Tassilo III. und Karl der Große. Der Prozess von Ingelheim


Seminararbeit, 2014

14 Seiten, Note: 1,89


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Zeitumstände

3. Charakterisierung der Person Tassilo

4. Der Konflikt
4.1 Der Prozess von Ingelheim

5. Resümee

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Laufe der Geschichte gab es Ereignisse von fundamentaler Bedeutung für die jeweilige nachfolgende Zeit. Zu diesen besonderen Ereignissen zählt auch der Prozess von Ingelheim 788 n. Chr., welcher wiederum für die mittelalterliche Geschichtsschreibung von essentieller Bedeutung ist. Das ist anhand von mehreren Faktoren zu erkennen, welche nun in den nächsten Kapiteln näher ausgeführt werden. Hierbei werden besonders die beiden Hauptakteure Karl der Große und Tassilo III. beleuchtet, wobei Tassilo mehr in den Vordergrund gestellt wird. Die Beziehung zwischen Karl und Tassilo war stets belastet durch politische Verwicklungen und familiäre Streitigkeiten, welche in den nachfolgenden Kapiteln genauer behandelt werden. Es soll dadurch gezeigt werden, dass Tassilo nicht die Person war, die in den zeitgenössischen Quellen dargestellt und stets zugunsten Karls des Großen in ein schlechtes Licht gerückt wurde.[1] Zu Beginn werden die Staaten der jeweiligen Herrscher kurz betrachtet, das Frankenreich und das Herzogtum Bayern. Anschließend wird die Person und der Charakter von Tassilo beschrieben, welcher der Urheber dieses Konfliktes ist. Dadurch soll der Leser ein differenzierteren Blick auf Tassilo erhalten. Danach wird ausführlich der Konflikthergang mit dem Ursprung, den Ursachen sowie die Sicht auf den Konflikt von den gegenüberstehenden Parteien beleuchtet. Dem folgend wird der Prozess von Ingelheim betrachtet, welcher die Krönung des Konfliktes ist. Schließlich wird der Konfliktausgang erläutert und die Folgen, die daraus entstanden. Ziel des ganzen ist, dass der Leser ein Einblick auf die damalige Zeit erhält und ebenso ein Blick auf eine Person des Mittelalters, welche womöglich durch die damaligen Umstände zu unrecht verurteilt wurde.

Dieser Konflikt und der Prozess sind ein Paradebeispiel für politische Intrigen, Machtdurst und Annexionspläne des frühen Mittelalters und stehen exemplarisch für jegliche politische Intrige der Neuzeit. Betrachtet man den Konflikthergang, so kann man erkennen, dass es sich hierbei um die politische Vernichtung einer Person handelt. Exemplarisch ist auch die Verdammung des Beschuldigten für nachfolgende Generationen durch die Geschichtsschreiber. So schreibt der Zeitgenössische Schreiber Einhard über den Ursprung des Konfliktes: „ Quod superbia simul ac socordia Tassilonis ducis excitavit;“[2]. Einhard ist einer der wenigen, womöglich sogar der einzige zeitgenössische Schreiber, welcher noch aus Erster Hand berichten konnte. Zudem ist es recht verwunderlich, wie wenig über dieses Thema geschrieben wurde. Zu den zeitgenössischen Quellen zählen unter anderem die „ Vita Karoli Magni “ von Einhard, sowie die „ Annales regni Francorum“. Hierbei ist zu beachten, dass es sich um Werke handelt, die sich zur Hauptsache mit dem Leben Karls des Großen befassen oder das Wirken der Frankenkönige. Für eine differenzierte Betrachtung gilt es daher Literaturwerke zur Hand zu nehmen, jedoch fällt die Auswahl recht gering aus ob der Wichtigkeit des Themas. Besonders wichtig ist hier das Werk Klaus Zehrfelds, welcher den Prozess von Ingelheim sowie die Umstände dazu genauestens bearbeitet hat. Tassilo findet noch Erwähnung in einigen größeren Werken wie in dem Werk „ Geschichte Bayerns“ von Andreas Kraus oder in Wilhelm Störmers „ Die Baiuwaren“.

2. Zeitumstände

Betrachtet man die Regentschaft Tassilos, so muss man ebenfalls die Hintergründe zu der Entstehung des Herzogtums Bayern ergründen. Hierbei ist besonders das Machtverständnis der bayerischen Herzöge wichtig und ihr Selbstverständnis der Herrschaft.[3] Die agilofingische Herrschaft über das Herzogtum Bayern ist verglichen mit anderen Herzogs-oder Königsgeschlechtern recht kurz bemessen, in ihrer Bedeutung jedoch nicht minder wichtig. Die Ursprünge des Herzogtums Bayern finden sich in der Spätantike, hierbei ist der Stamm der Bayern (Baiuwaren) der Jüngste von den mehreren Germanenstämmen, die sich im Laufe der Völkerwanderung in den Gebieten des heutigen Deutschlands ansiedelten, bzw. im Gebiet des heutigen Bayern. 550 wird das Erste mal ein Fürst der Bayern genannt, Herzog Garibald.[4] Für die bayerischen Herzöge gilt jedoch Herzog Theodo als gesicherter Beginn einer kontinuierlichen Herzogsgeschichte, welche im 7. Jahrhundert ihren Ausgang hat mit der Geburt Theodos ca. 670/680.[5] Sein Sohn Odilo war es dann, der die Herrschaft der Agilofinger über Bayern festigte. So sichert der dritte Titel der "Lex Bajuwariorum“ den „...Agilofingern als herzoglichem Geschlecht...“[6] die Nachfolge, als dass nur Abkömmlinge des agilofingischen Geschlechts die Herzogswürde erhalten sollen. Des Weiteren waren die Herzöge der Bayern stets bedacht, günstig zu heiraten, sodass sich ihr Ansehen und Prestige vergrößert. So wird die Beziehung zwischen den Bayern und den Langobarden, die sich im nördlichen Italien niedergelassen hatten, durch Heirat enger. Herzog Garibald war es, der eine seiner Töchter mit dem Herzog der Langobarden verheiratete, um sich so ein möglichen Bündnispartner an der Südflanke seines Reiches zu sichern.[7] Ebenso wichtig war die Kirche, um die Herrschaft der Agilofinger zu konsolidieren. Die Christianisierung Bayerns kann man den Agilofingern anrechnen, daher erfolgte die Missionierung der heidnischen Bayern stets durch die Unterstützung der bayerischen Herzöge.[8]

Die Beziehung zwischen Bayern und den Langobarden waren stets von freundschaftlicher Natur, lässt man ein Grenzzwischenfall um 680[9] außer Acht, waren sie immer gute Verbündete. Durch ständige Heirat untereinander formte sich ein enger Bund, der noch durch militärische Allianzen gefestigt wurde.[10] Diese Absicherung der südlichen Grenze und die guten Beziehungen zu dem befreundeten Stamm der Alemannen im Westen, ließen den bayerischen Herzögen genug Raum für Expansion im Osten, wo slawische Stämme siedelten. Hierhin zog es auch der Expansionswille einiger bayerischer Herzöge wie Odilo oder Tassilo.[11]

Lange war die Westgrenze nicht gesichert, denn der Stamm der Alemannen war zu schwach, als dass er sich der fränkischen Expansion zur Wehr hätte setzen können. So geschah es, dass die Alemannen um 540 vom fränkischen König Theodebert I. ins fränkische Reich eingegliedert wurden.

Herzog Odilo wagte sogar dann um 740 einen Feldzug gegen den fränkischen Hausmeier Karl Martell, der seit 737 ohne einen fränkischen König geherrscht hatte. Hierbei beteiligten sich ebenfalls Alemannien und Aquitannien, wobei auf bayerischer Seite sogar slawische und sächsische Einheiten zum Einsatz kamen. Trotz der zahlenmäßigen Überlegenheit unterlag Odilo gegenüber Karl Martell, welcher durch den Friedensschluss das damals zum Herzogtum Bayern gehörende Nordgau erhielt. Des Weiteren verlor Bayern den bisherigen Vorposten in Lauterhofen, welcher sich an der damaligen Nordgrenze Bayerns befand.[12]

Dieser Krieg kann als erster Bruch der Beziehung zwischen dem Frankenreich und Bayern angesehen werden, da Odilos Sohn, Tassilo III., nach seinem Vater den Thron besteigt, war die Beziehung dieser beiden Reiche bereits beschädigt. Als jedoch sein Vater 748 starb, war er noch zu jung, sieben Jahre alt, um die Regierungsgeschäfte zu übernehmen. Er befand sich daher unter der Obhut seiner Mutter Hiltrud, nach ihrem Tod übernahm Frankenkönig Pippin die Vormundschaft. Dadurch verbrachte Tassilo einige Zeit am fränkischen Hofe Pippins oder in dessen Feldlager.[13]

In vielerlei Hinsicht kann man sagen, dass die Besiedelung neuer Gebiete durch die bayerischen Herzöge erfolgreich war. Durch die genannte Expansion im Osten war genug Platz vorhanden, um neue Flächen zu besiedeln und für die Landwirtschaft nutzbar zu machen. Es wurden aber nicht nur die neuen Gebiete im Osten besiedelt, ebenso wurden auch im Norden und im Westen gesiedelt, wie man an der Nordgau sehen kann.[14] Durch diese Expansion nach allen Richtungen, wuchs der Machteinfluss der bayerischen Herzöge an. Trotzdem waren die Siedler im Osten des Landes stets bedroht durch mögliche Einfälle und Plünderungen der Slawen oder der Awaren, später der Ungarn.

3. Charakterisierung der Person Tassilo

Tassilo III. wurde 741 als Sohn des Odilo und der Hiltrud geboren, wobei er nach dem Tod Odilos mit sieben Jahren die Nachfolge seines Vaters antrat. Die Person Tassilos lag stets im Schatten Karls, so berichten die zeitgenössischen Quellen hauptsächlich von Karl. In Einhards „ Vita Karoli Magni“ gilt er als „Übermütig“ und „Töricht“.[15] Betrachtet man ihn jedoch abseits dieser Quellen, tut sich das Bild von einem klugen und expansionistischen Herrscher auf. Sein Selbstverständnis als Herzog von Bayern war größer als sein Titel selbst. Geradezu königsgleich regierte er.[16] Die eigenständige Kirche in Bayern ist nur ein Beweis dafür. Er war stets bestrebt, die Unabhängigkeit Bayerns aufrecht zu erhalten, was ihm scheinbar die Missgunst einiger bayerischer Adliger kostete. Diese waren es dann, die sich auf die Seite Karls des Großen schlugen, als dieser gegen das Herzogtum Bayern und Tassilo zog.[17]

Zur Hochzeit der Regierung Tassilos führte er einige Feldzüge gegen die Slawen und Awaren im Osten seines Reiches, um den Machtbereich des Herzogtums Bayern auszuweiten. Erfolgten diese Feldzüge als Expansion des Herzogtums, waren sie doch gezeichnet von der Intelligenz Tassilos, welche diese Feldzüge unternahm, um die Sicherheit Bayerns im Osten zu konsolidieren und zu gewährleisten. Der Grund waren die östlich von Bayern liegenden Stämme der oben genannten Slawen- und Awarenstämme, welche über ein unruhiges Gemüt verfügten und stets Plünderungszüge in die östlichen Gebiete Bayerns unternahmen. Zudem zeigt sich ein politisches Kalkül bei Tassilo eingestellt zu haben bezüglich der Kirche in Bayern. Er gründete mehrere Klöster und es wurde der damals größten Kirchenbau nördlich der Alpen unter seiner Herrschaft errichtet, der Virgildom.[18] Dies erfolgte zwar aufgrund der Tatsache, dass Tassilo Christ war, jedoch ebenfalls um sich der Gunst der Kirche gewiss zu sein.

Exemplarisch für sein politisches Geschick steht die Hochzeit mit der Tochter des Langobardenkönigs Desiderius, Luitbirg oder Luitpirc. Diese Hochzeit war der Zündstoff für eine Intrige und das politische Ende der agilofingischen Herrschaft über Bayern, sowie im Nachhinein bedeutete sie der Untergang für das bayerische Herzogtum.

4. Der Konflikt

Erste Ursprünge des Konfliktes zeigen sich bereits zur Regierungszeit Odilos, wobei dieser sich in einen Krieg mit dem fränkischen Hausmeier Pippin begab.

[...]


[1] Vgl. Kolmer, Lothar: Tassilo III. von Bayern – Großmacht und Ohnmacht im 8. Jahrhundert, Friedrich Pustet, Regensburg 2005, S. 10

[2] Einhard: Vita Karoli Magni – Das Leben Karls des Großen, Reclam, Stuttgart 1996, S. 24 „Veranlaßt wurde er durch den Übermut und die Torheit des Herzogs Tassilo“

[3] Vgl. Störmer, Wilhelm: Die Baiuwaren – Von der Völkerwanderung bis Tassilo III., C.H. Beck, München 2002, S. 87

[4] Vgl. Kraus, Andreas: Geschichte Bayerns – Von den Anfängen bis zur Gegenwart, C.H.Beck, München 2004, S. 23

[5] Vgl. Störmer, S. 78

[6] Vgl. Störmer, S. 51

[7] Vgl. Störmer, S. 69

[8] Vgl. Kraus, S. 31-32

[9] Vgl. Kraus, S. 35

[10] Vgl. Zehrfeld, Klaus: KARL DER GROSSE gegen Herzog Tassilo III. von Bayern – Der Prozess vor dem Königsgericht in Ingelheim 788, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2011, S. 24

[11] Vgl. Störmer, S. 84

[12] Vgl, Kraus, S. 37

[13] Vgl, Kraus, S. 37

[14] Vgl, Kraus, S. 22

[15] Vgl, Einhard, S. 25

[16] Vgl, Störmer, S. 87

[17] Vgl, Störmer, S. 91

[18] Vgl, Störmer, S. 88

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Tassilo III. und Karl der Große. Der Prozess von Ingelheim
Note
1,89
Autor
Jahr
2014
Seiten
14
Katalognummer
V282473
ISBN (eBook)
9783668703582
ISBN (Buch)
9783668703599
Dateigröße
523 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geschichte, Mittelalter, Tassilo, Karl der Große, Bayern
Arbeit zitieren
Adrian Schenz (Autor:in), 2014, Tassilo III. und Karl der Große. Der Prozess von Ingelheim, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/282473

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