Der Liebesbrief. Eine soziolinguistische Untersuchung


Seminararbeit, 2011

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Liebesbrief im Wandel der Zeit
2.1 Briefsteller

3 Was ist ein Liebesbrief?
3.1 Semantische Einheiten
3.1.1 Aussageeinheiten
3.1.2 Themenstränge

4 Liebesbriefe und Lebensalter

5 Liebesbriefe von Jugendlichen
5.1 Motivation und Themen
5.2 Jugendsprache?
5.2.2 Fremdsprachige Einschübe
5.2.3 Indexzeichen

6 Schluss

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Der Brief stellt wohl eines der ältesten Kommunikationsmittel dar und ist zugleich, je nach Absicht und Inhalt, in seiner Funktion wandelbar. In dieser Hausarbeit widme ich mich einer ganz besonderen Briefsorte: dem Liebesbrief.

Wohl jeder ist einmal mit einem Liebesbrief in Berührung gekommen, sei es als Empfänger, Verfasser oder Leser. Schließlich gibt es zu Grundschulzeiten bereits diese kleinen, geheimnisvollen Briefchen. Die Liebesbriefe sind vielseitig und existieren in den unterschiedlichsten Ausführungen.

Das Themengebiet ist äußerst facettenreich, daher beinhaltet meine Arbeit zwei Schwerpunkte. Zu Beginn befasse ich mich allgemein mit dem Liebesbrief.

Zunächst soll geklärt werden, was einen Liebesbrief als solchen auszeichnet und welche Änderungen dieser im Laufe der Zeit vollzogen hat. Außerdem werde ich auf die semantischen Einheiten, also die Themenstränge in Liebesbriefen eingehen.

Nach diesem eher allgemeinen Teil, wende ich mich - mithilfe der Arbeiten Carsten Seidels (1997 & 2002) - den Liebesbriefen von Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Jahren zu. Die Fragen nach den favorisierten Themen und nach bestimmten Phänomenen wie z.B. der Jugendsprache dominieren in diesem zweiten Schwerpunkt meiner Ausarbeitung.

2 Der Liebesbrief im Wandel der Zeit

Der Liebesbrief unterliegt einem stetigen kultur- und bedeutungsgeschichtlichen Wandel. Anfang des 12. Jahrhunderts entstanden aufgrund von neuen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen die Artes dictandi, Lehrschriften zur Abfassung von Schriftstücken. Die uns noch heute bekannte Gliederung von Briefen (Anrede, Bemühen und Wohlwollen, Aufmerksamkeit und Interesse, Darstellung des Sachverhalts, Vorbringung des Anliegens, Schlusswort) stammt ebenfalls aus dem 12. Jahrhundert (Lütten- Gödecke/Zillig 1994: 21f.).

Bereits in der Antike existierten Liebesbriefe z.B. von Ovid, deren stark literarisierte Form sich im Mittelalter wiederfindet. Im Mittelalter entstehen dann Liebesbriefgedichte (vierhebige Reimpaare), die sogenannten Minnebriefe. Auch in den folgenden Jahrhunderten bleiben der poetische Sprachgebrauch und die strenge Codierung, die von den sogenannten Briefstellern vorgegeben wurden, erhalten (Voland 2001: 2f.).

Erst ab dem 18. Jahrhundert kommt es durch einschlagende Ereignisse wie der Alphabetisierung und dem Aufstieg des Bürgertums zu Veränderungen. Allmählich lösten sich die strengen Codierungen auf, Ziel war nun die Verwendung einer möglichst natürlichen Sprache. Mit der Gattung des Briefromans kommt dem Liebesbrief eine vermehrt öffentliche Rolle zu. Die wohl berühmtesten fingierten Briefe sind die in Goethes Die Leiden des jungen Werthers (Voland 2001: 3).

Während der Weltkriege diente der (Liebes- ) Brief dann der Kontakterhaltung zwischen den Soldaten und deren Frau oder Freundin. Während des Zweiten Weltkriegs wurden schätzungsweise 40 Milliarden Feldpostsendungen verschickt (Kiewitz).

Auch in der Nachkriegszeit bleibt der Liebesbrief trotz fortschreitender Medialisierung erhalten (Voland 2001: 4).

Heutzutage könnte die E- Mail eine Konkurrenz zum traditionellen Liebesbrief darstellen. Die E- Mail gleicht dem handschriftlichen Brief in vielerlei Hinsicht z.B. durch die Schriftlichkeit und den Akt des Verfassens, des Versendens und Empfangens. Wobei die E- Mail den Vorteil hat, dass sie schneller übermittelt wird. Trotz Zusätzen wie den Emoticons oder dem Einfügen von Bildern kann die E- Mail jedoch nur begrenzt an den Liebesbrief heranreichen. Dieser kann z.B. durch ein speziell ausgewähltes Papier oder Parfümspuren oder Lippenabdrücke weitaus mehr Intimität vermitteln. So erscheint der elektronische Liebesbrief „als unpersönlichere, fernstehende und losere Variante, wobei […] diese Eigenschaften auch als Vorteile empfunden werden können“ (Voland 2001: 4).

2.1 Briefsteller

Die Briefsteller beinhalten Anleitungen zum Verfassen von Briefen, also der vorzugsweise zu wählenden Sprache und den korrekten Briefaufbau. Auch der Liebesbrief ist in ihm berücksichtigt.

Zunächst mag man sich vielleicht wundern, dass es für die briefliche Mitteilung der eigenen Gefühle Anleitungen gibt. Jedoch erscheint der Griff zum Briefsteller verständlicher, wenn man bedenkt, dass der Verfasser „seine einzigartigen und unverwechselbaren Gefühle in ein angemessenes sprachliches Gewand kleiden“ möchte (Ettl 1984: 124). Hierbei steht vor allem in den frühen Jahrhunderten der Wunsch das Geschriebene von der Alltagssprache zu entfernen und es zu poetisieren (Ettl 1984: 126).

Die Bezeichnung „Briefsteller“ ist mittlerweile veraltet. Heutzutage wird vielmehr die Bezeichnung „Briefratgeber“ verwendet. Auch die dort enthaltenen Anweisungen und Regeln, die in gewisser Weise die jeweiligen Normvorstellungen aufzeigen, haben sich verändert. Schließlich befinden sich die Gesellschaft und ihre Normen im stetigen Wandel. Als Beispiel ist die Durchbrechung der Rollenzuweisungen zu nennen. Während in den Briefstellern bis ca. 1930 eine klare geschlechterspezifische Rollenverteilung anzutreffen ist, ist es den Frauen in den zeitgenössischen Ratgebern gestattet, die Initiative zu ergreifen (Voland 2001: 5f.).

3 Was ist ein Liebesbrief?

Wie der Name bereits verrät, handelt ist sich grundsätzlich um einen Brief, der das Thema Liebe zum Inhalt hat. Jedoch gibt es verschiedene Intentionen des Schreibers, so kann der Brief als Liebesbeweis oder als Geständnis gelten.

Charakteristisch für diese Briefsorte ist meist eine persönliche und liebevolle Anrede und Schlussformel. Die Verwendung von Kosenamen und einer geheimen Sprache, die sich während der Beziehung entwickelt hat, ist nicht unüblich. Zumal diese das Paar noch enger miteinander verbindet und die Vertrautheit sowie die Zusammengehörigkeit bezeugt. Der Brief macht es möglich, dass das Liebespaar eine räumliche Distanz überbrücken kann (Wyss 2003: 74ff.).

Liebesbriefe können dazu genutzt werden, einem Menschen die eigenen Gefühle nahezubringen. In diesem Fall hat der Verfasser, im Gegensatz zum mündlichen Gespräch, die Möglichkeit sich seine Formulierungen wohl zu überlegen. Ferner ist ihm freigestellt nach Verfassen des Briefes, diesen tatsächlich abzuschicken oder für sich abzulegen.

Im Gegensatz zu einem üblichen Brief ist der Liebesbrief weniger dialogisch oder wechselseitig, ein solcher Brief kann also auch unbeantwortet und somit ein Zeichen der Verehrung bleiben. Wichtig ist der Vorgang des Schreibprozesses, während dem sich der Verfasser mit sich und seinen Gefühlen auseinandersetzt. Durch diese Reflektion stellt der Liebesbrief neben dem Tagebuch die wichtigste „Codierung von Intimität“ dar (Voland 2001: 1).

Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Liebe gibt es zudem außersprachliche Merkmale wie z.B. das Parfümieren des Papiers, die Verwendung von farbigem Papier, sowie das Beifügen von Zeichnungen und Gedichten. Auf die Thematik der Indexzeichen werde ich in Abschnitt 5.3.2 näher eingehen.

3.1 Semantische Einheiten

Das Institut zur Erforschung von [1] Mensch- Umwelt- Beziehung in Oldenburg erstellte 1999 anhand von 50 Briefen ein Kategoriensystem zur inhaltsanalytischen Erfassung von semantischen Einheiten in Liebesbriefen. Da ich finde, dass dieses Kategoriensystem den Inhalt von Liebesbriefen gut repräsentiert, werde ich das System nachfolgend kurz vorstellen.

3.1.1 Aussageeinheiten

Ein Brief wird durchgehend vom Anfang bis zum Ende kodiert. Zunächst wird untersucht welcher Aussageeinheit der jeweilige Textteil zuzuordnen ist. Unterschieden wird zwischen drei Einheiten. (Rohde- Höft et al. 1999: 3f.).

Einheit I beinhaltet Aussagen, die vom schreibenden Partner zu seiner eigenen Liebe gemacht werden. Wobei hierzu nicht nur ‚ Ich liebe Dich. ‘ zählt, sondern auch Aussagen wie ‚ Du bist der tollste Mensch der Welt. ‘. Also Aussagen, die die eigene Liebe repräsentieren (Rohde- Höft et al. 1999: 5).

Bei Einheit II handelt es sich um Aussagen des Schreibenden zur Partnerliebe, d.h. der Schreibende weiß um die Gefühle des Partners ‚ Du sagst, Du liebst mich. ‘ oder aber er setzt die Gefühle voraus ‚ Ich spüre, daß du gerne mit mir zusammen bist. ‘ (Rohde- Höft et al. 1999: 5).

Die dritte Einheit wiederum thematisiert die gemeinsame Liebe. Die Aussagen die die liebende Person macht, beziehen sich also gleichzeitig auf die Gefühle der geliebten Person, z.B. ‚ Wir können beide ohneeinander nicht leben. ‘ (Rohde- Höft et al. 1999: 5).

Zusammenfassend könnte man dementsprechend sagen, dass sich die Einheit I auf das Ich, die Einheit II auf das Du und Einheit III auf das Wir bezieht.

[...]


[1] Die Beispiele und Erläuterungen dieses Kapitels und seinen Unterkapiteln sind der genannten Arbeit von Rohde- Höft/Lauken/Schmitt entnommen und richten sich nach der alten Rechtschreibung.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Der Liebesbrief. Eine soziolinguistische Untersuchung
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Soziolinguistik
Note
2,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
15
Katalognummer
V280225
ISBN (eBook)
9783656743132
ISBN (Buch)
9783656743118
Dateigröße
520 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
liebesbrief, eine, untersuchung
Arbeit zitieren
Tanja Hofferbert (Autor:in), 2011, Der Liebesbrief. Eine soziolinguistische Untersuchung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/280225

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