Über den Einfluss gesellschaftlichen Wertewandels auf Zigarettenwerbung am Beispiel von Lucky Strike Werbekampagnen

Eine Bildinterpretation auf Basis der dokumentarischen Methode


Hausarbeit, 2014

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einführung

1. Stand der Forschung und Relevanz der Arbeit

2. Analyse der Lucky Strike Kampagnen: Methodisches Vorgehen

3. To keep a slender figure, no one can deny (Lucky Strike 1929)
3.1. Formulierende Interpretation
3.1.1 Vor-ikonographische Interpretation
3.1.2 Ikonographische Elemente: Common Sense-Typisierung
3.2. Reflektierende Interpretation
3.2.1 Formale Komposition (Planimetrie)
3.2.2 Ikonische Interpretation

4. Show me a filter cigarette that really delivers taste and I’ll eat my hat! (1965)
4.1 Formulierende Interpretation
4.1.1 Vorikonographische Ebene
4.1.2 Ikonographische Elemente: Common-Sense-Typisierungen
4.2 Reflektierende Interpretation
4.2.1 Formale Komposition
4.2.2 Ikonisch-ikonologische Interpretation

5. Hauptsache Echt. (2013)
5.1 Formulierende Interpretation
5.1.1 Vorikonographische Ebene
5.1.2 Ikonographische Elemente: Common-Sense-Typisierungen
5.2 Reflektierende Interpretation
5.2.1 Formale Komposition
5.2.2 Ikonisch-ikonologische Interpretation

6. Komparative Analyse der drei Werbefotografien

7. Schlussbetrachtung

Bibliographie

Abbildungsverzeichnis

Einführung

„ Advertising is based on one thing: happiness. “

Don Draper (Weiner 2006: 25)

Seit Ende der 1920er Jahre beschäftigt sich die Public Relations Industrie mit der Frage, wie sie Menschen dazu bringt, „Dinge zu kaufen, die sie nicht wollen und Bedürfnisse zu befriedigen, die sie nicht haben“ (Bernays 1928: Backcover). Edward Bernays, der „Vater“ der Public Relations, beschrieb bereits im Jahre 1928 in seinem Buch Propa- ganda den Beweggrund des Konsums als eine Kompensation von Sehnsüchten und un terdrückten Wünschen. Der Mensch konsumiert also nicht, weil er Dinge braucht, son dern „weil sie als Symbol für etwas stehen, für eine Sehnsucht, die der Konsument sich aus Scham nicht eingesteht“ (Bernays 1928: 52). Die Aufgabe des modernen Propagan disten liegt demnach darin die versteckten Sehnsüchte der konsumierenden Masse (Ge sellschaft) ausfindig zu machen und hiernach fruchtbare Werbestrategien auszurichten (vgl. ebd: 53).

Die nun fast 100 Jahre alten Weisheiten Bernays lassen sich noch heute auf die gegenwärtige Werbelandschaft adaptieren. Auffällig hierbei ist, dass Werbewirtschaft einem stetigen Wandel unterliegt. Inhalte, Sprache und Zielgruppen von Werbung kön nen heute beinahe gänzlich unterschiedlich sein von jenen vor fünf Jahren. Obwohl Werbung als „Spiegel der Gesellschaft“ oder auch als Barometer soziokultureller Wandlungsprozesse“ (Schnierer 1999: 220) gilt, lässt sich besonders innerhalb der So ziologie eine Marginalisierung der theoretischen Auseinandersetzung mit dem Thema Werbewandel feststellen.

Die vorliegende Arbeit zeigt mit Hilfe der dokumentarischen Bildanalyse, dass sich verändernde gesellschaftliche Werte einhergehen mit einer Veränderung von Wer bung. Hierfür wird eingangs kurz der Stand der Forschung bezüglich des Zusammen hanges von Werte- und Werbewandel dargestellt (Kapitel 1). Daraufhin wird im Analy seteil der Arbeit das methodische Vorgehen erläutert (Kapitel 2), mit welchem drei Wer beplakate der Zigarettenmarke Lucky Strike aus den Jahren 1928, 1965 und 2013 einer Bildanalyse unterzogen werden (Kapitel 3 - 5). Abschließend werden alle drei Werbe plakate miteinander verglichen (Kapitel 6), um in der Schussbetrachtung (Kapitel 7) einen Zusammenhang von Wertewandel und Werbewandel anhand der analysierten Werbeplakate aufzuzeigen.

1. Stand der Forschung und Relevanz der Arbeit

Werbung wird definiert als „die Beeinflussung [...] von verhaltensrelevanten Einstellungen mittels spezifischer Kommunikationsmittel, die über Kommunikationsmedien verbreitet werden“ (Web Gabler Wirtschaftslexikon). Als ihr Hauptziel gilt daher die „absichtliche Beeinflussung von Wissen, Meinungen, Einstellungen und/oder Verhalten“ (Siegert/Brecheis 2009: 28).

Man sollte annehmen, dass für die Soziologie die Auseinandersetzung mit dem Thema Werbung von großer Bedeutung ist, da sie als kulturell relevantes System gilt, das „Einfluss auf die Sozialisation nimmt“ und auch darüber hinaus „Lebensstile, Identitäten und Images prägt“ (ebd. 20). Entgegen dieser Annahme lässt sich jedoch ein „Thematisierungsmangel von Werbewandel“ (Bauernschmidt 2011: 11) feststellen, der nur wenige schlagkräftige Theorien hervorbringt.

Innerhalb der Soziologie wird Werbung eher im Kontext des gesellschaftlichen Wertwandels analysiert. Zum Verhältnis von Wertewandel und Werbewandel hält Schulze (1993: 13) fest: „Wohin die Entwicklung [der Menschen] gegangen ist, wird am Wandel der Werbung besonders offensichtlich“. Bezüglich der Präsentation von Wer bung lassen sich im historischen Verlauf divergierende inhaltliche Schwerpunkte fest stellen. Während früher eher Gebrauchswerte (wie Zweckmäßigkeit und Haltbarkeit) im Vordergrund der Produktpräsentation standen, sind es heute eher Erlebniswerte (Design und Produktimage), die im Vordergrund der Werbemaßnahme stehen (vgl. Schulze 1993: 13ff).

Als Grund hierfür sieht Ingenkamp (1996) die Entwicklung unserer heutigen Ge sellschaft hin zu mehr sozialer Mobilität. Diese soziale Mobilität von Einzelpersonen oder Gruppen führe zwangsläufig zu einer „sozialen Differenzierung der Gesellschaft“ (ebd. 115), welche viele verschiedene Lebensstile hervorbringe. Aufgrund der verschie denen Ausprägungen von Lebensstilen1 sei es nach Ingenkamp „nicht sinnvoll in der Werbung nach Lebensstilen zu suchen, deren Entdeckung dann einen bestimmten zeit diagnostischen Wert besitzt“ (ebd. 136). Werbung könne, müsse aber nicht zwangsläu fig, bestimmte Lebensstilkonzepte und deren Merkmale aufgreifen, um sich somit von anderen Marken abzugrenzen (vgl. ebd. 137). Eher ließe sich an Werbeplakaten ein hi storischer Wandel von Glücksvorstellungen bzw. Vorstellungen über ein erfülltes Leben ablesen (vgl. ebd./ Schulze (1993).

2. Analyse der Lucky Strike Kampagnen: Methodisches Vorgehen

Für die Analyse der Lucky Strike Kampagnen wird die dokumentarische Methode der Bildinterpretation nach Ralf Bohnsack (2007) als methodisches Grundgerüst herangezogen. Es wurden drei Werbefotografien der Marke Lucky Strike (British-American Tobacco Company) ausgewählt, die jeweils unterschiedlichen Zeitepochen (1929, 1966 und 2013) entstammen. Die Auswahl der Bilder begründet sich zum einen mit dem großen Bekanntheitsgrad der Kampagnen. Zum anderen sollen sie als Indikatoren für zeitspezifische Vorstellungen von Glück und erstrebenswerten Werten dienen.

Die Grundlage für die dokumentarische Methode der Bildinterpretation findet sich in der Wissenssoziologie Karl Mannheims, der Ikonologie Erwin Panofkys sowie der ikonischen Interpretation Max Imdahls (vgl. Bohnsack 2009: 34). Das Hauptziel der dokumentarischen Methode liegt darin, einen „konsequenten Zugang zur Eigenlogik des Bildes im Unterschied zu derjenigen des Textes“ (ebd.) zu erhalten, um die „Eigengesetzlichkeit des Bildes“ (vgl. Bohnsack 2009: 56) herauszuarbeiten.

Die dokumentarische Methode der Bildinterpretation teilt sich in zwei Interpretati onsebenen auf. Auf der ersten formulierenden Interpretationsebene wird nach dem im manenten Sinngehalt des Bildes, also dem, was dargestellt wird, gefragt. Auf der zweiten reflektierenden Interpretationsebene wird nach dem dokumentarischen Sinngehalt des Bildes, also dem, wie etwas dargestellt wird, gefragt (vgl. Bohnsack 2007: 69).

Dieser Aufteilung folgend wird sich die nachfolgende Bildanalyse jeweils inner halb der formulierenden Interpretation durch Beachtung der vor-ikonographischen Ebene der Frage widmen, was, d.h. welche „Gegenstände, Phänomene und Bewegungsabläufe“ (Bonsack 2009: 56) sich im Bild finden. Im Anschluss hieran wird innerhalb der ikono graphischen Ebene nach kommunikativ-generalisierten Wissensbeständen gesucht. Unter kommunikativ-generalisierten Wissensbeständen versteht man „Wissen um gesellschaft liche Institutionen und Rollenbeziehungen, nicht aber ein Wissen, welches auf das was hier zu sehen ist, in je fallspezifischer Weise eingeht, also konjunktive Wissensbestände mit einbezieht“ (Bohnsack 2009: 239).

Im Anschluss wird im Rahmen der reflektierenden Interpretation innerhalb von drei Schritten der formal-kompositionale Bildaufbau der Bilder beschrieben. Zuerst wird die planimetrische Komposition des Bildes analysiert. Hierbei geht es darum, „mit mög lichst wenigen Linien die Gesamtkomposition des Bildes in der Fläche zu markieren“ (Bohnsack 2007: 330). Die Rekonstruktion der Planimetrie fungiert als Grundgerüst für die darauf aufbauende perspektive Projektionsanalyse. Innerhalb dieser wird versucht, „Personen und Gegenstände in ihrer Räumlichkeit und Körperlichkeit“ (Bohnsack 2009: 57) zu identifizieren. Wichtig hierbei ist ausfindig zu machen, welche Gegenstände durch das Kameraauge „in Form des Fluchtpunktes fokussiert und somit ins Zentrum des sozialen Geschehens gerückt [wird]“ (ebd.) In einem letzten Schritt wird die szenischen Choreographie des Bildes rekonstruiert und auf soziale Szenerien untersucht.

Abschließend werden die drei Werbefotografien einer komparativen Analyse un terzogen. Das Gemeinsame der drei Werbefotografien ist dabei das Thema, welches so mit für die komparative Analyse als tertium comparationis fungiert (vgl. Bohnsack 2007: 84).

3. To keep a slender figure, no one can deny (Lucky Strike 1929)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. I:

Die erste zu interpretierende Werbefotografie entstammt einer Lucky Strike Kampagne aus dem Jahre 1929. Sie erschien mit großem Er folg im Rahmen der „Instead-of-Sweets Cam paign“ der American Tobacco Company in den Vereinigten Staaten von Amerika (vgl. Stanford University Webpage 2014).

3.1. Formulierende Interpretation

3.1.1 Vor-ikonographische Interpretation

Ganz im Vordergrund des Bildes rechts befindet sich eine dreidimensionale grün-rot camelfarbene Zigarettenschachtel. Am oberen Rand der Schachtel ragen in auf- und ab steigender Anordnung durch eine kleine Öffnung fünf Zigarettenenden. Auf dem vorde ren der fünf Zigarettenenden lässt sich ein camelfarbenes Markenlogo mit dem Aufdruck „Lucky Strike“ erahnen. Neben den herausragenden Zigaretten befindet sich eine schwarz-weiße Verschlussetikette. In der Mitte der Zigarettenschachtel befindet sich das rote Markenlogo mit schwarz-camelfarbener Umrandung von Lucky Strike. Unter dem

Namen steht „It’s toasted“. Unter dem Logo steht hinter dem grünen Hintergrund in kur- siver Schrift „Cigarettes“. Unter der Zigarettenschachtel ist eine Aufschrift mit den Worten „It’s toasted“ zu identifizieren. Hierunter ist der Text „No Throat Irritation - No Cough“ zu lesen.

Ganz im Vordergrund links befindet sich das rote Markenlogo von Lucky Strike, jedoch ohne die herkömmliche Aufschrift. Stattdessen ist innerhalb des Logos die Aufschrift „Reach for a LUCKY instead of a sweet“ zu lesen, wobei alle Wörter außer LUCKY kursiv geschrieben sind. Im hinteren Vordergrund befindet sich eine grüne Fläche, die durch einen Bruch mit dem Mittelgrund als eine Ablagefläche fungiert.

Im Bildmittelgrund ist eine junge Frau im Alter zwischen (schätzungsweise) 20 und 28 Jahren zu sehen. Sie befindet sich in der Mitte des Mittelgrundes. Auf dem Bild ist nur ihr Oberkörper abgebildet und ihr Dekolleté wird von ihren Händen bedeckt, indem sie sich auf den grünen hinteren Vordergrund stützt. Arme und Hände der Frau wirken filigran und lassen auf eine schlanke Figur schließen. Die Frau schaut den oder die Bildbetrachter*in trotz frontaler Körperhaltung nicht direkt an, sondern wendet ihren halbgeschlossenen Blick in die Ferne, wobei der Blick und Kopf nach links gerichtet sind. Während sie in die Ferne schaut, formt die Frau ihren Mund zu einem spitzen Kussmund, wobei ihr etwas Rauch aus dem Mund entgleitet.

Die Kleidung der Frau lässt sich aufgrund der bedeckenden Wirkung des grünen Vordergrundes nicht identifizieren. An ihren Schultern sind lediglich zwei lilafarbene Träger zu erkennen. Sonst trägt sie nichts. Die spärliche Bekleidung der Frau steht im Kontrast zu ihrem starken Gesichtsmakeup. Ihre Augen werden umrandet von dünn ge formten und höchstwahrscheinlich dunkel nachgezeichneten Augenbrauen. Ihr Lidschat ten besitzt einen dunklen, jedoch nicht auffälligen und leicht verblendeten Touch. Ihre Nase scheint gut konturiert und wirkt hierdurch schmal und spitz zulaufend. Der Ge sichtsrahmen beziehungsweise die Wangen der Frau werden durch ein sehr rotes Rouge unterstrichen. Der Kussmund der Frau ist ebenfalls in einem noch stärkeren rot ausge malt. An den Ohren trägt sie zwei unauffällige Perlenohrringe die durch das stark ge schminkte Gesicht kaum zur Geltung kommen. Die Haare der Frau sind dunkelbraun, kurz und gelockt und gehen ihr bis zu den Ohrringen.

Der Bildhintergrund scheint in demselben Grünton gehalten wie auch die grüne Ablagefläche im hinteren Vordergrund. Durch das Abstützen der Frau mit ihren Armen auf diesen lässt sich jedoch ein Bruch erkennen. Zudem lässt sich bei näherer Betrach tung ein marginaler Unterschied der Grüntöne erkennen, wobei der Grünton im Bildhin tergrund ein leichtes Tupfmuster besitzt und der Grünton im hinteren Vordergrund heller und ungetupft ist.

[...]


1 Siehe hierzu näher: Ingenkamp (1993): 130ff.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Über den Einfluss gesellschaftlichen Wertewandels auf Zigarettenwerbung am Beispiel von Lucky Strike Werbekampagnen
Untertitel
Eine Bildinterpretation auf Basis der dokumentarischen Methode
Hochschule
Universität Potsdam  (Wirtschaft- und Sozialwissenschaftliche Fakultät)
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
27
Katalognummer
V283773
ISBN (eBook)
9783656836391
ISBN (Buch)
9783656836407
Dateigröße
1601 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einfluss, wertewandels, zigarettenwerbung, beispiel, lucky, strike, werbekampagnen, eine, bildinterpretation, basis, methode
Arbeit zitieren
Luise Köcher (Autor:in), 2014, Über den Einfluss gesellschaftlichen Wertewandels auf Zigarettenwerbung am Beispiel von Lucky Strike Werbekampagnen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/283773

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