Kontrastiv-linguistische Analysen der koreanischen Sprache

Koreanisch – Deutsch


Forschungsarbeit, 2014

182 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Kausalitätsmarkierungen im Deutschen und im Koreanischen
1.0 Einleitung
2.0 Kausalitätsmarkierungen im Deutschen
2.1 Eigentliche Kausalsätze
2.2 Finalsätze
2.3 Konditionalsätze
2.4 Konzessivsätze
2.5 Konsekutivsätze
3.0 Kausalitätsmarkierungen im Koreanischen
4.0 Ausblick/Forschungsdesiderate
5.0 Literatur

II. Funktionsverbgefüge im Deutschen und im Koreanischen
1.0 Einleitung
2.0 Funktionsverbgefüge im Deutschen
2.1 Morphologische Beschreibung
2.2 Syntaktische Struktur
3.0 Funktionsverbgefüge im Koreanischen
3.1 Syntaktische Struktur
4.0 Zur semantischen Leistung der Funktionsverbgefüge
5.0 Zusammenfassung
6.0 Literatur

III. Konjunktionen im deutsch-koreanischen Sprachvergleich
1.0 Einleitung
2.0 Zur Differenzierung der Konjunktionen im Deutschen und im Koreanischen
3.0 Schwierigkeiten koreanischer Lerner beim Erwerb der deutschen Konjunktionen
4.0 Zusammenfassung
5.0 Literatur

IV. Präpositionen und Postpositionen im deutsch-koreanischen Sprachvergleich
1.0 Einleitung
2.0 Die Präpositionen im Deutschen
3.0 Die Postpositionen im Koreanischen
4.0 Präpositionen in der Lernersprache koreanischer Deutschlerner
5.0 Fazit
6.0 Literatur

V. Adverbien und Adverbialien im Deutschen und Koreanischen - Schwierigkeiten des Erwerbs der deutschen Adverbien und Adverbialien durch koreanische Lerner des Deutschen
1.0 Einleitung
2.0 Adverbien und Adverbialien im Deutschen
3.0 Adverbien und Adverbialien im Koreanischen
4.0 Fehler in der Verwendung von Adverbien bei koreanischen Lernern des Deutschen
5.0 Zusammenfassung
6.0 Literatur

VI. Der Quotativ - die indirekte Rede im Deutschen und im Koreanischen
1.0 Einleitung
2.0 Die indirekte Rede im Deutschen
3.0 Die indirekte Rede im Koreanischen
4.0 Zusammenfassung und Fazit
5.0 Literatur:

VII. Onomatopöie am Beispiel des Koreanischen
1.0 Einleitung
2.0 Funktionen von Onomatopoetika
3.0 Onomatopoetika im Koreanischen
4.0 Fazit
5.0 Literatur:

VIII. Sprichwörter im Deutsch-Koreanischen Sprachvergleich
1.0 Einleitung
2.0 Sprichwörter im Deutschen und im Koreanischen
3.0 Fazit
4.0 Literatur:

IX. Schimpf- und Tabuwörter im Deutschen, Englischen und Koreanischen
1.0 Einleitung
2.0 Schimpf- und Tabuwörter im Deutschen
3.0 Schimpf- und Tabuwörter im Englischen
4.0 Schimpf- und Tabuwörter im Koreanischen
5.0 Fazit
6.0 Literatur

X. Lehnwörter und Fremdwörter im Kontext ihrer Etymologie
1.0 Einleitung
2.0 Fremdsprachliche Transferenzen im Deutschen
2.1 Die englischen Transferenzen im Deutschen
2.2 Die niederländischen Transferenzen im Deutschen
2.3 Die skandinavischen Transferenzen im Deutschen
2.4 Die jiddischen Transferenzen im Deutschen
3.0 Fremdsprachliche Transferenzen im Koreanischen
4.0 Fazit
5.0 Literatur

XI. Der Satz im Koreanischen
1.0 Einleitung
2.0 Satzmuster und Satztypen im Koreanischen
3.0 Fazit
4.0 Literatur

I. Kausalitätsmarkierungen im Deutschen und im Koreanischen

1.0 Einleitung

Im vorliegenden Beitrag sollen die Möglichkeiten der Kausalitätsmarkierung im Deutschen und im Koreanischen erörtert werden.

Der Kausalzusammenhang wird von Hartung (1961, 55) als „eine spezifische Relation zwischen zwei Sachverhalten (Erscheinungen) definiert, die dann gegeben ist, wenn der eine Sachverhalt den anderen notwendig hervorbringt. Der Sachverhalt, der den anderen hervorbringt, ist die Ursache, der hervorgebrachte die Wirkung“. Kausalzusammenhänge bestehen also im Kern immer in einer Ursache-Wirkung-Beziehung.

Der Duden (1998, 791) weist darauf hin, dass der Begriff der Kausalität auf sprachliche Äußerungen der Alltagssprache „nicht im wissenschaftlich strengen Sinn“ angewandt werden kann. Diese Ansicht wird anhand der folgenden Beispiele belegt:

Weil der Motor kaputt war, brannte auch das Lämpchen nicht mehr.

Weil das Lämpchen nicht mehr brannte, war der Motor kaputt.

Laut Duden (ebd.) lassen sich die Unterschiede zwischen den Teilsätzen anhand der folgenden Paraphrasen verdeutlichen:

Dass der Motor kaputt war, war der Grund dafür, dass auch das Lämpchen nicht mehr brannte.

Dass das Lämpchen nicht mehr brannte, war ein Zeichen dafür, dass der Motor kaputt war.

Nur in dem ersten Beispielsatz stecke hinter der Konjunktion weil tatsächlich eine Kausalbeziehung. Der zweite Fall sei als eine Art Symptombeziehung zu verstehen.

Obwohl Satzgefüge der „Symptombeziehung“ gegen die Sprachlogik im strengen Sinne verstießen, kämen sie in der Alltagssprache relativ häufig vor.

Hinsichtlich der sprachlichen Realisierungsmöglichkeiten der Kausalität durch Kausalsätze im weiteren Sinne differenziert Jude (1972, 273) zwischen den folgenden fünf Satztypen:

- eigentliche Kausalsätze (Begründungssätze)
- Finalsätze (Absichtssätze)
- Konditionalsätze (Bedingungssätze)
- Konzessivsätze (Einräumungssätze)
- Konsekutivsätze (Folgesätze)

Kausalitätsmarkierende Wortklassen sind im Wesentlichen die kausalen Konjunktionen, die Kausaladverbien und die kausalen Präpositionen. Drosdowski (1984, 376) zählt zu den kausalen Konjunktionen die Konjunktionen denn und weil, wobei denn ausschließlich zwischen Sätzen stehen kann (Duden 1998, 403):

Wir gingen wieder ins Haus, denn es war draußen sehr kühl geworden.

Das schlechte, weil fehlerhafte Buch. Das Buch ist schlecht, weil fehlerhaft.

Während mit denn und weil eine Begründung ausgedrückt (rein kausal) wird, wird mit wenn auch eine Einräumung (konzessiv) markiert:

Der gute, wenn auch langsame Arbeiter …

Er arbeitet gut, wenn auch langsam.

Weil und wenn auch werden zwischen zwei Adjektive gesetzt (Duden 1998, 403).

Kausaladverbien wie darum oder folglich stehen in der Regel zwischen den Sätzen an erster Position. Es folgen das konjugierte Verb an zweiter und das Subjekt an dritter Position:

Er will arbeiten, darum hat er sein Zimmer gekündigt.

Durch Umstellung ist eine Positionierung der Kausaladverbien an dritter Stelle möglich:

Er will arbeiten, er hat darum sein Zimmer gekündigt.

Weitere kausale und logische Adverbien sind u.a. deswegen, nämlich, anstandshalber, meinethalben, demzufolge, somit etc.

Kausale und logische Adverbien gehören laut Duden (1998, 370f.) zusammen mit den konditionalen und konsekutiven Adverbien, den konzessiven, restriktiven und adversativen Adverbien und den interrogativ und relativisch gebrauchten Konjunktionaladverbien zur Gruppe der Konjunktionaladverbien. Konjunktionaladverbien nehmen „eine Zwischenstellung zwischen Adverbien und Konjunktionen ein“ (Duden 1998, 370) und setzen Gegebenheiten oder Sachverhalte zueinander in Beziehung oder verbinden sie.

Zu den kausalen Präpositionen im weitesten Sinne rechnet der Duden (1998, 370) die folgenden:

angesichts, anlässlich, auf, aus, behufs, bei, betreffs, bezüglich, dank, durch, für, gemäß, halber, infolge, kraft, laut, mangels, mit, mittels(t), nach, ob, seitens, trotz, über, um, um … willen, unbeschadet, ungeachtet, unter, vermittels(t), vermöge, von, vor, wegen, zu, zufolge, zwecks.

Der Duden (1998, 390) weist darauf hin, dass Präpositionen wie behufs, betreffs, bezüglich, mangels, seitens, vermittels(t) und zwecks als Papierdeutsch gelten.

Wegen und für gehören nach Drosdowski (1984, 376) zu den kausalen bzw. konsekutiven Präpositionen im engeren Sinne:

Sie konnten wegen des Regens nicht gehen.

Er ist zum Weinen glücklich.

Im folgenden Kapitel stehen nun zunächst die kausalen Satztypen im Deutschen im Mittelpunkt. Anschließend wird näher auf die syntaktische Struktur von Kausalsätzen mit kausalen Konjunktionen eingegangen. Im dritten Kapitel werden die Möglichkeiten der Kausalitätsmarkierung im Koreanischen erörtert. Hierbei findet insbesondere die Verwendung von Kausaladverbien und kausalen Hilfspartikeln („connectors“) Berücksichtigung.

2.0 Kausalitätsmarkierungen im Deutschen

2.1 Eigentliche Kausalsätze

Eigentliche Kausalsätze bezeichnen den Grund der Hauptsatzhandlung auf die Fragen: Warum? Weshalb? Weswegen? Wodurch? Als Konjunktionen werden in den eigentlichen Kausalsätzen vornehmlich weil, da, denn und zumal verwendet.

„Da/Weil eine Baustelle eingerichtet wird, gibt es eine Umleitung. Die Tanzweisen vermischten sich, da in jedem Saal etwas anderes gespielt wurde, zu einem wilden, ohrenbetäubenden Lärm“.

(Duden 1998, 789)

Der eigentliche Kausalsatz kann auch durch die Konjunktion dass eingeleitet werden. Ihr entsprechen im Hauptsatz die Korrelate darum, deswegen, deshalb. Zu den in eigentlichen Kausalsätzen verwendeten Kausaladverbien gehören darum, deshalb, deswegen etc. Kausale Relationen können auch durch Präpositionen wie auf, aus, infolge, um …willen, vor, wegen etc. markiert werden.

2.2 Finalsätze

Ein Finalsatz gibt an, zu welchem Zweck sich das Geschehen im übergeordneten Satz vollzieht. Finalsätze werden häufig durch die Konjunktionen damit und dass eingeleitet. Ein finaler Nebensatz kann durch die Verwendung von darum, deswegen, deshalb, dazu im Hauptsatz angekündigt werden. Konjunktionale Nebensätze lassen sich durch um + zu + Infinitiv bzw. durch zu + Infinitiv substituieren.

2.3 Konditionalsätze

In einem Konditionalsatz wird die Bedingung genannt, unter der sich das im übergeordneten Satz genannte Geschehen vollzieht. Konditionalsätze werden häufig durch die Konjunktionen wenn oder falls eingeleitet. Als entsprechende Hauptsatzkorrelate können dann, als dann oder so auftreten.

2.4 Konzessivsätze

Der Konzessivsatz nennt einen Gegengrund zu dem im übergeordneten Satz genannten Sachverhalt. Konzessivsätze können durch die Konjunktionen obgleich, obwohl, obschon, wenn auch, wennschon, wenngleich etc. eingeleitet werden. Seltener kommen die Anschlussmittel ungeachtet und gleichwohl vor. Entsprechende Korrelate im Hauptsatz sind trotzdem oder dennoch. Als konzessive Kausaladverbien können u.a. dennoch, allerdings und indessen auftreten.

2.5 Konsekutivsätze

In einem Konsekutivsatz wird die Folge des im übergeordneten Satz genannten Sachverhalts angegeben. Konsekutivsätze können durch die Konjunktionen dass, sodass, als dass, um-zu, zu etc. eingeleitet werden.

„Es regnete stark, sodass die Wanderung recht anstrengend wurde. Sie hatte aber bald nach der Beerdigung angefangen, die Dinge der Welt mehr und öfter nach religiösen Gesichtspunkten zu beurteilen, sodass sie keine rechte Hilfe war und im Grunde der Aufsicht bedurfte.“ (Duden 1998, 792)

Die Markierung eines Konsekutivsatzes ist auch durch die Verwendung konsekutiver Konjunktionaladverbien wie also, so, folglich, infolgedessen, demnach, insofern etc. möglich.

In allen genannten Typen von Kausalsätzen können kausale Konjunktionen auftreten. Helbig/Buscha (1987, 445) unterscheiden zwei Gruppen von Konjunktionen nach ihrem Einfluss auf die Stellung des finiten Verbs in dem von einer Konjunktion eingeleiteten Satz, und zwar zum einen subordinierende und zum anderen koordinierende Konjunktionen. Hartung (1961, 42) verwendet mit derselben Bedeutung die Begriffe unterordnende und beiordnende Konjunktionen. Koordinierende (beiordnende) Konjunktionen verbinden zwei Hauptsätze miteinander. Das finite Verb steht in Zweitstellung hinter dem Subjekt:

Die Eltern fahren unbeschwert ab, denn die Tante sorgt für die Kinder.

Subordinierende (unterordnende) Konjunktionen leiten einen Nebensatz mit Endstellung des finiten Verbs ein:

Bei solch einem Wetter bleiben wir lieber im Hotel, zumal unsere Ausrüstung nicht gut ist.

Nebensätze mit Endstellung des finiten Verbs werden von Hartung (1961, 49) als Gliedsätze bezeichnet, die dazu gehörigen nicht-markierten Sätze als Hauptsätze. Gliedsätze sind inhaltlich unvollständige Sätze, die nicht allein stehen können. Drosdowski (1984, 669) betrachtet Gliedsätze als diejenigen Nebensätze, die an der Stelle eines Satzgliedes stehen. Der konjunktionale Gliedsatz und der nicht-konjunktionale Hauptsatz bilden eine syntagmatische Einheit. Während sich der konsekutive Gliedsatz inhaltlich aus einer vorangehenden Handlung ergibt und daher hinter dem Hauptsatz steht, können kausale Konjunktionalsätze dem Hauptsatz voran- oder nachgestellt werden.

3.0 Kausalitätsmarkierungen im Koreanischen

Im Koreanischen können Kausalzusammenhänge durch Kausaladverbien und sogenannte kausale Konnektoren („connectors“; An 1980, 205) markiert werden, die aus Hilfspartikeln bestehen. Nam/Ko (1985, 388) verwenden zur Bezeichnung der Konnektoren den koreanischen Begriff „yongyol-omi“. Hilfspartikeln (Suffixe) spielen in einer agglutinierenden Sprache wie dem Koreanischen eine zentrale Rolle zur Markierung von syntaktischen Beziehungen und Funktionskategorien. Hilfspartikeln als Endungsmorpheme können in terminale und konjunktionale Endungen untergliedert werden. Zusammen mit dem Wortstamm bilden die terminalen und konjunktionalen Endungen die prädikativen Endungen. Die prädikativen Endungen wiederum lassen sich in Hauptprädikate (Terminalformen) und Nebensatzprädikate (Konjunktionalformen) unterteilen. Die erstgenannten bilden den Schluss eines Einzelsatzes oder Satzgefüges, während letztere einen Nebensatz begrenzen und eine überleitende Funktion besitzen.

Semantisch können die Kausalsätze im weiteren Sinne, wie im Deutschen, in eigentliche Kausalsätze, Finalsätze, Konditionalsätze, Konzessivsätze und Konsekutivsätze differenziert werden, wobei die Finalsätze nach Nam/Ko (1985, 388ff.) in Absichts- und Zwecksätze gegliedert werden können. Im Folgenden werden nun die Möglichkeiten der Kausalitätsmarkierung durch Kausaladverbien und kausale konjunktionale Hilfspartikeln („connectors“) im Koreanischen näher erläutert. Die koreanischen Beispiele sind zur besseren Nachvollziehbarkeit für die Leserinnen und Leser in lateinischer Schreibweise wiedergegeben und nicht in der koreanischen Hangul-Schrift.

Kausaladverbien und kausale Hilfspartikeln zur Markierung eigentlicher Kausalsätze

Kausaladverbien

kuromuro: also, darum, deshalb, deswegen, folglich

woenjahamjon: weshalb, weil

guraeso: aus diesem Grund, daher, darum, deshalb, folglich

Hilfspartikeln

-ni (kka): weil
-ki-ttaemune: weil
-toni: weil
-(u)muro: dadurch, dass, da
-killae: dadurch, dass
-kkadalke: aus dem Grund, dass

Hilfspartikeln zur Markierung von Finalsätzen

-ke: damit, um zu
-ro: um zu
-ryo: um zu
-ki-wihajo: um zu

Es existieren keine Kausaladverbien zur Markierung eines Finalsatzes.

Kausaladverbien und kausale Hilfspartikeln zur Markierung von Konditionalsätzen

Kausaladverbien

gurotchianumyon: wenn nicht

-guraeyo: nur (dann), wenn

Hilfspartikeln

-myon: wenn
-(k)odun: wenn
-ttaraso: demnach, demzufolge
-rado: selbst wenn
-dorado: selbst wenn
-mangjeong: obgleich
-chionjeong: wenn auch
-jindae: gesetzt den Fall

Der Hilfspartikel –myon können die Adverbien manjake oder manile zur besonderen Betonung vorangestellt werden.

Kausaladverbien und kausale Hilfspartikeln zur Markierung von Konzessivsätzen

Kausaladverbien

-guromedobulguhago: trotzdem

Hilfspartikeln

-to: obgleich, selbst wenn
-kiro: trotz
-kodo: wenn auch
-sodo: wenn auch
-myonsodo: obgleich
-rado: selbst wenn
-dorado: selbst wenn
-(k)onul: obgleich
-ttaraso: demnach, demzufolge
-kirosoni: selbst wenn
-toe: obgleich
-na: wenn auch
-nama: wenn auch
-mangjong: obgleich
-chionjong: wenn auch
-chirado: selbst wenn

Bei den Hilfspartikeln –to, -rado, -na, -nama, -mangjong, -chionjong und -chirado kann das Adverb birok zur Betonung am Anfang des markierten Satzes stehen.

Kausaladverbien und kausale Hilfspartikeln zur Markierung von Konsekutivsätzen

Kausaladverbien

-kolgoajouro: folglich

Hilfspartikeln

-torok: bis dass
-ke: so dass
-hane: soviel, soweit
-isang: insoweit

Im Koreanischen markieren die Konjunktionalformen das Prädikat eines Nebensatzes, der einem anderen Satz nebengeordnet und in der Regel vorangestellt ist. Die Satzglieder werden dabei nicht umgestellt, sondern die Terminalform lediglich mit der Konjunktionalform vertauscht. Mehrere Nebensätze können ein Satzgefüge bilden, an dessen Ende ein Hauptsatz mit terminalem Prädikat steht.

Pi-ga mani o-n-da. Kil-i maeu ji-l-da.

(Regen – NS viel komm – PS – tE Straße – NS sehr naß – PS – tE)

Es regnet viel. Die Straße ist sehr nass.

NS: Nominativsuffix

PS: Präsenssuffix

tE: terminale Endung

Pi-ga mani o-myon kil-i maeu jil-da.

(Regen – NS viel komm – K – Straße – NS sehr nass – PS – tE)

Wenn es viel regnet, wird die Straße sehr nass.

Die Straße wird sehr nass, wenn es viel regnet.

NS: Nominativsuffix

K: konjunktionale Hilfspartikel

PS: Präsenssuffix

tE: terminale Endung

Kanghan nunsatae-rul jesanghae-ss-ki-ttaemune uri-dul-un uri-dul-ui sop’ung-ul jongihae-ss-ta.

(stark – Schneefall – AS – vorausseh – Prät.S – K – wir – NS – unser – Ausflug – AS – verschieb – Prät.S – tE)

Weil man starke Schneefälle vorausgesagt hatte, mussten wir unseren Ausflug verschieben.

Wir mussten unseren Ausflug verschieben, weil man starke Schneefälle vorausgesagt hatte.

NS: Nominativsuffix

AS: Akkusativsuffix

Prät.S: Präteritumssuffix

K: konjunktionale Hilfspartikel

tE: terminale Endung

Werden Kausalsätze mit Kausaladverbien gebildet, so werden diese in der Regel nachgestellt und leiten einen Hauptsatz ein. Zwischen dem markierten und dem unmarkierten Satz kann ein Punkt oder Komma stehen.

Gu-nun jolsimi ilha-n-da. Guromuro gu-nun songgongha-lgos-ida.

(Er-NS fleißig arbeit-PS-tE. Darum (Ka) er-NS erfolg-wird-tE)

Er arbeitet fleißig, darum wird er Erfolg haben.

Er arbeitet fleißig, er wird darum Erfolg haben.

Gu-nun maeu sodul-oss-ta, guromedobulguhago gu-nun nomu nukke o-tta.

(Er-NS-sehr-beeil-Prät.S-tE, trotzdem-(Ka)-er-NS-zu spät komm-Prät.S-tE)

Er hat sich sehr beeilt, trotzdem kam er zu spät.

NS: Nominativsuffix

PS: Präsenssuffix

Prät.S: Präteriumssuffix

Ka: Kausaladverb

tE: terminale Endung

Es zeigt sich, dass die Gliedsätze im Koreanischen keine Satzumstellung erfahren. Vielmehr werden die konjunktionalen Hilfspartikeln an das Verb angehängt (S + … V + K, Hauptsatz). Auch die Hauptsätze mit Kausaladverbien erfahren im Koreanischen keine Umstellung. Sie werden nach dem Muster (Ka + S + … + V) gebildet.

4.0 Ausblick/Forschungsdesiderate

Ein zentrales Forschungsdesiderat stellt trotz bestehender umfangreicher linguistischer Vorarbeiten die detaillierte Erforschung des Erwerbs der Kausalität im Erst- sowie im Zweit- und Fremdsprachenerwerb dar.

Dittmann (2006, 88) weist darauf hin, dass Kinder im Erstspracherwerb erste Kausalsätze (weil …) erst dann bilden, wenn sie die Grundzüge der Temporalität beherrschen und allmählich die Idee der Verursachung eines Ereignisses durch ein anderes entwickeln. Dies ist ab einem Alter von durchschnittlich drei Jahren der Fall. Ab dem vierten Lebensjahr wäre dann auch die Bildung von Finalsätzen (damit …) möglich, denn Finalität sei „eine Art in die Zukunft gerichteter Kausalität“ (Dittmann ebd.). Der Erwerb der Konzessivität (obgleich …) und der Irrealität setzten den Begriff der Kausalität voraus und entwickelten sich im fünften Lebensjahr.

Cheon-Kostrzewa/Kostrzewa (1995) konnten für erwachsene koreanische Deutschlerner das Vorkommen der folgenden kausalindizierten Formen nachweisen:

Kausale Konjunktionen

weil, damit, um … zu, wenn, obwohl

Kausaladverbien

deshalb, deswegen, trotzdem

Kausale Präpositionen

für

Die von den untersuchten Probanden am variantenreichsten verwendeten kausalindizierten Formen waren die Konjunktionen weil und wenn. Sie wurden in den folgenden Strukturen verwendet (Cheon-Kostrzewa/Kostrzewa 1995, 169ff.):

weil + S + V + …-Struktur

weil uhm ich bes … mein vater/mein vater bezahle für mei:n uh studium viel geld uh:

Dieses Beispiel zeigt eine defizitäre Leistung im Bereich der Verbkonjugation. Anstelle der ersten Person Singular Indikativ Präsens Aktiv ich bezahle, sollte die dritte Person er bezahlt verwendet werden, denn das angesprochene Subjekt ist mein Vater. Die fehlerhafte Verbform wird möglicherweise dadurch verwendet, dass durch die Interviewsituation ein sehr persönlicher Bezug des Informanten zu den thematisierten Inhalten entsteht. Daher scheint das Zurückgreifen auf die erste Person Singular sehr intuitiv. Auch eine Übergeneralisierung der erworbenen Verbform ich bezahle auf andere Personen ist durchaus denkbar. Der Versuch zur Verbkonjugation wird in diesem Fall unternommen, weil der Monitor offenbar den Einsatz einer Infinitivform verbietet.

weil + S + … + V-Struktur

weil er hat … er uh: seine beruf … seine beruf ist uh:m diligent ja weil seine beruf diligent ist.

Hier liegt der erste Fall einer offensichtlichen Selbstkorrektur der Informantin M. vor. M. entscheidet sich zunächst für die Konstruktion weil sein(e) Beruf Dirigent ist, also eine Aufeinanderfolge von Subjekt + Verb + Prädikativum. Diese Struktur wird jedoch zurückgenommen und korrigiert in die Kausalstruktur weil sein Beruf Dirigent ist umgewandelt.

weil + (S) + … + V-Struktur

weil uh: nur lesen uh ein bisschen deutsche bücher lesen und übersetzen und

Auffällig an diesem Beispiel ist das Fehlen eines Subjekts im Anschluss an den kausalen Marker weil. Die hier wahrscheinlich intendierte Proposition in Korea liest und übersetzt man nur bzw. in Korea haben wir/habe ich nur gelesen und übersetzt, wird syntaktisch fehlerhaft bzw. defizitär realisiert. Unterstellt man eine beabsichtigte Allgemeinaussage, so könnte die ansonsten fehlerhafte Infinitivform in eine korrekte Infinitivkonstruktion der Art man lernt nur lesen und übersetzen überführt werden. In diesem Fall wären bestimmte Teile der Konstruktion korrekt realisiert.

weil + (S) + V … -Struktur

weil uh: mein … mein uh:m mein interessant … interessant uh: ist über frauenforschung oder frauenemanzipation usw.

In diesem Beispiel fällt die fehlerhafte grammatikalische Umsetzung des Subjekts auf. Eine komplette Struktur, etwa in der reflexiven Form ich interessiere mich für, oder in der Formulierung mein Interesse liegt im Bereich ...ist nicht auszumachen. Statt des intendierten Subjekts Interesse wird das Adjektiv interessant subjektivisch und damit fehlerhaft verwendet. Die Verwendung reflexiver Verbformen stellt für koreanische Lerner eine besondere Schwierigkeit dar, die zwar registriert, aber zumeist noch nicht aufgelöst werden kann. Strategisch begeben sich die Lerner folglich im Sinne einer Vermeidungsstrategie auf die Suche nach einer adäquaten Substitution für die reflexive Verbform.

weil + … + V + S-Struktur

weil uh: unserer wohnheim … wohnheim leben uh: algerisch men … man + reich/und uh: deutsche und koreani … koreani … koreanerin ich (lacht) und uh: 1 uh: verschiedene … verschiedene … länder

Diese Äußerung wird mit einer lokalen adverbialen Bestimmung (in unserem Wohnheim) eingeleitet. Im Anschluss an diese Struktur folgt eine Verb + Substantiv-Struktur, obwohl das Verb in Finalposition erscheinen sollte. Die subjunktionale Verwendung von weil in der Äußerung weil in unserem Wohnheim viele Ausländer leben scheint akzeptabler als die konjunktionale Verwendung weil in unserem Wohnheim leben viele Ausländer, obwohl auch die zweite Variante unter Zugrundelegung der Normen der gesprochenen Sprache möglich erscheint.

weil + S + … + V2 + V1-Struktur

ja weil uh ich … uh: weil ich … uh: 2 sehr viele/verschiedene/frauen treffen/hatte getroffen hatte ja +

In diesem Beitrag mit der syntaktischen Struktur Konjunktion (weil) + Subjekt + Vollverb + Hilfsverb fällt die gelungene Selbstkorrektur des Informanten auf. Während das Tempus des Plusquamperfekts zunächst fehlerhaft über eine Verwendung des Vollverbs treffen, also einer Infinitivform des Vollverbs realisiert wird, wird durch die Selbstkorrektur und Verwendung des Partizips getroffen, das Plusquamperfekt in adäquater Weise gebildet.

wenn + S + … + V, (dann) + S + V … -Struktur

i … wenn ich (kichert) später schlafen/ich gehe nicht an der uni/das ist … meinen rekord/ist (hustet) niedrig

Diese Lerneräußerung dokumentiert ein latentes Wissen um die Existenz einer wenn-dann-Struktur. Wenngleich der Marker dann nicht realisiert wird, so wird doch ein kausales Gefüge bestehend aus Bedingung (wenn ich später schlafen) und Folge (ich gehe nicht an der uni) aufgebaut.

wenn + S + … V, (dann) + S + V1 + … + V2-Struktur

aber benn/diese fakultelt/mir schlekt/is uh: ich/will: nach hannover gefahren

wenn + S + … + V, (dann) + S + V1 + … + (V2)-Struktur

wenn ich/unterricht/uh: (hustet) nicht teilnehme/ich kann nicht/mein noten

5.0 Literatur

An, D.H.: Semantics of Korean Tense Markers. Unveröffentlichte Dissertation. Georgetown University 1980.

Cheon-Kostrzewa, B.J./Kostrzewa, F.: „Die Verwendung kausaler Strukturen bei koreanischen Lernern des Deutschen“. In: Die Neueren Sprachen 94:2 (1995), 164-175.

Dittmann, J.: Der Spracherwerb des Kindes – Verlauf und Störungen. München 2006.

Drosdowski, G. et al.: Duden Band 4. Mannheim 1984.

Duden: Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. 6. neu bearbeitete Auflage. Mannheim 1998.

Hartung, W.: Systembeziehungen der kausalen Konjunktionen in der deutschen Gegenwartssprache. Dissertationsmanuskript. Berlin 1961.

Helbig, G./Buscha, J.: Deutsche Grammatik. Ein Handbuch für den Ausländerunterricht. Leipzig 1987.

Jude, W.: Deutsche Grammatik. Braunschweig 1972.

Nam, K.S./Ko, Y.K.: P’ojun kugo munpomnon (Koreanische Grammatik). Seoul 1985.

II. Funktionsverbgefüge im Deutschen und im Koreanischen

Im vorliegenden Artikel werden die morphologischen und syntaktischen Eigenschaften von Funktionsverbgefügen in einer kontrastiven Beschreibung und Analyse (Deutsch- Koreanisch) untersucht. Dabei erfahren die Eigenschaften von Funktionsverbgefügen im Koreanischen als einer agglutinierenden Sprache besondere Berücksichtigung. Schließlich wird der Frage nach der semantischen Leistung von Funktionsverbgefügen nachgegangen.

1.0 Einleitung

Bei den Funktionsverbgefügen handelt es sich nach Winhart (2005, 1) um »feste oder halbfeste Prädikatsausdrücke, die zwischen idiomatischen Verbindungen und Kollokationen« anzusiedeln sind. Als zweiteilige Konstruktionen, die als verbales Gefüge eine inhaltliche Einheit darstellen, bilden sie das Prädikat.

Während die eigentliche Bedeutung des Prädikats in die nominalen Glieder des Funktionsverbgefüges verlagert ist, haben die Funktionsverben ihre ursprünglich konkrete Bedeutung ihrer neuen Satzfunktion geopfert (von Polenz 1963, 11) und werden aus der Gruppe der finiten Verben als diejenige Gruppe von Verben ausgegliedert, die das Prädikat nicht allein ausdrücken können. Sie werden zu Hilfsverben, indem sie in einem spezifischen Kontext mit weitgehend reduziertem konzeptuellem Gehalt erscheinen (Heidolph et al. 1981). Winhart (2005, 1) betrachtet es für die Einstufung einer Konstruktion als Funktionsverbgefüge als elementar, dass das Verb als »semantisch leer« bezeichnet werden kann. Das Verb sei auf seine grammatischen Funktionen reduziert und markiere Tempus, Numerus, Person, Modus und Genus verbi.

In der Literatur finden sich verschiedene Bezeichnungen für die Funktionsverbgefüge. So werden sie u. a. als »nominale Umschreibungen« (Daniels 1963), »analytische Verbalverbindungen« (Riesel 1959), »Funktionsverbformeln« (von Polenz 1963) oder auch »Streckformen« (Schmidt 1966) bezeichnet. Winhart (2005, 2) erklärt die Entstehung des Begriffs »Streckform« für Funktionsverbgefüge aus dem Umstand, dass »die komplexe Verbindung durch ein einzelnes, dem Nomen zugrunde liegendes Verb ersetzt werden kann«. Sie kritisiert den Begriff der Streckform jedoch vor dem Hintergrund, dass dieser Begriff die Leistungen eines Funktionsverbgefüges in Relation zu dem zugrunde liegenden Verb unterschlage. Zu diesen gehörten neben pragmatischen Unterschieden auch die Möglichkeiten der Passivumschreibung und der Kausativierung. Wotjak/Heine (2005, 145) klassifizieren Funktionsverbgefüge als Phraseologismen unterhalb der Satzebene. Bei den Funktionsverbgefügen handele es sich um lexikalisierte, jedoch nichtidiomatische komplexe Prädikatsausdrücke (u. a. »unter Beweis stellen«, »Verwendung finden«, »in Kontakt treten“) bestehend aus Verb und Substantiv. Die Gesamtbedeutung sei in der Regel aus der Summe der Einzelbedeutungen erschließbar (Frege’sches Prinzip). Van Pottelberge (2001, 455) betrachtet die Verb-Substantiv-Verbindungen als ein sprachliches Phänomen, das sich nicht leicht definieren und abgrenzen lässt, da es unterschiedlichen linguistischen Teilbereichen zuzuordnen sei, u. a. der Phraseologie, der Wortbildung, der Lexikographie und der Stilistik. Wotjak/Heine (2005, 144) stimmen den von van Pottelberge formulierten Schwierigkeiten zwar zu, fordern jedoch von Linguisten und Lexikographen eindeutige Definitionen und begründete Grenzziehungen. Nach Wotjak/Heine (2005, 145) teilen sich die Funktionsverbgefüge zusammen mit den Wortidiomen und Kollokationen das Merkmal der Abrufbarkeit als Entitäten. Anders als die Funktionsverbgefüge zeichneten sich die Wortidiome jedoch teilweise durch die Verwendung unikaler Komponenten aus.

2.0 Funktionsverbgefüge im Deutschen

2.1 Morphologische Beschreibung

Nach Helbig/Buscha (1987, 93) lassen sich die Funktionsverbgefüge in zwei Hauptklassen untergliedern, nämlich in eine, in der das Funktionsverb mit einer Präpositionalgruppe auftritt und eine zweite, in der das Funktionsverb zusammen mit einem im Akkusativ stehenden nominalen Glied auftritt. Darüber hinaus gibt es eine kleinere Menge von Funktionsverben, die sowohl mit einer Präpositionalgruppe als auch mit einem im Akkusativ stehenden nominalen Glied auftreten können.

Zu den Funktionsverben, die ausschließlich mit einer Präpositionalgruppe auftreten können, gehören u. a. die folgenden:

sich befinden, bleiben, bringen, gehen, gelangen, geraten, kommen, liegen, sein, setzen, treten, versetzen.

Funktionsverben, die ausschließlich mit einem nominalen Glied im Akkusativ auftreten, sind u. a.anstellen, aufnehmen, ausüben, bekommen, besitzen, erfahren, erheben, erhalten, finden, genießen, leisten, machen, treten, üben, unternehmen.

Funktionsverben, die sowohl mit einer Präpositionalgruppe als auch mit einem nominalen Glied im Akkusativ auftreten können, sind u.a.:

führen, geben, haben, halten, nehmen, stellen.

Treten die Funktionsverben mit einer Präpositionalgruppe auf, so zumeist mit den Präpositionen auf, aus, außer, bei, hinter, in, um, unter und zu, wobei die Präpositionen in und zu besonders häufig auftreten. Die wesentliche Funktion der Präpositionen besteht in der Aktionsartbezeichnung.

Die Substantive in den Funktionsverbgefügen weisen einen festen Artikelgebrauch auf. Es steht entweder der Nullartikel oder aber der definite Artikel, der mit der vorangehenden Präposition obligatorisch verschmolzen ist. Der Artikel steht in der Regel beim Nomen actionis (z. B. zur Besinnung kommen, zur Ruhe kommen), und zwar vor allem in den Fällen, in denen der Artikel mit der Präposition verschmelzen kann. Daher heißt es ins Schwitzen kommen/bringen, zur Einsicht kommen/bringen, aber in Bewegung kommen/bringen, in Schwung kommen/bringen etc.

Typisch für die Funktionsverbgefüge ist auch der Verlust der Pluralfähigkeit. So existiert beispielsweise für die Sätze Diese Lösung kommt nicht in Frage und Der Student erfährt Förderung kein entsprechendes Pluraläquivalent. Die entsprechenden Sätze *Diese Lösungen kommen nicht in Fragen und *Der Student erfährt Förderungen sind ungrammatisch. Der Verlust der Pluralfähigkeit ist nur in wenigen Fällen aufgehoben (vgl. Wir stellen ihm eine Frage vs. Wir stellen ihm Fragen).

2.2 Syntaktische Struktur

Von Polenz (1963, 23) illustriert die zwischen den Funktionsverbgefügen und den freien Verbindungen bestehenden Unterschiede in der syntaktischen Struktur anhand folgender Beispielsätze:

Ich bringe das Geld zur Verteilung.

Ich bringe das Geld zur Buchhaltung.

Während im ersten Satz das Nomen Verteilung als Nomen actionis auftritt und mithin den Vorgang »verteilt werden« bezeichnet, dient das Nomen Buchhaltung im zweiten Satz nicht zur Vorgangsmarkierung, sondern zur Bezeichnung einer realen Größe. Die syntaktischen Unterschiede zwischen Funktionsverbgefügen und freien Verbindungen werden bei der Oppositionsbildung von Sätzen mit völliger lexikalischer Identität besonders augenfällig.

Das Bild kommt zur Versteigerung.

Der Maler des Bildes kommt zur Versteigerung.

Nach von Polenz (1963, 24) handelt es sich bei der syntaktischen Struktur des ersten Satzes um die Kombination von Leitglied, Funktionsverb und Nennglied, während im zweiten Satz ein Vollverb mit einer ergänzenden Zielgröße kombiniert wird.

Kontrovers wird in der Literatur (Heringer 1968, Engelen 1968, Helbig/Buscha 1987) die Frage nach dem Gesamtspektrum der Funktionsverbgefüge diskutiert.

Neben den bereits erwähnten Verbindungen von Funktionsverb und Präpositionalgruppe sowie Funktionsverb und Substantiv im Akkusativ werden gelegentlich auch Verbindungen des Typs Funktionsverb und Substantiv im Nominativ, Funktionsverb und Substantiv im Dativ sowie Funktionsverb und Substantiv im Genitiv zu den Funktionsverbgefügen hinzugerechnet. Die jeweiligen Typen sollen anhand der folgenden Beispiele illustriert werden.

Typ 1: Funktionsverb + Präpositionalgruppe

Das Verfahren kommt zur Anwendung.

Typ 2: Funktionsverb + Substantiv im Akkusativ

Er nimmt von dem Einspruch Kenntnis.

Typ 3: Funktionsverb + Substantiv im Nominativ

Zwischen den Delegierten besteht keine Übereinstimmung.

Typ 4: Funktionsverb + Substantiv im Dativ

Wir unterziehen den Doktoranden einer Prüfung.

Typ 5: Funktionsverb + Substantiv im Genitiv

Dieses Thema bedarf noch einer genaueren Untersuchung.

2.2.1 Ersetzbarkeit

Funktionsverbgefüge können in vielen Fällen durch entsprechende Vollverben bzw. durch Kopula und Adjektiv ersetzt werden. Winhart (2005, 7) illustriert dies an folgenden Oppositionspaaren:

Er brachte seine Papiere in Ordnung vs. Er ordnete seine Papiere.

Er kommt in Verlegenheit vs. Er wird verlegen.

Problemfälle, in denen eine solche Substituierung jedoch nicht möglich ist, sind nach Winhart (ebd.) u. a. in Einklang bringen und im Wettbewerb stehen.

Es hat den Anschein, als ob teilweise durch die Funktionsverbgefüge Lücken im lexikalischen System der deutschen Sprache geschlossen werden können.

2.2.2 Anaphorisierbarkeit

In den lexikalisierten Funktionsverbgefügen können die nominalen Bestandteile nicht durch ein Pronomen oder ein Pronominaladverb ersetzt werden.

Er gab dem Kind Brot. (Vollverb)

Er gab es dem Kind.

Er gab dem Kind Antwort. (Funktionsverb)

-Er gab sie dem Kind.

Wir gehen zur Veranstaltung.

Wir gehen dorthin.

Die Sache kam zur Verhandlung.

-Die Sache kam dahin.

Auf die in der Regel nicht mögliche Anaphorisierbarkeit und Erfragbarkeit der nominalen Bestandteile eines Funktionsverbgefüges verweist auch Detges (1996, 19) wenn er schreibt: »Auf syntaktischer Ebene sind N(FVG) keine E der FV und aus diesem Grund weder erfragbar noch anaphorisierbar«. Da das Nomen zusammen mit dem Verb das Prädikat bildet, kann es nicht als Ergänzung des Verbs betrachtet werden. Somit erweist sich der Nicht-Ergänzungsstatus des N(FVG) vor allem durch die fehlende Anaphorisierbarkeit und Erfragbarkeit des N(FVG).

2.2.3 Erfragbarkeit

Die in lexikalisierten Funktionsverbgefügen stehenden Präpositionalgruppen und Akkusative sind nicht unmittelbar erfragbar. Die Verbalphrasen in den folgenden Sätzen haben eine identische syntaktische Struktur, aber unterschiedliche Funktionen:

Das Bild kommt zur Versteigerung. (*Wohin kommt es?)

Der Maler kommt zur Versteigerung. (Wohin kommt er?)

Die Maschine wurde in Gang gebracht. (= Funktionsverb) (*Wohin wurde sie gebracht?)

Er versetzte das Kind in Schrecken. (= Funktionsverb) (*Wohin versetzte er das Kind?)

Erfragbar und pronominalisierbar sind nach Winhart (2005, 28) jedoch die nicht-lexikalisierten, akkusativischen Funktionsverbgefüge. Winhart (ebd.) präsentiert zur Illustration die folgenden Beispiele:

a) Was erhob die Staatsanwaltschaft? Anklage.
b) Die Staatsanwaltschaft, die hinter der Vereinsfassade aus Hilfsbereitschaft und Edelmut Betrüger am Werke wähnte, erhob Anklage. Die schmolz im Prozess allerdings auf wenige Punkte zusammen.
c) Desto mehr muss man sich hüten, dort Anklage zu erheben, wo sie nicht gerechtfertigt ist.
d) Was hegte er beim letzten Spiel? Zuerst große Hoffnung, dann große Zweifel.
e) Nach dem ersten Durchgang hegte Schwabings Trainer Jürgen Pfletschinger noch Hoffnung. Doch sie wurde bald im Keim erstickt.
f) Heg nicht zu große Hoffnungen. Sie könnten enttäuscht werden.
(vgl. auch Heidolph et al. 1981, 442)
g) Was machte er gestern? Eine sensationelle Beobachtung.
h) Er machte gestern eine sensationelle Beobachtung. Er wird sie bald veröffentlichen.

Winhart (ebd.) hebt hervor, dass lediglich die Kombination Hoffnung hegen mit Hoffnung im Singular problematisch sei.

Die schlechte Erfragbarkeit und Pronominalisierbarkeit lexikalisierter akkusativischer Funktionsverbgefüge demonstriert Winhart (2005, 29) anhand folgender Beispiele:

a) Weißt du, was er von den guten Noten seiner Tochter nahm? *Absolut keine Kenntnis.
b) *Er nahm von den Noten zwar Kenntnis, aber sie erfreute ihn nicht.
c) Dieses Verfahren findet nur in der Industrie Anwendung. Was findet dieses Verfahren? *Anwendung in der Industrie.

2.2.4 Modifizierbarkeit

Die Möglichkeiten, Substantive in Funktionsverbgefügen durch adjektivische Attribute (oder Genitivattribute bzw. Präpositionalattribute) zu erweitern, sind deutlich eingeschränkt. Eine nähere Bestimmung des Gefüges ist nur mit Hilfe eines Adverbs möglich.

-zum guten Ausdruck kommen

gut zum Ausdruck kommen

-zur schnellen Wirkung kommen

schnell zur Wirkung kommen

-Der Betriebsleiter nahm von den Beschlüssen schnelle Kenntnis.
-Er brachte die Angelegenheit zur sofortigen Sprache.
-Er kommt nicht in (eine) Frage der Wichtigkeit.
-Wir bringen ihn in Verlegenheit von Dauer.

Heringer (1968, 49) weist darauf hin, dass einige Substantive in Funktionsverbgefügen durch Attribute erweiterbar sind.

Er stellt hohe (beachtliche, geringe) Anforderungen an seine Mitarbeiter.

Er bringt sie in große (schreckliche) Verlegenheit.

In manchen Fällen konkurrierten Adverbialbestimmungen und Attribute ohne wesentlichen Bedeutungsunterschied miteinander (Heringer ebd.).

Wir bringen die Vorzüge zur vollen Geltung.

Wir bringen die Vorzüge voll zur Geltung.

zur vollen Wirkung kommen

voll zur Wirkung kommen

Das folgende Oppositionspaar jedoch enthält nach Helbig (1979, 279) eine semantische Differenzierung.

in schnelle Schwingung kommen

schnell in Schwingung kommen

Einige Substantive besitzen nach Helbig (ebd.) sogar ein obligatorisches Attribut, ohne das sie ungrammatisch wären.

-Die Versammlung nahm einen Verlauf.

Die Versammlung nahm einen ausgezeichneten Verlauf.

-Die Umstrukturierung nahm eine Entwicklung.

Die Umstrukturierung nahm eine günstige Entwicklung.

Helbig (ebd.) weist darauf hin, dass in diesen Sätzen eindeutig der semantische Aspekt dominiere. Eine Ergänzung, die sich im Allgemeinen auf das Grundverb beziehe, könne für das ganze Gefüge verwendet werden, wenn dieses semantisch eine Einheit bilde.

Winhart (2005, 9) betont, dass die Möglichkeit der Erweiterung eines Substantivs in einem Funktionsverbgefüge durch einen Relativsatz äußerst eingeschränkt ist.

-Die Kenntnis, die er genommen hat.

Ebenso problematisch sind:

-Die Gefahr, die er gelaufen ist.
-Der Ausdruck, zu dem er die Sache gebracht hat.

2.2.5 Stellungseigenschaften

Funktionsverbgefüge mit einer Präpositionalgruppe werden grundsätzlich durch nicht und nicht durch kein negiert. Es erfolgt also eine Satz- und keine Wortnegation.

Er setzte die Maschine nicht in Betrieb (= Funktionsverbgefüge)

-Er setzte die Maschine in keinen Betrieb.
-Er setzte die Maschine in Betrieb nicht.

[...]

Ende der Leseprobe aus 182 Seiten

Details

Titel
Kontrastiv-linguistische Analysen der koreanischen Sprache
Untertitel
Koreanisch – Deutsch
Autor
Jahr
2014
Seiten
182
Katalognummer
V282096
ISBN (eBook)
9783656777724
ISBN (Buch)
9783656797036
Dateigröße
1920 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lingusitische Analyse, Kontrastiv-Linguistisch, Deutsch, Koreanisch, Sprachvergleich, Sprachanalyse, Analyse, Linguistik
Arbeit zitieren
Prof. Dr. phil. Frank Kostrzewa (Autor:in), 2014, Kontrastiv-linguistische Analysen der koreanischen Sprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/282096

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