Kundenorientierung und Suchverhalten im POS


Forschungsarbeit, 2004

65 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Umweltpsychologie und Ladengestaltung
2.1 Aktivierungstheoretische Grundlagen der Umweltpsychologie
2.2 Kognitive Ansätze der Umweltpsychologie
2.2.1 Hemisphären- und Imageryforschung
2.2.2 Wahrnehmungstheorie
2.2.3 Gestalttheorie
2.3 Emotionale Ansätze der Umweltpsychologie
2.3.1 Das umweltpsychologische Verhaltensmodell nach Mehrabian und Russell
2.4 Weitere Ansätze der Umweltpsychologie

3. Kundenorientierung und Suchverhalten in der Einkaufsstätte

4. Die Befragung
4.1 Aufbau des Fragebogens
4.2 Problematik der Befragung
4.3 Frageformulierung
4.4 Anwendung des Fragebogens in der Projektsituation

5. Exemplarische Auswertung des Fragebogens
5.1 Die Ergebnisse des ersten Tages
5.2 Die Ergebnisse des zweiten Tages

6. Resümee

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Systematisierung umweltpsychologischer Ansätze (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Gröppel-Klein, 1991)

Abb. 2 Das System der psychischen Variablen (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Kroeber-Riel/Weinberg, 1999)

Abb. 3 Lambdakurve der Aktivierung (Quelle: eigene Darstellung)

Abb. 4 Variablen des kognitiven Systems (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an www.dominiquespecht.gmxhome.de/ Konsumentenverhalten_ss2000.doc)

Abb. 5 S-I-R-Modell (in Anlehnung an: Arora 1982)

Abb. 6 Das Verhaltensmodell von Mehrabian und Russell (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Kroeber-Riel/Weinberg 1999, S. 418)

Abb. 7 Konzeptionelles Modell zum Suchverhalten in Einzelhandelsunternehmen (in Anlehnung an Esch, Thelen 1997)

Abb. 8 S-O-R-Modell (in Anlehnung an: Arora 1982)

Abb. 9 Exemplarische Anwendung des konzeptionellen Modells zum Sucherverhalten auf die gegebene Projektsituation

Abb. 10 Schematische Darstellung der Faktoren des Käuferverhaltens (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Bänsch, 1989, S.4)

Abb. 11 Übersichtlichkeit des UWM am Tag 1

Abb. 12 Empfundene Suchzeit am Tag 1

Abb. 13 Bevorzugte Orientierung am Tag 1

Abb. 14 Bevorzugte Orientierung am Tag 1 (kategorisiert)

Abb. 15 Relation Besuch – Orientierung am Tag 1

Abb. 16 Beurteilung der Übersichtlichkeit einer spezifischen Käufergruppe am Tag 1

Abb. 17 Relation Besuch – Orientierung am Tag 2

Abb. 18 Übersichtlichkeit des UWM am Tag 2

Abb. 19 Empfundene Suchzeit am Tag 2

Abb. 20 Bevorzugte Orientierung am Tag 2

Abb. 21 Bevorzugte Orientierung am Tag 2 (kategorisiert)

Abb. 22 Orientierungsverhalten vor der neuen Sortierung

Abb. 23 Orientierungsverhalten nach der neuen Sortierung

Abb. 24 Bemerkte Veränderung

Abb. 25 Erkannte Veränderungen

1. Einleitung

Innerhalb unserer Arbeit stellen wir zum Thema Konsumentenforschung und Käuferverhalten zunächst umweltpsychologische Ansätze vor.

Auf dieser Grundlage beschreiben wir unser Projekt, in dem wir eine Problemstellung herausarbeiten und im Anschluss eine Problemlösung liefern werden.

Im theoretischen, umweltpsychologischen Teil konzentrieren wir uns in erster Linie auf die primär kognitiven und primär emotionalen Ansätze. Um ein besseres Verständnis für diese zu erzielen, gehen wir im Vorfeld explizit auf die Aktivierungstheorie ein. Ausgehend von diesem theoretischen Fundament stellen wir die konkrete Aufgabenstellung unseres Projektes dar. Wir werden zeigen, dass sich innerhalb unseres Projektes eine konkrete Problematik ergibt, die es zu lösen gilt. Die Problematik stellt sich in der Form dar, dass eine direkte Messung oder Beobachtung von Einstellungen und Motiven etc. des Konsumenten zu seinem individuellen Kaufverhalten nicht möglich ist. Dazu werden wir im Anschluss einen Lösungsansatz liefern.

Eine sinnvoll anwendbare Methode ist die der Befragung, die wir dann ausführlich beschreiben und anwenden werden. Dazu werden wir im Anschluss anhand von Beispielen eine exemplarische Auswertung zur Veranschaulichung vornehmen.

2. Umweltpsychologie und Ladengestaltung

Nach Terlutter[1] ist die Beziehung zwischen Mensch und Umwelt insbesondere durch fünf Faktoren gekennzeichnet:

- Die Umwelt wird vom Individuum ganzheitlich erlebt und wahrgenommen
- Die Beeinflussung durch die Umwelt erfolgt häufig unbewusst, das Individuum wird sich der Beeinflussung in der Regel nicht bewusst
- Die Wahrnehmung der Umwelt ist immer subjektiv, das heißt, objektive gleiche Reize können bei unterschiedlichen Individuen unterschiedliche Reaktionen auslösen
- Zentrale und periphere Reize können in der Wahrnehmung nicht getrennt werden, sie wirken immer zusammen
- Reize einer Umwelt können für die Individuen auch einen symbolischen Wert besitzen (z.B. Farben, hohe Räume)

Diese gerade genannten Rahmenbedingungen versuchen den Einfluss der physischen Umwelt, z.B. Farben, Formen, Bilder und Musik auf das menschliche Verhalten zu erklären. Daraus versucht man Erkenntnisse zur Verbesserung von Umweltqualität und Umweltattraktivität zu gewinnen.[2]

Ein Ansatz, der diesem Folge leistet, ist der umweltpsychologische Ansatz, auf dem wir nun schwerpunktmäßig eingehen werden. Nach Levin ist das Verhalten vom Individuum eine Funktion von Person und Umwelt (V=f(P, U)) und basiert auf einer Feldtheorie. Auch nach Veitch und Arkkelin[3] geht es um die wechselseitige Beziehung zwischen Individuum und Umwelt und stellt einen interdisziplinäreren Ansatz zur Erklärung der Wechselwirkung zwischen Mensch und physischer Umwelt dar. Gerade auch für den Handel ist es wichtig, diese Erkenntnisse aus der Umweltpsychologie bei der Gestaltung seiner Verkaufsräume (aktuelle Umwelt des Kunden) umzusetzen, da diesen beim Kaufprozess und bei den Kaufentscheidungen eine sehr wichtige Rolle zu Teil werden.

Die Umweltpsychologie geht davon aus, dass ein Individuum bestrebt ist, sich seines Umfeldes zu bemächtigen. Es versucht in einer ihm unbekannten Umgebung Orientierung zu finden, um anschließend diese neue Umwelt zu kategorisieren und um einen gefühlsmäßigen Gesamteindruck abgeben zu können. Es ist also erkennbar, dass die Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt durch mentale – emotionale und kognitive – Prozesse vermittelt wird.[4] Die Umweltpsychologie bedient sich ergo eines interdisziplinären Ansatzes. Erkenntnisse von Soziologen, Architekten, Anthropologen[5] und Gestalttheoretikern etc. werden berücksichtigt. Je nachdem, ob eher kognitive oder eher emotionale, durch die Umwelt hervorgerufene Prozesse Gegenstand des wissenschaftlichen Interesses sind, spricht man von dem ‚primär kognitiven’ bzw. ‚primär emotionalen’ Ansatz der Umweltpsychologie. Die Umweltpsychologie per se nimmt keine rigorose Trennung an dieser Stelle vor, denn man ist sich durchaus bewusst, dass die meisten psychischen Prozesse sowohl kognitive als auch emotionale Züge tragen.[6] Das Adjektiv ‚primär’ soll aus diesem Grund nur zum Ausdruck bringen, welcher innerer Vorgang überwiegt. Innerhalb dieser Arbeit möchten wir eine Übersicht der wichtigsten umweltpsychologischen Ansätze schaffen und diese im Einzelnen detailliert vorstellen.

Folgende Grafik soll die wichtigen Ansätze der Umweltpsychologie in einem systematischen Zusammenhang veranschaulichen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Systematisierung umweltpsychologischer Ansätze (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Gröppel-Klein, 1991)

Bevor wir nun aber auf den kognitiven und emotionalen Ansatz der Umweltpsychologie eingehen können, ist es unerlässlich, zunächst eine Einführung in die Aktivierungsforschung zu geben. Denn die Aktivierung beeinflusst maßgeblich sowohl die Verarbeitung von kognitiven als auch die Verarbeitung von emotionalen Prozessen.

2.1 Aktivierungstheoretische Grundlagen der Umweltpsychologie

Nach Kroebel-Riel und Weinberg[7] versorgt die sogenannte Aktivierung den Organismus des Individuums mit Energie und versetzt ihn in einen Zustand der Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit. Aktivierung ist also eine psychophysische Variable, die sich einerseits in bestimmten körperlichen Symptomen als Grad der Bereitschaft des Organismus oder einzelner Funktionssysteme zum Handeln bzw. zum Energieeinsatz ausdrückt, andererseits im Erleben als Gespanntheit oder Erregung zur Geltung kommen kann. Der lebende Organismus weist demnach jederzeit ein bestimmtes Aktivationsniveau (level of activation) auf.[8]

Der Begriff Aktivierung kann hierbei also mit ‚Erregung’ oder ‚innerer Spannung’ synonym verwendet werden. Demnach ist Aktivierung eine notwendige Vorraussetzung sowohl für alle psychischen Prozesse wie Emotionen, Motivationen und Einstellungen als auch für kognitive Prozesse wie Wahrnehmung, Entscheiden und Lernen.[9]

Antriebe versorgen das Individuum mit psychischer Energie und treiben das Verhalten an. Dabei folgen der Aufnahme eines Reizes zunächst aktivierende Prozesse, d.h. unspezifische innere Erregungen. Diese unspezifischen Erregungsvorgänge nennt man dabei ‚allgemeine innere Spannungen’, sie werden auch als ‚allgemeine Aktivierung’, als ‚Aktivierung’ oder ‚Aktiviertheit’ bezeichnet. Die Aktiviertheit ist ein zentralnervöser Erregungsvorgang, welcher den gesamten Funktions-ablauf im gesamten Organismus stimuliert. Bei der spezifischen Aktivierung handelt es sich hingegen um ein zentralnervöses Erregungs-muster, das nicht den gesamten Organismus, sondern nur bestimmte Funktionen stimuliert. Die spezifische Aktivierung veranlasst also, dass psychische Energie nur spezifischen Verhaltensweisen zugute kommt. Die allgemeine und die spezifische Aktivierung stehen dabei in einer ständigen Wechselwirkung.

Bei der Untersuchung des Hirnstamms einer Katze durch D.B. Lindsley et al. (1949) und H.W. Magaun und G. Moruzzi (1949) entdeckte man unspezifische Aktivierungsstrukturen und konnte psychologische Theorien der Aktivierung als Basis menschlichen Verhaltens bestätigen. , Dies wurde schon von Wilhelm Wundt (1874) und auch von K.E. Duffy (1962) postuliert. Man fand heraus, dass das Kontinuum von Tiefschlaf bis zur wachen Aufmerksamkeit nicht nur passiv abhängig von der aktuellen Reizintensität (Schlafen bei wenig Reizen, Wachen bei hoher Reizung) ist, sondern auch abhängig von der Funktionstüchtigkeit subkortikaler Strukturen, vor allem der Formatio reticularis, ein Teil der Kortex (Großhirnrinde). Die bislang angenommenen Input-Output-Vorstellungen der bisherigen Neurophysiologie konnte damit um eine ‚unspezifische’ Komponente erweitert werden. Bislang waren zwei ‚interaktionale’ Systeme bekannt, das motorische und das sensorische, welche nun um ein weiteres System, nämlich dem ‚transaktionalen’ System erweitert wurden. Dieses neu entdeckte System – auch retikuläres Aktivierungs-system (RAS) genannt – wirkt aktiv auf das Kontinuum Schlafen-Wachen und ist unbeeinflussbar von den bisherigen Systemen. Neuro-psychologische Aktivierungstheorien versuchen diesen Aktivierungs-vorgang im Zentralnervensystem zu erklären. Das RAS übt durch Schaltung von Nervenbahnen zu und in den funktional-spezialisierten Regionen der Großhirnrinde (Kortex) Antriebskraft auf alle psychischen und motorischen Aktivitäten aus. Dabei umfasst der Kortex die äußeren Zonen des Gehirns bis hin zur Schädeldecke und ist hauptsächlich Träger von kognitiven Vorgängen. Die inneren Teile des Gehirns, also Zwischenhirn, Kleinhirn und Stammhirn, welches wiederum das Mittelhirn, Teile des Hinterhirns und das Nachhirn beinhaltet, wird als Subkortex bezeichnet. Dort entstehen die allgemeinen und spezifischen Aktivierungsprozesse in Form von Erregungen und Spannungen, die das Antriebsverhalten bestimmen. Des Weiteren werden hier die unterschiedlichen inneren und äußeren Verhaltensmechanismen koordiniert.

Bei der Auslösung von Aktivierung unterscheidet man äußere und innere Reize. Äußere Reize erzielen beim Individuum nach der Aufnahme erst eine Wirkung, wenn sie vom diesem dechiffriert wurden. Das heißt, die Reize werden dekodiert. Die Reize werden als elektrische Impulse über Nervenbahnen in das Stammhirn geleitet und dort grob entschlüsselt. Da dies in der Regel nicht bewusst geschieht, ist dieser Vorgang auch nicht mit Kognition verbunden. Dieser Vorgang ist vollkommen subjektiv, denn die gleichen äußeren Reize wirken auf verschiedene Individuen unterschiedlich. Anders hingegen bei inneren Reizen, wobei durch Kognitionen die Aktivierung ausgelöst wird. Innere Reize sind entweder gedankliche Vorgänge oder auch Stoffwechselvorgänge, z.B. Anregung durch den Genuss von Koffein.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Das System der psychischen Variablen (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Kroeber-Riel/Weinberg, 1999)

Es ist zu beobachten, dass zwischen dem Aktivitätsniveau und der Leistungsfähigkeit eine umgekehrte U-förmige Beziehung existiert. Denn sowohl eine zu geringe Aktivation, als auch eine zu hohe Aktivation wirken sich auf den Organismus leistungshemmend aus (vgl. Abb. 3). Eine bestmögliche Leistungsfähigkeit besteht bei einer mittleren Motivation (‚Yerkes-Dodson-Gesetz’). Besitzt eine Person einen hohen Grad an Aktiviertheit, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass die Person daraufhin reagiert. Die entsprechende Reaktion wird dementsprechend intensiv ausfallen. Da die Art der Reaktion individuell verschieden ist (z.B. Denken, Antworten, Flüchten), ist auch der Zusammenhang zwischen Aktivierungsgrad und Art der Reaktion verschieden. Zu einer erfolgreichen Denkleistung bedarf es beispielsweise einer geringeren Aktiviertheit als bei einer guten Fluchtleistung. Leistung bezeichnet alle im Individuum ablaufenden kognitiven Vorgänge, wie z.B. Wahrnehmung, Denken, Lernen, Speichern und auch das geäußerte motorische Verhalten wird dazugezählt. Man spricht auch von Leistungsfähigkeit, Leistungs-bereitschaft, Leistungsvollzug oder Leistungseffizienz.

„Die Beziehung zwischen Erregungsniveau und Leistung scheint gültig zu sein, ob wir nun von Problemlösungsverhalten, zwischen-menschlichen Beziehungen oder jeder anderen Situation ausgehen, die mit aktiver Bewältigung der Umwelt zu tun hat.“[10]

Durch die Aktivierung wird ein psychischer oder motorischer Vorgang entweder gefördert oder gehemmt, seine Richtung und sein Inhalt werden jedoch nicht verändert. Emotionale Appelle können Einfluss auf die Informationsverarbeitung des Individuums ausüben. So kann es sein, dass es bei einer gleichstarken Aktivierung durchaus zu einer unterschiedlichen Auswahl und einer inhaltlichen Verarbeitung der entgegengebrachten Information kommt, sollte diese einmal positiv und ein anderes Mal <negative Emotionen bewirken. Von besonderer Bedeutung kann man dies für den Bereich der Werbung ableiten, wo die Beeinflussung der Konsumenten im Vordergrund steht. So kann man – wenn man der Werbung eine stärker aktivierende Wirkung gibt – zwar mit einer effizienteren Verarbeitung der Werbebotschaft rechnen, nicht aber unbedingt mit einem besseren Erfolg der Werbung per se. Es können bei erhöhter Aktivierung sogenannte ‚Bumerang-Effekte’ eintreten, sollten die Werbeargumente nicht im Sinne des Werbeziels verstanden werden. Die nicht im Sinne des Werbeziels wirksamen Argumente werden dann aufgrund erhöhter Aktivierung ebenfalls effizient verarbeitet, also behalten und gespeichert, und die Werbung hat so ihr Ziel verfehlt. Durch die den in der folgenden Grafik aufsteigenden Ast der ‚Lambda-Kurve’ soll der positive Zusammenhang zwischen Aktivierung und Leistung dargestellt werden, der abfallende Teil der Kurve zeigt eine Überaktivierung, die z.B. in einer Prüfungssituation vorkommen kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 Lambdakurve der Aktivierung (Quelle: eigene Darstellung)

Bei aktivierenden Prozessen unterscheidet man zwischen der tonischen und phasischen Aktivierung. Die tonische Aktivierung ist das allgemeine, anhaltende Aktivierungsniveau. Es verändert sich langsam und bestimmt z.B. Wachheit oder die allgemeine Leistungsfähigkeit. Unter der phasischen Aktivierung versteht man kurzfristige Aktivierungs-schwankungen. Sie steuern die Aufmerksamkeit und Leistungsfähigkeit in bestimmten Reizsituationen. Die Unterscheidung ist für das Marketing wichtig, weil man sich an tonische Aktiviertheitszustände der Konsumenten anpassen muss, während man die phasische Aktiviertheit auch durch Marketingstimuli steuern kann. Beide Arten sind allerdings nicht immer streng zu isolieren, sondern gehen ineinander über und bedingen sich auch gegenseitig: Nach vorangegangener phasischer Aktiviertheit – wenn man z.B. gerade nur knapp einem Unfall entgangen ist – wird auch das tonische Niveau anhaltend erhöht, beispielsweise durch erhöhte Aufmerksamkeit im Straßenverkehr. Die kurzen phasischen Schwankungen der Aktivierung sind eng mit zwei Vorgängen verbunden, welche die Informationsaufnahme beeinflussen:

a) Aufmerksamkeit
b) Orientierungsreaktion

Es gibt Aktivierungsschwankungen, die bei Orientierungsreaktionen auftauchen und eher kurz sind, und solche, die bei vorübergehenden Gefühlseindrücken auftauchen, dafür aber länger anhalten. Diese Aktivierungsschwankungen können das allgemeine Niveau einerseits unverändert lassen, aber auch – vor allem, wenn sie stärker sind – zu einer kompletten Veränderung des gesamten Aktivierungsniveaus führen. Die spezifische Aktiviertheit erlaubt es dem Organismus nun zwischen subjektiv wichtigen und unwichtigen Reizen zu unterscheiden. So werden aktivierende Reize verarbeitet und führen zu reflexartigen Reaktionen. Wichtig dabei ist zu erkennen, dass nicht der Reiz direkt zu einer Reaktion führt, sondern die Reaktion erst – wie oben schon erwähnt – durch die Aktiviertheit in Folge der dechiffrierten Information erfolgt. Somit ist klar, dass die Aktiviertheit zwischen verschiedenen Personen unterschiedlich sein kann und der Reiz nicht bei jedem Menschen zu einer Reaktion, schon gar nicht zu genau der selben Reaktion führt, denn nicht der objektive Reiz ist hier entscheidend, sondern das subjektive Reizempfinden. Eine wichtige Erkenntnis daraus ist, dass die Aktiviertheit sich auf sämtliche Prozesse des Informationserwerbs und der Informationsverarbeitung auswirkt. Gerade im Bereich des Marketings und der Werbung geht es deshalb auch um die Frage, wie Aktivierung gezielt ausgelöst werden kann und sich so auf das Verhalten der Konsumenten auswirken kann. Anhand der folgenden Grafik soll der Zusammenhang zwischen Auslösung und Wirkung der Aktivierung verdeutlicht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4 Variablen des kognitiven Systems (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an www.dominiquespecht.gmxhome.de/ Konsumentenverhalten_ss2000.doc)

Wie man sehen kann, betrifft die Auslösung von Aktivierungsvorgängen die Relationen zwischen den Reizen (S) und den inneren Vorgängen (D und RAS). Dabei unterscheidet man zwischen inneren und äußeren Reizen. Um die Kommunikationseffizienz zu erhöhen ist es sinnvoll, ein Individuum gezielt durch äußere Reize (z.B. durch emotionale Appelle) zu aktivieren und damit den Erfolg der Beeinflussung zu steigern. Sollte das Individuum bereits von sich aus durch interne Stimulierung aktiviert sein, z.B. durch intern ausgelöste emotionale und motivationale Prozesse, so ist es nicht mehr notwendig und auch nicht werbewirksam, eine zusätzliche Aktivierung durch äußere Reize herbei zu führen. Wie schon erwähnt, lösen äußere Reize im Allgemeinen nicht direkt, sondern erst nachdem sie dechiffriert sind, Aktivierung aus. Erst wenn die subjektive Bedeutung eines Reizes für das Individuum klar ist, kann dieser aktivieren. Der Vorgang der Dechiffrierung findet in einer groben Art und Weise statt. Die genauere Entschlüsselung und Wahrnehmung, sowie eine weitere Verarbeitung des Reizes werden erst nach erfolgter Aktivierung vorgenommen und dann durch die ausgelöste Aktivierung mehr oder weniger stimuliert. Bei schwacher Aktivierung verlaufen die Prozesse der Reizverarbeitung wenig effizient. Aus dem Zusammenhang zwischen Reiz, Dechiffrierung und Aktivierung wird deutlich, dass die ausgelöste Aktivierung nicht als direkte Folge der objektiven Stimulierung stattfindet. Objektiv gleiche Reize, die nun subjektiv unterschiedlich interpretiert werden, bewirken demnach auch eine unterschiedliche Aktivierung.

Für den Handel sind vor allem die äußeren Reize von Bedeutung, da sie gestaltet und gesteuert werden können, man durch diese ergo die Möglichkeit hat, Einfluss auf die Aktivierung des Kunden zu nehmen.

Für die Aktivierung durch äußere Reize stehen emotionale, kognitive und physische Reizwirkungen zur Verfügung.

Emotionale Reize:

Die durch emotionale Reize ausgelöste innere Erregung determiniert die Intensität des emotionalen Erlebens. Reize, die emotional wirken, gehören zum klassischen Instrumentarium der Marktkommunikation, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu erregen. Genannt seien beispielsweise die sogenannten Schlüssel-reize – wie das Kindchenschema oder das Augenschema – welche biologisch vorprogrammierte Reaktionen auslösen und die Empfänger weitgehend automatisch erregen (angeborene Auslösemechanismen).

Kognitive Reize

Aktivierung durch kognitive Reize entstehen durch gedankliche Konflikte, Widersprüche und Überraschungen, welche zu kognitiven Inkonsistenzen führen und die Wahrnehmung vor unerwartete Aufgaben stellt und somit die Informationsverarbeitung stimulieren. Als Beispiele sind hier Verfremdungen, Humor oder dem gewohnten Schema nicht entsprechende Reize zu nennen.

Physische Reize

Auch starke physische Reize können innere Erregungen auslösen. Mit ihnen erreicht man sogar eine ziemlich sichere Aktivierung. Zu nennen seien hier beispielsweise Farben, Düfte, Töne.

Um die Konsumenten gezielt zu beeinflussen, bzw. zu aktivieren, bedient sich das Marketing allen drei eben vorgestellten Möglichkeiten, indem es insbesondere aktivierungstheoretische Erkenntnisse der Werbeforschung anwendet. Zunächst einmal muss ein positiv aktivierender Stimulus gewählt werden, der als angenehm empfunden wird. Negative Stimuli, z.B. Angstauslöser haben unterschiedliche Wirkung. Es besteht die Gefahr von Reaktanz und Verdrängung. Angst wird aber auch in einigen Bereichen wie z.B. Versicherungen und Zahnpasta wohl dosiert mit Erfolg eingesetzt. Des Weiteren sollten die Aktivierungsstimuli zielgruppenkonform sein, d.h. dass der Reiz bei der entsprechenden Zielgruppe eine Aktiviertheits-reaktion auslösen soll, während andere Zielgruppen vernachlässigt werden können. Auch wird auf den Einsatz der angeborenen Auslöse-mechanismen verwiesen. Schlüsselreize wie z.B. das Kindchenschema oder andere biologische „Attrappen“ wirken sicherer als gelernte bzw. kulturell bedingte Auslöser. Das Problem bei allen Werbestrategien ist die richtige Dosis der Aktivierung.

[...]


[1] Terlutter 2000, 170

[2] Ittelson, et al., 1977, 14ff, 18 ff

[3] Veitch/ Arkkelin 1995, 4

[4] Graumann 1988, 17

[5] vgl. Gehlen

[6] Kroeber-Riel 1992, 427

[7] Kroeber-Riel/ Weinberg 1999, 58

[8] vgl. Traxel

[9] Kroeber-Riel/ Weinberg 1999, 51 f

[10] Lindgren 1973

Ende der Leseprobe aus 65 Seiten

Details

Titel
Kundenorientierung und Suchverhalten im POS
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Lehrstuhl für Marketing und Handel)
Veranstaltung
Marketing
Note
1
Autoren
Jahr
2004
Seiten
65
Katalognummer
V281853
ISBN (eBook)
9783656820772
ISBN (Buch)
9783656820802
Dateigröße
4077 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kundenorientierung, suchverhalten, laden
Arbeit zitieren
Thomas Schlegtendal (Autor:in)Christian Schlegtendal (Autor:in), 2004, Kundenorientierung und Suchverhalten im POS, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/281853

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