Lessings Judenfiguren. Spiegelbilder der Aufklärung?


Zwischenprüfungsarbeit, 2004

28 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Aufklärung als Begriff und Epoche

3. Lessing der Aufklärer

4. Die Juden - von den Kreuzzügen bis zur Aufklärung

5. Moses Mendelssohn (1729-1786)- Der Jude in Lessings Leben

6. „Der Reisende“ aus dem Lustspiel „Die Juden“ (1749)- Lessings erster Judencharakter

7. „Nathan der Weise“ (1779) - Lessings zweiter Judencharakter

8. Vergleich der beiden Judenfiguren Lessings

9. Fazit

10. Literaturangaben

1. Einleitung

„’Nathan der Weise’ ist wirkende Realität, für Juden wie Nichtjuden in Deutschland. […] Wenn überhaupt Literatur, und Lessing, dann Nathan und der jüdische Reisende: wegen der Widersprüchlichkeit von Geschichte und deren Nutzen für das Leben.“ Mit diesem Satz beendet Wilfried Barner 1985 seinen Aufsatz mit dem Titel „Vorurteil, Empirie, Rettung. Der junge Lessing und die Juden“. Und knapp zwanzig Jahre später, im Jahr 2004, in dem Wolfenbüttel den 275. Geburtstag des Dichters feiert, der ihre Stadt bekannt und ihre Bibliothek zu einer der meist Besuchtesten in Deutschland macht, werden noch immer Loblieder auf den „Kronzeugen für religiöse Toleranz“ (wie Johannes Rau ihn in seiner Festakts-Rede am 22.01.2004 in Wolfenbüttel nannte) gehalten.

Gotthold Ephraim Lessing (1729 in Kamenz geboren) gilt als einer der wichtigsten deutschen Dichter und Literaten in Deutschland. Sein Name steht für Humanität, Toleranz, politische und gesellschaftliche Emanzipation, Vernunft, Religion und Erziehung. Alle Schlagworte der Aufklärung sind in ihm vereint und wurden von ihm gelebt und aufs Papier gebracht.

Aber noch ein wichtiger Punkt fehlt, der in seinem Leben eine große Rolle gespielt hat: das Einsetzen für die Gleichberechtigung der Juden und gegen den vorherrschenden Antisemitismus. Lessings Name wird immer wieder mit dem Judentum in Verbindung gebracht. Das kommt sicherlich daher, dass sein bekanntestes Werk „Nathan der Weise“ einen Juden als Haupt- und Titelfigur besitzt, sein früheres Werk „Die Juden“ großes Aufsehen erregte, und dass ihn eine enge Freundschaft mit einem der bekanntesten Juden in Deutschland seiner Zeit verband: Moses Mendelssohn.

Doch woher kamen das engagierte Interesse und das aktive Eintreten für die Juden? Diese Frage ist noch immer schwer zu beantworten, da es unter den Literaturkritikern viele unterschiedliche Ansichten gibt: einige nennen den Großvater Lessings, der im Jahr 1670 seine theologische Disputation mit dem Titel „De religionum tolerantia“ gehalten hat, als ausschlaggebenden Pol, andere sind der Meinung, dass Lessing von seinem Vater streng evangelisch-lutherisch erzogen wurde, samt aller christlichen Vorurteile gegen Juden, und dass Lessing sich erst später ein eigenes Bild von anderen Religionen machen konnte. Eine alte, fast schon für sicher erachtete Annahme der Lessing-Biographen ist, dass der junge Lessing frühestens in Leipzig, wenn nicht gar erst in Berlin, mit Juden in näheren Kontakt gekommen ist. Und als kritischer und scharf beobachtender junger Student wird er sich den Kontakt aus der Nähe nicht entgehen lassen haben. Und schon drei Jahre nachdem er das Elternhaus und die Schule verlassen hatte und kurze Zeit nachdem er sein Studium abgebrochen hatte und sich der Theaterwelt zuwandte, schrieb er auch schon sein Lustspiel „Die Juden“ mit dem jüdischen Reisenden als Hauptfigur, das als Meilenstein und als erster Schritt auf dem Weg zum „Nathan“ angesehen wird.

In meiner Hausarbeit werde ich mich zunächst mit der Aufklärung als Begriff und als Epoche auseinandersetzen, um anschließend Lessing in diese Zeit einzubinden und sein Leben als Aufklärer zu beschreiben. Im vierten Kapitel „Die Juden - von den Kreuzzügen bis zur Aufklärung“ soll ein kurzer Überblick über die Geschichte und die Entwicklung der Juden gegeben werden (basierend auf dem Buch „Die Judenfrage“ von Alex Bein aus dem Jahr 1980). Im Anschluss folgt ein Kapitel über Moses Mendelssohn, der wie schon gesagt, eine entscheidende Rolle im Leben Lessings spielte. Im sechsten Kapitel beschäftige ich mich mit dem ersten Judencharakter Lessings „Der Reisende“ aus dem Lustspiel „Die Juden“ aus dem Jahr 1749, das siebte Kapitel ist dem zweiten Judencharakter „Nathan“ gewidmet. Hier werde ich die Entstehungsgeschichte des Dramas kurz erläutern und anschließend auf die Figur des Nathan und seine Funktion im Stück eingehen. Nachfolgend kommt es zu einem Vergleich der beiden Charaktere und der Stücke. Zu guter Letzt werde ich in meinem Fazit noch einmal auf meine Fragestellung zurückkommen und einige Ausschnitte zur Wirkungsgeschichte vorstellen.

2. Aufklärung als Begriff und Epoche

Das Wort „Aufklärung“ allein besagt schon viel, mehr aber noch, wenn man die europäischen Übersetzungen einmal betrachtet. Im englischen wird die Aufklärung als „enlightenment“ bezeichnet, im französischen spricht man vom „siècle philosophique“ oder von „siècle des lumières“ oder vom „siècle éclairé“ sowie im italienischen vom „Illuminismo“. Wie zu sehen ist, enthalten alle Begriffe das Wort Licht: light, lumière, lumen.[1]

Die Metapher des Lichts war in der Bedeutung als innere Erleuchtung Spiegel für die unmittelbare Kommunikation mit Gott oder der Wahrheit. Aufklärung wäre somit die Befreiung von der Vormundschaft oder mit den Worten Kants:

„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Erschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“[2]

Kants viel zitierte Beantwortung der Frage „Was ist Aufklärung?“ stammt aus einem Artikel aus dem Jahr 1784 und ist ein Versuch die Aufklärung begrifflich zu definieren und rückblickend zu rechtfertigen.

Obwohl schon im 18. Jahrhundert Formulierungen wie „aufgeklärte Zeit“, „Zeitalter der Vernunft“, „erleuchtetes Zeitalter“ oder „Zeitalter der Kritik“ verwendet wurden, ist die Entstehung des Begriffs „Aufklärung“, wie bei vielen anderen Epochen auch, nicht so selbstverständlich, wie es heute erscheinen mag. Selbst bei den Anhängern und Vertretern der Aufklärung bestand keine Einigkeit.

Trotz dieses vielfältigen Charakters der Aufklärung gibt es bei der Bedeutung des Begriffes kaum Probleme. Die Aufklärung bezeichnet immer ein „kritisches Denken mit dem Ziel, das Zusammenleben der Menschen in der Gesellschaft zu verbessern“.[3] In diesem Sinn hat aufklärerisches Denken praktische Absichten. So sah es auch Kant in seinem oben schon erwähnten Aufsatz. Er verstand, warum es für die Menschen so schwer ist, „sich aus der ihm beinahe zur Natur gewordenen Unmündigkeit herauszuarbeiten“[4], da es für sie einfacher und risikoloser sei, sich Vormündern bzw. den Souveränen zu unterwerfen, die nach der Devise verfuhren: alles für das Volk, aber nichts durch das Volk.

Kant war zu sehr Philosoph und zu wenig politischer Praktiker, als dass er die Beseitigung der Unmündigkeit als politische Forderung betrachtet hätte. Ihn störte die Unmündigkeit nur auf einem ganz bestimmten Gebiet, auf dem Gebiet der „Religionssachen“, denn hier sei die „schädlichste…[und] auch entehrendste unter allen.“[5]

3. Lessing, der Aufklärer

Lessings Lebenszeit umfasst zwar nur etwas mehr als fünf Jahrzehnte, diese werden jedoch oft als paradigmatisch für das 18. Jahrhundert angesehen. Ein Grund hierfür ist, dass seine Lebenszeit beinahe gleichmäßig beide Jahrhunderthälften umgreift. Des Weiteren werden die Jahre um 1750 als wichtige Wende innerhalb der deutschen Literatur und Geistesgeschichte aufgefasst. Betrachtet man einmal die bedeutendsten politischen Ereignisse zu der Zeit, so lassen sich einige signifikante Begebenheiten finden: um 1740, als Lessing seine ersten literarischen Versuche unternahm, bestieg Friedrich II. von Preußen den Thron und Maria Theresias Regierungszeit begann. Und der Siebenjährige Krieg fiel ziemlich genau in die Mitte von Lessings Leben. Ein weiterer wichtiger Grund ist, dass Lessing zum größten Teil während der Epoche der Aufklärung lebte und seine Werke fast ausschließlich als die eines Aufklärers bezeichnet werden können. Kein anderer Schriftsteller der Aufklärerzeit hat so konsequent und effektiv die neuen Möglichkeiten von Öffentlichkeit genutzt und gefördert wie Lessing, was aus ihm einen fast konkurrenzlosen Autoren des 18. Jahrhunderts machte.[6]

Lessing wuchs in der christlichen Tradition des väterlichen evangelisch-lutherischen Pfarrhauses auf. Als Siebzehnjähriger begann er, auf Wunsch des Vaters, ein Theologie-Studium, das er jedoch schon nach einem Jahr wieder abbrach. Trotzdem bestimmten theologische Fragen seine Werke und beschäftigten ihn hauptsächlich im letzten Jahrzehnt seines Lebens. Die Suche nach Wahrheit war für ihn auch Suche nach religiöser Wahrheit und nach Wahrheit des Glaubens. „Ich bin Liebhaber der Theologie, nicht Theologe.“, schrieb er über sich selbst.

Den Ideen der Aufklärung begegnete Lessing bereits als Student in Leipzig und als junger Schriftsteller in Berlin. So sehr er auch ‚Aufklärer’ war, so lässt er sich keiner der philosophischen Denkschulen der Zeit zuordnen - er gebrauchte seinen eigenen Verstand. Aufklärung war für ihn aktives Handeln und damit auch ein fortwährendes Selbstexperiment des eigenen Weiterlernens. Er nutzte Hypothesen, die als Denkanstöße fungieren sollten, statt ein fertiges Gedankensystem zu präsentieren; das machte die Lebendigkeit des Lessingschen Stils aus. Er kämpfte gegen erstarrte und unbefragt übernommene Positionen an und hoffte, dass das bürgerliche Publikum diese Angriffe verstand.[7]

4. Die Juden - von den Kreuzzügen bis zur Aufklärung

Beinahe gleichzeitig mit dem Aufbruch der Kreuzzüge begannen in Europa die Judenverfolgungen. Auch vor den Kreuzzügen hatte es schon Gewalttaten gegen Juden gegeben, doch waren diese Verfolgungen gegen einzelne Juden oder einzelne Judengemeinden gerichtet gewesen. Besonders im ersten Kreuzzug, aber auch beträchtlich in den zwei folgenden, zeichnete jüdisches Blut die Wege der Kreuzfahrer. Der Judenmord und die Judenverfolgung wurden zu einer allgemeinen christlich-europäischen Erscheinung.[8]

Auch wenn die entkommenen Juden wieder in ihre Heimatgemeinden zurückkehrten und diese neu errichteten, es hatte sich bei den Juden und Nichtjuden eines entscheidend verändert: Juden konnte sich in den meisten Ländern Europas für Jahrhunderte nicht mehr sicher fühlen.

Und die Verfolgungen hielten an, denn die ehemaligen Verfolgungen galten als Argumente für neue Verfolgungen. Die Juden mussten weiterhin als Sündenbock herhalten, selbst der Ausbruch der Pest Mitte des 14. Jahrhunderts wurde ihnen zur Last gelegt. All das bewirkte vor allem in Deutschland eine beinahe unaufhörliche Kette von Verfolgungen, bei der es zu völligen Vertreibungen von Juden aus größeren und kleineren Herrschaftsgebieten für längere und kürzere Dauer kam (in Deutschland sowie in anderen europäischen Ländern).

In den deutschen Städten, in denen die Juden zu Ausgang des europäischen Mittelalters noch leben konnten, erfolgte ihre Zulassung nur zu praktischen und funktionellen Zwecken. Sie wurden als Geldhändler oder Ärzte geduldet aber mit Vorsicht behandelt. Deshalb blieben die Juden meist unter sich und bildeten eigene Siedlungen, oft auch als Ghettos bezeichnet.

Trotz aller Demütigungen, die ihnen fortwährend entgegengebracht wurden, blieben sie ein Volk mit ungebrochenem Geschichtsbewusstsein. So erniedrigend ihre äußere Stellung auch sein mochte, nach ihrer eigenen Überzeugung standen sie als Gottesvolk und Gläubige des reinen Monotheismus weit über den anderen Völkern.

Doch nicht alle Juden hielten den Angriffen und Drohungen stand und wahrten dem Judentum die Treue. Sie gingen den entgegengesetzten Weg und ließen sich taufen, sei es aus Angst und Furcht vor den Folgen, wenn sie nicht einwilligen würden, sei es, um ein leichteres Fortkommen zu haben. Diese einzelnen Übertritte waren ein normaler Verlust für das Judentum, denn es gab in allen Religionen und Glaubensformen Standhafte und Schwache, Überzeugte und Zweifler. Vereinzelt passierte es jedoch, dass solche, die zum Christentum gewechselt waren, zu Feinden und Verfolgern der Juden wurden, so dass mit dem Übertritt nicht alles beendet war.

Zu Beginn der Neuzeit begann sich die Umwelt entscheidend zu verändern. Die so genannte „Renaissance“ brachte ein neues Lebensgefühl ins nördliche Europa. Die Menschen fingen an neue Fragen an die Wirklichkeit des Daseins zu stellen und wagten Antworten, die von der religiös bestimmten Dogmatik des christlichen Mittelalters abwichen. Nur eins änderte sich nicht: die Anschauungen über die Juden. Zwar hofften diese bei Aufkommen der neuen Bewegung auf Akzeptanz und Friede, doch das Gegenteil wurde der Fall. Zuerst schien es, als würden Luther und seine Anhänger dem Judentum mit großem Verständnis entgegentreten. Doch Luthers Aufforderungen, den Juden freundlich zu begegnen, hatte nur zum Ziel die Juden zum Christentum zu bekehren. Da seine Worte jedoch bei den Juden keinen Anklang fanden, änderte Luther seine Zielrichtung. Er schürte den Judenhass mit öffentlichen Äußerungen und Schriften und empfahl den Geistlichen vor der Bosheit der Juden zu warnen. Auch andere Strömungen der Reformation unterschieden sich von Luther in ihrer Ablehnung der Juden nicht.

In der Epoche des Absolutismus und Merkantilismus blieb zwar die rechtliche Lage der Juden unverändert, es wandelte sich jedoch die Stellung des Staates und seiner Organe gegenüber den Juden. Der absolutistische Staat der Neuzeit war gegen Sonderrechte der Stände und im Besonderen gegen das mittlere Bürgertum mit seinem Festhalten an der Gliederung der Gewerbe in den Zünften. Dies war von Vorteil für die Juden, denn sie wurden von den Herrschern zu dem Zweck aufgenommen, den Staat in seinen Einkünften unabhängiger zu machen. Ihre neue Rolle auf Seiten des Staates wirkte sich auf die Beziehung zum Bürgertum aus, denn dieses fühlte sich bedroht und verteidigte seine Rechte und seine wirtschaftliche Existenzgrundlage. Diese Verhältnisse erhöhten den Wert der Juden in den Augen der Herrscher. Doch alle Funktionen, die sie in deren Auftrag als so genannte „Hofjuden“ ausübten, wie zum Beispiel das Einziehen von staatlichen Steuern oder das Verwalten von Gütern, machte sie noch unbeliebter beim Volk.

Obwohl die Juden nun faktisch in ihrer wirtschaftlichen Betätigung den anderen Untertanen gleichgestellt waren und sogar durch besondere Privilegien teilweise eine Vorzugsstellung genossen, wurden sie nicht als gleichberechtigte Bürger anerkannt.

Mit Beginn der Aufklärung, die sich für Toleranz gegenüber andersartigen Glaubensweisen und Denkarten einsetzte und gegen kirchliche Mächte kämpfte, änderte sich auch die allgemeine geistige Atmosphäre. Es kam zu Ansätzen für ein besseres Verständnis der Juden und für ihre Eingliederung in die Gesellschaft.

Seit John Tolands 1714 in England seine Schrift „Gründe für die Einbürgerung der Juden in Großbritannien und Irland unter Gleichstellung mit allen anderen Nationen“ herausgab, wurden immer mehr Stimmen laut, die für eine neue Behandlung des Judenproblems plädierten. Diese Stimmen waren jedoch nach wie vor vereinzelt. Eines der wichtigsten Werke ist das Buch „Über die bürgerliche Verfassung der Juden“ von Christian Wilhelm von Dohm, das 1781/82 erschien und auf Anregung Moses Mendelssohns geschrieben wurde. Dohm forderte die Ausnahmezustände, unter denen Juden leben müssten, zu beseitigen und eine bürgerliche Gleichstellung. Juden sollten zu öffentlichen Ämtern zugelassen werden, man solle ihnen freie Ausübung ihrer Religion zugestehen und die Christen zur Achtung der Juden und zu Toleranz erziehen.

Eben diese Ansprüche vertrat auch Gotthold Ephraim Lessing, der sich schon zwischen 1749 und 1781 an der Toleranzdiskussion mit einer Vielzahl von Schriften beteiligte. Seine beiden Komödien „Der Freigeist“ und „Die Juden“ (siehe Kapitel 6), die beide 1749 verfasst wurden, können dazugerechnet werden. Hauptwerk ist aber das 1779 veröffentlichte Versdrama „Nathan der Weise“ (siehe Kapitel 7).

Niemals vorher war das Dasein der Juden in der europäischen Welt so zwiespältig gewesen wie Ende des 18. Jahrhunderts. Ihre rechtlichen Beschränkungen waren zwar teilweise gemildert und hatten sich gebessert, doch grundsätzlich geändert hatten sie sich nirgendwo. In der Wirtschaft hatten einzelne Juden eine hohe Stufe erklommen, aber die breite Masse war ärmer denn je. Die strenge Abgeschlossenheit der Juden im Ghetto und in den Judengassen lockerte sich nach und nach, wurde aber nirgends vollständig aufgehoben. In fast allen deutschen Städten mussten die Juden weiterhin Leibzoll und zahlreiche andere Sondersteuern bezahlen.[9]

[...]


[1] vgl. Arendt, Dieter: Gotthold Ephraim Lessing. Nathan der Weise. Grundlagen und Gedanken zum Verständnis des Dramas. Frankfurt am Main: Verlag Moritz Diesterweg GmbH & Co. 1998, S. 5.

[2] I. Kant. Zit. in: Bahr, Erhard (Hrsg.): Was ist Aufklärung? Kant, Erhard, Hamann, Herder, Lessing, Mendelssohn, Riem, Schiller, Wieland. Stuttgart: Philipp Reclam jun. GmbH & Co. 1974. (= Nr. 9714), S. 9.

[3] zit. nach: Herold, Theo und Hildegard Wittenberg: Aufklärung und Sturm und Drang. Hrsg. von Joachim Bark, Dietrich Steinbach, Hildegard Wittenberg. Stuttgart: Ernst Klett Verlage GmbH & Co. KG 1983, S. 23.

[4] I. Kant. Zit. in: Bahr, s. o., S. 10.

[5] Ebd., S. 16.

[6] vgl. Barner, Wilfrid und Gunter Grimm und Helmut Kiesel und Martin Kramer: Lessing. Epoche - Werk - Wirkung. Hrsg. von Wilfried Barner und Gunter Grimm. München: Verlag C. H. Beck 1975, S. 86.

[7] Sedding, Gerhard. Lektürehilfen Gotthold Ephraim Lessing „Nathan der Weise“. Stuttgart u. a.: Ernst Klett Verlag für Wissen und Bildung GmbH 1996, S. 47f. / Barner/Grimm/Kiesel/Kramer, s. o., S. 311 f.

[8] In diesem Kapitel werden nur generelle Tendenzen aufgezeigt, die dem Buch „Die Judenfrage“ von Alex Bein aus dem Jahr 1980 entnommen sind. Die gesamte Komplexität des Themas kann aus Gründen des Umfangs nicht erfasst werden.

[9] vgl. Bein, Alex: Die Judenfrage. Biografie eines Weltproblems. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt GmbH 1980, S. 70 ff.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Lessings Judenfiguren. Spiegelbilder der Aufklärung?
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Seminar für deutsche Sprache und Literatur)
Veranstaltung
Forschungslernseminar
Note
1,5
Autor
Jahr
2004
Seiten
28
Katalognummer
V28125
ISBN (eBook)
9783638300018
Dateigröße
523 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lessings, Judenfiguren, Spiegelbilder, Aufklärung, Forschungslernseminar
Arbeit zitieren
Kristin Hoffmeister (Autor:in), 2004, Lessings Judenfiguren. Spiegelbilder der Aufklärung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28125

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