Überwachung, Zersetzung, Vertreibung. Die Methoden der Stasi aus der Perspektive von Tätern und Opfern


Fachbuch, 2014

157 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Das Ministerium für Staatssicherheit und seine Opfer
Einleitung
Das Ministerium für Staatssicherheit
Die Opfer des Ministeriums
Abschließende Betrachtungen
Literaturverzeichnis

Der Einfluss der Stasi auf Jugendliche in der Schule. Der Alltag von jugendlichen IMs und die Auswirkungen auf ihre Mitschüler
Einleitung
Hauptteil
Fazit
Literaturverzeichnis
Internetquellen

Jürgen Fuchs und die Arbeitsweise des Ministeriums für Staatssicherheit
Einleitung
Zersetzung – Definitionen und Erklärungen
Der Beginn – Jürgen Fuchs in Jena
Die Haftzeit – Zelleninformatoren und die Toxdat
Im Westen nichts Neues – die Verfolgung in West-Berlin
Fazit – die Problematik des Erlebten
Literaturverzeichnis

Der bedürftige Karrierist. Analyse eines Lebensberichtes eines hauptberuflichen MfS-Mitarbeiters
Einleitung
Theoretische Auswahl der Interviewpartner und Kontaktaufnahme zu einer „hidden population“ – oder wie ich zu Otto Müller kam
Der Leitfaden
Die Erhebungsphase
Transkription und Autorisierung der Interviews
Auswertung
Typenbildung (Verallgemeinerung der Aussagen)
Sinnstrukturen des Interviews. Chronologie des Lebensberichts, Handlungsoptionen, Hypothesen
Verallgemeinerung der Ergebnisse und Typisierung
Quellen- und Literaturverzeichnis

Die Staatssicherheit der DDR. Die Überlebensform der SED?
Einleitung
Die Geschichte der DDR
Staatssicherheit
Bewertung und Kritik
Fazit
Quellen
Anhang

Einzelbände

Das Ministerium für Staatssicherheit und seine Opfer

Juliane Berger

Einleitung

Die Erinnerung ehemaliger DDR-Bürger an ihre Vergangenheit könnte facettenreicher nicht sein. Sie umfasst Begriffe wie Einschränkung, Kontrolle, Dominanz, Gefangenschaft, aber auch Gemeinschaft, Zusammenhalt, Sicherheit, Zukunft.

Entscheidend für die Wortwahl war die jeweilige Einstellung eines Menschen: Bin ich von der Regierungs- und Staatsform überzeugt, möchte ich Teil dieser sein? Kann ich mit ihren Ansichten konform gehen oder sie stillschweigend hinnehmen, um ein ruhiges und angenehmes Leben zu führen?

Oder kann ich eben diese Zwänge und staatlichen Kontrollen nicht akzeptieren und hinnehmen? Ist der Drang, meine Meinungsfreiheit in Anspruch zu nehmen, zu deutlich, um einen geeigneten Platz in dieser Gesellschaftsform einzunehmen?

Inhalt dieser Arbeit ist in erster Linie diese zweite Personengruppe, die aufgrund ihrer Distanzierung vom DDR-Regime zu deren Opfern wurden.

Das Ministerium für Staatssicherheit

Um jedoch die Lage der Opfer zu begreifen, muss zunächst eine Auseinandersetzung mit den Tätern stattfinden.

Die Staatspartei SED war bereits im Sommer 1948 zur Massenpartei angewachsen. Ihr Herrschaftsregime war jedoch in erster Linie ein komplexes System zur Überwachung und Kontrolle der DDR- Bürger. Ziel der Partei war hierbei die Angleichung der DDR an das stalinistische System der Sowjetunion. „Ihre Macht sicherte sich die SED in erster Linie mit Hilfe des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), der allmächtigen Geheimpolizei der SED.“1

Dieses wurde bereits vier Monate nach der Gründung der DDR ins Leben gerufen und bestand bis zu deren Auflösung. Das MfS agierte stets als Geheimdienst, dessen Tätigkeit dauerhaft im Verborgenen blieb, denn: „[...] was hinter den Absperrungen vor sich ging, entzog sich der Kenntnis: Strukturen, Methoden und Wirkungsweise der „Stasi“ blieben auch oppositionellen Bürgerrechtlern weitgehend unbekannt.“2

Hauptaufgabe der Mitarbeiter des MfS war die Machtsicherung des SED- Regimes in allen gesellschaftlichen Bereichen. „Das MfS, das zunächst als Staatssekretariat für Staatssicherheit ( SfS ) agierte, hatte ‚die Voraussetzungen zu schaffen und die Maßnahmen zu treffen, welche die Sicherheit des Staates, die Festigung der Staatsmacht und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gewährleisten‘ sollten.“3

In diesem Zusammenhang hatte das MfS eine Fülle von Befugnissen, um eine Vielzahl der oppositionellen Bewegungen bereits vor deren Entstehen zu verhindern. Die Mitarbeiter des MfS waren berechtigt eigenständige Ermittlungen und Verhaftungen durchzuführen, hinzu kam die Befugnis eigenverantwortlich Gefängnisse zu errichten.

Erich Mielke, 1957 bis 1989 Chef des MfS, verlagerte seinen Aufgabenbereich insbesondere in die Bundesrepublik, den „feindlichen“ Westen. „Zu den Angriffszielen der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) gehörte der westdeutsche Staatsapparat, die Parteien, die Medien, gesellschaftliche Organisationen wie die Kirchen und Gewerkschaften, außerdem die militärischen Zentren und die Wirtschaft.“4 Neben der Spionagetätigkeit startete Mielke zudem verschiedene Verleumdungskampagnen um den Ruf der BRD zu schädigen. Zu diesen gehörten beispielsweise fingierte Nazi-Schmierereien in westdeutschen Städten und gefälschte Dokumente, welche den westdeutschen Bundespräsidenten Heinrich Lübke als KZ- Mitarbeiter darstellen sollten.

Im Zuge des KSZE- Prozesses begann die DDR zudem mit dem Ausbau des Ministeriums. Dieses zentrale Machtinstrument der SED besaß ausschließlich nicht gesetzlich festgelegte Kompetenzen. „Das MfS sollte auf der Grundlage des SED- Parteiprogramms sowie der Beschlüsse des Zentralkomitees und des Politbüros der SED handeln.5

Die Ausmaße dieses Geheimdienstes übersteigt jedoch in vielerlei Hinsicht unsere heutige Vorstellungskraft. Ab Mitte der 70er Jahre verfügte das MfS über eine Personalstärke von 90.000 hauptamtlichen und 174 000 inoffiziellen Mitarbeitern. Eine Bewerbung im eigentlichen Sinne war beim MfS jedoch nicht möglich, da sich die Stasi ihre Mitarbeiter gezielt aussuchte. „Die sorgfältige Auswahl garantierte in den allermeisten Fällen politische und ideologische Zuverlässigkeit. ‚Aussteiger‘ waren selten und mussten mit schweren Restriktionen rechnen.“6

Die Hauptaufgaben des MfS waren Untersuchungen, Nachrichtenkontrolle und polizeiliche Dienste, die immer unter absoluter Geheimhaltung stattfinden mussten. Auffällig in diesem Zusammenhang war dabei jedoch die Konzentration dieser Aufgabenbereiche in einem Apparat, der alle diese Funktionen zugleich ausführte.

„Als das wichtigste Machtorgan der SED- Diktatur übernahm das MfS eine Vielzahl von Aufgaben. Zu den konkreten Aufgaben des Staatssicherheitsdienstes [...] zunächst einmal die klassischen Geheimdienstaufgaben [...].“7 Zu diesen zählten beispielsweise die Auslandsspionage, die Funküberwachung, Spionage- und Terrorabwehr. Zusätzlich hatte dieser spezielle Geheimdienst die Aufgabe zur Sicherung der Staatsgrenze, der Paß- und Zollkontrolle und ähnlicher Aufgabenfelder, die der Kontrolle der eigenen Bevölkerung dienlich waren. „Hauptaufgabe war und blieb aber die- wie es im MfS/ SED- Deutsch hieß- ‚allseitige Aufklärung‘ der eigenen Bevölkerung.“8

Hauptverantwortlich für den großen Erfolg des MfS waren jedoch die inoffiziellen Mitarbeiter des Ministeriums. „1988 zählte das Heer der geheimen Zuträger nicht weniger als 109 000 aktive IM.“9

Diese Informanten gehörten jedoch seit der Gründung des Geheimdienstes zu dessen Erfolgsrezept. Sie wurden zur Überwachung feindlicher Agenten, aber auch zur Bespitzelung von Oppositionsgruppen eingesetzt. Jedoch erhöhte sich die Anzahl dieser Mitarbeiter stetig im Verlauf des Bestehens des MfS. Waren sie zu Beginn der geheimdienstlichen Tätigkeit des Ministeriums nur in kleiner Zahl angestellt, so sollte ihr Einsatz „[...] nunmehr flächendeckend und nach Möglichkeit sogar präventiv erfolgen.“10

Wesentlich war dabei nicht die Überwachung äußerer Feinde, sondern eine umfangreiche Überwachung der eigenen Bevölkerung. Aus diesem Grund gab es IM in allen gesellschaftlichen Schichten.

„Im Mittelpunkt stand die vorbeugende, schadensabwehrende Arbeit im Innern, die ständige Überprüfung der eigenen Bevölkerung.“11

Die Opfer des Ministeriums

„Die Stasi beschädigte tausende Lebensläufe und zerstörte viele Menschen durch ‚Zersetzung‘: Auf eine den Betroffenen nicht erkennbare Weise griff sie in persönliche Beziehungen und berufliche Werdegänge ein. Intrigen, Gerüchte, Schikanen, Drohungen hatten den Zweck, Zivilpersonen zu verunsichern, zu isolieren und dadurch in psychische Nöte zu bringen.“12 Ausgehend von diesem Zitat soll auf den nächsten Seiten die genaue Vorgehensweise des MfS beschrieben werden.

Überwachung

Hauptverantwortlich für die Überwachung der DDR- Bevölkerung war die Linie XX des Ministeriums, diese arbeitete zur Bekämpfung der Feinde eng mit weiteren Abteilungen zusammen.

Eine dieser Abteilungen war die Hauptverwaltung Aufklärung, welche sowohl Aufklärungs- als auch Abwehraufgaben wahrnahm. „Die HVA hatte die Zentren der „politisch- ideologischen Diversion“ zu überwachen und mit geheimpolizeilichen Mitteln und Methoden zu bekämpfen.“13

Die Linie IX wurde zuständig, wenn die Verhaftung und Verurteilung eines Gegners angeordnet wurde. Sie war dafür verantwortlich, Ermittlungen und Verhöre durchzuführen, sowie die Anklageschriften zu erstellen. Dabei war es von zentraler Bedeutung für diese Mitarbeiter, genau abzuwägen, welche Personen inhaftiert werden konnten, ohne großes öffentliches Aufsehen zu erregen.14

Auch eine Zusammenarbeit der Linien XX und IX konnte für eine erfolgreiche Operation durchaus in Frage kommen. Diese Zusammenarbeit kam dabei insbesondere bei fehlender Beweislage zustande, um eine bestimmte Person dennoch inhaftieren zu können. „In der Praxis bedeutete das: Das MfS schuf bestimmte Bedingungen oder Umstände, um eine Person zu Handlungen oder Äußerungen zu veranlassen, die gegen sie verwendet werden konnten.“15

Die Linie VIII war für die Beobachtung potentieller Regimegegner verantwortlich. Diese Linie war dabei eine der Abteilungen, die mit einer immensen Anzahl an Mitarbeitern ausgestattet war, da die Observierung eine der grundlegenden Methoden des Ministeriums darstellte. „Unter Observation verstand der Sicherheitsdienst einen „operativen Prozeß zur Gewinnung operativ bedeutsamer Informationen durch gezieltes Wahrnehmen des äußeren Verhaltens und Bewegens operativ bedeutsamer Personen (Beobachtungsobjekte).“16

Die Abteilung 26 war im Ministerium für die Telefon- und Raumüberwachung zuständig. Dabei wurden personenbezogen Telefongespräche mitgeschnitten und protokolliert. „Neben dem Abhören des Telefons waren die Abteilungen 26 für den Einsatz von Wanzen (Maßnahme B) und versteckte Kameras (Maßnahme D) in den Wohnungen der mit OV verfolgten Personen zuständig.“17

Zuständig für die Postkontrolle war die Abteilung M des Ministeriums. Die Kontrolle der Post stand dabei oftmals am Beginn der Beobachtung einer verdächtigen Person.18

Auch der Technische Sektor, in Form der Abteilung 32, arbeitete eng mit der Linie XX zusammen. „Den Abteilungen 32 standen weitreichende technische Möglichkeiten zur Verfolgung der Opposition zur Verfügung. So operierten die Abteilungen 32 zur Identifizierung von Oppositionellen mit chemischen und physikalischen Markierungsmitteln.“19

Nachdem eine verdächtige Person durch die verschiedenen Überwachungsmethoden als Oppositioneller entlarvt wurde, begann dessen Verfolgung. Oftmals wurden die Opfer dabei absolut unvermittelt aus ihrem Alltag gerissen, um inhaftiert zu werden. Sie wurden überfallen, in einen Transporter verfrachtet und in eine der verschiedenen Haftanstalten transportiert. Dort begann für sie eine unbestimmte Dauer der Gefangenschaft.

Inhaftierung

Neben vielen anderen Haftanstalten der DDR gilt das Untersuchungsgefängnis Berlin- Hohenschönhausen als Sinnbild für die Inhaftierungen in der DDR, dieses kann noch heute als Gedenkstätte besichtigt werden.

„Der Haftort Berlin- Hohenschönhausen war somit die Zentralstelle kommunistischer Repression in Ostdeutschland.“20 Das Gefängnis lag dabei in einem geheimen Sperrgebiet, welches in keinem Stadtplan verzeichnet war.

Dabei wurde das Gelände bis Oktober 1946 als Internierungslager der Sowjetunion genutzt: „In das Lager kamen Zivilisten, die von der sowjetischen Besatzungsmacht als Spione, Diversanten, Terroristen, NSDAP-Aktivisten, Polizei- und Geheimdienstangehörige, Verwaltungsbeamte oder schlicht als „feindliche Elemente“ betrachtet wurden.“21

In diesem Zusammenhang wurden die Gefangenen oftmals ohne jegliche Gerichtsverhandlungen jahrelang in den sowjetischen Lagern festgehalten. „Nach der Auflösung des Lagers wurde das Fabrikgebäude zum zentralen Untersuchungsgefängnis der sowjetischen Besatzungsmacht umgebaut.“22 Zu diesem Zweck mussten Häftlinge in dem Keller der ehemaligen Großküche Zellen errichten. Diese wurden aufgrund der fehlenden Fenster und Form eines Bunkers von vielen Häftlingen als „U-Boot“ bezeichnet. Diese Zellen können noch heute besichtigt werden.

Inhaftiert wurden hier zumeist NS-Verdächtige und Gegner der Diktatur, aber auch Kommunisten und sowjetische Offiziere. „Ehemalige Häftlinge berichteten später, wie sie durch Schlafentzug, stundenlanges Stehen, tagelangen Arrest oder Aufenthalt in speziellen Wasserzellen zu Geständnissen gezwungen wurden.“23

Im März 1951 übernahm das Ministerium für Staatssicherheit dieses Kellergefängnis, um es als Untersuchungshaftanstalt zu nutzen.

Die Verurteilung der Häftlinge wurde ab diesem Zeitpunkt von DDR- Gerichten vorgenommen. Direkt neben der Haftanstalt befand sich ein Arbeitslager, in dem einige der Häftlinge ihre Strafe verbüßen mussten. „Ende der 50er Jahre mussten Häftlinge des Arbeitslagers hinter der Untersuchungshaftanstalt ein neues Gefängnis mit über 200 Zellen und Vernehmungszimmern errichten.“24 Dieser Neubau war dabei speziell auf die Bedürfnisse des MfS abgestimmt, so verfügte es beispielsweise über 120 Vernehmungszimmer. Anders als im U- Boot setzte man nun nicht mehr auf den Einsatz physischer Gewalt, sondern nutzte psychologische Methoden. „Der gesamte Gefängnisbau war mit einer Art Ampelanlage ausgestattet, damit auch beim Weg zum Verhör kein Gefangener einem anderen begegnen konnte. Die Zellen hatten jetzt zwar Tageslicht, doch die Fenster waren mit undurchsichtigen Glasbausteinen zugemauert. Im Keller gab es zwei Gummizellen für Häftlinge, die die Beherrschung verloren oder sich nicht an die strengen Anstaltsregeln hielten.“25

Des Weiteren standen die Gefangenen aufgrund eines Türspions dauerhaft unter Beobachtung, wussten nichts über den Ort ihrer Inhaftierung und hatten nachts eine bestimmte Schlafhaltung einzunehmen, darüber hinaus wurden sie über Monate hinweg durch speziell ausgebildete Vernehmer verhört.

Nach dem Mauerbau waren insbesondere Menschen in Hohenschönhausen inhaftiert, die aus der DDR flüchten oder ausreisen wollten.

Wichtig für das MfS waren hier jedoch nicht allein die wirklichen Inhaftierungen, elementaren war die abschreckende Wirkung auf die restliche Bevölkerung.

„Alles in allen durchliefen von 1951 bis 1989 etwa 20.000 Menschen die zentrale Untersuchungshaftanstalt des MfS.“26

Abschließende Betrachtungen

Ziel dieser Arbeit war die Beschreibung der Funktionsweise des MfS in Bezug auf dessen Opfer.

Im Mittelpunkt stand in diesem Zusammenhang zunächst die Auseinandersetzung mit dem allgemeinen Aufbau des Ministeriums und dessen Funktionsweise. Ein wesentlicher Punkt in diesem Zusammenhang ist das Selbstverständnis des Geheimdienstes, welches sich als „[...] zuverlässiger Schild und scharfes Schwert der Partei [...]“27 betrachtete.

Die Hauptaufgabe war dabei die Überwachung und Kontrolle der eigenen Bevölkerung, die insbesondere durch die große Zahl an inoffiziellen Mitarbeitern gesichert wurde.

Anschließend an diesen Teil steht der Weg der Opfer von der Überwachung, über die Verfolgung bis zu einer möglichen Inhaftierung im Mittelpunkt der Betrachtungen.

Doch welche Folgen hatte die Arbeit des Geheimdienstes, wie gewinnbringend war ihre Arbeitsweise? In Bezug auf die Opfer des MfS und des SED- Regimes kann diese Frage eindeutig geklärt werden.

„Annähernd vier Millionen Flüchtlinge und Übersiedler, 250.000 politische Häftlinge und fast 1000 an der Grenze zu Tode Gekommene gehören zur Bilanz der vierzigjährigen SED- Herrschaft.“28

Von großer Bedeutung ist jedoch die Erkenntnis, dass diese Arbeit aufgrund ihres Umfangs lediglich einen groben Überblick über die Thematik bieten kann.

Literaturverzeichnis

Der SED- Staat: Neues über eine vergangene Diktatur. Hrg. von Jürgen Weber. München 1994.

Einsichten. Diktatur und Widerstand in der DDR. Hrg. von Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Leipzig 2001.

Gefangen in Hohenschönhausen. Stasi- Häftlinge berichten. Hrg. von Hubertus Knabe. 3. Auflage. Berlin 2008.

Pingel- Schliemann, Sandra: Zersetzen. Strategien einer Diktatur. 3. Auflage. Berlin 2004.

Stätten der DDR- Diktatur. Hrg. von Hubertus Knabe. Berlin 2004.

Der Einfluss der Stasi auf Jugendliche in der Schule. Der Alltag von jugendlichen IMs und die Auswirkungen auf ihre Mitschüler

Sandra Mühlbach

Einleitung

Hinführung und Fragestellung

Das Ministerium für Staatssicherheit gilt heute als Symbol für das unterdrückte und überwachte Leben in der Diktatur des zweiten deutschen Staates. Die Stasi war der verlängerte Arm der Partei, sie sicherte die Macht der SED um jeden Preis. Seit ihrer Gründung im Jahr 1950 versuchte sie, einen Staat zusammen zu halten, in dem sie ein System der Angst, des gegenseitigen Misstrauens und des Verrats installierte. Schätzungsweise 173.000 inoffizielle Mitarbeiter gab es im Jahr 1989 kurz vor dem Zusammenbruch der DDR. 29 Sie waren angehalten, Freunde und Mitmenschen zu überwachen und ihre Geheimnisse, ihre Ängste und Freuden der Stasi preis zu geben.

Heute ist das Bedürfnis der gesamtdeutschen Bevölkerung groß, die Verbrechen des MfS zu rekonstruieren und aufzudecken. Über sechs Millionen Anträge auf Akteneinsicht gingen bei der Bundesbehörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen bis heute ein.30 Bespitzelte sichten ihre Akten, IMs stellen sich ihrer Vergangenheit. 2006 zieht es die Zuschauer ins Kino um „Das Leben der Anderen“ zu sehen: ein Drama über einen IM und die Familie, die er bespitzelte.

Die Verbrechen des Ministeriums für Staatssicherheit umfassten unzählige Facetten der Unmenschlichkeit, betreffen eine nicht definierbare Vielzahl an Personengruppen und waren vielfältig in ihrer Intensität. Moralisch besonders verwerflich und zumindest medial bislang wenig thematisiert ist der Missbrauch von Minderjährigen durch das Ministerium für Staatssicherheit. Zirka 6% aller Inoffiziellen Mitarbeiter waren minderjährig; das entspricht etwa 6.000 bis 10.000 Jungen und Mädchen unter 18 Jahren.31 Sie bespitzelten ihre Freunde und Klassenkameraden teils freiwillig, oft jedoch unter massivem Druck und unter dem Einsatz von Erpressung. Sie leisteten ihren Beitrag zum Kampf der Stasi gegen die vermeintlichen Staatsfeinde. Die Folgen waren zerstörte Freundschaften, missbrauchtes Vertrauen und langjährige, beziehungsweise dauerhafte Beeinträchtigungen der psychischen und physischen Gesundheit der Betroffenen.

Häufig wurden die Jugendlichen in ihrer Schule angeworben. Ein Raum, der für viele neben der FDJ oder anderen Freizeitgestaltungen am meisten für die Entwicklung intensiver Freundschaften prädestiniert war. Der langjährige Klassenbestand bedeutete für die Jugendlichen viel gemeinsam verbrachte Zeit, in der sich Kameradschaft oder Feindschaft, gegenseitige Zu- und Abneigung herauskristallisieren konnte. Zu dieser sozialen Komponente kommt hinzu, dass hier ebenfalls die wichtigsten zukunftsweisenden Entscheidungen und Prozesse für die berufliche Zukunft stattfanden. Der Raum der Schule ist so zweiseitig sensibel und von höchster Wichtigkeit für die Heranwachsenden. Das verborgene Intervenieren der Stasi durch das Anwerben und Platzieren ihrer Spitzel im Kreis der Jugendlichen war nicht nur besonders grausam, da es sich bei den IMs um Minderjährige handelte, deren Psychen durch die Prozesse des Erwachsenwerdens brüchig und empfindlich waren, sondern auch, da die Schüler an ihren verwundbarsten Punkten getroffen wurden: dem Miteinander im sozialen Umfeld und ihren Plänen und Träumen für die berufliche Zukunft.

In dieser Hausarbeit möchte ich den Einfluss der Stasi auf den schulischen Alltag der Jugendlichen in der DDR genauer betrachten und analysieren. Der Fokus soll hierbei auf den IM-Tätigkeiten liegen, welche die Jugendlichen ausführten. Es geht sowohl um den Einfluss, den diese Beschäftigung auf den IM selbst hatte, als auch um Auswirkungen auf den Alltag der Mitschüler. Unter Alltag verstehe ich neben der Zeit des regulären Schulbesuchs auch das Leben im Freundeskreis. In der Fragestellung liegt der thematische Fokus auf der IM-Tätigkeit und dessen Auswirkungen in der Schule. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass die Arbeit der Schüler für die Stasi nicht nach Schulschluss endete, sondern im Privaten weitergeführt wurde. Dementsprechend wird es, um dem Thema umfassend gerecht zu werden, inhaltliche Exkurse in diese Richtung geben. Zeitlich konzentriere ich mich auf die 1970er und 1980er Jahre. Grund dafür war die Anfang der 1970er Jahre beginnende Öffnung zum Westen und die damit einhergehende Verstärkung der Sicherungsmaßnahmen seitens des MfS.32 Mitte bis Ende der 1980er Jahre hatte die Stasi die größte Anzahl an Hauptamtlichen und Inoffiziellen Mitarbeitern.33 Die erklärt auch, warum das Anwerben von jugendlichen IMs maßgeblich in diesem Zeitraum stattfindet.

Zur Bearbeitung der Fragestellung werden wissenschaftliche Texte und Selbstzeugnisse betroffener jugendlicher IMs und Lehrer, in Schrift- und Videoformat, verwendet. Der Hauptteil der Arbeit soll auf den eigenen Aussagen direkt Betroffener basieren. Sie legen Zeugnis über die Grausamkeit eines Systems ab, das jeden verständlichen Wunsch junger Menschen nach Freiheit, Individualität und Meinungsäußerung als existenzielle Gefahr wertete und präventiv zu vernichten suchte.

Die Selbstzeugnisse bieten die Möglichkeit, sich einer Thematik, die für Außenstehende schwer begreiflich und unbekannt ist, zu nähern. Bei der Analyse und Bewertung dieser Zeugnisse gilt trotz ihrer Authentizität und hohen Glaubwürdigkeit zu beachten, dass diese Aussagen nur einen sehr kleinen Teil der Gesamtthematik „Jugendliche IMs“ beleuchten.

In erster Linie stellen sie ein, aus wissenschaftlicher Sicht, aufschlussreiches Einzelschicksal dar, welches teils versteckt, teils offen, höher liegende Strukturen des Systems und der Arbeit der Stasi offenlegen. Die Summe aller Erkenntnisse, die aus den Auswertungen dieser persönlichen Berichte gewonnen werden, soll letztendlich das Ergebnis dieser Arbeit sein. Es soll Teil der Aufarbeitung der Verbrechen der Stasi sein, welche fast vier Jahrzehnte lang subtil und skrupellos gegen einen Großteil der Bevölkerung der DDR verübt wurden.

Das Schulsystem der DDR und dessen Bindung an die SED

Das Schulsystem der DDR unterstand wie alle anderen staatlichen Instanzen der SED. Im 1974 verfassten Jugendgesetz der DDR weißt die SED den Schulen den Auftrag zu „[...] junge Menschen zu erziehen und auszubilden, die [...] zu schöpferischem Denken und selbstständigen Handeln befähigt sind, deren marxistisch-leninistisch fundiertes Weltbild die persönlichen Überzeugungen und Verhaltensweisen durchdringt, [...].“34 Deutlich zeigt sich hier, wie die SED versucht, eine ideologische Prägung der Schüler in ihrem Sinne zu erzwingen. Die Kinder und Jugendlichen sollten die gesellschaftlichen und politischen Normen so weit verinnerlichen, dass persönliches Denken und Verlangen mit dem der politischen Machthaber identisch werden.

Neben den üblichen Schulfächern wurden die DDR-Schüler deshalb seit 1969 in Staatsbürgerkunde und seit 1978 in Wehruntericht geschult 35 Das Fach Staatsbürgerkunde sollte den Schülern die theoretischen Grundlagen des Sozialismus vermitteln. Schwerpunkte waren die Ideologie des Marxismus-Leninismus, das Verhältnis zwischen Sozialismus und Kapitalismus und die Erziehung zur Wahrnehmung des Ichs als Teil des Kollektivs.36 Der Wehrkundeunterricht wurde in der 9. und 10. Klasse unterrichtet und galt als Vorläufer für den späteren Grundwehrdienst bei der NVA (zu dem jedoch nur die männlichen Jugendlichen verpflichtet waren). Er umfasste einem Theorieteil über Militär und Politik sowie eine Praxiseinheit, die für Jungs aus dem Wehrlager (beinhaltete Grundzüge einer Rekrutenausbildung, zum Beispiel der Umgang mit Schusswaffen)37 und für Mädchen aus einem Lehrgang für Zivilverteidigung (beinhaltete Evakuierungsmaßnahmen und Erste Hilfe) bestanden. 38 Dem Anspruch, Schüler durch Wehrunterricht und Staatsbürgerkunde zum idealtypischen sozialistischen Menschen zu erziehen, wurden die Unterrichtsfächer nicht gerecht. Sobald ein Thema den Bereich Politik tangierte, passten sich die meisten Schüler stark dem Standpunkt des Lehrers an und äußerten ihre eigene Meinung nicht. 39

Der Aufbau des Schulsystems der DDR war weniger komplex strukturiert als das der BRD. Von der ersten bis zur zehnten Klasse besuchten alle Schüler die Polytechnische Oberschule, danach begannen die Schüler entweder eine Berufsausbildung oder besuchten die weiterführende Erweiterte Oberschule, die nach weiteren zwei Jahren mit Abitur abgeschlossen wurde. Auch Kindergärten und -krippen wurden zum System der Volksbildung dazu gezählt.40

Wer in der DDR das Abitur erwarb konnte an einer Universität oder Hochschule studieren. 41 Diese Ordnung war landesweit einheitlich.

Die Verfassung der DDR garantierte die „Möglichkeit des Übergangs zur nächsthöheren Bildungsstufe bis zu den höchsten Bildungsstätten, den Universitäten und Hochschulen, entsprechend dem Leistungsprinzip, den gesellschaftlichen Erfordernissen und unter Berücksichtigung der sozialen Struktur der Bevölkerung.“42 Die Formulierung „gesellschaftliche Erfordernisse“ lässt bereits erahnen, dass der Erwerb des Abiturs und der damit verbundene Hochschulzugang nur jenen Schülern möglich war, die ihre Linientreue unter Beweis gestellt hatten und mit der Ideologie der SED konform gingen. Tatsächlich erhielten in der DDR nur zirka 10% der Schüler die Möglichkeit, die Erweiterte Oberschule zu besuchen. Weitere 4% durften Abitur mit Berufsausbildung machen.43 Zwar waren gute Leistungen grundsätzlich ein wichtiges Kriterium für den höheren Bildungsweg, jedoch erfolgte die Notenvergabe meist nicht objektiv den entsprechenden Leistungen gemäß. Schüler, die sich beispielsweise in besonderem Maße in der FDJ engagieren, oder eine Laufbahn in der Partei, der Armee oder beim MfS anstrebten, hatten bessere Chancen auf gute Noten.44 Im Gegensatz dazu waren christliche Jugendliche, die an der Konfirmation beziehungsweise Kommunion teilnahmen vom Erwerb des Abiturs oft ausgeschlossen. 45 Auch ein Wechseln des Berufswunsches konnte zu Komplikationen im Bildungsweg führen, da mit dem angedachte Berufsweg bereits als Teil der gesamtwirtschaftlichen Planerfüllung kalkuliert wurde. 46

Insgesamt betrachtet stellte das Schulsystem der DDR eine in jungen Jahren beginnende und bis zum Ende der Schulzeit weitergeführte Einübung der Schüler in die gesellschaftlichen, sozialistischen Werte der SED dar. Die erworbene Bildung sollte nicht den individuellen Bestrebungen des Schülers dienen, sondern die Verwirklichung des gesamtgesellschaftlichen Ziels, den Aufbau des Sozialismus, vorantreiben.

Einfluss der Stasi innerhalb des Schulsystems

Das Ministerium für Staatsicherheit hatte den Auftrag, die Jugendpolitik von SED und FDJ durchzusetzen.47 Dieser Auftrag band die Offiziere des MfS eng an die Schulen der DDR – beispielsweise unterhielt die Stasi Schulpartnerschaften mit einigen Bildungsanstalten, die zum Ziel hatten, die Schüler mit der Ideologie der MfS vertraut zu machen und so für mehr Akzeptanz im Kreis der Jugendlichen zu werben. 48 Der Schularbeit der Stasi lag ein sehr zwiespältiges Bild der Jugend der DDR zugrunde. Zum einen begegneten sie den Heranwachsenden mit großem Misstrauen. Bereits normale, jugend-typische Verhaltens- und Denkweisen, wie das Infragestellen gesellschaftlicher Werte, Aufmüpfigkeit, Provokation oder offen geäußerte Kritik konnten einen Jugendlichen beim MfS als Staatsfeind ausweisen. 49 Vor allem die Freizeitaktivitäten der Heranwachsenden, die nicht im Rahmen der FDJ-Veranstaltungen, sondern in privaten Räumen stattfanden, erschienen den Offizieren der Staatssicherheit verdächtig. Generell waren alle Orte und Versammlungen, in denen eigenmächtige Reflektionen und Diskussionen entstehen konnten, in den Augen der Staatssicherheit ein Risiko. Das galt auch für Schulen und Klassenverbände.

Die einzige Möglichkeit, diese gesellschaftlichen Ereignisse einer staatlichen Kontrolle zu unterwerfen, bestand für die Stasi darin, in diesen Gruppen inoffizielle Mitarbeiter zu installieren. Diese Strategie offenbart die andere Wahrnehmung von Jugendlichen durch das MfS. Sie galten ebenfalls als eine Ressource für die Verwirklichung der politischen Ziele. 50

Schätzungsweise bis zu 10.000 IMs, die durch die Stasi angeworben wurden, waren minderjährig – viele davon waren Schüler. Oft wurden die jugendlichen IMs in der Schule angeworben. Im Vorfeld wurden sie meist von ihren Lehrern bespitzelt, die ebenfalls inoffiziell für das MfS tätig waren. Die in diesem Zuge angelegten Akten offenbarten dem Ministerium alle Facetten und Details des Alltags des Schülers. Schulnoten, Freundschaften, persönliche Stärken und Schwächen wurden akribisch dokumentiert. Auch die Stasi selbst überwachte den Nachwuchs. Beispielsweise führte sie jährlich eine Kontrolle aller Siebtklässler durch, in der ihre Tauglichkeit für spätere Tätigkeiten im Namen der Staatssicherheit definiert wurde.51 War nun ein Schüler oder eine Schülerin für die Stasi von Interesse, beispielsweise durch Kontakte zu systemkritischen Jugendlichen, die es nach Meinung des MfS zu überwachten galt, erfolgte ein persönliches Gespräch mit dem Jugendlichen. Dieses fand meist direkt in der Schule statt. Hierbei wurden die entsprechenden Heranwachsenden oft massiv unter Druck gesetzt. Geschickt wurde Wissen um nicht systemkonforme Handlungen oder Äußerungen des Jugendlichen instrumentalisiert. Auch an persönliche Stärken wurde appelliert. 52 Das Zusammenspiel von Anerkennung, Schuldgefühlen und Angst nahm den Schülern oft die Möglichkeit der freien Entscheidung: eine Zusammenarbeit mit dem MfS schien alternativlos. Im Anschluss an das Gespräch wurde ein verbindlicher Vertrag aufgesetzt, der die Aufgaben des Jugendlichen, seine Ergebenheit gegenüber dem MfS und sein Stillschweigen beinhaltete.53 Dies geschah mitunter auch bei den Jugendlichen zuhause, sofern die Eltern als linientreu galten und ihr Kind bei der Erfüllung seiner neuen Pflichten unterstützen oder überwachen konnten. 54

Mit Abschluss des Vertrages verpflichtete sich der Jugendliche zu einer bis zu 25 Jahre währenden Zusammenarbeit mit dem MfS.55 Dafür wurde dem IM eine gesicherte berufliche Zukunft in Aussicht gestellt. Für Schüler war eine zuverlässig ausgeführte IM-Tätigkeit quasi eine Garantie für Abitur und Studium. 56

Insgesamt betrachtet stellte die Präsenz der Stasi in den Schulen und ihr Intervenieren und Agieren im Kreis von Schülern und Lehrern ein massives Eingreifen in den Alltag der Jugendlichen dar. Es beschädigte das Vertrauen zu Lehrern und Mitschülern und unterdrückte die freie Meinungsäußerung und Meinungsentfaltung.

Für das MfS hatte das Thema Jugendarbeit eine große Bedeutung – viele Diplomarbeiten wurden an der Juristischen Hochschule des MfS in Potsdam zur Gewinnung und Lenkung jugendlicher IMs geschrieben.57

Hauptteil

Personenverzeichnis

Der Übersicht halber werde ich hier eine Liste der Personen aufführen, auf deren Geschichten und Aussagen ich im Hauptteil eingehen werde. Die Quellen dieser Zeitzeugenaussagen liegen teils im schriftlichen, teils in Videoformat vor. Ich nenne kurz alle relevanten Eckdaten über die Personen, die in der Quelle enthalten sind. Bei manchen Fallbeispielen sind jedoch Schule, Alter und damaliger Wohnort anonym. Ist der Nachname unbekannt, wird er mit einem * gekennzeichnet.

Kerstin Harrabi: Schülerin der EOS Spezialschule in Wickersdorf 1971-1975, mit 17 Jahren als IM in der Schule angeworben

Elvira Tolsdorf: Schülerin der EOS Spezialschule in Wickersdorf 1975 – 1979, mit 17 Jahren als IM in der Schule angeworben

Marko Hermersdörfer: 1986–1988 Schüler der EOS Friedrich Engels in Dresden, mit 17 Jahren im Wehrbezirkskommando als IM angeworben

Renate *: 1986 mit 17 Jahren als IM in der Schule angeworben

Manfred *: 1982 mit 17 Jahren als IM in der Schule angeworben

Hannelore Schneider: Deutschlehrerin in den 1970er Jahren an einer POS in Cottbus

Tätigkeiten der jugendlichen IMs

Wurde ein jugendlicher IM erfolgreich von der Stasi angeworben, stellte das MfS ihm für den Verlauf seiner zukünftigen Arbeit einen Führungsoffizier zur Seite. Essenziell für die Bindung des Jugendlichen an die Stasi war der Aufbau eines Vertrauenverhältnisses zum MfS, speziell zum zugeteilten Führungsoffizier. Um dieses Vertrauen aufzubauen, nutzte der Führungsoffizier alle Informationen, die er über den jugendlichen IM besaß. Aus Wissen um Vorlieben, Ängste, Interessen, Selbstdarstellung und Alltagsgestaltung wurde ein individuelles Psychogramm des Jugendlichen erstellt. Der Führungsoffizier selbst passte sein eigenes Verhalten und Auftreten dementsprechend an – dem IM wurden so Verständnis, Freundschaft und Vertrauen suggeriert.58 War diese Basis erfolgreich gelegt, wurde der Jugendliche bis zu einem gewissen Maße lenkbar und somit bereit, Aufträge des MfS auszuführen. Das Aufgabenfeld der IMs bestand aus der Überwachung und Bespitzelung anderer Jugendlicher, die vom MfS der Ausführung oder Planung staatsfeindlicher Tätigkeiten verdächtigt wurden. Das beinhaltete auch die Bespitzelung aller Räume und Gruppen, in denen frei und kritisch diskutiert und gedacht wurde, oder westliches beziehungsweise den Sozialismus gefährdendes Gedankengut geteilt wurde. Häufig waren kirchliche Jugendgruppen, Umwelt- und Friedensaktivisten und jugendliche Subkulturen wie die Punk- und Blueserszene von der Überwachung durch IMs betroffen.59 Ziel der Staatssicherheit war die Zersetzung der Gruppierung. Gezielt sollte Misstrauen, Streit, Konkurrenzdenken und Antipathie zwischen den Mitgliedern der Gruppe geschürt werden, um sie auseinandern zu brechen oder Rädelsführer zu identifizieren.60

Der angeworbene IM verfügte entweder bereits über Kontakte in die entsprechende Gruppe oder sollte diesen auf Befehl der Stasi hin herstellen. Meist waren zu überwachende Jugendliche Klassenkameraden des IMs, so erfolgte auch die erste Kontaktaufnahme der Stasi meist in der Schule. Die eigentliche Tätigkeit des IMs fand allerdings meist in den genannten Freiräumen der Heranwachsenden statt. Die ehemalige IM Renate* berichet über den Beginn ihrer Arbeit für das MfS: „Ich hatte da was mitgekriegt von Mitschülern, die eben Christen waren oder Kirchgänger, aber ich hatte irgendwie Angst davor, da ich bis dahin nichts damit zu tun hatte. Im Juli bin ich dann das erste Mal da hin und bin aber gleich wieder weg und wurde erstmal krank.“ 61 Deutlich zeigt sich hier, wie das MfS die Jugendlichen zu Grenzüberschreitungen zwingt. Renate*, die schüchtern ist, muss Fuß fassen in einer Gruppe Fremder – darauf zeigt sie eine körperliche Stressreaktion und wird krank.62 Andere IMs fanden sich in ihrer Aufgabe besser zurecht. Grundsätzlich mussten die jugendlichen IMs einige, für das MfS wichtige, charakterliche Voraussetzung erfüllen. Sie mussten sehr intelligent sein, über gute Menschenkenntnis verfügen, sich schnell in neue Gruppen integrieren können und unverdächtig wirken.63 Neben diesen Eigenschaften, die meist Ausdruck einer starken Persönlichkeit waren, machte sich die Stasi auch pychische Schwächen der Heranwachsenden zu Nutze. So machte eine instabile Bindung der IMs an die eigenen Eltern den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses leichter, da so der Führungsoffizier die emotionalen Defizite zum Schein ausgleichen konnte. Beispielsweise sollte der damals siebzehnjährige Marko Hermersdörfer Ende der 1980er Jahren seinen besten Freund Bernhard bespitzeln. Die beiden Dresdener unterhielten einen Briefwechsel mit einer Schule in Straßbourg, der sie ins Visier der Stasi geraten ließ. Bernhard galt als selbstbewusst, Marko machte einen psychisch labilen Eindruck. Das machte sich das MfS zu Nutze – sie zwangen Marko unter der Androhung, seinen Berufswunsch nicht verwirklichen zu können, über Bernhard zu berichten.64 Marko: „Dann sagt man immer: ok du machst mit, ist vielleicht besser für deine Zukunft. Dann wachst du am nächsten Morgen wieder auf und sagst: nee ich mach doch nicht mit.“ 65 Ähnlich wie bei Renate* zeigt sich auch hier großer Unwillen, mit der Stasi zu kooperieren. Im Gegenzug gab es jedoch auch Jugendliche, die sich aus Eigeninitiative als IM meldeten. 66

Inhaltlich war das MfS an allen Details über Handlungen, Gespräche und Beziehungen innerhalb der observierten Gruppe interessiert. Gerade durch das Erfragen von scheinbaren Belanglosigkeiten gewannen viele jugendliche IMs den Eindruck, keine wichtigen, beziehungsweise riskanten Informationen weiterzugeben. Kerstin Harrabi, die Anfang der 1970er Jahre die EOS Spezialschule in Wickersdorf besuchte, wurde mit siebzehn Jahren als IM angeworben. Sie erinnert sich: „[…] die haben also jedes pubertäre Geschwätz aufgeschrieben und wie gesagt mir war das gar nicht bewusst, dass die das für sonst was gebrauchen können...vielleicht um jemandem sein Leben zu vermasseln.“ 67

Vor allem bei den konspirativen Treffen, welche die IMs in etwa zweiwöchigem Abstand mit ihren Führungsoffizieren hatten, versuchte das MfS die Zweifel der Jugendlichen an ihrer Tätigkeit zu zerstreuen. Kerstin: „Geraucht wurde viel um so ein bisschen so eine Kumpel-Atmosphäre zu schaffen um mir so das Gefühl zu geben: So du gehörst dazu. Und dann noch Alkohol zu bekommen ist auch toll.“ 68 Die Methode der Stasi, sich den Jugendlichen als vertrauensvoller Freund zu präsentieren, wird hier deutlich. Außerdem durften die Heranwachsenden in ihrer Rolle als IM wie selbstverständlich Sachen tun, die ihnen sonst in ihrem Alter verboten blieben. Angesichts der engen, staatlich streng reglementierten Welt der Jugendlichen hatte dies einen zusätzlichen Reiz, der die Arbeit für das MfS attraktiv machte – trotz moralischer Bedenken.

Nach Abschluss der Schulzeit oder Beendigung der Konspiration ging die inoffizielle Tätigkeit des Jugendlichen für das MfS entweder in einen hauptamtliche Beruf über, oder wurde von Seiten des IM beendet. Gründe für das Ausscheiden aus dem IM-Dienst waren beispielsweise eine neue Freundschaft oder Beziehung, die mit der Arbeit für das MfS unvereinbar war oder der Wunsch nach Entlastung des eigenen Gewissens. 69 Manchmal waren es auch Forderungen seitens der Stasi, die selbst mit dem angeschlagenen moralischen Bewusstsein eines IMs nicht mehr vereinbar waren, die zum Abbruch der Spitzel-Tätigkeit führte. Die ehemalige IM Kerstin Harrabi wurde vom MfS dazu angehalten, mit einem Jungen, dessen Eltern vermeintlich im Begriff waren, Republiksflucht zu begehen, ein intimes Verhältnis zu beginnen. Für sie war das ein Auslöser, die Zusammenarbeit abzubrechen.70

Nicht alle IMs konnten ihre Zusammenarbeit mit dem MfS problemlos beenden. Oft wurde Aussteiger unter Druck gesetzt, erpresst oder regelrecht verfolgt.71

Folgen für den eigenen Alltag und den der Mitschüler

Vor- und Nachteile, die ein jugendlicher IM durch seine IM-Arbeit hatte, waren vielfältig, genauso wie die Folgen, die diese Tätigkeit auf den Alltag der Mitschüler hatte.

Aus pragmatischer Sicht hatte die Aufgabe als IM vor allem schulische und berufliche Vorteile für den entsprechenden Jugendlichen. Eine erfolgreich ausgeführte IM-Tätigkeit galt in der DDR quasi als Garantie für Abitur und Studium. Selbst wenn die schulischen Leistungen schlecht waren, musste als IM oder zukünftiger offizieller MfS-Mitarbeiter nicht um die berufliche Zukunft gebangt werden. Hannelore Schneider war in den 1970er Jahren Deutschlehrerin an einer EOS in Cottbus, sie berichtet über einen Schüler, dessen mangelhafte Noten unter normalen Umständen nicht zum Bestehen des Abiturs ausgereicht hätten: „[...] da hatte ich in meinem Fach die Note fünf und ich erinnere mich in Chemie war das genauso. Und da wurde von uns beiden, von der Kollegin und mir verlangt, dass wir diese Note ändern auf vier, denn dieser junge Mann würde ja, ich glaub das ist so eine Hochschule wo er zu der Staatssicherheit kommt... dort hatte er sich beworben und man möchte gerne, dass er diese Ausbildung beginnt.“72 Deutlich wird hier: So sehr die Stasi non-konforme Schüler drangsalierte, so sehr protegierte sie, in eigenem Interesse, ihre jugendlichen Mitarbeiter. Zur Einlösung des Versprechens der gesicherten Zukunft kam es nur, wenn das Arbeitsverhältnis mit dem MfS nicht vorher aufgelöst wurde und der jugendliche IM sich mustergültig und korrekt verhielt.

Die vordergründige Motivation für die Tätigkeit als IM war jedoch für die meisten Jugendlichen die scheinbare Aufwertung des Selbstbewusstseins durch den Führungsoffizier. Die Mitarbeit an einer vorgeblich wichtigen Aufgabe, die intensive Zuwendung des Führungsoffiziers und die vorgetäuschte Wichtigkeit der eigenen Person versetzte einige Jugendliche in einen Glückszustand.73 Die Schilderungen der untersuchten IMs sind nahezu deckungsgleich. Manfred* reiste im Rahmen seiner IM-Tätigkeit auf den Balkan, um dort westliche Studenten ausfindig zu machen, die für eine Zusammenarbeit mit der Abteilung „Kommerzielle Kommunikation“ geeignet wären. Zu seiner Aufgabe sagt er: „Das Auserwählt-Sein fand ich das Spannendste.“74 Kerstin Harrabi wurde angeworben, um ihre Mitschüler zu bespitzeln. Sie fühlte sich ähnlich: „Ich sags jetzt mal so, das war natürlich auch schon so ein Stück Anerkennung: Boa die haben mich ja ausgesucht!“ 75 Dass diese Anerkennung ihrer Person nur gespielt war, war den Betroffenen zuerst nicht klar. Die Strategie der Führungsoffiziere zielte drauf ab, die Jugendlichen von ihrer Wertschätzung abhängig zu machen. Möglich war dies durch die fragile, unausgereifte Psyche der Heranwachsenden. In ihren Führungsoffizier fanden die Jugendlichen einen scheinbar verständnisvollen Zuhörer, der um ihre Stärken und Schwächen wusste und Interesse an ihren Einschätzungen und Gefühlen zeigte.76 Sie erfuhren vom MfS keine offene Belehrung, sondern wurden unterbewusst erzogen und indoktriniert. Der Anschein, dass es sich hierbei um eine gleichberechtigte Beziehung handelte, gab den Jugendlichen das Gefühl als Persönlichkeit anerkannt zu sein.77 Stammten die IMs aus wenig intakten Elternhäusern oder verfügten nur über einen instabilen Freundeskreis, war der Führungsoffizier oft die einzige Bezugsperson.78 Dem MfS war kein Mittel zu widrig, um die Jugendlichen an ihre Tätigkeit zu binden. Renates* Führungsoffizier begann sogar ein intimes Verhältnis mit ihr um sie emotional an sich und das MfS zu binden. 79 Kam es zum Bruch mit der Stasi kippte das vermeintliche Vertrauensverhältnis. Informationen die der jugendliche IM preisgegeben hatte, konnten nun gegen ihn verwendet werden beispielsweise wenn er die Zusammenarbeit gegen den Willen des MfS beenden wollte. 80 Oft litten die Jugendlichen unter quälende Gewissenskonflikte – schließlich waren es oft beste oder enge Freunde, die sie im Auftrag des MfS bespitzeln mussten. Elvira Tolsdorf besuchte, wie Kerstin Harrabi die EOS Spezialschule in Wickersdorf. Sie wurde ebenfalls mit siebzehn Jahren als IM angeworben und sollte ihre Mitschüler bespitzeln. 81 „[...] die wollten auch, dass ich über die Zustände an der Schule berichte, über andere Mitschüler. Und das hat mir sofort unwahrscheinliche Probleme innerlich bereitet, weil ich hab mit meinen Mitschülern zusammen gelernt und gelebt.“ 82 Es wird deutlich, wie tief die Stasi in das Sozialleben ihrer IMs intervenierte und wie schmerzhaft dies für die Jugendlichen war. Hinzu kam eine permanente seelische Belastung durch die Doppelexistenz als eigene Persönlichkeit und als IM der Stasi. Manfred* beschreibt seine Zeit im Einsatz für das MfS: „Es wurde mir immer unheimlicher, wie marionettenhaft das war, wie ein zweites Leben. Manchmal habe ich mich wie dreigeteilt gefühlt. Eine Zeit wie ein Torpedo.“83 Eindrücklich zeigt sich hier der Kontrollverlust, den die IMs erlitten. Das mühsame Aufrechterhalten zweier Identitäten konnte sich automatisieren. Manfred wird nach dem Abbruch der IM-Arbeit zeitweise in die Psychiatrie eingewiesen. Er war, beziehungsweise ist, heute alkohol- und tablettensüchtig und hat Probleme ein geregeltes Arbeitsleben zu führen. 84 „Mir hat die Führung gefehlt, die wollten nicht mehr. Ich war so weit eingeschüchtert, daß ich es in mir eingrub und habe dann ständig gesoffen.“ 85 Die Jugendlichen verlernten, in Abhängigkeit zu ihrem Führungsoffizier, jede Fähigkeit zum selbstständigen Handeln und Entscheiden. Sie fühlten sich alleine nicht mehr überlebensfähig.

Für die Bespitzelten war die IM-Tätigkeit ihrer Mitschüler und Freunde ebenfalls fatal. Waren sie erst einmal im Visier der Staatssicherheit, wurde jedes Detail ihrer Äußerungen und Handlungen dokumentiert. Die ehemalige IM Kerstin schrieb über ein Mädchen in ihrer Klasse, mit der sie Streit hatte: „Ich hab geschrieben, dass sie viele Kontakte hat mit Russen und Polen […] dann hab ich so geschrieben, dass sie schulisch sehr gut ist, aber einen schlechten Charakter hat...das zeigt ja von heutiger Sicht aus: ich hatte ein Problem mit der, ich hatte Streit mit der und da war ich mir gar nicht der Tragweite bewusst. Man hat sich halt angezickt und ich hab das dann aufgeschrieben, ja.“ 86 Abhängig davon, wie das MfS diese Informationen wertete, konnten Nichtzulassung zum Abitur, Verweise von der Schule, oder, im schlimmsten Fall, Zersetzungsmaßnahmen die Folge sein. Im Falle der Zeitzeugen dessen Aussagen, ich im Hauptteil der Hausarbeit analysiert habe, sind leider die Folgen für die jeweiligen Opfer ihrer Tätigkeiten nicht bekannt. Möglicherweise wurden sie auf Wunsch der ehemaligen IMs verschwiegen oder waren weniger schwerwiegend.

Fazit

Meiner Meinung nach stellt das Rekrutieren jugendlicher IMs einen schwerwiegenden, psychischen Missbrauch Minderjährigen dar. Zirka 10.000 Schüler wurden ihrer Jugend und Unschuld beraubt. Hilflos waren sie einer bedrohlichen, scheinbar omnipräsenten Macht ausgesetzt, die sie zwang, gegen ihre Moral zu handeln.

Die Schicksale, die ich untersucht habe, sind zwar alle unterschiedlich, dennoch gibt es Gemeinsamkeiten. Alle Schilderungen eint, dass sie von Angst, innerer Zerrissenheit und Abhängigkeit erzählen. Trotzdem ist auch von positiven Gefühlen der Anerkennung die Rede, die jedoch heute von allen Zeitzeugen als trügerisch identifiziert wurden. Dies zeigt, dass die Personengruppe, die analysiert wurde, heute einen emotionalen Abstand zum damaligen Geschehen hat. Dennoch sind zum Beispiel im Falle von Manfred* auch Jahrzehnte später schwerwiegende Folgeschäden vorhanden, die beweisen, wie unmenschlich und brutal die Stasi mit ihren jugendlichen IM umging.

In der bisherigen Aufarbeitung über das System der Inoffiziellen Mitarbeiter wurden die Schicksale der Jugendlichen wenig thematisiert. Jeder Bericht von Zeitzeugen hilft ein wenig mehr, eine Diktatur und ihre repressive Mechanik zu verstehen. Dies ist essenziell, um Strukturen zu erkennen, die eine freiheitliche Demokratie gefährden können.

Die Wissenschaftler und Autoren, dessen Quellen ich benutzt habe, haben einen wertvollen Grundstein gelegt, jugendliche IMs besser zu verstehen. Ich plädiere dafür, diesen Aspekt der SED-Vergangenheit vor allem im Geschichtsunterricht zu behandeln. Ich glaube, dass Kinder und Jugendliche über die Schicksale der jugendlichen IMs einen direkteren und intensivieren Zugang zum Themenkomplex Stasi erhalten. Da die konkreten Folgen für die betroffenen Mitschüler und Freunde im Umfeld der IMs in den analysierten Fällen nicht bekannt sind, wäre eine anschließende Analyse, die sich speziell mit diesem Thema beschäftig, sinnvoll, um den Themenbereich „Jugendliche IMs“ weiter zu beleuchten.

Literaturverzeichnis

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Internetquellen

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„Hannelore Schneider: Gute Noten für Stasi-Schüler.“ Gedächtnis der Nation. 70er Jahre – Zwischen Entspannung und Terror: zuletzt aufgerufen am 14.08.2013 um 17.22 Uhr http://www.youtube.com/watch?v=0vijvH2UvdQ

http://www.BStU.bund.de/DE/BundesbeauftragterUndBehoerde/BStUZahlen/_node.html zuletzt aufgerufen am 14.08.2013 um 12.34 Uhr

Jürgen Fuchs und die Arbeitsweise des Ministeriums für Staatssicherheit

Stefanie Eisenhuth

Einleitung

Diese Arbeit zeichnet anhand der Biographie von Jürgen Fuchs ein Bild der Arbeitsweise des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Speziell die ab den 70er Jahren durchgeführten „Zersetzungsmaßnahmen“ sollen thematisiert und aufgezeigt werden. Es wird gezeigt, wie die Staatssicherheit gezielt in das Leben des Jürgen Fuchs eindrang. Am Ende wird dann zu beurteilen sein, inwiefern die Bemühungen des MfS erfolgreich waren und welche Folgen sie hatten. Mittels verschiedener Dokumente / Richtlinien der Staatssicherheit werden zunächst Begrifflichkeiten erklärt und die Vorgehensweise des Ministeriums aufgezeigt. Anhand eigener Publikationen und Aussagen des Protagonisten wird dann das Wirken der Staatssicherheit in den verschiedensten Phasen des Lebens des Jürgen Fuchs wiedergegeben. Diese Hausarbeit stützt sich zu einem großen Teil auf eigene Recherchen von Jürgen Fuchs, die er ab dem Jahr 1992 im Rahmen seiner Tätigkeit für die Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit der ehemaligen DDR (BStU) getätigt hat.

(K)eine Biographie

Zu Beginn der Betrachtung ist es von Bedeutung, kurz die Entwicklung von Jürgen Fuchs aufzuzeigen. Dieses Kapitel hat keinen Anspruch auf eine vollständige Biographie, sondern soll vielmehr einen ersten Einblick gewähren, warum die Geschichte des Schriftstellers, Oppositionellen und Bürgerrechtlers für die Darstellung der Arbeitsweise des MfS geeignet ist. Die Angaben beruhen zum Teil auf eigenen Angaben aus der Publikation „Poesie und Zersetzung“, die im Rahmen einer Vortragsreihe mit dem Titel „Literatur zur Beförderung der Humanität“ im Jahr 1993 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena gehalten wurde. Aktuellere Angaben wurden Nachrufen entnommen, die anlässlich des Todes von Jürgen Fuchs in verschiedenen Tageszeitungen erschienen sind.

Jürgen Fuchs wurde 1950 in Reichenbach, im Vogtland, geboren. Beflügelt durch die mit dem „Prager Frühling“ aufgekommene Idee eines demokratischen, humanen Sozialismus“, begann sich Fuchs bereits zu Abiturzeiten 1968 kritisch gegen das DDR-Regime zu äußern.87 Gemeinsam mit anderen Schulkameraden verbreitete er an der Schule Texte des Schriftstellers Rudolf Kunze und des Liedermachers Wolf Biermann (seinem späteren guten Freund und Mentor). Dies führte dazu, dass ihm die Zulassung zur Universität zunächst verwehrt blieb. Erst 1971 wurde ihm nach mehreren Gesprächen gestattet, ein Studium der Psychologie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena aufzunehmen.88 Zwei Jahre später trat Jürgen Fuchs mit der Intention in die SED ein, aktiv etwas zu einer Veränderung des Systems beitragen zu können89. Im Jahr 1975 wurde er nach einem gemeinsamen Auftritt mit anderen kritischen Künstlern aus der Partei ausgeschlossen und exmatrikuliert. Seine bereits mit der Note „sehr gut“ bewertete Diplomarbeit wurde rückwirkend nicht anerkannt. Er erhielt Auftrittsverbot.90

Jürgen Fuchs zog daraufhin mit seiner Frau Liselotte und der im selben Jahr geborenen Tochter Lilo nach Berlin-Grünheide in ein Gartenhaus auf dem Grundstück des Regime-Kritikers Robert Havemann.91 Im Rahmen der Proteste gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann solidarisierte sich Jürgen Fuchs mit den Protesten der DDR-Schriftsteller und wurde am 19. November 1976 aus dem Auto von Robert Havemann heraus verhaftet.92 Er veröffentlichte das Werk „Gedächtnisprotokolle“, dass die Gespräche und Verhöre an der Jenaer Universität dokumentiert. Nach neun Monaten wurde Jürgen Fuchs zur Ausreise nach West-Berlin genötigt.93 Noch im selben Jahr erscheint das Buch „Vernehmungsprotokolle“, das die Erlebnisse während der Inhaftierung beschreibt.94

In West-Berlin wurde Jürgen Fuchs zu einem der wichtigsten Unterstützer der DDR-Opposition.95 Ab 1992 nahm Jürgen Fuchs auf Drängen von Wolf Biermann und Sarah Kirsch eine Beschäftigung in der so genannten „Gauckbehörde“ auf, um „herauszufinden, was Zersetzung, was Liquidierung von feindlich-negativen Personenzusammenschlüssen wirklich bedeutet hat.“96 Aus diesen Recherchen resultiert sein Roman „Magdalena“ – ein Bericht über seine Arbeit in der Behörde und die dabei gewonnenen Erkenntnisse. Er setzte sich für die Opfer der Stasi-Verfolgung ein und verlangte eine rigorose Aufklärung der Verbrechen des MfS. 1998 verließ er in einem großen Eklat die Gauckbehörde, da man seiner Forderung nicht nachkam, keine ehemaligen Mitarbeiter des MfS in der Behörde zu beschäftigen. 97 Im Mai 1999 verstarb Jürgen Fuchs an einer seltenen Art des Blutkrebses.98 Ein wichtiges Leitmotto von Jürgen Fuchs war es, Erinnerungen zu provozieren. Diese Hausarbeit soll einen kleinen Teil dazu beitragen.

Zersetzung – Definitionen und Erklärungen

Mit dem Beginn der Ära Honecker im Jahr 1971 wandelte sich die Politik der DDR. Vor dem Hintergrund der aus wirtschaftlichen Gründen nötigen internationalen Zusammenarbeit mit nichtkommunistischen Ländern war es jedoch nicht möglich, offensichtlich gegen die in der 1975 in Helsinki unterzeichneten KSZE-Schlussakte festgehaltenen Punkte zu verstoßen.99 Vor diesem Hintergrund hatte das Ministerium für Staatssicherheit in seiner Rolle als Garant für innenpolitische Stabilität zu agieren. Die Arbeitsweise wandelte sich von offensiver, die Parteiherrschaft durchsetzender Repression zur defensiven, die Herrschaftsstruktur konservierender und sichernder Repression100. Erich Mielke warnte 1972 in einem internen Arbeitspapier: „Jedem Mitarbeiter des MfS muss klar sein, dass unsere aktive Politik der friedlichen Koexistenz auf gar keinen Fall ein Nachlassen des Klassenkampfes bedeutet. Es handelt sich vielmehr um eine spezifische Form der Systemauseinandersetzung, die insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass die historisch unausweichliche Auseinandersetzung mit dem Imperialismus mit friedlichen Mitteln geführt wird (...).“101

Die neuen Methoden wurden erstmals 1976 in der Richtlinie „zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge“ definiert. Diese „Zersetzungsmaßnahmen“ genannten Arbeitstechniken dienten dazu, „Operative Vorgänge“102, die aus oben genannten Gründen (Image und Politik) nicht durch eine strafrechtliche Verfolgung und Inhaftierung zu beenden waren, anderweitig abzuschließen. Ein „Operativer Vorgang“ (OV) wurde vom MfS wie folgt definiert: „Bezeichnung für 1. den einzelnen Prozess der Vorgangsbearbeitung, in dem der Verdacht strafbarer Handlungen (Staatsverbrechen oder operativ bedeutsame Straftat der allgemeinen Kriminalität) einer oder mehrere, bekannter oder unbekannter Person(en) geklärt wird. Das Anlegen, die Bearbeitung und der Abschluss des OV erfolgt nach den Grundsätzen der Vorgangsbearbeitung und entsprechend den für jeden OV festzulegenden Zielen der Bearbeitung. OV können sein Zentrale Operative Vorgänge (ZOV)103, Teilvorgänge (TV) und einzelne Vorgänge (OV). Der OV sowie die in ihm genannten Verdächtigen, Feindorganisationen, feindliche Kräfte sowie andere operativ relevante Personen sind entsprechend den dienstlichen Bestimmungen und Weisungen in der Abteilung XII in dafür festgelegter Weise registriert.“

Die „operative Zersetzung“104 wird im Wörterbuch der Staatssicherheit wie folgt beschrieben: „Operative Methode des MfS zur wirksamen Bekämpfung subversiver Tätigkeit, insbesondere in der Vorgangsbearbeitung. Mit der Zersetzung wird durch verschiedene politisch-operative Aktivitäten Einfluss auf feindlich-negative Personen, insbesondere auf ihre feindlich-negativen Einstellungen und Überzeugungen in der Weise genommen, dass diese erschüttert oder allmählich verändert werden bzw. Widersprüche sowie Differenzen zwischen feindlich-negativen Kräften hervorgerufen, ausgenutzt oder verstärkt werden. Ziel der Zersetzung ist die Zersplitterung, Lähmung, Desorganisierung und Isolierung feindlich-negativer Kräfte, um dadurch feindlich-negative Handlungen einschließlich deren Auswirkungen vorbeugend zu verhindern, wesentlich einzuschränken oder gänzlich zu unterbinden bzw. eine differenzierte politisch-ideologische Rückgewinnung zu ermöglichen.“

In der „Richtlinie 1/76“105 selbst werden die Methoden und Maßnahmen der Zersetzung konkretisiert. So heißt es unter Punkt 2.6.2.: „Bewährte anzuwendende Formen der Zersetzung sind: systematische Diskreditierung des öffentlichen Rufes, des Ansehens und des Prestiges auf der Grundlage miteinander verbundener wahrer, überprüfbarer und diskreditierender sowie unwahrer, glaubhafter, nicht widerlegbarer und damit ebenfalls diskreditierender Angaben; systematische Organisierung beruflicher und gesellschaftlicher Misserfolge zur Untergrabung des Selbstvertrauens einzelner Personen; zielstrebige Untergrabung von Überzeugungen im Zusammenhang mit bestimmten Idealen, Vorbildern usw. und die Erzeugung von Zweifeln an der persönlichen Perspektive; Erzeugung von Misstrauen und gegenseitigen Verdächtigungen innerhalb von Gruppen, Gruppierungen und Organisationen; Erzeugung bzw. Ausnutzen und Verstärken von Rivalitäten innerhalb von Gruppen, Gruppierungen und Organisationen durch zielgerichtete Ausnutzung persönlicher Schwächen einzelner Mitglieder, Beschäftigung von Gruppen, Gruppierungen und Organisationen mit internen Problemen mit dem Ziel der Einschränkung ihrer feindlich-negativen Handlungen, örtliches und zeitliches Unterbinden bzw. Einschränken der gegenseitigen Beziehungen der Mitglieder einer Gruppe, Gruppierungen oder Organisationen auf der Grundlage geltender gesetzlicher Bestimmungen z.B. durch Arbeitsplatzbindungen, Zuweisung örtlicher entfernt liegender Arbeitsplätze usw.“

Im Folgenden wird anhand von Jürgen Fuchs exemplarisch aufgezeigt, wie das MfS basierend auf der genannten Richtlinie arbeitete. Dargestellt werden die Zersetzungsmaßnahmen in der Studentenzeit, die Methoden des MfS während der Inhaftierung sowie die fortsetzende operative Bearbeitung nach der Abschiebung des Jürgen Fuchs nach West-Berlin.

Der Beginn – Jürgen Fuchs in Jena

In diesem und den folgenden zwei Kapiteln wird hauptsächlich auf folgenden Bericht zurückgegriffen: „Unter Nutzung der Angst“ von Jürgen Fuchs, erschienen in der Abteilung Bildung und Forschung des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU). In dieser Analyse stellt der Autor eigenes Erleben neben die Ergebnisse seiner Recherchen im Archiv des BStU.

Bereits zu Schulzeiten wurde das MfS auf Jürgen Fuchs aufmerksam. Dies resultierte aus einer Aktivität der Jenaer Kreisdienststelle des MfS, die mehrere Personen beobachtete, die unter dem Verdacht der politisch-ideologischen Diversion – der verdeckten Aufweichung der DDR-Bevölkerung im allgemeinen und der SED-Mitgliedschaft im Besonderen durch non-konformes Gedankengut106 – standen. Ein Lehrer der EOS stach hervor, da er seine Schüler – einen sogar in besonderem Ausmaß – zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Marxismus-Leninismus aufforderte. Diese Meldung an das Ministerium für Staatssicherheit in Berlin ist die erste schriftliche Erwähnung der Person Jürgen Fuchs. Das MfS wurde hellhörig und der Schüler wurde nach seiner Schulzeit direkt in die NVA eingezogen. Ein Studium war ihm somit zunächst nicht möglich. Es folgten zahlreiche Beschwerden, Aussprachen und Vorladungen, bis ihm 1971 doch die Aufnahme des Studiums der Psychologie ermöglicht wurde. Im November des Jahres wird die Operative Personenkontrolle „OPK Fuchs“ eingeleitet. Es heißt: „Der Student hat nach seiner Entlassung aus der EOS (Erweiterte Oberschule) und während seines Wehrdienstes durch ausgedehnten Briefwechsel und persönlichen Kontakt verstärkten Einfluss auf Schüler seiner ehemaligen Schule zu nehmen versucht und hat sich zum geistigen Zentrum einer Gruppe von Schülern gemacht, die sich ohne Anleitung intensiv mit Philosophie beschäftigen und unter dem Vorwand, den Marxismus-Leninismus auf seine Richtigkeit überprüfen zu wollen, an die Grenze staatsfeindlicher Handlungen und Äußerungen geraten sind.“107 Die Bearbeitung des Falles begann zunächst mit der Erarbeitung eines Profils des Jürgen Fuchs sowie der Erforschung seines Freundes- und Bekanntenkreises. Die charakterliche Einschätzung beschreibt den Jenaer Studenten als gebildet und überheblich mit einer generell kritischen Haltung, die auf revisionistischen und linksradikalen Einstellungen basiert. Seine Schriften würden den realen Sozialismus verfälschen und er würde in ihnen die Position des Klassenfeindes vertreten.108 Am 08. September 1973 versucht das MfS vergeblich, Jürgen Fuchs als IM zu werben. Daraufhin wird der OPK eingestellt. Eine weitere Bearbeitung erfolgt dennoch im OV „Revisionist“ sowie im OV „Pegasus“.

Der OV Revisionist

Im Jahr 1974 wurde der Operative Vorgang „Revisionist“ eröffnet, der sich mit einer „negativen studentischen Gruppierung“ beschäftigte. Zehn Stasi-Offiziere überwachten eine Gruppe von sieben Studenten, die „revisionistisches und sozialdemokratisches Gedankengut“ verbreiteten. In die Gruppe wurden IMB „Rose“ und „Coja“ eingeschleust, um bestehende Kontakte zu den Studenten zu intensivieren und somit in ihre Pläne eingeweiht zu werden. Ziel war es, eine strafrechtliche Verfolgung zu ermöglich. Es wurden konkrete Anweisungen erteilt, wie die IM das Vertrauen gewinnen und wie sie es nutzen konnten. Den Akten des OV Revisionist können die einzelnen Maßnahmen der IM entnommen werden. So erhält IMB Coja unter anderem folgenden Auftrag: „Klärung der Gründe der Trennung des X von seiner Freundin Y. Anbieten der Suche des IMB nach einer passenden Freundin.“ Die einzelnen Maßnahmen wurden in den Akten zum OV Revisionist in den Bänden 1 und 11 dokumentiert. Zunächst war die Analyse der Zielpersonen von Bedeutung. Das MfS ermittelte im unmittelbaren Umfeld aller der Gruppierung Angehörigen zur Erstellung von Persönlichkeitsbildern und Auskunftsberichten. Diese Auskunfts­berichte enthielten nebst Informationen zu persönlichen Verbindungen auch detaillierte Auskünfte zu den Wohnsituationen der Studenten (Grundrisse, Einrichtung der Wohnung, Struktur des Wohnhauses, umliegende Infrastruktur etc.) Zur Gewinnung dieser Informationen wurde auf das Abhören von Telefonen, auf Postkontrollen, Beobachtungen sowie auf den Einsatz von IMB (inoffizielle Mitarbeiter mit Feindberührung) zurückgegriffen. Geruchsproben wurden gesammelt, Schriftbilder von Schreibmaschinen wurden erstellt, Notizkalender entwendet und Fingerabdrücke gesammelt. Zusätzlich wurde gezielt kompromittierendes Material wie zum Beispiel Drogen platziert. Ziel war die „Zurückdrängung, Isolierung, Zersetzung und Zerschlagung der Gruppierung“.109 Insgesamt arbeiteten15 IMB aktiv am OV Revisionist.

Die Zeit verging jedoch, ohne dass die Studenten nach gültigen Gesetzen strafrechtlich verfolgt werden konnten. Das MfS begann mit der Planung einer Operativen Kombination, an deren Ende entweder eine Inhaftierung, die Werbung als Mitarbeiter des MfS oder die Zersetzung stehen sollte.110 Als Methode sollte die Schaffung einer fiktiven Gruppe mit einem fiktiven Anführer dienen, um die Beweise für eine staatsfeindliche Gruppenbildung schaffen zu können. Sollten in der kommenden Zeit keine geeigneten Beweise gefunden werden, so sollte dieser Plan in Kraft treten.

Der OV Pegasus

Ebenfalls im Jahr 1974 eröffnete das MfS den OV Pegasus. Zielpersonen dieses Vorgangs waren die Mitglieder eines Literaturzirkels. Unter anderem aufgrund der Freundschaft und des daraus resultierenden Gedankenaustausches mit Wolf Biermann und Reiner Kunze warf man den Mitgliedern gemäß §106 des StGB der DDR „staatsfeindliche Hetze“ vor.111 Bereits 1973 war in Jena eine kulturelle Szene entstanden, zu der mehrere junge Schriftsteller gehörten, die sich regelmäßig in Zirkeln trafen, Lesungen veranstalteten und Jugendlichen aus den Betrieben der Stadt ein kulturelles Angebot offerierten. Diese eigenständige Form der Jugendarbeit ohne jegliche staatliche Kontrolle, der Kontakt zu Personen wie Wolf Biermann und Robert Havemann sowie die kritische Auseinandersetzung mit verschiedensten politischen Themen waren ausschlaggebend für das Eingreifen des MfS.112 Zunächst wurde die Arbeit im Kulturhaus, in dem man sich regelmäßig traf, verboten und schließlich, als die Studenten ihre Tätigkeit in Räumen der Gemeinde Jena-Stadtmitte fortsetzten, begann man, die Protagonisten dieser Szene mit Zersetzungsmaßnahmen zu bearbeiten. Es folgten Publikations- und Auftrittsverbote, Einberufungen zum Wehrdienst, Inhaftierungen, Ausbürgerungen und die gezielte Vortäuschung einer Tätigkeit für das MfS.113 Zielstellung war dieses Mal die „konzentrierte Bearbeitung und umgehende Liquidierung, Zurückdrängung, Zersetzung, Verunsicherung aller negativen Einflüsse der Vorgangspersonen“.114 Jürgen Fuchs stellte in diesem OV nicht die Zielperson dar, wurde aber aufgrund seiner schriftstellerischen Tätigkeit unter dem Vorwurf des Missbrauchs der Lyrik behandelt. Das MfS setzte Spitzel auf ihn an und erkundete nebst seiner kulturellen Aktivitäten auch sein Privatleben. Jürgen Fuchs realisierte die Verfolgung und wurde vorsichtig, seine Arbeit stellte er nicht ein. Aus diesem Grund erfolgte im Jahr 1975 die Exmatrikulation nach einem öffentlichen Auftritt mit dem Texter der Musikgruppe „Renft“, Gerulf Pannach, und Bettina Wegner. Der Vorwurf lautete, er habe „das Ansehen der Universität in der Öffentlichkeit geschädigt“.

Die Haftzeit – Zelleninformatoren und die Toxdat

Die Familie Fuchs zog nach Berlin auf das Grundstück von Robert Havemann. In einem Gespräch von 1996 mit Doris Liebermann, einer ehemaligen Jenaer Kommilitonin, beschrieb Jürgen Fuchs seinen Aufbruch aus Jena: „Als ich 75 mit unserer Lili, kleines Kind, zusammen nach Grünheide gefahren wurde von Wolf Biermann, er hat uns richtig rausgeholt aus Jena, die Stasi stand vor dem Haus, hatte eine konspirative Wohnung angelegt, unten, das war eine richtige Volltime-Überwachung, wie in so einem Irrenhaus, kann ich sagen, da ist er hin zu unserem Auto gegangen und hat gesagt: Wenn ihr den angreift, oder die angreift, dann müsst ihr mich mitnehmen. Das war natürlich sehr stark für mich. Ein Schutz, ein Aufschub der Verhaftung um ein Jahr...“115 Dieser Aufschub sollte genau ein Jahr währen. Jürgen Fuchs hatte seine Inhaftierung bereits vorausgesehen: „Wenn du dir vorstellst, oder wenn man sich vorstellt, dass man in solch einer Weise beschattet und drangsaliert wird, gerade dieses ganz dichte Hinterherfahren, dieses im Hausflur stehen, dieses auch Anpöbeln (...), da kann man doch auf gar keine andere Ideen kommen, als dass sich nun wie in einer Schlinge zuzieht.“116 Der kritische, unbequeme Student ist zum Staatsfeind geworden: „Er vertritt öffentlich die Position des Klassenfeindes und geht dabei so weit, unsere Gesellschaftsordnung mit dem Faschismus zu identifizieren. Durch diese Haltung erweist er sich als Handlanger des Imperialismus.“117

IM Fischer wurde nun auf Robert Havemann, Wolf Biermann, Jürgen Fuchs und deren Frauen angesetzt. Er ist der Ehemann der früheren Verlobten und Mutter des ersten Kindes von Jürgen Fuchs.118 Erneut wurden Informationen über den Schriftsteller gesammelt. Fischer drang in den Bekanntenkreis ein, kundschaftete Verbindungen zu anderen Oppositionellen, Freizeitverhalten, Gesprächsthemen und Ideen bzw. Pläne aus.

[...]


1 Hubertus Knabe: Stätten der DDR- Diktatur. Seite 3

2 Jürgen Weber: Der SED- Staat. Seite 51

3 Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Einsichten. Seite 75

4 Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Einsichten. Seite 76

5 Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Einsichten. Seite 184

6 Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Einsichten. Seite 184

7 Jürgen Weber: Der SED- Staat. Seite 57

8 Jürgen Weber: Der SED- Staat. Seite 57

9 Jürgen Weber: Der SED- Staat. Seite 66

10 Jürgen Weber: Der SED- Staat. Seite 66

11 Jürgen Weber: Der SED- Staat. Seite 67

12 Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Einsichten. Seite 187

13 Sandra Pingel- Schliemann: Zersetzen. Seite 136

14 Sandra Pingel- Schliemann: Zersetzen. Seite 137-139

15 Sandra Pingel- Schliemann: Zersetzen. Seite 140

16 Sandra Pingel- Schliemann: Zersetzen. Seite 142

17 Sandra Pingel- Schliemann: Zersetzen. Seite 143

18 Sandra Pingel- Schliemann: Zersetzen. Seite 146

19 Sandra Pingel- Schliemann: Zersetzen. Seite 149

20 Hubertus Knabe: Gefangen in Hohenschönhausen. Seite 9

21 Hubertus Knabe: Stätten der DDR- Diktatur. Seite 6

22 Hubertus Knabe: Stätten der DDR- Diktatur. Seite 6

23 Hubertus Knabe: Stätten der DDR- Diktatur. Seite 6

24 Hubertus Knabe: Gefangen in Hohenschönhausen. Seite 13

25 Hubertus Knabe: Gefangen in Hohenschönhausen. Seite 13

26 Hubertus Knabe: Gefangen in Hohenschönhausen. Seite 14

27 Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Einsichten. Seite 184

28 Hubertus Knabe: Stätten der DDR- Diktatur. Seite 3

29 Vgl Pahnke, Rudi-Karl; Behnke, Klaus, Hauksson, Halldór (1995): „ ‚Das Belehren vom hohen Katheder ist unangebracht‘ Die (Ver-)Führung von Kindern und Jugendlichen durch das MfS In: Behnke, Klaus; Fuchs, Jürgen: Zersetzung der Seele. Hamburg. Rotbuch. S. 182

30 Vgl. http://www.BStU.bund.de/DE/BundesbeauftragterUndBehoerde/BStUZahlen/_node.html aufgerufen am 14.08.2013 um 12.34 Uhr

31 Vgl. Pahnke, Rudi-Karl; Behnke, Klaus, Hauksson, Halldór (1995): S. 182

32 Vgl. Gieseke, Jens (2001): „Die DDR-Staatssicherheit. Schild und Schwert der Partei“ Bonn. Bundeszentrale für politische Bildung. S. 41

33 Vgl. Ebd. S. 86.

34 Helwig, Gisela (1984): „Jugend und Familie in der DDR. Leitbild und Alltag im Widerspruch“. Köln. Edition Deutschland Archiv. S. 73.

35 Vgl. Ebd. S. 74.

36 Vgl. Grammes, Tilman (2006): „Portraitskizze eines Schlüsselfachs“ In: Grammes, Tilman; Schluß, Henning; Vogler, Hans-Joachim: Staatsbürgerkunde in der DDR. Ein Dokumentenband. Wiesbaden. VS Verlag für Sozialwissenschaften. S. 18 f.

37 Vgl. Koch, Michael (2000): „factum. Hintergründe und Erörterungen. Die Einführung des Wehrunterrichtes in der DDR“. Erfurt. Landeszentrale für politische Bildung Thüringen. S. 35.

38 Vgl. Ebd. S. 39.

39 Vgl. Flender, Heiko (1996): „Die Anwendung von Erkenntnissen aus der Kinder- und Jugendpsychologie durch das MfS.“ In: Mothes, Jörn; Gundula Fienbork; Pahnke, Rudi; Ellmereich, Renate; Stognienko, Michael: Beschädigte Seelen. DDR-Jugend und Staatssicherheit. Rostock. Edition Temmen S. 133.

40 Vgl. Wolf, Jürgen (1998): „Besondere Vorkommnisse“. In: Behnke, Klaus; Wolf, Jürgen: Stasi auf dem Schulhof. Der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch das Ministerium für Staatssicherheit. Berlin. Ullstein. S.154.

41 Vgl. Mayrhofer, Wolfgang (1999): „Demokratisierung – Sowjetisierung – Intensivierung: Das Schulwesen der SBZ/DDR im chronologischen Überblick. In: Puhle, Matthias; Potratz, Gerhard: „...das der Mensch was lernen muß“ Bildung und Erziehung in DDR-Schule. Vorgaben, Wirklichkeiten, Ansichten. Magdeburg. Magdeburger Museen. S 48.

42 Vgl. Helwig, Gisela (1984): S. 67.

43 Vgl. Wolf, Jürgen (1998): S.159.

44 Vgl. Ebd. S. 162 f.

45 Vgl. Helwig, Gisela (1984): S. 71.

46 Vgl. Wolf, Jürgen (1998): S. 160 f.

47 Vgl. Mothes, Jörn (1996): „Die vom MfS entwickelten Strukturen und Strategien zur Durchsetzung der Jugendpolitik der SED“ In: Mothes, Jörn; Gundula Fienbork; Pahnke, Rudi; Ellmereich, Renate; Stognienko, Michael: Beschädigte Seelen. DDR-Jugend und Staatssicherheit. Rostock. Edition Temmen. S. 50.

48 Vgl. Ebd. S. 53.

49 Vgl. Ebd. S. 49.

50 Vgl. Ebd.

51 Vgl. Pahnke, Rudi-Karl; Behnke, Klaus, Hauksson, Halldór (1995): S. 189 f.

52 Vgl. Gries, Sabine; Voigt, Dieter (1998): „Jugendliche IM als Forschungsfeld der >>Wissenschaftler<< des Ministeriums für Staatssicherheit“. In: Behnke, Klaus; Wolf, Jürgen: Stasi auf dem Schulhof. Der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch das Ministerium für Staatssicherheit. Berlin. Ullstein. S.122.

53 Vgl. Pahnke, Rudi-Karl; Behnke, Klaus, Hauksson, Halldór (1995): S. 186 f.

54 Vgl. Ebd. S. 184.

55 Vgl. Ebd. S. 186.

56 Vgl. Ebd. S. 188.

57 Vgl. Gries, Sabine; Voigt, Dieter (1998): S. 110 f.

58 Vgl. Pahnke, Rudi-Karl; Behnke, Klaus, Hauksson, Halldór (1995): S. 190.

59 Vgl. Gries, Sabine; Voigt, Dieter (1998): S. 120.

60 Vgl. Pahnke, Rudi-Karl; Behnke, Klaus, Hauksson, Halldór (1995): S. 183.

61 Behnke, Klaus (1998): „Die Ohnmacht der Kinder“ In: Behnke, Klaus; Wolf, Jürgen: Stasi auf dem Schulhof. Der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch das Ministerium für Staatssicherheit. Berlin. Ullstein. S. 180.

62 Vgl. Ebd.

63 Vgl. Gries, Sabine; Voigt, Dieter (1998): S. 121 f.

64 Vgl. Doku: „Die Stasi auf dem Schulhof“ (28.26 min).

65 Doku: „Die Stasi auf dem Schulhof“ (38.40 min).

66 Vgl. Gries, Sabine; Voigt, Dieter (1998): S. 113.

67 Doku: „Die Stasi auf dem Schulhof“ (36.10 min).

68 Doku: „Die Stasi auf dem Schulhof“ (26.56min).

69 Vgl. Pahnke, Rudi-Karl; Behnke, Klaus, Hauksson, Halldór (1995) S. 187.

70 Vgl. Doku: „Die Stasi auf dem Schulhof“ (36.45 min).

71 Vgl. Pahnke, Rudi-Karl; Behnke, Klaus, Hauksson, Halldór (1995) S. 187 f.

72 Youtube: „Hannelore Schneider: Gute Noten für Stasi-Schüler.“ Gedächtnis der Nation. 70er Jahre – Zwischen Entspannung und Terror (0.32 min).

73 Vgl. Gries, Sabine; Voigt, Dieter (1998): S. 117.

74 Behnke, Klaus (1998): S. 186.

75 Doku: „Die Stasi auf dem Schulhof“ (27.50 min).

76 Vgl. Pahnke, Rudi-Karl; Behnke, Klaus, Hauksson, Halldór (1995): S. 189.

77 Vgl. Ebd. S. 190.

78 Vgl. Behnke, Klaus (1998): S. 179.

79 Vgl. Ebd. S. 180.

80 Vgl. Pahnke, Rudi-Karl; Behnke, Klaus, Hauksson, Halldór (1995) S. 189.

81 Vgl. Doku: „Die Stasi auf dem Schulhof“ (33.04 min).

82 Doku: „Die Stasi auf dem Schulhof“ (33.10 min).

83 Behnke, Klaus (1998): S. 187.

84 Vgl. Ebd. S. 187 f.

85 Ebd. S. 187.

86 Doku: „Die Stasi auf dem Schulhof“ (26.06 min).

87 Fuchs, Jürgen: Fuchs, Jürgen: Poesie und Zersetzung. Publikation zur Vorlesungsreihe Literatur zur Beförderung der Humanität, gehalten am 16. Juni 1993 im Hörsaal 24 der Friedrich-Schiller-Universität Jena, hrsg. von E. Kratschmer und U. Zwiener, Jena 1993. S. 85.

88 Fuchs, Jürgen: Unter Nutzung der Angst. Die leise Form des Terrors – Zersetzungsmaßnahmen des MfS, Hrsg. Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, Abteilung Bildung und Forschung, Reihe: BF informiert 2/1994, S. 17f.

89 Mytze, Andreas W.: Jürgen Fuchs. Gesprächfragmente. Protokolliert von Doris Liebermann, Europäische Ideen Heft 114, Berlin 1999.

90 Fuchs, Jürgen: Fuchs, Jürgen: Poesie und Zersetzung. Publikation zur Vorlesungsreihe Literatur zur Beförderung der Humanität, gehalten am 16. Juni 1993 im Hörsaal 24 der Friedrich-Schiller-Universität Jena, hrsg. von E. Kratschmer und U. Zwiener, Jena 1993. S. 85.

91 Ebenda, S. 85.

92 Neubert, Ehrhart: Geschichte der Opposition in der DDR 1949-1989, Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Band 346, 2. Durchgesehene und erweiterte sowie korrigierte Auflage, Berlin 2000. S. 245.

93 Ebenda, S. 85.

94 Fuchs, Jürgen: Vernehmungsprotokolle. Berlin 1977.

95 Neubert, Ehrhart: Geschichte der Opposition in der DDR 1949-1989, Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Band 346, 2. Durchgesehene und erweiterte sowie korrigierte Auflage, Berlin 2000. S. 245.

96 Fuchs, Jürgen: Magdalena. MfS, Memfisblues, Stasi, Die Firma, VEB Horch & Guck – ein Roman, Berlin 1998.

97 Franke, Konrad: Jürgen Fuchs – Psychologe und Schriftsteller, in: Süddeutsche Zeitung, 10.05.1999

98 Wensierski, Peter: In Kopfhöhe ausgerichtet, in: Der Spiegel, 20/1999.

99 Weber, Herrmann: DDR: Grundriss der Geschichte. Vollständig überarbeitete und ergänzte Neuauflage, Hannover 1991. S. 129ff.

100 Gieseke, Jens: Der Mielke-Konzern. Die Geschichte der Stasi 1945-1990, München 2001, S. 177.

101 Erich Mielke: Referat für die Dienstkonferenz, Entwurf vom 25.02.1972 (als Arbeitsmaterial verschickt) entnommen aus: Jens Gieseke: Die DDR-Staatssicherheit. Schild und Schwert der Partei, Bonn 2001, Bundeszentrale für politische Bildung.

102 Bundesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit der ehemaligen DDR (BStU), Abteilung Bildung und Forschung: Das Wörterbuch der Staatssicherheit. Definitionen des MfS zur „politisch-operativen Arbeit“. Reihe A: 1/93, Berlin 1993, S. 287.

103 Maßnahmen im Operationsgebiet West-Berlin und in der Bundesrepublik, ebenda, S. 462 f.

104 Ebenda, S. 464.

105 Fricke, Karl Wilhelm: MfS intern. Macht, Strukturen, Auflösung der DDR-Staatssicherheit. Analyse und Dokumentation, Köln 1991, S. 126.

106 Ein unter Erich Mielke eingeführtes neues MfS-Feindbild, dass besagt, dass die imperialistische Strategie wäre, revisionistische und opportunistische Strömungen innerhalb der DDR durch geistige Einflüsse verdeckt zu fördern.

Entnommen: Gieseke, Jens: Der Mielke-Konzern. Die Geschichte der Stasi 1045-1990. Erweiterte und aktualisierte Neuauflage des Titels „Mielke-Konzern“, München 2006.

107 BStU, Jürgen Fuchs: Unter Nutzung der Angst, 2/1994, S. 17f.

108 Ebenda, S. 18.

109 BStU, Jürgen Fuchs: Unter Nutzung der Angst, 2/1994, S. 21f.

110 BStU, Jürgen Fuchs: Unter Nutzung der Angst, 2/1994, S. 23 f.

111 BStU, Jürgen Fuchs: Unter Nutzung der Angst, 2/1994, S. 25.

112 Neubert, Ehrhart: Geschichte der Opposition in der DDR 1949-1989, 2. Durchgesehene und erweiterte sowie korrigierte Auflage, Berlin 2000, Bundeszentrale für politische Bildung, S. 240f. und S. 293f.

113 BStU, Jürgen Fuchs: Unter Nutzung der Angst, 2/1994, S. 27.

114 BStU, Jürgen Fuchs: Unter Nutzung der Angst, 2/1994, S. 26.

115 Mytze, Andreas W.: Jürgen Fuchs. Gesprächfragmente. Protokolliert von Doris Liebermann, Europäische Ideen Heft 114, Berlin 1999, S. 9

116 Ebenda, S.9f.

117 BStU. Jürgen Fuchs: Unter Nutzung der Angst, 2/1994, S. 26.

118 Fuchs, Jürgen: Magdalena. Berlin, 1998. S. 451ff.

Ende der Leseprobe aus 157 Seiten

Details

Titel
Überwachung, Zersetzung, Vertreibung. Die Methoden der Stasi aus der Perspektive von Tätern und Opfern
Autoren
Jahr
2014
Seiten
157
Katalognummer
V284915
ISBN (eBook)
9783656844921
ISBN (Buch)
9783956871559
Dateigröße
1870 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
überwachung, zersetzung, vertreibung, methoden, stasi, perspektive, tätern, opfern
Arbeit zitieren
Juliane Berger (Autor:in)Christin Wolf (Autor:in)Alexander Schug (Autor:in)Sandra Mühlbach (Autor:in)Stefanie Eisenhuth (Autor:in), 2014, Überwachung, Zersetzung, Vertreibung. Die Methoden der Stasi aus der Perspektive von Tätern und Opfern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/284915

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