Scaffolding. Eine Methode für den sprachsensiblen Fachunterricht


Hausarbeit, 2014

22 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Bildungssprache: Begriffsbestimmung und Abgrenzung

3. Scaffolding: Begriffsbestimmung und theoretische Grundlagen
3.1 Der Scaffolding-Unterricht und seine Merkmale und Prinzipien
3.1.1 Makro-Scaffolding
3.1.2 Mikro-Scaffolding
3.1.3 Phasen des Scaffoldings

4. Schlussbetrachtung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„ Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt. “ (Ludwig Wittgenstein)

Der Begriff der „Bildungssprache“ ist in der Fachliteratur kein neuer Terminus, er hat jedoch in den letzten Jahren sehr viel an Bedeutung gewonnen und ist ein zent- rales Thema der Bildungspolitik (vgl. Feilke 2012: 4). Der Grund dafür ist, dass die Schule bestimmte sprachliche Kompetenzen, welche die Voraussetzungen der Bil- dungssprache sind, nicht lehrt. Die Sprache ist das Medium des Lehrens und Lernens (vgl. Quehl, Trapp 2013: 9). Aufgrund von defizitären bildungssprachlichen Fähigkei- ten werden somit viele Schülerinnen und Schüler in der Bildungsteilhabe benachtei- ligt. Darunter fallen vor allem Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund, die mit zwei oder mehr Sprachen aufwachsen, jedoch nicht ausschließlich (vgl. Bee- se, Benholz et al. 2014: 7). Es zeigt sich nämlich, dass auch Schülerinnen und Schüler ohne Migrationshintergrund, die monolingual aufwachsen, mit bildungssprachli- chen Äußerungen überfordert sind (vgl. Quehl, Trapp 2013: 29).

Dieses Problem steht seit vielen Jahren in der Bildungspolitik zur Debatte. Die inter- nationalen Schulleistungsvergleichsstudien zeigen, dass die Interdependenz zwi- schen sprachlichen Kompetenzen und dem fachlichen Lernerfolg sehr groß ist (vgl. Stanat, Watermann 2002: 15). So wirken sich sprachliche Mängel auch auf das fach- liche Lernen aus. „Ohne ausreichende sprachliche Kompetenzen können auch keine Kenntnisse in den Naturwissenschaften erworben werden“ (Kniffka, Siebert-Ott 2007: 9). Sprachliche Kompetenzen sind also der Schlüssel, um bildungserfolgreich sein zu können.

Daraus erwächst für die Schulen die didaktische Herausforderung eines sprachsen- siblen und sprachbewussten Unterrichts, der den unterschiedlichen sprachlichen Voraussetzungen, die die Schülerinnen und Schüler mitbringen, gerecht werden muss. In didaktischer Hinsicht muss dabei die sprachliche Bildung als fächerüber- greifende Aufgabe verstanden werden (sog. durchgängige Sprachbildung) (vgl. Bee- se, Benholz et al. 2014: 7).

Den Lehrerinnen und Lehrern kommt die wichtige Aufgabe zu, die sprachlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schülern gezielt und konsequent durch einen sprachsensiblen Fachunterricht zu fördern. Das heißt, Lehrerinnen und Lehrer sollten didaktische Wege einleiten, um die sprachlichen Defizite der Schülerinnen und Schüler zu kompensieren und ihre bildungssprachlichen Fähigkeiten auszubauen, und das über Fächergrenzen hinweg (vgl. ebd.).

Es stellt sich nun die wichtige Frage, wie Lernsituationen genau gestaltet sein müssen, um einen solchen Unterricht zu realisieren.

Durch die Forschung im Bereich Deutsch als Zweitsprache wurden in den letzten Jahren viele Initiativen ins Leben gerufen (z. B. FörMig, ProDaz), um didaktische Wege für einen sprachsensiblen Fachunterricht zu finden (vgl. Hövelbrinks, Röhner 2013: 13). Das sogenannte „Scaffolding-Learning“ ist ein sehr junges Bildungskon- zept, das genau auf dieses Ziel gerichtet ist. Es wurde von der australischen Forsche- rin Pauline Gibbons entwickelt und ist ein Unterstützungssystem für den sprachsen- siblen und sprachbewussten Fachunterricht, bei dem sukzessiv ein Übergang von der Alltagssprache zur Bildungssprache aufgebaut wird (vgl. Kniffka, Siebert-Ott 2007: 9).

Da die bildungssprachlichen Kompetenzen eine derartig wichtige Rolle für den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler spielen und die Förderung dieser Kompe- tenzen heute ein zentrales Thema in der Bildungspolitik ist, ist das Ziel der vorlie- genden Hausarbeit, das Scaffolding-Learning als ein Förderungskonzept näher zu untersuchen.

Dazu soll im Folgenden zunächst der Begriff der Bildungssprache genauer bestimmt und abgegrenzt werden. Anschließend werden die Begrifflichkeit und die theoretischen Grundlagen des Scaffolding-Learnings thematisiert. Weiterhin werden die unterschiedlichen Ebenen des Konzepts, das Makro- und Mikro-Scaffolding, beschrieben. Sodann soll anhand einer Geografiestunde die Umsetzung des Konzepts veranschaulicht werden. Die Arbeit schließt mit einem Fazit.

2. Bildungssprache: Begriffsbestimmung und Abgrenzung

Um darzulegen, wie im Fachunterricht mit der Scaffolding-Methode bildungssprachliche Kompetenzen erweitert werden können, erscheint es sinnvoll, zunächst die Bildungssprache im Allgemeinen zu definieren und anhand ihrer Merkmale zu konkretisieren, was sie von anderen Sprachformen genau unterscheidet.

Jeder hat eine intuitive Vorstellung davon, was der Begriff Bildungssprache meint: Im alltäglichen Sprachgebrauch wird sie als „hohe“ und „reine“ Sprache verstanden, wie sie auch im pädagogischen Sprachgebrauch des 19. und Ende des 20. Jahrhunderts verbreitet war (vgl. Gogolin, Lange et al. 2013: 11). Die Frage aber, was unter dem Begriff der Bildungssprache genau verstanden wird, ist nicht ohne Weiteres zu beantworten, da auch in der Fachliteratur bisher keine einheitliche Definition festgelegt werden konnte (vgl. Gogolin, Lange 2011: 108).

Das gesamte Spektrum der Definitionsansätze kann in dieser Arbeit nicht detailliert dargestellt werden, stattdessen soll ein Überblick über die signifikanten Aspekte aus der Definitionslandschaft gegeben werden.

Der Begriff der Bildungssprache wird auch im Zusammenhang mit dem Modellprogramm FörMig (Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund) verwendet und rekurrierte dabei auf das Definitionsangebot von Jürgen Habermas: Bildungssprache ist demnach „dasjenige sprachliche Register, mit dessen Hilfe man sich in der Schulbildung Wissen verschaffen kann“ (Habermas 1977, zit. nach Gogolin, Lange et al. 2013: 11).

Die Bildungssprache wird in der Fachliteratur sehr oft in Abgrenzung zur Alltags- sprache definiert und wie die Standardsprache, Umgebungssprache usw. als eine sprachliche Varietät verstanden, die in institutionellem Rahmen Verwendung findet. Genauer wird damit die Fähigkeit bezeichnet, sich dekontextualisiert, sprachlich komplex, vollkommen und adäquat ausdrücken zu können. Bildungssprache ist so- mit konzeptionell schriftlich orientiert (vgl. Beese, Benholz et al. 2014: 169). Dadurch verfügt sie notwendigerweise über spezifische Merkmale in den Bereichen der Grammatik und des Wortschatzes. Die erste Systematisierung dieser Merkmale wurde von Hans H. Reich vorgenommen (vgl. Gogolin, Lange 2011: 113).

Die Bildungssprache ist weiterhin durch spezielle diskursive Merkmale gekennzeichnet, z. B. (vgl. Gogolin, Lange 2011: 113):

- eine klare Festlegung von Sprecherrollen und Sprecherwechsel,
- ein hoher Anteil monologischer Formen (z. B. Vortrag, Referat, Aufsatz),
- fachgruppentypische Textsorten (z. B. Protokoll, Bericht, Erörterung)
- stilistische Konventionen (z. B. Sachlichkeit, logische Gliederung, angemessene Textlänge).

Zu den lexikalisch-semantischen Merkmalen gehören (vgl. Gogolin, Lange 2011: 114):

- differenzierende und abstrahierende Ausdrücke (z. B. ‚nach oben transportieren‘ statt ‚raufbringen’);
- Präfixverben, darunter viele mit untrennbarem Präfix und mit Reflexivpronomen (z. B. ‚erhitzen’, ‚sich entfalten’, ‚sich beziehen’);
- nominale Zusammensetzungen (z. B. ‚Winkelmesser’);
- normierte Fachbegriffe (z. B. ‚rechtwinklig’; ‚Dreisatz’).

Zu den Besonderheiten im Satzbau (syntaktische Merkmale) gehören (vgl. ebd.):

- explizite Markierungen der Kohäsion (also des Textzusammenhangs);
- Satzgefüge (z. B. Konjunktionalsätze, Relativsätze, erweiterte Infinitive);
- unpersönliche Konstruktionen (z. B. Passivsätze, man-Sätze);
- Funktionsverbgefüge (z. B. ‚zur Explosion bringen’, ‚einer Prüfung unterziehen’, ‘in Betrieb nehmen’);
- umfängliche Attribute (z. B. ‚die nach oben offene Richter-Skala’, ‚der sich daraus ergebende Schluss’).

Es wird deutlich, dass die Beherrschung dieser besonderen Merkmale viele Schüle- rinnen und Schüler überfordert, da sie i. d. R. nicht im Alltag Verwendung finden. Die Bildungssprache ist ein ganz spezielles sprachliches Register. Betrachtet man sie in Abgrenzung zu anderen Sprachformen, die ebenfalls in der Schule präsent sind, wird ihre spezielle, wissensbildende Funktion erkennbar (vgl. Gogolin, Lange 2011: 112).

Während die Alltagssprache im Alltag am konzeptionell Mündlichen orientiert ist und somit geringe Komplexität und Elaboriertheit aufweist, zeichnet sich die Bil- dungssprache durch ein hohes Maß an konzeptioneller Schriftlichkeit aus (vgl. ebd.). Im Hinblick auf die Sprachfunktion dient die Alltagssprache der Bewältigung von Alltagssituationen; die Bildungssprache hingegen ist ein sprachliches Register, das der Wissensaneignung dient.

Gemeinsamkeiten weist die Bildungssprache sowohl mit der sogenannten Schul- als auch mit der Fachsprache auf. Elemente beider Register spiegeln sich vor allem im Bereich des Wortschatzes wider (vgl. ebd.). Die Schulsprache ist ein Ausschnitt der Bildungssprache und bezeichnet das typisch schulische sprachliche Repertoire, das didaktische Funktion hat, wie beispielsweise die Erörterung (vgl. ebd.). Die Fachsprache hingegen beschreibt das Fachvokabular, das der „effizienten und präzisen Kommunikation unter Fachleuten dient“ (Gogolin, Lange 2011: 112). Sie besteht also aus Fachtermini und spezifischen Kollokationen.

Die Bildungssprache ergibt sich aus diesen Sprachformen, jedoch unterscheidet sie sich von der Schul- und Fachsprache insofern, als sie viel allgemeinere „Sprachhand- lungsformen und grammatische Formen“ umfasst (Feilke 2012: 5). Der entschei- dende Punkt ist, dass die Bildungssprache die Brücke zum Verständnis der Fach- und Schulsprache beziehungsweise die Voraussetzung für die sprachliche Bewältigung der fachlichen Inhalte ist.

Das folgende Zitat von Ingrid Gogolin verdeutlicht, was Bildungssprache in engerem Sinne meint, und fasst ihre wichtigsten Merkmale noch einmal zusammen:

„Gemeint ist das einen schulischen Bildungsgang durchdringende formelle Sprachregis- ter, das vor allem der Übermittlung von hoch verdichteten, kognitiv anspruchsvollen Informationen in kontextarmen Konstellationen dient. […] Bildungssprache ist dasjeni- ge Register, dessen Beherrschung den „erfolgreichen Schüler“ auszeichnet. Es unter- scheidet sich von der „Umgangssprache“ durch die Verwendung fachlicher Terminolo- gie und die Orientierung an syntaktischen Strukturen, Argumentations- und Textkom- positionsregeln, wie sie für schriftlichen Sprachgebrauch gelten“ (Gogolin 2008: 26).

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Scaffolding. Eine Methode für den sprachsensiblen Fachunterricht
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Geisteswissenschaften)
Veranstaltung
Sprachsensibler Fachunterricht
Note
1,0
Jahr
2014
Seiten
22
Katalognummer
V285353
ISBN (eBook)
9783656864523
ISBN (Buch)
9783656864530
Dateigröße
562 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Scaffolding, Sprachsensibel, Fachunterricht, Sprachförderung
Arbeit zitieren
Anonym, 2014, Scaffolding. Eine Methode für den sprachsensiblen Fachunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285353

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