Controlling in der Luftfrachtspedition


Masterarbeit, 2014

75 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Controlling-Konzepte
1.1 Ziele der Arbeit
1.2 Vorgehen
1.3 Auswahl eines Controlling-Konzeptes
1.4 Wertschöpfungsorientiertes Controlling

2 Besonderheiten im Controlling einer Luftfrachtspedition
2.1 Marktabgrenzung und Analyse
2.2 Dienstleistungs-Controlling
2.3 Netzwerk- und Konzern-Controlling
2.4 Internationales Controlling
2.4.1 Rechnungslegungsvorschriften
2.4.2 Transfer Pricing
2.5 Logistik-Controlling

3 Branchenbezogene Aufgaben des Controllings
3.1 Aufgaben der wertschöpfungsorientierten Controlling-Konzeption
3.2 Liquidität
3.2.1 Auswirkung von Wert- oder Entwicklungsperspektive
auf die Liquidität
3.2.2 Auswirkung von Prozessen auf die Liquidität
3.2.2.1 Finanzplanung
3.2.2.2 Working-Capital
3.2.3 Auswirkung von Kunden auf die Liquidität
3.2.3.1 Kundenbewertung
3.2.3.2 Währungsrisiken
3.3 Erfolg
3.3.1 Auswirkung von Wert- oder Entwicklungsperspektive
auf den Erfolg
3.3.2 Auswirkung von Prozessen auf den Erfolg
3.3.2.1 Berichtswesen – monetäre Kennzahlen
3.3.2.2 Berichtswesen – nicht monetäre Kennzahlen
3.3.3 Auswirkung von Kunden auf den Erfolg
3.3.3.1 Preisbildung
3.3.3.2 Kundenerfolg
3.4 Erfolgspotenziale
3.4.1 Auswirkung von Wert- oder Entwicklungsperspektive
auf die Erfolgspotenziale
3.4.1.1 Wertorientierte Kennzahlen
3.4.1.2 Budgetierung
3.4.1.3 Business Intelligence
3.4.2 Auswirkung von Prozessen auf die Erfolgspotenziale
3.4.2.1 Operational Performance
3.4.2.2 Kapazitätsmanagement
3.4.2.3 Benchmarking
3.4.3 Auswirkung von Kunden auf die Erfolgspotenziale
3.4.3.1 Kunden- und Vertriebs-Controlling
3.4.3.2 Risiko-Controlling
3.4.3.3 Innovations-Controlling

4 Entwicklungspotenziale für das Controlling
in der Luftfrachtspedition
4.1 Management von Diskontinuitäten als strategisches Erfolgspotenzial
4.2 3-D-Druck – Ein Schwaches Signal für die Luftfrachtspedition
4.3 Resümee

Anhang I: Unternehmensleitlinien von Luftfrachtspeditionen

Anhang II: Analyse der Unternehmensleitlinien

Anhang III: Prozesse, Aktivitäten, Kostentreiber und Kennzahlen

Quellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Methoden zur Bildung von Verrechnungspreisen

Abbildung 2: Die häufigsten Attribute aus Unternehmensleitlinien von Luftfrachtspeditionen

Abbildung 3: Controlling-Matrix einer Luftfrachtspedition

Abbildung 4: Exemplarische Deckungsbeitragsrechnung in einer Luftfrachtspedition

Abbildung 5: Aufbau einer Prozesskostenrechnung in Luftfrachtspeditionen

1 Controlling-Konzepte

1.1 Ziele der Arbeit

Die Controlling-Literatur in Deutschland hat eine Vielzahl von konzeptionell methodischen Beiträgen über die Rolle des Controllings als Funktion im Unternehmen entwickelt.[1] Die dabei entstandenen Konzepte bestätigen die Disziplin als selbstständigen Teil der Betriebswirtschaftslehre.[2]

Die vorliegende Arbeit orientiert sich in weiten Teilen an den Begrifflichkeiten, wie sie sich im deutschen Sprachraum herausgebildet haben, verwendet aber dort, wo es die internationale Ausrichtung der Luftfrachtspedition begünstigt, englische Begriffe.

Aufgrund der großen Vielfalt der Anwendungsgebiete des Controllings sowie der Spezifika einzelner Unternehmen gibt es nur vereinzelt Literaturbeiträge, welche den Versuch unternehmen, allgemeingültige Ableitungen und Aussagen für das Controlling auf Branchenebene zu formulieren.[3] Mit der Eingrenzung der Thematik auf die kleine, relativ homogene Gruppe der Luftfrachtspeditionen können trotzdem hinreichend Gemeinsamkeiten identifiziert werden, um auf Basis der Systemtheorie[4] sachlogische Wirkungszusammenhänge zwischen Funktionen, Objekten und ausgewählten Instrumenten für diese Branche darzustellen. Somit kann diese Arbeit einen induktiven Beitrag zur Forschung im Gegenstrom[5] leisten. Sie erhebt dabei aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder allumfassende Darstellung. Im Einzelfall können und werden sich Sachverhalte abweichend verhalten. Vielmehr gilt ihr Zweck bereits als erreicht, wenn sie als Orientierung und Diskussionsgrundlage für Controller und Manager dient, die sich wissenschaftlich fundiert mit der Umsetzung von Controlling-Konzepten in der Luftfrachtspedition auseinandersetzen.

1.2 Vorgehen

Anhand funktionaler Gesichtspunkte wird zunächst ein grundsätzlich geeignetes Controlling-Konzept unter den Voraussetzungen der Luftfrachtbranche ausgewählt und kurz erläutert. Die Arbeit grenzt dabei die Diskussion über die Aufgabenträger des Controllings[6] weitgehend aus. Denn durch die faktisch gegebene Verzahnung[7] zwischen Controlling und Management und die damit einhergehende erfolgreiche Entwicklung des Controllings zum Business Partner[8] verliert dieser Aspekt für Luftfrachtspeditionen ohnehin an Bedeutung.[9]

Im zweiten Abschnitt beschäftigt sich die Arbeit mit den Besonderheiten der Luftfrachtspeditionsbranche und vertieft, welche Auswirkungen diese auf das Controlling im Allgemeinen haben müssten.

Das dritte Kapitel leitet mit einer semantischen Analyse der Unternehmens-leitlinien von Branchenvertretern typische Zielperspektiven ab. Darauf aufbauend werden anhand der drei Funktionen des wertschöpfungsorientierten Controllings, in Kombination mit den Perspektiven der Balanced Scorecard die wichtigsten Objekte des Controllings in der Luftfrachtspedition diskutiert. In Fällen von besonderer Bedeutung werden Instrumente und Herausforderungen bei deren Anwendung im Kontext der Branche aufgezeigt.

Der letzte Abschnitt befasst sich mit der Analyse von Schwachen Signalen und ihrer Eignung zur Schaffung von Erfolgspotenzialen. Am Beispiel des 3-D-Drucks werden Konsequenzen für die Luftfrachtspedition erläutert, bevor die Arbeit mit einem Resümee über die Gegebenheiten und Entwicklungspotenziale des Controllings in der Luftfrachtspedition abschließt.

1.3 Auswahl eines Controlling-Konzeptes

Zunächst wird untersucht, welche Controlling-Konzepte den Rahmenbedingungen und Bedürfnissen einer Luftfrachtspedition gerecht werden.

Ein frühes Controlling-Konzept, vertreten durch Reichmann[10], betont die Informationsfunktion des Controllings. Für die Luftfrachtspeditionsbranche gilt dies im Besonderen, da die Herstellung von Informationstransparenz in der Supply-Chain[11] einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen und seine Kunden darstellt. Zur zielgerichteten Informationsverarbeitung müssen hier auch Daten der konsolidierten Konzernunternehmen, Beteiligungen und gegebenenfalls externer Netzwerkpartner im In- und Ausland genutzt werden. Das erhöht die Komplexität der Informationsbeschaffung und -verarbeitung und steigert daher die Relevanz dieser Konzeption für diese Branche.

Das Controlling nach Horváth[12] vermittelt als wesentlichen Bestandteil die Koordinationsfunktion des Controllings. Auch diesen Ansatz kann man fast uneingeschränkt auf die Belange einer Luftfrachtspedition übertragen. Ihr Leistungserstellungsprozess erfordert das präzise Zusammenwirken mehrerer Parteien. Luftfrachtspeditionsdienstleistungen haben wie viele Dienstleistungen ausgeprägte Kundenkontakte. Sie sind äußerst zeitkritisch und erfordern eine weltumspannende, geografische Ausführung. Das bedingt einen sehr hohen horizontalen, prozessorientierten Koordinationsaufwand, weil sich dabei leicht divergierende Ziele ergeben können. Der mit Zielkonflikten einhergehende vertikale Regelungs- und Koordinationsbedarf wird befördert, weil die Partner in der Leistungserstellung innerhalb verschiedener wirtschaftlicher, politischer und sozio-kultureller Rahmenbedingungen agieren.

Die Controlling-Konzeption nach Schäffer und Weber geht von einer rationalitätssichernden Funktion des Controllings aus.[13] Dort wird dem Controlling die Aufgabe zugeschrieben, könnens- und wollensbedingte Abweichungen des Managements von rationalem Verhalten zu verhindern. Zumindest die Ausführungen zur könnensbedingten Ergänzung des Managements erscheinen schlüssig, weil sich Controlling fachlich und zeitlich umfassender mit der Erarbeitung rationaler Entscheidungsgrundlagen beschäftigen kann als das Management. Mit der Entwicklung des Controllings zum Business Partner steigt aber dessen Abhängigkeit vom Management. Daher kann vor allem bei wollensbedingtem, irrationalem Managementverhalten die Rationalitätssicherung durch Opposition des Controllings nicht reibungslos gewährleistet werden. Weber selbst stellt fest, dass gerade im amerikanischen Kulturkreis ein Controller kaum eine Chance hat seinem Manager zu widersprechen.[14] Trotz valider Teile dieser Konzeption bleiben Zweifel an einer umfassenden Zielerreichung im beschriebenen Umfeld, weshalb die Arbeit auf ihre systematische Anwendung verzichtet.

Ein Controlling-Konzept sollte auf das Unternehmensziel abgestimmt sein[15] und die Fähigkeit haben sowohl strategische als auch operative Ziele einzubinden. Die Erhaltung und der Fortbestand des Unternehmens kann dabei als zentrales, übergeordnetes, strategisches Managementziel gesehen werden.[16] Zielerreichung in diesem Sinne äußert sich darin Wertschöpfungs- und Erfolgspotenziale, wirtschaftlichen Erfolg und ausreichend Liquidität zu erzeugen.[17] Da Luftfrachtspeditionen meist privatwirtschaftlich orientierte, oftmals sogar börsennotierte Unternehmen sind, kann der Shareholder Value als eine unter mehreren,[18] jedoch sicherlich als eine bedeutende Ausprägungsform der Wertschöpfung gelten.[19] Schließlich schaffen Wertschöpfungspotenziale die späteren Wettbewerbsvorteile einer Unternehmung und erzeugen dadurch Wertsteigerung.[20] Wertschöpfung und Wertsteigerung nach dem Verständnis des Shareholder Value liegen hier also dicht beieinander und bedingen sich gegenseitig. Denn umgekehrt gilt: „von einem wertschaffenden Unternehmen profitieren nicht nur seine Eigentümer, sondern es dient allen anderen Forderungen seiner Anspruchsgruppen“.[21]

Folgerichtig sollte das Ziel des Controllings einer Luftfrachtspedition sein, im Einklang mit den Unternehmenszielen die Wertschöpfungspotenziale im eigenen Unternehmen sowie entlang der zu realisierenden Supply-Chain zu identifizieren, zu quantifizieren und deren Ausnutzung, Erhaltung und Ausbau zu unterstützen. Für die weitere Diskussion dieser Arbeit wird deshalb eine Konzeption, welche den Gedanken der Wertschöpfung als zentralen Bestandteil ausweist, zugrunde gelegt.

1.4 Wertschöpfungsorientiertes Controlling

Das Konzept des wertschöpfungsorientierten Controllings gründet sich auf dem Management- und Führungsverständnis von Gälweiler[22] und benennt zur langfristigen Überlebensfähigkeit der Unternehmung insgesamt drei Steuerungsgrößen: Die strategische Aufgabe der Steuerung des Erfolgspotenzials sowie die beiden operativen Steuerungsgrößen Erfolg und Liquidität. Das strategische Erfolgspotenzial, also die Voraussetzung zur Verwirklichung wirtschaftlichen Erfolges durch neue Produkte, Märkte oder Lösungstechnologien, gilt als Vorsteuerungsgröße der beiden operativen Steuerungsgrößen. Erfolgspotenziale erlauben, demnach die späteren Auswirkungen betrieblichen Handelns auf Erfolg und Liquidität frühzeitig zu identifizieren und das Unternehmen durch entsprechendes Verhalten auszurichten. Verschiedene wissenschaftliche Vertreter[23] haben aus dieser Betrachtung einen idealtypischen Zyklus zwischen Erfolgspotenzialen, Erfolg und Liquidität konstruiert.

Allerdings führt Gälweiler aus,[24] dass zwischen den einzelnen Steuerungsgrößen kein zwingender Zusammenhang besteht. Strategische Erfolgspotenziale können die Chance auf entsprechenden Erfolg nur vergrößern, führen jedoch nicht notwendigerweise auch einen solchen herbei. Werden Erfolgspotenziale nicht durch Preis- oder Marketing-Maßnahmen in Wertsignale für die Kunden umgewandelt, so bilden sich daraus keine Wettbewerbsvorteile.[25] Auch Erfolgs- und Bilanzdaten zeigen nur die maximal möglichen Grenzen späterer Liquidität. Ausschüttungen und Dividenden können, zumindest langfristig, nur aus dem Erfolg der Unternehmung resultieren. Nach ihrer Ausschüttung stehen sie nicht mehr als unternehmenseigene Liquidität zur Verfügung. Bei Liquidität und Erfolgspotenzialen spielt sich in der Praxis häufig ein umgekehrter Vorgang ab: Erfolgspotenziale zum Beispiel von Start-up-Unternehmen ziehen Kapital und Liquidität an. Durch die vermehrt wissensbasierte Leistungserstellung im Dienstleistungsbereich tritt außerdem die Liquidität für zukünftige Erfolgspotenziale gegenüber dem Wissenspotenzial in den Hintergrund.

Selbst wenn der Vorgang der Wertschöpfung nicht immer konsequent zyklisch dargestellt werden kann, bleibt doch die valide Feststellung, dass aus dem übergeordneten Unternehmensziel der Existenzsicherung die strategische Aufgabe des Managements erwächst, in effektiver und effizienter Weise sicherzustellen, neue Erfolgspotenziale in Form von Wettbewerbsvorteilen zu begründen. Das Controlling hat als Führungsunterstützung diesen Prozess zu begleiten. Becker nennt dies deshalb zu Recht die originäre Lokomotionsfunktion des Controllings.[26] Folgerichtig bezeichnet seine wertschöpfungsorientierte Controlling-Konzeption Informations- und Abstimmungsfunktionen als derivative Funktionen. Sie müssen, wie im vorangegangenen Kapitel gezeigt, für das Controlling von Luftfrachtspeditionen besonders stark ausgeprägt sein und verlangen deshalb auch eine enge Verzahnung mit der originären Lokomotionsfunktion. Das „Wie“ dieser Verzahnung wird weiter im Kapitel 3 dieser Arbeit erörtert.

2 Besonderheiten im Controlling einer Luftfrachtspedition

2.1 Marktabgrenzung und Analyse

Die Beförderung von Gütern per Flugzeug stellt sich als Dienstleistungsgefüge einer Vielzahl von Parteien dar.[27] Vereinfachend lassen sich die Beteiligten an der Luftfracht in drei große Gruppen einteilen: erstens die Fluggesellschaften, zweitens die Versender und drittens die Intermediäre.[28]

Die Fluggesellschaften nehmen die Güterbeförderung mit eigenen oder gecharterten Flugzeugen vor. Das Luftfrachtgeschäft ist für sie, mit Ausnahme von reinen Frachtflugzeugen, ein typisches Kuppelprodukt aus der Personenbeförderung (Passage).[29] Die Angebots- und Preispolitik in der Luftfracht hängt darum wesentlich von frachtunabhängigen Faktoren ab. Versender können der Absender, Empfänger oder ein Dritter sein. Im internationalen Luftfrachtmarkt sind meist Exporteur und Importeur beteiligt. Die Aufgabe des Intermediärs wird von Logistikdienstleistern[30] wahrgenommen. Sie vermitteln zwischen den am Markt verfügbaren Frachtkapazitäten und der Nachfrage nach Transportraum durch die Versender.[31] Etwa 90 - 95% des weltweiten Luftfrachtaufkommens werden durch Intermediäre kontrolliert.[32] Eine Luftfrachtspedition ist als ein solcher Intermediär rein rechtlich lediglich eine verkehrsträgerbasierte Ausprägung des Spediteurs[33] und hat nur „die Versendung des Gutes zu besorgen.“[34] Dennoch steuert sie die gesamten Logistikaktivitäten entlang der Supply-Chain. Dazu gehört die Koordination sendungsbezogener Aktivitäten von Absendern und Empfängern, Frachtführern, Lagerhaltern, Zollbehörden, Netzwerkpartnern und Fluggesellschaften. Zudem organisiert sie Vor- und Nachläufe der Güter zwischen Absender und Flughafen sowie zwischen Flughafen und Empfänger. Der Warenfluss wird dabei durch mehrmalige Umschlagvorgänge unterbrochen, was die Koordinationsleistung noch anspruchsvoller gestaltet. Luftfrachtspediteure führen auch die behördliche Abwicklung der Sendungen nach Zoll- und Luftsicherheitsvorschriften durch. Nicht zuletzt obliegt ihnen die gesamte, mit der Sendung verbundene, Dokumenten-, Informations- und Zahlungsmittelflusssteuerung.

Porter hat die treibenden Kräfte im Luftfrachtspeditionsmarkt mit seinen Five-Forces[35] wie folgt kategorisiert:[36]

- Brancheninterner Wettbewerb

beschreibt bereits am Markt tätige Luftfrachtspeditionen. Die Zunahme des Luftfrachtaufkommens hat zu erheblichem Wachstum und zu starker Wettbewerbsintensität geführt. Deregulierungsbemühungen führen zur anhaltenden Konsolidierung im Markt.[37]

- Potenzielle Wettbewerber

sind mögliche Marktzutrittskandidaten für den Luftfrachtspeditionsmarkt. Die Vorhaltung von umfangreicher Netzwerkinfrastruktur an vielen Orten der Welt und erhöhte Sicherheitsvorschriften der Beteiligten am Luftverkehr sind starke Markteintrittsbarrieren. Nur etwa 30% aller Spediteure in Deutschland bieten deshalb Luftfrachtspeditions-dienstleistungen an.[38]

- Substitute

können andere Verkehrsträger sein. Die Seefracht konnte durch optimierte Warenströme und effizientes Supply-Chain-Management bereits Teile des Luftfrachtaufkommens absorbieren. Spezifische Anforderungen an Flexibilität, Dringlichkeit, geringe Kapital-bindungszeiten und Schutz vor Verderblichkeit der Waren erfüllt sie jedoch nicht. Mit dem 3-D-Druck entwickelt sich aber ein echtes Substitut der Luftfracht, welches in Kapitel 4 dieser Arbeit beschrieben wird.

- Lieferanten

der Luftfrachtspeditionen sind LKW-Frachtführer, Lagereibetriebe, Zoll-agenten und Fluggesellschaften. Die Netzabdeckung der Fluggesell-schaften sorgt dafür, dass der Luftfrachtmarkt ein Käufermarkt zugunsten der Luftfrachtspediteure ist. Da etwa 40-50% der Luftfracht weltweit in Passagierflugzeugen befördert werden, vermarkten viele Fluggesell-schaften den Frachtraum ihrer Passagiermaschinen, die sogenannte Belly-Kapazität, lediglich zu Grenzkosten, weil das Frachtraumangebot unabhängig von der Marktnachfrage ohnehin vorhanden ist.[39] Das schwächt die Lieferantenposition der Fluggesellschaften.

- Käufer,

das heißt die Kunden der Luftfrachtspedition üben eine starke Marktmacht aus, denn die ähnlichen Leistungsmerkmale der Beförderung und geringe Differenzierungsmöglichkeiten in der Hauptleistung führen zu geringen Wechselkosten der Kunden.

2.2 Dienstleistungs-Controlling

Die Besonderheiten der Dienstleistung und ihr Einfluss auf das Controlling wurden erst etwa seit dem Jahr 2000 umfassend wissenschaftlich aufgearbeitet.[40] Trotz unklarer Begriffsdefinition lassen sich einige konstitutive Merkmale einer Dienstleistung identifizieren.[41]

Dienstleistungen sind durch das Prinzip der Immaterialität des Leistungsergebnisses geprägt. Ihre Erstellung und ihr Konsum müssen nach dem Uno-actu-Prinzip gleichzeitig erfolgen.[42] Die Immaterialität der Leistung hat für den Anbieter zur Folge, dass die internen Produktionsfaktoren wie Mitarbeiter, Umschlagsanlagen, Bürogebäude und Datenverarbeitungsanlagen zur Aufrechterhaltung der Leistungsbereitschaft vorgehalten werden müssen. Daraus resultiert ein hoher Fixkostenanteil. Die Produktivität des Unternehmens hängt darum von der Auslastung der Kapazitäten ab und kann daher nur ungenau ex ante bestimmt werden. Weil der Spediteur das Sendungsaufkommen aufgrund der im Luftfrachtbereich vorhandenen Dringlichkeit oft nur bis zum nächsten passenden Abflug zeitlich puffern kann,[43] kommt der Leistungs- und Erlösrechnung operativ eine besondere Bedeutung zu. Im strategischen Bereich hat das Unternehmen zu entscheiden, wie es generell mit dem Marktrisiko einer volatilen Nachfrage umgehen möchte. Im Rahmen der Investitionsrechnung muss das Dienstleistungs-Controlling dafür Handlungsempfehlungen bezüglich strategischer Investitionen geben.

Ein weiterer Aspekt ist die Partizipation des Kunden am Leistungserstellungsprozess.[44] Für die Luftfrachtspedition ist das die Übergabe der einzelnen Sendung[45] und der sendungsbegleitenden Informationen über Art, Umfang und Termine der zu befördernden Güter. Gleichzeitig ist die Verfügbarkeit und der Preis von Transportkapazität zu berücksichtigen. Da sowohl Kapazität als auch Nachfrage starken Schwankungen unterliegen, ist die kurzfristige Erfolgsrechnung ein zentrales Element des operativen Controllings in Luftfrachtspeditionen. Die starke Marktposition der Kunden resultiert in hoher Preissensibilität der verladenden Industrie. Sie erfordert auf Seiten der Luftfrachtspedition einen Preisbildungsmechanismus und ein Kosten-Controlling, welches den Marktverhältnissen angepasst ist.

Ein weiterer konstituierender Aspekt von Dienstleistungen ist die Exposition der Mitarbeiter gegenüber dem Kunden. Dadurch entstehen vielfältige Zusammenhänge zwischen mitarbeiter- und leistungsbezogenen Determinanten.[46] Weil der Faktor Arbeit so stark dominiert, ist seine Messung zur Gesamtbeurteilung der Unternehmung unabdingbar. Die Aufgabe des Controllings ist es deshalb, gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung einer verständlichen Skepsis der Mitarbeiter,[47] die notwendige Messung der Leistungsträger und die Akzeptanz des Controllings laufend zu validieren.[48]

Dazu finden verschiedene Aktivitätenkonfigurationen ihre Anwendung. Sowohl Porters Wertkette,[49] welche Basis- und unterstützende Aktivitäten unterscheidet, als auch Wertshop und Wertnetze,[50] die besonderen Schwerpunkt auf Problembearbeitung und Infrastrukturmanagement legen, müssen berücksichtigt werden. Mit ihrer selektiven Anwendung trägt das Controlling dazu bei, die wichtige strategische Lokomotionsfunktion zu unterstützen, welche in ein zielgerichtetes, wertschöpfendes Handeln unter Berücksichtigung der besonderen Dienstleistungseigenschaften mündet.[51]

2.3 Netzwerk- und Konzern-Controlling

Sydow charakterisiert Unternehmensnetzwerke als eine Verbindung von Unternehmen, welche grundsätzlich polyzentrisch organisiert sind, aber meist von einem oder mehreren Partnern dominiert werden. Er konstatiert, dass die Beziehungen zwischen Netzwerkunternehmen häufig kooperativ sind und auf die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen abzielen. Die teilnehmenden Unternehmen können rechtlich selbstständig sein, sind aber zumindest wirtschaftlich voneinander abhängig.[52] Im Gegensatz zum Einzelunternehmen bringt das Controlling von Unternehmensnetzwerken einen erheblichen Komplexitätszuwachs mit sich.[53] Zielgerichtetes Zusammenwirken und die strategischen Aufgaben der Selektion von Netzwerkpartnern, Allokation von Ressourcen im Netzwerk, Bestimmung und Durchsetzung von Regularien, sowie die operative Evaluation der Leistung sind in allen Beziehungsebenen umzusetzen.[54] Leistungsmessung, Preisverrechnung, Festlegung von Verhaltens- und Informationskonventionen, vertragliche Regelungen und nicht zuletzt die Nutzung von Infrastruktur durch teilnehmende Unternehmen müssen koordiniert werden. Die zentrale Herausforderung für das Controlling ist dabei sowohl prozessbezogenen Erfolg als auch einen unternehmensbezogenen Einzelanteil am Erfolg der Dienstleistung im Netzwerk auszuweisen. Außerdem muss die ordnungsgemäße Abwicklung des Zahlungsverkehrs und der Liquidität im Netzwerk gesteuert werden.

Im Gegensatz zu LKW-Sammelladungsspediteuren, welche häufig in mehr oder minder losen Kooperationen arbeiten[55], sind Luftfrachtspeditionen überwiegend in Konzernen[56] organisiert. Das dynamische Umfeld, die gleichartige Leistungserstellung und der Koordinationsfokus von Informationen und Infrastruktur, verbunden in horizontalen Prozessketten mit einer hohen Anzahl an Schnittstellen zu internen und externen Bereichen, klassifizieren einen solchen Verbund als Netzwerk-Konzern.[57] Ein Konzern-Controlling muss sicherstellen, dass der Nutzen, welcher der Gesamtheit des Netzwerkes aus seiner Tätigkeit erwächst, größer ist als die Aufwendungen, welche die Mitgliedsunternehmen in dessen Erhalt und Funktionsfähigkeit stecken. Dazu müssen zunächst die Aufgaben im Controlling zwischen Zentrale und Tochterunternehmen abgegrenzt werden.[58] Während das strategische Controlling von der übergeordneten Konzernmutter erfolgen muss, sind auf operativer Ebene individuelle Gestaltungsspielräume oft zielführender.

2.4 Internationales Controlling

2.4.1 Rechnungslegungsvorschriften

In der Vergangenheit herrschte in Deutschland eine strikte Trennung zwischen internem und externem Rechnungswesen. Das wurde mit der Unvereinbarkeit der Ziele der beiden Rechnungssysteme begründet. Auf der einen Seite steht die Notwendigkeit eines effektiven Planungs-, Kontroll- und Steuerungssystems, auf der anderen Seite das Ziel der Ermittlung einer Zahlungsbemessungsfunktion, nach welcher der steuerpflichtige und ausschüttungsfähige Gewinn ermittelt wird.[59]

Heute kann das Controlling aber mehr denn je auf die Daten des Rechnungswesens zurückgreifen, weil die zunehmende Verbreitung der International Accounting und Financial Reporting Standards (IAS/IFRS) bei internationalen Konzernen die Diskussion fördert, beide Rechnungs-kreissysteme in Bereichen mit gleicher Zweckorientierung weitgehend zu harmonisieren.[60] Doch auch das unmodifizierte Reporting nach IFRS ist keine geeignete Grundlage für eine verhaltenssteuernde Erfolgsmessung.[61] Abweichungen vom Einkreissystem sollten aber nur vorgenommen werden, wenn wesentliche Fehlschlüsse aus den Informationen des Rechnungswesens zu erwarten sind, denn eine unterschiedliche Behandlung müsste allen Beteiligten erklärt und von diesen akzeptiert werden.[62] Neben diesen betriebswirtschaftlich motivierten Gründen wendet die Praxis überwiegend das Einkreissystem an, weil eine Ausrichtung am gesetzeskonformen Handeln und damit steuerliche Gesichtspunkte, wie in Kapitel 2.4.2 beschrieben, stets Priorität vor der verursachungsgerechten Kostenzuordnung und gegenüber verhaltenssteuernden Motiven haben.[63]

Berechtigte Abweichungen können durch externe Einflüsse auf die Daten des Rechnungswesens entstehen, welche nicht mit den Zielen des internen Management Reporting in Einklang stehen. Beispiele dafür sind die IAS/IFRS Ansatz- und Bewertungskriterien[64] und vor allem die Vorschriften zum Transfer Pricing. Multinationale Unternehmen haben deshalb nicht allein bei der Beschaffung und Aufbereitung von Informationen wesentlich größere Schwierigkeiten zu überwinden, sondern auch bei der Analyse ihrer Daten und deren Beurteilung.[65]

2.4.2 Transfer Pricing

Die Verrechnung von Kosten und Leistungen zwischen Konzerngesellschaften in unterschiedlichen Ländern führt oft zu Diskussionen.[66] Eine Luftfrachtspeditionsleistung wird unter Einbezug verschiedener mittelbar oder unmittelbar weisungsgebundener Unternehmen erstellt. Da sie sich meist über mehrere Länder hinweg erstreckt, erzeugt sie Klärungsbedarf bei der Aufteilung von Aufwendungen und Erträgen. In der Regel erfolgt die Rechnungserstellung von Abgangs- und Empfangsspediteur nach Maßgabe der Verkaufsbestimmungen zwischen Exporteur und Importeur. Diese werden häufig durch Incoterms[67] festgelegt. Abhängig vom Kostenübergang zwischen Ex- und Importeur wird der Preis für die Beförderung per Flugzeug entweder vom Abgangsspediteur (prepaid) oder vom Empfangsspediteur (collect) übernommen. Doch unabhängig davon, wer an wen die Rechnung stellt, ergibt sich die Frage, wem und in welchem Maße, der Gewinn aus der Luftfrachtbeförderung zugerechnet werden kann.

Weitere Leistungsverrechnungen im Konzern können auftreten, wenn bestimmte Funktionen für das gesamte Netzwerk zentralisiert werden. Gemeinsamer Leistungseinkauf (Procurement), Supply-Chain-Beratung, Konsolidierung der Fracht (Gateway Services) oder einheitliche Produkt-management- und Vertriebsaktivitäten sind häufig vorkommende Beispiele. Dieser Leistungsaustausch muss finanziell erfasst und bewertet werden. Ewert/Wagenhofer definieren diese Verrechnungspreise als diejenigen Wertansätze, für welche innerbetriebliche Leistungen von anderen, rechnerisch abgegrenzten Unternehmen bezogen werden.[68]

Ein verhaltenssteuerndes Performance Measurement kann dabei im Konflikt zur Gewinnermittlung der Einzelabschlüsse im Konzern oder der Minimierung des Konzernsteueraufwandes stehen.[69] Vor allem auf steuerlicher Seite haben die Kostenumlagen innerhalb von Konzernen an Bedeutung gewonnen.[70] Das finanzielle Risiko, welches den Unternehmen durch die erweiterte Schätzungsbefugnis[71] der Finanzbehörden droht, kann erheblich sein. Der Beitrag zur Wertorientierung des Unternehmens besteht hier im Aufzeigen von Gefahren und Optimierungschancen im internen Verrechnungspreissystem durch das Controlling.[72] Folglich ist auch die Wahl der Verrechnungspreismethode ein Thema für das Controlling.[73]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Methoden zur Bildung von Verrechnungspreisent[74]

Die Organisation for Economic Co-operation and Developmen (OECD)[75] legt im internationalen Austausch von Leistungen das sogenannte Arm's Length Principle zugrunde. Dieses, im Deutschen als Fremdvergleichsgrundsatz bezeichnete Prinzip, lässt aber weitgehend offen nach welcher der genannten Methoden der Fremdvergleich zu bestimmen ist.[76] Je nach Zusammenhang können Leistungen auf Basis unterschiedlicher Methoden zwischen Gesellschaften verrechnet werden.

Gewinnbezogene Methoden benötigen die Verwendung von Marktpreisen oder marktüblichen Margenberechnungen, um die Fremdvergleichbarkeit zu gewährleisten. Dies ist im Bereich der Luftfrachtspedition gegeben, wenn ein Konzern rechtlich unabhängige Netzwerkpartner unter weitgehend gleichen Bedingungen integriert. So können die Methoden der Preisfindung gegenüber diesen Partnern als Referenz von Marktpreisen und eines marktgerechten Verrechnungssystems angesehen werden. Bei Anwendung der Nettomargenmethode für die Gewinnaufteilung der Sendungen im Netzwerk ergibt sich also unmittelbar aus der Preisfestsetzung mit den Netzwerkpartnern eine Möglichkeit, Vereinbarungen im Netzwerk zu nutzen und gleichzeitig den steuerlichen Anforderungen nachzukommen.

Für die beschriebenen Zentralfunktionen stehen vergleichbare Marktpreise oder Gewinnverteilungsmechanismen nicht zur Verfügung, weil sie nicht marktgängig sind. Die transaktionsbezogene Preisvergleichsmethode nutzt deshalb spezielle Datenbanken zum Auffinden vergleichbarer Unternehmungen und Leistungen. Dies ist eine Aufgabe, welche unter Hinzuziehung von Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften effektiv erfolgen kann.

2.5 Logistik-Controlling

„Unter Logistik-Controlling ist die Wahrnehmung von Controllingaufgaben im Logistikbereich des Unternehmens zu verstehen.“[77] Es ist die Vereinigung zweier Querschnittsfunktionen im Unternehmen.[78] Die durch Pfohl aufgeführten Kennzeichen zur Unterscheidung von traditionellem Logistik-Controlling und Supply-Chain-Controlling[79] verschmelzen für Logistikdienstleister weitgehend, da es die originäre Zweck des Spediteurs ist, beides mittels geeigneter Prozesssteuerung zu integrieren. Die Aufgabe, welche daraus für das Supply-Chain-Controlling erwächst, ist es, den Gestaltungsrahmen für die betriebliche und zwischenbetriebliche Koordination in der Wertkette zu setzen.[80] Empirische Untersuchungen zeigen die Wichtigkeit des Supply-Chain-Managements.[81] Controlling für das Supply-Chain-Management kann in diesem Sinne also als Möglichkeit zur Gewinnung von Wettbewerbsvorteilen und zur nachhaltigen Sicherung zukünftiger Erfolgspotenziale in der Logistik verstanden werden.[82] Weil der eigene, operativ erzeugte Erfolg von Luftfrachtspeditionen zu strategischen Erfolgspotenzialen ihrer Kunden führen sollte, kommt der Sicherung von Effektivität und Effizienz durch das Controlling eine Schlüsselrolle zu.

3 Branchenbezogene Aufgaben des Controllings

3.1 Aufgaben der wertschöpfungsorientierten Controlling-Konzeption

Die durch Controlling wahrzunehmenden Aufgaben entwickeln sich aus der Vision, den Unternehmensleitlinien und den übergeordneten Zielen eines Unternehmens. Darauf aufbauend werden die strategischen Ziele formuliert, welche in operative Maßnahmenpakte zu zerlegen sind.[83] Dem kybernetischen Kreislauf von Planung, Durchführung und Kontrolle entsprechend obliegt es dem Controlling, die strategischen Ziele des Managements durch geeignete monetäre und nicht monetäre Performance Indicators[84] zu operationalisieren.[85] Um diese Wirkungszusammenhänge abzubilden, muss das Controlling seine Selektion von Kennzahlen[86] deshalb so vornehmen, dass sowohl die Messobjekte wie auch die Messgrößen geeignet sind festzustellen, wie sich die Umsetzung der Strategie auf Liquidität, Erfolg und Erfolgspotenziale auswirkt.[87]

Dazu soll die Balanced Scorecard als wirkungsvolles und weitverbreitetes Werkzeug zur Implementierung der Unternehmensstrategie auf die Luftfrachtspeditionsbranche angewandt werden. Denn sie ermöglicht trotz der Nutzung von vereinfachenden Performance Indicators die Fähigkeit, den einzelnen Messgrößen einen strategischen Rahmen zu geben.[88] Die im Einzelfall berechtigten Anpassungen, wie sie beispielsweise Stölzle für das Management der Supply-Chain vorschlägt, bleiben aus Gründen der Übersichtlichkeit hier aber unberücksichtigt.[89]

Zur Nutzung der Balanced Scorecard sind vorab die Vision und daraus resultierende Unternehmensziele festzustellen. Erst wenn die Ausrichtung des Unternehmens bekannt ist, können die Ziele auf verschiedene Teilansichten des Unternehmens heruntergebrochen werden.[90] Die Bestimmung von Unternehmenszielen ist aber ein individuell zu gestaltender Vorgang. Beim Versuch die Unternehmensziele mehrerer Unternehmen zu analysieren ergibt sich das Problem, dass sie sich nicht ohne weiteres aggregieren lassen. Beschränkt man die Auswahl der zu untersuchenden Unternehmen jedoch auf einen engen Kreis von Gesellschaften derselben Branche, lassen sich aus den unternehmensspezifischen Aussagen durchaus Gemeinsamkeiten und strategische Schwerpunkte erkennen.[91]

Dies wird durch eine semantische Analyse der Unternehmensleitlinien von insgesamt 22 der weltweit bedeutendsten Luftfrachtspeditionen, darunter auch die zehn umsatzstärksten Gesellschaften der Branche, bestätigt. Zur Bestimmung von Gemeinsamkeiten in ihrer strategischen Ausrichtung wurden die in ihren Unternehmensleitlinien benutzten Attribute analysiert und den Perspektiven der Balanced Scorecard zugeordnet.[92] Die 20 absolut am häufigsten vorkommenden Begriffe werden in Abbildung 2 dargestellt. Als Ergebnis der Analyse wurden zwei dominierende Perspektiven der Balanced Scorecard identifiziert: Kunden- und Prozessorientierung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die häufigsten Attribute aus Unternehmensleitlinien von Luftfrachtspeditionen

Die zentrale Bedeutung der Kundenorientierung im Dienstleistungssegment lässt sich auch in der betriebswirtschaftlichen Literatur wiederfinden und wird beispielsweise von Gleich/Petschnig/Schmidt[93] genannt.

Der Grund für die Häufung von prozessorientierten Attributen ist in den hohen Anforderungen an Logistikdienstleister zu suchen, die Wettbewerbsvorteile für ihre Kunden mittels Prozesssteuerung in der Supply-Chain generieren.[94] Auch Pfohl[95] bezieht sich darauf, wenn er feststellt, dass für Unternehmen der Transport- und Logistikbranche die Optimierung von material- und warenflussbezogenen Dienstleistungen im Fokus steht.

Die durchgeführte Analyse soll als Grundlage für das weitere Vorgehen dienen und einen branchengültigen Rahmen ziehen, der es hinreichend rechtfertigt, gemeinsame Problemfelder des Controllings in Luftfrachtspeditionen vor dem Hintergrund ihrer Unternehmenszielschwerpunkte zu diskutieren. – Gleichzeitig soll berücksichtigt werden, dass sich betriebliche Wertschöpfung nach Gälweiler in Erfolgspotenzialen, Erfolg und Liquidität widerspiegelt. Für die vorliegende Arbeit werden deshalb die vier traditionellen Perspektiven der Balanced Scorecard[96] mit den drei Steuerungsgrößen der wertschöpfungs-orientierten Controlling-Konzeption kombiniert. Eine Matrixdarstellung beider Konzepte ermöglicht eine strukturierte Darstellung der Aufgaben für das Controlling in der Luftfrachtspedition, so dass auch sachlogische Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Bereichen visualisiert werden können.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Controlling-Matrix einer Luftfrachtspedition

Ein in Abbildung 3 beispielhaft dargestellter kausaler Zusammenhang ist das finanzielle Ausfallrisiko, welches sich in der Bonität des Kunden spiegelt. Durch entsprechende Risikoklassifizierung kann sich daraus der Verhandlungsspielraum des Vertriebs bei der Preisgestaltung für diesen Kunden bestimmen. Somit trägt das Vertriebs-Controlling einen wesentlichen Anteil zur Risikominimierung bei, indem Wertschöpfung durch systematische Vermeidung von Forderungsausfällen erzeugt wird.[97]

Der Themenschwerpunkt im weiteren Verlauf der Arbeit, in Abbildung 3 grün und rot markiert, liegt auf den Schnittmengen der Steuerungsgrößen mit der Kunden- und Prozessperspektive. Wert- und Entwicklungsperspektive bieten ebenfalls Ansatzpunkte für das Controlling, sollen aber wegen der deutlich geringeren Ausprägung in den Unternehmensleitlinien hier nur kurz angerissen werden.

3.2 Liquidität

3.2.1 Auswirkung von Wert- oder Entwicklungsperspektive auf die Liquidität

Wie andere Kapitalgesellschaften unterliegen auch Luftfrachtspeditionen der marktwertorientierten Sichtweise ihrer Eigenkapitalgeber. Nach dem Shareholder Value Netzwerk sind die betrieblichen Cashflows der wesentliche Einflussfaktor auf die zusätzlich geschaffene Wertsteigerung, den Shareholder Value Added (SVA).[98] Auch Luftfrachtspeditionen nutzen den Cashflow zum Beispiel für Investitionsrechnungen auf Basis des Net Present Value (NPV)[99] um sicherzustellen, dass die Interessen der Eigenkapitalgeber in risikoadäquater Weise berücksichtigt sind.

Die Liquiditätswirkung von Entwicklungspotenzialen spiegelt sich im Zusammenhang zwischen Motivation und Managervergütungen. Allerdings greift eine Reduzierung des Motivationstreibers von Managern auf die Gestaltung der Bonusvergütungen, wie sie von Resch/Klaas-Wissing formuliert wird, zu kurz.[100] Weitere Faktoren wie nicht monetäre und immaterielle Anreize, die bei Holtbrügge beschrieben werden,[101] stellen ein ganzheitlicheres Bild dar.

[...]


[1] Vgl. Schwarz (2002), S. 10f.

[2] Vgl. Horváth (2008), S. 663.

[3] Vgl. Schneider (2003), S. 216ff. als eine der wenigen Publikationen, welche sich explizit mit dem Thema Controlling in einer Luftfrachtspedition befasst.

[4] Vgl. Wolf (2008), S. 156ff.

[5] Vgl. Becker/Baltzer (2010), S. 2.

[6] Vgl. Becker/Baltzer/Ulrich (2014), S 90ff.

[7] Vgl. o. V. (2013b), S. 20.

[8] Vgl. Horváth, (2008), S. 664.

[9] Deutsche Post World Net (DPWN) hat dazu das Konzept des „Advanced Navigator“ entwickelt, was den Controller näher an die Geschäftstätigkeit bringt, um ihn stärker als Hilfsfunktion des Managements zu etablieren. Vgl. Ernst/Reinhard/Vater (2007), S. 48f.

[10] Vgl. Reichmann (2008), S. 2.

[11] Zum Begriff der Supply-Chain: Vgl. Stadtler/Kilger (2008), S. 9.

[12] Vgl. Horváth (2011), S. 100ff.

[13] Vgl. Schäffer/Weber (2001), S. 30ff.

[14] Vgl. Weber (2007a), S. 95.

[15] Vgl. Baum/Coenenberg/Günther (1999), S. 3f.

[16] Vgl. Gerhardt (2004); S. 34.

[17] Vgl. Horváth (2011), S. 439.

[18] Zu den Gründen der Anwendung eines Wertmanagements in der Spedition gehören unter anderem ein globaler Strukturwandel, Mergers & Acquisitions (M&A), intensiverer Wettbewerb auf den Kapitalmärkten und die Globalisierung der Kapitalmärkte. Vgl. Schwolgin (2007b), S. 305.

[19] Baum/Coenenberg/Günther (1999), S. 6 gehen sogar soweit, dass sie Erfolgspotenzial und Shareholder Value gleichsetzen. Dies ist jedoch eine Ansicht, die hier nicht uneingeschränkt geteilt wird.

[20] Vgl. Rappaport (1999), S. 82.

[21] Rappaport (1999), S. 8.

[22] Vgl. Gälweiler (1987), S. 23ff.

[23] Vgl. Buchmann/Chmielewicz (1990), S. 65 und vgl. Becker (1999), Seite 5ff.

[24] Vgl. Gälweiler (1987), S. 29.

[25] Vgl. Porter (1985), S 138ff.

[26] Vgl. Becker/Baltzer (2010), S. 15.

[27] Vgl. Pompl (2007), S. 96.

[28] Vgl. Hellermann (2006), S. 5.

[29] Vgl. Kley (2001), S. 271.

[30] Der Begriff des Logistics Service Provider oder Logistikdienstleisters wird in der Literatur uneinheitlich definiert: Vgl. hierzu Badem/Mueller (1999), S. 78ff und Ihde (2001), S. 41. Aufgrund der Vielfalt und Komplexität des Angebotsspektrums ist eine eindeutige Abgrenzung zwischen dem Begriff des Spediteurs und dem des Logistikdienstleisters heute kaum noch möglich. Vgl. Lohre (2007), S. 8. Vor allem bei Luftfrachtspeditionen liegt die Interpretation der beiden Begriffe in ihrer praktischen Bedeutung meist eng beieinander, weshalb Spediteure, als einer der wichtigsten Vertreter unter den Logistikdienstleistern für die Zwecke dieser Arbeit mit Logistikdienstleistern gleichgesetzt werden.

[31] Vgl. Steffens (2002), S.39.

[32] Vgl. Kadar/Larew (2004), S. 3ff.

[33] Zum Begriff des Spediteurs: Siehe § 453 Abs. 1 HGB.

[34] Zum Begriff der Besorgung der Versendung: Siehe § 454 HGB.

[35] Vgl. Porter (1980), S. 4ff.

[36] Vgl. dies und folgendes: Pearce (2013), S. 38.

[37] Zu einer Auswahl der Unternehmenszukäufe und -fusionen in der Logistikbranche, welche auch die wesentlichen Aktivitäten der Luftfrachtbranche beinhalten vgl. o. V. (2013a).

[38] Vgl. Lohre (2007), S. 9.

[39] Vgl. Hellermann (2006), S. 9.

[40] Vgl. Becker/Rech (2013), S. 516.

[41] Vgl. Haller (2012), S. 5ff.

[42] Vgl. Bruhn (2008), S. 405f.

[43] Vgl. Lohre (2007), S. 13.

[44] Vgl. Bruhn (2008), S. 406.

[45] Vgl. Lohre (2007), S. 13.

[46] Vgl. Bruhn (2008), S. 406.

[47] Vgl. Biermann (2006), S. 240f.

[48] Vgl. Fischer (2002), S. 278.

[49] Vgl. Porter (1985), S. 36ff.

[50] Vgl. Woratschek/Roth/Schafmeister (2006), S. 262ff.

[51] Vgl. Becker/Rech (2013), S. 515.

[52] Vgl. Sydow (1992), S. 82.

[53] Vgl. Horváth (2011), S. 789.

[54] Vgl. Möller (2008), S. 673ff.

[55] Vgl. Genschmer/Krey (2010), S. 137f.

[56] Zum rechtlichen Begriff eines Konzerns: Siehe § 18 Abs. 1 AktG

[57] Vgl. Becker/Botzkowski (2012), S. 47f.

[58] Vgl. Littkemann (2002), S 336ff.

[59] Vgl. Funk/Rossmanith (2008), S. 42ff.

[60] Vgl. Becker/Baltzer/Ulrich (2014), S. 200.

[61] Vgl. Weißenberger (2004), S. 15.

[62] Vgl. Clemens (2008), S. 291.

[63] Vgl. Becker/Baltzer/Ulrich (2014), S. 127.

[64] Vgl. Weißenberger (2008), S. 435f.

[65] Vgl. Reichmann (2011), S. 632.

[66] Vgl. Gleich (2002), S. 4.

[67] Incoterms ® sind durch die internationale Handelskammer (ICC) festgelegte standardisierte Handelsklauseln, welche vor allem den Kosten- und Gefahrenübergang beim internationalen Handelskauf regeln. Weitere Informationen hierzu finden sich unter http://www.iccwbo.org.

[68] Vgl. Ewert/Wagenhofer (2005), S. 577.

[69] Vgl. Küpper/Friedl/Hofmann (2013), S. 516.

[70] Vgl. Bittner/Dawid/Metzner (2013), S. 200ff.

[71] In Deutschland können die Finanzbehörden bei fehlender oder verzögerter Erstellung der Dokumentation von Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen im Ausland, nach § 162 Abs. 3 AO, höhere steuerpflichtige Einkünfte widerlegbar vermuten. Sie verursachen dadurch nicht selten hohe Zuschläge, bestenfalls aber einen nicht unerheblichen Mehraufwand bei der Führung des Gegenbeweises.

[72] Vgl. Fischer (2007), S. 309.

[73] Zur weiteren Ausführung der steuerlich relevanten Ermittlungsmethoden von Verrechnungs-preisen und deren betriebswirtschaftlichen Implikationen vgl. Weber/Schäffer (2011), S. 15ff.

[74] Weber/Schäffer (2011), S. 16.

[75] Vgl. o. V. (2010), S. 31.

[76] Vgl. Clemens (2008), S. 13.

[77] Pfohl (2004), S.201.

[78] Vgl. Reichmann (1989), S. 19.

[79] Vgl. Pfohl (2004), S. 203ff.

[80] Vgl. Möller (2002), S. 314.

[81] Vgl. Strom/Geissbauer/Schrauf (2013), S. 17f.

[82] Vgl. Schmidt/Götze (2011), S. 30.

[83] Vgl. Baum/Coenenberg/Günther (1999), S. 10ff.

[84] Zur Definition von Performance Indicators vgl. o. V. (2014a).

[85] Vgl. Hebeler/Wurl (2002), S. 208f.

[86] Vgl. Stölzle (2002b), S. 13.

[87] Vgl. Günther/Breiter (2007), S. 7.

[88] Vgl. Woratschek/Roth/Schafmeister (2006), S. 256.

[89] Vgl. Stölzle (2002a), S. 294f.

[90] Vgl. Rothe (2007), S. 48.

[91] Eine Übersicht aller für diese Arbeit berücksichtigten Unternehmensleitlinien ist in Anhang I zu finden.

[92] Eine detaillierte Beschreibung zur analytischen Vorgehensweise wird in Anhang II dieser Arbeit gegeben.

[93] Vgl. Gleich/Petschnig/Schmidt (2010), S. 30.

[94] Vgl. Lohre (2007), S. 19.

[95] Vgl. Pfohl (2004), S. 202f.

[96] Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. 24ff.

[97] Vgl. Steffens (2002), S. 41.

[98] Zur Bedeutung und Ermittlung des betrieblichen Cashflows für die wertorientierte Unternehmensführung im Rahmen des Shareholder Value Ansatzes: Vgl. Rappaport (1999), S. 67ff.

[99] Vgl. Weber (2007b), S. 1.

[100] Vgl. Resch/Klaas-Wissing (2008), S. 1053.

[101] Vgl. Holtbrügge (2007), S. 181.

Ende der Leseprobe aus 75 Seiten

Details

Titel
Controlling in der Luftfrachtspedition
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
75
Katalognummer
V280864
ISBN (eBook)
9783656743798
ISBN (Buch)
9783656743781
Dateigröße
1114 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
controlling, luftfrachtspedition
Arbeit zitieren
Jochen Kautz (Autor:in), 2014, Controlling in der Luftfrachtspedition, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/280864

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Titel: Controlling in der Luftfrachtspedition



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