Ist Bauen mit Beton nachhaltiges Bauen?

Nachhaltigkeit im Bauwesen. Potenziale des Baustoffs Beton


Hausarbeit, 2014

39 Seiten, Note: 1,7

Miriam Deissner (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Nachhaltigkeit und Bauwesen
2.1 Grundlagen der Nachhaltigkeit
2.1.1 Historie und Definition
2.1.2 Dimensionen der Nachhaltigkeit
2.2 Bedeutung des Bauwesens für eine nachhaltige Entwicklung
2.2.1 Umweltbeeinflussung
2.2.2 Wirtschaftliche Bedeutung

3 Baustoffeigenschaften Beton
3.1 Betonbestandteile und -herstellung
3.2 Ökobilanz und Graue Energie

4 Optimierung der Umwelteigenschaften und die Potenziale bei der Betonherstellung
4.1 Optimierung Zementherstellung
4.1.1 Substitution Primärenergieträger
4.1.2 Substitution Primärrohstoffe
4.1.3 Substitution Portlandzementklinker
4.2 Verwendung bestehender Substanzen: Betonrecycling

5 Beton als Nachhaltiger Baustoff beim ganzheitlichen Gebäudekonzept
5.1 Schallschutz
5.2 Brandschutz
5.3 Thermische Speicherfähigkeit
5.4 Flexibilität, Konstruktion und Nutzung
5.5 Dauerhaft und Widerstandsfähigkeit

6 Nachhaltige Bauverfahren

7 Schlussbetrachtung

Anhangverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Dimensionen der Nachhaltigkeit

Abbildung 2: Abfallaufkommen in Deutschland 1996 bis

Abbildung 3: Prozesskette Beton

Abbildung 4: Anteil Sekundärbrennstoffe am gesamten Brennstoffenergieeinsatz der deutschen Zementindustrie)

Abbildung 5: Überblick über die für den Sekundärstoffeinsatz relevanten Kriterien

Abbildung 6: Marktanteil verschiedener Zementarten

Abbildung 7 Heizen und Kühlen: Bei der Betonkernaktivierung wird die Gebäudemasse zur Temperaturregulierung genutzt

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Ökobilanzielle Kennwerte eines durchschnittlichen deutschen Zementes sowie für Transportbeton dreier Festigkeitsklassen

Tabelle 2: Feststoffgehalt (trocken) [kg/l] und Volumen des Restwassers [l/l] in Abhängigkeit von der Dichte des zugegebenen Restwassers bei einer mittleren Dichte des Feststoffs von 2,1 kg/l

1 Einleitung

Die Definition der nachhaltigen Entwicklung drückt unmittelbar ihr Ziel aus: Nachhaltige Entwicklung sichert die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft. Es wird eine Entwicklung angestrebt, die den Bedürfnissen der heutigen Generation gerecht wird, ohne die Chancen künftiger Generationen zu gefährden. Es gilt, dass natürliche (ökologische) Lebensgrundlagen gesichert werden müssen, um die ökonomische und die soziale Lebensqualität zu verbessern. Vor diesem Hintergrund ist die Notwendigkeit der Nachhaltigkeit für die Zukunft erklärt.1

Innerhalb der EU sind etwa 40 % des Gesamtenergieverbrauchs auf die Gebäudenutzung zurückzu- führen. Dieser große Anteil hat das Thema „Nachhaltigkeit“ in den Fokus des Bauwesens gerückt. In diesem Zusammenhang spielt die Baustoffverwendung bei der Frage der Nachhaltigkeit von Bauobjekten eine zentrale Rolle. Dabei müssen die Auswirkungen auf alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden.2 „Bei der Materialwahl werden nicht nur die ökologischen Aspekte während der Herstellung des Baustoffs, sondern auch die Umweltwirkungen der daraus hergestellten Bauwerke betrachtet. Bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung zählen nicht nur die Herstellungs-, sondern auch Betriebs-, Wartungs- und Instandhaltungskosten über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks hinweg. Und schließlich spielt bei der sozialen Dimension des nach- haltigen Bauens eine Rolle, ob die funktionalen Anforderungen dauerhaft erfüllt werden und ein Bauwerk auch über lange Zeit von den Nutzern nachgefragt wird.“3 Der meistverwendete Konstruktionsbaustoff der Welt ist Beton. Somit stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage: Ist Bauen mit Beton nachhaltiges Bauen?

In der vorliegenden Hausarbeit werden die nachhaltigkeitspotenziale des Baustoffs Beton untersucht. Fokussiert werden in diesem Kontext die Optimierungsmöglichkeiten bei der Betonherstellung und den technischen bzw. funktionalen Eigenschaften des Bauwerks bzw. seiner Bauteile und die angewandte Bauverfahrenstechnik.

2 Nachhaltigkeit und Bauwesen

Die Basis für die erfolgreiche Darstellung der Nachhaltigkeitspotenziale des Baustoffs Beton sind detaillierte Kenntnisse über die spezifischen und individuellen Besonderheiten des Fachgebietes. In diesem Zusammenhang werden im zweiten Kapitel als Grundlage Hintergründe skizziert, der Begriff der Nachhaltigkeit erörtert und die Besonderheiten des Baustoffs Beton im wissenschaftlichen Kontext verdeutlicht.

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Gebiet der Nachhaltigkeit lässt sich, aufgrund seiner umfangreichen gesamtwissenschaftlichen Bedeutung nicht in einigen Worten darstellen. Somit ist es im Interesse dieser schriftlichen Ausarbeitung nur die wesentlichen Dimensionen der Nachhaltigkeit aufzuzeigen, welche für diese wissenschaftliche Ausarbei- tung zur Darstellung der Nachhaltigkeitspotenziale des Baustoffs Beton von Relevanz sind. Es geht also nicht darum, eine Eingrenzung im Sinne absoluter Richtigkeit vorzunehmen, sondern in erster Linie für das Anwendungsgebiet brauchbare Arbeitsbegriffe herzustellen.

2.1 Grundlagen der Nachhaltigkeit

2.1.1 Historie und Definition

In allen Bereichen wird heutzutage von „Nachhaltigkeit“ gesprochen. Sei es in Verbindung mit Konsum, Tourismus, Politik, Mobilität, Bevölkerungsentwicklung, oder Klimaschutz. Aber auch in Kunst und Kultur ebenso wie in der Werbung taucht der Begriff vermehrt auf. Gerne wird er auch von diversen Organisationen, oder Politkern benutzt. Nachhaltigkeit ist aus dem modernen Sprachgebrauch nicht mehr wegzudenken. Dabei ist der Gedanke des nachhaltigen Handelns, bzw. der Nachhaltigkeit an sich aber keine neue Erfindung, sondern ein in Vergessenheit geratener Grundsatz des menschlichen Lebens.

„Die Idee der Nachhaltigkeit ist weder eine Kopfgeburt moderner Technokraten noch ein Geistesblitz von Ökofreaks der Generation Woodstock. Sie ist unser ursprüngliches Weltkulturerbe."4

Tatsächlich lässt sich der Begriff als solcher bis ins frühe 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Der Begriff der Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft. Er wurde erst- mals 1713 von Hans Carl von Carlowitz5 formuliert. Damals wurde für den Betrieb der Erzgruben mehr Holz geschlagen, als in den angrenzenden Wäldern nachwachsen konnte. Um den Bedarf zu decken, musste das Holz aus anderen Regionen angeliefert werden.6

Hans Carl von Carlowitz beschloss damals, die Wälder wieder aufzuforsten und dem Wald nur soviel Holz zu entnehmen, wie in der gleichen Zeit nachwachsen konnte.7 Schon damals entwickelte er damit einen zentralen Leitgedanken der Nachhaltigkeit:

„Verbrauche nicht mehr nachwachsende Rohstoffe je Zeiteinheit als in dieser Zeit nachwachsen können!“8

Doch dieses Prinzip wurdeit durc in den folgenden Jahrhunderten weitestgehend missachtet. Erst im

20. Jahrhundert gewann das Thema Nachhaltigkeit an Bedeutung. Im Jahre 1987 wurde der ursprünglich forstwirtschaftliche Hintergrund der Nachhaltigkeh den sogenannten Brundtland-Bericht9 der World Commission on Environment and Development (WCED) um die umwelt- und entwicklungspolitischen Komponenten erweitert.10 Der Nachhaltigkeitsge- danke beinhaltet demnach drei Aspekte: Ökologie, Ökonomie und Soziales (Abschnitt 2.1.2).

Unter anderem als Reaktion auf die Arbeit der Brundtlandkommission veranstalteten die Vereinten Nationen 1992 die weltgrößte Umweltkonferenz in Rio de Janeiro. Diese Konfe- renz war ein bedeutender Schritt in Richtung einer weltweiten Nachhaltigkeitsstrategie. Die Mitgliedsstaaten verfassten dort die sogenannte Agenda 21.11 Die in ihr verabschiedeten Ziele sind als weltweiter Rahmen anzusehen, den jede Nation von der Ebene der Regierung bis hinunter zur Kommunalverwaltung mit eigenen Zielen, Plänen, Maßnahmen und Instrumen- ten ausgestalten sollte.12

Um in Deutschland umweltpolitische Ziele zu definieren und die ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen zu erarbeiten, wurde die Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt - Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig verträglichen Entwick- lung“ 1995 durch den Deutschen Bundestag eingerichtet.13 Die Enquete-Kommission machte u.a. deutlich, wie zentral und gleichzeitig schwer greifbar der Nachhaltigkeitsbegriff ist:

„Letztlich muss das Thema Nachhaltigkeit in allen Bereichen von Wirtschaft und Ge- sellschaft weit oben auf die Agenda gesetzt werden, damit der Prozess der Globalisierung mehr Chancen als Risiken bietet. Auch wenn wir nur eine ungenaue Vorstellung davon haben, wie das Ziel „nachhaltige Gesellschaft“ aussieht, können wir doch Schritt für Schritt einen Richtungswechsel vollziehen und die Weichen in Rich- tung Nachhaltigkeit stellen.“14

So trifft der Nachhaltigkeitsgedanke zwar bis heute auf breite Zustimmung, das Problem besteht allerdings in der Realisierung dieses schwer zu konkretisierenden Leitbildes.15

Trotz aller verbalen Übereinstimmungen über die nachhaltige Entwicklung sind Umset- zungsmaßnahmen daher bisher nur teilweise verwirklicht.16 Immer wieder wird deshalb an der Strategie und ihrer Umsetzung gearbeitet. So fand bereits 1998 das Thema „Nachhaltig- keit“ Eingang in den Vertrag der Europäischen Gemeinschaft. Es wurde dort als grundlegendes Ziel europäischer Politik verankert und drei Jahre später in einer europäischen Strategie für nachhaltige Entwicklung formuliert. Schließlich erneuerte der Brüsseler EU- Ratsgipfel im Juni 2006 nochmals die Europäische Nachhaltigkeitsstrategie. Inhaltlich ähnelt sie nun stark der deutschen Strategie „Perspektiven für Deutschland“. Diese war 2002 von der Bundesregierung beschlossen worden und gilt als Maßstab des Regierungshandelns in Deutschland.17 So hat auch die Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel im Koalitionsvertrag im November 2005 festgeschrieben, die nationale Nachhaltigkeitsstrategie aufzugreifen und weiterzuentwickeln.18

Die grundlegende Definition nachhaltiger Entwicklung lieferte der bereits erwähnte Brundtland-Bericht:

„Sustainable development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs“.19

Übersetzt würde diese Definition in der deutschen Fassung des Zukunftsberichts mit:

„Dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“.20

Anstelle des zunächst verwendeten Ausdrucks der „dauerhaften Entwicklung“ trat später der sich durchsetzende Begriff der „nachhaltigen Entwicklung“. Nachteilige Entwicklung bedeu- tet dementsprechend, die Bedürfnisse der gegenwärtigen Generation zu befriedigen und dabei die Lebenschancen künftiger Generationen zu bewahren. Ökologische, ökonomische und gesellschaftliche (soziale) Aspekte werden hierbei gleichzeitig und gleichberechtigt berück- sichtigt.21

2.1.2 Dimensionen der Nachhaltigkeit

Wie im vorherigen Abschnitt deutlich wurde, ist das Leitbild der Nachhaltigkeit vielschichtig. Insgesamt werden drei Dimensionen unterschieden, die im Rahmen der Arbeit in Übereinstimmung mit der gängigen Literatur bezeichnet werden als8Siehe Anhang A: Abbildung 1: Dimensionen der Nachhaltigkeit):

- Ökologische Dimensionen
- Ökonomische Dimensionen und
- Soziale Dimensionen

Die einzelnen Aspekte22 werden interdisziplinär vernetzt, da eine nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft nur durch die erfolgreiche Kombination des ökologischen, ökonomi- schen und des sozialen Aspekts erreicht werden kann (siehe Abbildung 1: Dimensionen der Nachhaltigkeit).

So formuliert der Nachhaltigkeitsrat die Nachhaltige Entwicklung:

„Nachhaltige Entwicklung heißt, Umweltgesichtspunkte gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen. Zukunftsfähig wirtschaften bedeutet also: Wir müssen unseren Kindern und Enkelkindern ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge hinterlassen. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben.“23

2.2 Bedeutung des Bauwesens für eine nachhaltige Entwicklung

„Das Handlungsfeld Bauen und Wohnen ist gleichermaßen von zentraler wirtschaftli- cher und sozialer Bedeutung, und es bietet die größten Handlungspotentiale für eine nachhaltige Gestaltung unseres derzeit verschwenderischen Umgangs mit Ressour- cen!“24

So schrieb die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages in ihrem Abschlussbericht und betonte damit, wie wichtig ein verantwortungsvolles Handeln im Bausektor im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung ist.

2.2.1 Umweltbeeinflussung

Bauen beeinflusst und beeinträchtigt die Umwelt in verschiedener Hinsicht: Die Schaffung von Siedlungsfläche führt zu einer Reduzierung der Naturfläche. Mehr als 100 Hektar unbebaute Fläche werden in Deutschland täglich in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt.25 26 Dies bedeutet eine jährlich neue Flächeninanspruchnahme durch Gebäude und Infrastruktur von 65 % der Fläche des Bodensees.27

Die mit der Bautätigkeit verbundene erhöhte Flächenversieglung beeinträchtigt das ökologische Gleichgewicht. Der Bau von Gebäuden und Ingenieurbauwerken sorgt darüber hinaus für einen enormen Verbrauch an Ressourcen zur Baustoff- und Bauteilherstellung (Sand, Kies, Lehm, Ton etc.). Die zugrunde liegenden Stoffflüsse sind gewaltig. In Deutschland werden pro Jahr und Einwohner im Baubereich elf Tonnen Sand, Kies, Steine und Ton benötigt.28 Die jährlich in den Bausektor fließenden Stoffströme sind zehnmal so hoch wie die aus Bau, Sanierung und Abriss zurückfließenden Reststoffströme.

Das Abfallaufkommen aus der Bautätigkeit ist vier- bis fünfmal so hoch wie das Hausmüllaufkommen. Mit knapp 400 Millionen Tonnen Bauabfällen im Jahr 2012 sind das knapp sechzig Prozent des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland (siehe Anhang A - Abbildung 2: Abfallaufkommen in Deutschland 1996 bis 2006).29

Ein weiterer, wichtiger Aspekt ist der immense Energieeinsatz im Zusammenhang mit Bauen und Gebäuden. Sowohl die Baustoffherstellung als auch die Baustoffentsorgung und insbe- sondere der Betrieb von Gebäuden haben einen enormen Anteil am Energieverbrauch in Deutschland. So geht eine Drittel des Gesamtenergieverbrauchs auf diesen betrieb zurück. Hier dominiert der Heizenergieverbrauch mit 80 - 85 % der in Gebäuden verbrauchten Nutz- energie. Dazu kommt der Energieaufwand für Warmwasserbereitung, Spülen, Kochen, Waschen, Beleuchtung, Kühlung und Klimatisierung.30 Auch der Transport von Baustoffen, ihr Einbau und schließlich der Abriss von Bauwerken tragen zum Energieverbrauch bei.

2.2.2 Wirtschaftliche Bedeutung

In Deutschland betrug das Bauvolumen31 im Jahre 2012 230 Milliarden Euro.32 Auch wenn die Zahlen im Bausektor zehn Jahre lang rückläufig waren und die Branche stark geschrumpft ist, kommt der Bauwirtschaft immer noch eine Schlüsselrolle in der deutschen Gesamtwirt- schaft zu.

Das Baugewerbe trägt mit über 300.000 Unternehmen33 rund neun Prozent zum Bruttosozialprodukt bei. Mit etwa 55 % aller Investitionen in Deutschland hat sie einen erheblichen Anteil an seiner Wirtschaftskraft.34 Neben den Investitionsausgaben ziehen Bauprojekte hohe Folgekosten nach sich. Investitionsentscheidungen, die hier getroffen werden, haben somit bei einer Nutzungsphase von 80 bis 100 Jahren langfristige wirtschaftliche Konsequenzen.

In diesen Zahlen zeigt sich die wirtschaftliche Bedeutung des Bausektors.

3 Baustoffeigenschaften Beton

Nachdem im vorangegangenen Kapitel die Nachhaltigkeit und die Notwendigkeit der Nach- haltigkeit für das Bauwesen, sowie die Grundlagen der Nachhaltigkeit beschrieben worden sind, werden in diesem Zusammenhang im folgenden Kapitel die Eigenschaften des Baustoffs Beton untersucht. Dabei werden die Bestandteile von Beton, der Energieverbrauch und Opti- mierung der Umwelteigenschaften als auch die Potenziale des Baustoffs Beton aufgezeigt.

3.1 Betonbestandteile und -herstellung

Die Eigenschaften von Beton werden wesentlich durch den verwendeten Zement bestimmt. Die Zementmengen betragen meist zwischen 240 und 340 kg/m³, bei Hochleistungsbeton bis über 400 kg/m³.35 In der Literatur wird Zement als „ein anorganisches, nichtmetallisches, fein gemahlenes, hydraulisches Bindemittel“36 definiert. „Mit Wasser gemischt ergibt es Zement- leim, der durch Hydratation erstarrt und erhärtet und nach dem Erhärten als Zementstein auch unter Wasser fest und raumbeständig bleibt.37 Der sogenannte Zementleim „verklebt“ die zugefügten Gesteinskörnungen, bestehend aus Kies, Sand oder Splitt, zu Beton. Dabei ist die Betonherstellung nach DIN 1045 und die Zementherstellung nach DIN 1164 (zukünftig DIN ENV 197) durchzuführen.38

Bei der Herstellung von Zement werden Kalkstein und Ton auf 1.450 °C erhitzt. Anschlie- ßend wird der gebrannte Zementklinker mit einem Zusatz von Gipsstein oder Anhydrit als auch Mahlhilfen gemahlen.39 Bei der Gesamtherstellung des Betons gehört das Ziment zu den energieintensiven Grundstoffen, mit hohen produktionsbedingten Emissionen (siehe Ab- schnitt 3.2).

Die Betonherstellung erfolgt in Deutschland, soweit keine vorgefertigten Bauteile verwendet werden, überwiegenden in stationären Mischanlagen (Transportbetonwerke). Dabei erfolgt der Transport mittels Fahrmischern auf die Baustelle. Das Fassungsvermögen der Fahrmi- scher beträgt in der Regel 6 bis 9 m³, also 14 bis 21 t, Frischbeton. Das Mischen des Betons wird in Zwangsmischern, mit einem Fassungsvermögen von ca. 1 bis 2,5 m³ Frischbeton, durchgeführt. Dabei beträgt der Mischvorgang in modernen Anlagen ca. eine Minute. Dabei sind die Anlagen stets eingehaust, womit eine Lärm- und Staubbelastung der Umgebung nicht gegeben ist. Diese Daten spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle zur Bewertung der Nach- haltigkeit von Baustoffen und werden in Abschnitt 3.2 näher betrachtet (Siehe Anhang A: Abbildung 2: Prozesskette Beton).

Für kleine bis mittlere Baustellen wird wegen der konstanten Qualität, schnelle Lieferbereitschaft und auch geringeren Umweltbelastung primär Transportbeton verwendet.40 Im Jahre 2013 wurden in Deutschland ca. 120 Mio. m³ Transportbeton in etwa 2500 Transportbetonwerken hergestellt. Der Produktionsanteil für die Betonfestigkeitsklasse B 25 beträgt dabei zwei Drittel (B 15: 1/6; B 35: 1/6).41

3.2 Ökobilanz und Graue Energie

Die Herstellung von Baustoffen, Bauprodukten und Bauwerken ist nicht nur mit dem Ver- brauch verschiedener Rohstoffe, sondern zusätzlich mit Energieverbrauch und der Freisetzung von Emissionen verbunden. Ein wissenschaftlich erprobtes Instrument zur Bewertung dieser Umwelteinwirkungen, stellen Ökobilanzen, entsprechend ISO 14040, dar. Damit kann die Baustoffwahl auf wissenschaftliche Erkenntnisse abgestützt werden. Hierbei werden folgende 3 Umweltparameter berücksichtigt:42

1. Primärenergieaufwand (PEI - „Primary Energy Input): Der gesamte nicht erneuerbare Primärenergieaufwand für die Herstellung eines Baustoffes oder einer Baukonstrukti- on unter Einbeziehung aller Stoff- und Energieflüsse, samt Nebenprodukte, Abfälle. Angabe in MJ/kgBausubstanz.
2. Treibgaspotenzial (GWP - Global Warming Potential): erfasst sämtliche klimawirk- same Emissionen im gesamten Produktzyklus. Diese Emissionen werden auf die Leitsubstanz CO2 umgerechnet. Angabe in kgCO2-equ/kgBausubstanz.
3. Versäuerungspotenzial (AP - Acidifikation Potential): Die bei der Herstellung, Verar- beitung anfallenden Luftschadstoffe verursachen Säurebildung in der Luft bzw. im Boden („saurer Regen“). Es wird für jede säurebildende Substanz das Potenzial relativ zum Säurebildungspotential von Schwefeldioxid angegeben. Angabe in gSO2- equ/kgBausubstanz.

Dabei gilt Grundsätzlich: „je weniger ein Baustoff bei seiner Herstellung bearbeitet, Wärmebehandlungen unterzogen bzw. chemisch verändert werden, umso niedriger sind die umweltrelevanten Belastungen (AP, GWP, PEI).“43

[...]


1 Vgl. Grober (2010), S. 11

2 Vgl. Beton Org. (2011), Aufrufdatum: 24.03.2014

3 Beton Org. (2014), Aufrufdatum: 24.03.2014

4 Grober (2010), S. 13

5 Car1 von Carfowitz (1645 - 1714), Oberberghauptmann am kursächsischen Hof in Freiberg (Sachsen).

6 Vgl. Klüppel, H.-J. (2003) S. 45

7 Vgl. Wulsdorf, H. (2005) S. 15 f. / Aachener Stiftung Kathy Beys (Hrsg.), Abrufdatum: 02.04.2014

8 Vgl. Klüppel, H.-J. (2003) S. 45

9 1983 gründeten die Vereinten Nationen die Internationale Kommission für Umwelt und Entwicklung (WCED = World Commission on Environment and Development). Sie veröffentlichte 1987 ihren Zukunfts- bericht (Our Common Future·), der als Brundtland-Report (nach ihrer Vorsitzenden benannt) bekannt wurde. vgl. Aachener Stiftung Kathy Beys (Hrsg.), Abrufdatum: 02.04.2014

10 Vgl. u. a. Schröder, W. (2002) S. 22 f. / Reinhardt, H. W. et al. (2001) S. 9

11 Vgl. Ebenda

12 Vgl. Aachener Stiftung Kathy Beys (Hrsg.); Abrufdatum: 02.04.2014/ Gauzin-Müller, D. (2002) S. 131

13 Vgl. Ebenda / vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.) (1998) S. 14 ff.

14 Ebenda.

15 Vgl. Howaldt, J. (2004) S. 91

16 Vgl. Spannenberg, J.-H. (2005) S. 12

17 Ebenda

18 Vgl. Deutsche Bundesregierung (Hrsg.) (2013), Aufrufdatum: 17.11.2013

19 Vgl. Spannenberg, J.-H. (2005) S. 12

20 Reinhardt, H. W. et al. (2001) S. 9

21 Vgl. Reinhardt, H. W. et al. (2001) S. 9

22 Neben der Bezeichnung „Dimensionen“ der Nachhaltigkeit ist der Ausdruck „Aspekte“ gebräuchlich. „Aspekte“ und „Dimensionen“ der Nachhaltigkeit werden in dieser Arbeit wie in diesem Zusammenhang üblich synonym verwendet.

23 Rat für Nachhaltige Entwicklung (Hrsg.), Aufrufdatum: 18.04.2014

24 Reinhardt, H. W. et al. (2001) S. 10

25 Vgl. Deggau, M. (2006) S. 216 / vgl. Umweltbundesamt (Hrsg.) (2007) S. 48

26 Ziel der Bundesregierung ist es, die Inanspruchnahme neuer Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar (ha) pro Tag zu begrenzen. In den letzten Jahren hat sich der Zuwachs an Siedlungs- und Verkehrsfläche mit er kennbarem Trend abgeschwächt. Eine Fortsetzung der durchschnittlichen jährlichen Entwicklung der letzten Jahre würde jedoch weiterhin nicht genügen, um das vorgegebene Reduktionsziel bis 2020 zu erreichen. Vgl. Indikatorenbericht (2010) S. 14

27 Vgl. Bayrisches Staatsministerium für Umwelt Gesundheit und Verbraucherschutz (Hrsg.) (2006) S. 5

28 Reinhardt, H. W. et al. (2001) S. 24

29 Vgl. Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) (2008) S. 678

30 Vgl. Joos, L. (Hrsg.) (2004) Vorwort S. V

31 Das Bauvolumen ist definiert als die Summe aller Leistungen, die auf die Herstellung oder Erhaltung von Gebäuden und Bauwerken gerichtet sind. Definition Stand: 31.12.2012, Quelle: Statistisches Bundesamt, Aufrufdatum: 18.04.2014

32 Vgl. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DIW (Hrsg.) (2005) S. 1

33 312.228 Unternehmen (mit steuerbarem Umsatz und / oder mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten), Stand: 31.12.2012, Quelle: Statistisches Bundesamt, Aufrufdatum: 18.04.2014

34 Vgl. Oswald, E. (2004) S. 4

35 Vgl. Harrison, J. (2006), S. 84

36 Vgl. Beton Org. (2011), S. 11, Aufrufdatum: 24.03.2014

37 Ebenda

38 Außerdem können bauaufsichtlich zugelassene Zemente verwendet werden.

39 Vgl. Baunetzwissen (o.J.), Aufrufdatum: 04.04.2014

40 Harrison, J. (2006), S. 84 f.

41 Vgl. Statistisches Bundesamt (2), Aufrufdatum: 18.04.2014

42 Wind, G.; Heschl, Ch. (o.J.), S. 2

43 Ebenda

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Ist Bauen mit Beton nachhaltiges Bauen?
Untertitel
Nachhaltigkeit im Bauwesen. Potenziale des Baustoffs Beton
Hochschule
Hochschule Ostwestfalen-Lippe
Note
1,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
39
Katalognummer
V286459
ISBN (eBook)
9783656869344
ISBN (Buch)
9783656869351
Dateigröße
840 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bauen, beton, nachhaltigkeit, bauwesen, potenziale, baustoffs
Arbeit zitieren
Miriam Deissner (Autor:in), 2014, Ist Bauen mit Beton nachhaltiges Bauen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/286459

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