Welche Folgen hat das veränderte Nachhaltigkeitsbewusstsein der Konsumenten für Unternehmensstrategien?

Lebensmitteleinzelhandelsketten in Deutschland


Bachelorarbeit, 2014

79 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Hintergrund und Motivation
1.1 Problemdarstellung
1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit.

2. Nachhaltigkeitsbewusstsein und Konsumverhalten
2.1 nachhaltiger Konsum
2.2 Nachhaltigkeitsstrategien
2.3 Zielgruppen von Bioprodukten.
2.4 Kaufverhalten bei Bio-Produkten
2.4.1 Motivationsgründe
2.4.2 Kaufbarrieren.
2.5 Entwicklung des Nachhaltigkeitsbewusstseins in Deutschland Zwischenfazit.

3. Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland
3.1 Betriebsformen
3.2 konventionelle und biologische Lebensmittel
3.2.1 Hersteller- und Handelsmarken
3.2.2 Biosiegel

4. Einfluss des Biotrends auf den Lebensmitteleinzelhandel33
4.1 nachhaltige Unternehmensführung
4.2 Nachhaltigkeits-Marketing
4.3 Ökologischer Marketing-Mix.
4.3.1 Produktpolitik.
4.3.2 Distributionspolitik
4.3.3 Preispolitik.
4.3.4 Kommunikationspolitik
4.3.4.1 Kommunikationsziele
4.3.4.2 Kommunikationsmaßnahmen
4.3.4.3 Transparenz und Glaubwürdigkeit.

5. Praxisbeispiel – Rewe Group
5.1 Grüne Produkte
5.2 Energie, Klima, Umwelt
5.3 Mitarbeiter
5.4 Gesellschaftliches Engagement
5.5 Nachhaltigkeitskommunikation
5.6 Rewe im Vergleich zu anderen konventionellen Lebensmittelgeschäften

6. Schlussbetrachtung
6.1 Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse
6.2 Kritische Reflexion.
6.3 Fazit und Ausblick

Anlagen

Quellenverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb.1: Kaufhäufigkeit ethisch korrekt hergestellter Produkte in Deutschland.

Abb.2: Kaufhäufigkeit von Bio-Lebensmitteln in Deutschland

Abb.3: wichtigste Aspekte beim Kauf von Bio-Lebensmitteln in Deutschland

Abb.4: Bereitschaft der Verbraucher in Deutschland für Bio-Produkte einen höheren Kaufpreis zu zahlen

Abb.5: Umsatz mit Biolebensmitteln in Deutschland

Abb.6: Zahl der Lebensmittelgeschäfte in Deutschland nach Betriebsformen

Abb.7: Umsatzanteile 2012 nach Betriebsform in Deutschland

Abb.8: Lebensmittel, die bevorzugt in Bio-Qualität gekauft wurden in 2007.

Abb.9: Bekanntheit von Bio-Handelsmarken in Deutschland

Abb.10: Bevorzugter Einkaufsort von Bio-Lebensmitteln in Deutschland.

Abb.11: Zielbereiche nachhaltiger Unternehmensführung.

Abb.12: Unternehmensleitbild der Rewe Group

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Verkaufsfläche und Merkmale einzelner Betriebsformen

1. Hintergrund und Motivation

Heutzutage ist Werbung beinahe allgegenwärtig. Nach Ansicht verschiedener Kommunikationsforscher erreichen den Verbraucher im Durchschnitt 2.500 bis 10.000 Werbebotschaften pro Tag[1]. Allerdings ist es aufgrund der immensen Vielzahl an Print-, TV-, Internet- und Radiowerbung nicht mehr möglich, jede Reklame aufmerksam wahrzunehmen.

Anders ist es bei Werbeinhalten, die durch ihre spürbar zunehmende Präsenz die Aufmerksamkeit der Leute auf sich ziehen. Beispielhaft dafür ist die verstärkte Reklame für biologische und fair gehandelte Produkte. Eine Umfrage des Kölner Unternehmens „Die Gefährten“ ergibt, dass im Vergleich der Jahre 2012 und 2013 die Wahrnehmung von Werbung für Bio-Marken durch den Verbraucher von 30% auf 56% gestiegen ist.[2] Das „Gut in Bio. Schlecht in Chemie“-Werbeplakat von Bionade[3] oder die Anpreisung von Babynahrung in „bester HiPP-Bioqualität“[4] durch Dr. Claus Hipp sind nennenswerte Beispiele für die Bewerbung der grünen Produkte. Das Interesse der Verbraucher an biologischen Produkten, Nachhaltigkeit, Umweltschutz und sozialem Engagement hat demzufolge spürbar zugenommen.

Das Ankommen des Biotrends in der breiten Masse ist im Lebensmitteleinzelhandel deutlich erkennbar. Neben der großen Auswahl an Biokost in reinen Biosupermärkten und Naturkostfachgeschäften haben auch konventionelle Supermärkte und Discounter ihr Sortiment überarbeitet. Biosiegel, Bio-Eigenmarken und Fair-Trade-Produkte sind jetzt ebenfalls in Regalen der Kaufhallen zu finden. Weiterhin auffällig ist, dass in den letzten Jahren zahlreiche Marken ihre Produkte verstärkt im Zusammenhang mit Themen wie Umweltschutz und sozialem Engagement verkaufen. Beispielsweise hatte der Kunde eine Zeit lang die Möglichkeit mit dem Kauf eines Kastens Krombacher-Bier einen Quadratmeter Regenwald zu retten[5] oder mit dem Erwerb einer Packung Pampers ein Neugeborenes vor Tetanus zu schützen[6].

Durch die beobachteten Veränderungen beim Einkaufen von Food- und Non-Food-Artikeln des täglichen Gebrauchs und die offensichtliche Zunahme der Werbung für biologische Produkte entstand die Idee zum Thema der vorliegenden Bachelor-Arbeit.

In den folgenden zwei Abschnitten wird nun die Problemdarstellung konkretisiert, sowie Ziel und Aufbau der Arbeit näher erläutert.

1.1 Problemdarstellung

„Denn Bio steht für das Echte, Unverfälschte, Bessere, Unkommerzielle, ja eigentlich Grundgute.“[7]

Handelsunternehmen sind das Bindeglied zwischen Hersteller und Verbraucher. Demzufolge haben sie einen sehr ausgeprägten Konsumentenbezug, der ein möglichst positives Image verlangt, um am Markt bestehen zu können. Das bedeutet auch die Verbraucherinteressen und Trendentwicklungen dauerhaft zu beobachten und strategisch auf diese zu reagieren. Nicht nur die Produkte müssen an die Nutzenerwartungen und Verbrauchsgewohnheiten der Konsumenten angepasst werden, sondern auch die Marketingaktivitäten, insbesondere die Kommunikationsmaßnahmen. Dafür bieten die Instrumente der Nachhaltigkeitskommunikation gute Möglichkeiten.

In den letzten Jahren haben die Themen Bioqualität, Nachhaltigkeit, Umweltschutz und soziale Verantwortung zunehmend das öffentliche Interesse geweckt. Zwar boomt der Bereich der Bio-Lebensmittel, dennoch ist er aber nicht vollständig ausgeschöpft.[8] Die Umsatzsteigerung im Jahr 2013 von 7,2% verdeutlicht das Potential der Bio-Lebensmittelbranche. Laut dem von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI) koordinierte Arbeitskreis Biomarkt waren das 7,55 Mrd. Euro Umsatz im Vergleich zu 7,04 Mrd. Euro im Jahr 2012.[9]

Neben den Biosupermärkten und Naturkostfachgeschäften haben auch konventionelle Lebensmitteleinzelhandelsketten, wie z.B. Rewe, Edeka oder Lidl das Bio-Segment als Wachstumsbranche erkannt und demzufolge ihr Sortiment an biologischen Lebensmitteln erweitert.[10] Laut einer aktuellen Bevölkerungsbefragung im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) kaufen 82% der Befragten ihre Bioprodukte in der gewohnten Einkaufsstätte, dem normalen Supermarkt. Im Bioladen dagegen erwerben nur 40% ihre Lebensmittel mit Biosiegel.[11]

Der Wunsch nach sozial und ökologisch ausgerichtetem Konsum hat die Lebensmittelbranche und Märkte beeinflusst und verändert. Die Glaubwürdigkeit der Unternehmen wird heutzutage stärker durch den Verbraucher hinterfragt. Für den Lebensmitteleinzelhandel stellt das Chancen und Risiken gleichermaßen dar und führt neben der verstärkten Nachhaltigkeitskommunikation sogar zu kompletten Strategieumstellungen.[12] Beispielhaft dafür ist das Unternehmenskonzept der REWE Group in dem das Thema Nachhaltigkeit bzw. nachhaltiges Handeln zu den sechs Unternehmensgrundwerten gehört und im Unternehmensleitbild fest verankert ist.

Die offensichtlich verstärkte strategische Ausrichtung auf die Vermarktung von Biolebensmitteln insbesondere in konventionellen Supermärkten, als Antwort auf das gestiegene Nachhaltigkeitsbewusstsein der Konsumenten, soll im Laufe der vorliegenden Abschlussarbeit näher betrachtet werden. Zudem wird der Einfluss des veränderten Konsumentenverhaltens auf die Entwicklung vom Bio-Trend zum strategischen Erfolgsfaktor untersucht und die Implikation des Faktors Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie eines Lebensmitteleinzelhändlers dargelegt.

1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit

Nachdem die Motivation der vorliegenden Arbeit erläutert und die Problematik dargestellt wurde, steigt das nachfolgende Kapitel direkt in das Thema ein. Insgesamt ist die Arbeit in drei große Bereiche unterteil. Im ersten Teil liegt der Fokus auf dem Verbraucher und dessen Bezug zu Nachhaltigkeit. Dabei werden theoretische Grundlagen zum nachhaltigen Konsum und zu den Nachhaltigkeitsstrategien mit einbezogen. Weiterhin werden die Zielgruppen von Bio-Produkten erläutert und neben möglichen Kaufgründen auch Kaufbarrieren für diese Lebensmittelkategorie aufgezeigt. Den Abschluss des zweiten Kapitels bildet ein Zwischenfazit, welches explizit auf die Veränderung des Nachhaltigkeitsbewusstseins in Deutschland eingeht.

Der zweite Teil dieser Arbeit beinhaltet theoretische Grundlagen zum Lebensmitteleinzelhandel. Die gängigsten Betriebsformen werden beschrieben und der Unterschied zwischen konventionellen sowie biologischen Lebensmitteln verdeutlicht. In diesem Zusammenhang wird kurz auf Hersteller- und Handelsmarken sowie Bio-Siegel eingegangen.

Der dritte große Bereich bildet den Kern der Bachelor-Arbeit. Hierbei werden die vorangegangen beiden Teilbereiche zusammengeführt, da nun der Einfluss des Biotrends auf den Lebensmitteleinzelhandel im Fokus steht. Jedes Unterkapitel wird mit der theoretischen Grundlage zum Thema eingeleitet und im Laufe des Abschnittes auf den Lebensmittelhandel angewendet. Dabei steht der ökologische Marketing-Mix, insbesondere die Kommunikationspolitik, im Mittelpunkt. Um aufzuzeigen, wie die Theorie in die Praxis umgesetzt werden kann, folgt im Anschluss an das vierte Kapitel das Anwendungsbeispiel der Rewe-Group. Dabei wird beschrieben, mit welchen Strategien und Maßnahmen das Unternehmen auf den Biotrend reagiert. Weiterhin wird ein kurzer Vergleich zu Konkurrenzunternehmen angestellt.

Der Abschluss besteht aus der Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse, einer kritischen Reflexion und dem Fazit mit Ausblick. Ziel am Ende der Arbeit soll es sein, die zwei aus dem Titel hervorgehenden Behauptungen zu bestätigen oder zu verwerfen. Zum einen wird behauptet, dass sich das Nachhaltigkeitsbewusstsein der Verbraucher in den letzten Jahren geändert hat. Zum anderen besteht die Aussage, dass der Lebensmitteleinzelhandel seine Strategie auf dieses veränderte Nachhaltigkeitsbewusstsein ausrichtet und sich daran anpasst.

2. Nachhaltigkeitsbewusstsein und Konsumverhalten

Im Gegensatz zu früher ist das Angebot in den heutigen Supermärkten vielseitiger und teilweise fast schon unüberschaubar. Aufgrund der großen Auswahl hat der Konsument die Möglichkeit Produkte zu vergleichen, auszutauschen und somit bewusst einzukaufen. Der Verbraucher übt durch seine Kaufentscheidungen einen großen Einfluss auf das Sortiment aus. Wie sich das Konsumverhalten des Einzelnen gestaltet, ist dabei von verschiedenen persönlichen, sozialen und institutionellen Bedingungen abhängig. Persönliche Determinanten beziehen sich dabei z.B. auf Wissen, Werte, Bedürfnisse und Fähigkeiten. Nachhaltigkeitsbezogene Themen in den Medien oder der persönlichen Kommunikationen stellen die soziale Determinante dar. Zu den institutionellen Determinanten gehören beispielsweise Aspekte wie Infrastruktur, Marktbedingungen, spezielle Anreizsituationen und politische Maßnahmen.[13]

Der Trend zu einer gesünderen Lebensweise nimmt weiter zu und hat die Marktbedingungen in der Lebensmittelbranche verändert.[14] Aber nicht nur die Qualität der Lebensmittel spielen für die Kunden heutzutage beim Kauf der Waren des täglichen Gebrauchs eine Rolle, sondern vermehrt auch Umweltaspekte und soziale Verantwortung. Somit können die Konsumenten mit ihrem täglichen Einkaufsverhalten selber entscheiden, ob sie in Produkte investieren möchten, die unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen und für einen fairen Lohn hergestellt werden oder ob sie es akzeptieren, dass die gekauften Artikel möglicherweise unter inhumanen Arbeitsbedingungen entstanden sind.[15]

Die Forderung der Öffentlichkeit gegenüber den Unternehmen mehr Verantwortung für die Folgen ihrer Geschäftstätigkeit zu übernehmen, macht sich nicht nur in der Lebensmittelbranche bemerkbar, was ein Indiz für ein gestiegenes Verbraucherbewusstsein darstellt. Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung sollte aber nicht nur durch Politik und Wirtschaft gestaltet werden, sondern alle gesellschaftlichen Akteure mit einbeziehen. Konsum bringt ökologische und soziale Folgewirkungen mit sich. Aus diesem Grund steht der Verbraucher in der Pflicht, sein Konsumverhalten zu hinterfragen.[16] Allerdings ist nicht immer eindeutig erkennbar, wie ein Produkt hergestellt wurde oder welche Auswirkungen der Gebrauch und die Entsorgung auf die Umwelt haben. Um nachhaltig konsumieren zu können, benötigen die Verbraucher umfassende Informationen, die meistens nicht allein anhand der Produktkennzeichnungen ablesbar sind.[17] Erst wenn den Konsumenten alle benötigten Informationen zur Verfügung stehen, sind sie in der Lage die Konsequenzen ihrer Konsumentscheidungen abzuschätzen und dementsprechend Verantwortung zu übernehmen. Dabei garantiert Wissen allein nicht automatisch ein entsprechendes Handeln.[18]

Die spezielle Bedeutung des nachhaltigen Konsums, sowie die Nachhaltigkeitsstrategien sind Gegenstand der folgenden Abschnitte. Weiterhin werden in diesem Kapitel die Zielgruppen von Bio-Produkten und ihr Kaufverhalten näher betrachtet und somit auch Motivationsgründe und Barrieren für den Kauf von Bio-Lebensmitteln erörtert. Thema im letzten Teil des Kapitels wird der strategische Konsum und seine Bedeutung sein.

2.1 Nachhaltiger Konsum

Erstmals definiert wurde der Begriff der nachhaltigen Entwicklung (engl.: Sustainable Development) durch die von der norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland geleitete Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (WCED). Laut dem 1987 veröffentlichten Abschlussbericht „Our Common Future“ ist eine Entwicklung dann nachhaltig, wenn sie „die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass zukünftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“.[19] Hierbei stehen die intergenerative und intragenerative Gerechtigkeit im Vordergrund, da das Ziel darin besteht den gegenwärtigen und zukünftigen Generationen ein lebenswertes Leben zu ermöglichen und der nachfolgenden Generation eine intakte Umwelt zu übergeben.[20]

Nachhaltig konsumiert der einzelne Verbraucher also erst dann, wenn er seine „eigenen Bedürfnisse befriedigt, ohne die Lebens- und Konsummöglichkeiten anderer Menschen und zukünftiger Generationen zu gefährden. Als ein Aspekt sozialen Handelns bezieht sich nachhaltiger Konsum nicht nur auf die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse, sondern berücksichtigt auch den Umweltschutz sowie die Bedürfnisse und Erwartungen anderer Menschen.“[21]

Nur durch ein nachhaltiges Konsumverhalten in Verbindung mit einem bewussten Lebensstil ist es möglich den ökologischen und sozialen Folgewirkungen des weltweiten Massenkonsums entgegenzuwirken. Viele Unternehmen streben nach immer billigeren Produktionsmöglichkeiten und -standorten. Der enorme Ressourcenverbrauch, Emissionen und Deponien belasten die Umwelt und der soziale Frieden, sowie die globale Gerechtigkeit werden gefährdet.[22]

Demnach gelten die sogenannten drei Dimensionen der Nachhaltigkeit nicht nur für die politischen und wirtschaftlichen Akteure, sondern auch für die Verbraucher beim Treffen von Kaufentscheidungen.[23] Die ökonomische Dimension bezieht sich in dem Fall auf den Nutzen und den dazugehörigen Preis des Produktes. Verbraucher können hier beispielsweise die Langlebigkeit und Reparaturfreundlichkeit in ihre Kaufentscheidung mit einbeziehen. Weiterhin fordert die ökologische Dimension, dass die Konsumenten die Güter bezüglich ihrer ökologischen Vorteile vergleichen, wie z.B. einen geringen Ressourcenverbrauch oder Schadstoffeintrag. Die soziale Dimension beinhaltet den sozialen Vorteil den ein Produkt haben sollte. Das kann sich z.B. auf gute Arbeitsbedingungen und faire Löhne bei der Produktion der Waren beziehen.

Aktuell ist eine positive Entwicklung hin zum nachhaltigeren Konsum zu beobachten. Das zeigt sich u.a. in der Trendstudie der Otto Group zum ethischen Konsum. Hierbei wurden rund 1000 Verbraucher im Alter von 16 bis 74 Jahren zu ihrem Einkaufverhalten in Bezug auf ethisch korrekte Produkte befragt[24]

Abb. 1: Kaufhäufigkeit ethisch korrekt hergestellter Produkte in Deutschland

Quelle: Otto Group (Trendstudie: Lebensqualität, 2013) S. 13; (Darstellung: Statista).

Dass die Kaufhäufigkeit von ethisch korrekt hergestellten Produkten zugenommen hat, ist ein Beweis dafür, dass das Verbraucherbewusstsein für die sozialen und ökologischen Folgen des Konsums steigt. Vor allem der Anteil der Befragten, deren Antwort „häufig“ lautete, ist deutlich gestiegen. 2009 kaufte jeder Vierte nach eigener Aussage häufig ethisch korrekt hergestellte Produkte. Das ist ein Anteil von 26%, welcher sich zwei Jahre später schon auf 41% erhöht hat und bis zum Jahr 2013 bereits auf 56% gestiegen ist.[25] Der Anteil der Befragten, die nie zu ethisch korrekt hergestellten Produkten greifen bzw. nicht bewusst darauf achten, war schon im Jahr 2009 gering, ist aber bis zum Jahr 2013 nochmal um 4% gesunken.

Trotz der positiven Entwicklung der letzten Jahre, muss noch viel passieren, um ein deutlich nachhaltigeres Konsumverhalten in der Masse zu etablieren. Es ist die Aufgabe der Verbraucherbildung das Leitbild eines nachhaltigen Konsumenten zu vermitteln. Da es bisher kaum Produkte gibt, die bis ins letzte Detail nachhaltig sind, sollen die Konsumenten die ökologischen und sozialen Vorteile eines Produktes abwägen können und sich daraufhin für die bessere Alternative entscheiden. Welchen Schwerpunkt der Einzelne dabei setzt, ist ihm selbst überlassen je nach seinen individuellen Präferenzen und Werten. Damit der tägliche nachhaltigere Konsum für die Verbraucher zur Routine werden kann, müssen ihnen mehr alltagstaugliche Informationen zur Verfügung gestellt werden, die es ihnen ermöglicht schnell und einfach ihre Kaufentscheidungen zu treffen.[26]

2.2 Nachhaltigkeitsstrategien

Die Strategien Effizienz, Suffizienz und Konsistenz liefern grundlegende Ansätze zur Realisierung des nachhaltigen Konsums.[27] Sie sind richtungsweisend für den Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung.

Bei der Effizienz-Strategie geht es darum ein Produkt mit dem geringsten möglichen Energie- und Ressourceneinsatz zu erzeugen.[28] Der Ressourcenverbrauch und die Umweltbelastung soll mithilfe von Effizienztechnologien, Wiederverwertung und einer langen Produktlebensdauer reduziert werden. Trotzdem die Strategie in Politik und Wirtschaft weit verbreitet und anerkannt ist, wird durch sie allein das Problem des ständig steigenden Ressourcenverbrauchs nicht gelöst. Gründe dafür sind Produktionssteigerungen, das Konsumverhalten und die Zunahme der Bevölkerungsdichte.[29] Somit ist effizienter Konsum zwar technisch und ökonomisch machbar, aber nicht immer gleich nachhaltig.[30]

Im Gegensatz zur Effizienzstrategie wird die Suffizienzstrategie weitaus seltener praktiziert. Suffizienz bedeutet kurz gesagt Verzicht. Der Verbrauch von Materie und Energie soll durch eine geringere Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen mit hohem Ressourcenanteil reduziert werden.[31] Die Suffizienzstrategie fordert somit eine Veränderung von Werten und Bedürfnissen. Allerdings widerspricht das dem wirtschaftlichen Streben nach materiellem Wachstum und findet auch in der Bevölkerung wenig Akzeptanz.[32]

Die Konsistenzstrategie konzentriert sich auf den natürlichen Stoffwechselkreislauf. Dabei sollen anthropogene Stoff- und Energieströme so umgewandelt werden, dass sie in die natürlichen Stoffkreisläufe zugeführt werden können.[33] Das bedeutet beispielsweise, dass Abfallstoffe als Grundlage für neue Produkte verwendet werden.

Trotz der noch bestehenden Umsetzungsdefizite stellen alle drei Strategien wichtige Ansatzpunkte für den nachhaltigen Konsum dar. Sie ergänzen sich gegenseitig und mindern somit vorhandene Schwächen.[34] Dennoch ist zu beobachten, dass die Effizienzstrategie verbunden mit technologischen Innovationen bisher am meisten Anklang findet.

2.3 Zielgruppen von Bioprodukten

Der Konsument ist mit seinen Kaufentscheidungen ein wichtiger Bestandteil in der Wertschöpfungskette von Bio-Produkten. Um Verkaufsprozesse zu optimieren, ist es wichtig Zielgruppen klar zu definieren und abzugrenzen. Auf dem Bio-Markt gibt es eine Vielzahl von Käuferschichten mit unterschiedlichen Kaufmotiven. Viele Konsumenten lassen sich in Bezug auf den Lebensmittelkonsum nur schwer einer bestimmten Käufergruppe zuordnen.

Als Grundlage dient eine repräsentative Forsa-Umfrage, welche im Zeitraum vom 15.11.2013 bis zum 22.11.2013 im Auftrag der Verbraucherzentrale durchgeführt wurde. Im Rahmen des forsa.omninet-Panels wurden 1.202 Personen ab 16 Jahren zufällig ausgewählt, um an der Online-Befragung teilzunehmen.[35]

*Nur Tendenzaussage möglich aufgrund geringer Fallzahl

Abb.2: Kaufhäufigkeit von Bio-Lebensmitteln in Deutschland 2013

Quelle: Verbraucherzentrale (Lebensmittel und ihre Umweltauswirkungen,2014) S.13; tellung: Statista).

In der oberen Abbildung ist eine grobe Einteilung in vier wesentliche Käuferschichten erkennbar. Zum einen gibt es den ausschließlichen Käufer, der grundsätzlich nach dem biologischen Alternativprodukt sucht. Dem folgt der häufige Käufer, der zwar oft Bio-Produkte kauft, aber daneben auch zu konventionellen Lebensmitteln greift. Die dritte Käuferschicht bilden die gelegentlichen Käufer bei denen ab und zu ein Bio-Produkt in den Einkaufswagen gelegt wird. Diejenigen, die nie bzw. sehr selten biologische Produkte erwerben, stellen die vierte Käuferschicht dar. Aus der Abbildung geht deutlich hervor, dass die gelegentlichen Bio-Käufer den größten Konsumentenbereich besetzen.

Neben der Einteilung nach Kaufhäufigkeit werden die Konsumenten auch nach Einkommen, Bildungsgrad und Ernährungsweise unterschieden. Bei ausschließlicher Betrachtung des Einkommens ist zu erkennen, dass Haushalte mit einem Nettoeinkommen von mindestens 4.000 Euro pro Monat am häufigsten Bio-Produkte kaufen. In Bezug auf den Bildungsgrad ist festzustellen, dass 75% der Personen mit einem Abitur- oder Studienabschluss mindestens gelegentlich biologische Waren beziehen. Der Anteil der Personen, die sich vegan oder vegetarisch ernähren und mindestens manchmal Bio-Lebensmittel kaufen beträgt ganze 94%.

Ein Unternehmen sollte sich mit seinen Marketingstrategien demnach weniger an die Nicht-Bio-Käufer richten, da diese schwerer zum Kauf von biologischen Lebensmitteln zu bewegen sind als z.B. die Gelegenheitskäufer. Die Gruppe der Gelegenheitskäufer steht den Bio-Produkten bereits aufgeschlossen gegenüber. Aus dem Grund müssen bei dieser Käuferschicht weniger rationale bzw. emotionale Barrieren überwunden werden. Zielführend wäre hier demzufolge die Verstetigung und Ausweitung des Bio-Konsums[36]

2.4 Kaufverhalten bei Bio-Produkten

Das Kaufverhalten bei Bio-Lebensmitteln ist neben den sozio-demographischen Einflussfaktoren, wie z.B. Alter, Geschlecht, Einkommen, Bildung und Haushaltsgröße auch von individuellen Komponenten wie Einstellungen, Werten, Bedürfnissen, Interessen und Vorlieben abhängig. Es gibt eine Vielzahl von Motivationsgründen, die zum Kauf eines Bio-Produktes führen. Dem gegenüber stehen aber auch gewisse Kaufbarrieren. Beide Aspekte werden in den nachfolgenden Abschnitten näher erläutert.

2.4.1 Motivationsgründe

Ein Großteil der Motive beim Kauf von Bio-Lebensmitteln ist abhängig von den individuellen Interessen der Verbraucher. Mögliche Motivatoren und Kaufargumente für den Erwerb von Biolebensmitteln sind der folgenden Abb.3 zu entnehmen. In Zusammenarbeit mit TNS Emnid Bielefeld wurde im Auftrag des BMELV eine repräsentative, computergestützte Telefonbefragung zum Thema Biolebensmittel durchgeführt. Die Abbildung veranschaulicht einen Vergleich der Jahre 2012 und 2013. Im Januar 2012 wurden 1.006 Personen ab 14 Jahren befragt.[37] Die Teilnehmeranzahl im Mai des darauffolgenden Jahres betrug 1.002 Personen ebenfalls ab 14 Jahren.[38]

Abb.3: wichtigste Aspekte beim Kauf von Bio-Lebensmitteln in Deutschland

Quelle: BMELV (Ökobarometer, 2012), S.16;

BMELV (Ökobarometer, 2013), S.17.

(Darstellung: Statista).

Die Angst vor giftigen Pflanzenschutzmittelrückständen auf Obst und Gemüse ist in den Jahren 2012 und 2013 ein Aspekt, der die Verbraucher beim Einkauf von Bio-Lebensmitteln mit am meisten beeinflusst. Weiterhin wird besonders Wert auf Frische und Qualität der Produkte gelegt. Der Trend zur gesünderen Ernährung ist demnach ein Auslöser für den Griff zum Bio-Produkt. Trotzdem dieser Aspekt im Jahr 2013 an Bedeutung verloren hat und in der Verbraucherwahrnehmung um 11% gesunken ist, zählt er immer noch zu den relevantesten Einflussfaktoren beim Einkauf von Bio-Produkten. Für viele Konsumenten ist heutzutage die Lebensmittelqualität ein wesentlicher Bestandteil der Lebensqualität. Allerdings fällt es zahlreichen Verbrauchern schwer, die Qualität von Lebensmitteln richtig zu beurteilen.

Ein Großteil der Deutschen ist z.B. der Ansicht, dass Qualitätseinbußen meistens durch den Anbau und die Aufzucht, sowie durch die Verarbeitung der Produkte hervorgerufen werden. Die Bedeutung des Transports und eine mögliche Unterbrechung der Kühlkette werden kaum bedacht.[39] Somit sind besonders die Nachhaltigkeitsaspekte für den Konsumenten schwer einzuschätzen.

Die Hoffnung auf weniger Schadstoffe und Klimabelastungen sind ebenfalls Motivatoren bei der Kaufentscheidung. Ferner beeinflussen den Verbraucher neben den sinnlich wahrnehmbaren Eigenschaften, wie z.B. Frische und Geschmack, die Aspekte Sicherheit und Gesundheit positiv.

Neben der Produktqualität achten viele Konsumenten zunehmend auch auf die Herkunft ihrer Lebensmittel. Die Studie im Auftrag des BMELV in der Abb. 3 verzeichnet zwar für ihre Stichprobe einen leichten Rückgang des Faktors „persönliche Bekanntheit des Erzeugers“, dennoch hat die Nachfrage nach regionalen Produkten insgesamt zugenommen, da das Vertrauen in die Qualität und die gesundheitliche Unbedenklichkeit in Produkte, deren Erzeugungsort nah am Einkaufsort liegt, stärker ist.[40]

Der positive Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz wird für die deutschen Biokäufer ebenfalls wieder wichtiger und nimmt um 2% zu.[41] Insbesondere die artgerechte Tierhaltung beziehen die Verbraucher immer stärker in ihre Kaufentscheidung mit ein.

Allerdings tragen auch externe Impulse, wie z.B. Lebensmittelskandale, zu einer plötzlichen Veränderung der Nachfrage bei. Hierbei ist vor allem die BSE-Krise in dem Jahr 2000 zu nennen, welche einen plötzlichen Anstieg der Nachfrage von biologischen Produkten auslöste. Aus diesem Grund konnten vereinzelte Anbieter von Bio-Lebensmitteln im ersten Quartal 2001 einen Umsatzzuwachs zwischen 30 und 70% verzeichnen.[42] Die intensive Berichterstattung der Medien spielte dabei ebenfalls eine große Rolle.

2.4.2 Kaufbarrieren

Trotz der zahlreichen Kaufargumente für Bio-Lebensmittel weicht oftmals das tatsächliche Konsumverhalten von dem bekundeten ab. Diese Diskrepanz zwischen dem vorgegebenen Umweltbewusstsein und realem Umweltverhalten wird als „ökologische Verhaltenslücke“ bezeichnet.[43] Unabhängig davon gibt es verschiedene Kaufbarrieren, welche die Konsumenten dazu veranlassen bei Kaufentscheidungen nicht das Bio-Produkt zu wählen. Dabei spielen Faktoren wie Preis, Gewohnheit, Egoismus, Bequemlichkeit, Unsicherheit und Vertrauen eine wichtige Rolle.[44]

Eine Preisbarriere entsteht, wenn die Bio-Produkte erheblich teurer sind als die konventionellen Konkurrenzprodukte und die Konsumenten nicht dazu bereit sind, mehr Geld für das jeweilige Produkt auszugeben. Hierbei spielt das Einkommen der einzelnen Haushalte und die persönliche Zahlungsbereitschaft eine wichtige Rolle. Allerdings ist es laut einer Studie der Universität Kassel nicht immer ganz eindeutig, ob der Preis für Biolebensmittel tatsächlich eine zentrale Kaufbarriere darstellt oder nicht. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes „Kaufbarriere Preis? – Analyse von Zahlungsbereitschaft und Kaufverhalten bei Öko-Lebensmitteln“ zeigen, dass der Produktpreis noch während des Einkaufs in seiner Bedeutung für die Kaufentscheidung relativiert wird, solange die tatsächlichen Ladenpreise von der ursprünglich bekundeten Zahlungsbereitschaft nicht mehr als 20% abweichen.[45]

Auch die aktuelle Trendstudie „Lebensqualität“ der Otto Group belegt, dass die grundsätzliche Bereitschaft der Verbraucher, mehr Geld für Bio-Produkte auszugeben, durchaus vorhanden ist. Hierbei wurden rund 1000 Verbraucher im Alter von 16 bis 74 Jahren dazu befragt, ob sie bereit wären mehr Geld für die biologischen Alternativen auszugeben.

Abb.4: Bereitschaft der Verbraucher in Deutschland für Bio-Produkte einen höheren Kaufpreis zu zahlen

Quelle: Quelle: Otto Group (Trendstudie: Lebensqualität, 2013) S. 17; (Darstellung: Statista).

Die Gewohnheitsbarriere tritt dann auf, wenn durch die Nutzung oder den Kauf von Bioprodukten Gewohnheiten verändert oder aufgegeben werden müssen.[46]

Die fehlende Bereitschaft die eigenen Bedürfnisse oder die der Familie einzuschränken, um etwas für die Umwelt zu tun, wird als Egoismusbarriere bezeichnet.[47]

Die Bequemlichkeitsbarriere entsteht, wenn mit dem Kauf von Bio-Lebensmitteln Unbequemlichkeiten verbunden sind.[48] Hierbei kann z.B. die Entfernung der Einkaufstätte eine Rolle spielen.

Eine der am häufigsten auftretenden Barrieren ist die Unsicherheitsbarriere, da dem Verbraucher nicht immer ausreichend Informationen über die soziale bzw. ökologische Qualität der Güter zur Verfügung stehen.[49]

Auch die Vertrauensbarriere ist ein sensibles Thema für die Konsumenten, da vielen Herstellerinformationen bezüglich der Nachhaltigkeit der Produkte misstraut wird.[50] Das liegt nicht zuletzt an Vorfällen wie z.B. der Nitrofenskandal im Jahr 2002 oder an der kaum noch überschaubaren Anzahl der Biosiegel. Der Verbraucher hat keinen Überblick über die verschiedenen Bedeutungen der Warenkennzeichnungen, was zur Verunsicherung und zur Anzweifelung der Echtheit der biologischen Produkte führt.

Aufgrund der genannten Barrieren kann die bekundete, positive Einstellung zu Bio-Lebensmitteln also nicht automatisch auf das letztendliche Kaufverhalten übertragen werden.

2.5 Entwicklung des Nachhaltigkeitsbewusstseins in Deutschland - Zwischenfazit

Das allgemeine Umwelt- und Nachhaltigkeitsbewusstsein der deutschen Verbraucher ist gestiegen. Das zeigen nicht nur die im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Kaufargumente für Bio-Produkte, sondern auch die veränderte Einstellung der Verbraucher zum ethischen Konsum, welche in Abb.1 dargestellt wurde. Besonders der weltweite Klimawandel scheint im Bewusstsein der Bevölkerung angekommen zu sein, was nicht zuletzt an den Medien liegt, die dem Klimawandel und seinen Folgen eine hohe Aufmerksamkeit entgegen bringen.

Weiterhin ist ein Trend dahingehend zu beobachten, dass Engagement für den Umweltschutz vermehrt soziale Anerkennung verschafft, denn Umweltbewusstsein steht für Gesundheit, persönliches Wohlbefinden, Verantwortung und Innovation. Viele Verbraucher orientieren sich beim Konsum vermehrt an Gesundheit und Nachhaltigkeit in Verbindung mit hoher Qualität und modischem Ambiente.[51]

Die positive Tendenz zu umweltbewussterem Verhalten gilt im Prinzip für alle Gruppe der Gesellschaft, unabhängig von Alter, Geschlecht, Einkommen und Bildung.[52] Mit wenigen Ausnahmen hat das Einkommen einen Einfluss auf die Umwelteinstellung, sofern es z.B. um Steuererhöhungen geht, die ausschließlich dem Umweltschutz zugute kommen würden. Allerdings wächst die Akzeptanz höherer, zweckgebundener Steuern mit steigendem Einkommen. Dennoch erweist sich, laut einer Studie des Umweltbundesamtes, die weit verbreitete Meinung Umweltbewusstsein sei etwas, was man sich erst ab einem bestimmten Einkommen leisten kann, als nicht zutreffend.[53]

Ein klares Indiz für das gestiegene Nachhaltigkeitsbewusstsein in der deutschen Bevölkerung spiegelt sich in den Umsatzzahlen der Bio-Produkte wieder. Die folgende Abb.5 zeigt die Umsatzentwicklung der biologischen Lebensmittel vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2012.

Abb.5: Umsatz mit Biolebensmitteln in Deutschland

Quelle: BÖLW (Bio-Branche, 2014), S.17.

(Darstellung: Statista; Hier: Zusammenfassung aller aus den Berichten des BÖLW entnommenen Umsatzzahlen von 2000 bis 2012).

Insgesamt ist vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2012 ein kontinuierlicher Umsatzanstieg zu verzeichnen. Diese Entwicklung ist durch verschiedene Ereignisse gekennzeichnet. Durch die BSE-Krise erlebte der Biomarkt im Jahr 2001 einen Boom und der Absatz stieg von 2,1Mrd. Euro im Vorjahr auf 2,7 Mrd. Euro. Das entspricht einem relativen Zuwachs von 30%.[54] Trotzdem der Nitrofen-Skandal im Jahr 2002 zunächst zu Umsatzverlusten geführt hat, erholte sich die Nachfrage wieder relativ schnell und führte zu einem Umsatzplus von 10%. In den Jahren 2003 bis 2005 ist ebenfalls ein stetiger Umsatzanstieg zu erkennen.

Ab dem Jahr 2005 tritt eine bedeutende Veränderung auf, die einen positiven Einfluss auf die gesamte Entwicklung der Branche bewirkt. Der Eintritt der Discounter in die Vermarktung von biologischen Produkten, das staatliche Bio-Siegel und die zunehmenden, begleitenden Werbekampagnen entfacht eine verstärkte öffentliche Diskussion über biologische Produkte und Nachhaltigkeit. Neue Impulse der Anbieter beeinflussen die Sichtweise der Konsumenten auf die Bio-Produkte, was zu einem kontinuierlichen Marktwachstum bis zum Jahr 2012 führt.[55]

Die aktuellen Zahlen für das Jahr 2013 bestätigen diesen Trend. Hier betrug die Umsatzsteigerung im Vergleich zum Vorjahr 7,2%. Das waren 7,55 Mrd. Euro Umsatz im Vergleich zu 7,04 Mrd. Euro im Jahr 2012.[56] Für die Zukunft wird eine Fortdauer dieses Trends prognostiziert.

Zwar boomt der Bereich der Bio-Lebensmittel und auch das Thema Nachhaltigkeit ist in der Gesellschaft angekommen, dennoch ist das Potential nicht ausgeschöpft. Die steigenden Umsatzzahlen und die positiven Erkenntnisse zahlreicher Studien zum Thema Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein sind Indikatoren dafür, dass bisher der richtige Weg in Richtung nachhaltigeren Konsum eingeschlagen wurde. Trotzdem ist das Ziel noch lange nicht erreicht. Der Nachhaltigkeitsgedanke muss sich noch tiefer in den Köpfen der Konsumenten verankern, um auch tatsächlich gelebt zu werden. Für die Realisierung des nachhaltigeren Konsums sind allerdings nicht ausschließlich die Verbraucher zuständig, auch wenn ihnen eine besondere Verantwortung zugeschrieben wird. Staatliche Institutionen, Unternehmen, Medien, Umweltorganisationen und die Forschung stehen ebenfalls in der Pflicht noch mehr Beiträge zu leisten, um einen nachhaltigeren Konsum zu erreichen.[57]

3. Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland

Der Handelsbegriff im funktionellen Sinn beinhaltet den An- und Verkauf von bereits hergestellten Gütern und Dienstleistungen zwischen Wirtschaftseinheiten.[58] Dabei kann zwischen Groß- und Einzelhandel unterschieden werden. Im Großhandel werden Waren in großen Mengen an Marktteilnehmer verkauft, welche die erworbenen Güter veräußern oder weiter verarbeiten. Zu den Abnehmern des Großhandels gehören gewerbliche Kunden, wie z.B. Einzelhändler Gastronomie-, Handwerks- und Industriebetriebe. Somit übernimmt der Großhandel eine Verteilungsfunktion und agiert als Bindeglied zwischen den Produktherstellern und den gewerblichen Verwendern.

Im Einzelhandel dagegen richtet sich der Absatz an den Endverbraucher, also an nicht-gewerbliche Kunden. Einzelhändler fügen Waren von verschiedenen Herstellern zu einem Sortiment zusammen und verkaufen diese in für den privaten Haushalt üblichen Mengen. Der Einzelhandel umfasst zahlreiche Teilmärkte und gliedert sich in die Hauptbereiche Food und Non-Food. Zum Food-Segment zählen der Lebensmitteleinzelhandel (z.B. Supermärkte, Discounter), Spezial-/Fachmärkte (z.B. Drogerie, Getränkemarkt) und der nicht stationäre Handel (z.B. Märkte, Versandhandel). Möbel, Elektronik, Textilien, Heimwerkerbedarf und Haushaltswaren sind dem Non-Food-Bereich zuzuordnen.[59]

In Deutschland befindet sich der Einzelhandel mit etwa 400.000 Unternehmen und einem Umsatz von rund 430 Mrd. Euro auf Platz drei der größten Wirtschaftsbranchen.[60] Davon beträgt allein der Umsatz des Lebensmitteleinzelhandels mit rund 70.000 Unternehmen und 1,2 Mio. Beschäftigten jährlich ca. 200 Mrd. Euro.[61] Das sind rund 47% des Gesamtumsatzes.

Zum Lebensmitteleinzelhandel zählen alle Unternehmen mit einem Sortimentsschwerpunkt auf Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs. Das Angebot besteht aus verschiedenen Warengruppen. Dazu gehören das Frischesortiment, Backwaren, Fertigprodukte/Convenience-Produkte, Konserven, Tiefkühlkost, Süßwaren/Snacks, Getränke, Drogerieartikel sowie Tiernahrung und -zubehör.

In den folgenden Abschnitten werden die im Lebensmitteleinzelhandel möglichen Betriebsformen und deren Unterscheidungskriterien erläutert. Außerdem wird das Sortiment hinsichtlich der biologischen und konventionellen Lebensmittel näher beleuchtet und auf die Biosiegel, sowie Handels- und Eigenmarken eingegangen.

3.1 Betriebsformen

Die Struktur des Lebensmitteleinzelhandels in Deutschland ist durch eine Vielzahl verschiedener Betriebsformen gekennzeichnet. Somit haben die Konsumenten entsprechend ihrer Bedürfnisse eine breite Auswahl an Einkaufstätten.

Die verschiedenen Betriebsformen lassen sich durch unterschiedliche Merkmale der Absatzpolitik definieren. Dazu gehören z.B. die Standortlage, die Größe der Verkaufsfläche, die Vielfalt des Sortiments und die Preispolitik. Zu den wesentlichsten Betriebsformen gehören das SB-Warenhaus, große und kleine Supermärkte, der Discounter sowie kleine Lebensmittelgeschäfte Der folgenden Abb.6 ist zu entnehmen, dass in Deutschland über ein Drittel der Lebensmittelgeschäfte als Discounter geführt werden. Der Discounter zeichnet sich aus durch ein schmales und flaches Warensortiment, einfache Warenpräsentation, eine relativ kleine Verkaufsfläche und dauerhaft niedrige Preise. Die Preisführerschaft und die Erzielung von Kostenvorteilen werden durch den einfachen Abverkauf, den hohen Anteil an Eigenmarken im Sortiment und durch die geringe Vielfalt der Waren in dafür hohen Beschaffungsmengen realisiert.[62] Hauptsächlich werden im Discounter Lebensmittel und Non-Food-Artikel des täglichen Bedarfs angeboten. Der konstant niedrige Verkaufspreis ist durch z.B. die Reduzierung der Lagerkosten aufgrund der eingeschränkten Produktpalette, das verstärkte Anbieten von Eigenmarken und den fehlenden Service zu erklären. Lidl, Aldi und Penny gehören mit zu den beliebtesten Discountern in Deutschland.

Gut ein Viertel der Lebensmittelgeschäfte treten in Form von Supermärkten auf, gefolgt von kleinen Lebensmittelgeschäften, dessen Anteil ebenfalls etwas mehr als ein Viertel der Gesamtanzahl beträgt. Supermärkte, wie beispielsweise Edeka oder Rewe, werden auch als Vollsortimenter bezeichnet, da die Produktpalette aus einer Vielzahl an verschiedenen Waren in dafür nur relativ geringen, im Laden vorrätig vorhandenen Stückzahlen, besteht. Der Nahversorger bietet neben Frischwaren, Nahrungs- und Genussmitteln auch zahlreiche Non-Food-Artikel, wie z.B. Kosmetik und Drogeriewaren, Zeitungen und Magazine sowie Textilien an. Ein wesentlicher Unterschied zum Discounter liegt im Service. In Supermärkten gibt es Lebensmitteltheken an denen Käse, Wurst und Fleisch gekauft werden kann. So haben Kunden die Möglichkeit sich entsprechend beraten zu lassen.

Große Supermärkte und SB-Warenhäuser sind deutlich weniger vertreten als die bereits genannten Betriebsformen. Das SB-Warenhaus, wie z.B. Real, stellt flächenmäßig das größte Lebensmittelgeschäft dar. Es führt ein breites und tiefes Sortiment an Nahrungs- und Nichtnahrungsmitteln. In den weitläufigen Non-Food-Abteilungen sind u.a. Bekleidung, Spielzeug, Sportartikel und Elektronik vorzufinden.

Um die Unterschiede zwischen den einzelnen Betriebsformen zu verdeutlichen, sind in der folgenden Tabelle die Verkaufsfläche und die wesentlichsten Merkmale der einzelnen Betriebsformen zusammengefasst.

[...]


[1] Vgl. Ulbert, S. (Entrepreneurial Marketing, 2013), S.2.

[2] Vgl. Die Gefährten (Pressemeldung, 2013), S.1.

[3] Werbekampagne der Bionade GmbH aus dem Jahr 2009.

[4] TV-Werbespot der Marke HiPP für vegetarische Menüs aus dem Jahr 2013.

[5] Jährliche Kronkorken-Aktion (seit 2012); Krombacher zahlt für jeden eingelösten Kronkorken einen Unterstützungsbeitrag an den WWF zur Wiedervernässung der Torfmoorwälder in Sebangau.

[6] Jährliche Aktion (seit 2006); Pampers spendet pro gekaufte Packung Pampers einen Beitrag an UNICEF zur Bekämpfung von Tetanus bei Neugeborenen.

[7] Hartmann, K. (Märchenstunde, 2009), S.69.

[8] Vgl. Wenzel, E./Kirig, A./Rauch, C. (Greenomics, 2008), S.81.

[9] Vgl. Behr, H.-C. (Bio-Umsatzentwicklung, 2013), S.2.

[10] Vgl. Räpple, M. (Marketingstrategien, 2006), S.13.

[11] Vgl. BMELV (Ökobarometer, 2013), S.6.

[12] Vgl. Wenzel, E./Kirig, A./Rauch, C. (Greenomics, 2008), S.10.

[13] Vgl. Balderjahn, I/Scholderer, J. (Konsumverhalten, 2007), S.151.

[14] Vgl. Rössler, S./Brenken, P. (Green Market, 2009), S.11.

[15] Vgl. Gupfinger, H./Mraz, G./Werner, K. (Mahlzeit, 2000), S.35.

[16] Vgl. Mackert, H. (Verbraucherbildung, 2004), S.93.

[17] Vgl. Mackert, H. (Verbraucherbildung, 2004), S.94 f.

[18] Vgl. Belz, F.-M./Karg, G./Witt, D. (Verbraucherpolitik, 2007), S.56.

[19] Hauff, V. (Brundtland-Bericht, 1987), S.46.

[20] Vgl. Gekeler, M. (Konsumgut Nachhaltigkeit, 2012), S.15.

[21] Balderjahn, I. (Marketing-Management, 2004), S.136.

[22] Vgl. Mackert, H. (Verbraucherbildung, 2004), S.93.

[23] Vgl. Mackert, H. (Verbraucherbildung, 2004), S.93.

[24] Vgl. Otto Group (Trendstudie:Lebensqualität, 2013), S.13.

[25] Vgl. Otto Group (Trendstudie: Lebensqualität, 2013), S.13.

[26] Vgl. Mackert, H. (Verbraucherbildung, 2004), S.93.

[27] Vgl. Belz, F.-M./Karg, G./Witt, D. (Verbraucherpolitik, 2007), S.33.

[28] Vgl. Baumast, A./Pape,J. (Nachhaltigkeitsmanagement, 2013), S.34 f.

[29] Vgl. Baumast, A./Pape,J. (Nachhaltigkeitsmanagement, 2013), S.35.

[30] Vgl. Belz, F.-M./Karg, G./Witt, D. (Verbraucherpolitik, 2007), S.33.

[31] Vgl. Linz, M. (Suffizienz, 2006), S.6.

[32] Vgl. Baumast, A./Pape,J. (Nachhaltigkeitsmanagement, 2013), S.35.

[33] Vgl. Baumast, A./Pape,J. (Nachhaltigkeitsmanagement, 2013), S.35.

[34] Vgl. Belz, F.-M./Karg, G./Witt, D. (Verbraucherpolitik, 2007), S.35 f.

[35] Vgl. Verbraucherzentrale (Lebensmittel und ihre Umweltauswirkungen, 2014), S.3.

[36] Meinung der Autorin.

[37] BMELV (Ökobarometer, 2012), S.2.

[38] BMELV (Ökobarometer, 2013), S.2.

[39] Vgl. Nestlé-Studie (Pressemitteilung, 2012), S.3.

[40] Vgl. BÖLW (Bio-Branche, 2012), S.31.

[41] Vgl. BMELV (Ökobarometer, 2013), S. 7.

[42] Vgl. Bruhn, M. (BSE-Krise 2001), S.5.

[43] Vgl. Balderjahn, I. (Konsumentenverhalten, 2013), S.220.

[44] Vgl. Balderjahn, I.(Konsumentenverhalten, 2013), S.220 f.

[45] Vgl. Plaßmann, S./Hamm, U. (Kaufbarriere Preis, 2009), S.78.

[46] Vgl. Balderjahn, I. (Konsumentenverhalten, 2013), S.221.

[47] Vgl. Balderjahn, I. (Konsumentenverhalten, 2013), S.221.

[48] Vgl. Balderjahn, I. (Konsumentenverhalten, 2013), S.221.

[49] Vgl. Balderjahn, I. (Konsumentenverhalten, 2013), S.221.

[50] Vgl. Balderjahn, I. (Konsumentenverhalten, 2013), S.221.

[51] Meinung der Autorin

[52] Vgl. Kuckartz,U./Rheingans-Heintze,A./Rädiker,S. (Umweltbewusstsein, 2006), S.33.

[53] Vgl. Kuckartz,U./Rheingans-Heintze,A./Rädiker,S. (Umweltbewusstsein, 2006), S.33.

[54] Kennerknecht, R. et al. (Naturkostfachhandel, 2007), S.4.

[55] Kennerknecht, R. et al. (Naturkostfachhandel, 2007), S.5.

[56] Vgl. Behr, H.-C. (Bio-Umsatzentwicklung, 2013), S.2.

[57] Meinung der Autorin.

[58] Vgl. Barth, K./Hartmann, M./Schröder, H. (Handel, 2007), S. 1.

[59] Vgl. Metro Group (Handelslexikon, 2013), S. 24 f.

[60] Vgl. Handelsverband Deutschland (Branchenreport, 2013), S. 4

[61] Vgl. Handelsverband Deutschland (Branchenreport, 2013), S. 4

[62] Vgl. Jürgens, U. (Discounter, 2012), S.11

Ende der Leseprobe aus 79 Seiten

Details

Titel
Welche Folgen hat das veränderte Nachhaltigkeitsbewusstsein der Konsumenten für Unternehmensstrategien?
Untertitel
Lebensmitteleinzelhandelsketten in Deutschland
Hochschule
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Veranstaltung
Umweltmanagement
Note
1,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
79
Katalognummer
V280423
ISBN (eBook)
9783656764472
ISBN (Buch)
9783656764526
Dateigröße
4030 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Umweltmanagement, Biolebensmittel, Biotrend, Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeitsbewusstsein, LEH, Supermarkt, Lebensmittel, Biosupermarkt, Bioladen, Konsum, Konsumenten, Unternehmensstrategie, Lebensmitteleinzelhandel, Rewe, Bio, Fairtrade
Arbeit zitieren
Kirsten Uterwedde (Autor:in), 2014, Welche Folgen hat das veränderte Nachhaltigkeitsbewusstsein der Konsumenten für Unternehmensstrategien?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/280423

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