Der sekundäre Schluss des Markusevangeliums. Aufbau und Analyse von Markus 16, 9-20


Hausarbeit, 2013

14 Seiten, Note: 1,3

Oliver Prode (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der sekundäre Markusschluss
2.1 Auftreten und Eckdaten von Mk 16,9-20
2.2 Rückblick auf Mk 16,1-8
2.3 Echtheit des primären, kurzen Markusschlusses
2.4 Unabhängigkeit des sekundären Schlusses von Mk 16,1-8
2.5 Intention und Forschungsdiskussion

3. Gliederung von Mk 16,9-20
3.1 Eigenständige Gliederung
3.2 Vergleich: Gliederungen in der Fachliteratur

4. Analyse von Mk 16,9-20
4.1 Die Erscheinungen (V. 9-14)
4.2 Der Missionsbefehl / Die Sendungsrede (V. 15-18)
4.3 Die Himmelfahrt und Inthronisation Jesu (V. 19)
4.4 Ausblick auf die Mission (V. 20)

5. Zusammenfassung

6. Literatur

7. Anhang
7.1 Gliederung Mk 16,9-20
7.2 Gliederung des Originaltextes nach 7.1

1. Einleitung

In dieser Ausarbeitung zum sekundären Markusschluss wird zunächst ein kurzer Rückblick auf das Ende des Markusevangeliums (16,1-8) geworfen, sodass eine bessere Einordnung des angefügten längeren sekundären Markusschlusses (16,9-20) möglich ist. Daran anknüpfend werde ich zunächst den längeren Markusschluss vorstellen, die Forschungsdiskussion knapp umreißen und die wichtigsten Eckdaten darlegen. Anschließend erfolgt eine Gliederung des Textes sowie eine Analyse des Inhalts, im Zuge derer die Bedeutung und die wichtigsten Aussagen herausgearbeitet werden sollen. Zum Abschluss ziehe ich ein Fazit und formuliere eine Zusammenfassung, welche die Ergebnisse der grundsätzlichen Thematik dieser Ausarbeitung kurz auf den Punkt bringt.

2. Der sekundäre Markusschluss

2.1 Auftreten und Eckdaten von Mk 16,9-20

In einigen der wichtigsten alten Handschriften wie dem Codex Sinaiticus sowie dem Codex Vaticanus endet das Markusevangelium mit den Versen 16,1-8.[1] Eine Mehrzahl der alten Schriften lässt jedoch noch einen sekundären Schluss folgen[2] – es gibt verschiedene sekundäre Schlüsse des Markusevangeliums, doch in dieser Ausarbeitung werde ich ausschließlich auf den längsten, Mk 16,9-20, eingehen. Dieser Text zur Erscheinung des Auferstandenen erscheint nachträglich an Mk 16,8 angefügt, wurde aber dennoch auf dem Trienter Konzil als fester Bestandteil des neutestamentlichen Bibelkanons bestätigt und in das Markusevangelium eingegliedert.[3] Die Urheberschaft des Textes ist ungeklärt, es wird spekuliert, ob der Text dem Presbyter Aristion zugeschrieben werden kann, doch ist sich die moderne Bibelforschung bezüglich dieser Frage unsicher.[4] Die Datierung des Textes ist ebenfalls unklar, doch ist die gängige Meinung, dass der Text wahrscheinlich im zweiten Jahrhundert, um 150-180 nach Christus, entstanden ist.[5] Auch der Entstehungsort ist nicht abschließend geklärt, in der Regel wird vermutet, der Text könne aus Gallien oder Italien, speziell Rom, stammen.[6]

2.2 Rückblick auf Mk 16,1-8

Die älteste Ostererzählung, Mk 16,1-8, bildet mit der Botschaft des Engels am leeren Grab das Ende des Markusevangeliums.[7] Zwar lässt sich in Mk 16,7 ein Missionsauftrag erkennen, doch kommen die Empfänger des Auftrags, die Frauen welche die Angelophanie erfahren, diesem nicht nach (Mk 16,8), sondern fliehen und schweigen.[8] Diese Zuwiderhandlung bezüglich des Missionsauftrags wird oftmals als rhetorisches Stilmittel interpretiert, sodass sich der christliche Leser selbst hinterfragen und reflektieren soll, um sich bewusst zu machen, selber besser als die Frauen zu handeln und die Botschaft Jesu zu verkünden.[9] Ferner ist darauf hinzuweisen, dass im Zuge der wichtigen Unterscheidung für biblische Ostertexte zwischen den Leeres-Grab-Erzählungen und den Erscheinungsberichten der Markusschluss 16,1-8 in die erste Kategorie einzuordnen ist.[10]

2.3 Echtheit des primären, kurzen Markusschlusses

In der modernen Forschung wird oftmals in Frage gestellt, ob 16,8 der tatsächliche Schluss des Markusevangeliums ist, zumal ein abruptes Ende mit dem griechischen Wort „γαρ“ (nämlich) eine stilistische Härte zum Ausdruck bringt, die für den markinischen Sprachgebrauch ungewöhnlich erscheint.[11] Eventuell könnte ein folgender, originaler Markusschluss verloren sein. Einige Exegeten vertreten jedoch die Auffassung, dass 16,8 das tatsächliche Ende des eigentlichen Markusevangeliums darstellt, da die Worte des Engels „alle wichtigen Punkte der alten christologischen Glaubensformel“ aufgreifen und ein „maßgebliches apostolisches Zeugnis des heilsmächtigen Handelns Gottes“ darstellen.[12] Somit wäre in diesem Zusammenhang beispielsweise eine Christophanie nicht notwendig. Dies würde die These bestätigen, dass Markus lediglich die Geschichte des irdischen Jesus - welche mit seinem Begräbnis endet - erzählen wollte. Zudem weist Lührmann darauf hin, dass das Argument des abrupten Endes mit dem Wort „γαρ“ widerlegt wurde.[13] Es bleibt festzuhalten, dass das Markusevangelium tatsächlich mit Mk 16,1-8 zu enden scheint.[14]

2.4 Unabhängigkeit des sekundären Schlusses von Mk 16,1-8

Neben den Thesen, die ein Ende des ursprünglichen Markusevangeliums mit Mk 16,1-8 stützen, ist im Zuge der Textabgrenzung auch die Eigenständigkeit von Mk 16,9-20 zu beachten. Wird der kürzere, primäre Markusschluss als echter Schluss angesehen, muss belegt werden, dass der sekundäre Schluss nicht Teil des Markusevangeliums ist. Mit dieser Fragestellung hat sich u.a. Joachim Gnilka befasst, der zunächst darauf hinweist, dass der Mk 16,9-20 in keiner Weise Mk 16,1-8 fortsetzt. Ferner wird nach der Botschaft des Engels im leeren Grab erwartet, dass Jesus in Galiläa erscheint, doch er erscheint zunächst der Maria. Neben dieser unstimmigen Passage wird im sekundären Schluss überwiegend unmarkinisches Vokabular verwendet, doch das schwerwiegendste Argument für die Eigenständigkeit bzw. die zu widerlegende Zugehörigkeit findet sich im synoptischen Vergleich. Dort lässt sich feststellen, dass sowohl Matthäus als auch Lukas Mk 16,1-8 als Quelle für ihre Evangelien nutzten, „ab Vers 9 aber eigene Wege gehen“.[15] Die erneute Einführung von Maria, der Jesus „sieben Dämonen ausgetrieben hatte“ (Elberfelder) steht zudem im Widerspruch dazu, dass Maria bereits im Mk 16,1 eingeführt wurde. Dass Jesus Maria sieben Dämonen austrieb, taucht zudem lediglich im Lukasevangelium (Lk 8,2) auf, nicht im Markusevangelium.[16]

2.5 Intention und Forschungsdiskussion

Dementsprechend wird nun die Frage aufgeworfen, aus welchem Grund ein sekundärer Markusschluss entstand, bzw. woher das Bedürfnis nach einer Ergänzung für das Markusevangelium stammt. Unter Rückbezug auf Mk 16,8 und im synoptischen Vergleich mit den anderen Evangelien fällt auf, dass einzig beim kurzen Schluss des Markusevangeliums dem Missionsauftrag keine Folge geleistet wird. Ferner fällt auf, dass es keine Christophanie gibt, lediglich eine Angelophanie.[17] Einige Theologen und Exegeten vertreten die Meinung, der Inhalt des sekundären Markusschlusses sei aus den drei übrigen kanonischen Evangelien zusammengestellt, um auch das Markusevangelium mit einem Erscheinungsbericht enden zu lassen.[18]

Andere Exegeten hingegen vertreten die Meinung, Mk 16,9-20 sei sprachlich-literarisch zwar unabhängig von den anderen drei Evangelien, allerdings könne man feststellen, dass der Autor diese kannte.[19] Dies deckt sich z.B. mit den Ausführungen Beckers, welcher darlegt, dass der Autor des sekundären Markusschlusses mit der Erscheinung vor Maria und dann vor den Elfen zunächst der johanneischen Erzählstruktur folgt und diese mit der lukanischen, d.h. der Erscheinung sowohl vor den Emmausjüngern als auch vor den Elfen, verknüpft.[20] Ferner verweist er auf die Parallelen von Mk 16,15-17ff zu Mt 28,19 bezüglich des Missions- und Taufauftrags sowie der Beistandszusicherung.[21] Eduard Schweizer bezeichnet den sekundären Markusschluss gar als eine „Evangelienharmonie aller Osterberichte“.[22] Inzwischen ist Dschulnigg von dieser Ansicht etwas abgerückt und formulierte seine These um, dass der Autor des sekundären Markusschlusses mindestens die lukanischen Schriften kannte. Joachim Gnilka wiederum behauptet, dass Joh 20 dem Verfasser von Mk 16,9-20 vorlag, eine Kenntnis des Markus- und Matthäus-Evangeliums jedoch nicht nachgewiesen werden könne.[23] Einhergehend mit seinen Argumenten für die Eigenständigkeit des sekundären Schlusses (vgl. 2.4) erwähnt er die Möglichkeit, dass der Text früh „als eine Art Osterkatechismus im Gemeindeunterricht benutzt“ wurde.[24]

[...]


[1] Roloff, Jürgen: Einführung in das Neue Testament. Stuttgart 2003, S. 154.

[2] Ebd, S. 155.

[3] Pesch, Rudolf: Herders Theologischer Kommentar zum Neuen Testament Bd. 2. Das Markusevangelium, Zweiter Teil. Freiburg 1984, S. 544.

[3] Ernst, Josef: Regensburger Neues Testament. Das Evangelium nach Markus. Regensburg 1981, S. 492.

[4] Gnilka, Joachim: Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament II/2. Das Evangelium nach Markus, 2. Teilband. Zürich 1979, S. 354.

Pesch, Rudolf: HThK Bd. 2. Das Markusevangelium, Zweiter Teil, S. 555.

[5] Becker, Jürgen: Die Auferstehung Jesu Christi nach dem Neuen Testament. Ostererfahrung und Osterverständnis im Urchristentum. Tübingen 2007, S. 87.

Gnilka, Joachim: EKK Bd. II/2. Das Evangelium nach Markus, 2. Teilband, S. 354.

Lührmann, Dieter: Handbuch zum Neuen Testament Bd. 3. Das Markusevangelium. Tübingen 1987, S. 268.

Pesch, Rudolf: HThK Bd. 2. Das Markusevangelium, Zweiter Teil, S. 544.

[6] Gnilka, Joachim: EKK Bd. II/2. Das Evangelium nach Markus, 2. Teilband, S. 354.

[7] Roloff, Jürgen: Neues Testament. Neukirchen 1999, S. 256.

[8] Becker, Jürgen: Die Auferstehung Jesu Christi, S. 7.

[9] Boomershine, Thomas E.: Mark 16:8 And The Apostolic Commission, in: Journal Of Biblical Literature Vol. 100, 02 / 1981, S. 237.

Pesch, Rudolf: HThK Bd. 2. Das Markusevangelium, Zweiter Teil, S. 528.

[10] Vögtle, Anton: Biblischer Osterglaube. Hintergründe – Deutungen - Herausforderungen. Neukirchen-Vluyn 1999, S. 34f.

[11] Ernst, Josef: RNT. Das Evangelium nach Markus, S. 497f.

[12] Roloff, Jürgen: Einführung, S. 155f.

[13] Lührmann, Dieter: HNT Bd. 3. Das Markusevangelium, S. 269.

[14] Roloff, Jürgen: Einführung, S. 155.

[15] Gnilka, Joachim: EKK Bd. II/2. Das Evangelium nach Markus, 2. Teilband, S. 353.

[16] Becker, Jürgen: Die Auferstehung Jesu Christi, S. 86.

[17] Ebd, S. 85.

[18] Lührmann, Dieter: HNT Bd. 3. Das Markusevangelium, S. 268f.

[19] [19] Becker, Jürgen: Die Auferstehung Jesu Christi, S. 88f.

Pesch, Rudolf: HThK Bd. 2. Das Markusevangelium, Zweiter Teil, S. 544.

[20] Becker, Jürgen: Die Auferstehung Jesu Christi, S. 88.

[21] Becker, Jürgen: Die Auferstehung Jesu Christi, S. 89. Für weitere Parallelen des sekundären Markusschlusses zu den kanonischen Texten des NT siehe auch Dschulnigg, Peter: Theologischer Kommentar zum Neuen Testament Bd. 2. Das Markusevangelium. Stuttgart 2007, S. 417.

[22] Dschulnigg, Peter: ThKNT Bd. 2. Das Markusevangelium, S. 417.

[23] Dschulnigg, Peter: ThKNT Bd. 2. Das Markusevangelium, S. 417.

[24] Gnilka, Joachim: EKK Bd. II/2. Das Evangelium nach Markus, 2. Teilband, S. 353.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Der sekundäre Schluss des Markusevangeliums. Aufbau und Analyse von Markus 16, 9-20
Hochschule
Universität Münster  (Katholisch-Theologische Fakultät / Seminar für biblische Theologie und ihre Didaktik)
Veranstaltung
Die Auferstehung Jesu – exegetische Grundlagen – didaktische Perspektiven
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
14
Katalognummer
V281025
ISBN (eBook)
9783656754961
ISBN (Buch)
9783656754954
Dateigröße
555 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Theologie, Exegese, Geschichte, Biblische Theologie, Markus, Markusevangelium, Markusschluss, Sekundär, Sekundärer Markusschluss, Langer Schluss, Markus 16, 9-20, Mark 16, Primärer Markusschluss, Erster Markusschluss, Auferstehung, Forschung, Intention, Gliederung, Analyse, Erscheinungen, Missionsbefehl, Sendungsrede, Himmelfahrt, Jesus, Jesu, Inthonisation, Mission, Eigenständigkeit, Echtheit, Zusatz, Einordnung, Kanon, Bibel
Arbeit zitieren
Oliver Prode (Autor:in), 2013, Der sekundäre Schluss des Markusevangeliums. Aufbau und Analyse von Markus 16, 9-20, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/281025

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