Archivarbeit in der Gegenwartskunst am Beispiel des Werks 9/12 Frontpage von Hans-Peter Feldmann


Referat (Ausarbeitung), 2013

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1... Einleitung

2... 9/12 Frontpage

3. Das Phänomen der Wiederholung - 9/11 als visuelles Ereignis
3.1. Das Prinzip des Sammelns und Archivierens
3.2. 9/12 Frontpage als Archivraum des kollektiven Traumas

4... Zusammenfassung und Ausblick

5 Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Ausarbeitung beschäftigt sich mit archivarischen Praktiken in der Gegenwartskunst. Es soll die Bemühung angestellt werden, sich diesen anhand des Werks 9/12 Frontpage (2008) von Hans- Peter Feldmann zu nähern.

Dem Künstler Hans- Peter Feldmann dient der Alltag als wichtigste Inspirationsquelle für seine Motive. Seine Werke wecken kollektive oder persönliche Erinnerungen und bieten den Betrachterinnen somit einen Raum der Auseinandersetzung mit diesen. Die Vorgefundenen Materialien archiviert und arrangiert er. Sein künstlerischer Eingriff fällt dabei oftmals, wie auch bei dem in dieser Arbeit untersuchten Werk, sehr gering aus.1.

9/12 Frontpage ist eine Zusammenstellung von Titelseiten verschiedener Tageszeitungen aus aller Welt, die am Tag nach dem 11. September 2001 veröffentlicht wurden.

Die Ausarbeitung meines Referats am 13.06.2013 beschäftigt sich aber weder genauer mit den Ereignissen dieses Tages noch mit Theorien zu den Ursachen der Anschläge. Vielmehr soll die Art der medialen Präsentation und Feldmanns künstlerische Reaktion auf diese fokussiert werden.

Bei der Betrachtung des Werks fällt sofort die Ähnlichkeit der Schlagzeilen und Fotografien auf, die zumeist die einstürzenden Zwillingstürme zeigen. Besonders diese Bilder üben auf die Betrachterinnen eine besondere Macht aus und ziehen sie in ihren Bann. Nach einer kurzen Beschreibung des Werks soll dieses hinsichtlich der besonderen Rolle der Bilder und deren unablässiger Wiederholung zur Zeit der Anschläge auf das World Trade Center untersucht werden.

Danach sollen auf sammlerische bzw. archivarische Praktiken eingegangen werden, um diese auf das Werk zu beziehen. In welchem Sinne kann das Werk als Archiv gelten und was unterscheidet es von einem solchen? Wo liegt das Potenzial einer solchen künstlerisch archivarischen Praktik? Diese Fragen sollen auch mit den vorherigen Forschungen inVerbindung gebracht werden.

Am Abend des 11. September 2001, dem Tag der Anschläge auf das World Trade Center in New York, entschloss sich Hans- Peter Feldmann, eine möglichst große Zahl an Zeitungen des folgenden Tages zu sammeln. Am 12. September kaufte er also in Düsseldorf alle für ihn erreichbaren Zeitungstitel. Weiterhin sendete der Künstler Mails an Bekannte aus aller Welt und äußerte die Bitte, vor Ort alle Zeitungen, die sie finden konnten, für ihn zu sammeln und diese Bitte wiederrum an ihre Bekannten weiterzuleiten. Auf diese Weise kam Feldmann letztlich in den Besitz von 151 Zeitungen bzw. deren Titelseiten, für die er sich interessierte. Erst 2008, also 7 Jahre später, zeigte Feldmann eine Arbeit mit dem Titel 9/12 Frontpage im International Center of Photography in New York. Die Titelseiten wurden ungerahmt an dunkel gestrichene Wände gehängt. Eine Hierarchie in der Reihenfolge war nicht erkennbar 2. Bei der Hängung wurden die Titelseiten rundherum, an allen Wänden eines eigens für das Werk reservierten Raumes verteilt, den sie, wie die Abbildungen zeigen, ganzheitlich in Beschlag nahmen.

Es entsteht ein Raum, der beherrscht ist von der Bildberichterstattung in der Presse am Tag nach 9/11, dessen Wirkung sich die Betrachterinnen aufgrund der Allgegenwärtigkeit der Bilder von Leid und Zerstörung nicht entziehen können. Der äußere physische Ausstellungsraum verweist also auch auf einen Raum, der von dem Schockerlebnis der Anschläge am 11. September 2001 beherrscht ist, welche das Selbstbild der westlichen Welt erschütterte und, so Tom Holert, “einen Riss in der Geschichte“3, eine “historische Zäsur“4 markiere. Foucault unterscheidet in seinem Essay “Andere Räume“ zwischen äußeren und inneren Räumen und umreißt letztere wie folgt:

[...] es ist ein leichter, ätherischer, durchsichtiger Raum, oder es ist ein dunkler, steiniger, versperrter Raum [,..]es ist ein Raum der Niederung, ein Raum des Schlammes [.] Diese für die zeitgenössische Reflexion grundlegenden Analysen betreffen vor allem den Raum des innen.5

Bei dem hier betrachteten Werk handelt es sich zum Einen um einen äußeren, physischen Raum, der betreten und durchschritten werden kann, zum Anderen spielt es jedoch auf einen ‘inneren Raum an, der von Gedanken und Gefühlen besetzt ist. Auf diese Behauptung soll in 3.2. genauer eingegangen werden. Bei der Betrachtung der dicht nebeneinander gehängten Titelseiten aus aller Welt fällt sofort auf, dass sie sich sowohl bezüglich der abgebildeten Fotografien, als auch der Schlagzeilen stark ähneln, eine Beobachtung, die im folgenden Teil erläutert werden soll.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hans- Peter Feldmann, 9/12 Frontpage, 20086

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Hans- Peter Feldmann, 9/12 Frontpage, 20087

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Guerre cones

Hans- Peter Feldmann, 9/12 Frontpage, 20088 3. Das Phänomen der Wiederholung - 9/11 als visuelles Ereignis

Nach den Ereignissen am 11. September 2001 sei, wie Clément Chéroux in seinem Buch “Diplopie. Bildpolitik des 11. September“ mit diversen Medienanalysen belegt, nur eine geringe Anzahl von Bildern und Sequenzen im Fernsehen gezeigt worden. Diese seien auf allen Sendern in Dauerschleife wiederholt worden. Da die Wiederholung gleichförmiger Bilder nicht nur im Fernsehen, sondern in sämtlichen Massenmedien stattfand, habe sich dieser Allgegenwärtigkeit niemand entziehen können.9

Der Einschlag wurde in der Folge noch weiter verbreitet, häufig abwechselnd mit dem Bild der Rauchwolke, die sich zunächst über den brennenden Türmen erhob und dann, nach deren Einsturz, über den ganzen Himmel von Manhattan erstreckte. Mit oder ohne Ton, in Zeitlupe oder als Standbild, fragmentiert,

[...]


1 Deichtorhallen, Online im Internet: URL: http://www.deichtorhallen.de/index.phpPicF336 - Zugriffam 20.09.2013

2 Artnet, Online im Internet: URL: http://www.artnet.de/magazine/10- jahre- kunst- zu- 911/ - Zugriffam 15.09.2013

3 Tom Holert (2008), Regieren im Bildraum. Berlin, S.13

4 Ebd.

5 Michel Foucault (1967), Andere Räume. In, Karlheinz Barck (1990), Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik, Leipzig, S.38

6 Online im Internet: URL: http://www.designboom.com/cms/images/zl03/n01.jpg - Zugriff am 20.09.2013

7 Online im Internet: URL: http://www.designboom.com/cms/images/zl03/n09.jpg - Zugriff am 20.09.2013

8 Online im Internet: URL: http://www.artnet.com/Images/magazine/features/saltz/saltz3- 3- 08- 2.jpg - Zugriff am 20.09.2013

9 Clément Chéroux (2011), Diplopie. Bildpolitik des 11. September. Konstanz, S. 15 ff.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Archivarbeit in der Gegenwartskunst am Beispiel des Werks 9/12 Frontpage von Hans-Peter Feldmann
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Kunst und visuelle Kultur)
Veranstaltung
Whistler’s Mother revisited. Diskursive Räume in Kunst und Medien
Note
2,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
17
Katalognummer
V280698
ISBN (eBook)
9783656747420
ISBN (Buch)
9783656747413
Dateigröße
727 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hans-Peter Feldmann, Gegenwartskunst, Kunst, Archiv, Räume, 9/11, Terror, Islam, Anschlag, Medien, Bilder, Blickregime
Arbeit zitieren
Christoph Benken (Autor:in), 2013, Archivarbeit in der Gegenwartskunst am Beispiel des Werks 9/12 Frontpage von Hans-Peter Feldmann, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/280698

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