Interjurisdiktioneller Wettbewerb und seine Auswirkungen auf die Schweiz


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Interjurisdiktioneller Wettbewerb
2.1 Ökonomische Modelle
2.1.1 Tiebout – Modell
2.1.2 Überblick zu weiteren Modellen
2.2 Wettbewerbsföderalismus
2.2.1 Konzept des Wettbewerbsföderalismus
2.2.2 Chancen und Grenzen des Konzeptes

3 Wettbewerbsföderalismus in der Schweiz
3.1 Die föderative Verfassung der Schweiz
3.2 Auswirkungen des Wettbewerbs
3.2.1 Einkommensbesteuerung natürlicher Personen
3.2.2 Einkommensbesteuerung juristischer Personen
3.2.3 Sozialversicherung

4 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Darstellungsverzeichnis

Darstellung 1: Der Grundaufbau des föderalistischen Systems der Schweiz

1 Einleitung

Wie wichtig das Thema Föderalismus für einzelne Staaten und deren Bürger ist, zeigt sich alleine an der Tatsache, dass an der Internationalen Föderalismus-Konferenz in St. Gallen Ende August 2002 rund 500 Delegierte aus fast 60 Staaten teilnahmen.[1] Doch auch die Fülle von Konzepten und Theorien deuten auf die lange Tradition der wissenschaftlichen Diskussion über den Föderalismus.

Wettbewerb zwischen Jurisdiktionen[2] ist in der Realität ein häufig zu beobachtendes Phänomen. Beispielsweise konkurrieren verschiedene Regionen um die Ansiedlung neuer Unternehmen, unterschiedliche Staaten um neue Einwohner und unterschiedliche Regierungen um Kompetenzen zur Durchführung politischer Maßnahmen.[3] Ein durch den Ökonom Tiebout[4] erstmals 1956 diskutiertes Konzept zum interjurisdiktionellen Wettbewerb fand Ende der 1980er Jahre erneut Beachtung in der Diskussion. Unter den Begriffen „competitive federalism“, „competition among governments“ und „interjurisdictional competition“ entstand sie in den USA. Somit fand der interjurisdiktionelle Wettbewerb, der sich bei dezentralen Entscheidungen über öffentliche Leistungen und Steuern einerseits und Mobilität der Bürger zwischen den Gebiets-körperschaften andererseits zwangsläufig ergibt, wieder Berücksichtigung in der ökonomischen Föderalismustheorie, um auf diese Weise zu einer integrierten Theorie des Wettbewerbsföderalismus zu gelangen.[5]

Diese Arbeit soll einen Einblick in die Theorie zum interjurisdiktionellen Wettbewerb geben, und anhand empirischer Untersuchungen für die Schweiz dessen Auswirkungen aufzeigen. Eine allumfassende Darstellung des föderativen Systems der Schweiz ist im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht möglich, deshalb beschränke ich mich auf die wichtigsten Merkmale und Auswirkungen.

Zunächst soll im zweiten Abschnitt als grundlegendes Modell des interjurisdiktionellen Wettbewerbs das Tiebout-Modell beschrieben und ein kurzer Überblick zu weiteren Modellen gegeben werden. Anschließend wird das Konzept des Wettbewerbsföderalismus vorgestellt, wobei ich auch auf die Chancen und Grenzen dieses Konzeptes eingehen werde.

Im dritten Abschnitt folgt eine kurze Darstellung der föderativen Verfassung der Schweiz. Die Auswirkungen des Wettbewerbsföderalismus sollen anschließend anhand der Einkommensbesteuerung natürlicher und juristischer Personen sowie der Sozial-versicherung dargestellt werden. Der letzte Abschnitt enthält ein Fazit mit einem kurzen Ausblick auf künftige Entwicklungen.

2 Interjurisdiktioneller Wettbewerb

2.1 Ökonomische Modelle

2.1.1 Tiebout – Modell

Mit Tiebouts Theorie des wettbewerblichen Angebots lokaler öffentlicher Güter existierte bereits seit 1956 ein Modell für den horizontalen Wettbewerb zwischen Jurisdiktionen.[6] Er versuchte einen Mechanismus herzuleiten, der auf der Ebene von untergeordneten Gebietskörperschaften eine marktanaloge effiziente Versorgung mit öffentlichen Leistungen sicherstellt. Er fand diesen Mechanismus in der „Abstimmung mit den Füßen“ oder „voting by feet“. Die wandernden Akteure in seinem Modell sind die Haushalte als Steuer zahlende Bürger.[7] Die „Abstimmung mit den Füßen“ ermöglicht nun den Individuen diejenige Gemeinde als Wohnort zu wählen, die ihnen gemäß ihren Präferenzen eine optimale Kombination von Steuerbelastung und öffentlichen Leistungen anbietet. Für die verschiedenen Gemeinden ergibt sich eine Wettbewerbssituation, in deren Gleichgewicht, je nach den Präferenzen der Bürger, unterschiedliche Niveaus an öffentlichen Leistungen angeboten werden.[8] Der Wettbewerb unter den Gemeinden führt nach Tiebout nicht nur zu einem optimalen Angebot an öffentlichen Leistungen, sondern auch zu einer effizienten Gemeindestruktur.[9] Somit ist ebenfalls denkbar, dass sich in einem Bundesstaat die optimale Gebietskörperschaftstruktur aus dem Wettbewerb ergibt.

Um das Tiebout-Modell vollständig einordnen und diskutieren zu können, ist ein Blick auf seine wesentlichen Annahmen sinnvoll. Sie lauten wie folgt:[10]

a. Die Bürger sind Konsumenten kommunaler Dienstleistungen; sie maximieren ihren Nutzen unter vollständiger Information über die ihnen angebotenen Alternativen.
b. Die Gemeinden sind im Wettbewerb stehende Gewinnmaximierer.[11]
c. Die Finanzierung erfolgt über Zugangspreise, auch Äquivalenzsteuern genannt.
d. Die Technologie ist durch U-förmige Kostenkurven gekennzeichnet.
e. Es gibt keine grenzüberschreitenden Spillover-Effekte.
f. Die Konsumenten haben keinerlei Mobilitätskosten.
g. Die Bürger beziehen ausschließlich Dividendeneinkommen, so dass sie unter dem Gesichtspunkt der Einkommenserzielung keinen Grund haben einen bestimmten Wohnsitz einem anderen vorzuziehen.
h. Die Zahl der Gemeinden, unter denen die Bürger auswählen können, ist hinreichend groß.

Aus den Annahmen lässt sich zudem ableiten[12], dass

- sich in den einzelnen Gemeinden jeweils Nachfrager mit homogenen Präferenzen in Bezug auf die bereitgestellten Leistungen zusammenfinden.
- die allokative Effizienz sichergestellt ist, da die Nachfrager aus einer Vielzahl von Anbietern ihren optimalen Versorger auswählen.
- ausgehend von dieser Verteilung der Bevölkerung auf die einzelnen Gemeinden die Anbieter einen Anreiz haben, die optimale Einwohnerzahl zu erreichen und zu erhalten.

Klar ist aber auch, dass die genannten Annahmen sehr restriktive Annahmen sind und somit genügend Angriffsfläche für Kritik bieten. Ist beispielsweise der Wettbewerb nur sehr schwach ausgeprägt, so hat dies Auswirkungen auf die Annahmen a-c. Die Gemeinden werden in diesem Fall Steuern auch aus rein fiskalischen Gründen erheben, wobei Wettbewerb zwischen Gebietskörperschaften dann zu negativen Konsequenzen führen kann.[13] U-förmige Kostenkurven, und damit steigende Skalenerträge, treten auch auf, wenn die Gemeinden zu klein sind, um ihre Anlagen voll auszunutzen.[14] Einige Autoren schließen hieraus ein Versagen des Tiebout-Wettbewerbs.[15] Ein weiteres Problem ergibt sich aus den Annahmen f-h. Sind sie nicht erfüllt, so etabliert sich Monopolmacht bei den Gebietskörperschaften. Diese entsteht insbesondere dann, wenn die Bürger Mobilitätskosten haben oder wenn sie von Arbeitseinkommen leben und ihre Arbeits-produktivität ortsgebunden ist.

[...]


[1] Vgl. http://www.federalism2002.ch.

[2] Jurisdiktionen = Gebietskörperschaften als territorial definierte staatliche Einheiten. Vgl. Kerber, 2000, S. 368.

[3] Vgl. Sauerland, 2000, S. 90.

[4] Vgl. Tiebout, 1956, S. 416-424.

[5] Vgl. Kerber, 2003, S. 2.

[6] Vgl. Tiebout, 1956, S. 416-424.

[7] Vgl. Sauerland, 2000, S. 91.

[8] Vgl. Feld / Kirchgässner / Savioz, 1997, S. 4.

[9] Vgl. Blankart, 2001, S. 563.

[10] Vgl. Blankart, 2001, S. 563-564.

[11] Bei Tiebout eine implizite Annahme.

[12] Vgl. Sauerland, 2000, S. 92.

[13] Vgl. Feld / Kirchgässner / Savioz, 1997, S. 4.

[14] Vgl. Blankart, 2001, S. 566.

[15] Vgl. Sinn, 1997, S. 247-274.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Interjurisdiktioneller Wettbewerb und seine Auswirkungen auf die Schweiz
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik)
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
19
Katalognummer
V28055
ISBN (eBook)
9783638299497
Dateigröße
659 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Interjurisdiktioneller, Wettbewerb, Auswirkungen, Schweiz
Arbeit zitieren
Christian Steuer (Autor:in), 2004, Interjurisdiktioneller Wettbewerb und seine Auswirkungen auf die Schweiz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28055

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