Die "neue Frau" der Weimarer Republik in Gabriele Tergits Roman "Käsebier erobert den Kurfürstendamm"

Rollen, Bilder und Projektionen der Frau


Hausarbeit (Hauptseminar), 2010

14 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Projektionen der Frau
2.1 Aus der Sicht der Männer
2.2 Aus der Sicht der Frauen

3. Frauentypen
3.1 Die Berlinerin
3.2 Das Girl
3.3 Die Garҫonne
3.4 Die Kurfürstennutte
3.5 Die Doktorin
3.6 Die Tochter
3.7 Die Damen der „guten Gesellschaft”
3.7.1 Die überdrüssige Ehefrau
3.7.2 Die repräsentierende Ehefrau

4. Schluss

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Es gibtverschiedene Frauentypen in der Weimarer Republik, die eine wichtige Rolle in der Gesellschaft dieser Zeit spielen. Das Bild[1] der „neuen Frau“ entsteht undbeeinflusst nicht nur die Arbeitswelt, aber auch das Alltagsleben. Dieses Bild bezieht sich hauptsächlich auf ihre äußere Erscheinung. Es ist die Projektion[2] auf die anderen und was sie von dem neuen Frauentyp sehen, mit dem wir uns im Folgenden beschäftigen werden. Die Sichtweise der Männer und der Eindruck, den diese „neuen Frauen“ auf sie bewirken, ist wichtig zu erwähnen und sowohl auch der Eindruck auf die anderen Frauen. Die „neue Frau“ besteht nicht aus einem Frauentyp, sondern aus vielen. Wir werden uns nicht nur dem bekanntesten Frauentyp, der Garҫonne annähern, sondern auch viele andere Typen, wie zum Beispiel das Girl, analysieren.

Diese „neue Frau“ stellte nicht das Luxusgeschöpf aus gehobenen Gesellschaftsschichten späterer Jahre dar, sondern sie „stellte ihren Mann“, d.h. sie übernahm neue Aufgaben in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt in stellvertretender, zeitlich bis zum Kriegsende befristeter Funktion.[3]

Anhand des Romans Käsebier erobert den Kurfürstendamm von Gabriele Tergit, werden wir uns mit diesen „neuen Frauen“ beschäftigen und die Situationen unddie Verhältnisse erläutern, in denen sie zu dieser Zeit leben. Tergit lässt in ihrem Roman „verschiedene Typen der „neuen Frau“ Revue passieren, die alle mehr oder minder desillusioniert den Widerspruch zwischen Bild und Wirklichkeit konstatieren.“[4] Auch die Rollen, Bilder und Projektionen der Frau werden wir mithilfe von Beispielen verdeutlichen. Das „Image“[5] ist diesen Frauen sehr wichtig, besonders weil der Roman im Berlin der „Goldenen Zwanziger“ spielt. Somit gibt uns der Roman eine guteDarstellung, die sich jedoch nicht nur auf die Arbeitsverhältnisse, sondern auch auf die persönlichen Verhältnisse dieser Frauenbezieht. Ihre Einstellungen zur Liebe und Gesellschaft sind Faktoren, die im Roman eine große Rolle spielen und die wir anschließend an manchen Frauentypen auch behandeln werden.

2. Projektionen der Frau

2.1 Aus der Sicht der Männer

Das Bild, was die Männer vor sich haben, wenn sie von Frauen sprechen oder über sie denken, konzentriert sich hauptsächlich auf ihr Äußeres. Da dies den Frauen bewusst ist, legen sie sehr viel Wert darauf, ein gutes Image in der Gesellschaft zu haben. Für Männer, wie Dr. jur. Reinhold Kaliski ist die „neue Frau“ sehr begehrenswert wegen ihres Aussehens, denn er bezeichnet sie als „fabelhafte[s] Mädchen“ und dass er „[ihr] Knabenhaftes sehr gern [hat]“(K[6] 105). Für andere Männer, wie Oppenheimer ist dieser neue Frauentyp nicht so bewundernswert, weil er zu schlank und nicht als Hausfrau fähig ist (vgl. K 105).

„Frauen nehmen die von ihnen entworfenen Bilder als eigene an, versuchen sich daran auszurichten und reproduzieren damit ein Verständnis von Weiblichkeit, das doch nur männliche Projektion ist.“[7] Diese Beschreibung von Inge Stephan lässt uns erkennen, dass Frauen sich nach einem von Männern geschaffenen Bild richten und dass die Entstehung der „neuen Frau“ sich die männliche Projektion zum Vorbild macht. Aus diesem Grund wird die zuvor herrschende Weiblichkeit, in Bezug auf den Körper, die Kleidung, die Frisur und die Arbeitstätigkeit, von einem neuen Bild ersetzt. Die Garҫonne und das Girl machen ihrenEintritt und werden entweder von den Männern dieser Zeit bewundert oder verachtet. Die Einstellung der Männer hängt auchdavon ab welche Bildung sie haben, da es in der Weimarer Republik sehr viele gebildete Frauen gibt, die sich nichts von Männern gefallen lassen.Ein Argument, dass erwähnenswert ist, stammt von Herrn Muschler, der studierte Frauen ganz „gräßlich“ findet und deshalb auch begreift, warum niemand die Fräulein Dr. Kohler will (vgl. K 111). Der wahre Grund ist jedoch, dass ihre Intelligenz und Wortgeschicklichkeit seiner weit vorausist, und eben diese Situation ihn unbehaglichmacht. Zu diesem Zeitpunkt ist Fräulein Dr. Kohler aber nicht die „neue Frau“, da sie vom Aussehen her noch etwas fülliger ist und längere Haare hat.

Dieses Aussehen ist schließlich auch der Ausgangspunkt des nächsten Arguments von Oppenheimer, den es hier nicht interessiert in welcher finanziellen Lage sich das Fräulein befindet. Für ihnist, wie auch für viele andere Männer, das Äußere wichtiger und deshalb charakterisiert er sie als „Schönes Mädchen […] Gut durchgewachsen und knusprig.“ (K 106).

„Männlichkeit meint […] das herrschende Prinzip und die Existenzweise eines Subjekts. Die Frau […] verkörpert Weiblichkeit, d.h. ihr Körper ist als Ort der Weiblichkeit in der männlichen Ordnung definiert und fixiert.“[8] Hiermit kann die Frau in den Augen einiger Männer nur als Frau gelten kann, wenn sie auch die weiblichen Züge und die langen Haare hat. Für Oppenheimer machen die männlichen und weiblichen Merkmale, die die „neue Frau“ in unserem Roman besitzt sie zwar androgyn, aber nicht Frau[9] genug für ihn.

2.2 Aus der Sicht der Frauen

„Die Frau ist müde geworden, das Ideal des Mannes zu sein, der zur Idealisierung nicht mehr die rechte Kraft hat, und hat es übernommen sich ihr eigenes Wunschbild auszudenken.“[10] Nach dieser Erkenntnis von Robert Musil können wir davon ausgehen, dass die Sicht der Frauen nicht ähnlich sein wird mit deren der Männer.Bei den Frauen sind die Eindrücke, die der neue Frauentyp bei ihnen hinterlässt, anders beschrieben, denn Frauen haben ein anderes Gefühl und eine andere Art diese Eindrücke zu bestimmen.

So ist zum Beispiel die Sexualität, die die „neue Frau“ ausstrahlt, ein wichtiger Faktor. Dieser wird hauptsächlich durch die Kleidung übertragen, welche im Roman eine sehr große Rolle spielt. Frau Muschler ist in eine Situation versetzt worden, in der ihre Sichtweise uns eine gute Beschreibung des neuen Frauentyps bietet. Sie charakterisiert nämlich die äußere Erscheinung der Garҫonne und des Girls mit einem exzellenten Ausdruck: „Eine Frau allein ist immer schön. Aber viele, das bietet Schwierigkeiten. […] Aber dort übertraf die schwarztaftene Messalina Käte sie weit, und gar erst der hellblau gerüschte Tüllampion Hannelore!“ (K 99) Frau Muschler verbindet Käte und Hannelore mit deren Kleidung und aus diesem Grund werden diese Frauen auch als Kleidungsstücke charakterisiert. Das was Käte und Hannelore so bezaubernd macht ist auch, dass die Hälfte der Frauen auf der Gesellschaft von Margot Weißmann dieselbe Farbe tragen (vgl. K100) und eben diese beiden Frauen sich von den anderen unterscheiden und abgrenzen.

„Der Körper wurde durch Stoffe, Kleiderschnitte und Accessoires verhüllt, entblößt und geformt. Auch die weiblichen Leitbilder der Weimarer Republik wurden in besonderem Maße durch ihre Kleidung definiert.“[11] Hier wird, dass was wir im vorigen Abschnitt schon betont haben noch besser formuliert. Das neue Frauenbild wird hervorgehoben durch die Kleidung und durch sie auch definiert.

Diese Leitbilder gelangen durch die Massenmedien zu einem Publikum, das seine Bedürfnisse befriedigen will und Ideale aus diesen Wunschbildern herstellt.[12] Das Bild, das von den Frauen über andere Frauen gemacht wird, ist eine Wiederspiegelung ihrer eigenen Projektion. Die Damen der „guten Gesellschaft“ fühlen Neid und Eifersucht, wenn nicht ihre Projektion sondern einer anderen mithilfe der Medien in Zeitschriften wiezum Beispiel der „Frau im Bild“ abgebildet wird (vgl. K 161).

3. Frauentypen

3.1 Die Berlinerin

Die Berliner Frau ist die schickste Frau der Welt (vgl. K 64). Im Roman werden sie zwar als schön, aber auch als oberflächlich charakterisiert. „Die Frauen haben schöne schlanke Beine. Schön ist die Berlinerin geworden, tüchtig und rasch. Sie sprechen von Schuhen, von Hüten, von Mänteln. […] Sie haben helle, leichte Frühlingssorgen.“ (K 32) Sie werden so beschrieben, als ob sie sich für nicht anderes interessieren würden, anstatt für Kleidung und Accessoires. Und da all das zu ihren äußeren Attributen zählt, ist die Berlinerin als „neue Frau“ ein sehr attraktiver, modellierter Schönheitstyp, aber untauglich für die Bewältigung harter Alltagsrealität.[13] Somit haben sie keine wirklichen Sorgen, denn sie müssen eigentlich nur schick aussehen, besonders wenn sie in Cafés gehen, die am Kurfürstendamm liegen: „Sie waren herrlich manikürt und massiert und gesalbt und gerötet und geweißt.“ (K 43)

[...]


[1] Abbild, bzw. dass was nach außen gezeigt wird.

[2] Abbildung auf einer Ebene, bzw. dass was andere sehen.

[3] Kluge (2006: 142).

[4] Deutsche Literaturgeschichte (2001: 405).

[5] Das Bild, die Vorstellung vom Wesen und den Eigenschaften einer Sache, Person, Gruppe oder Institution.

[6] Tergit (2004): Käsebier erobert den Kurfürstendamm.

[7] Stephan (2000: 18).

[8] Weigel (2000: 135 ) [Hervorh. i.O.].

[9] Weiblich [Hervorh. v.m.].

[10] Musil (1929:102).

[11] Dogramaci (2005:120).

[12] Vgl. ebd. (119 – 120).

[13] Vgl. Kluge (2006: 142).

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die "neue Frau" der Weimarer Republik in Gabriele Tergits Roman "Käsebier erobert den Kurfürstendamm"
Untertitel
Rollen, Bilder und Projektionen der Frau
Hochschule
Αριστοτέλειο Πανεπιστήμιο Θεσσαλονίκης - Thessaloniki  (Deutsche Sprache und Philologie)
Veranstaltung
Die Neue Frau in der Literatur der Weimarer Republik
Note
1
Autor
Jahr
2010
Seiten
14
Katalognummer
V285600
ISBN (eBook)
9783668288416
ISBN (Buch)
9783668288423
Dateigröße
929 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Wir bitten darum, Inkonsistenzen im Ausdruck zu entschuldigen.
Schlagworte
frau, weimarer, republik, gabriele, tergits, roman, käsebier, kurfürstendamm, rollen, bilder, projektionen
Arbeit zitieren
Meropi Karpatsi (Autor:in), 2010, Die "neue Frau" der Weimarer Republik in Gabriele Tergits Roman "Käsebier erobert den Kurfürstendamm", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285600

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