einem humanistischen Kontrahenten des Egalitarismus[4], gesprochen werden (vgl. Krebs 2005: 37-41).

Der amerikanische Philosoph Michael Walzer folgt mit seinem Buch ,,Sphären der Gerechtigkeit‘‘ der Intention ,,das Bild einer Gesellschaft zu zeichnen, in der soziale Güter und Werte nicht als Mittel der Herrschaft genutzt werden bzw. nicht als solche genutzt werden können‘‘ (Walzer 1992: 19). Hierzu entwickelt er mit der Gütertheorie einen konkreten Gegenentwurf zur Theorie Rawls‘. Er sieht eine ,,Gerechtigkeit durch Differenzierung‘‘ (Heidenreich 2011:127) vor. Er geht hierzu von der Annahme aus, dass Menschen untereinander Güter verteilen und diese erst durch die Beziehungen der einzelnen Individuen untereinander ihre Bedeutung erhalten (vgl. Walzer 1992: 30f.). Dadurch werden verschiedene gesellschaftliche Sphären konstruiert.

Folglich stellt er sechs Thesen für seine Gütertheorie auf (vgl. ebd.: 32-36). Erstens sollen alle relevanten Güter in Bezug auf die distributive Gerechtigkeit in Gesellschaften konstruiert werden. Zweitens werden individuelle Identitäten durch das Verlangen nach Gütern und deren Besitz gebildet. Drittens soll es keine Grundgüter geben, die in allen moralischen oder materiellen Welten als unerlässlich bezeichnet werden können. Viertens hängt die gerechte Verteilung immer von dem Gut an sich ab sowie von dessen gesellschaftlicher Stellung. Folglich gibt es kein universell geltendes Gerechtigkeitsverfahren. Fünftens ist die Bedeutung eines Gutes für eine Gesellschaft nur temporär. Somit muss sich die Verteilung stets an die Zeit anpassen. Sechstens definiert jedes einzelne Gut einen einzelnen Gerechtigkeitsbegriff, woraus separate Verteilungssphären, mit zugeschnittenen Kriterien und Verfahren, entstehen. Letzteres stellt, wie oben erwähnt, die Differenzierung dar.

Diese Maßstäbe können jedoch verletzt werden, indem ein Gut dominant ist, oder eine Person bzw. Gruppe ein Gut monopolisiert. Dominant ist ein Gut Walzer zufolge, wenn durch den Besitz dessen automatisch ein Besitz eines oder mehrerer Güter resultiert. In einer Monopolstellung befindet sich ein Gut wenn ,,eine Einzelperson [...] oder eine Gruppe von Personen [...] den Besitz dieses Gutes erfolgreich gegen alle auftretenden Rivalen wahren können.‘‘ (ebd.: 37). Falls eine Knappheit bei einem Gut vorherrscht führe eine Monopolstellung zwangsläufig zu einer Dominanz, so Walzer. Man kann sagen, dass der Autor folgend drei Gerechtigkeitsprinzipien für solche Fälle aufstellt:

,, Gegenforderung I: Das dominante Gut, was immer es sei, ist so umzuverteilen, daß [sic] alle Mitglieder der Gemeinschaft oder zumindest eine breite Allgemeinheit in seinen Besitz gelangen – Implikation: das Monopol ist ungerecht.

Gegenforderung II: Es muß [sic] dafür gesorgt werden, daß [sic] alle Sozialgüter eine autonome Verteilung erfahren – Implikation: die Dominanz eines einzelnen Gutes ist ungerecht.

Gegenforderung III: Das gegenwärtige dominante Gut muß [sic] durch ein anderes, von einer anderen Gruppe monopolisiertes Gut substituiert werden – Implikation: die bestehende Herrschafts- und Monopolstruktur ist ungerecht.‘‘ (ebd.: 40)

Aus diesen Annahmen heraus definiert Walzer seine Gleichheitskonzeption. Er unterscheidet zwischen der einfachen Gleichheit, die als Situation aufgefasst wird ,,in der alles käuflich ist und in der alle Bürger gleich viel Geld besitzen‘‘ (ebd.: 41), und der komplexen Gleichheit, die ,,ein Netz von Beziehungen, das Dominanz und Vorherrschaft verhindert‘‘ (ebd.: 49) erzeugt. Somit darf ein Individuum wegen einer schlechten Stellung in Sphäre 1 dafür nicht in Sphäre 2 belangt werden. Die einfache Gleichheit wird jedoch schnell verworfen, da dem Staat zur Aufrechterhaltung der Gleichheit ansonsten zu starke Kompetenzen übertragen werden sollten. Insgesamt bestimmt Walzer in seiner Theorie elf Sphären, wobei drei Sphären für ihn zentral sind. Dies wären die Tausch-, die Verdiensts- und die Bedürfnissphäre (vgl. ebd.: 51-58).

Abschließend kann bildhaft für die Theorie von Michael Walzer gesprochen: ,,Gute Zäune garantieren gerechte Gesellschaften‘‘ (ebd.: 449).

Mit dem ,,kommunitaristischen Programm‘‘ von Amitai Etzioni aus dem Jahre 1991 wurde diese Denkrichtung erstmals öffentlichkeitswirksam. In diesem sind vor allem die Relation von Rechten und Pflichten sowie die Stärkung der Staatsbürgermoral zentral.

Um diese Moral zu stärken, soll der Staat kooperativ und auch ergänzend mit/zu der Zivilgesellschaft handeln und durch eine aktive Unterstützung der Familien, in der laut dem Programm die Moral konstruiert wird, den Grundstein einer gerechten Gesellschaft legen (vgl. Etzioni 1995: 286ff.).

Auch wird Kritik am Zwang seitens des Staates geübt, die Demokratisierung der Zivilgesellschaft gefordert, sowie die wichtige Stellung von Gesellschaften erläutert (vgl. ebd.: 284f.).

Es soll ferner streng subsidiär gehandelt werden, so solle der ,,Staat [...] nur einspringen, soweit andere soziale Subsysteme versagen, und nicht versuchen sie zu ersetzen.‘‘ (ebd.: 290).

Unter der Überschrift ,,Was Recht ist, muß [sic] nicht recht sein‘‘ (ebd.: 294) wird zwar auf eine abgewandelte Art und Weise argumentiert, jedoch kann daraus geschlossen werden, dass nicht alle sozialen Rechte und Ansprüche als selbstverständlich eingefordert werden sollen.

Dies kann auch am kooperativen Gerechtigkeitsverständnis konstatiert werden, in dem die gegenseitige gesellschaftliche Verantwortlichkeit betont wird (vgl. ebd.: 295).

2.3. Anthony Giddens‘ Dritter Weg

Prägnant zusammengefasst lässt sich der ,,Dritte Weg‘‘ wie folgt beschreiben: ,,Von einem allumfassenden Etatismus in Wirtschaft und Gesellschaft soll der Weg zu einer aktiven, sich selbst regulierenden Bürgergesellschaft führen‘‘ (Vorländer 2001: 19).

So sieht dies auch der britische Soziologe Anthony Giddens in seinem Buch: ,,Der dritte Weg. Die Erneuerung der sozialen Demokratie‘‘, in dem die Hauptintention des Autors ist, eine grundlegende Debatte über die Zukunft sozialdemokratischer Politik während der Zeit der Jahrtausendwende anzustoßen: ,,Der Wohlfahrtsstaat, der allgemein als das Herzstück sozialdemokratischer Politik angesehen wird, schafft heute mit seiner Lösung der Probleme ständig neue Probleme‘‘ (Giddens 1999: 29).

Giddens identifiziert zunächst zwei Grundansichten der Politik. Auf der einen Seite die klassische Sozialdemokratie bzw. die ,,alte Linke‘‘ (ebd.: 20) und auf der anderen Seite den Neoliberalismus, der unter der Feder des ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagan und der ehemaligen britischen Premierministerin Margaret Thatcher aufkam und von Giddens als die ,,neue Rechte‘‘ (ebd.: 20) bezeichnet wird (vgl. ebd.: 13-29). Von diesen beiden Stoßrichtungen möchte sich der Autor im Folgenden loslösen.

Als zentrale Auslöser eines Reformbedarfs der Sozialdemokratie identifiziert Giddens fünf interdependente Dilemmata. Die Globalisierung, die Individualisierung, die vermeintliche Diffusion von Links und Rechts, den Wandel politischen Handelns sowie die Ökologiesierung (vgl. ebd.: 40-78). Für die Sozialstaatskonzeption sind vor allem der erste, zweite und der vierte Punkt von Belang. Die Deskription dieser Punkte von Giddens wird folglich hier pointiert nachvollzogen.

Für Giddens vollzieht sich die Globalisierung ökonomisch, durch den zunehmenden internationalen Handel und die internationalen Finanzmärkte, politisch, durch das Erlöschen von Nationalgrenzen und den zunehmenden Kooperationsbedarf von Staaten, sowie kommunikativ, im Sinne von der Beförderung der Individualisierung. Somit ,,formt die Globalisierung die Institutionen der Gesellschaften, in denen wir leben, um.‘‘ (ebd.: 47).

Getreu der inglehartschen These des Postmaterialismus, welche besagt, dass Gesellschaften mit steigender materieller Sicherheit zunehmend postmaterialistische Bedürfnisse, wie beispielsweise eben den Individualismus, entwickeln (vgl. Inglehart 1997), konstatiert Giddens eine Auflösung der klassischen Wählermilieus und folglich auch einen Gewichtungswandel von der sozio-ökonomischen Konfliktlinie hin zur sozio-kulturellen Konfliktlinie[5] (vgl. Giddens 1999: 34ff.).

Giddens zufolge beförderte der Sozialstaat mit seinen Leistungen, die auf Individuen und nicht auf Gemeinschaften zugeschnitten sind, den Trend der Individualisierung. Bei dieser handelt es sich aber keinesfalls um Egomanie, wodurch von einer Außerkraftsetzung gesellschaftlicher Solidarität nicht gesprochen werden kann. Eigenverantwortung und kollektive Zusammenarbeit stellen gute Schlagworte für die Theorie Giddens‘ dar und somit ,,besteht die Aufgabe darin, ein neues Gleichgewicht zwischen individueller und staatlicher Verantwortung herzustellen‘‘ (ebd.: 50).

Für politische Prozederen konstatiert der Autor zwar eine Externalisierung der Politik weg von den Parteien und politischen Eliten hin zu Nichtregierungsorganisationen oder sonstigen sozialen Bewegungen, aber diese seien nicht in der Lage große Vorhaben umzusetzen (vgl. ebd.: 60-67), woraus sich abermals herauslesen lässt, dass der Staat unter anderem im sozialen Sicherungssystem immer noch letztinstanzlich und leitend handeln soll.

Wegen diesen zahlreichen Veränderungen soll sich die Sozialdemokratie nicht mehr lediglich einem emanzipatorischen Ansatz verschreiben, der die Schaffung von Lebenschance im Fokus hat, sondern zusätzlich eine Politik der Lebensführung betreiben, die diese neuen Themenfelder bearbeiten soll (vgl. ebd.: 57f.; Medosch 1997).

Schließlich gelangt Giddens zu seinem zentralen Motto: ,,keine Rechte ohne Verpflichtungen‘‘ (ebd.: 79), das das ganze Leben der Staatsbürger verändern soll. Offen bleibt jedoch, welche Pflichten besser Gestellte haben könnten. Spezifisch schlägt Giddens, getreu dem zentralen Motto, lediglich vor, die aktive Suche nach einer Arbeitsstelle obligatorisch für die Berechtigung zum Erhalt des Arbeitslosengeldes zu machen.

Unter dem Titel ,,Der Staat als Sozialinvestor‘‘ (Giddens 1999: 114) legt Giddens sein spezifisches Programm dar.

Er definiert zunächst Gleichheit als Inklusion bzw. Ungleichheit als Exklusion. Gleichheit meint somit ,,die bürgerlichen und politischen Rechte und Pflichten, die jedes Mitglied der Gesellschaft nicht nur formal, sondern in seiner Lebenswirklichkeit haben sollte.‘‘ (ebd.: 117f.). Wohingegen Exklusion ,,Mechanismen, die bewirken, daß [sic] Bevölkerungsgruppen sich vom Gros der Gesellschaft trennen.‘‘ (ebd.: 119) sind. Gegenwärtig konstatiert Giddens zwei Arten der Exklusion: von unten, durch die Verschließung von Laufbahnen, und von oben, durch den Rückzug oberer Schichten aus dem sozialen Leben.

Um diesen beiden Tendenzen entgegenzuwirken fordert Giddens eine ,,Stärkung der Bürgerrechte‘‘ (ebd.: 122) ein. Um das Zugehörigkeitsgefühl an den Sozialstaat zu fördern, soll die ,,traditionelle Hilfe für Arme [...] durch gemeinschaftsorientierte Maßnahmen ersetzt werden, die eine Beteiligung aller ermöglichen und darüber hinaus effektiver sind.‘‘ (ebd.: 125).

Weitergehend sieht Giddens eine Stärkung des Korporatismus vor, um den Sozialstaat zu ,,demokratisieren‘‘, da Umverteilungseffekte Freiheiten einschränken, sowie die Ausweitung individueller Beiträge zum Sozialstaat, um der psychischen Seite des Wohlfahrtsstaates gerecht zu werden. Diese beiden Faktoren definiert Giddens als ,,positive Wohlfahrt‘‘ (ebd.: 132).

Als Strategie zur Durchsetzung dieser Forderungen identifiziert er den ,,Sozialinvestitionsstaat‘‘, der dem Motto folgt: ,,Investition in menschliches Kapital statt direkter Zahlungen‘‘ (ebd.: 133) und rückt damit den Begriff des Humankapitals[6] ins Licht. Hier soll vor allem das Scheuklappendenken über eine Miteinbeziehung älterer Menschen in das Arbeitsleben abgelegt werden. So soll das ,,Alter nicht als Zeit der Rechte ohne Pflichten angesehen werden.‘‘ (ebd.:136). Auch die Arbeitswelt an sich soll in dem Sinne umgestaltet werden, dass die Risikobereitschaft gefördert wird. So zum Beispiel unternehmerische Initiativen in neuen Wirtschaftszweigen, das lebenslange Lernen, Beteiligungen von Unternehmen bei öffentlichen Projekten, allgemeine Flexibilitätsförderung durch Angleichung von Bildungsstandards oder flexiblen Renten sowie eine familienfreundliche Arbeitswelt (vgl. ebd.: 140ff.).

3. Komparation der Sozialstaatstheorien

Es ist unbestreitbar, dass alle vorangegangenen Sozialstaatstheorien einen Weg zu sozialer Gerechtigkeit suchen, aber in der Definition dieser besteht eine hohe Divergenz (vgl. Boshammer 2005: 44f.).

Zunächst fällt eine große Divergenz in der Argumentationsentwicklung aller Sozialstaatstheorien ins Auge. Giddens argumentiert bei seiner Sozialstaatsbegründung lediglich aus einem individuellen Gesichtspunkt hinaus. Zwar soll die Sozialstaatreform der gesamten Bevölkerung zu Gute kommen, aber die spezifische Gerechtigkeitsvorstellung wird von dem Individuum begründet. Ähnlich ist dies bei Rawls. Gesellschaftliche Kooperation spielt zwar bei ihm eine große Rolle, aber nicht in der eigentlichen Begründung des Sozialstaates. Jedes einzelne Individuum wählt im Urzustand, unabhängig von allen anderen, die Gerechtigkeitsgrundsätze aus. Auch mit dem ,,Schleier des Nichtwissens‘‘ (Rawls 1979: 29), sowie mit dem ,,Vorrang des Rechten vor dem Guten‘‘ (ebd: 50) und der lexikalischen Anordnung der Gerechtigkeitsprinzipien wird ein individualistischer Argumentationsstrang verfolgt. Zusätzlich lässt sich die Selbstverwirklichungstendenz im ,,Dritten Weg‘‘ theoretisch auf Rawls zurückführen (vgl. Wolf 2011: 264f.). Walzer hingegen hat ausführlich dargelegt, dass Gerechtigkeit aus Gemeinschaften definiert wird (vgl. Walzer 1992: 30f.) und diese gar erst durch Gesellschaften entstehen kann. Im ,,kommunitaristischen Programm‘‘ gilt ein gesellschaftliches Leben ebenfalls als unabdingbar (vgl. Etzioni 1995: 284f.). Schließlich kann von einer Konvergenz zwischen Rawls und Giddens gesprochen werden, aber auch eine große Unterscheidung zwischen diesen beiden und dem Kommunitarismus konstatiert werden.

Wie sieht es mit dem Gleichheitsbegriff bei den Sozialstaatstheorien aus? Rawls begreift die Menschen mit der Abstraktion, die aus dem Urzustand kommt, zunächst als komplett identisch. Dies setzt sich dann auch in der Aufstellung der Gerechtigkeitsgrundsätze fort. Genauer mit dem Differenzprinzip. Somit ist der Gleichheitsbegriff bei Rawls abstrakt-theoretisch fundiert. Wohingegen der ,,Dritte Weg‘‘ Gleichheit als Inklusion begreift, was die Miteinbeziehung in das soziale Leben meint. Dies scheint eher eine Sache der Empirie zu sein und daher kann auch von einer flexiblen Gleichheit gesprochen werden. Gleichheit ist für Walzer die Chancengleichheit in allen Sphären und somit auch im theoretischen Sinne verankert. Zusätzlich kann behauptet werden, dass Rawls einen materiellen Gleichheitsbegriff, Giddens einen post-materialistischen und Walzer einen Gleichheitsbegriff benutzt, der wegen der Konstruktion der Gerechtigkeit in Gemeinschaften, die durch Werte getragen wird, eine Mischung zwischen materiellen Werten und post-materiellen Werten vorsieht. Folglich kommen die Theorien hier auf keinen gemeinsamen Nenner.

Es kann behauptet werden, dass das Differenzprinzip von Rawls grundsätzlich ökonomische Ungleichheiten legitimiert (vgl. Nachtwey 2009: 240f.). Somit könnte eine grundsätzliche Konvergenz mit dem Motto ,,keine Rechte ohne Verpflichtungen‘‘ (Giddens 1999: 79) vorherrschen. Auch in der rawlsschen Gerechtigkeitskonzeption findet sich die Begründung von Rechten und Pflichten wieder. So sieht er, basierend auf dem in dieser Arbeit bereits erwähnten ersten Grundsatz der Gerechtigkeitsprinzipien, die Zuweisung von Rechten und Pflichten als unerlässlich an (vgl. Rawls 1979: 81), da die ,,Theorie der Gerechtigkeit als Fairneß [sic] [...] die Gesellschaft als ein Unternehmen der Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil‘‘ (ebd.: 105) ansieht. Die fehlende Beantwortung der Frage, wie ein innergesellschaftlicher Zusammenhalt konstruiert und aufrechterhalten werden kann (vgl. Frankenberg 1994: 9), kann hier als Kritikpunkt vom Kommunitarismus an beide Theorie gelten. Der Kommunitarismus selbst sieht diese gesellschaftliche Kooperation folgerichtig auch vor (vgl. Etzioni 1995: 295).

Zurückbezogen auf die Rechte und Pflichten, kann eher eine abstrakte rhetorische Konvergenz festgestellt werden. Nach der Intention Giddens könnten die staatlichen Institutionen und die daraus höchstwahrscheinlich konstituierenden Sanktionsmechanismen derartig extrem ausfallen, dass sie zur Last der am wenig Begünstigten werden, was dem Differenzprinzip zuwider laufen würde. Darüber hinaus könnten, für den Fall der Minimierung staatlicher Zuwendungen, in die Eigentumsfreiheit oder in das staatlich garantierte Existenzminimum, und für den Fall von Sanktionen bei politischen Rechten, sogar in Wahlfreiheit eingegriffen werden. Darüber hinaus widerspricht dieser Kern des ,,Dritten Weges‘‘ dem Differenzprinzip von Rawls bereits dahingehend, dass der ,,Dritte Weg‘‘ spezifisch den am meist Begünstigten ein Zugehörigkeitsgefühl zu dem Sozialstaat verleihen will, indem der Sozialstaat an die (ver-) öffentlich(t)e Meinung angepasst werden soll (Giddens 1999: 122f.). Diesem Argument könnte man jedoch entgegnen, dass die Einforderung von Pflichten seitens des Staates an seine Bürger die Abhängigkeit der am wenigsten Begünstigten gegenüber des Sozialstaates eindämmt und folglich keine Schlechterstellung dieser Gruppe konstatiert werden kann.

Das Differenzprinzip entspricht der Theorie von Walzer dahingehend, dass es auf jede einzelne Sphäre angewendet werden kann. Vor allem die Chancengleichheit in allen Sphären ist mit dem Differenzprinzip, aber auch mit dem rationalen Handeln im Urzustand vereinbar. Ein Individuum würde im rawlsschen Urzustand zweifellos bejahen, dass jede Sphäre getrennt behandelt werden soll.

Dieser Punkt kann als ,,sozio-ökonomischer Staatsaufbau‘‘ aufgefasst werden, worin sich der Kommunitarismus und Rawls einig sind. Die Theorie von Anthony Giddens ist hier jedoch außen vor.

Wie in Kapitel 2 bereits dargelegt wurde, fordert Giddens eine Förderung von risikobehaftetem Verhalten ein. Wie sieht dies bei den anderen Theorien aus? Die allgemein rationale Wahl der Gerechtigkeitsgrundsätze lässt auf eine Risikoaversität zurückschließen. Bestärkt wird dies durch das Differenzprinzip, für das Rawls spezifisch den Begriff Maximin-Regel ablehnt, da dieser risikoträchtige Konnotationen mit sich bringt (vgl. Rawls 1979: 104). Gleiches gilt für die kommunitaristische Sozialstaatstheorie, da diese, wie gerade eben dargelegt, eng mit dem Differenzprinzip übereinstimmt.

Auch die Frage welche Ethik den einzelnen Theorien zugrunde liegt erscheint als zentral, da dieser Punkt spezifisch von Rawls in seiner Kritik am Utilitarismus aufgegriffen wird (vgl. ebd.: 43). Abstrakt wird zwischen einer teleologischen-konsequentialistischen Ethik, die ihren Ursprung im Utilitarismus hat (vgl. Ruffing 2006: 77-81), und einer deontologischen Ethik, welche von Immanuel Kant begründet wurde (vgl. ebd.: 84ff.), unterschieden. Ersteres beurteilt Handlungen lediglich nach ihren Folgen, zweites überprüft die Kompatibilität zwischen Handlung und bestimmten Prinzipien sowie Maximen.

Bei allen drei Theorien kann ohne Zweifel von einer deontologischen Ethik ausgegangen werden. Rawls begründet seine Theorie eben durch seine Gerechtigkeitsgrundsätzen. Auch Giddens stellt zentrale Leitmotive für seine Konzeption des Sozialstaates auf. Darüber hinaus unterstreicht die Stellung von Gesellschaften im Kommunitarismus den deontologischen Ansatz deutlich.

Abschließend kann von einer durchwachsenen philosophischen Konvergenz gesprochen werden.

4. Implikationen aus dem Vergleich der Sozialstaatstheorien

Nach der philosophischen Überprüfung wird in diesem Kapitel zunächst versucht die Theorien in die politische Realität einzumünzen, indem die einzelnen Theorien auf die Kriterien der Wohlfahrtsstaatstypologie von Esping-Andersen angewandt werden. In dieser Typologie differenziert der Autor drei unterschiedlichen Idealtypen von Wohlfahrtsstaaten aus. Diese wären der liberale, der korporatistisch-konservative und der sozialdemokratische Wohlfahrtsstaat (vgl. Esping-Andersen 1998: 43-46). Als Kriterien zieht er direkt die Ausgestaltung sozialer Rechte bzw. die De-Kommodifizierung sowie die Stratifizierung heran (vgl. ebd.: 36-43).

Die De-Kommodifizierung meint ,,das Maß, in dem Verteilungsfragen vom Marktmechanismus entkoppelt sind‘‘ (ebd.: 36). Somit wird bei einem de-kommodifizierenden Sozialstaat die Bindung von Einkommen an die Erwerbsarbeit vergleichsweise gering sein. Des Weiteren wird eine hohe Ausbreitung sozialer Rechte gegeben sein.

Die Stratifizierung beschreibt die Schichtung der Gesellschaft. Somit wird hier das Verhältnis zwischen dem Bürger und dem Staat in den Vordergrund gestellt mit der Frage, wie stark oder schwach staatliche Leistungen zur Kreation sozialer Klassen in der Gesellschaft beitragen (vgl. ebd.: 39f.).

Zusätzlich kann die Familiarisierung als weiteres Kriterium gelten, da diese aus dem ,,Subsidiaritätsprinzip‘‘ (ebd.: 44) entspringt. Folglich gilt: Je höher der Grad der Familiarisierung, desto geringer wird die Involvierung von Familien oder Gesellschaften als Ersatz staatlicher Sozialleistungen gefordert sein. Wichtig ist hier die Annahme, dass der Wohlfahrtsstaat als ,,Schnittstelle zwischen Markt, Staat und Familie verstanden werden‘‘ (ebd.: 36) soll.

Mithilfe dieser Kriterien wird nun die spezifische Ausgestaltung der Sozialstaatstheorien erörtert.

Der idealtypisch liberale Wohlfahrtsstaat weist Esping-Andersen zufolge einen geringen Grad an De-Kommodifizierung aufgrund partikulärer Transferleistungen auf. Wohingegen diesem Typus ein hoher Grad an Stratifizierung, vor allem durch die Bedarfsprüfung und der daraus resultierenden Stigmatisierung von Empfängern, beigemessen wird. Letztlich wird die Familiarisierung hier nicht beachtet, wodurch von einer geringen Ausprägung dieser auszugehen ist (vgl. ebd.: 43f.).

Im korporatistisch-konservativen Typus hingegen, lässt sich ein mittlerer Grad der De-Kommodifizierung konstatieren. Die Stratifizierung kann in diesem Typus als mäßig eingestuft werden, da sich staatliche Transferleistungen nicht ausschließlich auf Bedürftige fokussieren (vgl. ebd.: 44). Die Familiarisierung ist hier stark ausgeprägt, was sich auf den starken kirchlichen Einfluss auf den Staat zurückführen lässt.

Durch die Universalität der Sozialleistungen im sozialdemokratischen Typus findet sich zum einen ein hoher Grad an De-Kommodifizierung wieder und zum anderen kann kein System der Stratifizierung erkannt werden. Durch die ,,vorauseilende Vergesellschaftung familiarer [sic] Kosten‘‘(ebd.: 45) wird einer Abhängigkeit des Einzelnen von der Familie entgegengewirkt, woraus eine De-Familiarisierung resultiert.

Folgend wird detailliert, mithilfe der Verortungen der vorangegangenen Kriterien auf die Sozialstaatstheorien, auf die Forschungsfrage eingegangen.

4.1. Normative Niederschlagung der Sozialstaatstheorien

Da Rawls in seiner Theorie sowohl die Chancen- als auch die Ergebnisgleichheit verwirklichen möchte, kann von einem hohen de-kommodifizierenden Grad ausgegangen werden. Zwar könnte argumentiert werden, dass durch die lexikalische Ordnung zugunsten der Chancengleichheit[7] die Ergebnisgleichheit eingeschränkt wird, jedoch scheint eine derartige Konstellation nur hypothetisch von Belang zu sein, da die Chancengleichheit in der politischen Praxis eines marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystems, vom dem auch Rawls ausgeht (vgl. Rawls 1979: 87), eine Vorbedingung für die Ergebnisgleichheit ist. Das Differenzprinzip (vgl. ebd.: 96-101) und folglich auch der zweite Gerechtigkeitsgrundsatz lassen ebenfalls auf einen starken Umverteilungsmechanismus sowie auf ein hohes Existenzminimum schließen.

Falls mit einem Menschenbild gerechnet werden kann, dass die Bürgerinnen und Bürger im Hinblick auf die Ausgestaltung des Sozialstaates sich intuitiv dem ,,Schleier des Nichtwissens‘‘ (ebd.: 29) hingeben und somit tatsächlich die Gerechtigkeitsgrundsätze von Rawls auch wirklich ausleben, kann von keiner Stratifizierung ausgegangen werden. Rein rational würden sie umverteilende Effekte oder soziale Abhängigkeiten der am wenigsten Begünstigten in der Art interpretieren, dass sie sich in diese Personengruppe hineindenken. Auch die lexikalische Anordnung der beiden Gerechtigkeitsprinzipien verhindert die Einschränkung individueller Freiheiten, wodurch die Separation von Gebern und Empfängern staatlicher Leistungen im gesellschaftlichen Leben aufgehoben wird. Zusätzlich beruht die Theorie von Rawls ohnehin auf einem kooperativen Gedanken (vgl. Knoll 2012: 51f.), was das Gegenteil eines stratifizierenden Systems darstellt.

Über ein Ordnungsprinzip der rawlsschen Theorie kann auf den ersten Blick nur gemutmaßt werden. Wie gerade dargestellt wurde, geht die Theorie von einer Kooperationsgemeinschaft aus, wodurch auf eine Familiarisierung auf der Ebene der Gesellschaft geschlossen werden kann. Wahrscheinlicher ist es aber, dass der Staat die Steuerung des Sozialstaates übernimmt, da sich keine spezifische Unterscheidung zwischen Gesellschaft und Staat in der ,,Gerechtigkeit als Fairneß [sic]‘‘ (Rawls 1979:19) wiederfindet und auch indirekt nicht gegeben ist. Summa summarum kann die Konzeption von Rawls dem sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaat gleichgesetzt werden.

Die strikte Sphärentrennung in der Theorie von Michael Walzer lässt einen hohen de-kommodifizierenden Grad erahnen. So kann beispielsweise ein Versagen in der Schulbildung nicht spätere Armut legitimieren (vgl. Heidenreich 2011: 132). Um den Bürgerinnen stetige Entwicklungschancen in allen Sphären bieten zu können, muss ein hohes Existenzminimum garantiert werden. Mit einem anderen Instrumentarium in einem marktwirtschaftlichen System, von dem auch Walzer ausgeht (vgl. Walzer 1992: 41f.), wäre die Erreichung der Chancengleichheit in allen Sphären nicht denkbar. Auch die Zerschlagung von Monopolstellungen lässt auf eine hohe De-Kommodifizierung schließen.

Eine Ausgrenzung wird durch die gerade erwähnte Chancengleichheit in allen Sphären de facto unmöglich gemacht. Falls jemand in einer Sphäre scheitert wird er nicht ausgegrenzt, sondern bekommt eine neue Chance in einer anderen Sphäre. Ohnehin würde eine soziale Schichtung der zentralen philosophischen Stellung der Gesellschaft in dem kommunitaristischen Sozialstaatsentwurf nicht gerecht. Gesellschaft an sich bedeutet ja Zusammenhalt und Kooperation.

Für die Familiarisierung kann von einem hohen Grad ausgegangen werden (vgl. Etzioni 1995: 290). Man kann annehmen, dass ein Sozialstaat kommunitaristischer Prägung dem sozialdemokratischen Idealtyp entspricht, jedoch muss bei der Familiarisierung ein Abstrich gemacht werden.

Für das Motto ,,keine Rechte ohne Verpflichtungen‘‘ (Giddens 1999: 79) kann von einem geringen de-kommodifizierenden Grad ausgegangen werden. Die (staatliche) Bereitstellung eines hohen Einkommens, Fördergeldes oder Existenzminimums, losgelöst von der Erwerbsarbeit oder sonstigen marktförmigen Tätigkeiten, erscheint hier eher unwahrscheinlich. Zwar könnten Förderungen durch die zentralen Investitionsstrategien (vgl. ebd.: 140ff.) dieser Mutmaßung zuwiderlaufen, aber müssten nach dem oben erwähnten Motto Sanktionsmechanismen für den Fall der Nicht-Erfüllung der Pflichten durch die Bürger eingeführt werden, was die sozialen Rechte der Bürger gegenüber dem Staat aushebeln würde. Dies hätte auch zur Folge, dass vor allem Langzeitbedürftige zwingend in die Arbeitswelt gedrängt werden, da offen bleibt welche Rechte die Bürgerinnen und Bürger besitzen, falls sie nicht in der Lage sind ihre Pflicht zu erfüllen. Bestärkt wird diese Unterstellung, da Giddens präzise angemessene Unterstützungen nur auf kurze Zeit verortet, um einer ,,Kultur der Selbstverständlichkeiten‘‘ vorzugreifen (ebd.: 115).

Im Hinblick auf die Stratifizierung kann ein zweigeteiltes Bild konstatiert werden. Einerseits kann angeführt werden, dass der Wandel von einem einseitig karitativen Bild der Sozialfürsorge hin zu einem heterogenen Solidaritätsgedanken (vgl. Huo 2009: 10f.; Giddens 1999: 123ff.) sowie die Konzeption des ,,Sozialinvestitionsstaat‘‘ (ebd.: 133), also die Befähigung zur Arbeit - Stichwort ,,employability‘‘ (Dingeldey 2003: 99) - und des Humankapitals[8], die Autonomität von Bedürftigen sowie einzelnen Bürgern gegenüber dem Staat befördert und somit die Stratifizierung absenkt. Andererseits kann sich die geringe De-Kommodifizierung auch in dem Sinne auf die Stratifizierung auswirken, dass diejenigen Individuen die ihre Pflichten nicht erfüllen können umso mehr sozial isoliert werden, da das Pflichtenmantra eben derartig zentral in die Gesellschaft eingebettet wird. Jedoch sollte ersterem mehr Gewicht beigemessen werden, da eine ,,Neiddebatte‘‘ erst bei zu hohen staatlichen Leistungen aufkommt und dies zweifelsohne hier nicht der Fall ist. Folglich entsteht bei der Theorie Giddens‘ keine soziale Schichtung.

Durch die zentrale Prämisse der Individualisierung (vgl. Giddens 1999: 47-51) und aufgrund des eingeforderten Korporatismus und der daraus resultierenden Akteursausweitung der Sozialstaatlichkeit, lässt sich aufbauend auf dem niedrigen Grad der De-Kommodifizierung ein hoher Grad an Subsidiarität im Sozialsystem erahnen. Plausibel erscheint, dass der Staat als ultima ratio eingreift und strikt versucht wird soziale Probleme zuerst individuell zu bearbeiten. Daher scheint gar das Typologiekriterium Familiarisierung nicht tiefgreifend genug für die Beschreibung der Sozialstaatskonzeption des ,,Dritten Weges‘‘ zu sein. Somit kann keine annähernde Übereinstimmung mit einem idealtypischen Wohlfahrtsstaatstyp konstatiert werden.

4.2. Eine übergeordnete Theorie des Sozialstaates?

Wie dem vorangegangenen Kapitel zu entnehmen ist, kann gemäß der wohlfahrtsstaatlichen Typologien auf den ersten Blick von keiner übergeordneten Sozialstaatstheorie gesprochen werden. Lediglich der Kommunitarismus und die Theorie von John Rawls scheinen auf einen gemeinsamen Nenner in der De-Kommodifizierung und in der Stratifizierung gebracht werden zu können. Es bleibt anzumerken, dass es auch empirisch Fälle gibt, die keinem Idealtyp entsprechen. Daher soll festgehalten werden, dass für realtypische Sozial- und Wohlfahrtsstaaten keine allgemeingültige Theorie des Sozialstaates aufgestellt werden kann.

Deshalb erscheint es nachvollziehbar auf eine höhere Abstraktionsebene zu gehen, um der Frage gerecht zu werden, ob es eine übergeordnete Theorie des Sozialstaats gibt. Hierzu soll lediglich nach einer philosophischen Sozialstaatsbegründungstheorie gesucht werden.

Bei allen Theorien wurde deutlich, dass die Begriffe Gleichheit und Gerechtigkeit von großem Ausmaß sind. Daher könnte eine These dieser philosophischen Sozialstaatsbegründungstheorie könnte wie folgt lauten:

,,Der Sozialstaat begründet sich durch Gerechtigkeit und Gleichheit. Diese beiden Begriffe werden aus philosophischen Grundannahmen definiert und bestärken sich gegenseitig, gar können sie interdependent sein. Empirische Faktoren oder normative Wertvorstellungen können einen Einfluss auf die beiden zentralen Faktoren nehmen.‘‘.

5. Fazit

In dieser Arbeit wurde der Forschungsfrage nachgegangen: ,,Kann aus den einzelnen theoretischen Überlegungen eine universelle Theorie des Sozialstaates konstruiert werden?‘‘.

Hierzu wurden beispielhaft die Gerechtigkeitstheorien von John Rawls, einige Theorien aus der Denkrichtung des Kommunitarismus sowie die Konzeption von Anthony Giddens dargelegt.

Folgend wurden diese Theorien von einem philosophischen Standpunkt aus in den Vergleich genommen, wobei sich herausstellte, dass eine durchwachsene Deckungsgleichheit besteht.

Im darauffolgenden Kapitel wurde die idealtypische Ausgestaltung dieser Konzeptionen mithilfe der Wohlfahrtsstaatstypologie von Gøsta Esping-Andersen vorgenommen. Dabei zeigte sich eine Grundlegende Konvergenz zwischen dem idealtypischen sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaat und der Theorie von John Rawls. Bei der kommunitaristischen Sozialstaatsbegründung konnte, mit Abstrichen, auch eine Überschneidung mit diesem Idealtyp festgestellt werden. Bei dem ,,Dritten Weg‘‘ konnte keine grundsätzliche Konvergenz mit einem Idealtyp festgestellt werden.

Aufgrund dessen wurde eine höhere Abstraktionsebene ausgewählt und die These formuliert: ,,Der Sozialstaat begründet sich durch Gerechtigkeit und Gleichheit. Diese beiden Begriffe werden aus philosophischen Grundannahmen definiert und bestärken sich gegenseitig, gar können sie interdependent sein. Empirische Faktoren oder normative Wertvorstellungen können einen Einfluss auf die beiden zentralen Faktoren nehmen.‘‘.

Kurz und prägnant zusammengefasst kann abschließend gesagt werden, dass eine Sozialstaatstheorie von dem Gleichheitsbegriff und dem Gerechtigkeitsbegriff abhängt, der von dem Autor getroffen wird.

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[...]


[1] Es gibt jedoch einen breit geführten Diskurs, in dem umstritten ist, ob die Theorie von John Rawls tatsächlich einen Sozialstaat begründet. So kann behauptet werden, dass es sich bei der Theorie aufgrund des Differenzprinzips (vgl. Rawls 1979: 32, 96-101; Näheres dazu in Abschnitt 2.1.) und dessen reziproker Intention (vgl. ebd.: 105f.), durch wechselseitige Vereinbarung die Lebenslage der am wenigsten Begünstigen zu verbessern, lediglich um eine Gerechtigkeitstheorie innerhalb von Kooperationsgemeinschaften handelt (vgl. Kersting 2000: 31ff.). Dem kann aber erstens durch die Definition einer Kooperationsgemeinschaft durch Rawls selbst widersprochen werden (vgl. Knoll 2012: 51f.). Zweitens kann dem durch die Ausgestaltung des politischen Systems und drittens durch die wohlfahrtsstaatlichen Institutionen (vgl. ebd.: 53-58.) entgegnet werden.

[2] Bei Hobbes und Locke verhalten sich der Gesellschafts- und der Herrschaftsvertrag synonym und bedingen sich gegenseitig (vgl. Hobbes 1966: 134f.; Locke 1977: 278ff.). Wohingegen Rousseau einen Herrschaftsvertrag, der eine Übertragung der Souveränität vorsieht, aufgrund des unteilbaren Gemeinwillens kategorisch ausschließt (vgl. Rousseau 1969: 55ff.).

[3] Die abschließende Definition der Gerechtigkeitsgrundsätze nimmt Rawls später vor (vgl. Rawls 1979: 336). Für das Verständnis seiner Gerechtigkeitskonzeption in ihren Grundzügen bietet sich jedoch die Deskription der Anfangsgedanken aufgrund der stringenten Argumentationsentwicklung eher an.

[4] Klassische Egalitaristen beziehen ihre Gerechtigkeitskonzeption primär auf die Gleichheit im Ergebnis (vgl. hierzu Boshammer 2005: 50-59). Als egalitaristisches Fundament in der politischen Praxis kann ferner der Alva-Myrdal-Report der schwedischen Sozialdemokraten gelten (vgl. Myrdal et al. 1971), welcher der Prämisse unterliegt, dass im Ergebnis ,,alle Menschen [...] gleichermaßen dazu berechtigt, ein befriedigendes und entwicklungsfähiges Leben zu führen.‘‘ (ebd.: 48).

[5] Zur Erklärung dieser beiden Konfliktlinien vgl. Niedermayer 2003: 266-270.

[6] Zur Diskussion über diese Begrifflichkeit und deren Ausgestaltung vgl. Kaufmann 2009: 211-226.

[7] vgl. hierzu Kap. 2.1.

[8] vgl. hierzu Kap. 2.3.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die Theoriekonzeptionen von John Rawls, des aktivierenden Sozialstaates und des kommunitaristischen Sozialstaates im Vergleich
Hochschule
Universität Trier
Note
2,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
23
Katalognummer
V287131
ISBN (eBook)
9783656876892
ISBN (Buch)
9783656876908
Dateigröße
470 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
theoriekonzeptionen, john, rawls, sozialstaates, vergleich
Arbeit zitieren
Kevin Knöpfel (Autor:in), 2014, Die Theoriekonzeptionen von John Rawls, des aktivierenden Sozialstaates und des kommunitaristischen Sozialstaates im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/287131

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