Das Stichtagsprinzip im Bilanzrecht. Erfassung künftiger Wertminderungen und erwarteter Kostensteigerungen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

18 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen des Stichtagsprinzip
2.1 Stichtagsprinzip
2.2 Fortführungsprinzip

3 Abschreibungen
3.1 Abschreibungen HGB
3.2 Teilwertabschreibungen EStG

4 Bewertung von Rückstellungen
4.1 Handelsrechtliche Bewertung
4.2 Steuerbilanzielle Bewertung

5 Beurteilung der steuerrechtlichen Regelungen
5.1 Leistungsfähigkeitsprinzip
5.2 Maßgeblichkeitsprinzip

6 Schlussbetrachtung

7 Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

Gegenstand der vorliegenden Seminarbeit ist die Betrachtung des Stichtagsprinzips im Bilanzrecht bezüglich der Erfassung künftiger Wertminderungen sowie erwarteter Kostensteigerungen. Der Fokus dieser Seminarbeit liegt dabei auf der steuerrechtlichen Betrachtung des Stichtagsprinzipes. Zunächst werden dabei die Grundlagen des Stichtagsprinzips erklärt. Anschließend wird dargestellt wie das Stichtagsprinzip bei Teilwertabschreibungen und Rückstellungen interpretiert wird. Anschließend erfolgt die Analyse bezüglich der Beurteilung der steuerrechtlichen Regelungen im Hinblick auf die Differenzen im Handelsrecht. Von besonderer Bedeutung sind hierbei das Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hinsichtlich der Besteuerung und die Durchbrechung der Maßgeblichkeit im Bilanzrecht. Im abschließenden Kapitel erfolgt die Zusammenfassung und der Ausblick auf offene kritische Fragen die im Rahmen dieser Seminarbeit nicht beantwortet werden können.

2 Grundlagen des Stichtagsprinzip

2.1 Stichtagsprinzip

Das Stichtagsprinzip ist Bestandteil der GoB und ist in § 252 Abs. 1 Nr. 3, 4 HGB normiert. Demnach sind die Vermögensgegenstände und Schulden zum Abschlußstichtag einzeln zu bewerten, sowie die im abgelaufenen Wirtschaftsjahr enstandenen Erträge und Aufwendungen zu erfassen. Die Aufstellung des Jahresabschlusses erfolgt nach dem Berichtszeitraum des Jahresabschlusses. Der Bilanzersteller verfügt daher über bewertungs- und bilanzrechtliche Informationen die über den Berichtszeitraum hinausgehen.1 Aus der Norm § 252 Abs. 1 Nr- 3,4 HGB leitet sich daraus ab, dass Informationen die nach dem Bilanzstichtag vorhanden sind, insoweit nicht auszuwerten sind, da sie ein Ereignis betreffen, dass in den nächsten Berichtszeitraum fällt.2

Desweiteren sind wertbegründende Informationen von werterhellenden Informationen abzugrenzen. Eine werterhellende Information liegt vor, wenn ein buchführungspflichtiger Vorgang im abgelaufenen Wirtschaftsjahr eingetreten ist, dem Rechnungslegenden am Abschlussstichtag jedoch noch nicht bekannt war und dieser die Information vor Aufstellung des Jahresabschlusses erhält.3 Wertbegründende Informationenen betreffen Geschäftsvorfälle die erst nach dem Abschlussstichtag eintreten. Der Wertaufhellungszeitraum endet somit zu dem Zeitpunkt an dem die Bilanz erstellt oder erstellt hätte werden müssen.4

2.2 Fortführungsprinzip

Nach §252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ist für die Bewertung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen.5 Das Fortführungsprinzip ist auch im Steuerrecht normiert. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG besagt, dass bei der Bewertung des Teilwerts eines Wirtschaftsguts von der Fortführung des Erwerbers auszugehen ist.6 Das Fortführungsprinzip ist verbunden mit dem Stichtagsprinzip, ohne günstige Fortführungsprognose muss anders bilanziert werden, z.B. zu Zerschlagungswerten. Es herrscht ein Dissens zwischen der h.M. und dem Schrifttum vor, wann ein Unternehmen von dem Fortführungsprinzip abrücken muss.7

3 Abschreibungen

3.1 Abschreibungen HGB

Normiert sind die Abschreibungen im Handelsrecht in § 253 Abs 3,4. Vermögensgegenstände im Anlagevermögen können dabei nicht ohne dauernde Wertminderung außerplanmäßig abgeschrieben werden. Finanzanlagen können im Handelsrecht auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung außerplanmäßig abgeschrieben werden.8 Vermögensgegenstände im Umlaufvermögen müssen nach § 253 Abs. 4 HGB auf niedrigere Börsen- und Marktpreise abgeschrieben werden oder zu den AHK bewertet werden.

3.2 Teilwertabschreibungen EStG

Im Steuerrecht ist generell eine Teilwertabschreibung ohne dauernde Wertminderung nicht möglich. Die Maßgeblichkeit nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG wurde aufgehoben. Es besteht ein Wahlrecht im Anlagevermögen für eine Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG. Wirtschaftsgüter im Umlaufvermögen können nur bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung abgeschrieben werden nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG. Wann eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt unterliegt keinen klaren Regeln.9 Die typisierende Gesetzesauslegung wurde dabei vom Bundesfinanzhof bezüglich börsennotierter Wertpapiere konkretisiert. Nach dem Bundesfinanzhof Urteil vom 21.9.2011, I R 89/10 ist dann von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, wenn der Kurs am Bilanzstichtag unter den Ewerbspreis der Aktien im Anschaffungszeitpunkt gefallen ist und die Kursdifferenz eine Bagatellgrenze von 5% übersteigt.10 Nach diesem Urteil hat die Finanzverwaltung reagiert und das BMF ein Entwurf für ein BMF-Schreiben veröffentlicht.11 Demnach müssen folgende Kriterien erfüllt sein, damit eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt: Der Steuerpflichtige muss aus Stichttagssicht ernsthaft nach objektiven Anzeichen mit einer Wertminderung rechnen.12 Für die Nachhaltigkeit müssen mehr Gründe dafür als dagegen sprechen.13 Der Teilwert längere Zeit unter dem Buchwert liegt. Wertminderungen aufgrund von Katastrophen vorliegen.14 Werterhellende Erkenntnisse über die Verhältnisse am Stichtag sind zu berücksichtigen.15 Eine auf die Art des Wirtschaftsguts ausgerichtete Prognose ist zur Beurteilung der Dauerhaftigkeit geboten.16 Die 5% Bagatellgrenze gilt dabei nicht für festverzinsliche Wertpapiere im Umlaufvermögen.17 Hinsichtlich der Kritieren für die dauerhaftigkeit der Wertminderung werden jedoch weiterhin unterschiedliche Ansätze im Handelsrecht und Steuerrecht verfolgt.18 Die derzeitige Gesetzeslage birgt auch in Zukunft Konfliktpotenzial.

4 Bewertung von Rückstellungen

4.1 Handelsrechtliche Bewertung

Die Bewertung von Rückstellungen im Handelsrecht hat sich durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz von 2009 sehr gewandelt. Aufwandsrückstellungen sind weitgehendst weggefallen, die Abkehr vom Stichtagsprinzip und Abzinsungspflicht für Rückstellungen haben weitgehende Auswirkungen auf die Bilanzierungspraxis.19 Die Bewertungsansätze im Handelsrecht bezüglich der Bewertung von Rückstellungen sind in §253 Abs.1 HGB normiert.

Demnach sind Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Der Erfüllungsbetrag ist dabei der Betrag der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung anzusetzen ist, er beinhaltet zukünftige Preis- und Kostensteigerungen, wie z.B. Inflation, Währungsschwankungen und Zinsschwankungen. Bezüglich des Stichtagsprinzips sind damit nicht mehr die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend, sondern die Marktverhältnisse am Erfüllungsstichtag.20 Hieraus ergeben sich zwangsläufig Probleme für die Bewertung der Rückstellungen aufgrund des großen Ermessensspielräumen der Unternehmen im Rahmen ihrer Bilanzpolitik. Die einfachste Methode, um zukünftige Preise und Kosten vorherzusagen ist die Trendfortschreibung.21 Es bedarf jedoch objektiver Hinweise für den Eintritt von Preis- und Kostensteigerungen.22 Sonstige Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von über einem Jahr sind nach dem langfristigen durchschnittlichen Marktzinssatz der letzten 7 Jahre abzuzinsen, der von der Bundesbank veröffentlicht wird.23 Der Gesetzgeber hat diese Regelung im Bewusstsein getroffen, keine Festzinsregelung wie im Steuerrecht einzuführen.24

4.2 Steuerbilanzielle Bewertung

Die steuerrechtliche Bewertung von Rückstellungen ist in § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG normiert. Rückstellungen dürfen dabei für gewisse und ungewisse Verbindlichkeiten, Pensionsverpflichtungen, Gewährleistungen sowie Drohverlustrückstellungen gebildet werden.25 Für Drohverlustrückstellungen gelten spezielle Regeln nach § 5 Abs. 4a Satz 2.26

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG Buchst. f sind demnach bei der Bewertung die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend; künftige Preis- und Kostensteigerungen dürfen nicht berücksichtigt werden. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG Buchst. e sind Rückstellungen in der Steuerbilanz mit 5,5% abzuzinsen. Hierbei kommt es zu einer Durchbrechung der Maßgeblichkeit, da die Rückstellungen im Handelsrecht mit dem langfristig durchschnittlichen Marktzinssatz aus den letzten 7 Jahren abzuzinsen sind. Allgemein kann es hierbei zu latenten Steuern in der Handelsbilanz kommen. Da das Zinsniveau aktuell niedriger ist als die kodifizierten 5,5% im EStG, führt dies bilanziell zu einem Bilanzposten aktive latente Steuern in der Handelsbilanz. Im Falle einer Deflation würde diese Kodifizierung dazuführen, dass unrealisierte Gewinne ausgewiesen werden würden.27 In der Handelsbilanz führt das Nebeneinander von Berechnung des Barwerts durch Diskontierung mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz und Berücksichtigung zukünftiger Preis- und Kostensteigerungen zu einer Bewertung von Rückstellungen mit dem Zeitwert.28 Das liegt daran, dass die Handelsbilanz bei der Bewertung der Rückstellungen der Informationsfunktion Priorität einräumt.29

Eine besondere Änderung der gesetzlichen Regelungen gab es durch die Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012. Die Bewertung der Rückstellungen in der Steuerbilanz sind hierbei auf den in der Handelsbilanz zulässigen Ansatz beschränkt.30 Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG soll laut der Finanzverwaltung der Ausweis in der Handelsbilanz dann maßgebend sein, wenn der handelsbilanzielle Wertansatz zulässigerweise niedriger als der sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a ergebende Wertansatz ist.31 Dies mag verwunderlich klingen, da in der Handelsbilanz die erwarteten Kosten- und Preisverhältnisse zum Erfüllungsstichtag zu der Rückstellung addiert werden, in der Praxis wird es aber bei Sachleistungsverpflichtungen zu einem niedrigeren handelsbilanziellen Wert kommen wenn der handelsrechtliche Abzinsungszeitraum länger ist, als der steuerliche.32

[...]


1 Vgl. Scheffler, W., Steuerbilanz, 2011, S. 51 f.

2 ebd. S. 51 f.

3 ebd. S. 52.

4 Vgl. Hoffmann, W., StuB 2013, S. 317 f.

5 Vgl. Schulze-Osterloh, J., DStR 2007, S. 1006.

6 Vgl. Scheffler, W., Steuerbilanz, 2011, S. 231.

7 Vgl. Schulze-Osterloh, J., DStR 2007, S. 1006 f.

8 Vgl. Horst, A., DB 2012, S. 544.

9 Vgl. Hoffmann, W.,StuB 2014, S. 121 f.

10 Vgl. BFH vom 21.9.2011 I R 89/10.

11 Vgl. BMF, BMF-Schreiben-Entwurf, 17.1.2014, http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Einkommensteuer/2014-01-17-entwurf-teilwertabschreibung-voraussichtlich-dauernde-wertminderung-wertaufholungsgebot.pdf, S. 1-13, 19.4.2014.

12 Vgl. Hoffmann, W., 2014, S. 121 f.

13 ebd. S. 121 f.

14 ebd. S. 121 f.

15 ebd. S. 121 f.

16 ebd. S. 121 f.

17 Vgl. Förster, G., DB 2014, Rdn.14.

18 Vgl. Horst, A., DB 2012, S. 544-545.

19 Vgl. Weigl, R., BB 2009, S. 1062.

20 Vgl. Fugger, K., Rückstellungen, 2012, S. 142.

21 Vgl. Weigl, R., BB 2009, S. 1064.

22 ebd. S. 1064.

23 ebd. S. 1064.

24 Vgl. Velte, P., Die Steuerberatung 2013, S. 486

25 Vgl. Scheffler, W., Steuerbilanz, 2011, S. 280.

26 Vgl. Künkele, K./Zwirner. C, StuB 2013, S. 440.

27 Vgl. Fugger, K., Rückstellungen, 2012, S. 144.

28 Vgl. Scheffler, W., Steuerbilanz, 2011, S. 316.

29 ebd. S. 316.

30 Vgl. Ortmann-Babel, M./Bolik, A./Schönefeldt, A., NWB 2012, S. 1382.

31 Vgl. Ortmann-Babel, M./Bolik, A./Schönefeldt, A., NWB 2012, S. 1382 f.

32 Vgl. Rädtke, B., BBK 2014, S. 22.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Das Stichtagsprinzip im Bilanzrecht. Erfassung künftiger Wertminderungen und erwarteter Kostensteigerungen
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Note
2
Autor
Jahr
2014
Seiten
18
Katalognummer
V285105
ISBN (eBook)
9783656853916
ISBN (Buch)
9783656853923
Dateigröße
410 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
stichtagsprinzip, bilanzrecht, erfassung, wertminderungen, kostensteigerungen
Arbeit zitieren
Markus Röcker (Autor:in), 2014, Das Stichtagsprinzip im Bilanzrecht. Erfassung künftiger Wertminderungen und erwarteter Kostensteigerungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285105

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