Wandel von der Import- zur Exportindustrie durch die Eisenbahn von 1850 - 1873


Hausarbeit, 2013

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Eisenbahn und Industrialisierung vor 1850

3. Die Industrialisierung von 1850 - 1873
3.1. Der Führungssektorkomplex um die Eisenbahn
3.2. Der Lokomotivbau
3.3. Eisen- und Stahlindustrie
3.3.1. Das Ruhrgebiet
3.3.2. Der Schienenbau
3.4. Steinkohlebergbau
3.4.1. Im Ruhrgebiet

4. Erkenntnisse
4.1. Im Maschinenbausektor und Lokomotivbau
4.2. Die Eisen- und Stahlindustrie
4.3. Der Steinkohlebergbau
4.4. Fazit

5. Schlussbetrachtung

6. Literatur

1. Einleitung

„Der wohlfeile, schnelle, sichere und regelmäßige Transport von Personen und Gütern ist einer der mächtigsten Hebel des Nationalwohlstandes und der Civilisation nach allen ihren Verzweigungen.“1

Stellte schon Friedrich List in den Anfangsjahren der deutschen Eisenbahnentwicklung fest. Im Zeitraum von 1850 -1873 vollzog sich gerade im deutschen Gebiet eine enorme Weiterentwicklung einzelner Industriebereiche. Diese Arbeit analysierte die Industrialisierung mithilfe der Eisenbahn, damit verbunden war zunächst ein großer Anstieg im Personen- und später vor allem im Güterverkehr. Die Industrien um die Eisenbahn, der Maschinenbau, die Eisen- und Stahlindustrie und auch der Steinkohlebergbau waren großen Wachstumsschüben unterworfen. Jener Führungssektorkomplex galt als die tragende Säule dieser Periode. Anfang der 50iger Jahre standen die genannten Bereiche Großteils noch in der Ausbauphase und die heimische Industrie war in diesen Sektoren auf den Import angewiesen. Die Eisenbahn übernahm eine tragende Rolle in dieser Zeit, einmal weil sie den Transport von vielen Industrieprodukten übernahm und anderseits, weil sie als großer Nachfragesektor wirkte.

Diese Arbeit befasst sich des Weiteren mit der Analyse der Eisenbahn und der Eisenbahn rückwärtigen Industrien, dem Maschinenbau, der Eisen- und Stahlindustrie, und dem Steinkohlebergbau. Ihre Rolle als Führungssektorkomplex soll dabei dargestellt werden. Damit ist auch die statistische Auswertung von Produktionszahlen verbunden. Mithilfe dieser soll der Wandel von Import- zur Exportindustrie in diesen Bereichen festgestellt werden. Darüber hinaus werden auch auf Kopplungseffekte zwischen den Sektoren betrachtet.

Als Literaturbasis dienten überblicksmäßige Darstellungen, von Hans – Ulrich Wehler, Hans – Werner Hahn, Richard Tilly, Volker Then und auch Dieter Ziegler. Weiterhin wurde auf Werke der Wirtschaftsgeschichte zurückgegriffen, hier sind Rainer Fremdling und Martin Bernd zu nennen. Bei der statistischen Analysierung konnten außerdem auf Zahlen von Ernst Engel und Walther Hoffmann genutzt werden.

Die Arbeit befasst sich zunächst mit einer kurzen Darstellung der Voraussetzung vor 1850 in den genannten Industriebereichen. Anschließend wird überblicksartig die Phase der Industrialisierung erläutert. Darauf aufbauend analysiert dieses Werk die wichtigsten Industrien und ihren Anspruch auf den Begriff Führungssektorkomplex. Die Betrachtung der einzelnen Sektoren erfolgt mithilfe von statistischen Angaben im Detail. Hier werden vereinzelt besondere Industriezentren betrachtet, vor allem das Ruhrgebiet. Im letzten Teil der Arbeit soll eine Deutung anhand der gewonnenen Materialien getroffen und damit die Frage nach einem vollständigen Wandel zur Exportgesellschaft beantwortet werden.

Das Erkenntnisziel dieser Arbeit ist die Darstellung des Wandels zum Export, die chronologische Einordnung dabei und letztendlich sollen auch weitere Begleiteffekte der Eisenbahn zu jenen Entwicklungen genannt werden.

2. Die Eisenbahn und Industrialisierung vor 1850

Der Eisenbahnbau profitierte anfangs in Deutschland vom ausländischen Know-how. Viele Rohstoffe, wie auch für den Eisenbahnbau benötigte verarbeitete Produkte wurden aus Großbritannien oder anderen europäischen Nachbarländern eingeführt.2 Die modernen Techniken, im Maschinenbau, wurden dann später auch im deutschen Raum übernommen. Der aufkommende Bedarf an Verkehrsdienstleistungen im Personen- und Güterverkehr sorgten für eine rasche Entwicklung im Eisenbahnbau in den 40iger Jahren.3 Sinkende Transportpreise unterstützten diesen Prozess zusätzlich und machten die Eisenbahn auch für den Transport weniger wertvoller Güter in Zukunft attraktiv.4 Die Nachfrage in den Eisenbahnrückwärtigen Industrien, der Schwerindustrie, der Steinkohleförderung und dem Maschinenbau konnte nur nach und nach von der deutschen Industrie gedeckt werden.5 Jene Industrien stellten sich auf die wachsende Nachfrage zunehmend ein, sei es durch neue Technologien, der Einführung des Puddelverfahrens oder auch der Weiterverarbeitung in Kokshochöfen.6 Weiterhin wurden Rohstoffe im Land ausreichend erschlossen und gefördert.7 Allerdings einzig der Bau von Eisenbahnlokomotiven konnte bis Anfang der 50iger Jahre in Selbstversorgung in Preußen sichergestellt werden.8 Der Zollverein förderte durch den 1844 eingeführten Zollschutz, die heimische Entwicklung der Roheisenverarbeitung und schuf damit auch langfristig eine Bindung an die ansässige Industrie.9 Der Bahnbau hatte schon in den 40iger Jahren hohe Zuwachsraten zu verzeichnen, hohe Nettoinvestitionen im Eisenbahnbau förderten dessen Entwicklung und etablierten ihn als wachstumsstarken Bereich schon in diesen Jahren.10

Das Streckennetz weitete sich so bis 1850 bereits auf 5 875 km, wovon 1 248 km zweigleisig waren, im deutschen Raum aus.11 Die Führungszentren waren damit bereits in den 40iger Jahren gut von der Bahn erschlossen, so entstand 1846 die Ost-West-Verbindung von Berlin an den Rhein und 10 Jahre später die Nord-Süd-Verbindung.12

Der sogenannte Führungssektorkomplex13 um die Eisenbahn hatte also schon in den 40iger Jahren eine starke Wachstumswelle erhalten, diese wurde jedoch durch eine internationale Banken- und Börsenkrise und damit verbundenen Investitionseinbruch zunächst gestoppt.14

Er setzte sich letztendlich mit der zunehmenden Industrialisierung als führender Komplex gegen die Textilindustrie, die auf dem Weltmarkt zunächst keinen Fuß15 fasste, und auch gegen die Agrarbranche, obwohl diese in den nächsten beiden Jahrzehnten mit über 140 % die Arbeitsproduktivität sogar stärker steigern konnte, als Leitsektor durch.16

3. Die Industrialisierung von 1850 - 1873

Diese Jahre bezeichnete Wehler als eine „…der beiden erfolgreichsten Hochkonjunkturperioden vor 1950…“.17 Allerdings waren auch diese 2 Jahrzehnte von Wachstums- und Krisenzyklen geprägt, wobei die Eisenbahn letztendlich einen Wachstums- und Expansionsschub erlebte. Nach der Deutschen Revolution von 1848/49 entwickelten sich Wachstumskräfte in den deutschen Industriegebieten.18 Viele Regierungen richteten ihre Wirtschaftspolitik auf den Ausbau des industriellen Sektors in der Folge aus.19 Die Industrialisierung dieser gut 20 Jahre war eng mit der Eisenbahn verbunden, diese wirkte als Triebkraft durch expandierendes Wachstum und zog andere benachbarte Sektoren mit.20 Der aufkommende Transportbedarf wurde durch die Eisenbahn abgedeckt und ermöglichte damit auch weiteren Branchen neue Absatzmärkte und Wachstumschancen. Dabei sorgten bis Anfang 1850 gerade die Einnahmen aus dem Personenverkehr und das Beförderungsaufkommen mit für den fortschreitenden Ausbau des Streckennetzes. Der Güterverkehr überholte erst 1851 den Personenverkehr an Einnahmen und hatte 1870 mit 327,39 Millionen Mark die doppelte Einnahmensgröße.21 Industriezentren bildeten sich heraus und profitierten mitunter stärker als andere Gebiete vom Wachstum der deutschen Industrie, hier waren das Ruhrgebiet, Siegerland oder das Saargebiet exemplarisch zu nennen.

3.1. Der Führungssektorkomplex um die Eisenbahn

Die Führungssektoren zeichneten sich dadurch aus, dass sie

„Modernisierungs- und Wachstumsprozesse als erste durchlaufen und dabei die entscheidenden Stimuli für dessen Ausbreitung absonderten,…“22

Walt Rostow hielt dabei folgende Kriterien für nötig, um diesen Anspruch gerecht zu werden23: Überdurchschnittliches Wachstum, ein zunehmendes wirtschaftliches Gewicht, sinkende Produktionspreise und starke Ausbreitungseffekte auf andere Sektoren.24 Die Eisenbahn schuf Kopplungseffekte, so wurde neben der Eisenbahn, die Eisen-und Stahlindustrie, der Bergbau und auch der Maschinenbau als Führungssektorkomplexes in den Jahren 1850 – 1873 bezeichnet.

Er erfüllte die Kriterien in großem Maße, das Wachstum äußerte sich nicht nur im Ausbau der Streckenlänge, welche sich bis 1870 auf 18 810 km verdreifachte.25 Die enormen Steigerungen im Transportwesen trugen auch dazu bei, hier wurden jährliche Zuwachsraten von durchschnittlich 16.3 % im Güterverkehr und 8.9 % im Personenverkehr registriert.26 Der Güterverkehr entwickelte sich zum Zugpferd des Wachstums, 1870 machten die Einnahmen aus dem Personenverkehr nur noch 31,4 % im deutschen Raum aus.27 Bereits 1855 wurde die Binnenschifffahrt im Gütervolumen überholt.28 Die Eisenbahn beschäftige 1870 5-mal so viele Menschen, mit 161 000, wie 1850.

[...]


1 List, Friedrich: Eisenbahn und Kanäle, Dampfboote und Dampfwagentransport. In:Von Rotteck, Carl und Welcker, Carl: Stáatslexikon. Altona 1835(Bd. 4), S.78 (78-83).

2 Vgl. Tilly, Richard H.: Vom Zollverein zum Industriestaat. Die wirtschaftlich-soziale Entwicklung Deutschlands bis 1834 bis 1914. München 1990 (=Deutsche Geschichte der neuesten Zeit vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart), S. 46 und S. 52.; Vgl. Fremdling, Rainer: Industrialisierung. Die Eisenbahn im 19. Jahrhundert. In: Eisenbahnjahr Ausstellungsgesellschaft (Hrsg.): Zug der Zeit-Zeit der Züge. Deutsche Eisenbahn 1835-1985. Berlin 1985(Bd. 1), .S. 122.

3 Vgl. Hahn, Hans-Werner: Die Industrielle Revolution in Deutschland, 3. durchgesehene und erweiterte Auflage, München 2011 (=EDG Bd. 49), S. 26.

4 Vgl. Then, Volker: Eisenbahnen und Eisenbahnunternehmer in der industriellen Revolution. Ein preußisch/deutsch - englischer Vergleich. Göttingen 1997 (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft Bd. 120), S. 58. ; Vgl. Fremdling: Industrialisierung. S. 121 - 122.

5 Vgl. Hahn: Die Industrielle Revolution in Deutschland. S. 27.

6 Vgl. Tilly: Vom Zollverein zum Industriestaat. S. 46.; Vgl. Bernd, Martin: Industrialisierung und regionale Entwicklung. Die Zentren der Eisen- und Stahlindustrie im deutschen Zollgebiet 1850 – 1914. Berlin 1983, S. 31.

7 Vgl. Ebd. S. 31.

8 Vgl. Tilly: Vom Zollverein zum Industriestaat. S. 46.; Vgl. Fremdling: Industrialisierung. S. 133.

9 Vgl. Bernd: Industrialisierung und regionale Entwicklung. S. 31.

10 Vgl. Hahn: Die Industrielle Revolution in Deutschland. S. 26.

11 Vgl. Fremdling: Industrialisierung. S. 131.

12 Vgl. Then: Eisenbahnen und Eisenbahnunternehmer in der industriellen Revolution. S. 58.

13 Vgl. Ziegler, Dieter: Die Industrielle Revolution. Darmstadt 2005, S. 51.

14 Vgl. Hahn. Die Industrielle Revolution in Deutschland. S. 29.

15 Vgl. Ziegler, Dieter: Eisenbahnen und Staat im Zeitalter der Industrialisierung. Die Eisenbahnpolitik der deutschen Staaten im Vergleich. Stuttgart 1996(= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftgeschichte 127), S. 51.

16 Hahn: Die Industrielle Revolution in Deutschland. S. 28.; Vgl. Wehler, Hans-Ulrich: Von der „Deutschen Doppelrevolution“ bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1849 – 1914. München 1995 (= Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd. 3), S. 39.

17 Ebd. S. 67.

18 Vgl. Ebd. S. 91 – 92.

19 Vgl. Hahn: Die Industrielle Revolution in Deutschland. S. 31.

20 Vgl. Fremdling, Rainer: Eisenbahnen und deutsches Wirtschaftswachstum 1840 -1879. Dortmund 1975 (= Untersuchungen zur Wirtschafts-, Sozial- und Technikgeschichte. Bd. 2), S.21.

21 Vgl. Ebd. S. 20.

22 Ziegler: Eisenbahnen und Staat im Zeitalter der Industrialisierung. S. 13.

23 Vgl. Ebd. S. 13.; Ziegler. Die Industrielle Revolution. S. 52.

24 Vgl. Fremdling: Industrialisierung. S. 121.

25 Vgl. Ebd. S. 131.

26 Vgl. Ziegler: Die Industrielle Revolution. S. 56.; Vgl. Fremdling: Industrialisierung. S. 129.; Vgl. Wehler: Von der „Deutschen Doppelrevolution“ bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges. S. 58.

27 Vgl. Fremdling: Eisenbahnen und deutsches Wirtschaftswachstum. S. 161.

28 Vgl. Hoffmann, Walther: Das Wachstum der deutschen Wirtschaft seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Mit 325 Tabellen. Berlin 1965 (=Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaft), S. 417.; Vgl. Then: Eisenbahnen und Eisenbahnunternehmer in der industriellen Revolution. S. 69 - 70.


Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Wandel von der Import- zur Exportindustrie durch die Eisenbahn von 1850 - 1873
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
20
Katalognummer
V281691
ISBN (eBook)
9783656762478
ISBN (Buch)
9783656762485
Dateigröße
488 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Durch einschlägige Handbücher und Monographien arbeitet der Verfasser Aufstieg und Dynamik jenes Führungssektorkomplexes aus Eisenbahnbau, Schwerindustrie, Steinkohlenbergbau und Maschinenbau sehr gut heraus, der den Durchbruch der deutschen Industrialisierung zwischen 1850 und 1873 prägte. Die kenntnisreichen Ausführungen vermitteln ein sehr anschauliches Bild über die Wirkungsmechanismen und –kraft dieses industriellen Wachstumssektors. Der in inhaltlicher Hinsicht rundum positive Gesamteindruck der Arbeit wird allerdings durch stilistische Schwächen und formale Mängel beeinträchtigt.
Schlagworte
Eisenbahn, Industrialisierung, Führungssektorkomplex, 1850, 1870, Export, Import
Arbeit zitieren
Tom Oschmann (Autor:in), 2013, Wandel von der Import- zur Exportindustrie durch die Eisenbahn von 1850 - 1873, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/281691

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