Adolf Hitler als Idealbild eines charismatischen Führers? Max Webers "charismatische Herrschaft" und ihre Anwendbarkeit auf Adolf Hitler


Seminararbeit, 2014

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die charismatische Herrschaft nach Max Weber
2.1 Definition
2.2 Der charismatische Führer

3. Die Person Adolf Hitler

4. Ausprägung charismatischer Merkmale bei Adolf Hitler

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Adolf Hitler gilt bis heute als ein Meister der Selbstinszenierung. Um keinen anderen deutschen Politiker gab es einen derartigen Personenkult wie um Adolf Hitler. Wie sehr Hitler vom deutschen Volk verehrt wurde, wird vor allem deutlich, wenn man die Filmaufnahmen oder Bilder der nationalsozialistischen Propaganda betrachtet. Man sieht jubelnde Menschen, die kollektiv den Hitlergruß machen und „Heil Hitler“ rufen und kann selbst als außenstehender Betrachter eine Euphorie spüren, die wohl jeden mitreißen würde. Nun könnte man anbringen, dass Hitlers Personenkult nur auf eine gut durchdachte Propaganda zurückzuführen ist. Sicherlich förderte die Propaganda den Kult um Hitler, allerdings darf man nicht außer Acht lassen, dass Hitler bereits vor seiner Machtergreifung 1933 eine große und vor allem treue Anhängerschaft hatte.

Es stellt sich also die Frage, wie Hitler es selbst ohne funktionierenden Propagandaapparat geschafft hatte, so viele Menschen für sich zu begeistern und in seinen Bann zu ziehen. Für diejenigen, die die nationalsozialistische Herrschaft miterlebt haben, scheint die Antwort eindeutig: Hitler hatte Charisma. Auch heute noch wird diese Ansicht von vielen vertreten. Inwieweit Adolf Hitler aber wirklich dem Idealbild eines charismatischen Führers entspricht, soll im Folgenden erörtert werden. Als Analyseinstrument dient Max Webers Herrschaftssoziologie. Zu Beginn der Arbeit wird dargestellt, was Max Weber unter Charisma versteht und was einen charismatischen Herrscher auszeichnet. Danach wird die Personen Adolf Hitler beleuchtet und die Ausprägung charismatischer Merkmale untersucht. Zu guter Letzt werden dann die Ergebnisse dieser Arbeit kurz und bündig in einem Fazit zusammengefasst.

2. Die charismatische Herrschaft nach Max Weber

2.1 Definition

Für Max Weber ist ''Herrschaft" die institutionalisierte Form von Macht (vgl. Weber 2005), welche er als die „Chance [...], für spezifische (oder: für alle) Befehle bei einer angebbaren Gruppe von Menschen Gehorsam zu finden." (Weber 2005, S. 157) definiert. Herrschaft setzt also immer die Fügsamkeit der Beherrschten voraus. Die Motive für Fügsamkeit können hierbei sehr unterschiedlich sein. Weber nennt zum Beispiel das zweckrationale Abwägen zwischen Vor- und Nachteilen durch den Gehorchenden, die Sitte oder dumpfe Gewöhnung, sowie die persönliche Neigung des Gehorchenden (vgl. Weber 2005). Eine Herrschaft, die nur auf diesen Motiven beruht, ist laut Weber jedoch relativ labil (vgl. Weber 2005). Um eine wirklich stabile Hierarchie aufbauen zu können, benötigt eine Herrschaft daher den Legitimitätsglauben der Beherrschten, denn dieser stützt die Herrschaft (vgl. Weber 2005). Auf Basis dieser Legitimitätsgrundlage differenziert Weber zwischen drei reinen Typen legitimer Herrschaft: legale Herrschaft, traditionale Herrschaft und charismatische Herrschaft (vgl. Weber 2005). Auf die beiden ersten Typen soll hier nicht weiter eingegangen werden, da der Fokus dieser Arbeit auf der charismatischen Herrschaft liegt. Der Begriff des ''Charisma'' wurde von Weber, ebenso wie der Begriff der ''Herrschaft'', exakt definiert. ''Charisma“ soll demnach „eine als außeralltäglich [...] geltende Qualität einer Persönlichkeit heißen, um derentwillen sie als mit übernatürlichen oder übermenschlichen oder mindestens spezifisch außeralltäglichen, nicht jedem anderen zugänglichen Kräften oder Eigenschaften (begabt) oder als gottgesandt oder als vorbildlich und deshalb als 'Führer' gewertet wird." (Weber 2005, S. 179).

Bereits die Definition von Charisma zeigt, dass eine Person mit außeralltäglichen Eigenschaften den Zuspruch Dritter benötigt, um überhaupt als Charismatiker angesehen werden zu können. Ohne diesen Zuspruch durch Dritte existiert also auch kein Charisma. Bei einer charismatischen Herrschaft handelt es sich somit um eine soziale Beziehung zwischen einem Charismaträger und den Personen, die an ihn glauben und ihn als solchen anerkennen, also dem Volk in einer Herrschaftsbeziehung (vgl. Weber 2005).

2.2 Der charismatische Führer

„Charisma ist folglich allein ein Phänomen des Glaubens“ (Gebhardt 1994, S. 35). Um überhaupt Charisma zugesprochen zu bekommen, muss der Charismaträger entsprechend erst einmal den Glauben an sich erwecken. Betrachtet man die Geschichte, so zeigt sich, dass Personalcharisma auch immer mit Ideencharisma verknüpft ist (vgl. Gebhardt 1994). Will ein Charismatiker erfolgreich Anhänger für sich gewinnen, so gelingt ihm das am Besten in einer charismatischen Situation (vgl. Weber 2005). Diese ist immer dann gegeben, wenn das Volk eine Krise wahrnimmt und die verantwortlichen Akteure diese Krise nicht bewältigen können (vgl. Weber 2005). Das Volk hofft in solchen Momenten auf die Führung eines ''starken Mannes'' (vgl. Herbst 2010). Wendet sich der Charismatiker nun mit einer spezifischen Idee oder Sendung, welche sich gegen die bestehenden Satzungen und Verhältnisse richtet, an das Volk, so ist es für ihn besonders leicht sich zu etablieren (vgl. Gebhardt 1994). Der Führer macht sich also eine Mission zur Aufgabe, die dem Alltäglichen entgegensteht. Aus diesem Grund kann Charisma auch als „die große revolutionäre Macht in traditional gebundenen Epochen“ (Weber 2005, S. 182) angesehen werden.

Zur Vermittlung ihrer Ideen und Sendungen nutzen Charismatiker, das zeigt die Geschichte, häufig die Form der Rede. Dies könnte auf eine weitverbreitete Aussage des griechischen Philosophen Aristoteles zurückzuführen sein, denn Aristoteles behauptete einmal: „Die Rede ist die Kunst, Glauben zu erwecken“.

Hat es der Charismaträger mit seinen spezifischen Qualitäten und seiner Botschaft geschafft, eine treue Anhängerschaft und Gefolgschaft, die sich ihm vollkommen hingibt (vgl. Weber 2005), zu finden, so muss er versuchen den Glauben seiner Anhänger an ihn aufrechtzuerhalten. Da sich eine charismatische Herrschaft nur durch den Glauben der Beherrschten an den Führer legitimiert, ist sie sehr instabil und der charismatische Führer muss sich in irgendeiner Art und Weise bewähren, um Anerkennung zu erfahren und somit seine Herrschaft zu sichern (vgl. Weber 2005). Bleibt diese Bewährung aus oder wird der Führer von seinen charismatischen Fähigkeiten verlassen, so kann es passieren, dass er den Nimbus des Außeralltäglichen verliert und dadurch seine charismatische Autorität schwindet, was zur Folge hat, dass seine Anhänger sich von ihm abwenden (vgl. Weber 2005). Gelingt es einem Führer jedoch sich zu bewähren, so ist er Webers Theorie zu Folge auf dem Höhepunkt seiner charismatischen Herrschaft. Eine charismatische Herrschaft in ihrem Idealzustand ist entsprechend nicht auf Dauer angelegt und kann nur in statu nascendi existieren, denn tritt innerhalb einer charismatischen Herrschaft erneut eine Notsituation ein, so würde dies bedeuten, dass sich der Führer nicht bewährt hätte, was wiederum das Ende seiner charismatischen Herrschaft darstellen würde (vgl. Weber 2005). Trotz Allem kann eine charismatische Herrschaft auch an Dauer gewinnen, nämlich indem das Charisma „gebrochen, ins 'Institutionelle' transportiert und umgebogen [wird]“ (Weber 2005, S. 841), das heißt, es wird allmählich einem der anderen Herrschaftstypen oder beiden angenähert, nämlich „traditionalisiert oder rationalisiert (legalisiert) oder: beides in verschiedenen Hinsichten.“ (Weber 2005, S. 182). Es findet also ein Strukturwandel statt, welcher zur Verdrängung oder Veränderung des Charismas in eine „bis zur Unkenntlichkeit entstellte, nur für die theoretische Betrachtung rein herauszupräparierende Komponente des empirischen historischen Gebildes [führt]“ (Weber 2005, S. 841). Will der charismatische Führer seine Herrschaft für lange Zeit aufrechterhalten, so ist dieser Strukturwandel unumgänglich, da seine Anhänger, getrieben von materiellen Wünschen, langfristig wirksame Strukturen anstreben (vgl. Weber 2005).

In der charismatische Herrschaft in seiner reinen Form kommen bürokratische Strukturen in der Regel nicht vor und wenn, dann nur in sehr schwachem Ausmaß (vgl. Weber 2005). Die charismatische Führerfigur stützt sich lediglich auf von ihm erwählte Vertrauensmänner (vgl. Weber 2005). Diese Vertrauensmänner sind ausgestattet mit eigenen charismatischen Qualitäten und fungieren, in völliger Übereinstimmung mit der Mission des Führers, als Sendeboten zwischen Führer und Gläubigen (vgl. Weber 2005). Dabei sind sie komplett vom Willen des charismatischen Führers abhängig (vgl. Weber 2005). Neben dieser ''institutionellen Schwäche'' ist „reines Charisma [...] spezifisch wirtschaftsfremd“ (Weber 2005, S. 181), was wiederum in der Natur des Charisma, also in seiner Außeralltäglichkeit, begründet liegt (vgl. Weber 2005). Alltägliche, wirtschaftliche Rücksichten kümmern den charismatischen Führer in seiner Mission nicht (vgl. Weber 2005). Da wirtschaftliche Grundlagen für jede Form von Herrschaft jedoch unumgänglich sind, besteht von Seiten der charismatisch Beherrschten eine Gewissenpflicht materielle Güter und Dienstleistungen für ihren Führer zu erbringen (vgl. Gebhardt 1994).

3. Die Person Adolf Hitler

Adolf Hitler wurde am 20.04.1889 in Braunau am Inn geboren (vgl. Fest 1989). Wegen häufiger Umzüge der Familie besuchte Hitler in seiner Jugend verschiedene Volksschulen und danach die Realschule, die er aber 1905, zwei Jahre nach dem Tod seines Vaters, ohne Abschluss abbrach, um sein Leben der Kunst zu widmen (vgl. Fest 1989). Er bewarb sich 1907 für ein Kunststudium an der Wiener Kunstakademie, wurde jedoch abgelehnt (vgl. Fest 1989). Nach dem Tod seiner Mutter, am 21. Dezember 1907, lebte Hitler von seinem Erbe, den Hinterlassenschaften seiner Mutter und einer Waisenrente und führte ein müßiggängerisches Leben in Wien (vgl. Fest 1989). Im September 1908 bewarb Hitler sich nochmals an der Wiener Kunstakademie wurde aber wieder abgelehnt (vgl. Fest 1989). Er zog um in die Wiener Innenstadt (vgl. Fest 1989). Seine Wohnungen entfernten sich aber mit der Zeit immer mehr vom Stadtkern und schlussendlich war er, aufgrund von Geldmangel, sogar dazu gezwungen in Obdachlosen-Asylen und in Männerheimen zu wohnen (vgl. Fest 1989). Ein geregeltes Einkommen hatte Hitler in Wien nicht. Er lebte lediglich vom Verkauf seiner selbstabgemalten Postkarten (vgl. Fest 1989). Im Mai 1913 zog Hitler dann nach München, weil seine Stellungsflucht ans Licht kam (vgl. Fest 1989).

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Adolf Hitler als Idealbild eines charismatischen Führers? Max Webers "charismatische Herrschaft" und ihre Anwendbarkeit auf Adolf Hitler
Hochschule
Universität Koblenz-Landau
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
15
Katalognummer
V283413
ISBN (eBook)
9783656828044
ISBN (Buch)
9783656828617
Dateigröße
395 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Charisma, Max Weber, Adolf Hitler, charismatischer Führer, Wirtschaft und Gesellschaft, Nationalsozialismus, Diktatur
Arbeit zitieren
Janine Robert (Autor:in), 2014, Adolf Hitler als Idealbild eines charismatischen Führers? Max Webers "charismatische Herrschaft" und ihre Anwendbarkeit auf Adolf Hitler, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/283413

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