Mit Macht ans Ziel. Die Persönlichkeit Helmut Kohl: Wie sein Charakter die Politik und Wende zur Deutschen Einheit beeinflusste


Fachbuch, 2014

129 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Leitlinien der Personalpolitik des Bundeskanzlers Helmut Kohl von Moritz Küpper
1. Einleitung
2. Eingrenzung des Begriffs Personalpolitik
3. Allgemeine Leitlinien der Kohl’schen Personalpolitik
4. Überprüfung der personalpolitischen Kriterien anhand des ersten Kabinetts Kohls
5. Abschließende Bewertung
6. Literatur- und Quellenverzeichnis

Gorbatschow und die deutsch-sowjetischen Beziehungen am Vorabend der Wiedervereinigung von Norman Giolbas
1. Einleitung
2. Literatur und Quellenlage
3. Die Ausgangslage
4. Von Breschnew zum neuen Pragmatismus
5. Deutsch-sowjetische Beziehungen
6. Fazit
7. Literatur- und Quellenverzeichnis

Wiedervereinigung unter Kohl. Der Einfluss von Persönlichkeit im Einigungsprozess von Markus Rietschel
1. Einleitung
2. Der Einfluss von Individuen
3. Die Beziehung zwischen Kohl und Mitterrand
4. Zusammenfassung
5. Literaturverzeichnis

Von der Kanzler- zur Koordinationsdemokratie? Kontinuität und Wandel des Regierens am Beispiel Adenauers und Kohls von Manuel Franz
I. Einleitung: Die Debatte um Kanzler- oder Koordinationsdemokratie
II. Grundlagen der Kanzlerdemokratie
III. Die Regierung Adenauer: Herausbildung der Kanzlerdemokratie und ihrer Strukturmerkmale
IV. Die Regierung Kohl: Kontinuität und Wandel
V. Die Theorie von der Koordinationsdemokratie
VI. Schlussbetrachtungen: Fazit und Ausblick
VII. Literaturverzeichnis

Narzissmus in der Politik am Beispiel von Altbundeskanzler Kohl von Ludwig Späte
1. Einleitung
2. Biographie von Helmut Kohl
3. Helmut Kohl und der Narzissmus
4. Fazit

Literaturverzeichnis

Leitlinien der Personalpolitik des Bundeskanzlers Helmut Kohl von Moritz Küpper

1. Einleitung

„In einer klugen und weitsichtigen Personalpolitik sah ich den Schlüssel zum Erfolg meiner Partei.“[1]

Diesen Satz schrieb Helmut Kohl in seinen Erinnerungen und machte damit deutlich, dass Personalpolitik unter seiner Regie nicht nur ein notwendiger Bestandteil der Politik war, sondern eine wichtige, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle spielte: „Besonders strategischen Fragen und Personalentscheidungen habe ich von Anfang an die gebührende Bedeutung beigemessen. Schließlich wird Politik von Menschen gemacht, und es kommt wesentlich auf die Persönlichkeit des einzelnen an, ob eine politische Position glaubwürdig und überzeugend vermittelt werden kann“[2] schrieb Kohl weiter.

Personalpolitik war für Helmut Kohl also mehr als „sein liebstes Hobby“[3], wie Stefan Kornelius, Ressortleiter „Ausland“ der Süddeutschen Zeitung beobachtete. Schon zum Beginn seiner politischen Karriere hatte er sich in der Jungen Union (JU) ein Netzwerk gesichert und versucht – mit der JU-Gefolgschaft im Rücken – voranzukommen.[4] Dieser personenbezogene Politikstil zog sich durch seine ganze Karriere.

Dabei benutzte er immer seine Position, um Leute um sich zu scharen und Macht und Posten zu vergeben. Dass dieses Schema eine Leitlinie seiner Politik war, zeigt sich daran, dass er seine Möglichkeiten auch später in der Regierung nutzte, um der Opposition sein Entgegenkommen zu zeigen.[5]

Helmut Kohl hat nie einen Hehl daraus gemacht, Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland werden zu wollen.[6] Dieses Ziel hat er 1982 erreicht. Kohl hat es geschafft, Kanzler zu werden – und zu bleiben. Mit seiner 16-jährigen Amtszeit ist er der am längsten amtierende Regierungschef der BRD. Wie groß der Anteil seines personalpolitischen Instinktes und seiner Fähigkeiten ist, lässt sich nur schwer sagen. Sicher ist jedoch, dass seine Personalpolitik entscheidend zu seinem Machtgewinn und -erhalt beigetragen hat.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Bedeutung und die Leitlinien der Kohl’schen Personalpolitik herauszuarbeiten und diese anhand der Zusammensetzung seines ersten Kabinetts zu überprüfen. Als Kohl sein erstes Kabinett nominierte, kannte er seine zukünftigen Minister schon lange. Über Jahre hatte er die Personalpolitik innerhalb der Jungen Union, der CDU, der CDU-Fraktion und auch in CDU-nahen Institutionen wie beispielsweise der Konrad- Adenauer-Stiftung beeinflusst, um für den Fall der Regierungsübernahme gerüstet zu sein.[7]

Diesen Zeitraum kann die Arbeit auf der Suche nach allgemeingültigen Leitlinien jedoch nur streifen, da sie ihren Umfang sonst weit überschreiten würde. Desgleichen werden auch weitere Institution oder Entscheidungen, an denen Kohl beteiligt war, in dieser Arbeit ausgelassen. Personalpolitische Entscheidungen im Kanzleramt, der Partei, der Fraktion, CDU-nahen Institutionen und Verbände, sowie bei der Wahl Bundespräsidenten[8] werden in dieser Arbeit allenfalls kurz angerissen.

Zur Überprüfung der Kriterien wurde das erste Kabinett Kohls ausgewählt, da es sein erster großer personalpolitischer „Wurf“ auf Bundesebene war. Zudem war es bis zu Kohls Abwahl 1998 der größte Personalwechsel einer Bundesregierung der Bundesrepublik. Bis auf drei Ministerposten des Koalitionspartners FDP wurden alle Ministerien neu besetzt. Interessant wäre sicherlich auch das erste Kabinett Kohls nach der Wiedervereinigung gewesen, und wie Kohl mit der neuen Situation umging. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt über Jahre hinaus schon Ministerposten besetzt, auf die Kohl Rücksicht nehmen musste. Ein weiterer Grund für die Auswahl des ersten Kabinett Kohls war, dass die Bedeutung des Kabinetts über die Jahre immer mehr abnahm und Entscheidungen in informelle Runden übertragen wurden.[9]

Kohls Regierungsstil hat sich, genauso wie seine Personalpolitik, über die Jahre gewandelt. Es fällt vor allem auf, dass er seine Entscheidungen, je länger er an der Macht war, immer mehr in informelle Runden verlagerte.[10] Während er in seiner Zeit als Landespolitiker in Rheinland-Pfalz die eingespielten Verfahrensweisen der personalpolitischen Veränderungen das damaligen Ministerpräsidenten Peter Altmeier noch scharf kritisierte[11] (sicherlich auch aus machtpolitischen Bestrebungen), handelte Kohl später ähnlich. In seiner Anfangszeit als Bundeskanzler duldete Kohl noch Widerspruch, nahm Anregungen auf, doch später umgab sich der Kanzler nur noch mit Ja-Sagern.[12] Diese Entwicklung wird in dieser Arbeit jedoch nicht näher behandelt.

In der Literatur findet sich umfangreiches Material, das sich mit Kohls Regierungsstil beschäftigt. Kohl war 16 Jahre Bundeskanzler und hat somit, zumindest zeitlich, die Bundesrepublik geprägt wie kein Kanzler vor ihm. Insofern wurde dieser Abschnitt – zumal in ihn die Wiedervereinigung Deutschlands fiel – in der Politikwissenschaft eingehend behandelt. Neben seiner Autobiographie, der in diesem Jahr der zweite Teil folgen soll, gibt es unzählige Biographien, Abhandlungen und Analysen über Kohls Politik. Darin hat sich ein Begriff herauskristallisiert, der auch für diese Arbeit relevant ist: das „System Kohl“. Dies ist mittlerweile ein feststehender Ausdruck, der allerdings spätestens seit der Spendenaffäre negativ besetzt ist. So wird das „System Kohl“, das auch die Kohl’sche Personalpolitik beinhaltet[13], in der Literatur als „anschauliches Beispiel für den Aufstieg und Wirkungsmechanismen einer Seilschaft mit Führung eines Feudalherren“[14] beschrieben. Jedoch gerade in diesen „Seilschaften“ birgt der Untersuchungsgegenstand eine große Gefahr: das Problem der Kausalität. In dem schnelllebigen und aus vielen Richtungen beeinflussten politischen Geschehen, ist es leicht, aus Personalentscheidungen falsche Rückschlüsse zu ziehen. Der Autor ist sich dieser Gefahr bewusst, zumal gerade personalpolitische Entscheidungen unter Kohl nicht immer den formalen Weg gingen oder einen eindeutigen Grund erkennen ließen. Diese Arbeit stellt trotzdem den Versuch dar, zu zeigen, dass Kohls personalpolitische Entscheidungen vor allem dem Machtausbau und -erhalt dienten. Deswegen ist es wichtig, am Anfang der Arbeit den weitgehenden Begriff der Personalpolitik zu definieren und einzugrenzen, um festzulegen, in welchem Umfang der Begriff hier verwendet wird. Danach sollen die allgemeinen Leitlinien der Kohl’schen Personalpolitik herausgearbeitet werden. Dabei wird auch kurz auf die Instrumente sowie die Hintergründe der Personalpolitik eingegangen. Anhand dieses Rasters soll dann die Besetzung des ersten Kabinetts Kohls 1982 überprüft werden. Dabei werden die Minister nicht einzeln abgehandelt, sondern, auch aus Gründen der Lesbarkeit, versucht, Besonderheiten und Auffälligkeiten bezüglich der Kriterien herauszuarbeiten. Das Kabinett wird aber auch als Gesamtwerk betrachtet. Ebenso wird auf die besondere Situation der Koalitionspartner eingegangen.

Zum Abschluss der Arbeit werden die Ergebnisse kurz zusammengefasst und bewertet.

2. Eingrenzung des Begriffs Personalpolitik

Das Feld der Personalpolitik ist für die Politikwissenschaft ein umfassender und interessanter Bereich. Gerade hier haben Personalentscheidungen eine große Bedeutung und werden von vielen Feldern beeinflusst. Während es auch in anderen Bereichen um die Macht und deren Absicherung geht, geben Personen der Politik ein Gesicht. Da Politiker für einen bestimmten Stil stehen und man in einer Demokratie Verbündete braucht, um seine Inhalte durchzusetzen, fällt der Personalpolitik gerade hier eine Schlüsselbedeutung zu. Deswegen ist es umso verwunderlicher, dass einschlägige politikwissenschaftliche Nachschlagewerke[15] den Begriff nicht definieren. Eine Begründung dafür könnte sein, dass dieser umfassende und vielschichtige Begriff nicht in eine einzige, in der Politikwissenschaft allgemeingültige, Definition zu fassen ist.

Allgemein wird Personalpolitik als „Gesamtheit der Entscheidungen, die gewollt und direkt auf die Personalorganisation (als Teil der Betriebsorganisation) einwirken [definiert]. Gegenstand der P. ist die Erarbeitung und Anwendung von Grundsätzen der Personalbeschaffung und -eingliederung sowie der Aus- und Weiterbildung, der Entlohnung, der Menschenführung und der Personalverwaltung (mithin auch der Schaffung und Erhaltung eines bestimmten Betriebsklimas).“[16] Dieser Ansatz greift jedoch für die vorliegende Arbeit zu kurz. Aufgrund der geringen Aussagekraft für die aktuelle Fragestellung müssen für eine politikwissenschaftliche Definition noch weitere wichtige Einflussfaktoren hinzugezogen werden. So wird die wichtige Komponente Macht dort allenfalls tangiert.

Um eine umfassendere Definition zu bekommen, bestünde natürlich die Möglichkeit, den Begriff aus seinem eigentlich ökonomischen Hintergrund herauszulösen und für diese Arbeit zu verwenden. In diesem Bereich gibt es umfassende Literatur dazu. So haben sich im Laufe der Geschichte des Fachs „Personalwesen“ viele theoretische Erklärungsansätze herausgebildet. [17] Es ist jedoch nicht hilfreich, die zahlreichen Definitionen von Personalpolitik hier aufzuführen[18], da die unterschiedlichen Ausprägungen immer nur die jeweils relevanten Punkte in den Vordergrund stellen. So definiert Macharzina „...personalpolitische Entscheidungen (als) generelle und grundsätzliche Entscheidungen, welche auf den Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmern und Unternehmensleitung ausgerichtet sind“[19]. Eine weitere Eingrenzung zielt mehr auf das Personal: „Personalpolitik umfaßt [!] alle betrieblichen Maßnahmen und Entscheidungen, die sich direkt mit dem ‚Faktor Personal‘, also den Beschäftigten im Betrieb befassen. Personalpolitik bezieht sich auf Grundsatzentscheidungen ebenso wie auf die vielfältigen Einzelmaßnahmen, die von der Lohn- und Gehaltsabrechnung bis zur Urlaubsplanung reichen.“[20]

Allerdings bräuchte eine Definition aus politikwissenschaftlicher Sicht weitere Punkte: die Einflüsse von Außen gibt es zwar auch in der Wirtschaft, dort sie sind jedoch nicht so zahlreich wie in der Politik, da das gesellschaftliche Interesse hier deutlich größer ist; auch die Bedeutung von Verbündeten ist in der Politik größer, da man seine Inhalte nur durch Mehrheiten durchsetzen kann. Die Besetzung von Positionen findet im politischen Geschäft in einer deutlich höheren Flutaktion statt; Positionen können direkt (wie im Beispiel Kohl in der Partei, Fraktion, Bundesregierung und Kanzleramt) oder indirekt durch Zuspruch und Beeinflussung (in Landesverbänden, innerparteiliche Organisationen, Verbände) besetzt werden. Ein weiterer entscheidender Punkt bei der Definition von Personalpolitik mit politikwissenschaftlichem Hintergrund ist der Faktor Macht. Dazu bietet es sich an, den Begriff der Personalpolitik unter Mithilfe der gängigen Machtdefinition Max Webers zu betrachten: „‘Politik‘ würde für uns also heißen: Streben nach Machtanteil oder nach Beeinflussung der Machtverteilung, sei es zwischen Staaten, sei es innerhalb eines Staates zwischen den Menschengruppen, die er umschließt. ... Wer Politik treibt, erstrebt Macht...“.[21]

Der Faktor Macht war ein entscheidender Bestandteil im politischen Leben Kohls. Er war das Ziel eines Politikstils, der sich über die Jahre unter dem Begriff „System Kohl“ festgesetzt hat.[22] Dieses Synonym steht dabei für den Regierungsstil[23] Kohls, umfasst also zu einem großen Teil auch seine Personalpolitik. Kohl selbst beschreibt die Entstehung so:

„Gewissermaßen als Nebeneffekt dieser zentralen Rolle, die personalpolitische Entscheidungen in meinem Denken immer gehabt haben, ist das vielzitierte „System Kohl“ entstanden. ... Gleichgesinnte um sich versammeln, Freunde in Ämter wählen, Vertraute fördern: Das ist von vielen Publizisten immer wieder als kritikwürdig angeprangert worden. Für mich war es stets eine notwendige Selbstverständlichkeit.“[24]

Wenn man diesen Begriff als Grunddefinition annimmt, müsste auch das Hinzuziehen von Leuten zu formellen Entscheidungsgremien genauso wie das Verlagern von Entscheidungen in informelle Kreise (Abendrunde, Küchenkabinett) bei der Definition berücksichtigt werden, da Kohl dadurch auch Personen in seine Politik eingebunden hat.

Da sich jedoch der Begriff dann aufgrund seiner Komplexität noch immer schwer fassen ließe und im Kontext (und Umfang) dieser Arbeit nicht zielführend einzusetzen wäre, wird der Begriff Personalpolitik für diese Arbeit über die Kompetenzen des Bundeskanzler definiert: Der Kanzler schlägt dem Bundespräsidenten die Ernennung (genauso wie die Entlassung) einzelner Bundesminister vor. Bei der personellen Zusammensetzung seines Kabinetts hat er weitestgehend freie Hand. So ist der Bundeskanzler nur dahingehend eingeschränkt, dass er bestimmte Ministerien besetzen muss sowie auf Wünsche eines möglichen Koalitionspartners (und auch der eigenen Partei) einzugehen hat. Die letzte Bedingung ist nicht verfassungsrechtlich festgeschrieben, ergibt sich jedoch aus der praktischen Politik.[25] Somit bleibt festzuhalten, dass Kohl als Bundeskanzler bei der Wahl seiner Minister weitgehende Freiheiten hatte, die nur durch den Koalitionspartner oder aktuelle Umstände (Machtkonstellationen innerhalb der Partei oder Regierung, sowie vorhandenes und verfügbares Personal) eingeschränkt wurden. Unter diesen Gesichtspunkten wird der Begriff der Personalpolitik in dieser Arbeit verwendet.

3. Allgemeine Leitlinien der Kohl’schen Personalpolitik

Gründe, Instrumente und Ziele der Kohl’schen Personalpolitik

Die Kohl’sche Personalpolitik war von Anfang an auf Machtgewinn und -erhalt ausgelegt. Es waren diese beiden Punkte, denen sich viele Entscheidungen letztendlich unterordnen mussten. Kohl verstand es, über Jahre hinaus, seine politische Macht personell abzusichern, und wurde deshalb vielerorts als „Machtmensch par Excellenze“ charakterisiert.[26]

Schon in seinen Anfangszeiten als Politiker lernte Kohl – die Beispiele der Kanzler Konrad Adenauer und Ludwig Erhard vor Augen, die beide ihre Macht verloren – dass ein Politiker Machtstrukturen braucht, die vor allem dazu dienen, gewonnene Macht zu verteidigen. Sein langjähriger Mitarbeiter aus dem Konrad-Adenauer-Haus, Gerd Langguth, attestiert Kohl, dass er ein solches Netz schon frühzeitig aufgebaut hat. „Es dürfte bislang selten einen Politiker gegeben haben, der so zielstrebig und langfristig planend auf ihn individuell zugeschnittene Machtstrukturen aufbaute wie Helmut Kohl. Er erkannte frühzeitig: Ohne die Schaffung eines Machtsicherungssystems wird ein Politiker nicht überleben können.“[27] Dabei erwies sich dieses Geben und Nehmen als eine Art Schneeballsystem: „,Karriere durch Aufstieg, und Aufstieg, sein eigener und derer, die ihn dabei unterstützten, durch Pfründe und durch Abhängigkeiten und durch Teilhabe an der Beute’, so beschrieb der Publizist Warnfried Dettling, der den Aufstieg Kohls als Mitarbeiter in dessen Administration aus der Nähe beobachtet hatte, diesen Techniker der Macht.“[28]

Als Begründung für seine Personalpolitik diente Kohl ein einfacher Satz: „Politische Macht ausüben kann nur, wer für seine Ideen Verbündete findet und mit ihrem Zuspruch zu Mehrheiten gelangt.“[29]

Kohls große Stärke war es, mit Menschen umzugehen. Dadurch konnte er sie für sich gewinnen. „Zu den hervorstechenden Eigenschaften, die der Rheinische Merkur dem jungen Mann attestierte, zählte die Kunst, Menschen für sich einzunehmen und an sich zu binden. Von Kindesbeinen an war er es gewohnt, Freunde um sich zu scharen. Mit dem Eintritt ins Berufspolitikertum lernte er, daraus Kapital zu schlagen. Er begann, seine Fähigkeiten systematisch zur Organisation von Gruppen einzusetzen, die kein anderes Ziel hatten, als die Vorstellungen ihrer Mitglieder gemeinsam durchzusetzen und damit Karriere zu machen.“[30]

Dabei half Kohl seine ungeheuere Kontaktfähigkeit. Diese „...– nicht nur die zur Schau getragene – ist grenzenlos. Seine vielen, vielen Kontakte in die Partei hinein dienen – natürlich – auch der eigenen Machtabstützung und -sicherung.“[31] Kohl war ein überzeugter Viel-Telefonierer. „Bewundernd hat Kurt Biedenkopf einmal gesagt: „Der Mann kann telefonieren wie ein Weltmeister.“[32] Durch diese Kontaktpflege verfügte Kohl „...über ein differenziertes Informationssystem. Er telefonierte beispielsweise unzählige Male mit Orts-, Kreis-, Bezirks- und Landespolitikern, mit Menschen außerhalb der Partei, und zwar schon über Jahrzehnte.“[33] Um diese Menschen in sein Machtschema einzubinden, führte er ein „...strenges Regiment in der CDU. Er belohnte durch Zuwendung, er strafte ab durch Verstoßen. Wer ihm zu mächtig oder zu selbstständig wurde, bekam seinen Zorn zu spüren.“[34] Allerdings nicht nur in der Partei. Auch als Kanzler ging Kohl nach dem gleichen Schema vor: „Kohl belohnt und straft. Er vergisst nichts, und er vergibt nicht“[35], schreibt Jürgen Leinemann, der Kohl als Journalist lange Jahre beobachtete. Ihm, wie auch vielen anderen Beobachtern, fiel dabei eine Eigenschaft Kohls auf, die danach häufig als „Elefantengedächtnis“ bekannt wurde. Er konnte sich auch nach Jahrzehnten noch an Personen und deren Handeln erinnern. „Wieder einmal zeichnete sich Kohl dadurch aus, dass er seine Gegner aus den Augen verliert, seine Helfer, Verehrer und Mitstreiter jedoch nicht vergisst.“[36] Leinemann skizziert die Verfahrensweise in wenigen Sätzen: „Auf seine Machtmaschine aber, die durch Ämterpatronage betrieben wurde, konnte sich der CDU-Chef schon Ende der Achtzigerjahre verlassen. Er hängte sich persönlich ans Telefon und ließ skrupellos seine Beziehung spielen, um einflussreiche Helfer zu gewinnen und Kritiker auszuschalten. Über die Hälfte aller Parteidelegierten und Bundestagsabgeordneten der CDU, schätzte Ralf Dahrendorf, waren dem Kanzler für persönliche Förderung und Gefälligkeiten verbunden. Er konnte Ämter in Aussicht stellen und Straßenbauprojekte für den Wahlkreis – er hatte etwas zu bieten.“[37] So nutzte Kohl die unterschiedlichsten Einflussformen, die sich ihm als Partei-Vorsitzendem oder Bundeskanzler boten. „In seiner Kanzlerschaft hat Kohl die Zahl der Parlamentarischen Staatssekretäre von 20 (1982) auf 33 (1992) erhöht und dann – unter dem Druck einer kritischen Öffentlichkeit – allmählich wieder auf 27 gesenkt. Diese Position war sozusagen die Wurst, die er uns ständig vor die Nase hielt,“[38] schreibt Friedbert Pflüger in seinem Buch „Ehrenwort“, indem er mit dem „System Kohl“ und der damit verbundenen Personalpolitik abrechnet. Aber es waren nicht nur Posten, mit denen er seine Leute köderte, sondern auch sein Wissen. „’Es ist unglaublich’, staunte ein Parteifreund, ‚was der alles weiß, was dem alles zugetragen wird.’ Dieses Wissen benutzt er als Waffe. Er hatte seine Informationen zu einem bedrohlichen Machtschatz aufgetürmt. Er vergaß nichts, er vergab nichts.“[39] Es verwundert nicht, dass fast alle Kohl Mitarbeiter eine Eigenschaft gemeinsam haben: „Sie sind abhängig von ihm, ihm ergeben, zugänglich.“[40] Diese Abhängigkeit förderte Kohl, indem er Konkurrenzsituationen unter seinen Mitarbeitern schuf. Dafür nutzte er auch häufig das Telefon, um, ohne dass die Mitarbeiter davon etwas wussten, immer auf dem neuesten Stand zu sein. „Rivalität unter engen Mitarbeitern und Mitstreitern vergrößerte die Abhängigkeit von ihm, erweiterte seinen politischen Manövrierraum und verschaffte ihm eine Schlichterrolle.“[41]

Und viele dieser Menschen, die später einmal seine Mitarbeiter werden sollten, kannte Kohl schon lange. Während seiner gesamten Zeit als Politiker hielt er Ausschau nach fähigen Personen, die ihm später nützlich sein könnten. Als überzeugter Parteisoldat suchte Kohl vor allem in der CDU nach fähigen Köpfen:

„Das Konrad-Adenauer-Haus wurde unter Kohl zur wirklichen Parteizentrale; man hielt in allen CDU-Gliederungen Ausschau nach jungen Leuten, die der Partei, aber später auch dem Regierungsapparat des Kanzlerparteichefs von Nutzen sein konnten. Viele Karrieren, die während der Ära Kohl ins Kanzleramt und in die Ministerien führten, begannen dank dieser Personalpolitik in jenen Jahren, als Kohl noch nicht Kanzler war. Auch das gehörte zum System Kohl. Der konservative Journalist Herbert Kremp hat das Ineinandergreifen von Partei- und Staatsapparat unter Kohl jüngst so charakterisiert: ,Modern war die Organisation, alt die Treue, das Leben, die Vergabe, der Entzug.’“[42]

Klaus Dreher schildert in seiner Kohl-Biographie einen typischen Werdegang von späteren Kohl-Mitarbeitern: „Im allgemeinen kamen Nachwuchstalente von der Bonner Universität, an der sie im Fach der Politischen Wissenschaft früher bei Professor Karl-Dietrich Bracher, danach bei Hans-Peter Schwarz promovierten und währenddessen im Ring Christlich- Demokratischer Studenten aktiv waren. Gelang es ihnen, im Verband den Vorsitz zu erobern, wurden sie in den CDU-Bundesvorstand kooptiert, machten mit einigen provozierenden Bemerkungen auf sich aufmerksam und wechselten als Redenschreiber ins Kanzleramt. In der Regel war dann der weitere Aufstieg vorgezeichnet.“[43] Doch nicht nur über die Partei machten viele Menschen unter Kohl Karriere. Für seine Regierungen zeigte sich die Fraktion als ergiebigstes Nachwuchsreservoir.[44]

Als Ergebnis dieser Personalpolitik stand eine riesige Machtfülle, die er sich durch Abhängigkeit der Leute „erkaufte“. Deswegen war es auch ein fester Bestandteil des Systems, dass seine Personalpolitik öffentlich wurde, bzw. die Leute wussten, wem sie ihre Berufung zu verdanken hatten. Schon in seiner Zeit als Fraktionsvorsitzender in Rheinland-Pfalz zwang Kohl Ministerpräsident Peter Altmeier dazu, dass jede Ernennungsurkunde von Kohl gegenzeichnet werden musste. „Aus Kohls Sicht wusste damit jeder Landrat, jeder Schulmeister und jeder, der von der Regierung als Beamter ernannt wurde, wem er seine Berufung zu verdanken hatte. So nutzte er ein administratives Instrument, um über politische Mehrheitsverhältnisse zu informieren.“[45] Durch diese Abhängigkeiten, die später auch auf Bundesebene und in den verschiedensten Bereichen fortgeführt wurde, entstand eine Situation, in der man ohne Kohls Segen in der Partei nichts werden konnte. „Kohls Machtstellung ist so unumstritten, dass niemand die Chance hat, nur aufgrund seiner Qualifikation und seines persönlichen politischen Gewichts in den Kreis der Präsidiumsmitglieder vorzudringen.“[46] Entscheidend war eindeutig Kohls Wort und Einfluss. Das Präsidium der CDU war somit ganz auf die Machtsicherung Kohls ausgerichtet.[47] Dass in der Bundesregierung unter dem Kanzler Kohl niemand etwas gegen seinen Willen werden konnte, liegt in der Natur der Sache.

Allgemeine Kriterien der Personalpolitik

In der Literatur lassen sich viele Hinweise auf Kriterien finden, nach denen Kohl sich seine jeweiligen politischen Mannschaften zusammenstellte. Dabei fällt auf, dass es ein Kriterium gibt, was immer wieder genannt wird: Loyalität[48]. Kohl praktiziert eine Personalpolitik, die sich weniger an Sachzwängen orientierte. Stattdessen setzte er auf bedingungslose Loyalität, indem er Personen an sich zog und einband. So schob er, wie im vorangegangen Abschnitt schon geschildert, jungen aufstrebenden Politikern interessante Posten innerhalb seines Machtgeflechts zu und sicherte sich dadurch deren Loyalität.[49]

Schwan spricht dabei von „starken, gefühlsbetonten Komponenten“, ohne die eine enge Zusammenarbeit mit Kohl kaum denkbar wäre. „Loyalität, Vertrauen, Verlässlichkeit und Treue beruhen auf Gegenseitigkeit.“[50] Kohl selbst bestätigt diese Sicht in seinen Erinnerungen: „Ich war nie ein Anhänger von Parteibuchbeamten, bei denen nicht nach Qualifikation, Leistungsbereitschaft und Loyalität gefragt wird, und diese Meinung hat sich im Lauf meines politischen Lebens wesentlich verstärkt.“[51]

Dabei beruhte für Kohl diese Loyalität auf Gegenseitigkeit.[52] Hierzu gibt es allerdings widersprüchliche Angaben in der Literatur, und auch ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Kohl sich häufig mit engen Mitarbeitern[53] überwarf. Langguth schreibt dazu: „Wenn es ihm politisch opportun erscheint, kann sich Kohl von heute auf morgen von seinen besten Freunden trennen – auch jetzt noch.“[54] Im Widerspruch dazu steht die Aussage von Schwan, der Kohl ein hohes Maß an Kontinuität attestiert: „Kohl unterhält in Partei und Regierung keineswegs Taubenschläge, wo Leute rein- und rausfliegen. Er handelt nur, wenn es sein muss, aber dann oft unkonventionell.“[55] Hierzu passt, dass Kohl lange Zeit an seinem ersten Kanzleramtschef Waldemar Schreckenberger festhielt, obwohl dieser eine Fehlbesetzung war. Allerdings kannte Kohl Schreckenberger schon lange, beide waren zusammen zur Schule gegangen, so dass dort auch eine Freundschaft entstanden war. Sowieso war der Weg von Loyalität zu einem persönlichen Verhältnis oder gar einer Freundschaft nicht weit. Vor allem nicht, wenn man nicht nur durch gleiche Interessen verbunden wurde, sondern man auch viel Zeit miteinander verbrachte. Zwischen Kohl und vielen seiner Mitarbeiter bestand ein solches Verhältnis. Kohl setzt bisweilen darauf, wie Johann Wilhelm Gaddum, ein Abgeordneter aus dem rheinland-pfälzischen Landtag, aus seiner Erfahrung mit Kohl berichtete: „Das Vorgehen Kohls war für ihn typisch. Er setzte auf eines: persönliches Vertrauen.“[56] Und: „Politik an der langen Leine? Ja. Aber wohl im Wissen, dass es keine stärkere Bindung gibt als die des Vertrauens.“[57] So ist es auch kein Zufall, dass Kohl mit vielen Ministern eine langjährige Freundschaft verband.[58] Der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte spricht in seiner Analyse des Kohl’schen Politikstils von der „politischen Familie des Bundeskanzlers“[59], wobei eher das direkte persönliche Umfeld gemeint ist, als allgemein seine Kabinette. Doch Kohl stützte sich auf jedem Feld „...in erster Linie auf Mitarbeiter und Berater, zu denen er ein persönliches Verhältnis hatte.“[60]

Dabei war nicht nur das persönliche Verhältnis zu Kohl ein hilfreicher Baustein, um unter ihm aufzusteigen. Fast genauso wichtig – wenn nicht noch entscheidender – war die Tatsache, dass man Kohls Herrschaft akzeptierte. „Schon immer hasste er Selbstdarsteller und Wichtigtuer. Solche Zeitgenossen haben in seiner unmittelbaren Nähe keine Chance. Auffallend ist die betonte Zurückhaltung mancher Helfer, die bescheidene Art, wie sie sich als Zuarbeiter des Kanzlers darstellen. Sie wollen keine „bunten Vögel“ sein, sondern lieber das Bild der „grauen Maus“ abgeben.“[61] Es gibt zahlreiche Beispiele, in denen ehemalige Mitarbeiter[62] sich gegen Kohl auflehnten und er daraufhin das Verhältnis aufkündigte und deren Karriere in der Politik behinderte.

Auch die Zugehörigkeit zur Partei war unter Kohl ein entscheidendes Kriterium, um Karriere zu machen „Nie zuvor spielte das richtige Parteibuch bei der Besetzung von Regierungsposten eine so wichtige Rolle wie in der 16jährigen Regentschaft Kohls.“[63] Kohl wusste, wem er seine Macht zu verdanken hatte, und vergaß dies auch nicht. Bei der Berücksichtigung dieses Kriteriums kam ihm natürlich zugute, dass die Partei seine politische Heimat war, die er kannte wie kein anderer. „Innerhalb seiner Partei basierte Kohls Macht auf einem stark vernetzten, in alle Landesverbände hineinwirkenden Einflussgeflecht, das er sich bereits in den Jahren aufgebaut hatte, bevor er für ein Vierteljahrhundert an die Spitze der Partei trat – nämlich während seiner Zeit in der Jungen Union.“[64] Es gibt ein Vorurteil, dass Kohl vorwirft, das Kriterium Qualifikation bei seiner Auswahl eher hinten an zu stellen.[65] Mit Sicherheit war eine Parteimitgliedschaft bisweilen notwendig für eine Karriere in der Politik, gerade unter Kohl. Doch auch er wusste genau, dass er qualifizierte Mitarbeiter brauchte.

„Anders, scheint es, kann Kohl das Herr-und-Knecht-Verhältnis, in dem er und seine Mitarbeiter sich befinden, kaum gestalten. Seine Mitarbeiter sind immer fleißiger als er – sonst wären sie nicht seine Mitarbeiter. Sie sind oft intelligenter als er – sonst hätte er sie sich nicht ausgesucht. Sie verfügen über Vorzüge, die er nicht hat – sonst wären sie nicht wertvoll für ihn.“[66]

Je weiter Kohl in der Hierarchie aufstieg, desto mehr Mitarbeiter benötigte er. Dabei brauchte er aus einfachen politischen Zwängen qualifizierte Leute[67], die glaubhaft für eine gute und vertrauensvolle Politik standen. „Er [Kohl] versteht es, Programme durch Personen sichtbar zu machen.“[68] Doch neben der Qualifikation gab es noch weitere wichtige Kriterien, auf die Kohl bei der Besetzung seines Kabinetts achtete:

„So muss der Regierungschef bei der Vergabe der Ministerämter außer der Koalitionsarithmetik Proporze sowie Patronage- und Repräsentationswünsche innerhalb seiner eigenen Partei beachten, wie z.B. den Frauenanteil, die landesmannschaftliche Herkunft, verschiedene Parteiflügel und Strömungen u. dgl. Bei diesen Auswahlkriterien werden möglicherweise auch Ansprüche auf bestimmte Häuser erhoben.“[69]

Zu den Kriterien Frauenanteil, landesmannschaftliche Herkunft, der Integration der verschiedenen Parteiflügel addiert Dreher in seiner Biographie noch eine Ausgeglichenheit der Konfessionen im Kabinett.[70] Bei den letztgenannten Kriterien muss differenziert werden. Während die Leitlinien Loyalität, Parteizugehörigkeit und Qualifikation jedem einzelnen Mitarbeiter abverlangt werden konnten, lassen sich die Besetzungskriterien für ein Kabinett (Frauenanteil, landesmannschaftliche Herkunft, Parteiflügel und Konfession) nur in der Relation zu den einzelnen Kabinettsmitgliedern anwenden. Im nächsten Teil sollen also diese herausgearbeiteten persönlichen Kriterien mit den allgemeinen Besetzungskriterien verbunden und anhand des ersten Kabinetts Kohls überprüft werden.

4. Überprüfung der personalpolitischen Kriterien anhand des ersten Kabinetts Kohls

Das Kabinett und seine Zusammensetzung

Nachdem Kohl die FDP von einem Koalitionswechsel überzeugen konnte und das Misstrauensvotum gegen Bundeskanzler Helmut Schmidt erfolgreich war, hatte er sein Ziel erreicht: Bundeskanzler. Nun konnte er seine Regierungsmannschaft aufstellen: „Die Ablösung der Minderheitsregierung Helmut Schmidts und Bildung der Regierung Kohl- Genscher erfolgten nach dem Plan des neuen Bundeskanzlers. Kohl änderte die Zahl und den Zuschnitt der Ministerien nicht.“[71] Am 4. Oktober 1982 wurde folgendes Kabinett vereidigt[72]:

Das Kabinett umfasste also genau wie zuvor 16 Minister, von denen Hans-Dietrich Genscher als Chef des wichtigen und machtbringenden Koalitionspartners FDP und Vizekanzler herauszuheben ist. Das erste Kabinett Kohls bestand aus acht CDU-Minister und jeweils vier der Koalitionspartner FDP und CSU.

Auffällig war, dass die Koalitionsverhandlungen und Regierungswechsel schnell und ohne größere Zwischenfälle über die Bühne gingen. „Er [Kohl] brauchte dazu nur 14 Tage.“[73] An einem schnellen, geräuschlosen Übergang hatte Kohl ein großes Interesse, um seine Regierungszeit nicht vorzeitig mit einer Bürde zu versehen.[74] Die Besetzung des Kabinetts „..sollte keine allzu großen Schwierigkeiten bereiten. Kohl hatte die vollständigen Kabinettslisten bis hinunter zu den Parlamentarischen und beamteten Staatssekretären im Kopf. Auch hatte er sie, soweit es möglich war, mit den Hauptbeteiligten abgesprochen.“[75]

Insofern ist es verwunderlich, dass Kohl mit seiner Kabinettsliste Geheimniskrämerei betrieb.[76] Schon bei seinem ersten Versuch ins Kanzleramt einzuziehen (1976) hatte er ein Schattenkabinett aufgestellt: „Anfang November 1975 stellte ich nach schwierigen Gesprächen mit Franz-Josef Strauß eine begrenzte und nicht auf Ressorts ausgerichtete Kernmannschaft vor, zu der der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Gerhard Stoltenberg ebenso zählte wie der baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Manfred Wörner und der hessische CDU-Vorsitzende Alfred Dregger“[77], schreibt Kohl. Während Wörner und Stoltenberg schließlich Schlüsselpositionen in seinem neuen Kabinett bekamen, folgte Dregger Kohl auf den wichtigen Posten des Fraktionsvorsitzenden nach.

Kohl minderte seine Kanzlermacht bei der Besetzung und Berufung des Kabinetts dadurch, dass er erst die Koalitionsverhandlungen abschließen, dann das Regierungsprogramm verabschieden wollte, um dann das Kabinett bilden und sich erst zum Schluss dieses Prozedere zum Kanzler wählen zu lassen. Die FDP ging darauf natürlich ein, da sie sich so in einer stärkeren Position wähnte.[78]

Natürlich spielen bei der Besetzung eines Kabinetts auch die Besetzung der Parlamentarischen Staatssekretäre oder Staatsminister eine entscheidende Rolle. Kohl benutzte diese Ämter, um den oben herausgearbeiteten Kriterien wie beispielsweise den Ansprüchen der Landesverbände oder dem politischem Spektrum der CDU gerecht zu werden.[79] „Wer auf der Ministerliste keinen Platz fand, wurde Parlamentarischer Staatssekretär, und wer von ihnen ins Kanzleramt und ins Auswärtige Amt kam, durfte sich Staatsminister nennen. Kohl übernahm auch die Gewohnheit der sozialliberalen Koalition, Ernennungen über Kreuz vorzunehmen, also den Ministern Parlamentarische Staatssekretäre beizugeben, die eine andere Parteifarbe hatten als sie.“[80]

Besetzung der Ministerposten mit CDU-Mitgliedern

Insgesamt acht Mitglieder[81] des neuen Kabinetts hatten ein Parteibuch der CDU. Dieser Gruppe gilt das größte Interesse, da Kohl sie direkt berief, während er den Koalitionspartnern bei der Auswahl seiner Minister mehr oder weniger freie Hand ließ.[82] Das Kriterium Parteizugehörigkeit, das eventuell bei der Besetzung anderer Positionen eine Rolle spielen würde, ist in diesem Kontext auszuschließen. Bei der Besetzung von Ministerposten ist es keine Besonderheit, dass die Partei alle ihre zustehenden Ministerien mit Personen aus ihren Reihen besetzt. Alles andere wäre verwunderlich. Mit seinem Generalsekretär Heiner Geißler berief Kohl außerdem einen Mann, der während seiner Ministertätigkeit einen wichtigen Parteiposten inne hatte. Der größte Teil der neuen Minister hatte vor der Regierungsübernahme wichtige Funktionen in der Fraktion: „Mit der Regierungsübernahme im Jahr 1982 ergab sich für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein enormer Aderlass.

Zahlreiche Kohl-Loyale, die bis dahin wichtige Fraktionsfunktionen innehatten, erhielten jetzt ein Regierungsamt. So rückten zum Beispiel einige der sieben stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden ins Kabinett auf, wie Friedrich Zimmermann (er wurde Innenminister), Norbert Blüm (Sozialminister) und Manfred Wörner (Verteidigungsminister). Auch zeigte sich, dass der Posten eines Parlamentarischen Geschäftsführers für ein Regierungsamt sehr förderlich war. Dies gilt etwa für Philipp Jenninger, der Staatsminister im Kanzleramt wurde, aber auch für Dorothee Wilms (Bildungsministerin, später Ministerin für Gesamtdeutsche Fragen). Und wenn man die Liste der Vorsitzenden der Fraktionsarbeitsgruppen kurz vor der Regierungsbildung anschaut, sieht man, dass fast alle ebenfalls ins Kabinett gelangten. Ein Arbeitsgruppenvorsitz war dienlich für ein Ministeramt oder für eine Aufgabe als Parlamentarischer Staatssekretär. Zu nennen sind aus dieser Liste der Vorsitzenden der Arbeitsgruppen, beispielsweise Heinz Riesenhuber (Forschungsminister), Ignaz Kiechle (Landwirtschaftsminister) und Carl-Dieter Spranger (Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium des Inneren, später Entwicklungsminister).“[83]

Anhand dieser Entwicklung lassen sich die Kriterien Loyalität, Akzeptanz der Verhältnisse und eventuell sogar Freundschaft bestätigen. Es ist sowieso schwer, diese drei Begriffe voneinander abzutrennen. „Der Kern des Kabinetts Kohl bestand aus Personen, die einander seit langem kannten. Das waren der Bundeskanzler, sein Außenminister und Vizekanzler Genscher, Wirtschaftsminister Lambsdorff, Innenminister Zimmermann und Finanzminister Stoltenberg.“[84]

Auch Blüm kannte Kohl schon lange und konnte sich seiner Loyalität sicher sein. Er hatte ihm einen Wahlkreis in Rheinland-Pfalz verschafft. Bildungsministerin wurde Wilms, die wie erwähnt bereits als Parlamentarische Geschäftsführerin unter dem Fraktions- vorsitzenden Kohl gearbeitet hatte.

Neben Loyalität und langjähriger Verbundenheit spielten natürlich auch Machtkonstellationen eine Rolle. Es fällt auf, dass Kohl mit Barzel und Stoltenberg zwei (ehemalige) Konkurrenten um die Vormachtstellung in der CDU in sein Kabinett berief. Barzel war mit seinem Misstrauensvotum 1972 als Spitzenkandidat nur knapp gescheitert und danach von Kohl als Partei- und Fraktionsvorsitzender abgelöst worden. Mit seiner Ernennung sicherte sich Kohl gegen Querschüsse von Barzel-Anhängern ab. „Eine Geste rückwirkender Versöhnung war die Ernennung von Rainer Barzel zum Innerdeutschen Minister.“[85] Schon unter dem Bundeskanzler Konrad Adenauer 1962 hatte Barzel dieses Ministerium inne.

Stoltenberg war im Grunde genommen der Einzige, der von seinen Fähigkeiten her Kohls Vormachtstellung in der CDU gefährden konnte. Allerdings war der Norddeutsche dafür zu zögerlich und trat machtpolitisch nicht entschlossen genug auf. Zudem fehlte ihm wahrscheinlich der Wille Kohls[86]. Er sollte auch bereits 1976 Finanzminister werden.[87] Durch seine Berufung war die Rollenverteilung klar, zumal er für Kohl sehr wichtig war. „Er war eine Schlüsselfigur. In gewisser Weise hatte Kohl das Kabinett um ihn herum gruppiert. Mit ihm war er sich einig, dass alles Priorität hatte, was dem Sparen, der Konzentration auf das Wesentliche und der Minderung des Defizits dient.“[88] In diesem Kontext spielt dann auch das Kriterium der Qualifikation eine Rolle. Stoltenberg war für Kohl wichtig, da er auf dem Gebiet ein herausragender Fachmann war[89] und sich die Regierung an den Vorhaben auf dem Gebiet der Finanzpolitik messen lassen musste. Alle Minister waren qualifiziert und hatten schon auf ihren Gebieten gearbeitet. Ob es allerdings fähigere, verfügbare Alternativen gab, kann nur schwer überprüft werden. Auffällig ist, dass das erste Kabinett Kohls mit Dorothee Wilms nur eine Frau in seinen Reihen hatte. Dies sollte sich über die Jahre ändern.

Ein wichtiges Kriterium für Kohl war die Integration der verschiedenen Parteiflügel. Als pragmatische Vertreter waren Wilms und Wörner bekannt. Wörner trug die Nato- Aufrüstung mit und stand für eine Anlehnung an die USA. Barzel stand mit seinen Versuchen, als Oppositionsführer die Nein-Position der Union zu den Ost-Verträgen aufzubrechen, nicht zwangsläufig dagegen, jedoch brachte er eine weitere Position ins Kabinett mit ein. Mit Schwarz-Schilling und Riesenhuber kamen zwei Minister aus dem hessischen Landesverband, der traditionell als sehr konservativ galt. Dagegen standen mit Blüm, einem Vertreter der Arbeitnehmer und Gewerkschaften, und dem Generalsekretär Geißler zwei Minister, die dem sozialpolitischen, liberalen Flügel zugerechnet wurden[90]. Auch das Kriterium der landesmannschaftlichen Herkunft hatte Kohl in seinem ersten Kabinett durchaus berücksichtigt. Es ist auffällig, dass mit der Herkunft der acht CDU-Minister geographisch die gesamte Bundesrepublik abgedeckt wurde. Aus dem Süden kamen neben dem großen CSU-Block mit vier Ministern noch Geißler (wobei dieser auch schon Minister in Rheinland-Pfalz war) und Wörner aus dem CDU-Stammland Baden-Württemberg. Wörner war Spitzenkandidat des dortigen großen und einflussreichen Landesverbandes. Aus dem größten Landesverband, Nordrhein-Westfalen, kam nur Wilms. Allerdings hatte Barzel, der aus dem Norden der Republik stammte, seinen Wahlkreis in NRW. Der Norden wurde mit Barzel und Stoltenberg abgedeckt, während die Mitte des Landes mit Riesenhuber (Landesverband Hessen), Blüm (Landesverband Rheinland-Pfalz, ursprünglich aus Hessen) und Schwarz-Schilling (Landesverband Hessen, jedoch in Österreich geboren) vertreten war. Hessen, Bayern und Schleswig-Holstein (dem Landesverband, aus dem Stoltenberg kam), stellten auch den Osten der BRD dar.

Unter konfessionellen Gesichtspunkten herrschte dagegen keine Ausgeglichenheit im Kabinett. Allerdings hatte Kohl mit Stoltenberg und Wörner zwei wichtige Minister, die evangelisch waren. Die übrigen sechs stammten aus dem katholischen Milieu. Diese Schieflage ist jedoch nicht verwunderlich, da die CDU aus ihrer Geschichte heraus eher eine katholische Partei war.[91]

Sonderfall: Koalitionspartner

Für Kohl stand schon immer fest – im Gegensatz zu seinem Konkurrenten innerhalb der Union, Franz-Josef Strauß –, dass eine Machtübernahme nur Mithilfe der FDP gelingen könne. Da Strauß eine ausgesprochene Abneigung gegen die FDP hatte und die Rückgewinnung der Regierungsverantwortung im Bund über eine Ausdehnung der CSU auf ganz Deutschland erreichen wollte, musste Kohl die beiden Pole, CSU und FDP, verbinden, wenn er Kanzler werden wollte. Dabei vollbrachte er schon im Vorfeld der Machtübernahme eine integrative Meisterleistung, die danach noch eine weitere Ebene erreichte: „Nach der Regierungsübernahme 1982 wurde das Balancesystem für den CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzler schwieriger. Nun galt es nicht nur CDU und CSU, sondern auch Strauß’ Intimfeindin FDP unter dem gemeinsamen Dach der Koalition zu integrieren, und dies ohne den zusammenschweißenden Druck von außen, da die SPD-Opposition – anders als die Union 1969 bis 1982 – auf einen klaren Polarisierungskurs verzichtete.“[92] Kohl schaffte dies vor allem über persönliche Beziehung und gestand Strauß in manchen Bereich Freiheiten zu:

„Kohl has maintained personal ties with key CSU und FDP elites. While relations always remained rocky, he allowed Strauß input in some policy areas and otherwise contained him by cultivating closer ties with moderate Bavarian ministers in his own cabinet. Despite friction with Genscher, Kohl also remained bound to the Liberal chief and his successors by mutual interests, even friendship.”[93]

Es ließ sich sowieso feststellen, dass die Personalpolitik Kohls gegenüber dem Koalitionspartner sehr großzügig war[94]: „Die Kulanz des Bundeskanzlers gegenüber dem kleineren Koalitionspartner äußerte sich auch darin, dass dieser die Besetzung der in den Koalitionsverhandlungen zugesagten Ministerposten nach eigenen Vorstellungen vornehmen konnte.“[95] Kohl wusste, wem er sein Amt als Bundeskanzler zu verdanken hatte und behandelte seine Koalitionspartner großzügig. Als Gegenleistung bekam er stabile politische Verhältnisse:

„Helmut Kohl führte eine Koalitionsregierung, die – an Dauer und Stabilität gemessen – in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ihresgleichen sucht. Dieser Erfolg ist nicht nur der Entscheidung des Wählers anzurechnen, sondern gleichermaßen der Pflege, die der Kanzler der Koalition und dem Koalitionspartner FDP angedeihen lässt.“[96]

Koalitionspartner FDP

Die FDP genoss unter Kohl Freiheiten, wie sie bislang einzigartig waren in der Bundesrepublik: „Nie zuvor hatte der Koalitionspartner so klar umgrenzte, vom Regierungschef zugestandene Rechte wie unter Bundeskanzler Kohl. Der Bundeskanzler hat sein Recht, die Minister der in den Koalitionsverhandlungen der FDP zugesprochenen Ressorts zu nominieren, an den Koalitionspartner abgetreten.“[97] Langguth will gar beobachtet haben, dass Kohl „...bezüglich der von der FDP entsandten Minister völlig auf personelle Einflussnahmen (übrigens auch weitgehend bei der CSU)...“[98] verzichtete. Trotzdem musste die FDP eine wichtige Umbesetzung hinnehmen: „Der linksliberale Innenminister Baum wurde Opfer der „Wende“ und musste dem CSU-Politiker Friedrich Zimmermann weichen, der bis dahin die CSU-Landesgruppe im Bundestag geführt hatte. Die anderen FDP-Minister (Genscher, Lambsdorff, Ertl) behielten ihre Ministerien, die sie nach dem Ausscheiden aus der Regierung Schmidt nur für wenige Tage verlassen hatten. Zum Ausgleich für das verlorene Innenministerium durfte die FDP das Justizressort mit dem Münchener Rechtsanwalt Hans A. Engelhard besetzen.“[99]

Dass die FDP unter Kohl keine absolute Narrenfreiheit genoss, sondern auch ihrer Position entsprechend behandelt wurde, zeigte sich bei der Kabinettsbesetzung nach der vorgezogenen Bundestagswahl 1983: „Da die FDP bei der Wahl vom 6. März 1983 gegenüber 1980 19 Bundestagsmandate verlor, musste der liberale Landwirtschaftsminister Ertl ausscheiden und wurde durch Ignaz Kiechle (CSU) ersetzt.“[100]

Es ist nicht anzunehmen, dass Kriterien wie Loyalität, Integration der Parteiflügel, Konfession und landesmannschaftliche Zusammensetzung für Kohl auf Seiten der FDP eine Rolle spielten, da er dem Koalitionspartner, wie bereits erwähnt, weitestgehend freie Hand ließ.

Koalitionspartner CSU

Offiziell ist auch die CSU ein Koalitionspartner der CDU, allerdings ist das Band zwischen den beiden Parteien enger, da sie eine Fraktionsgemeinschaft im Bundestag bilden und auf direkte gegenseitige Konkurrenz verzichten. Dennoch hatte auch die CSU personalpolitische Ansprüche in einem Kabinett Kohl. „Die bayerische CSU war mit vier Ministern gleich stark wie die FDP im Kabinett vertreten. Ihre Ressorts hatten aber bis auf das Innenministerium geringeres Gewicht.“[101] Während Kohl der FDP weitestgehend freie Hand ließ, schaute er bei der CSU etwas genauer hin: „Seine Schwesterpartei CSU beobachtete Kohl sehr viel kritischer.“[102] Dies hatte zwei Gründe: Zu einem hatte die CSU mit dem Kreuther Trennungsbeschluss vom November 1976 Kohls Mehrheitsfähigkeit in Gefahr gebracht (sie nahm ihn zwar wenig später wieder zurück, allerdings war Kohl gewarnt), zum anderen kam mit Strauß sein größter Konkurrent um das Kanzleramt aus der CSU. Nachdem Strauß die Bundestagswahl 1980 verloren hatte, war Kohl die Nummer eins in der Union – allerdings nicht unantastbar. „Der Verzicht des CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Strauß auf ein Bonner Ministeramt ist zweifellos als ein Erfolg Kohls anzusehen, weil er hiermit einem gewichtigen Gegenspieler im Kabinett und potentiellen Konkurrenten um die Kanzlerschaft den Weg nach Bonn verwehrte.“[103] In diesem Fall kamen Kohl allerdings auch günstige Umstände zu Gute: Strauß hätte, wenn er Minister hätte werden wollen, kurz vor der bayerischen Landtagswahl als Ministerpräsident Bayerns zurücktreten müssen. Dieses Risiko schien ihm zu groß. Bei den Koalitionsverhandlungen spielte Strauß allerdings doch eine entscheidende Rolle. So wollte er für Zimmermann das Innenministerium, weil er es in dieser Phase für wichtiger erachtete als das Verteidigungsministerium. Kohls Kandidat war Walter Wallmann, weil er eher dem liberalen Flügel zuzurechen war.[104] Kohl gab schließlich nach, und so bekam der konservative Zimmermann mit dem Innenministerium ein Schlüsselressort, in dem er sich mit einer Law-and-order-Politik einen Namen machte. Auffällig bei den Ministern der CSU ist jedoch, dass aus dem eher katholischen Bayern eine konfessionell ausgeglichene Gruppe kommt. Während Dollinger und Warnke evangelisch sind, gehören Zimmermann und Schneider dem katholischen Glauben an.

5. Abschließende Bewertung

Wie zum Beginn der Einleitung zitiert sah Helmut Kohl in einer klugen und weitsichtigen Personalpolitik den Schlüssel zum Erfolg der CDU. Diese Ansicht zieht sich wie ein roter Faden durch seine politische Karriere. Es ist nicht nur der Verdienst dieses umsichtigen Agierens, dass Kohls politisches Leben länger dauerte als das fast aller anderen deutschen Nachkriegspolitiker, doch seine durchdachte Personalpolitik hat einen großen Anteil daran. 16 Jahre lang regierte Kohl als Bundeskanzler Deutschland, 25 Jahre lang bestimmte er als Parteivorsitzender die Geschicke der CDU. Als junger Mensch hatte Kohl gelernt, dass ein Politiker „Truppen“ braucht, Vertraute, die ihn bei Bedarf warnen, decken, schützen oder ihm die nötigen Mehrheiten verschaffen. Diese politische Weisheit hat Kohl verinnerlicht. Seine Personalpolitik war ein Instrument für den Machtgewinn und – noch wichtiger – für den Erhalt der gewonnenen Macht. Als bester Beleg dafür dient, dass Kohls große politische Karriere (als Bundestagsabgeordneter saß er zwar noch bis 2002 im Parlament und noch heute macht er als Lobbyist und Redner Politik) vom Wähler und nicht aus den eigenen Reihen beendet wurde:

„Kohl hat es als erster CDU-Vorsitzender geschafft, nicht von parteiinternen Möchtegern- Nachfolgern untergraben oder verdrängt worden zu sein und auch noch den tatsächlichen Nachfolger aus freien Stücken selber vorzuschlagen.“[105] So analysierte Georg Paul von Hefty in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung das Ende der „Ära Kohl“. Diese Feststellung zeigt auch, dass die Kriterien der Kohl’schen Personalpolitik richtig und erfolgreich waren. Zugleich bestätigt sie indirekt auch, zumindest in Teilen, das Vorurteil, Kohl ging nur nach Personen und nicht nach Qualifikation.

Bei der Ausübung seiner Personalpolitik achtete Kohl auf bestimmte Kriterien, wie sich an der Besetzung seines ersten Kabinetts eindeutig ablesen lassen. Bedingungslose Loyalität zu Kohl war dabei eine der Grundvoraussetzungen, um unter ihm Karriere zu machen. Kohl war bis zum letzten Moment misstrauisch. Wer ihn einmal enttäuschte, bekam keine zweite Chance. Gleiches galt für die Akzeptanz seiner Führungsrolle. Wer ihn stürzen wollte oder nur den Anschein erweckte, ihm gefährlich zu werden, avancierte zu einer „persona non grata“, dessen Karriere in der CDU und/oder in der Bundesregierung beendet war.

Es ist auffällig, dass Kohl sich mit herausragenden Köpfen umgab, die ihm intellektuell überlegen waren. Kohl wusste, dass er sie brauchte, um politisch voranzukommen. Mit dem gleichen Kalkül berücksichtigte er gewisse Machtkonstellationen. Vor allem bei den Personalien Strauß, Barzel und Stoltenberg gelang es ihm, entweder seine Konkurrenten fernzuhalten oder insoweit einzubinden, dass an seiner Führungsrolle keinerlei Zweifel bestanden.

Kohl achtete bei der Berufung seines Kabinetts auch immer auf Proporz und die Gesamtkonstellation. Bei der Überprüfung dieser Kriterien fällt auf, dass im ersten Kabinett Kohls unter den CDU-Ministern keine konfessionelle Ausgeglichenheit herrschte. Zwar gehörten mit Stoltenberg und Wörner zwei Schlüsselminister der evangelischen Konfession an, doch ihnen standen sechs katholische Kollegen gegenüber. Dies könnte seine Ursachen in der eher katholisch geprägten Geschichte der CDU finden, es könnte aber auch sein, dass Kohl diesem Punkt keine Priorität eingeräumt hatte. Auch die Auswahl nach Frauenanteil bekam erst in späteren Legislaturperioden größeres Gewicht. Im ersten Kabinett gab es nur eine Ministerin, diese sollte sich in den folgenden Regierungsmannschaften Kohls ändern. Durch die starke Berücksichtigung der landesmannschaftlichen Herkunft und der Integration der verschiedenen Parteiflügel sicherte sich Kohl in allen Bereichen ab. Durch diese Integration stellte er seine Politik und seine Macht auf ein breites Fundament und verschaffte sich Rückhalt und Mehrheiten. Als Basis für seine Macht diente ihm in jeder Lage seine Partei. Die CDU war seine politische Heimat, die er kannte wie kein anderer und die er entsprechend kontrollierte.

Kohl wog immer ab: Was kostet es mich? Was bekomme ich dafür? So ließ er seinen Koalitionspartner (vor allem der FDP) viele Freiheiten und bekam dafür die stabilste Koalition der Bundesrepublik, mit der er seine Politik verwirklichen konnte.

Es ist diese einfach Rechnung, die seine Personalpolitik prägte und die Kohl vermutlich bis an sein Lebensende nicht loslassen wird. Noch heute verfolgt er das politische Geschehen. So verwundert es auch nicht, wenn die Süddeutsche Zeitung beobachtete, dass sich seine politischen Instinkte nicht verschoben haben. Zu Kohls 75. Geburtstag schrieb Heribert Prantl: „Alltagspolitik interessiert ihn nicht mehr, die Personalpolitik seiner Partei schon.“[106]

6. Literatur- und Quellenverzeichnis

Monographien und Sammelbänder

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-Dreher, Klaus: Helmut Kohl. Leben mit der Macht, Stuttgart 1998.

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-Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, (5. rev. Aufl.) Tübingen 1972.

Aufsätze in Fachzeitschriften

-Kaltefleiter, Werner: Die Kanzlerdemokratie des Helmut Kohl, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Bd. 27, H. 1, 1996, Seite 27-36.

Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften

-Feldmeyer, Karl: „Eine Einmannpartei“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. Juni 1993.

-Feldmeyer, Karl: „Im Dreieck zwischen Kanzleramt, Fraktionsführung und Partei. Auf Präsidium und Vorstand der CDU fällt der lange Schatten des Vorsitzenden Kohls.“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15. Oktober 1996, S. 3.

-Hefty, Georg Paul von: „Neues Spiel mit bekannten Gesichtern. Machtverlust und Machtstreben in der CDU“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5. Dezember 1998.

-Kind, Christian: „Helmut Kohls Aufstieg zum Kanzler. Penible Rückschau in den „Erinnerungen“.“, in: Neue Züricher Zeitung vom 12. Juni 2004, Seite 89.

Kister, Kurt: „Die Partei und ihr Patriarch. Der Vorsitzende Kohl hat die CDU so stark geprägt, dass er sich wie selbstverständlich mit ihr gleich setzt.“, in: Süddeutsche Zeitung vom 23. Dezember 1999, S. 2.

-Kolbe, Gerd: „Helmut Kohls Partielle Sicht.“, in: Neue Züricher Zeitung am Sonntag vom 16. Mai 2004, S. 81.

-Kornelius, Stefan: „Im Zweifel entscheidet der Bundeskanzler lieber selbst. Helmut Kohl unterhält ganz persönliche Drähte zu den europäischen Institutionen.“, in: Süddeutsche Zeitungen vom 21. März 1996, S. 9.

-Prantl, Heribert: „Wieder in Walhall. Die CDU sucht den Frieden mit ihrem früheren Vorsitzenden und Dauerkanzler – und den Anschluss an die großen Zeiten.“, in: Süddeutsche Zeitung vom 2. April 2005, S. 7.

-Weidenfeld, Werner: „Lebensziel Bundeskanzler“. in: Focus vom 8. März 2004, S. 40.

-„Würdeloses Schauspiel“, in: Der Spiegel vom 22. Juni 1998, S. 32.

Beiträge aus dem Internet

-Martin, Albert/Werner Nienhäuser: Die Erklärung der Personalpolitik von Organisationen, dokumentiert auf: http://www.uni-essen.de/personal/Beitrag1.PDF [Stand: 16. Mai 2005].

Gorbatschow und die deutsch-sowjetischen Beziehungen am Vorabend der Wiedervereinigung von Norman Giolbas

2009

1. Einleitung

Als Michail Sergejewitsch Gorbatschow 1985 mit 54 Jahren zum Generalsekretär der KPdSU in der Sowjetunion gewählt wurde, konnte niemand die Tragweite seiner Reformen abschätzen. Für den deutschen Einigungsprozess kommt ihm eine besondere Rolle zu, da erst durch seine Entscheidungen oder auch Enthaltungen der Weg zur Einheit möglich war.

Zu den populärsten Knotenpunkten der Politik von Gorbatschow zählen ohne Zweifel Glasnost und Perestroika. Das damit verbundene Reformkonzept sollte einen Beitrag zur Stabilität und Fortschrittlichkeit der UdSSR leisten. Offenheit und Umgestaltung, so die deutsche Übersetzung, sollte auch ein Leitfaden für die DDR ergeben, doch der Umgestaltungswille in Ost-Berlin konnte sich nicht festigen. Dagegen stießen die Signale aus Moskau in Bonn gegen Ende der 80er Jahre auf fruchtbaren Boden, was die bilateralen Beziehungen enorm verstärkte. Die Folge war eine Abwendung von der DDR hin zur BRD. Während in Ost-Berlin am status quo festgehalten und auf die alten Leitlinien geschworen wurden, veränderten sich die Verhältnisse zwischen Moskau und Bonn, deren Höhepunkt der Besuch des Generalsekretärs in der deutschen Hauptstadt war. Dieses Novum in der Geschichte der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion kann als erste Etappe zur Wiederherstellung der deutschen Einheit betrachtet werden.

Sehr sorgfältig wurden die Gespräche zwischen Gorbatschow und Kohl von Honecker verfolgt, der immer wieder versuchte den obersten Sowjet in die alten Bahnen zu lenken und sich vehement gegen den Klassenfeind aussprach. Gorbatschow aber erkannte das Potential der Bundesrepublik und versuchte, seinen Reformkurs fortzuführen. Das Verhältnis zwischen DDR und der Sowjetunion spitzte sich zu und musste nun neu bewertet werden.

Diese Ambivalenz im Verhältnis der deutsch-sowjetischen Beziehungen soll den Hauptteil der vorliegenden Arbeit ausmachen. Nach einer kurzen Einführung in die Quellenlage wird versucht werden, die Situation zu skizzieren, in der sich die DDR vornehmlich befand. Das Abrücken von der Breschnew-Doktrin und die damit verbundene Glaubwürdigkeit der UdSSR bilden ein weiteres Kapitel, um deutlich zu machen, welchen Möglichkeiten damit die Tür geöffnet wurden. Die Besuche von Gorbatschow in Bonn und Ost-Berlin bilden schließlich den Kernpunkt der Arbeit.

2. Literatur und Quellenlage

Im Gegensatz zu anderen Themen der internationalen Politik gibt es 20 Jahre nach der Wiedervereinigung eine wahre Flut von Publikationen. Was darüber hinaus auffällt, sind vor allem die Ausführungen von noch lebenden Protagonisten. Dies ist insofern spannend, da die Möglichkeit besteht, Sachverhalte aus beidseitiger Perspektive und Distanz anzuschauen, sollte der ehemalige Dualismus der Großmächte als einfache Unterteilung angenommen werden. Es stehen sich somit in der Wissenschaft nicht mehr Sieger und Besiegte gegenüber sondern Protagonisten, die gewisse Umstände anders bewerten als ihre einstigen Widersacher.

In Deutschland wurden in dieser Hinsicht vom Bundeskanzleramt unter der Regierung Kohl weit vor dem üblichen Ablauf der Sperrfristen die Archive des Bundeskanzleramtes für zwei Forschungsprojekte geöffnet. Die zentralen Quellen aus dem Zeitraum Mai 1989 bis Oktober 1990 wurden frei gegeben, wobei vor allem für dieses Thema die Verhandlungen des Kanzlers mit dem KPdSU Sekretär Michael Gorbatschow von Bedeutung sind. Entstanden sind daraus eine Sonderedition „Deutsche Einheit“[107] und eine vierbändige Edition zur „Geschichte der Deutschen Einheit“[108], die allesamt einen Einblick hinter die Kulissen gewährleisten.

Auf der anderen Seite stehen dem beispielsweise „Das Neue Denken“[109] von Michael Gorbatschow und „Meine Wahl“[110] von Edward Schewardnadse gegenüber. Zu nennen wären in diesem Punkt auch noch die letzten schriftlichen Aufzeichnungen von Erich Honecker[111] aus dem BRD Besuch von 1987.

Da es wie oben schon angedeutet eine riesige Auswahl vor allem an Sekundärliteratur gibt, möchte ich hier nur auf das Buch von Andreas Rödder verweisen, der aus einer Distanz von nahezu 20 Jahren schreibt und viele Mythen über die Einheit geschickt zu entzaubern versteht.[112]

3. Die Ausgangslage

Die Beziehungen zwischen den beiden Deutschen Staaten haben stets und oft empfindlich auf die geringsten Veränderungen im weltpolitischen Klima des Dualismus zwischen USA und der UdSSR reagiert. Die Grenze zwischen BRD und DDR war absolut gesehen die Grenze der Systeme und beide Staaten standen unter dem Einfluss ihrer Großmächte. Diese unmittelbare Konfrontation zweier entgegen gesetzter Ideologien, die Bewaffnung, welche für den Ernstfall vorgesehen waren einerseits, sowie das gemeinsame kulturelle Erbe, die fehlenden Sprachbarrieren und die zahlreichen familiären Verbindungen zwischen Ost- und Westdeutschland andererseits zeigen, welches besondere Verhältnis dem geteilten Deutschland zugestanden werden muss.[113]

Um der Frage nachzugehen, welche Faktoren nun dazu führten, dass es in der DDR 1989 zu einer Revolution kam, müssen verschiedene Erklärungsmodelle zu Hilfe genommen werden. Ein Ansatz beschreibt die Unsicherheit über die Position der UdSSR in Erinnerung an die Niederschlagung des Arbeiteraufstandes von 1953, wonach die Macht der SED in letzter Konsequenz auf sowjetischen Bajonetten ruhte[114]. Es war demnach nicht vorhersehbar, wie und mit welchen Mitteln Gorbatschow reagieren würde, wenn ein Staat des RGW seine eigenen Absichten verwirklichen wollte. Die geostrategische Lage der DDR, „als Perle in der Krone des sowjetischen Imperiums“[115], war für das sowjetische System von größter Bedeutung und unschätzbarem Wert. Aber Moskau war mit dem Umwandlungsprozess und Reformbestrebungen von Glasnost und Perestroika beschäftigt und hatte nicht mehr die Kraft des einstigen weltbestimmenden Riesen vorzuweisen. Den Versprechungen nach den ersten Jahren der Politik von Gorbatschow stand die harte Realität des sowjetischen Alltags gegenüber. Tatsächlich konnte keine spürbare Verbesserung der Verhältnisse festgestellt werden, wobei die steigenden Preise in der Sowjetunion die Perestroika zunehmend unglaubwürdiger erscheinen ließen.[116]

Bis zu diesem Zeitpunkt war es der UdSSR gelungen sich unter der Ideologie des Kommunismus seit 1917 ständig zu modernisieren. In vielen Bereichen, wie der Raumfahrt oder im Militär, konnte die UdSSR zur Weltspitze aufsteigen, obwohl diese Bestrebungen mit hohen Kosten und humanitären Katastrophen verbunden waren.[117] Die Wissenschaft stand freilich unter dem Banner einer marxistisch-leninistischen Weltanschauung, sodass die Geistes- und Sozialwissenschaften immer mit Tabus belegt und technische Erfindungen bevorzugt wurden.

Dennoch kommt Klaus Segbers zu dem Schluss, dass die Sowjetrepublik für die meisten Menschen ein Fortschritt war, der selbst von der Bevölkerung mit einem nicht nur vorgetäuschten Sowjetpatriotismus begleitet wurde.[118]

Die strikte Weigerung der UdSSR, sich nicht in den Machtbereich der DDR einzumischen, führte allerdings zu einem Machtverlust auf Seiten der SED und bestärkte die Oppositionsbewegung in der DDR um ein Vielfaches.[119] Als die Bevölkerung zudem wiedererwartend erkennen musste, dass sich die DDR selbst den Reformbestrebungen von Glasnost und Perestroika des großen „Bruders Sowjetunion“ nicht anschließen werde, begann sich das Legitimitätsdefizit der DDR-Regierung noch auszuweiten.[120] Es verstärkte einerseits das Abwenden von jeglicher Politik, andererseits kam es immer mehr zu Protestgruppen, die sich oft im Umfeld der evangelischen Kirche wiederfanden.

Die Ursachen für den Protest sind in einer Zweiklassengesellschaft zu suchen. Im Ostblock hatte sich die DDR im Vergleich zu Polen oder Rumänien auf einigen Gebieten etablieren können, im Vergleich zur Bundesrepublik mussten die DDR-Bürger jedoch feststellen, dass ihre Mark viel weniger wert war. Spürbar wurde dieser Umstand besonders im sozialistischen Ausland zur Urlaubszeit. Dort trafen Westdeutsche Urlauber auf Ostdeutsche FDGB Reisende, die nun ihre wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichen konnten.

Die reichhaltige und immer vorhandene Produktpalette im Westen, die jedem DDR-Bürger qualitativ überlegen schien, sowie das unterdrückte Freiheitsbedürfnis einer eingesperrten Nation ließen selbst jeden noch so überzeugten DDR-Systematiker am eigenem System zweifeln.

Die Ursprünge dieser schleichenden Krise umfassten ausnahmslos alle Strukturen des gesellschaftlichen Lebens, wobei ein immanenter Grundkonsens in der Bevölkerung bestand, dass die derzeitige Regierung der DDR die vorhandenen Probleme über kurz oder lang nicht zu lösen vermochte. Der oft propagierte Arbeiter und Bauernstaat auf deutschem Boden hatte sein Vertrauen bei eben jenen Klassen verspielt, für die er vorgab da zu sein.[121] Ohne aber diesen Grundkonsens, der in der Bevölkerung immanent vorhanden war, wäre eine friedliche Revolution wohl schwer vorstellbar gewesen.

4. Von Breschnew zum neuen Pragmatismus

Am 12. November 1968 verkündete der damalige Staatschef Leonid Breschnew auf dem 5. Parteitag der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei seine Vorstellung bezüglich der Souveränität der sozialistischen Staaten. Er geht dabei von einer beschränkten Souveränität der Satellitenstaaten der UdSSR aus, mit der Maßgabe, in jene Staaten eingreifen zu können, wenn der dortige Sozialismus bedroht sein würde.

Mit dieser Doktrin wurde nachträglich der Einmarsch in die Tschechoslowakei 1968 und die Militärintervention in Afghanistan 1979 gerechtfertigt.[122]

Seit dem Machtantritt von Gorbatschow rückte die UdSSR jedoch immer mehr von der Breschnew-Doktrin ab, wobei es keinen klaren Schnitt gegeben hat und manche Satellitenstaaten den Wechsel nicht als solchen hinnehmen wollten. Als erste große Reaktion in Bezug auf die Abkehr kann die Rede Gorbatschows auf dem XXVII. Parteitag der KPdSU gewertet werden.[123] Die Indizien, welche sich schon seit 1985 angedeutet haben, müssen hierbei immer unter der Möglichkeit zur Ambiguität gesehen werden, da auch oft interne Besprechungen nicht mit den offiziellen abgedruckten identisch waren.

In seiner Parteitagsrede wurden die Forderungen nach einer direkten Demokratie innerhalb des politischen Systems bei gleichzeitiger Beibehaltung des Regimes der Bürokratie sowie radikale Reformen in Wirtschaft und Gesellschaft betont. Das bedeutende an der Rede von Gorbatschows ist ihre Direktheit, mit der er für seine Vorhaben Anhänger gesucht hat. In den folgenden Jahren zeigt sich dann auch, wie ernst es der sowjetische Staatschef mit seinen Ideen von Glasnost und Perestroika gemeint hat. Schon kurz nach der Unterzeichnung des KVAE-Dokuments[124] am 19. September 1986 gab Gorbatschow intern den RGW-Mitgliedsstaaten bekannt, welche Perspektive diese zu erwarten hatten:

„Selbstständigkeit jeder Partei (Prinzip der freien Wahl), ihr Recht auf souveräne Entscheidung über die Entwicklungsprobleme ihres Landes, ihre Verantwortung gegenüber dem eigenen Volk (Prinzip der Nichteinmischung). Dies seien unabdingbare Prinzipien. Niemand könne eine besondere Rolle in der sozialistischen Gemeinschaft beanspruchen.“[125]

Hierbei wird deutlich, mit welcher Energie und Nachhaltigkeit Gorbatschow von Breschnew abweicht.

Seine Reformideen lassen sich insgesamt in vier Bereiche einteilen. Erstens den Umbau der Wirtschaft und in dieser Folge der gesamten Gesellschaft, zweitens die Demokratisierung der Gesellschaft, drittens eine größere Transparenz in wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entscheidungen und viertens den Abbau von internationalen Spannungen.[126] Aber auch im militärischen Bereich, besonders bei der atomaren Abschreckung, war Gorbatschow gewillt, für Entspannung durch Abrüstung zu sorgen.[127] Bei solchen Vorstößen in Richtung Menschlichkeit muss aber beachtet werden, dass sich die UdSSR in dieser Zeit in einer schweren wirtschaftlichen Krise befand. Der Abbau der Rücklasten setzte in dieser Situation Ressourcen für die Zivilwirtschaft frei, wertete gleichzeitig die Rolle des Militärs ab und signalisierte dem Westen, dass sie es mit der Abrüstung ernst meinten.[128] Konkrete Zahlen über die Aufwendungen von Rüstungs- und Sicherheitspolitik hatte es bis zum Mai 1989 nicht gegeben. Am 31. Mai 1989 wurde in der sowjetischen Zeitung Izvestija der sowjetische Verteidigungshaushalt mit 77,3 Milliarden Rubel beziffert.[129] Auch diese Offenlegung von Informationen im Militärbereich gehörte letztendlich zu Gorbatschows Reformprogramm, was vor seinem Machtantritt undenkbar gewesen wäre.

In Bezug auf die DDR aber verschlechterte sich das Verhältnis zwischen KPdSU und SED. Staats -und Parteichef Erich Honecker drückte zunehmend sein Missfallen über die Reformen des obersten Sowjets aus, da sie die historische Legitimation des Sozialismus untergrabe.[130]

Die Feindschaft zwischen Honecker und Gorbatschow hatte ihren Beginn im Herbst 1986. Noch am 12. März 1985 hatte sich Gorbatschow auf eine Fortführung des Kurses in den Bereichen Innen- und Außenpolitik mit Honecker verständigt. Einen Tag später erklärte er vor führenden Repräsentanten des Warschauer Paktes:

„Die KPdSU und der Sowjetstaat unterstützen unverändert das Recht aller Völker, selbst, nach eigener Wahl, ihre sozialökonomische Gegenwart zu bestimmen und ihre Zukunft zu gestallten ohne jede Einmischung von außen. Dieses Souveräne Recht den Völkern verweigern zu wollen-, das ist ein aussichtslose und ein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen“[131]

Auf einer weiteren internen Tagung des RGW am 26. April in Warschau wurde Gorbatschow noch deutlicher, als er anmerkte, dass der Breschnew-Doktrin ein Ende gesetzt werden sollte.[132] Problematisch ist hierbei die Glaubwürdigkeit, die Gorbatschow mit seinen Entscheidungen vorbrachte, denn in der offiziellen abgedruckten Rede gab es keine Offenlegungen über die internen Absprachen.[133]

Die Öffentlichkeit erreichte seine Absage an die Breschnew-Doktrin erst nach dem Treffen des Warschauer Paktes am 10. April 1987. Die östliche Allianz konnte den bekundeten Verzicht der UdSSR – als Ordnungsmacht weiterhin aufzutreten –. gegen Mitte des Jahres 1989 hinnehmen, da bisher der Glaube fehlte, diese Aktionen anzuerkennen. Auf der anderen Seite mussten sich die Staaten des RGW ebenfalls vor Augen führen, dass damit keine Sicherheitsgarantie mehr von der UdSSR für die bedrängte kommunistische Partei zu erwarten war.[134]

Um die Weltpolitik über seinen neuen Pragmatismus zu informieren, benutzte Gorbatschow die UNO-Generalversammlung vom 7. Dezember 1988 als Forum. In seiner Rede unterstrich er das Prinzip der freien Wahl und setzte somit seinen ambivalenten Äußerungen über dieses Thema ein Ende.[135] Ob Gorbatschow nun genau von der Breschnew-Doktrin Abstand genommen hatte, muss allerdings offen bleiben, da vom Westen nie genau eingeschätzt werden konnte, inwieweit es sich um ernst gemeinte Vorhaben handelte oder um simple Propaganda. Von der wirklichen Aussetzung der Breschnew-Doktrin kann daher erst gesprochen werden, nachdem die Menschen diese nicht mehr zu fürchten hatten.[136]

Seine „Schaukelpolitik“ oder die Art und Weise, wie er versucht hat, seine Reformen durchzusetzen, sind auch damit zu erklären, dass er neue Freunde gebraucht hat. Immerhin konnte er mit nur einer Stimme mehr und der Zustimmung von Andrei Gromyko die Wahl zum Generalsekretär der KPdSU für sich entscheiden. Sein Gegenkandidat Wiktor Grischin strebte eine vollständige Rehabilitierung von Stalin an, was umso mehr unterstrich, mit welchen Gegenkräften er zu rechnen hatte.[137] Gorbatschow, der mit der Abschaffung der Breschnew-Doktrin erst den Stein der Reformen ins Rollen gebracht hatte, war der festen Überzeugung, die marode UdSSR reformieren zu können. Allein mit den bisherigen Mitteln in der Außen- und Wirtschaftspolitik war es nicht getan. Neue Verbündete und Unterstützer sollten gesucht und gefunden werden. Für Helmut Kohl der ideale Anlass, um etwas mehr Schwung in die verwickelten Beziehungen zur Sowjetunion zu bringen.

5. Deutsch-sowjetische Beziehungen

5.1.Gorbatschow und Kohl

Das erste Treffen der beiden Staatsmänner im März 1985 war von einer negativen Grundstimmung geprägt, die mehrheitlich von Gorbatschow ausging. Er sah die BRD als den verlängerten Arm der USA mit dem Ziel, die BRD weiter nachzurüsten.[138] Eben das gleiche Bild bot sich, als Außenminister Genscher im Juli 1986 Moskau bereiste. Gorbatschow sah sich durch die Rüstungspolitik der BRD bedroht und brachte das auch zum Ausdruck. Ein von der BRD vorgeschlagenes Gipfeltreffen wurde von Gorbatschow abgelehnt. Er hoffte auf einen Regierungswechsel in Deutschland, da ihm die SPD-Genossen mehr Gemeinsamkeiten versprachen.

Zum Höhepunkt der Konfrontation der beiden Staatsmänner kam es im Oktober 1986. Helmut Kohl verglich in einem Interview den Obersten Sowjet mit Goebbels und legte damit die beidseitigen Beziehungen auf Eis. Die Bundesregierung sprach von einer Panne im Kanzleramt, die von Gorbatschow geforderte Revidierung der Äußerung blieb jedoch aus.[139]

Erst Richard von Weizsäcker konnte die Phase der Sprachlosigkeit mit seinem Besuch in Moskau im Juli 1987 verbessern. Ihm folgten der bayrische Ministerpräsident Franz Joseph Strauß im Dezember 1987 sowie zwei Monate später dessen Amtskollege Lothar Spät. Als Antwort sandte nun Moskau seinen Außenminister Edward Schewardnadse im Januar 1988 nach Bonn, was wiederum ein Treffen von Genscher in Moskau zur Folge hatte. Das langfristige Ziel der Bundesregierung war jedoch ein Gipfeltreffen von Bundeskanzler Kohl und Gorbatschow selbst, dem der sowjetische Staatschef jedoch immer wieder auswich. Nach dem Wahlsieg der Union musste das Verhältnis zwischen Moskau und Bonn neu bewertet werden, da sich nun Gorbatschow mit der Tatsache konfrontiert sah, dass die CDU/CSU in der BRD nicht mehr länger übergangen werden konnte. Außerdem stand die Bundesrepublik den Reformen aus Moskau sehr liberal gegenüber und verfügte über die notwendigen Mittel, um diese wirtschaftlich abzustützen. Der lang ersehnte Wunsch der Bundesregierung nach einem Treffen mit dem obersten Sowjet konnte nun im Oktober 1988 in die Tat umgesetzt werden, allerdings bestand Gorbatschow darauf, es aufgrund des verpatzten Interviews – ganz entgegen des Protokolls – in Moskau durchzuführen.

[...]


[1] Kohl, Helmut: Erinnerungen 1930 – 1982, München 2004, S. 111.

[2] Ebd.

[3] Vgl. Kornelius, Stefan: „Im Zweifel entscheidet der Bundeskanzler lieber selbst. Helmut Kohl unterhält ganz persönliche Drähte zu den europäischen Institutionen.“, In: Süddeutsche Zeitungen vom 21. März 1996, S. 9.

[4] Vgl. Filmer, Werner/Heribert Schwan: Helmut Kohl, Düsseldorf, Wien, New York, 1991, S. 54 und 127.

[5] Vgl. Langguth, Gerd: Das Innenleben der Macht. Krise und Zukunft der CDU, München 2001, S. 113.

[6] Vgl. Dreher, Klaus: Helmut Kohl. Leben mit der Macht, Stuttgart 1998, S. 149.

[7] Schon bei seinem ersten Versuch, Bundeskanzler zu warden, hatte Kohl ein Schattenkabinett aufgestellt, dass weitestgehend gleich blieb. Allerdings bietet diese Arbeit nicht genug Platz, um auf Kohls Einfluss auf die Personalpolitik der einzelnen Landesverbände und Interessengemeinschaften wie die Junge Union, die Frauen Union, etc. einzugehen.

[8] Vor allem die Wahl Karl Carstens zum Bundespräsidenten 1979 wird als personalpolitische Entscheidung Kohls ausgelegt, mit der er den Regierungswechsel 1982 vorbereitete.

[9] Vgl. Korte, Karl-Rudolf: Deutschlandpolitik in Helmut Kohl’s Kanzlerschaft. Regierungsstil und Entscheidungen 1982 – 1989, In: Geschichte der deutschen Einheit, (Bd. 1) Stuttgart 1998, S. 50.

[10] Eine Ausführung von Kohls direkter Umgebung findet sich in: Müller, Kay/Franz Walter: Graue Eminenzen der Macht. Küchenkabinette in der deutschen Kanzlerdemokratie. Von Adenauer bis Schröder, Wiesbaden 2004.

[11] Kohl, Erinnerungen, 2004, S. 125.

[12] Vgl. Langguth, Das Innenleben der Macht, 2001, S. 31.

[13] Vgl. Korte, Deutschlandpolitik in Helmut Kohl’s Kanzlerschaft, 1998, S. 20.

[14] Scheuch, Erwin K./Scheuch, Ute: Cliquen, Klüngel und Karrieren. Über den Verfall der politischen Parteien – eine Studie, Hamburg 1992, S. 117.

[15] Vgl. u.a.: Nohlen, Dieter: Lexikon der Politik. Band 7 Politische Begriffe, München 1998 und Schmidt, Manfred G.: Wörterbuch zur Politik, (2. vollst. überarb. und erw. Aufl.) Stuttgart 2004.

[16] Meyers Enzyklopädisches Lexikon in 25 Bänden, Band 18, Mannheim 1976, S. 434.

[17] Ein Zwischenstand zur Entwicklung der Forschung auf diesem Gebiet in Martin, Albert/Werner Nienhäuser: Die Erklärung der Personalpolitik von Organisationen, Aus: http://www.uni-essen.de/personal/Beitrag1.PDF, [Stand: 16. Mai 2005]

[18] Zu Definitionen von „Personalpolitik“ in personalwirtschaftlichen Büchern, vgl. u.a. Gaugler, Eduard (Hrsg.): Handwörterbuch des Personalwesens, Stuttgart 1975, Eckardstein, Dudo von/Franz Schnellinger: Betriebliche Personalpolitik, (3. überarb. u. erg. Aufl.), München 1978, S.2; Wächter, Hartmut: Einführung in das Personalwesen. Darstellung, Kontrollfragen und Lösungen, Herne 1979, S. 93; Mank, Peter: Personalpolitik in mittelständischen Unternehmen. Eigenarten, Versäumnisse, Chancen, Frankfurt am Main 1991, S. 37)

[19] Macharzina, Klaus (ed.): Management: early capstones. 30 years of MIR, Wiesbaden 1992, Sp. 1781.

[20] Bosch, Gerhard: Flexibilität und Arbeitsorganisation. Maßnahmen im Anschluss an das Weißbuch Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung, Luxemburg 1995, S. 25.

[21] Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, (5. rev. Aufl.) Tübingen 1972, S. 822.

[22] Vgl. Korte, Deutschlandpolitik in Helmut Kohl’s Kanzlerschaft, 1998, S. 20.

[23] Pflüger beschreibt das „System Kohl“ als „das … aufgebaute Netzwerk von persönlichen Loyalitäten in der Wirtschaft, den Medien, den Bundesländern und vor allem in der Partei – das „System Kohl“ – …“ (vgl. Pflüger, Friedbert: Ehrenwort. Das System Kohl und der Neubeginn, Stuttgart 2000, S. 11.)

[24] Kohl, Erinnerungen, 2004, S. 112.

[25] Vgl. Gros, Jürgen: Politikgestaltung im Machtdreieck Partei, Fraktion, Regierung. Zum Verhältnis von CDU- Parteiführungsgremien, Unionsfraktion und Bundesregierung 1982 – 1989 an den Beispielen der Finanz-, Deutschland- und Umweltpolitik, Beiträge zur Politischen Wissenschaft, (Bd. 104) Berlin 1998, S. 97.

[26] Vgl. Filmer/Schwan: Kohl, S. 244; Knoll, Thomas: Das Bonner Bundeskanzleramt. Organisation und Funktion von 1949 – 1999, Wiesbaden 2004, S. 279.

[27] Langguth, Das Innenleben der Macht, 2001, S. 29.

[28] Leinemann, Jürgen: Höhenrausch. Die wirklichkeitsleere Welt der Politiker, München 2004, S. 227.

[29] Kohl: Erinnerungen, 2004, S. 112.

[30] Dreher: Helmut Kohl, 1998, S. 56.

[31] Filmer /Schwan: Helmut Kohl, 1991, S. 227.

[32] Kolbe, Gerd: „Helmut Kohls Partielle Sicht.“, in: Neue Züricher Zeitung am Sonntag vom 16. Mai 2004, S. 81.

[33] Filmer/Schwan: Helmut Kohl, 1991, S. 360.

[34] Kister, Kurt: „Die Partei und ihr Patriarch. Der Vorsitzende Kohl hat die CDU so stark geprägt, dass er sich wie selbstverständlich mit ihr gleich setzt.“, In: Süddeutsche Zeitung vom 23. Dezember 1999, S. 2.

[35] Leinemann, Jürgen: Helmut Kohl. Die Inszenierung einer Karriere, Berlin, 1998, S. 42.

[36] Filmer/Schwan: Helmut Kohl, 1991, S. 244.

[37] Leinemann: Höhenrausch, 2004, S. 228.

[38] Pflüger: Ehrenwort, 2000, S. 42.

[39] Leinemann: Höhenrausch, S. 227.

[40] Filmer/Schwan: Helmut Kohl, 1991, S. 359.

[41] Langguth: Das Innenleben der Macht, 2001, S. 74.

[42] Kister, Kurt: „Die Partei und ihr Patriarch. Der Vorsitzende Kohl hat die CDU so stark geprägt, dass er sich wie selbstverständlich mit ihr gleich setzt.“, in: Süddeutsche Zeitung vom 23. Dezember 1999, S. 2.

[43] Dreher: Helmut Kohl, 1998, S. 615.

[44] Vgl. Gros: Politikgestaltung im Machtdreieck Partei, Fraktion, Regierung, 1998, S. 95.

[45] Filmer/Schwan: Helmut Kohl, 1991, S. 360.

[46] Feldmeyer, Karl: „Im Dreieck zwischen Kanzleramt, Fraktionsführung und Partei. Auf Präsidium und Vorstand der CDU fällt der lange Schatten des Vorsitzenden Kohls.“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15. Oktober 1996, S. 3.

[47] Gros: Politikgestaltung im Machtdreieck Partei, Fraktion, Regierung, 1998, S. 67.

[48] Vgl. Weidenfeld, Werner: „Lebensziel Bundeskanzler“, in: Focus vom 8. März 2004, S. 41.; Langguth, Das Innenleben der Macht, 2001, S. 41.; Pflüger: Ehrenwort, 2000, S. 20.

[49] Vgl. Weidenfeld, Werner: „Lebensziel Bundeskanzler“., in: Focus vom 8. März 2004, S. 41.

[50] Filmer/Schwan: Helmut Kohl, 1991, S. 227.

[51] Kohl: Erinnerungen, 2004, S. 158.

[52] Müller/Walter: Graue Eminenzen der Macht, 2004, S. 147.

[53] z.B. die ehemaligen CDU-Generalsekretäre Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler.

[54] Langguth, Das Innenleben der Macht, 2001, S. 68.

[55] Filmer/Schwan: Helmut Kohl, 1991, S. 215.

[56] Ebd., S. 131.

[57] Ebd., S. 133.

[58] Ebd., S. 365.

[59] Korte, Deutschlandpolitik in Helmut Kohl’s Kanzlerschaft, 1998, S. 25.

[60] Niclauß, Karlheinz: Kanzlerdemokratie. Regierungspraxis von Konrad Adenauer bis Gerhard Schröder, 2004, S. 238.

[61] Filmer/Schwan: Helmut Kohl, 1991, S. 255.

[62] Als gute Beispiele dienen hier die beiden CDU-Generalsekretäre unter Kohl, Kurt Biedenkopf und Heiner Geissler.

[63] „Würdeloses Schauspiel“, in: Der Spiegel vom 22. Juni 1998, Seite 32.

[64] Langguth, Das Innenleben der Macht, 2001, S. 37.

[65] Vgl. u.a. Dreher: Helmut Kohl, 1998, S. 286.

[66] Busche, Jürgen: Helmut Kohl. Anatomie eines Erfolges, Berlin 2001, S. 260.

[67] Filmer/Schwan: Helmut Kohl, 1991, S. 226.

[68] Ebd.

[69] Knoll: Das Bonner Bundeskanzleramt, 2004, S. 39.

[70] Vgl. Dreher: Helmut Kohl, 1998, S. 286

[71] Niclauß: Kanzlerdemokratie, 2004, S. 230.

[72] Vgl. ebd., S. 231.

[73] Langguth, Das Innenleben der Macht, 2001, S. 65.

[74] Dreher: Helmut Kohl, 1998, S. 286.

[75] Ebd., S. 275.

[76] Ebd., S. 284.

[77] Kohl: Erinnerungen, 2004, S. 388.

[78] Vgl. Dreher: Helmut Kohl, 1998, S. 273.

[79] Aus Platzgründen kann leider nicht näher auf die Besetzung dieser einzelnen Posten eingegangen werden. Interessante Anmerkungen dazu finden sich u.a. bei Niclauß: Kanzlerdemokratie, 2004, S. 230.

[80] Dreher: Helmut Kohl, 1998, S. 286.

[81] Die persönlichen Daten dieser Gruppe stammen alle, soweit nicht anders angegeben, aus dem Munzinger- Archiv [Stand: 19. Mai 2005].

[82] Siehe Kapitel: Sonderfall Koalitionspartner

[83] Langguth, Das Innenleben der Macht, 2001, S. 65.

[84] Dreher: Helmut Kohl, 1998, S. 285.

[85] Ebd., S. 286.

[86] Bemerkung von Professor Dr. Dr. h.c. Werner Weidenfeld in seinem Hauptseminar „Die Ära Kohl“ am 17. November 2005.

[87] Dreher: Helmut Kohl, 1998, S. 186.

[88] Ebd., S. 285.

[89] Siehe „Gerhard Stoltenberg“ im Munzinger-Archiv [Stand: 19. Mai 2005].

[90] Dreher: Helmut Kohl, 1998, S. 241.

[91] Die CDU entwickelte sich aus dem katholische Milieu der alten Zentrumspartei, konnte darüber hinaus auch in protestantischen Kreisen Fuß zu fassen.

[92] Jäger, Wolfgang: Wer regiert die Deutschen, Osnabrück 1994, S. 43.

[93] Clay, Clemens: The Kohl Chancellorship, London 1998, S. 99.

[94] Vgl. Niclauß: Kanzlerdemokratie, 2004, S. 241.

[95] Ebd.

[96] Jäger: Wer regiert die Deutschen, 1994, S. 40.

[97] Jäger: Wer regiert die Deutschen, 1994, S. 41.

[98] Langguth, Das Innenleben der Macht, 2001, S. 113.

[99] Niclauß: Kanzlerdemokratie, 2004, S. 230.

[100] Ebd., S. 241.

[101] Niclauß: Kanzlerdemokratie, 2004, S. 230.

[102] Ebd., S. 241.

[103] Niclauß: Kanzlerdemokratie, 2004, S. 230.

[104] Dreher: Helmut Kohl, 1998, S. 249.

[105] Hefty, Georg Paul von: „Neues Spiel mit bekannten Gesichtern. Machtverlust und Machtstreben in der CDU“, In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5. Dezember 1998.

[106] Prantl, Heribert: „Wieder in Walhall. Die CDU sucht den Frieden mit ihrem früheren Vorsitzenden und Dauerkanzler – und den Anschluss an die großen Zeiten.“, In: Süddeutsche Zeitung vom 2. April 2005, S. 7.

[107] Dokumente zur Deutschlandpolitik. Deutsche Einheit Sonderedition aus den Akten des Bundeskanzleramtes 1989/90. Bearbeitet von Hanns Jürgen Küsters und Daniel Hofmann. Wissenschaftliche Leitung Klaus Hildebrand, Hans-Peter Schwarz, München 1998.

[108] Geschichte der deutschen Einheit in vier Bänden: Band 1, Karl-Rudolf Korte: Deutschlandpolitik in Helmut Kohls Kanzlerschaft, Band 2, Dieter Grosser: Das Wagnis der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, Band 3, Wolfgang Jäger: Die Überwindung der Teilung, Band 4, Werner Weidenfeld: Aussenpolitik für die Deutsche Einheit, Stuttgart 1998.

[109] Michael Gorbatschow: Erinnerungen, Berlin 1995.

[110] Eduard Schewardnadse: Meine Wahl, Moskau 1991.

[111] E. Honecker: Moabiter Notizen. Letztes schriftliches Zeugnis und Gesprächsprotokolle vom BRD-Besuch 1987 aus dem persönlichen Besitz Erich Honeckers. Berlin 1994.

[112] Andreas Rödder: Deutschland einig Vaterland: Die Geschichte der Wiedervereinigung, München 2009.

[113] Vgl. Nikolai Pawlow: Die deutsche Vereinigung aus sowjet-russischer Perspektive, Frankfurt am Main, 1996.

[114] Vgl. Stefan Wolle: Der Weg in den Zusammenbruch. Die DDR vom Januar bis zum Oktober 1989, in: Eckhard Jesse / Armin Mitter (Hrsg.): Die Gestaltung der deutschen Einheit . Geschichte – Politik – Gesellschaft, Berlin 1992, S. 78.

[115] Georgie Schachnasarow: Preis der Freiheit. Eine Bilanz von Gorbatschows Berater, Bonn 1996, S. 135.

[116] Vgl. Hans Henning Schröder: Sowjetische Rüstungs- und Sicherheitspolitik zwischen Stagnation und Perestrojka. Eine Untersuchung der Wechselbeziehung von auswärtiger Politik und innerem Wandel in der UdSSR (1979-1991), S. 165.

[117] Vgl. Andreas Rödder: Deutschland einig Vaterland, S. 18f.

[118] Vgl. Klaus Segbers: Was ist eigentlich „perestrojka“? in: Wolfgang Schwegler-Rohmeis / Klaus Segbers (Hrsg.): Perestrojka passé? Eine Zwischenbilanz, Oppladen 1992, S. 11.

[119] Vgl. Andreas Rödder: Deutschland einig Vaterland, S. 62f.

[120] Vgl. Thomas Rüdiger: DDR: Politisches System, in: Werner Weidenfeld / Karl-Rudolf Korte: Handbuch zur deutschen Einheit, Frankfurt am Main 1993, S. 120.

[121] Vgl. Nikolai Pawlow, Die deutsche Vereinigung aus sowjet-russischer Perspektive S. 53.

[122] Vgl. Wolfgang Seiffert: Abschied von der Weltrevolution. Das Ende des Stalinismus und die Zukunft Europas, Wien 1989, S. 67.

[123] Michail Gorbatschow: Gorbatschow. Die wichtigsten Reden, herausgegeben von Dietrich Busch, Köln 1987, S. 25-162.

[124] Der Vertrag über Vertrauensbildung und Abrüstung in Europa

[125] Daniel Küchenmeiste (Hrsg.): Honecker – Gorbatschow: Vieraugengespräche. Berlin 1993, S. 15 mit Anm. 28. Das RGW-Treffen fand am 10-11.11.1986 statt.

[126] Vgl. Ulrich Druwe: Das Ende der Sowjetunion. Krise und Auflösung einer Weltmacht, Weinheim 1991, S. 56.

[127] Vgl. Gorbatschow, Die wichtigsten Reden, S. 11ff.

[128] Vgl. Hans-Henning Schröder: Sowjetische Rüstungs- und Sicherheitspolitik, S. 249.

[129] Vgl. Hans-Henning Schröder: Sowjetische Rüstungs- und Sicherheitspolitik, S. 249.

[130] Vgl. Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien (Hrsg.),Sowjetunion 1988/89, Köln 1989,S. 234.

[131] Michail Gorbatschow: Ausgewählte Reden und Aufsätze, Moskau 1987, S. 71.

[132] Vgl. Michail Gorbatschow: Das Neue Denken, Berlin 1989, S. 32.

[133] Vgl. Michail Gorbatschow: Reden und Aufsätze, S. 38-42.

[134] Vgl. Jens Hacker: Die Politischen Beziehungen zwischen der UdSSR und der DDR von 1985 bis zum Herbst 1989, in Wiedervereinigung Deutschlands. Festschrift zum 20-jährigen Bestehen der Gesellschaft für Deutschlandforschung, hrsg. von K. Eckar/ J. Hacker/ S. Mampel, Berlin 1998, S. 216ff.

[135] Vgl. Hacker, Die Politischen Beziehungen zwischen der UdSSR und der DDR von 1985 bis zum Herbst 1989, S. 224.

[136] Vgl. Andreas Rödder: Deutschland einig Vaterland, München 2009, S. 53.

[137] Vgl. Wolfgang Seifert: Abschied von der Revolution. Das Ende des Stalinismus und die Zukunft Europas, Bonn 1989, S. 79.

[138] Vgl. Rafael Biermann: Zwischen Kreml und Kanzleramt. Wie Moskau mit der deutschen Einheit rang, München 1997, S. 100.

[139] Vgl. Biermann: Zwischen Kreml und Kanzleramt, S. 101.

Ende der Leseprobe aus 129 Seiten

Details

Titel
Mit Macht ans Ziel. Die Persönlichkeit Helmut Kohl: Wie sein Charakter die Politik und Wende zur Deutschen Einheit beeinflusste
Autoren
Jahr
2014
Seiten
129
Katalognummer
V285070
ISBN (eBook)
9783656848912
ISBN (Buch)
9783956871573
Dateigröße
1073 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
macht, ziel, persönlichkeit, helmut, kohl, charakter, politik, wende, deutschen, einheit
Arbeit zitieren
Moritz Küpper (Autor:in)Norman Giolbas (Autor:in)Markus Rietschel (Autor:in)Manuel Franz (Autor:in)Ludwig Späte (Autor:in), 2014, Mit Macht ans Ziel. Die Persönlichkeit Helmut Kohl: Wie sein Charakter die Politik und Wende zur Deutschen Einheit beeinflusste, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285070

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