Bewegungsförderung in der Gesunden Schule


Examensarbeit, 2007

73 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Zur aktuellen Situation – Kindheit im Wandel
2.1 Die Veränderung der Familienstruktur
2.2 Veränderungen des Bewegungsraumes
2.3 Moderne Medien und Kindheit
2.3.1 Kindheit und Fernsehkonsum
2.3.2 Generation Internet: Der Computer als neues Freizeitgestaltungsmittel
2.4 Aktueller Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen: Die KiGGS-Studie
2.4.1 Ernährung
2.4.2 Übergewicht und Adipositas
2.4.3 Sport und Bewegung
2.5 Folgen der veränderten Kindheit

3.1 Zum Gesundheitsbegriff
3.1.1 Das salutogenetische Gesundheitsverständnis nach Antonovsky
3.1.2 Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung in der Schule
3.2 Die Gesunde Schule
3.2.1 Die Gute Gesunde Schule

4.1 Zum Begriff Bewegung
4.2 Bewegungsförderung in der Gesunden Schule – Begründungsmuster
4.3 Der infrastrukturelle Rahmen
4.3.1 Die Gestaltung des Klassenraumes
4.3.2 Ausstattung von Schulgebäude und Pausenhof
4.4.1 Deutschunterricht
4.4.2 Mathematikunterricht
4.4.3 Musikunterricht
4.4.4 Sportunterricht
4.4.5 Rhythmisierung des Schulalltages
4.4.6 Bewegte Pausen
4.5 Schulaktionen für ein bewegteres Leben

1 Einleitung

„Liebe Frau Lehrerin, ich möchte Ihnen erklären, dass man nicht 5 Stunden ruhig sitzen kann. Haben Sie denn schon mal 5 Stunden ruhig gesessen? Es kippeln doch alle ein wenig. Liebe Grüße von Max“ (neunjähriger Schüler der Fridtjof-Nansen-Grundschule, Hannover)

Bewegung ist Ausdruck von Lebensfreude und zählt einerseits zu den elementaren Betätigungsformen im Kindesalter, gleichzeitig ist sie ein bedeutendes Mittel zur Förderung der Entwicklung. Diese ist keinesfalls nur als physiologischer Prozess zu verstehen, vielmehr als ganzheitlicher. Frühe motorische und materielle Erfahrungen des Körpers sind bedeutend – so seit dem Schweizer Entwicklungspsychologen Piaget bekannt – um Denken und Fühlen, Sprechen und Kommunizieren, individuelles und soziales Handeln, insgesamt ein selbstständiges Leben herauszubilden. Insbesondere Kinder erobern ihre Umwelt mittels vielfältiger Erfahrungen im Bewegungs- und Wahrnehmungsbereich, welche von taktilen, kinästhetischen, akustischen, optischen und vestibulären Empfindungen begleitet werden. Bewegung ist ein kindliches Grundbedürfnis. In Ruhe zu verharren, stellt eine große Herausforderung für den menschlichen Körper dar, wie der Brief des neunjährigen Max an seine Lehrerin zeigt.

Körperlich-sinnliche Erfahrungen werden durch die Lebensbedingungen unserer technisierten und motorisierten Gesellschaft zunehmend eingeschränkt. Veränderte Familienkonstellationen, Medienkonsum und ein stark expandierendes Verkehrsnetz tragen dazu bei, dass sich Kinder ihre Umwelt nicht mehr aktiv aneignen und mittels ihres Körpers erfahren. Hinzu kommen die veränderten Lebensgewohnheiten bezüglich des Ernährungs- und Bewegungsverhaltens. Experten sprechen von einer „Auslagerung kindlicher Bewegungswelten aus dem alltäglichen Lebenskontext und der Zerstörung wohnnaher Bewegungsgelegenheiten“ (vgl. Thiel et.al., 2002:11). Die mit der veränderten Kindheit einhergehenden Probleme werden in der öffentlichen Diskussion verstärkt thematisiert. So lautet der Tenor der Allgemeinheit: Unsere Kinder sind zu dick, leiden unter Allergien und Rückenschmerzen, wissen sich lediglich mit Fernseher oder Computer zu beschäftigen, essen ausschließlich Fastfood und bewegen sich zu wenig.

Bewegungsauffälligkeiten und Wahrnehmungsstörungen treten bereits im Kindergartenalter auf und werden bei Schuleingangstests bzw. schulärztlichen Untersuchungen bestätigt, so dass die angemessene motorische Förderung als Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung kaum mehr geleugnet werden kann. Die Ermöglichung von Sinnes- und Bewegungserfahrungen ist vor allem Aufgabe von frühkindlichen Erziehungsinstitutionen wie dem Kindergarten und der Schule. Deshalb sollte den freien Bewegungsmöglichkeiten und der Bewegungserziehung mehr als bisher Beachtung geschenkt werden. Versäumnissen, der in den 1980er Jahren praktizierten schulischen Gesundheitserziehung, muss entgegengewirkt werden. Aus diesem Wissen heraus und als pädagogische Antwort auf den miserablen Gesundheitszustand Kinder und Jugendlicher, entwickelten sich Anfang der 1990er Jahre neue Schulkonzepte wie

„Gesunde oder Gesundheitsfördernde Schule[1] “. Diese stellen Gesundheit und Wohlbefinden ins Zentrum ihres Ansatzes. Die Bewegung, als gesundheitsfördernde Ressource, nimmt in solchen Konzepten einen bedeutenden Stellenwert ein.

Im Rahmen dieser Examensarbeit, mit dem Thema „Bewegungsförderung in der Gesunden Schule“, scheint es aufgrund vorangegangener Aspekte sinnvoll, folgende zentrale Fragestellungen zu untersuchen:

- Welche expliziten Veränderungen kindlicher Lebenswelten können für den weit verbreiteten Bewegungsmangel verantwortlich gemacht werden?
- Welche Funktionen hat eine Gesunde Schule und wo liegen die Begründungsmuster zur Bewegungsförderung innerhalb dieser?
- Wie wird die Förderung der Bewegung in der Praxis von Gesunden Schulen umgesetzt?

Aus den formulierten Fragestellungen ergibt sich folgender Aufbau für die Arbeit: In Kapitel 2 wird zunächst auf die gegenwärtige Situation der Kindheit eingegangen. Veränderungen innerhalb der familiären Struktur und des Bewegungsraumes sowie der Einfluss moderner Medien sollen explizit erläutert werden. Anhand der aktuellsten Untersuchung, der KiGGS-Studie, wird der Gesundheitszustand Kinder und Jugendlicher näher beleuchtet. Speziell werden dabei die Aspekte der Ernährung, des Übergewichtes/Adipositas und der sportlichen Betätigung darlegt. Folgen, die sich aus den die Kindheit determinierenden Faktoren ergeben, bilden den Abschluss des Kapitels.

Daran anschließend wird in Kapitel 3 das Konzept der Gesunden Schule vorgestellt. Um eine allgemeine Grundlage zu schaffen, ist es sinnvoll zunächst den Gesundheitsbegriff zu definieren. Verschiedene Sichtweisen auf diesen weisen dabei auf die Komplexität des Begriffs hin. Der Entwicklungsprozess von der Gesundheitserziehung zur Gesundheitsförderung in der Schule wird verdeutlicht. Das Wissen über diesen Entwicklungsprozess dient als Verstehensbasis, aus welcher Begründung heraus sich Gesunde Schulen entwickelt haben. Aufgrund des aktuellen Bezugs, wird das neuartige Konzept zur Guten Gesunden Schule vorgestellt.

Kapitel 4 wird dem Leser einen Überblick über praktische Möglichkeiten der Bewegungsförderung in Gesunden Schulen aufzeigen. Zunächst wird auch hier die Begrifflichkeit „Bewegung“ definiert, so wie diese für die vorliegende Examensarbeit zu verstehen ist. Darauf folgen Begründungsmuster für die Bewegungsförderung in Gesunden Schulen, die argumentativ dargelegt werden. Bevor dem Leser die praktische Umsetzung mittels konkreter Beispiele in den einzelnen Unterrichtsfächern vorgestellt wird, soll der infrastrukturelle Rahmen dargestellt werden. Das Fazit in Kapitel 5 wird vorangegangene Ausführungen zusammenfassen und soll ein Plädoyer für die Zukunft sein.

2 Zur aktuellen Situation – Kindheit im Wandel

„Kinder können nicht mehr rückwärts laufen und nicht mehr balancieren.“ „Die Jugend von heute hat sich massiv verändert, früher war alles besser.“ „Kinder und Jugendliche sind heutzutage nicht zufriedenstellbar, quengelig, anmaßend und desinteressiert.“ All solche und ähnliche Aussprüche hören wir immer häufiger von Erwachsenen – Erziehern, Lehrern und Eltern. Selbst der SPIEGEL (August 2000) tituliert die junge Generation als „die verwöhnten Kleinen“ und gibt damit das allgemeine Meinungsbild über die Jugend in unserer Konsumgesellschaft wieder (vgl. Dordel, 2003:26).

Wodurch wurden diese enormen z.T. negativen Veränderungen begünstigt, obwohl wir doch in einer Zeit und einer Gesellschaft leben, in der es uns an nichts mangelt? Hier können die Gründe also nicht gesucht werden oder vielleicht gerade hier? Haben der materielle und mediale Überfluss sowie der technologische Fortschritt die negative Veränderung der Kindheit hervorgerufen?

Jedes Kind ist durch die gesellschaftlichen Bedingungen seiner Zeit geprägt und wird dementsprechend sozialisiert. Somit können familiäre Veränderungen einerseits und gesellschaftliche sowie sozial-ökologische Strukturen andererseits als Gründe für eine „veränderte Kindheit“ gesehen werden (vgl. Zimmer, 1997b:21). Im folgenden Teil der Arbeit werden die Aspekte des Wandels und die damit einhergehende veränderte Kindheit beschrieben und erläutert.

2.1 Die Veränderung der Familienstruktur

Der Strukturwandel der Sozialisationsinstanz „Familie“, die in der Lebenswelt von Kindern die wichtigste Bedeutung einnimmt, ist offensichtlich. Die einst stabilen familiären Konstellationen werden von Kindern zunehmend als diskontinuierlich durch Scheidungen und neue Familienzusammensetzungen erfahren. Diese Aspekte lassen sich durch den 12. Kinder- und Jugendbericht zusammenfassend bestätigen (vgl. www.bmfsfj.de):

Die traditionelle Familie in Deutschland setzt sich aus beiden Elternteilen sowie ein oder zwei Kindern zusammen, doch der Trend tendiert zu abweichenden Familienkonzepten mit wechselnden Konstellationen. Im Vergleich zu 1988 erleben Kinder vermehrt familiäre Transformationen. Zu nennen sind zum einen der Rückgang an Geschwisterkindern innerhalb der Familie sowie eine erhöhte Scheidungsrate, die das Aufwachsen mit einem Elternteil oder in einer so genannten Patchwork-Familie impliziert. Zudem verlangt die steigende Erwerbstätigkeit der Eltern eine Neuorganisation des Familienalltags.

Aus diesen Fakten lässt sich Folgendes ableiten: Einzelkinder sammeln meist erst im Kindergarten oder in der Schule Erfahrungen im sozialen Umgang mit anderen. Häufig impliziert dies, dass Einzelkinder sich stärker an den Eltern orientieren, wohingegen Geschwisterkinder gemeinsame Erfahrungen im Erkunden ihrer Umwelt sammeln (vgl. Dordel, 2003:29). Weiterhin können sich viele Kinder nicht mehr auf einen stabilen Rückhalt durch die Familie verlassen. Aufgrund von Scheidungen stehen sie vor der Gefahr einen geliebten Teil der Eltern lokal und temporal zu verlieren. Familiäre Umstrukturierungen können den kindlichen Lern- und Entwicklungsprozess zum einen beschleunigen, zum anderen durch eine hohe psycho-soziale Belastung beeinträchtigen (vgl. Schmidt, 1996:10).

2.2 Veränderungen des Bewegungsraumes

Die Veränderung des kindlichen Bewegungsraumes ist durch zwei wichtige Aspekte zu charakterisieren. Spielten die Kinder früher noch auf den Straßen und in der sie umgebenen Natur, so werden sie heute als Folgen der Urbanisierung regelrecht in den häuslichen Bereich zurückgedrängt. Der Grund dafür sind die Zunahme von bebauten und damit weniger freien Flächen zum Spielen, einem fehlenden Ausgleich dieser durch angemessene Spiel- und Bewegungsräume sowie Verbote auf den wenigen noch gebliebenen spielen zu dürfen (vgl. Dordel, 2003:31). Daraus resultiert eine Einschränkung des freien, selbst gestalteten und selbst bestimmten Spielens, es wird von außen vorgegeben. Seit den 1980er Jahren, seit dem Erkennen dieser Problematik, werden zunehmend Spielstraßen oder verkehrsberuhigte Zonen angelegt, die z.T. durch kreative Ideen von Kindern selbst mitgestaltet werden, um den Attraktivitätsgrad zu steigern. Problematisch beschreibt Zimmer (1997b:21) den Ersatz der freien Spiel- und Bewegungsräume durch institutionalisierte, organisierte Spiel- und Sportghettos und die Verdrängung in Wohnungen, die ein ruhiges, bewegungsarmes Spielen verlangen. Die benannten Umstände werden als Phänomen der Verhäuslichung bezeichnet.

Das Phänomen der Verhäuslichung wird durch ein zunehmend dichteres und expandierendes Verkehrsnetz verstärkt, wodurch der kindliche Aktions- und Bewegungsradius eingeschränkt wird. Eine Erkundung, die sich nach Dordel (2003:31) in „konzentrischen Kreisen um den eigenen Lebensmittelpunkt“ vollzieht, ist somit nur bedingt möglich. Üblicherweise entwickelt sich das Erkundungsverhalten des Kindes wie folgt: Das Kind begreift als Säugling zunächst nur den unmittelbaren Umgebungsraum mit seinen Armen. Mit dem Beginn der selbstständigen Fortbewegung, dem Laufen, erweitert sich der Aktionsraum auf Wohnung, Grundstück und Garten. Mit zunehmendem Alter, mit dem Eintritt in die Schule meistert es den Schulweg oder den Weg zu einem Schulfreund allein. Erhöhtes Verkehrsaufkommen kann die kindlichen Aktionsräume einschränken, d.h., dass das selbstständige Erreichen eines Zieles, beispielsweise des Fußballplatzes oder der Musikschule, erschwert wird. Somit übernehmen nicht selten die Eltern den Transport ihrer Kinder. Dieses Phänomen ist als Verinselung bekannt und impliziert eine lückenhafte Raumerfahrung des Kindes. Der Grad der Verhäuslichung und der Verinselung variiert stark in Abhängigkeit vom kindlichen Lebensraum und familiären Einfluss.

2.3 Moderne Medien und Kindheit

In einer hoch technologisierten Gesellschaft ist es kaum möglich, sich ein Leben ohne die modernen Medien vorzustellen. Bereits morgens stehen wir durch einen funkgesteuerten Radiowecker auf, lesen beim Frühstück die aktuelle Zeitung oder zappen durch das Frühstücksfernsehen. Auf dem Weg zur Arbeit, zur Uni oder in die Schule wird Musik über den MP3-Player gehört oder mit dem Handy telefoniert, bevor wir am Computer sitzen und unsere E-Mails lesen. Moderne Medien sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken (Charlton/Neumann-Braun, 1992:3; Zimmer, 1997b:21).

2.3.1 Kindheit und Fernsehkonsum

Der Fernsehkonsum ist ein viel diskutiertes Thema in Bezug auf die veränderte Kindheit. Eltern und Lehrer fragen sich, ab wann, wie viele und welche Sendungen Kinder im Fernsehen anschauen dürfen und ob die Lesekompetenz, die Kreativität und die ganzheitliche Wahrnehmung ihrer Umwelt aufgrund des zunehmenden Fernsehkonsums abnehmen (vgl. Gattenburg, 2007:43). Eine Vielzahl an Studien untersuchte das Fernsehverhalten von Kindern und Jugendlichen. Im Folgenden seien alarmierende Ergebnisse der Studie Glogauers (1993:74) faktisch dargestellt:

- Mehr als 50% der Sechs- bis Zehnjährigen verfügen über ein eigenes, weitaus mehr haben Zugang zu einem Fernsehgerät.
- Über 35% dieser Altersklasse nutzen täglich, 43% nahezu täglich das audio-visuelle Medium, wobei zwei Drittel mehrere Sendungen hintereinander konsumieren.
- Zusammenfassend verbringt diese Gruppe dreißig Stunden wöchentlich vor dem Fernsehgerät.
- Der Fernsehkonsum nach 22 Uhr wurde bei 23% der Kinder der Altersklasse sechs bis zehn festgestellt.
- Beinahe die Hälfte der Probanden wird als „Frühseher“ tituliert, d.h. sie sehen sowohl am Wochenende als auch vor Schulbeginn fern.

Gattenburg (2007:42ff.) bestätigt diese Ergebnisse in dem aktuellen Spiegel-Artikel „Aliens im Kinderzimmer“. Problematisch ist nicht der Fernsehkonsum an sich – Kinder sind heute durch informative Fernsehsendungen durchaus gebildeter – sondern der Umgang, d.h. die Qualität und Quantität des Fernsehkonsums. Dabei hängt das Fernsehverhalten der Kinder stark von der Vorbild- und Regulationsfunktion der Familienmitglieder, insbesondere der Eltern, ab. Der unkontrollierte Umgang sowie das Fernsehen als Freizeitgestaltung bergen eine Menge von Problemen. Das audio-visuelle Medium bietet eine Vielzahl an Bildern und Informationen, welche allein rezeptiv aufgenommen und verarbeitet werden. Die so erfahrene Umwelt ist weder greifbar noch ganzheitlich „begreifbar“ (vgl. Zimmer 1997b:23). Man spricht von einer sinnarmen Welt, in der vorgefertigte Charaktere, Umwelten und deren Interaktion eigenständige Erfahrungen der Kinder ablösen. Daraus resultiert eine Vernachlässigung des taktil-kinästhetischen Sinns und der vestibulären Wahrnehmung, grundlegende Prozesse, die für die motorische Entwicklung unabdingbar sind. Zudem beschränkt der hohe zeitliche Anteil des Fernsehens die kreative Reifung auf Bildschirmadaptionen und behindert so die Herausbildung von Spontaneität und Selbständigkeit. Mahlitz (2002:30) beschreibt das Fernsehen als eine bequeme Befriedigung von Reizen, die Eigenschaften wie Willens-, Einsatz- und Leistungsbereitschaft verhindern. Fernsehen begünstigt die Flucht vor unbequemen und unangenehmen Anstrengungen. Dies beobachteten auch Sportlehrer: Obgleich sportliche Ereignisse und Idole Teil kindlichen Alltags sind, werden vorgelebte Verhaltensweisen dieser wie Anstrengungsbereitschaft, Ehrgeiz und Durchsetzungsvermögen nicht umgesetzt. Dies zeigt sich in dem geringen körperlichen Einsatz und der mangelnden Erkenntnis, dass eine hohe Leistungsbereitschaft positive Effekte auf die eigene Leistungsfähigkeit hat (vgl. Zimmer, 1997b:26).

Fernsehkonsum im Überfluss kann eine Reizüberflutung der audiovisuellen Sinne bewirken, d.h., dass es durch zu wenige Erholungsphasen, wie es bei „Vielsehern“ der Fall ist, zu einer Überbeanspruchung des vegetativen Nervensystems kommt. Die Folgen, die durch die Einschränkung der Handlungs- und Bewegungsmöglichkeiten entstehen, sind eindeutig: Nervosität, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen und Kopfschmerzen zählen bereits zu typischen Krankheitsbildern im Kindesalter (vgl. Dordel, 2003:33). Die Aufnahme audio-visueller Reize erfolgt vorrangig im Sitzen, welches als dauerhafte Haltung zu den ungesündesten gehört, die der Mensch einnehmen kann. Kinder nehmen vor dem Fernseher üblicherweise nicht auf ergonomisch geformtem Mobiliar Platz und achten zudem nicht auf eine aufrechte, den Rücken entlastende Haltung. Die Gefahr hierbei ist das Still- und Dauersitzen, da die menschliche Muskulatur nicht darauf ausgerichtet ist, einseitig belastet zu werden. Somit kommt es nach längerem Sitzen automatisch zu einer „eingesackten“ Haltung des Rückens. Die Folgen können Kopf- und Nacken- sowie Rückenschmerzen sein (vgl. Breithecker, 2001:209ff.; Dordel, 2003:33). Nach einer Studie mit Grundschulkindern von Bös (1999:35) sitzen und liegen diese durchschnittlich jeweils neun Stunden pro Tag und bewegen sich lediglich eine Stunde, wovon 15 bis 30 Minuten als intensive Bewegung bzw. Sport bezeichnet werden können. Weitere Gefahren im übermäßigen Fernsehkonsum – neben der körperlichen Vernachlässigung – sehen Wissenschaftler in der sozialen Isolation. Der Fernseher wird zur Hauptfreizeitbeschäftigung, was im Extremfall die angesprochene Isolation der Kinder zu Gleichaltrigen bewirkt (vgl. Dordel, 2003:32).

Das Fernsehen im Kindesalter hat nicht nur einen negativen Einfluss auf die Entwicklung. So zeigt eine Studie, dass die Sesamstraße, die erfolgreich mit über hundert Emmys ausgezeichnet wurde, in den letzten 38 Jahren etwa 200 Millionen Kinder beim Lernen von Lesen, Schreiben und Zählen unterstützt hat. Differenziert werden muss dennoch: Kinder der Mittel- und Oberschicht lernten schnell und ohne große Mühen, während die Kinder aus Unterschichtfamilien zwar die Bilder aufnahmen, der Lerneffekt jedoch ausblieb. Laut Gattenburg (2007:49) ist dies in „bildungsarmen“ Familien „normal“ – Lernimpulse verpuffen durch das Übermaß an Sendungen, die tagtäglich konsumiert werden.

Deutlich wird, dass ein differenziertes, zeitlich begrenztes und altersgemäßes Konsumieren von Fernsehsendungen, welches von Eltern begleitet wird, dem Kind und seiner motorischen als auch kognitiven Entwicklung nicht schadet, es sogar fördern kann. Eine aktive Begleitung der Eltern impliziert weiterhin die Förderung und Entwicklung des Sprachzentrums sowie die Teilnahme der Kinder am kulturellen Leben der Erwachsenen. Zudem wird durch die Mediennutzung das Medienverständnis geschult (vgl. Gattenburg, 2007:45; www.bmfsfj.de).

2.3.2 Generation Internet: Der Computer als neues Freizeitgestaltungsmittel

Neben der Beeinflussung der Kinder durch das tägliche Fernsehprogramm nimmt ein anderes Medium an Bedeutung zu, der Computer. Seit den frühen 1980er Jahren haben sich Computerspiele im Alltag von Kindern zunehmend etabliert. Heute nutzen 82% der Zwölf- bis Neunzehnjährigen täglich den Computer als Kommunikations-, Informations- und Spielmedium (vgl. Rolff/Zimmermann, 2001:115ff). Diese komplexen Nutzungsmöglichkeiten können die kindliche Lebenswelt erweitern, bergen jedoch eine Vielzahl an Gefahren. Zu nennen sind hier der unbegrenzte Konsum nicht kindgerechter Informationen sowie ein drohendes Suchtpotential durch Spiele. Etwa 800.000 der über zehnjährigen Kinder drohen in eine Computerspielsucht zu verfallen. Aufgrund elterlichen Unwissens, Desinteresses und Überforderung bleibt den Erziehenden das Gefahrenpotential unbekannt (vgl. Gattenburg, 2007:44ff).

Der Computer steht als zunächst „aktiv“ beeinflussbares Medium dem Fernseher, der nur ein passives Konsumieren erlaubt, gegenüber. Kinder können aktiv in das Geschehen eines Computerspiels eingreifen, d.h. sich durch virtuelle Welten kämpfen und eigene Lebensräume kreieren. Hierdurch wird ein Spannungszustand erzeugt, der beliebig wiederholbar ist und der nach einem gewonnenen Spiel Befriedigung erzeugt bzw. nach einem verlorenen den Ehrgeiz erweckt, die virtuelle Herausforderung zu bezwingen. Das vermeintlich „aktive“ Tun baut nicht wie bei sportlicher Betätigung die überschüssige Energie und Spannung der Kinder ab, sondern bewirkt vielmehr einen inneren „Spannungsstau“, emotionalen Stress. Diese Art der Aktivität wirkt daher nicht befreiend, sondern beklemmend (vgl. Zimmer, 1997b:24f). Warum aber lesen Kinder nicht ein Buch, indem Spannung erzeugt und Fantasielebewesen bekämpft werden? Die Antwort liegt auf der Hand: Das Lesen fordert dem Kind zum einen eine gewisse Anstrengung und Geduld ab, um die Geschichte mit ihren Handlungssträngen zu verstehen. Zum anderen besteht keine Möglichkeit, das Geschehen durch den „verlängerten Arm“ live zu beeinflussen.

Rolff/Zimmermann (2001:133) sehen das Computerspiel als Kompensationsmöglichkeit. Konflikte, die die Kinder in der Realität haben, können somit an virtuellen Austragungsorten, vorzugsweise in „Shooterspielen“, ausgelebt und gelöst werden. Die Wirkungen solcher Spiele sind allerdings umstritten. Man unterscheidet Wirkungen auf den sensomotorischen, den kognitiven, den emotionalen und den sozialen Bereich. Die Herausforderung, die Maus, den Joystick und die Tastatur in geschickter Kombination zu steuern, um somit schnell und zielgerichtet auf Situationsveränderungen im virtuellen Spiel reagieren zu können, hat eine positive Wirkung auf die sensomotorische Koordination.

Dennoch sehen Rolff/Zimmermann (2001:134) Nachteile: Beschränkt sich das „aktive“ Tun lediglich auf das Betätigen von Knöpfen und Hebeln, so bildet sich der natürliche und vor allem kindliche Bewegungsdrang zurück. Daraus folgen eine Reduzierung des körperlichen Antriebes und damit ein ganzkörperlicher Bewegungsmangel. Weiterhin sehen die Autoren Probleme in dem zu einseitigen Gebrauch der Sinne, wie es in Kapitel 2.2.1 bezüglich des Fernsehens erläutert wurde (vgl. Zimmer, 1997b:22; Mahlitz, 2002:30). Im kognitiven Bereich liegen die Vorteile in der Förderung des kreativ logischen und strategischen Denkens sowie in dem „Einüben von steuerbaren medialen Prozessen und einer Veranschaulichung komplexer Sachverhalte“. Negative Faktoren sehen die Autoren in der Einschränkung der Phantasieentwicklung durch vorgegebene Umwelten und den darin agierenden Charakteren. Weiterhin besteht aufgrund der Schnelligkeit der Spiele keine Gelegenheit zur Reflexion des Geschehenen. Ein Verlust des „qualitativen und quantitativen Denkens zugunsten des instrumentellen Denkens“ und eine einseitige Beanspruchung der rechten Gehirnhälfte, wobei die linke, die kritisch-rationale, umgangen wird, sind die Folgen.

Positiv bezüglich des emotionalen Bereichs beschreiben Rolff/Zimmermann (2001:134) den interpersonalen Informationsaustausch und den Computer als Aggressionsventil, als geduldiges Medium, welches „keinen Stimmungen ausgesetzt ist“. In gleichem Maße können Aggressionen gesteigert und Gewalt als alltäglich angesehen werden. Kinder tauchen in Scheinwelten ab, in denen gewalttätige Szenen nicht nur beobachtet, sondern aktiv mitgestaltet werden. Folge ist eine so genannte „Gefühlsabflachung“.

Die soziale Komponente wird sowohl durch die „private als auch gemeinschaftliche“ Nutzung von Spielen, d.h. durch die soziale Interaktion positiv beeinflusst. Negativ zu werten sind die eingeschränkte Kommunikation und der hohe Zeitaufwand, der anderweitige Freizeitbeschäftigungen nicht erlaubt und somit die soziale Isolation und Vereinsamung begünstigt (vgl. ebd.).

Das Internet, welches weltweit Wissen und Informationen vernetzt, wird zunehmend von Kindern und Jugendlichen genutzt und hat trotz potentieller Gefahren eine größere Akzeptanz als der Fernseher und manches Computerspiel erlangt. Schätzungsweise haben über 65% der Kinder und Jugendlichen im Alter von sechs bis siebzehn Jahren Zugang zum Internet. Nach einer Studie des Deutschen Jugendinstituts liegt der Hauptschwerpunkt der Internetnutzung im Surfen, dicht gefolgt vom Spielen und der Informationssuche sowie dem E-Mail schreiben und Chatten. Dies impliziert nicht zwingend eine kompetente Nutzung, dazu bedarf es einer Mediensozialisation durch Eltern oder Lehrer. Erst dann können aus der digitalen Datenflut „gute“ und „schlechte“ Informationen unterschieden sowie produktiv, gestalterisch und kommunikativ mit dem Internet gearbeitet werden (vgl. ebd.:117).[2]

2.4 Aktueller Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen: Die KiGGS-Studie

Aufgrund einer lückenhaften Datenlage war es lange Zeit nicht möglich eine eindeutige Aussage zu dem Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen in Deutschland zu treffen.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) initiierte im Mai 2003 eine dreijährige repräsentative Studie, ein Kinder- und Jugendsurvey, die KiGGS-Studie. Finanziert wurde die Studie sowohl vom Bundesministerium für Gesundheit als auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Insgesamt nahmen 17.641 Kinder und Jugendliche (8656 Mädchen und 8985 Jungen) im Alter von 0-17 Jahren teil. Die Teilnehmer[3] kamen aus 167 verschiedenen Städten und Gemeinden, die über das gesamte Land verteilt und zufällig ausgewählt wurden. Neben der Berücksichtigung sozio-demographischer Angaben wurden vor allem folgende Themenschwerpunkte untersucht (vgl. RKI, KiGGS-Studie, 2006:7ff):

Körperliche Gesundheit

- Übergewicht und Adipositas[4]
- Allergische Krankheiten
- Unfälle

Psychische Gesundheit

- Verhaltensauffälligkeiten und -stärken
- Essstörungen

Gesundheitsverhalten

- Sport und Bewegung
- Ernährung
- Rauchen
- Mundgesundheitsverhalten
- Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen
- Impfungen.

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Thema der Bewegungsförderung, als Antwort auf einen sich immer mehr durchsetzenden Bewegungsmangel. Aufgrund dessen werden zur Charakterisierung des körperlichen Zustandes bei Kindern und Jugendlichen nur die relevanten Ergebnisse, folglich zur Ernährung, zu Übergewicht und Adipositas sowie zu Sport und Bewegung verwendet.

2.4.1 Ernährung

Für eine gesunde Entwicklung, das Wohlbefinden und die Gesundheit ist eine ausgewogene Ernährung von großer Bedeutung. Nahrungsmittel liefern Energie und können bei einer zu einseitigen Ernährungsweise Mangelerscheinungen begünstigen. Aufgrund dessen ist es wichtig, alle Bestandteile wie Eiweiße, Fette, Kohlenhydrate, Vitamine, Ballaststoffe, Mineralstoffe und Spurenelemente sowie Wasser regelmäßig zu sich zu nehmen (vgl. RKI, KiGGS-Studie, 2006:56). Die Beauftragten der KiGGS-Studie befragten zum Ernährungsverhalten zum einen die Eltern der Kinder unter zehn Jahren und zum anderen die Jugendlichen im Alter von elf bis siebzehn Jahren selbst. Hierzu wurden verschiedene Kategorien wie „Obst & Gemüse“, „Brot & Getreide“, „Milch & Milchprodukte“, „Fastfood“, „Süßigkeiten“ und „Getränke“ erfasst. Die Ergebnisse der KiGGS-Studie (2006) können wie folgt zusammengefasst werden: Trotz des Wissens, dass Obst und Gemüse wichtiger Bestandteil einer ballaststoff- und vitaminreichen sowie kalorienarmen Ernährung ist, essen nur etwa die Hälfte der Probanden mindestens einmal täglich frisches Obst. Gekochtes Gemüse wird von ca. 75% der Kinder und Jugendlichen ein- bis zweimal pro Woche oder seltener verzehrt. Zusammengefasst essen mehr als 80% der Kinder und Jugendlichen einmal am Tag Obst und Gemüse, was aber nach der empfohlenen Tagesdosis von fünf Portionen zu wenig ist. Auf diesen Satz kommen weniger als 3% der Befragten. Die empfohlene Tagesdosis von vier Portionen „Brot & Getreide“ nehmen lediglich ein Viertel der Befragten ein, wobei 43% Weiß- und Graubrot sowie Brötchen und nur 34% Vollkornbrot essen. Müsli und andere Getreidemischungen werden von 24% der Kinder gern zum Frühstück gegessen. Die Ergebnisse der Kategorie „Milch & Milchprodukte“ decken sich nicht mit der empfohlenen Dosis pro Tag. Etwas mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen trinken mindestens einmal am Tag, jedoch 12% nur dreimal oder seltener pro Monat Milch. Weitere Milchprodukte wie Joghurt, Käse und Quark werden von 25% der Kinder täglich verzehrt. Die allgemein verbreitete Meinung, Kinder und Jugendliche würden sich ausschließlich von „Fastfood“ ernähren, konnte anhand der KiGGS-Ergebnisse widerlegt werden. Obwohl die Fastfoodangebote bei Kindern und Jugendlichen auf Platz 1 der Lieblingsgerichte stehen, essen 81% der befragten Jungen und 90% der Mädchen seltener als einmal wöchentlich Curry- oder Bratwurst sowie Hamburger und Döner Kebab. Bezüglich des Trinkverhaltens zeigte sich, dass die meisten Kinder Wasser und Säfte etwa zu gleichen Anteilen trinken, aber ein Großteil die Tagesdosis für ihre Alterstufe nicht erreicht. Negativ ist, dass etwa ein Drittel auf Cola, Eistee und Limonade zurückgreift, so dass die Kinder und Jugendlichen, ohne gegessen zu haben, schon eine zu große Zucker- und Energiezufuhr ohne Sättigung aufgenommen haben. Die maximale Süßigkeitenaufnahme wird von einem Großteil der Befragten überschritten. Kinder und Jugendliche sollten pro Tag nicht mehr als eine Hand voll Süßigkeiten naschen, dennoch sind es 16%, die mindestens einmal am Tag Schokolade essen und 20%, die andere süße Sachen verzehren (vgl. RKI, KiGGS-Studie, 2006:56ff.).

Insgesamt wird anhand der Datenlage deutlich, dass die Befragten zuviel Zucker durch süße Getränke und Naschereien zu sich nehmen. Die Aufnahme von Obst, Gemüse, Getreide und Milchprodukten wird vernachlässigt. Ungesunde Lebensmittel wie Currywurst und Hamburger werden als Zwischenmahlzeit verzehrt, haben jedoch aufgrund des hohen Zucker- und Fettanteils einen Energiegehalt wie eine Hauptmahlzeit. Werden die Zwischenmahlzeiten neben den normalen Hauptmahlzeiten zu einer Gewohnheit, kann eine solche Ernährungsweise langfristig zu einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens und zu gesundheitlichen Problemen wie Übergewicht oder Adipositas führen.

2.4.2 Übergewicht und Adipositas

Übergewicht und Adipositas entstehen, wenn dauerhaft die Aufnahme von Energie über Nahrungsmittel höher ist als der eigentliche Verbrauch. Selten liegen die Ursachen in der Vererbung oder bei bestimmten Krankheiten, meistens sind diese in mangelnder Aktivität durch zu wenig Sport und Bewegung und in einer hyperkalorischen Ernährung zu sehen. In Deutschland hat sich die Zahl der Übergewichtigen im Laufe der letzten 20 Jahre verdreifacht und die WHO erwartet, dass bis zum Jahr 2010 etwa 20% der Erwachsenen und 10% der Kinder in Europa an Adipositas erkrankt sein werden (vgl. RKI, KiGGS-Studie, 2006:27).

Die KiGGS-Studie brachte folgende Ergebnisse hervor: In Deutschland sind insgesamt 15% der drei- bis siebzehnjährigen Kinder und Jugendlichen übergewichtig, mehr als ein Drittel davon, 6%, sind adipös. In Zahlen ausgedrückt sind etwa 1,9 Millionen übergewichtig, gegenüber 800.000, die adipös sind. Mit dem Alter steigen auch die prozentualen Anteile der „dicken Kinder“: Die 9% der Drei- bis Sechsjährigen mit zu viel Gewicht, werden von den Sieben- bis Zehnjährigen mit 15% eingeholt und an oberster Stelle stehen die Vierzehn- bis Siebzehnjährigen mit 17%. Diese drastischen Zahlen ergeben, dass jedes sechste bis siebte Kind in Deutschland übergewichtig ist, während jedes 16. Kind im Grundschulalter und jedes 12. ab 14 Jahren bereits unter Adipositas leidet (vgl. RKI, KiGGS-Studie, 2006:30).

Die Fakten verdeutlichen den großen Handlungsbedarf, der seitens der Gesundheits- und Sozialpolitik und vor allem seitens der Bildungspolitik gedeckt werden muss. Oftmals sind Eltern mit der Problematik überfordert und wissen nicht, wo sie ansetzen sollen. Neben einer Ernährungsumstellung im Elternhaus kann die Gesunde Schule mit bewegungsfördernden Maßnahmen und einer ganzheitlichen Gesundheitserziehung helfen, das Problem der immer dicker werdenden Kinder zu minimieren (vgl. RKI, KiGGS-Studie 2006:30).

2.4.3 Sport und Bewegung

Körperliche Bewegung und Aktivität sind eine nicht wegzudenkende Komponente für eine gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Regelmäßiger Sport beugt Krankheiten vor, fördert Atmung und Stoffwechsel und wirkt sich positiv auf das Herz-Kreislaufsystem aus. Kinder und Jugendliche verbinden Bewegung heute eher mit Spaß und Spiel als mit gesundheitsfördernden Aspekten im Hinblick auf das Erwachsenalter. Um die Bewegungszeit und auch die motorischen Leistungsfähigkeiten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland bestimmen zu können, wurden bei der KiGGS-Studie zum einen die Eltern befragt (bei Kindern im Alter von drei bis zehn Jahren)[5] und zum anderen die Jugendlichen selbst (Jugendliche im Alter von elf bis siebzehn Jahren). Weiterhin wurden motorische Tests durchgeführt, die der Feststellung von motorischen Fähigkeiten – Ausdauer, Kraft, Koordinationsfähigkeit und Beweglichkeit – dienen sollten. Die Ergebnisse zum Bewegungspensum[6] werden im Folgenden zusammengefasst dargestellt:

Nach Angaben der Eltern treiben knapp drei Viertel der drei- bis zehnjährigen Kinder mindestens einmal wöchentlich Sport, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Vereins. Die Hälfte davon ist sogar dreimal pro Woche aktiv. Dieser Wert steigert sich bei den Jungen auf knapp 85% bis zu einem Alter von zehn Jahren, wohingegen die Mädchen einen

[...]


[1] Im Rahmen dieser Examensarbeit werden die Begriffe „Gesunde Schule“ und „Gesundheitsfördernde Schule“ synonym verwendet und aufgrund des Eigennamens fortlaufend groß geschrieben.

[2] Die Abkürzung KiGGS ist ein reines Kunstwort und sprachlich nicht aufschlüsselbar. Es wurde lediglich ein kurzes, prägnantes Wort gewählt, welches sich besser als „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ merken lässt (vgl. RKI, KiGGS-Studie, 2006:7).

[3] Personenbezeichnungen wurden im Rahmen dieser Arbeit aus Gründen der Übersicht in männlicher Form gewählt, gelten aber gleichermaßen für Personen weiblichen Geschlechts.

[4] Adipositas (Fettleibigkeit) ist eine chronische Gesundheitsstörung, die durch eine übermäßige Ansammlung von Fettzellen bei zu hoher Energieaufnahme und zu niedrigen Energieverbrauch entsteht (vgl. RKI, KiGGS-Studie, 2006:27).

[5] Die Eltern wurden gebeten, zum einen das Spielen ihrer Kinder im Freien und zum anderen das Sporttreiben einzuschätzen.

[6] Die Einschätzung des Bewegungspensums wurde in „Sport im Verein“ und „Sport außerhalb des Vereins“ untergliedert. Die Auswertung fasst jedoch die Werte beider zusammen (vgl. RKI, KiGGS-Studie 2006:52).

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Bewegungsförderung in der Gesunden Schule
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald  (Erziehungswissenschaft und Sport)
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
73
Katalognummer
V284819
ISBN (eBook)
9783656844761
ISBN (Buch)
9783656844778
Dateigröße
878 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bewegungsförderung, Gesundheitsförderung, Gesunde Schule, Bewegungsmangel, Kindheit im Wandel
Arbeit zitieren
Nele Klawitter (Autor:in), 2007, Bewegungsförderung in der Gesunden Schule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/284819

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Titel: Bewegungsförderung in der Gesunden Schule



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