Niccolò Machiavelli und Walter Ulbricht. Ein Vergleich von politischer Theorie und politischer Realität basierend auf Machiavellis Werk 'Il Principe'


Seminararbeit, 2014

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Machiavellis Theorie vom Verhalten und Handeln eines Herrschers

3. Ulbrichts Handlungsweisen und die daraus resultierenden Folgen
3.1 Die Scheindemokratie
3.2 Das Ministerium für Staatssicherheit
3.3 Die Sowjetunion im Rücken
3.4 Opfer? Täter? Oder beides?
3.5 Der Bau der Mauer

4. Analyse von Ulbrichts Politik unter den Gesichtspunkten von Machiavellis Theorie

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Frühneuzeitliche Weltklugheitslehren sind dazu prädestiniert den Umgang mit anderen Menschen zu erleichtern, indem sie Handlungsanweisungen und Ratschläge vermitteln. Da sie auf diese Weise die ''soziale Intelligenz'' der Menschen schulen, sind Weltklugheitslehren ein wichtiger Bestandteil der Sozioprudenz.

Diese Arbeit setzt sich mit der Weltklugheitslehre von Niccolò Machiavelli auseinander. In seinem Werk 'Il Principe' beschäftigt er sich mit den Mechanismen der Politik in Alleinherrschaften und beschreibt auf Grundlage von eigenen Beobachtungen, welche Methoden der Machtergreifung es gibt und mit welchen Mitteln es einem Alleinherrscher gelingt seine Macht zu erhalten und zu stabilisieren (vgl. Machiavelli 1978). Auffallend hierbei ist, dass Machiavellis Lehre auf den Erfolg des Herrschers ausgerichtet ist und moralische Werte dadurch in den Hintergrund gedrängt werden (vgl. Machiavelli 1978). Dies legt die Vermutung nahe, dass es sich bei Machiavellis politischer Theorie um ''schwarze Sozioprudenz'' handelt. Der negativ konnotierte Begriff des Machiavellismus, der selbst in der heutigen Zeit noch weit verbreitet ist, lässt ebenfalls darauf schließen. Für die folgende Untersuchung ist die Frage nach der Art der Sozioprudenz jedoch nicht von Belang. Ziel dieser Arbeit ist es lediglich Machiavellis Handlungsanweisungen, die zur Machterhaltung und Herrschaftsstabilisierung beitragen, in Bezug zur politischen Realität zu stellen. Da Walter Ulbricht wohl zu den prägendsten deutschen Politikern des 20 Jahrhunderts zählt, wird Ulbricht in diesem Aufsatz als Vertreter der modernen Politik auftreten und es wird untersucht, ob Walter Ulbrichts politisches Handeln Elemente von Machiavellis Theorie aufzeigt und wenn ja, in welchem Ausmaß, denn dies ermöglicht wiederum Rückschlüsse auf die Bedeutung von Machiavellis 'Il Principe' für die Sozioprudenz.

Vorgegangen wird folgendermaßen: Zu Beginn der Arbeit wird Machiavellis Theorie vom Verhalten und Handeln eines Herrschers dargestellt. Danach werden Ulbrichts Politik und die daraus resultierenden Folgen für seine Herrschaft beleuchtet und unter den Gesichtspunkten von Machiavellis politischer Theorie retrospektiv analysiert. Zu guter Letzt werden dann die Ergebnisse dieser Arbeit kurz und bündig in einem Fazit zusammengefasst.

2. Machiavellis Theorie vom Verhalten und Handeln eines Herrschers

Da der Machterhalt eines Alleinherrschers in frisch eroberten Staaten oftmals mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist, die der Herrscher erfolgreich überwinden muss, stellt Niccolò Machiavelli in seinem Werk 'Il Principe' Verhaltensweisen und Handlungsweisen vor, die es dem Herrscher ermöglichen diese Schwierigkeiten zu bewältigen und somit seine Macht zu sichern (vgl. Machiavelli 1978).

Machiavelli ist der Ansicht, dass es, um eine gänzlich neue Herrschaft erfolgreich zu begründen, Waffen und Tüchtigkeit bedarf (vgl. Machiavelli 1978). Demnach darf sich ein Herrscher nicht allein auf sein Glück verlassen, sondern muss durch eifrige Arbeit und mit Hilfe einer starken Armee für das Überleben seiner Herrschaftsordnung sorgen (vgl. Machiavelli 1978). Um überhaupt eine schlagkräftige Armee zu bekommen, muss die Organisation des Heeres wohl durchdacht sein. Laut Machiavelli soll ein Herrscher auf das Anwerben von Söldnern und Hilfstruppen verzichten und vielmehr ein aus Untertanen und Bürgern bestehendes Volksheer anstreben, um seine Herrschaft und seinen Staat ausreichend gesichert zu wissen (vgl. Machiavelli 1978). Neben einer schlagkräftigen Armee sollte ein Herrscher auch Wert auf den Besitz starker Verteidigungsanlagen legen, da sowohl das Heer, als auch die Verteidigungsanlagen zeigen, dass sich ein Machthaber im Notfall auch aus eigener Kraft gegen Gegner behaupten könnte (vgl. Machiavelli 1978). Des Weiteren ist es für einen Herrscher wichtig in militärischen Angelegenheiten ausreichend bewandert zu sein, um seine Macht auf Dauer erhalten zu können (vgl. Machiavelli 1978).

Jedoch genügt es nicht sich als Herrscher lediglich auf sein Heer und seine Tüchtigkeit zu verlassen, denn zur erfolgreichen Machterhaltung bedarf es auch dem Rückhalt in der Bevölkerung, den ein Herrscher durch eine sozioprudente Verhaltensweise bekommen kann (vgl. Machiavelli 1978).

In den Augen Machiavellis ist es dem Herrscher in der realen Welt nicht möglich in allen Situationen den ''Gesetzen'' der Moral Folge zu leisten (vgl. Machiavelli 1978). Dies begründet er damit, dass die reale Welt voller schlechter Menschen ist und somit ein lasterhaftes Benehmen von Seiten des Herrschers oftmals unumgänglich ist (vgl. Machiavelli 1978). Allgemein gelten beispielsweise Lügen und Betrügen in der Gesellschaft als verwerflich und zählen somit zu lasterhaftem Benehmen. In Machiavellis Theorie ist die Lüge jedoch ein legitimes Mittel des zweckrationalen Handelns (vgl. Machiavelli 1978). Da seiner Meinung nach das wichtigste Ziel eines Herrschers der Erfolg ist, ist für einen Herrscher ein Wortbruch fast unausweichlich, denn nur durch die Lüge kann es einem Staatsoberhaupt gelingen die breite Masse an seine Aufrichtigkeit glauben zu lassen (vgl. Machiavelli 1978). Die Lüge muss allerdings unbemerkt bleiben, weil es einem Herrscher nur so gelingt seine Erfolge zu mehren, ohne seine Herrschaft dabei in Gefahr zu bringen (vgl. Machiavelli 1978).

Neben der Lüge ist auch die Grausamkeit, wenn ein Herrscher einen guten Gebrauch von ihr macht, ein legitimes Mittel der Machterhaltung (vgl. Machiavelli 1978). „Gut angewandt kann man Grausamkeiten nur nennen […], wenn man sie auf einmal anwendet und nur aus der Notwendigkeit heraus, um sich zu sichern, dann aber nicht damit fortfährt und sie jedenfalls zum größtmöglichen Nutzen der Untertanen wendet.“ (Machiavelli 1978, S.38). Von einem schlechten Gebrauch von grausamen Mitteln ist hingegen die Rede, wenn die Grausamkeiten mit der Zeit zunehmen (vgl. Machiavelli 1978). Ein guter Gebrauch von Grausamkeiten hilft einem Herrscher also bei der Verwirklichung seines Handlungsziels, während ein schlechter Gebrauch von Grausamkeiten diesbezüglich kontraproduktiv ist (vgl. Machiavelli 1978).

Bedient sich ein Herrscher an lasterhaften Verhaltensweisen muss er immer vorsichtig vorgehen (vgl. Machiavelli 1978). Im Fall der Lüge muss der Herrscher dafür sorgen, dass die breite Masse nichts von seiner verwerflichen Tat mitbekommt (vgl. Machiavelli 1978). Im Fall der Grausamkeit ist es hingegen wichtig, dass das Leid kein Dauerzustand wird und nach Gräueltaten auch wieder Wohltaten folgen (vgl. Machiavelli 1978). Sollte dem Herrscher eine vorsichtige Vorgehensweise in diesen Bereichen nicht gelingen, so wird ihm schnell der Ruf der Lasterhaftigkeit zuteil, der wiederum seine Herrschaft gefährden würde (vgl. Machiavelli 1978).

Es fällt auf, dass „manches […], das als Laster gilt, Sicherheit und Wohlstand bringt“ (Machiavelli 1978, S. 64), während „manches, was als Tugend gilt, zum Untergang führt“ (Machiavelli 1978, S.64). Beispielsweise gilt die Freigebigkeit allgemein als Tugend. Ist ein Herrscher jedoch freigiebig, so ist dies oftmals mit Nachteilen für die Bevölkerung verbunden (vgl. Machiavelli 1978). Es kann zum Beispiel sein, dass ein Herrscher für die Finanzierung seiner Freigebigkeit die Steuern erheben muss, was wiederum zu Ungemach in der Bevölkerung und somit zu einem Hass auf den Herrscher führt (vgl. Machiavelli 1978). Aus diesem Grund rät Machiavelli dem Herrscher lieber einen sparsamen Regierungsstil, da dem Herrscher so lediglich der Ruf der Knauserigkeit, aber kein Hass, der seine Regierung gefährden würde, zu teil wird (vgl. Machiavelli 1978).

Wie bereits festgestellt darf sich ein Herrscher den Gebrauch von Grausamkeiten erlauben, um seine Herrschaft zu sichern (vgl. Machiavelli 1978). Jedoch sollte ein Herrscher nach Möglichkeit versuchen nicht als grausam, sondern als milde zu gelten (vgl. Machiavelli 1978). Da Menschen im Allgemeinen jedoch „undankbar, wankelmütig, verlogen, heuchlerisch, ängstlich und raffgierig sind“ (Machiavelli 1978, S. 68f), ist es für einen Herrscher allerdings auch von Nachteil vom Wohlwollen des Volkes abhängig zu sein (vgl. Machiavelli 1978). Machiavelli kommt zu dem Schluss, dass es für ein Staatsoberhaupt entsprechend sicherer ist als grausam, als als milde, zu gelten, denn so fürchtet das Volk die Rache des Herrschers und traut sich nicht ihn zu hintergehen (vgl. Machiavelli 1978). De facto kann sich der Herrscher somit auch beim Wegfall von Wohlwollen auf sein Volk verlassen (vgl. Machiavelli 1978). Befehligt ein Herrscher zudem einen Streitmacht, ist es ebenfalls von Vorteil gefürchtet zu werden, weil der Machthaber nur so in der Lage ist Unruhen und Aufstände zu unterbinden und seine Feinde zu schlagen (vgl. Machiavelli 1978). Machiavelli betont allerdings, dass ein Herrscher, wenn er sich gefürchtet macht, darauf Acht geben muss keinen Hass auf sich zu ziehen, da dies sonst zum Verlust seiner Herrschaft führen könnte (vgl. Machiavelli 1978). Um Verachtung durch die Bevölkerung zu verhindern, darf sich ein Staatsoberhaupt nie am Hab und Gut seiner Untertanen vergreifen (vgl. Machiavelli 1978). Des Weiteren braucht er, falls Blutvergießen nötig ist, immer einen triftigen Grund oder eine offensichtliche Ursache (vgl. Machiavelli 1978). Am Sichersten im Kampf gegen drohenden Machtverlust ist es für einen Herrscher jedoch, wenn sich seine Untertanen ihm gegenüber ehrfürchtig zeigen, denn auf diese Weise hat er die Bevölkerung im Krieg auf seiner Seite und in friedlichen Zeiten ist das Risiko einer Verschwörung gegen ihn gering (vgl. Machiavelli 1978). Um Achtung zu erlangen, darf das Staatsoberhaupt nicht „launisch, leichtfertig, weibisch, feige und entschlusslos" (Machiavelli 1978, S.75) sein, sondern sollte sich stattdessen um Eigenschaften wie „Großmut, Kühnheit, Ernst und Kraft" (Machiavelli 1978, S. 75 ) bemühen. Auch muss sich ein Herrscher um sein Volk kümmern und dies durch die Belohnung fleißiger Arbeit, die Rücksichtnahme auf Stände und Zünfte, sowie durch die Ausrichtung von Festen und Schauspielen zeigen (vgl. Machiavelli 1978). Dies hält seine Unterstützer nämlich in stetiger Abhängigkeit zum Staat und macht den Herrscher zu einem beliebten Herrscher (vgl. Machiavelli 1978).

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Niccolò Machiavelli und Walter Ulbricht. Ein Vergleich von politischer Theorie und politischer Realität basierend auf Machiavellis Werk 'Il Principe'
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Soziologie)
Note
1,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
16
Katalognummer
V285051
ISBN (eBook)
9783656853015
ISBN (Buch)
9783656853022
Dateigröße
398 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ulbricht, DDR, Machiavelli, Il Principe, Der Fürst, Macht, Herrschaft, Politik
Arbeit zitieren
Janine Robert (Autor:in), 2014, Niccolò Machiavelli und Walter Ulbricht. Ein Vergleich von politischer Theorie und politischer Realität basierend auf Machiavellis Werk 'Il Principe', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285051

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Niccolò Machiavelli und Walter Ulbricht. Ein Vergleich von politischer Theorie und politischer Realität basierend auf Machiavellis Werk 'Il Principe'



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden