Finanzanalyse des Volkswagen Konzerns. Der China-Effekt


Bachelorarbeit, 2012

62 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Risikomanagement
2.1 Risikobegriff und Risikoarten
2.1.1 Risiken und Chancen
2.1.2 Risikoarten
2.2 Begriffe, Ziele und Aufgabe des Risikomanagements
2.3 Anforderungen an das Risikomanagement
2.3.1 Rechtliche Anforderungen
2.3.2 Betriebswirtschaftliche Anforderungen
2.4 Strategisches Risikomanagement
2.5 Operativer Risikomanagement-Prozess
2.5.1 Risikoidentifikation
2.5.2 Risikobewertung
2.5.3 Risikoberichterstattung
2.5.4 Risikosteuerung
2.5.5 Risikoüberwachung

3 Volkswagen Konzern
3.1 Historie
3.2 Volkswagen in China
3.2.1 Der Automobilmarkt in China
3.2.2 Das Engagement von VW in China
3.3 Risikomanagement des Volkswagen Konzerns
3.3.1 Das integrierte Interne Kontroll- und Risikomanagement-System bei VW
3.3.2 Integriertes Konsolidierungs- und Planungssystem
3.3.3 Risikofrüherkennungssystem gemäß KonTraG
3.3.4 Ziele und Wirkungsweise des Risikomanagements
3.3.5 Risikomanagement VW in China

4 Finanzanalyse des Volkswagen Konzerns ohne den Automobilmarkt in China
4.1 Umsatz
4.1.1 Umsatzentwicklung
4.1.2 Umsatz nach Konzernmarken
4.1.3 Umsatz nach Konzernmärkten
4.2 Operatives Ergebnis (EBIT)
4.2.1 Operatives Ergebnis (EBIT) nach Konzernmarken
4.3 Ergebnis vor Steuern (EBT)
4.4 Berechnung Ergebnis vor Steuern (EBT) ohne China

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Elemente des betriebswirtschaftlichen Risikobegriffs

Abbildung 2: Elemente eines RMS nach dem KonTraG

Abbildung 3: Rechtliche Anforderungen an ein RMS

Abbildung 4: Prozessphasen des Risikomanagements

Abbildung 5: Risikosteuerungsstrategien

Abbildung 6: Ansätze der Risikoüberwachung

Abbildung 7: Die Unternehmensbereiche des Volkswagen-Konzerns

Abbildung 8: Vergleich der Absatzzahlen TRIADE vs. BRIC – Staaten I

Abbildung 9: Vergleich der Absatzzahlen TRIADE vs. BRIC - Staaten II

Abbildung 10: Joint Ventures von VW in China

Abbildung 11: Volkswagen Group China – Achievements

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Systematisierung von Risiken

Tabelle 2: Ergebniskennzahlen Volkswagen Konzern

Tabelle 3: Berechnung Ergebnis vor Steuern exklusive Absatzmarkt China

1 Einleitung

Mit unserem Streben nach Innovation, Perfektion und verantwortungsvollem Handeln wollen wir bis 2018 an der Spitze der Automobilindustrie stehen – ökonomisch und ökologisch.[1] Mit diesen Worten formuliert Prof. Dr. Martin Winterkorn, Vorsitzender des Vorstands der Volkswagen AG, die strategischen Ziele des Volkswagen Konzerns für die nahe Zukunft. Ein wichtiger Bestandteil der Strategie „2018“ ist die Erschließung neuer und der Ausbau vorhandener Märkte. Während sich der westeuropäische Automobilmarkt im Rückgang befindet[2] ist der Automobilmarkt in China in den letzten Jahren rasant angestiegen und hat sich mit 13,5 Mio. verkauften Autos zum größten Absatzmarkt für Automobile entwickelt.[3] Prognose besagen sogar, dass auf dem chinesischen Markt im Jahr 2020 über 20 Mio. Fahrzeugen verkauft werden. Demnach hat sich die Volksrepublik China zu einem wichtigen Faktor für Volkswagen zur Erreichung der Weltmarktführerschaft entwickelt und der Volkswagen Konzern könnte es sich nicht leisten, den Markt in China zu vernachlässigen. Dennoch birgt der chinesische Markt auch, besonders durch starke Reglementierungen der Regierung, Risiken und Gefahren. In der vorliegenden Arbeit soll aus diesem Grund beleuchtet werden, welche Bedeutung der chinesische Markt für das wirtschaftliche Ergebnis des Volkswagen Konzerns derzeitig hat und in Zukunft haben wird.

Ziel dieser Arbeit ist es, einen generellen Überblick über den wirtschaftlichen Erfolg des Volkswagen Konzerns in China zu vermitteln und welchen Anteil er am Erfolg des gesamten Konzerns hat. Im Fokus steht die Ermittlung des finanzwirtschaftlichen Erfolgs des Volkswagen Konzerns ohne die Berücksichtigung des Absatzmarktes China.

Daraus ergibt sich die zu bearbeitende Forschungsfrage dieser Arbeit: „Wie abhängig ist derzeitig und zukünftig der wirtschaftliche Erfolg des Volkswagen Konzerns vom Absatzmarkt China?“

Die vorliegende Arbeit ist in drei grundlegende Teile gegliedert. Zunächst folgt ein allgemeiner Teil, welcher der Begriffserklärung und der Vorstellung des Risikomanagements und den damit verbundenen Abläufen dient. Im zweiten Teil der Arbeit wird der Volkswagen Konzern mit seinem Engagement in China sowie seinem Risikomanagement vorgestellt. Darüber hinaus wird die Entwicklung des chinesischen Automobilmarktes beschrieben und die prognostizierte zukünftige Entwicklung dargelegt. Im dritten und letzten Teil der Arbeit wird dann explizit der finanzwirtschaftliche Erfolg des Volkswagen Konzerns ohne den Automobilmarkt China ermittelt und dargestellt. Die Ergebnisse werden am Ende in einem Fazit zusammengefasst.

2 Risikomanagement

2.1 Risikobegriff und Risikoarten

2.1.1 Risiken und Chancen

Der Risikobegriff wird in der Literatur uneinheitlich verwendet[4]. Im Folgenden werden die verschiedenen Risikobegriffe diskutiert sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet.

Allen Definitionen ist das Verständnis gemeinsam, dass ein Risiko eine zukünftige Abweichung von den geplanten Unternehmenszielen impliziert. Einige Autoren betonen zudem, dass Risiken sowohl kurzfristige operative Ziele als auch langfristige strategische Ziele beeinträchtigen können[5]. Es besteht dagegen Uneinigkeit, inwiefern auch positive Zielabweichungen im Sinne von Chancen in den Risikobegriff einbezogen werden sollten, ob nur existenzgefährdende Entwicklungen relevant sind und ob Risiken nur finanzielle Ziele betreffen. Beispielsweise beschränken sich die International Group of Controlling (IGC) und der Internationale Controllerverein (ICV) auf Verfehlungen von finanziellen Zielen und schließen somit z.B. Imagerisiken aus.

Man unterscheidet zwischen Risiko im engeren Sinne (Risiko i.e.S.) und Risiko im weiteren Sinne (Risiko i. w. S.). Das Risiko i.e.S. bildet lediglich die Möglichkeit eines Verlustes ab. Positive Abweichungen von einer geplanten Zielgröße werden als Chancen bezeichnet. Das Risiko i. w. S. beinhaltet positive und negative Abweichungen von einem betrieblichen Ziel und somit Chancen und Risiken i. e. S. Das Risiko i. e. S. schließt dagegen eine Betrachtung von Chancen aus und betont das Risiko der Verlustgefahr (Downside Risk).[6]

Im weiteren Verlauf soll von folgender Definition des Risikobegriffs ausgegangen werden:

„Ein Risiko ist die Möglichkeit einer positiven Abweichung (Chance) oder negativen Abweichung (Risiko i. e. S.) von den geplanten Unternehmenszielen aufgrund eines Ereignisses oder einer Entscheidung des Managements. Unternehmensziele sind finanzielle Ergebnisziele, z.B. der Jahresüberschuss, das Betriebsergebnis oder der Cashflow, und nicht-finanzielle Ziele, z.B. das Unternehmensimage. Es kann sich um kurzfristige operative und langfristige strategische Ziele handeln. Risiken können durch ihre Eintrittswahrscheinlichkeit und ihr Schadensausmaß beschrieben werden.“[7]

Die o.g. Definition berücksichtigt das bewusste Eingehen von Risiken, um Chancen zu realisieren. Daher ist es für die Unternehmensführung notwendig, bei einer Entscheidung Chancen und Risiken abzuwägen. Die Vernachlässigung von Chancen birgt die Gefahr der übermäßigen Risikovermeidung. Dies kann dazu führen, dass Chancen nicht erkannt und damit nicht ergriffen werden, was wiederum den zukünftigen Erfolg und damit die Existenz des Unternehmens gefährden kann[8]. Zudem zielt die Definition auf die Messbarkeit von Risiken ab, da die Risikobewertung anhand von Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß eine wichtige Voraussetzung für die Risikosteuerung ist.

Die Elemente des Risikobegriffs werden in der Abbildung 1 zusammengefasst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Vgl.(Vanini & Weinstock, 2006, S. 379 ff.)

Abbildung 1: Elemente des betriebswirtschaftlichen Risikobegriffs

2.1.2 Risikoarten

Wie in Tabelle 1 zu sehen ist, können Risiken nach verschiedenen Kriterien systematisiert werden, wobei die einzelnen Systematisierungsansätze sich teilweise überschneiden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Vgl. (Vanini, 2012, S. 12)

Tabelle 1: Systematisierung von Risiken

Nach der Symmetrie ihres Risikoprofils werden symmetrische Risiken, bei denen der Verlustgefahr auch eine Chance gegenübersteht, und asymmetrische Risiken ohne Chancen unterschieden. Beispiele für symmetrische Risiken sind Aktienkursrisiken, da der Aktienwert in Relation zum Einstiegskurs sowohl fallen als auch steigen kann. Das Brandrisiko einer Produktionsanlage ist ein Beispiel für ein asymmetrisches Risiko. Asymmetrische Risiken werden als „reine Risiken“, symmetrische Risiken als „spekulative Risiken“ bezeichnet[9].

Nach den relevanten Unternehmenszielen lassen sich Erfolgs-, Liquiditäts-, Wert- und Sachzielrisiken unterscheiden. Erfolgsrisiken betreffen die finanziellen Ergebnisziele eines Unternehmens, wie z.B. den Jahresüberschuss oder das Betriebsergebnis. Liquiditätsrisiken gefährden die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens und betreffen z.B. den Cashflow. Wertrisiken beeinträchtigen den Unternehmenswert. Erfolgs-, Liquiditäts- und Wertrisiken sind finanzielle Risiken, da sie sich auf den Finanzbereich eines Unternehmens beziehen. Möglich ist jedoch auch eine Bezugnahme auf nicht-finanzielle Ziele, wie z.B. das Unternehmensimage, die Kundenzufriedenheit oder die Qualität der Produkte und Dienstleistungen, die als Sachzielrisiken bezeichnet werden. Sachzielrisiken führen häufig zu Erfolgs-, Liquiditäts- oder Wertrisiken.

Strategische und operative Risiken lassen sich nach ihrem Zeitbezug und der Bedeutung der zugrundeliegenden Ziele unterscheiden.

Strategische Risiken entstehen durch langfristige Entscheidungen des Topmanagements, die die Positionierung des gesamten Unternehmens betreffen. Sie können den langfristigen Unternehmenserfolg und den Bestand des Unternehmens gefährden.

Operative Risiken resultieren aus kurzfristig angelegten Entscheidungen und betreffen Teile des betrieblichen Leistungserstellungsprozesses und das Tagesgeschäft. Des Weiteren sind sie nur für einen Teilbereich des Unternehmens relevant und gefährden den geplanten kurzfristigen Unternehmenserfolg.[10]

Nach ihrer Messbarkeit werden quantifizierbare Risiken, deren Auswirkungen auf die Unternehmensziele anhand ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und ihres Schadensausmaßes bewertet werden können, und nicht-quantifizierbare Risiken ohne direkt messbare Auswirkungen unterschieden. So sind strategische Risiken häufig nicht quantifizierbar. Nicht-quantifizierbare Risiken werden auch als qualitative Risiken bezeichnet. Die Messbarkeit von Risiken beeinflusst ihre Identifizierung, Bewertung und Steuerung.

Bei den quantifizierbaren Risiken wird in subjektive und objektive Risiken unterschieden. Objektive Risiken sind durch Verteilungsfunktionen messbar, wobei die Verteilungsfunktion aus empirischen Daten ermittelt wird. Subjektive Risiken werden vom Entscheider aufgrund dessen Erfahrungen geschätzt[11].

Risiken werden nach ihrer Quelle in externe und interne Risiken unterteilt.

Externe Risiken resultieren aus unvorhergesehenen Marktentwicklungen, Gesetzesänderungen, gesellschaftlichen Entwicklungen sowie Naturkatastrophen und können somit in natürliche, ökonomische, politische, rechtliche und gesellschaftliche Risiken unterschieden werden[12].

Interne Risiken lassen sich in leistungswirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Risiken sowie Risiken aus Management und Organisation untergliedern. Leistungswirtschaftliche Risiken werden durch die betriebliche Leistungserstellung verursacht. Finanzwirtschaftliche Risiken entstehen durch Probleme bei der Kapital- und Liquiditätsbeschaffung. Risiken aus Management und Organisation resultieren aus der internen Aufbau- und Ablauforganisation, z.B. aus Mängeln bei der Personalführung oder beim Management von Prozessen[13].

Des Weiteren wird in Sach- und Personenrisiken unterschieden. Sachrisiken betreffen Gegenstände oder nominelle Werte, z.B. das Risiko eines Maschinenschadens oder eines Forderungsausfalls. Die Auswirkungen der Personenrisiken betreffen die Mitarbeiter, Kunden oder sonstige Personen, die mit dem Unternehmen in Verbindung stehen, z.B. bei Unfällen am Arbeitsplatz[14].

2.2 Begriffe, Ziele und Aufgabe des Risikomanagements

2.2.1 Begriff

Das Risikomanagement ist Teil der Unternehmensführung und damit eine Managementaufgabe. Das Management von Risiken umfasst die Planung, die Umsetzung einer geplanten Risikosituation, die Entscheidung über das Eingehen bestimmter Risiken sowie Kontrolle der Zielerreichung. Das Risikomanagement ist ein unternehmensweiter Prozess zur frühzeitigen Identifikation, Bewertung, Steuerung, Berichterstattung und Überwachung von Risiken und umfasst alle organisatorischen Regelungen und Maßnahmen zur Umsetzung des Risikomanagement-Prozesses. Zur Umsetzung eines systematischen Risikomanagements werden spezielle Instrumente und Methoden der Risikoidentifikation, -bewertung, -berichterstattung, -steuerung und –überwachung benötigt[15].

2.2.2 Ziele

Die Ziele des Risikomanagements leiten sich aus den allgemeinen Zielen des Unternehmens ab und stellen eine Grundlage für den Aufbau eines Risikomanagement – Systems dar. Sie leiten sich aus den allgemeinen Zielen des Unternehmens ab, die sich grundsätzlich in einen leistungswirtschaftlichen, sozialen, finanziellen sowie den ökologischen Bereich einteilen lassen.

Die grundlegenden Ziele des Risikomanagements sind:

- Langfristige und nachhaltige Existenzsicherung des Unternehmens, d.h. es dürfen grundsätzlich nur tragbare Risiken eingegangen werden,
- Eröffnen von Handlungsspielräumen zur langfristigen Unternehmenssicherung, indem mögliche Zukunftsentwicklungen durchgespielt und deren Auswirkungen auf die Unternehmensziele analysiert werden,
- Sicherung der geplanten Unternehmensziele durch geeignete Maßnahmen, wobei Risiken nicht vollständig vermieden, sondern bewusst in Abhängigkeit von ihrem Chancenpotenzial und der Risikotragfähigkeit des Unternehmens eingegangen werden,
- Senkung der Risiko- und Kapitalkosten, da risikoreiche Unternehmen bei der Mittelbeschaffung am Kapitalmarkt und bei Banken eine höhere Risikoprämie und damit höhere Kapitalkosten zahlen müssen.

Die langfristige und nachhaltige Existenzsicherung wird dabei auch als das Meta - Ziel des Risikomanagements bezeichnet[16].

2.2.3 Aufgaben

Die grundsätzlichen Aufgaben des Risikomanagements zur Erfüllung der oben genannten Ziele sind:

- Schaffung einer unternehmensweiten Risikokultur, um das Risikobewusstsein der Mitarbeiter zu stärken und diese zu einem risikoadäquaten Verhalten zu motivieren,
- Formulierung und Umsetzung einer Risikostrategie und von risikopolitischen Grundsätzen als konkrete Leitlinien für alle Handlungen im Unternehmen,
- Implementierung eines operativen Risikomanagement-Prozesses zum systematischen und kontinuierlichen Umgang mit Risiken einschließlich ihrer Identifikation, Bewertung, Kommunikation, Steuerung und Überwachung,
- Aufbau einer Risikomanagement-Organisation inklusive eindeutiger Zuständigkeiten,
- Durchführung von Maßnahmen zur Risikosteuerung und –bewältigung auf Grundlage der aktuellen Risikolage und der Risikotragfähigkeit des Unternehmens,
- Dokumentation und Weiterentwicklung des gesamten Risikomanagement-Systems.

Daraufhin wird von folgender Definition des Risikomanagements ausgegangen:

„Risikomanagement umfasst alle organisatorischen Regelungen und Aktivitäten zur systematischen, regelmäßigen und unternehmensweiten Umsetzung des Risikomanagement-Prozesses sowie dessen Unterstützung durch geeignete Instrumente und Methoden mit den Zielen der langfristigen Existenzsicherung, der Eröffnung von Handlungsspielräumen, der Erreichung der geplanten Unternehmensziele und der Senkung der Risiko- und Kapitalkosten. Die Umsetzung des Risikomanagements ist Aufgabe der Unternehmensführung[17].“

2.3 Anforderungen an das Risikomanagement

Es gibt rechtliche und betriebswirtschaftliche Anforderungen, die im Folgenden kurz veranschaulicht werden.

2.3.1 Rechtliche Anforderungen

Die rechtlichen Anforderungen können in nationale Rechtsnormen, z.B. das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), internationale Normen und sonstige Vorhaben, wie den Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK), unterschieden werden. Nationale und internationale Rechtsnormen haben dabei verbindlichen Charakter für die Unternehmen.

Im weiteren Verlauf werden wesentliche Anforderungen an ein Risikomanagement vorgestellt. Dabei wird hauptsächlich auf die grundlegenden Anforderungen des KonTraG eingegangen.

Das KonTraG ist ein Artikelgesetz, welches Paragraphen bereits bestehender Gesetze ändert und ergänzt. Das KonTraG trat am 01.05.1998 in Kraft und soll die Transparenz und Publizität von Unternehmen erhöhen und die Kontrolle durch die Hauptversammlung stärken. Infolgedessen wird eine Verbesserung der Corporate Governance angestrebt, d.h. eine adäquaten Verfassung, Leitung und Überwachung deutscher Unternehmen soll gewährleistet sein. Weitere Ziele sind eine Optimierung der Qualität der Abschlussprüfung und der Zusammenarbeit zwischen Abschlussprüfer und Aufsichtsrat sowie eine kritische Prüfung der Beteiligungen von Kreditinstituten[18].

Das KonTraG ist in § 91 Abs. 2 AktG niedergelegt. Daraus lassen sich zwei Mindestbestandteile eines Risikomanagement-Systems ableiten. Zum einen müssen Aktiengesellschaften ein (internes) Überwachungssystem einrichten Zum anderen benötigen sie ein Früherkennungs- oder Frühwarnsystem, damit existenzgefährdende Entwicklungen rechtzeitig erkannt werden[19]. Abbildung 2 gibt einen Überblick über die Elemente eines Risikomanagements-Systems nach dem KonTraG.

Quelle: In Anlehnung an (Diederichs, 2012, S. 26)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Elemente eines RMS nach dem KonTraG

Die Aufgaben eines Frühwarnsystems sind, risikobehaftete Geschäfte sowie Fehler in der Rechnungslegung und Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften, die sich auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft auswirken, rechtzeitig zu erkennen, sodass geeignete Maßnahmen zur Sicherung des Fortbestandes der Gesellschaft ergriffen werden können. Ziel ist es somit nicht existenzbedrohende Risiken gleich zu Beginn auszuschließen. Sollten diese jedoch das Unternehmen bedrohen, muss eine frühzeitige Kenntnisnahme des Vorstands sichergestellt werden, um Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.[20]

Das Überwachungssystem soll die angemessene Umsetzung des Risikomanagements im Unternehmen gewährleisten. Es besteht aus internen Kontrollen, organisatorischen Sicherungsmaßnahmen und der Internen Revision. Im Zuge des KonTraG wird dem Vorstand eine Reihe von Pflichten übertragen. Das Fehlen eines angemessenen RMS kann als eine Verletzung der Sorgfaltspflicht interpretiert werden und zu Entlassung oder Schadensersatzansprüchen führen. Dabei haftet der Vorstand gemeinschaftlich für Verstöße gegen die Implementierungspflicht. Zudem lässt sich eine Dokumentationspflicht des Vorstands für das Risikomanagement - System als Grundlage der Prüfung durch die Interne Revision und die Abschlussprüfer ableiten. Weiter bestehen die Pflicht zur regelmäßigen Überwachung von Effektivität und Effizienz der Systeme, eine Berichterstattungspflicht und eine Anpassungspflicht des Risikomanagement-Systems an geänderte Unternehmens- und Umweltbedingungen.[21]

In Abbildung 3 werden die unterschiedlichen Anforderungen an das Risikomanagement zusammengefasst:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an (Vanini, 2012, S. 35)

Abbildung 3: Rechtliche Anforderungen an ein RMS

2.3.2 Betriebswirtschaftliche Anforderungen

Neben den rechtlichen Anforderungen und den Anforderungen der Wirtschaftsprüfung können noch weitergehende betriebswirtschaftliche Anforderungen an das Risikomanagement abgeleitet werden[22].

Das Risikomanagement muss effektiv sein und einen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele, z.B. durch eine Vermeidung existenzgefährdeter Risiken, leisten.

Das Risikomanagement sollte nicht isoliert und parallel zu den Geschäfts- und Steuerungsaktivitäten im Unternehmen erfolgen, sondern prozessual und instrumentell in diese integriert werden. Zudem ist es vorteilhaft nicht primär zusätzliche Risikomanagement - Instrumente zu entwickeln, sondern vorhandene Steuerungs- und Controlling Instrumente, z.B. Szenarioanalysen, einzusetzen.

Darüber hinaus muss das Risikomanagement flexibel sein und an sich ändernde interne und externe Rahmenbedingungen angepasst werden, um die Identifikation, Bewertung und Steuerung neuer Risiken zu ermöglichen.

Das Risikomanagement muss als kontinuierlicher Prozess im Unternehmen durchgeführt werden, um Risiken rechtzeitig zu identifizieren, zu bewerten und zu steuern. Zudem müssen diese im Zusammenhang mit den Unternehmenszielen, der Risikopräferenz der Entscheidungsträger und der Risikotragfähigkeit des Unternehmens analysiert und gesteuert werden.

Außerdem muss beim Risikomanagement die Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden. Es sollten nicht alle Risiken in gleichem Umfang berücksichtigt werden, d.h. unbedeutende Risiken brauchen nur beobachtet, bedeutende Risiken gesteuert werden. Insgesamt muss der monetäre Nutzen des Risikomanagements, z.B. in Form vermiedener finanzieller Verluste oder durch Zusatzerträge aus risikobehafteten Geschäften, größer sein als sein Aufwand.[23]

2.4 Strategisches Risikomanagement

Das strategische Risikomanagement ist Bestandteil der strategischen Unternehmensführung und nimmt eine Schnittstellenfunktion zwischen dem strategischen Management und dem operativen Risikomanagement eines Unternehmens ein. Es umfasst die Planung möglicher Strategien, die Entscheidung über die umzusetzende Strategie, deren Umsetzung und die Kontrolle der Strategieerreichung.

Das strategische Management hat das Ziel, nachhaltige Wettbewerbsvorteile aufzubauen, um dadurch den langfristigen Erfolg des Unternehmens zu sichern. Das strategische Risikomanagement umfasst die Ableitung eines strategischen Rahmens für den operativen Risikomanagement - Prozess. Zum strategischen Risikomanagement - Rahmen eines Unternehmens gehören dessen Risikokultur, seine Risikostrategie und Risikoziele, sein Risikodeckungspotenzial sowie der Aufbau einer Risikomanagement –Organisation. Strategisches Risikomanagement ist Aufgabe der Geschäftsführung. Die Ziele des strategischen Risikomanagements liegen in der Abstimmung der Ziele und Strategien des Unternehmens mit seiner Risikokultur, seinem Risikodeckungspotenzial und den vorhandenen Ressourcen des Risikomanagements, um letztendlich die Strategieumsetzung zu unterstützen und die langfristige Existenz des Unternehmens zu sichern[24].

Letztlich bestehen die Aufgaben des strategischen Risikomanagements hauptsächlich aus der Entwicklung einer Risikokultur, dem Ableiten einer Risikostrategie, der Konkretisierung der Risikostrategie durch Risikoziele, der Entwicklung von risikopolitischen Grundsätzen, der Bestimmung des Risikodeckungspotenzials und der Festlegung eines langfristigen organisatorischen Rahmens[25].

2.5 Operativer Risikomanagement-Prozess

Neben der Etablierung eines hierarchieübergreifenden Risikobewusstseins verlangt eine wert- und risikoorientierte Unternehmensführung insbesondere eine systematische und kontinuierliche Auseinandersetzung mit den unternehmerischen Risikopotenzialen unter Berücksichtigung der definierten Unternehmensstrategie. Der hierbei beschriebene Risikomanagementprozess lässt sich in die in Abbildung 4 dargestellten Teilprozesse und Phasen aufteilen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: (Diederichs, 2012, S. 49)

Abbildung 4: Prozessphasen des Risikomanagements

2.5.1 Risikoidentifikation

Zu Beginn des Risikomanagement - Prozesses bedarf es einer systemtischen Identifikation von Risiken. Während der Risikoidentifikation sollen alle relevanten künftigen Entwicklungen, die ein Zielabweichungspotenzial besitzen, erkannt werden.

Ziel der Risikoidentifikation ist die aktuelle, systematische, vollständige und wirtschaftliche Erfassung aller Gefahrenquellen, Schadensursachen, Störpotenziale und Chancen sowie die Ermittlung von Abhängigkeiten und Beziehungen zwischen einzelnen Risiken. Die Risikoidentifikation steht am Anfang des Risikomanagement-Prozesses. Ihre Qualität bestimmt die Effektivität und die Effizienz der weiteren Prozessschritte[26].

Startpunkt der Risikoidentifikation ist eine eindeutige Risikodefinition und eine Risikokategorisierung z.B. in Form eines Risikokatalogs. Risikokataloge bilden die Risikofelder, Risikokategorien und Einzelrisiken eines Unternehmens ab und geben einen strukturierten Überblick über potenzielle Risiken und deren Ursachen. Daraufhin werden geeignete Instrumente zur Risikoidentifikation ausgewählt. Im Anschluss werden die Risiken identifiziert und dokumentiert.

Während der Risikoidentifikation wird bereits eine erste Bewertung der identifizierten Risiken durchgeführt. Dabei werden folgende Bewertungskriterien verwendet[27]:

- Wirkungshorizont (kurz-, mittel-, langfristig) bzw. Reaktionszeitraum,
- Örtliche Bedeutung (lokal, regional, national, international),
- Unsicherheitsgrad,
- Risikohöhe bzw. Schadensausmaß,
- Eintrittshäufigkeit bzw. –wahrscheinlichkeit,
- Interdependenzen zu anderen Risiken,
- Beurteilung der Messbarkeit (qualitativ beurteilbar oder quantitativ messbar).

Damit die Erkennung von Risiken strukturiert und effizient abläuft, sind bestimmte Anforderungen zu berücksichtigen. Zum einen muss die Risikoidentifikation vollständig sein, um alle aktuellen und potentiellen Risiken des Unternehmens aufdecken zu können. Zum anderen ist die Aktualität zu berücksichtigen. Die Effektivität des Risikomanagements hängt von der schnellen und frühzeitigen Risikoidentifikation ab, damit ggf. noch Steuerungsmaßnahmen ergriffen werden können. Weiterhin sind die Systematik und die Flexibilität zu beachten. Die Umweltdynamik erfordert eine systematische und permanente Risikoidentifikation. Zum anderen muss sichergestellt sein, dass auch neuartige Risiken identifiziert werden. Darüber hinaus sollte die Gewährleistung von Wirtschaftlichkeit und Akzeptanz im Vordergrund stehen, da der Nutzen der Risikoidentifikation größer sein muss als ihre Kosten. Außerdem ist eine Zustimmung der Methoden der Risikoidentifikation von Seiten der Mitarbeiter unerlässlich.[28]

[...]


[1] (Volkswagen AG, 2011 a, S. 12)

[2] Vgl. (Automobil Produktion, 2012)

[3] Vgl. (Mull, 2012, S. 27)

[4] Vgl. (Winter, 2007, S. 78)

[5] Vgl. (Diederichs, Eberenz, & Eickmann, 2009, S. 265 ff.)

[6] Vgl. (Diederichs, 2012, S. 10)

[7] (Vanini, 2012, S. 10)

[8] Vgl. (Diederichs, 2012, S. 10)

[9] Vgl. (Vanini, 2012, S. 12)

[10] Vgl. (Gleissner, 2011, S. 74 ff.)

[11] Vgl. (Vanini, 2012, S. 14)

[12] Vgl. (Gleissner, 2011, S. 102 ff.)

[13] Vgl. (Gleissner, 2011, S. 92 ff.)

[14] Vgl. (Rosenkranz & Missler-Behr, 2005, S. 27 ff.)

[15] Vgl. (Vanini, 2012, S. 19)

[16] Vgl. (Diederichs, 2012, S. 12 f.)

[17] (Vanini, 2012, S. 20)

[18] Vgl. (Diederichs, 2012, S. 22 ff.)

[19] Vgl. (Diederichs, 2012, S. 26)

[20] Vgl. (Vanini, 2012, S. 28)

[21] Vgl. (Vanini, 2012, S. 29)

[22] Vgl. (Diederichs, 2012, S. 47 f.)

[23] Vgl. (Vanini, 2012, S. 37 f.)

[24] Vgl. (Vanini, 2012, S. 99 f.)

[25] Vgl. (Burger, 2002, S. 193)

[26] Vgl. (Vanini, 2012, S. 124)

[27] Vgl. (Rosenkranz & Missler-Behr, 2005, S. 39)

[28] Vgl. (Diederichs, 2012, S. 51 f.)

Ende der Leseprobe aus 62 Seiten

Details

Titel
Finanzanalyse des Volkswagen Konzerns. Der China-Effekt
Hochschule
Business and Information Technology School - Die Unternehmer Hochschule Iserlohn
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
62
Katalognummer
V282938
ISBN (eBook)
9783656820178
ISBN (Buch)
9783656820161
Dateigröße
1519 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
finanzanalyse, volkswagen, konzerns, betrachtung, china-effekts
Arbeit zitieren
Michael Becker (Autor:in), 2012, Finanzanalyse des Volkswagen Konzerns. Der China-Effekt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/282938

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