Die Finanzkrise 2008 - denn sie wissen nicht, was sie tun

Ursachen, Folgen und Lösungsvorschläge aus der Sicht der österreichischen Schule der Nationalökonomie


Bachelorarbeit, 2013

54 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Zielsetzung
1.2 Vorstellung der Kapitelstruktur

2 Österreichische Schule der Nationalökonomie
2.1 Geschichte
2.2 Denkstil

3 Andere ökonomische Denkrichtungen
3.1 Keynesianismus
3.2 Chicagoer- Schule

4 Erklärung der Theorie des Österreichischen Kreditzyklus
4.1 Manipulation des Marktzinses durch die Zentralbanken
4.2 Entstehung des künstlichen Aufschwungs
4.2.1 Umverteilung von Ressourcen in kapitalintensive Sektoren
4.2.2 Überkonsum der Haushalte
4.3 Folgen des künstlichen Aufschwungs
4.3.1 Sinkende Liquidität der Banken
4.3.2 Liquiditätsprobleme der Haushalte
4.3.3 Absatzprobleme der Unternehmen
4.4 Der Beginn der Rezession

5 Anwendung des Österreichischen Kreditzyklus auf die Finanzkrise 2008
5.1 Geldpolitische Maßnahmen nach 2001
5.1.1 FED
5.1.2 EZB
5.2 Entstehung des Immobilienbooms
5.3 Verbriefung von Krediten
5.4 Vergabe von Subprime- Krediten
5.5 Folgen für die Gesamtwirtschaft
5.6 Sinkende Bonität der Kreditschuldner
5.7 Zusammenbruch des Immobilienmarktes
5.8 Binnenwirtschaftliche Folgen der Immobilienkrise
5.8.1 Unternehmen
5.8.2 Haushalte
5.8.3 Bruttoinlandsprodukt
5.8.4 Staat
5.9 Maßnahmen gegen die Finanzkrise
5.9.1 Geldpolitische Maßnahmen
5.9.2 Staatspolitische Maßnahmen

6 Wirtschaftspolitische Handlungsempfehlungen

Literaturverzeichnis

Dieses Buch setzt sich mit der Theorie des Österreichischen Kreditzyklus auseinander, die von der der Österreichischen Schule der Nationalökonomie als Erklärung der Ursache für die Finanzkrise 2008 vorgebracht wurde, und wendet diese Theorie auf die Finanzkrise 2008 an. Hierzu werden zunächst die verschiedenen Phasen des Kreditzyklus beschrieben und anschließend beispielhaft auf die Finanzkrise 2008 angewendet.

Ausgangspunkt der Österreichischen Kreditzyklustheorie ist eine durch die Notenbank durchgeführte Erhöhung der Geldmenge, was eine Senkung des Leitzins bewirkt, der gegenüber dem marktabhängigen Zins abzugrenzen ist. Unternehmen werten diesen Vorgang als ein Zeichen für ein hohes Aufkommen an Realersparnissen, woraufhin diese Investitionen in Projekte mit den höchsten Gewinnerwartungen fließen. Dieser Aufschwung ist aufgrund der begrenzten Realersparnisse irgendwann zu Ende und mündet in eine Rezession, die eine Umverteilung der Ressourcen in marktgängigere Bereiche zur Folge hat. Anhand der Finanzkrise 2008 hat sich gezeigt, dass die Leitzinssenkungen durch die FED und EZB einen Immobilienboom herbeiführten, der nicht aus einem Anstieg der Realersparnisse resultierte. Von der hohen Kreditnachfrage profitierten die Kreditgeber, die ihre Kredite verbrieften und an andere Finanzinstitute verkauften. Es kam zu einem Aufschwung, der sich auf die konsumfernen Sektoren und später auch auf die Konsumgüterindustrie ausweitete. Steigende Rohstoffpreise veranlassten die Notenbanken später die Leitzinsen anzuheben, um die Preisinflation zu mildern, woraufhin Kreditnehmer ihre Kredite gegenüber den Banken nicht mehr bedienen konnten und ihre Häuser verkaufen mussten. Das steigende Häuserangebot ließ die Immobilienpreise sinken, was einen Weiterverkauf erschwerte. Die Folge war ein Zusammenbruch des Immobilienmarktes, der sich auf die Gesamtwirtschaft ausbreitete.

Durch das Anwenden der Österreichischen Kreditzyklustheorie auf die Finanzkrise hat sich gezeigt, dass die Österreichische Schule mit ihrer Erklärung zu den Ursachen der Finanzkrise Recht behielt und daher die Lösungsvorschläge ihrer Vertreter Gehör verdienen. Aus kurzfristiger Sicht ist eine Rezession unumgänglich, da der verursachte Schaden beseitigt werden muss. Darüber hinaus ist zur Vermeidung weiteren langfristigen Schadens das staatliche Geldmonopol durch die Zentralbanken abzuschaffen. Schließlich wären der künstliche Aufschwung und die damit einhergehende folgenschwere Rezession nie passiert ohne deren vorherige Leitzinssenkung. Die Schaffung eines Währungswettbewerbs würde bewirken, dass sich das marktgängigste Geld durchsetzt und der auf Kreditgeld basierenden Schuldenpolitik der Staaten ein Ende bereiten.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: MZM Geldmengenwachstum (USA)

Abb. 2: Ölpreis in US Dollar ab 2006

Abb. 3: Preisentwicklung von Aluminium in US Dollar ab 2002

Abb. 4: Preisentwicklung von Kupfer in US Dollar ab 2002

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Zielsetzung

Als im Jahr 2007 die Weltwirtschaft in eine der schwierigsten Finanzkrisen geriet, kam dies für viele Länder und die Mehrheit der Ökonomen sehr überraschend. Nicht viele hatten nach den vorherigen Jahren des hohen wirtschaftlichem Wachstums damit gerechnet, dass große Wirtschaftsnationen wie die USA und Deutschland danach in einen konjunkturellen Abschwung geraten würden, der einhergehen würde mit sinkendem Privatkonsum, hoher Arbeitslosigkeit und einem drastischen Anstieg der Staatsschulden. Die Rezession, die sich zunächst vom zuvor boomenden Immobilienmarkt ausbreitete, verursachte einen Schaden, von dem sich Europa und die USA bis heute nicht erholt haben.

Die Verantwortlichen waren schnell gefunden. Führende Wirtschaftswissenschaftler verwiesen auf die von den Banken hochspekulativen Geschäfte im Immobiliensektor und die dort stark vorhandene Deregulierung, die für die schlimmste Finanzkrise seit der Großen Depression verantwortlich gemacht wurde. Politiker aus allen Denkrichtungen stimmten dem zu und reagierten mit entsprechenden Gesetzesbeschlüssen, die eine intensivere Regulierung zur Folge haben sollten. Zur Wiederbelebung der stark gesunkenen Privatnachfragen wurden Konjunkturpakete verabschiedet und illiquide Finanzinstitute in Liquiditätsnot mit Kapitalspritzen seitens des Staates versorgt. Mit diesem Vorgehen erhofften sich die Regierungen eine möglichst schnelle Rückkehr zum vorher existierenden Wirtschaftswachstum.

Bis heute hat sich die Situation nicht gebessert. Die USA und Europa haben weiterhin mit einer hohen Arbeitslosigkeit und niedrigem Wirtschaftswachstum zu kämpfen. Zu dieser Entwicklung hat auch eine Schuldenkrise beigetragen, von der in erster Linie die ost- und südeuropäischen Länder sowie die USA stark betroffen sind. Das wirtschaftliche Wachstum ist niedrig und zuweilen sogar negativ, wodurch das Krisenmanagement des Staates und der Zentralbanken in starke Kritik geraten ist. Die Unwirksamkeit der staatlichen Hilfemaßnahmen hat die Österreichische Schule der Nationalökonomie, eine bisweilen relativ unbekannte Gruppe von Ökonomen, auf den Plan gerufen. Anders als die Vertreter des Keynesianismus und Monetarismus, hatten deren Mitglieder bereits viele Jahre vor Ausbruch der Finanzkrise vor einem künstlichen Aufschwung auf dem Immobilienmarkt gewarnt, der sich in nicht allzu ferner Zukunft in Luft auflösen und zu einer gesamtwirtschaftlichen Kettenreaktion führen würde. Zu diesen Personen gehörten unter anderem Peter Schiff, Roland Baader und Ron Paul, die in der expansiven, von Kredit getriebenen Geldpolitik der Zentralbanken die wahre Ursache für die Finanzkrise erkannten und die Eingriffe durch Staat und Zentralbanken als Reaktion darauf als nicht wirkungsvoll abtaten. Obwohl die Ökonomen der Österreichischen Schule nur eine Minderheit repräsentieren, findet sie aufgrund ihrer exakten Prognose der Ereignisse ab 2007 immer mehr Zustimmung bei den Menschen. Dies ist nicht zuletzt der US-Präsidentschaftskandidatur Ron Pauls in den Jahren 2008 und 2012 zu verdanken, der viele Menschen von den Ideen der Österreichischen Schule überzeugen konnte.

Die Österreichische Schule führt die von ihr vorgebrachte Erklärung über die Ursachen und Folgen der Finanzkrise auf die Theorie des Österreichischen Kreditzyklus zurück. Diese besagt, dass eine Senkung des Leitzinses durch die Zentralbanken einen künstlichen Konjunkturboom verursacht, der jedoch nur von kurzer Zeit ist und im Wege einer so genannten Korrektur zu einem schmerzhaften Abschwung führen musste. Die Finanzkrise 2008 ist das letzte bekannteste Beispiel dafür, weshalb auch fast ausschließlich die Ökonomen der Österreichischen Schule der Nationalökonomie den Wirtschaftscrash ab 2007 voraussehen konnten.

Im Folgenden wird die nach der Österreichischen Schule der Nationalökonomie benannte Theorie des Österreichischen Kreditzyklus theoretisch behandelt und auf die Finanzkrise 2008 angewendet. Dies ermöglicht es die Frage zu beantworten, ob die Vertreter der Österreichischen Schule mit ihrer vorgebrachten Theorie Recht haben oder nicht, und wer tatsächlich für die schlimmste Finanzkrise seit der Großen Depression verantwortlich ist.

1.2 Vorstellung der Kapitelstruktur

Das erste Kapitel gibt einen Einblick in die Österreichische Schule und befasst sich zum einen mit deren Geschichte und deren Denkstil. Zur Unterscheidung gegenüber anderen Denkstilrichtungen, wird im danach folgenden Punkt auf die Denkweise des Keynesianismus und Monetarismus eingegangen und darauf, welche volkswirtschaftlichen Ansichten deren Vertreter haben. Im dritten Kapitel erfolgt die theoretische Erklärung der Österreichischen Kreditzyklustheorie. Diese erläutert, inwiefern zwischen der Manipulation des Leitzinses durch die Zentralbanken und dem gesamtwirtschaftlichen Aufschwung danach, der sich zunächst in kapitalintensiven Sektoren ereignet, ein Zusammenhang besteht und warum die unvermeidliche Folge dessen eine Rezession sein muss. In Anlehnung an die Theorie aus Kapitel drei wird im vierten Kapitel die Österreichische Kreditzyklustheorie anhand der Finanzkrise 2008 beschrieben. Es werden die geldpolitischen Maßnahmen durch die EZB und Federal Reserve Bank (FED) ab 2001 beschrieben und inwiefern diese zu einem weltweiten Immobilienboom führten, der mit dem Zusammenbruch des Immobiliensektors endete. Es folgen die binnenwirtschaftlichen Konsequenzen für Haushalte, Unternehmen, den Staat und das Bruttoinlandsprodukt, gefolgt von den Maßnahmen der Zentralbanken und Regierungen zur Wiederbelebung der Konjunktur. Abschließend wird der Verfasser auf Basis der in den vorherigen Kapiteln beschriebenen Informationen eine wirtschaftspolitische Handlungsempfehlung abgeben und beschreiben, welche Schritte notwendig sind, um die seit 2008 andauernde Weltwirtschaftskrise endgültig zu beenden.

2 Österreichische Schule der Nationalökonomie

Die Österreichische Schule der Nationalökonomie ist eine im 19. Jahrhundert entstandene ökonomische Denkstilrichtung, die einen klassisch-liberalen Ansatz vertritt. Zu den bekanntesten Persönlichkeiten gehören Carl Menger, der zugleich als Begründer gilt, Eugen-Böhm von Bawerk, Ludwig von Mises und Friedrich August von Hayek. Ihr Ziel besteht in der Errichtung eines freien marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystems, wo die Aufgaben des Staates sich auf den Schutz des Eigentums und der Einhaltung von Verträgen beschränken.

2.1 Geschichte

Obwohl die Ideen der Österreichischen Schule über einen freien Markt ohne Eingriffe durch den Staat bereits im Mittelalter durch die so genannte Schule von Salamanca vertreten wurden[1], gilt die Veröffentlichung des Lehrbuchs Grundlagen der Volkswirtschaftslehr e von Carl Menger im Jahr 1871 als die Geburtsstunde der Österreichischen Schule der Nationalökonomie.[2] Der in Österreich geborene Menger beabsichtigte mit seiner Lektüre nicht eine neue Art des ökonomischen Denkens zu schaffen. Vielmehr ging es ihm darum, aufbauend auf den klassischen ökonomischen Prinzipien, wie der Preisbildung durch Angebot und Nachfrage, die Existenz einer Preistheorie nachzuweisen, die vom Handeln des Menschen geprägt ist.[3] Zu den vielen Lesern gehörte Eugen Böhm von Bawerk (1851-1914), der später auch mehrmaliger Finanzminister seines Heimatlandes Österreich-Ungarns wurde. Dieser baute auf der Grundlage Mengers Ideen die Preistheorie aus und entwickelte die Kapitaltheorie, die er in seinem Werk Kapital und Kapitalzins thematisiert.[4] Dem Kapitelzins sprach Menger in seinem Werk eine völlig neue Bedeutung zu. Menger führte aus, dass der Zinssatz Ausdruck der zeitlichen Präferenz eines jeden Individuums sei[5] und Sparen eine unerlässlich Bedingung zur Herstellung von Kapitalgütern darstelle, die für die Produktion weiterer Konsumgüter notwendig sei[6]. Gemäß den Erkenntnissen Mengers, entstand die Österreichische Konjunkturtheorie durch Ludwig von Mises. Mises, der ein Student Böhm-Bawerks war[7]. Mises verfasste seine Dissertation mit dem Titel Theorie des Geldes und des Umlaufsmittels , die 1912 erstmals veröffentlicht wurde. In dieser wandte er die von Menger und Böhm von Bawerk entwickelten Theorien zum Subjektivismus und Zinssatz auf Geld an[8] und schrieb erstmals über die Österreichische Konjunkturtheorie[9]. Mises knüpfte an die Gedankengänge Mengers und Böhm von Bawerks an und wandte die von Carl Menger entwickelte Grenznutzentheorie, wonach jedes Gut mit steigendem Gütervorrat an Nutzen abnimmt[10], erstmals auf Geld an.[11] Aus der Verknüpfung zwischen Kapitaltheorie und Geld- und Kreditschöpfungstheorie resultierte die Österreichische Konjunkturtheorie (oder auch Österreichische Kreditzyklustheorie). Er schreibt zudem über das Teilreservebanksystem und dessen Folgen eines künstlichen Aufschwungs, der schließlich in einem Abschwung endet.[12] Obwohl Mises mit seinem Werk ein Durchbruch in der Wirtschaftswissenschaft gelang, fand es im angelsächsischen Raum relativ wenig Beachtung.[13] Dies war auf die zeitgleiche Veröffentlichung von John Maynard Keynes‘ Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes zurückzuführen.[14] Ganz im Gegensatz zu Mises beschreibt Keynes einen schmerzfreien Ausweg aus der Wirtschaftskrise, der weder für Staat noch Bevölkerung finanzielle Opfer erforderlich macht. Der Triumph von Keynes führte zu einem vorübergehenden Niedergang der Österreichischen Schule, der durch die „Mathematisierung der Volkswirtschaftslehre (…) [und dem] Siegeszug des Positivismus“[15] zusätzlich verstärkt wurde. Nicht einmal die korrekte Vorhersage der Großen Depression durch Mises[16] konnte dies vereiteln. Aufgrund der Machtübernahme durch Nationalsozialisten in Deutschland und der schwindenden Liberalisierung Europas sahen sich Mises, der zudem jüdischer Abstammung war, und Hayek dazu gezwungen zu fliehen. Mises setzte sich zunächst in die Schweiz und Hayek nach England ab, von wo aus beide später in die USA emigrierten.[17] Auch in den USA blieben beide nicht untätig und veröffentlichten weitere bedeutende Werke. Dennoch gerieten die Ideen der Österreichischen Schule zwischen dem Ende des zweiten Weltkriegs und 1975 zunehmend in Vergessenheit, was nicht zuletzt dem Siegeszug des Keynesianismus zu verdanken war.[18] Erst im Jahr 1974, als der inzwischen in Deutschland lebende und dozierende Hayek den Nobelpreis für Wirtschaft erhielt, erlebte die Österreichische Schule eine Art Wiederauferstehung, was ein verstärktes Interesse an den von der Österreichischen Schule entwickelten Theorien zur Folge hatte.[19] Als Begründung für die Verleihung des Nobelpreises wurden Hayeks Recherchetätigkeiten und die Weiterentwicklung der Österreichischen Konjunkturtheorie genannt.[20] Weitere Ökonomen, u. a. in Person von Murray Rothbard (1926-1995), Henry Hazlitt (1894-1993) und Hans Sennholz (1922-2007), leisteten ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zu dieser Renaissance.

Obwohl die Vertreter der Österreichischen Schule nach wie vor in der Minderheit stehen, hat das Interesse an den Theorien von Menger, Böhm von Bawerk, Mises und Hayek in den vergangenen fünf Jahren stark zugenommen. Die Präsidentschaftskandidatur von Ron Paul trug dazu bei, dass die Ideen erstmals unter das Volk gerieten. Paul hatte in seinen Wahlkämpfen bei wirtschaftlichen Fragestellungen auf den Österreichischen Kreditzyklus verwiesen und konnte viele Menschen von seiner Argumentation überzeugen. Der andere Grund besteht darin, dass mit der Österreichischen Schule nur eine einzige Gruppe von Ökonomen die Finanzkrise voraussehen konnte, darunter Peter Schiff, Roland Baader und Jörg Guido Hülsmann. Hiervon sind Einzelperson anderer Denkstile, wie Max Otte, ausgenommen.

2.2 Denkstil

Die Österreichische Schule ist Verfechter einer freien Marktwirtschaft, privaten Eigentums und eines stabilen Geldsystems.[21] Im Mittelpunkt steht das menschliche Individuum, dessen Handeln darauf ausgerichtet ist, sich ständig neue Ziele zu setzen und durch Lernen aus vergangenen Fehlern diese Ziele erfolgreich zu bestehen.[22] Bei der Ökonomie wird von einem humanwissenschaftlichen Ansatz[23] gesprochen, der auf einer „allgemeinen Theorie menschlichen Handelns“[24] basiert und unter dem Begriff Subjektivismus zusammengefasst wird, das ein weiteres Paradigma des Österreichischen Denkstils bildet[25].

Ökonomische Erkenntnisse können nicht mithilfe statistischer Resultate, sondern nur durch das allgemeine menschliche Handeln belegt werden.[26] Als Beispiel hierfür dient der natürliche Zinssatz, der in Kapitel 4.1 genauer beschrieben wird. Auch weil Anbietern und Nachfragern die Entscheidungsfreiheit obliegen soll, wird von den Österreichischen Ökonomen eine freie Marktwirtschaft befürwortet.[27] Dies ermöglicht es den Marktteilnehmern eigenständig Entscheidungen in Hinblick auf Produktion und Konsum zu treffen. Anders als in einer Zentralverwaltungswirtschaft wird dem Unternehmer die Freiheit gegeben, die er benötigt, um mit möglichst wenig Einsatz Güter herzustellen, die den Wünschen der Verbraucher in qualitativer und quantitativer Hinsicht entsprechen.[28]

Die ablehnende Haltung gegenüber dem Staat wird damit begründet, dass der freie Markt für eine hohe Produktion der Unternehmen sorgt, die es den Konsumenten ermöglicht zu niedrigen Preisen Güter und Dienstleistungen nachzufragen. Von einem solchen Wirtschaftssystem profitieren alle Konsumenten, auch Geringverdiener, welche die niedrigeren Preise bezahlen können. Ein Eingriff in die Geldpolitik durch eine vom Staat gelenkte Zentralbank würde dieses System hingegen destabilisieren. Die von der Notenbank neu in Umlauf gebrachte Geldmenge bewirkt eine Inflationierung, sprich Aufblähung der Geldmenge, wodurch es zu Preissteigerungen käme. Inflation, worunter die Ökonomen der Österreichischen Schule den Anstieg des Geldangebotes in Relation zum verfügbaren Angebot an Gütern und Dienstleistungen verstehen und eben nicht den Preiserhöhungen an sich, kann nur durch eine Erhöhung der Geldmenge erfolgen und nicht, wie die meisten Ökonomen behaupten, durch steigende Kosten (= Kosteninflation).[29] Da die höheren Preise für ein Gut unweigerlich zu Ausgabenkürzungen an anderer Stelle führen und dort in der Folge dort weniger Nachfrage herrscht, würde die allgemeine Preisentwicklung letztendlich unbetroffen bleiben.[30] Eine Inflationierung der Geldmenge, die auch Bestandteil des Themas dieser Arbeit ist, kommt lediglich dem Staat zu Gute. Die Gesellschaft, die sich während des kurz andauernden Aufschwungs reicher fühlt, wird hingegen ärmer und ist der Verlierer dieses vom Staat in Gang gesetzten Prozesses.

Der zweite Grund besteht darin, dass sich der Staat genauso wie andere Marktteilnehmer an die Gesetze des Verbots von Diebstahl und Betrug zu halten hat.[31] Durch das Intervenieren in den Markt begeht der Staat jedoch Diebstahl und betrügt auch noch. Als Beispiel sei hier das Teilreservebanksystem, auch Fractional Reserve Banking genannt, welches es den Geschäftsbanken gestattet, einen festgelegten Mindestbetrag, offiziell als Mindestreserve bezeichnet, einzubehalten und den Rest ohne Zustimmung des Geldinhabers an Dritte weiter zu verleihen.[32] Das zweite Beispiel für den Gesetzesbruch liegt im Ansteigen des Geldangebotes durch die Zentralbanken, was zu einem Wertverlust der Geldeinheit führt. Anstatt die Geldproduktion durch eine Institution steuern zu lassen, soll nach Ansicht der Österreichischen Schule die Gelderzeugung dezentral erfolgen. In einem solchen System, das als Free Banking bezeichnet wird, darf die Ausgabe des Geldes einzig durch in Wettbewerb stehende Privatbanken erfolgen.[33] Dem Kunden wird die Entscheidung überlassen, für welches Geld er sich hierbei entscheidet. Die Finanzinstitute unterliegen den gesetzlichen Vorschriften, was das Einbehalten einer Teilreserve von zum Beispiel fünf Prozent ohne Zustimmung des Geldinhabers ausschließt und jegliche Manipulation des Leitzinses unmöglich macht.

In diesem Zusammenhang ist auf die Definition des Begriffs Geld hinzuweisen. Dieses ist keine Erfindung des Staates, sondern entsteht am Markt.[34] Unter Österreichischen Ökonomen wird bei Geld deshalb vom allgemeinen akzeptierten Tauschmittel gesprochen.[35] Den „Österreichern“ ging es hierbei darum, eine Abgrenzung zum heutigen vom Staat ex nihilio geschaffenem Papiergeld herzustellen. Ludwig von Mises argumentierte mithilfe des Regressionstheorems, dass Geld keine Erfindung sein könne. Demnach wird Geld deshalb heute nachgefragt, weil es gestern eine besonders hohe Kaufkraft besaß.[36] Die Kaufkraft von gestern wiederum ist das Ergebnis der Geldnachfrage, die sich auf Basis des Informationsstandes der Marktakteure zur Kaufkraft von vorgestern bildete etc..[37] Wie bei allen anderen Gütern und Dienstleistungen, entspringt der Geldwert folglich nicht der Aufschrift auf einem Stück Papier, sondern dem menschlichen Gehirn. Dies wird verdeutlicht durch die Tatsache, dass der Wert einer Ware, einschließlich der Tauschware Geld, von der persönlichen Einschätzung eines Individuums abhängt.[38] Dies steht im Widerspruch zum heutigen Geldsystem, das den Wert des Geldes ausschließlich durch eine Minderheit von Zentralbankern festlegen lässt. Genauso wie bei anderen Gütern, z. B. Milch, bewirkt eine willkürliche Preisfestsetzung falsche Signale, die den Anbieter und Nachfrager falsche Entscheidungen treffen lässt. Das geschichtlich marktkonformste Geld, das im Gegensatz zum heutigen Papiergeld keine staatliche Erfindung ist, ist Gold. Analog zum Regressionstheorem besaß auch Gold, bevor es zum allgemein akzeptierten Tauschmittel wurde, eine hohe Kaufkraft, da es sich einer hohen Beliebtheit als Schmuck erfreute.[39] Es nahm über die Jahrhunderte hinweg den Status als allgemein akzeptiertes Tauschmittel ein. Die Bezeichnungen Francs, Dollar und Pfund-Sterling stellten bloß Namen für Gewichtseinheiten dar, z. B. ein Pfund-Sterling für ein Pfund Silber.[40]

Ein weiteres die Österreichische Schule kennzeichnendes Merkmal ist die Definition von Wirtschaftswachstum. Dieses ist das Resultat einer optimalen Verteilung der begrenzt vorhandenen Kapitalressourcen, was eine steigende Produktivität und ein höheres Angebot an Konsumgütern zur Folge hat.[41] Dies hat einen Rückgang der Konsumgüterpreise zur Folge, was den Konsumenten in Form einer höheren Kaufkraft zu Gute kommt. Auch Unternehmer profitieren davon, da sie mehr Produkte absetzen und hierdurch höhere Umsätze und Gewinne erwirtschaften. Hiervon ist die Ware Geld, die lediglich für Tauschzwecke benutzt wird, ausgenommen, da es sich weder um ein Kapital- noch ein Konsumgut handelt. Zur Erzielung eines Gewinns sind Investitionen in die Herstellung von Investitionsgütern notwendig. Dies erfordert das Bilden von Ersparnissen, die das Ergebnis vorherigen Konsumverzichts darstellen.[42] Das folgende Beispiel soll dies verdeutlichen. Dieses zeigt Robinson auf einer Insel, wo er sich bislang nur von zehn Beeren pro Tag ernährt hat und sich eines Tages dazu entschließt einen langen Stab zu produzieren, um die an den Bäumen hoch hängenden Beeren erreichen zu können.[43] Damit er während der Produktion nicht verhungert, bildet er eine Rücklage an Beeren, die ihn zum Konsumverzicht zwingt.[44] Die erstellten Werkzeuge erhöhen Robinsons Produktivität, sodass dieser mehr Güter konsumieren und seinen Nutzen steigern kann.[45] Das Beispiel veranschaulicht, dass der Konsum das Ergebnis und nicht die Ursache von höherem Wirtschaftswachstum ist[46]. Es kann sogar sein, dass Konsum wachstumsschädlich ist und zwar wenn er aus einer Erhöhung der künstlichen Geldmenge finanziert wird. Dies ist auf den Cantillon-Effekt (benannt nach Richard Cantillon, 1680-1734) zurückzuführen und besagt, dass eine Vermehrung des Geldangebotes nur dessen Erstempfängern zu Gute kommt, da diese noch zu alten Preisen kaufen können.[47] Die späteren Empfänger sind durch das steigende Verhältnis der Geldmenge gegenüber dem Angebot an Gütern dazu gezwungen, zu höheren Preisen zu kaufen.[48]

3 Andere ökonomische Denkrichtungen

Zwei weitere Denkstile, die sich in ihren Ansätzen ganz oder größtenteils unterscheiden, sind der Keynesianismus und die Chicagoer-Schule. Beide sind die weltweit bekanntesten Denkstile und genießen im Vergleich zur Österreichischen Schule bei Politik und Mainstream mehr Anerkennung.

[...]


[1] Vgl. Huerta de Soto [2008], S.29.

[2] Vgl. Huerta de Soto [2008], S.28.

[3] Vgl. Salerno, o. S.

[4] Vgl. Huerta de Soto [2008], S.44.

[5] Vgl. ebd.

[6] Vgl. Bagus [2011], S.18.

[7] Vgl. Huerta de Soto [2008], S. 63.

[8] Vgl. Huerta de Soto [2008], S. 64.

[9] Vgl. Huerta de Soto [2008], S. 65.

[10] Vgl. Von Mises [1924], S. 14.

[11] Vgl. Huerta de Soto [2008], S. 63.

[12] Vgl. Huerta de Soto [2008], S. 65.

[13] Vgl. Baader, S. 113.

[14] Vgl. Spitznagel, .o. S.

[15] Bagus [2009], S. 109.

[16] Vgl. Baader, S. 113.

[17] Vgl. Klein, o. S.

[18] Vgl. Huerta de Soto [2008], S. 95.

[19] Vgl. Huerta de Soto [2008], S. 77.

[20] Vgl. Huerta de Soto [2008], S. 79.

[21] Vgl. Paul [2011], S. 14.

[22] Vgl. Huerta de Soto [2008], S. 5.

[23] Vgl. Huerta de Soto [2008], S. 25.

[24] Huerta de Soto [2008], S. 5.

[25] Vgl. ebd.

[26] Vgl. Rothbard [1995], S. 12.

[27] Vgl. Paul [2011], S. 14f.

[28] Vgl Von Mises [1931], S. 7.

[29] Vgl. Baader, S. 49.

[30] Vgl. Baader, S. 50.

[31] Vgl. Von Mises [1924], S. 46f.

[32] Vgl. Baader, S. 22.

[33] Vgl. Baader, S. 150f.

[34] Vgl. Menger /Menger, S. 274.

[35] Vgl. Menger/Menger, S. 11; Vgl. Von Mises [1924], S. 2; Vgl. Bagus [2012], S. 26.

[36] Vgl. Huerta de Soto [2008], S. 65.

[37] Vgl. ebd.

[38] Vgl. Polleit [2012b] , o. S.

[39] Vgl. Boehringer, S. 36.

[40] Vgl. Rothbard [2009], S. 23.

[41] Vgl. Schiff/Downes, S. 7.

[42] Vgl. ebd.

[43] Vgl. Bagus [2011], S. 18.

[44] Vgl. ebd.

[45] Vgl. ebd.

[46] Vgl. Schiff/Schiff, S. 42.

[47] Vgl. Polleit [2012a] , o. S.

[48] Vgl ebd.

Ende der Leseprobe aus 54 Seiten

Details

Titel
Die Finanzkrise 2008 - denn sie wissen nicht, was sie tun
Untertitel
Ursachen, Folgen und Lösungsvorschläge aus der Sicht der österreichischen Schule der Nationalökonomie
Hochschule
Hochschule Fresenius; Köln
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
54
Katalognummer
V280047
ISBN (eBook)
9783656822554
ISBN (Buch)
9783656822585
Dateigröße
967 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
theorie, kreditzyklus, erklärung, finanzkrise, eine, analyse, sicht, österreichischen, schule, nationalökonomie
Arbeit zitieren
Philip Klaedtke (Autor:in), 2013, Die Finanzkrise 2008 - denn sie wissen nicht, was sie tun, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/280047

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