Nachweispflichten zum Warenverkehr mit Auslandsbezug

Die neue Gelangensbestätigung im innergemeinschaftlichen Warenverkehr


Studienarbeit, 2013

46 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Sperrvermerk

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der wissenschaftlichen Arbeit
1.3 Vorgehensweise

2 Wesentliche Grundlagen zu den Nachweispflichten
2.1 Die Umsatzsteuer als bedeutsamste Steuer im Binnenmarkt
2.2 Rechtsfolgen und Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung
2.3 Verschiedene Nachweispflichten
2.3.1 Belegnachweise
2.3.1.1 Die Gelangensbestätigung
2.3.1.2 Alternative Belegnachweise
2.3.2 Buchnachweise
2.4 Entwicklung und Hintergrund der Neuregelung zur Gelangensbestätigung

3 Nachweispflichten zum innergemeinschaftlichen Warenverkehr
3.1 Gelangensbestätigung als neuer Belegnachweis
3.1.1 Erforderliche Angaben
3.1.2 Unterschrift des Abnehmers
3.1.3 Elektronische Übermittlung
3.1.4 Die Sammelbestätigung
3.1.5 Formen der Gelangensbestätigung
3.2 Problematisierung der Gelangensbestätigung
3.2.1 Verweigerung der Bestätigung durch den Abnehmer
3.2.2 Die Gelangensbestätigung im Reihengeschäft
3.2.3 Kostenstruktur
3.2.4 Praktische Lösungsalternativen im Abholfall

4 Schlussbetrachtung
4.1 Zusammenfassung
4.2 Ergebnis
4.3 Ausblick

5 Anhang

Mustervorlagen der Gelangensbestätigung

Literaturverzeichnis

Ehrenwörtliche Erklärung

Sperrvermerk

Diese Arbeit darf Dritten, mit Ausnahme der betreuenden Dozenten und befugten Mitglieder der Verwaltung, ohne ausdrückliche Zustimmung des Unternehmens und des Verfassers nicht zugänglich gemacht werden. In begründeten Verdachtsfällen dürfen die Arbeit oder Teile davon von der FHDW einer Plagiatsprüfung durch einen Plagiatssoftware-Anbieter unterzogen werden und auf dort eingerichteten FHDW-spezifischen Datenbanken temporär gespeichert werden. Der Sperrvermerk ist im Fall einer Plagiatsprüfung nicht wirksam.

Eine Vervielfältigung und Veröffentlichung der Praxisarbeit ohne ausdrückliche Genehmigung – auch in Auszügen – ist nicht erlaubt.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

„Was lange währt, wird endlich gut.“[1] So bezeichnet der Deutsche Steuerberaterverband in einer Stellungnahme den nun zweijährigen Entwicklungsprozess der Gelangensbestätigung. Die Gelangensbestätigung dient als ein Nachweis für die Finanzverwaltung zur Überprüfung der Unternehmer auf die richtige umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Lieferungen ins europäische Ausland. Zum 1. Januar 2014 wird sie nun endgültig in Deutschland verpflichtend eingeführt.

Kritiker und Wirtschaftsverbände verzögerten die Einführung der umstrittenen Gelangensbestätigung. Sie gingen mit viel Kritik gegen die neue und ursprünglich als einzig geplante Möglichkeit des Belegnachweises für innergemeinschaftliche Lieferungen vor. Mit Erfolg. Der Kritik hat die deutsche Gesetzgebung nun abschließend am 22. März 2013 nachgegeben. Neben der Gelangensbestätigung sind nun einige Alternativen sowie einige Vereinfachungen zugelassen.

Nicht nur inhaltlich erzielten die Kritiker einen Erfolg. Auch gelang es, seit dem endgültigen Beschluss der Einführung am 22. März 2013 und dem Tag der ersten verpflichtenden Anwendung am 1. Januar 2014 ausreichend Umsetzungszeit zu gewinnen. Die deutschen Unternehmer, die mit Warenlieferungen ins EU-Ausland arbeiten, haben nun ausreichend Zeit, sich auf die umstrukturierten Nachweispflichten einzustellen. Aber auch die europäischen Unternehmer, die Abnehmer von Waren aus Deutschland sind, werden unter Umständen durch die Gelangensbestätigung mit neuartigen Verpflichtungen konfrontiert.

Insbesondere die falsche Anwendung oder die fehlende Umsetzung der Gesetzesänderung könnte im Fall einer zukünftigen Betriebsprüfung zu Streitigkeiten zwischen deutschen Unternehmern und dem Finanzamt und im schlimmsten Fall zu erheblichen Nachzahlungen an Umsatzsteuer führen. Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten hat es auch schon im Zusammenhang mit der alten Rechtslage gegeben. Etliche Urteile der Finanzgerichte und des Bundesfinanzhofs sind dazu ergangen. Auch auf Ebene der Europäischen Union gab es sehr viele Urteile vom europäischen Gerichtshof.

Im Gegensatz zu den früheren Nachweispflichten ist nun, auch auf Wunsch der Wirtschaft, mehr Rechtssicherheit in Bezug auf die Nachweispflichten geschaffen worden. Die neu geschaffenen Regelungen sind aus Sicht der Wirtschaft weitestgehend praxistauglich.

Es gibt trotzdem noch einige praktische Problematiken im Zusammenhang mit der aktuellen Gesetzesversion zur Gelangensbestätigung. Auch die Wirtschaft ist noch nicht endgültig zufriedengestellt. Durch diese Arbeit sollen die Grundlagen und Problematiken dargestellt werden.

1.2 Zielsetzung der wissenschaftlichen Arbeit

Diese Praxisarbeit, die insbesondere an deutsche Unternehmer, an Angehörige der steuerberatenden Berufe sowie an Studierende und Professoren in steuerlichen Fächern gerichtet ist, beleuchtet umfassend das Thema rund um die Gelangensbestätigung. Da die Gelangensbestätigung bei allen Formen der Beförderungen oder Versendungen als Nachweispflicht möglich ist, ist sie Hauptthema dieser Arbeit. Die Alternativen der Gelangensbestätigung werden bei dieser Arbeit nur genannt, auch wenn sie eine Handlungsempfehlung für die Versendungsfälle sind. Unternehmer erlangen anhand dieser Arbeit die Sicherheit, dass sie die Gelangensbestätigung richtig anwenden können. Die Angehörigen der steuerberatenden Berufe können durch diese Arbeit die nötige ausführliche Zusammenfassung zum Thema erhalten, da sie trotz intensiver Verfolgung des ewigen Verzögerungs- und Verbesserungsprozesses und den ständigen Änderungen der Gesetzesversionen bis zur Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses noch keine endgültigen Handlungsempfehlungen an ihre Mandanten herausgeben konnten.

Zusätzlich wird diese Arbeit den Lesern die verbleibenden Problematiken aufzeigen. Dabei werden sie insbesondere für problematische Fälle und für letzte Einführungsschwierigkeiten sensibilisiert. Lösungsmöglichkeiten für die Problemfälle werden dargestellt.

Wer auf Anregungen zur Zukunft der Gelangensbestätigung und der Umsatzsteuer gespannt ist, findet neben der Zusammenfassung des erarbeiteten Themas im Schlusskapitel ein paar anstoßende Gedankengänge.

1.3 Vorgehensweise

Die wissenschaftliche Arbeit gliedert sich in vier Kapitel und hat einen angefügten Anhang mit den Mustervorlagen der Gelangensbestätigung.

Die Einleitung im ersten Kapitel ist insbesondere als Hinführung auf das Gesamtthema zu verstehen.

Um die Zielsetzung unter Punkt 1.2 umzusetzen, werden im zweiten Kapitel zunächst die wesentlichen Grundlagen zu den Nachweispflichten zum Warenverkehr mit innergemeinschaftlichem Auslandsbezug erläutert. Hierbei wird durch das Aufgreifen der gesetzlichen Regelungen das Thema genauer beschrieben.

Das dritte Kapitel, die thematische Praxisarbeit, gliedert sich in zwei Teile:

Im ersten Teil werden die Grundlagen zur Gelangensbestätigung detailliert beschrieben. Dabei werden insbesondere die dazugehörigen, gesetzlichen Regelungen der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung und des Anwendungserlasses zur Umsatzsteuer in der aktuell geltenden Fassung eingehend erläutert und mit Praxisbeispielen dargestellt. Der Leser bekommt dadurch ein stark angereichertes Detailwissen und kann in der Theorie sowie in der Praxis mit der Gelangensbestätigung umgehen.

Nachdem die Gelangensbestätigung umfassend erläutert worden ist, können im zweiten Teil die verbleibenden Problematiken zur Gelangensbestätigung bearbeitet werden. Die Überschriften verraten bereits sich ergebende Schwierigkeiten. Lösungsvorschläge werden aus eigenem Gedankengut erarbeitet.

Im vierten und letzten Kapitel werden als Schlusskapitel die Ergebnisse noch einmal zusammengefasst und festgehalten. Mit einem Ausblick wird die Arbeit abgerundet.

2 Wesentliche Grundlagen zu den Nachweispflichten

2.1 Die Umsatzsteuer als bedeutsamste Steuer im Binnenmarkt

Definiert ist die Umsatzsteuer als Steuer, die auf Erbringung von Lieferungen und sonstigen Leistungen durch Unternehmer erhoben wird.[2] Mit der Umsatzsteuer, auch Mehrwertsteuer genannt, wird in der EU der Konsum von Produkten und Dienstleistungen besteuert. Da jedes EU-Land diese Steuer erhebt, stellt sie ertragsmäßig neben der Besteuerung von Einkommen die wichtigste Steuer dar.[3] Für die meisten der EU-Länder ist sie sogar die Steuer mit dem größten Steueraufkommen.[4]

Mit der Einführung der Europäischen Gemeinschaft und dem Ziel der Errichtung eines gemeinsamen, europäischen Binnenmarktes stieg die Attraktivität, Waren und Dienstleistungen nicht nur national zu handeln, sondern auch über die Grenzen hinaus zu liefern.[5] 1968 gelang mit dem Beschluss der 2. EG-Richtlinie der gemeinsame Übergang der Mitgliedsstaaten auf die Mehrwertbesteuerung mit Vorsteuerabzug.[6] Nach einigen Fristverlängerungen wurde diese umgesetzt.[7] Mit der 6. Richtlinie zum gemeinsamen Mehrwertsteuersystem vom 7. Mai 1977 wurde die wohl wichtigste Harmonisierung zwischen den Staaten bei grenzüberschreitenden Fällen beschlossen.[8] Die Umsetzung erfolgte dann endgültig mit Wirkung zum 1. Januar 1993.[9] Die Zölle und Einfuhrumsatzsteuern fielen weg, Ausfuhren und Einfuhren, wie sie heute noch bei Lieferungen in Drittländer und aus Drittländern bestehen, wurden innerhalb der EU ersetzt.[10] Das System der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen sowie der innergemeinschaftlichen Erwerbe mit der Besteuerung nach dem Bestimmungslandprinzip gilt bis heute in den EU-Ländern, auch wenn die Besteuerung im Bestimmungsland eigentlich als eine Übergangsregelung gedacht war.[11]

Die Erfolge, insbesondere für Deutschland, waren durch die Systemumstellung bisher enorm. Als „Exportweltmeister“ gehört die Bundesrepublik zu den größten Konkurrenten von China und den USA.[12] Mittlerweile wurde die 6. Richtlinie durch eine gemeinsame Mehrwertsteuersystemrichtlinie ersetzt, die im Wesentlichen die Inhalte aus der 6. Richtlinie enthält.[13] Mit einer Umstellung der Besteuerung auf das Herkunftslandprinzip ist auf lange Sicht noch nicht zu rechnen, da sich die Mitgliedsstaaten bei der dadurch notwendigen Umverteilung der Umsatzsteuer noch nicht einig sind.[14]

Das aktuelle Umsatzsteuersystem stellt die deutschen Unternehmer dennoch zufrieden, denn hieraus erhalten sie einen ganz bedeutenden Vorteil: Für den Erwerb von Eingangsleistungen, die sie für die Weiterverarbeitung und den Weiterverkauf von Produkten ins EU-Ausland benötigen, können sie die bezahlte Vorsteuer unter den allgemeinen Voraussetzungen des Umsatzsteuergesetzes trotzdem vom Finanzamt erstatten lassen, auch wenn die daraus folgende Lieferung in die EU umsatzsteuerfrei ist.[15]

2.2 Rechtsfolgen und Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung

Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist im Inland des Lieferers steuerfrei. Der Empfänger der Lieferung hat in dem Empfängerstaat durch das dort geltende Umsatzsteuerrecht einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern und darf nach dortigem Recht die Umsatzsteuer wieder als Vorsteuer abziehen. Der Lieferer darf die innergemeinschaftliche Lieferung nur unter bestimmten Voraussetzungen umsatzsteuerfrei ausführen. In Deutschland sind die Voraussetzungen der Steuerbarkeit aus § 1 UStG und der innergemeinschaftlichen Lieferung aus § 6a UStG kumulativ zu erfüllen:

- Zunächst muss eine steuerbare Lieferung im Sinne des § 1 (1) Nr. 1 UStG vorliegen. Im Umsatzsteuerrecht wird zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen unterschieden. Lieferungen werden hierbei nach deutschem Recht als „Verschaffung der Verfügungsmacht“ von körperlichen Gegenständen definiert (§ 3 (1) UStG).
- Der Lieferer muss ein Unternehmer gemäß § 2 UStG sein. Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder selbständige Tätigkeit ausführt, um nachhaltig Einnahmen zu erzielen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt. Für Kleinunternehmer (§19 UStG) und pauschalierende Landwirte (§ 24 UStG) gilt § 6a UStG nicht, da die genannten Vorschriften Vorrang haben. Eine Ausnahme stellen Fahrzeuglieferer gemäß § 2a UStG dar. Nicht-Unternehmer werden bei der Lieferung von Fahrzeugen in europäisches Gemeinschaftsgebiet wie Unternehmer behandelt.
- Der Ort der Lieferung muss im Inland liegen. Der Ort ist gemäß § 3 (6) UStG dort, wo die Lieferung beginnt. Typische Beispiele hierfür sind Beförderungs- oder Versendungslieferungen. Auch im Abholfall, bei dem der Abnehmer selbst den Gegenstand vom deutschen Unternehmer abholt, beginnt die Lieferung im Inland. Die Lieferung muss also für die innergemeinschaftliche Lieferung zwingend physisch in Deutschland beginnen.
- Für die Lieferung des körperlichen Gegenstands muss ein Entgelt zwischen Unternehmer und Abnehmer vereinbart sein. Dabei handelt es sich um den Verkaufspreis der verkauften Ware, jedoch ohne die Umsatzsteuer.
- Als letzte der fünf Voraussetzungen des § 1 (1) Nr. 1 UStG ist die Ausführung der Lieferung im Rahmen des Unternehmens notwendig.

An dieser Stelle muss als Ergebnis stehen, dass alle fünf bisher genannten Voraussetzungen vorliegen, damit es sich um eine steuerbare Lieferung handelt.

Erst danach können die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung geprüft werden.

Der Weg führt über den § 4 UStG. Diese Vorschrift regelt steuerbare Umsätze, die in Deutschland nicht mit Umsatzsteuer ausgewiesen werden müssen, genannt „steuerfreie Umsätze“. Dazu zählen auch die innergemeinschaftlichen Lieferungen. Gesetzesgrundlage ist § 4 Nr. 1b UStG, der auf den § 6a UStG verweist. Dort sind die folgenden Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferungen genannt:

- Der Gegenstand muss aus dem Inland per Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet werden. Das Inland ist das Gebiet der Deutschen Bundesrepublik gemäß § 1 (2) UStG. Das übrige Gemeinschaftsgebiet ist demnach das Gebiet der Europäischen Mitgliedsstaaten, jedoch ohne das umsatzsteuerliche Inland.

- Die Lieferung muss an einen Unternehmer für sein Unternehmen oder an eine juristische Person erfolgen, die kein Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für das Unternehmen erwirbt. Entscheidendes Merkmal für diese Voraussetzung ist, dass der Erwerber dem Lieferer seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer übergibt. Nach Überprüfung der Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer kann der Lieferer sicher davon ausgehen, dass der Erwerber den Gegenstand für sein Unternehmen erwirbt. Erwirbt der Erwerber den Gegenstand letztendlich doch aus privaten Zwecken, ist das für den Lieferer unschädlich.

- Dritte und letzte Voraussetzung der innergemeinschaftlichen Lieferung ist der Tatbestand, dass für den Erwerber die Voraussetzungen zur Versteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs vorliegen. Auch hier kann sich der Lieferer auf den Erhalt der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verlassen, muss aber gleichzeitig selbst dem Erwerber seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer übergeben.

Sind auch diese Voraussetzungen erfüllt, liegt eine innergemeinschaftliche Lieferung vor, die vom inländischen Unternehmer steuerfrei ausgeführt werden darf.

Darunter fallen auch die Fälle, in denen ein Unternehmer an seine im EU-Gemeinschaftsgebiet liegende Betriebsstätte einen Gegenstand zu seiner Verfügung für nicht nur vorrübergehende Zwecke liefert, sogenanntes „innergemeinschaftliches Verbringen“. Die Gesetzesgrundlage ergibt sich hierzu aus § 6a (2) UStG.

Eine Ausnahme von der innergemeinschaftlichen Lieferungen ist gegeben, wenn der Lieferer einen Gegenstand in das EU-Ausland liefert, welcher der Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) zu unterwerfen ist. Hier wird die Steuerfreiheit nicht angewendet.

Ernstlich zweifelhaft ist derzeit beim BFH die Frage, ob der Lieferer sich auch auf seine steuerfreie Lieferung stützen kann, wenn er bewusst und gewollt an der Vermeidung der Erwerbsbesteuerung seines Abnehmers mitwirkt.[16]

2.3 Verschiedene Nachweispflichten

Ausgangslage für Nachweispflichten ist die EU-Harmonisierung der Europäischen Mitgliedsstaaten. Auf Artikel 131 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie beruht, dass die Vorschriften für innergemeinschaftliche Lieferungen in den nationalen Gesetzen immer unter den Bedingungen angewandt werden dürfen, dass die EU-Mitgliedsstaaten zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Steuermissbrauch Gesetze zur Gewährleistung des Steueraufkommens festgelegt haben. Dadurch haben die Mitgliedsstaaten bei der Ausgestaltung von Nachweisen einen gewissen Spielraum, müssen aber die Grundsätze der Rechtssicherheit, der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes beachten[17]. Deutschland hat hiervon wie folgt Gebrauch gemacht:

Die erste Gesetzesgrundlage ist in § 6a (3) UStG festgehalten. Nach Satz 1 hat der liefernde Unternehmer über die Voraussetzungen der steuerfreien Lieferung Nachweise zu führen. Aus Satz 2 ergibt sich, dass das BMF mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen kann, wie der Unternehmer diesen Nachweis zu führen hat.

Hiervon hat der BMF durch die §§ 17a bis 17c UStDV Gebrauch macht: Mit der „Elften Verordnung zur Änderung der UStDV" wurde der § 17a der Durchführungsverordnung zuletzt am 22. März 2013 durch den Bundesrat geändert.[18] In der vorigen sowie in der jetzigen Fassung lassen sich die Nachweisführungen grundsätzlich in zwei Kategorien einordnen: Belegnachweise und Buchnachweise.

Mit dem Belegnachweis soll der Nachweis geführt werden, dass der Gegenstand der innergemeinschaftlichen Lieferung in ein anderes Mitgliedsstaat der EU verbracht wurde. Mit dem Buchnachweis soll der liefernde Unternehmer nachweisen, dass er im Zeitpunkt der Ausführung der Lieferung seine Leistung an einen umsatzsteuerlich gültigen Unternehmer im EU-Ausland erbracht hat.

Der Gesetzeswortlaut der §§ 17a und 17b UStDV wird recht kurz gehalten. Der gesamte Umfang von Nachweispflichten wird durch den Umsatzsteuer-Anwendungserlass ergänzt, der vom BMF durch BMF-Schreiben ohne weitere Zustimmung des Bundesrates ausgestaltet ist.

Nach der geänderten Rechtsprechung des BFH sind die Beleg- und Buchweise allerdings keine materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung mehr.[19] Demnach gilt für die Beleg-und Buchnachweise grundsätzlich, dass bei Vorliegen der Nachweise dem Anschein nach der Umsatz steuerfrei ist.[20] Das Finanzamt behält sich durch eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung oder einer Umsatzsteuer-Nachschau offen, die Nachweise zu überprüfen. Sollten Belege unrichtig sein oder ernste Zweifel an der Richtigkeit bestehen, kann das Finanzamt die Steuerfreiheit versagen.[21] Nur durch eine objektive Feststellung, dass die Voraussetzungen vorliegen oder wenn der Vertrauensschutz nach § 6a (4) UStG greift, wird der Mangel eines fehlenden oder unvollständigen Nachweises geheilt, sodass der liefernde Unternehmer mit einem „blauen Auge“ davonkommt.[22]

Es sei noch gesagt, dass das Finanzamt keine Verpflichtung hat, im EU-Ausland nach dem innergemeinschaftlichen Erwerb der Ware nachzuforschen.[23] Lediglich die Nachprüfung innerhalb deutscher Grenzen ist dem Finanzamt vorbehalten.

2.3.1 Belegnachweise

Gesetzesgrundlage des Belegnachweises ist der § 17a UStDV. Mit dieser Grundlage werden nach der aktuellen Fassung mehrere Belegnachweise zugelassen. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 17a (1) Satz 2 UStDV muss der Belegnachweis, in welcher Form er auch besteht, immer eindeutig und leicht nachprüfbar sein. Ein Belegnachweis ist aber in jedem Fall immer das Doppel der Rechnung gemäß § 17a (2) Nr. 1 UStDV. Dieses allein reicht aber nicht als Nachweis einer steuerfreien Lieferung aus. Damit nur die innergemeinschaftlichen Lieferungen und keine steuerpflichtigen Umsätze in Deutschland steuerfrei behandelt werden, kommt es insbesondere darauf an, dass der Gegenstand physisch auch die Grenze überschritten hat und in einem EU-Mitgliedsstaat angekommen ist. Dieses Gelangen ist durch den Belegnachweis zu bestätigen, daher auch der Begriff „Gelangensbestätigung“.

Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen sind vier verschiedene Fälle denkbar, wie die folgende Grafik darstellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[24]

Die Gelangensbestätigung ist nach der neuen ab dem 1. Januar 2014[25] geltenden Gesetzeslage bei allen Fällen der Lieferungen möglich, aber nicht in allen Fällen zwingend die einzige Nachweismöglichkeit.

Wie aus der Grafik ersichtlich wird, ist die Gelangensbestätigung somit nur noch in Fällen der Beförderung die einzige Nachweismöglichkeit. Für die Fälle, in denen ein Spediteur oder ein Postdienstleister den Warentransport übernimmt, sind die oben genannten, alternativen Belegnachweise möglich und in der Praxis häufig leichter umzusetzen. Die Alternativen sind Erleichterungen, z. B. für die Spediteure. Sie wenden bisher nach der alten Rechtslage diese Alternativen mit nur leichten Abwandlungen im täglichen Geschäft an. Eine zusätzliche Beauftragung der Spediteure mit der Einholung von Gelangensbestätigungen wird nach neuer Rechtslage auch überflüssig bleiben. Die Einholung ist jedoch nicht schädlich, sondern wäre eine doppelte Sicherheit.

[...]


[1] Stellungnahme des Deutschen Steuerberaterverband e.V. vom 19. Juli 2013.

[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Umsatzsteuer

[3] Ebenda.

[4] Ebenda.

[5] Vgl. Sikorski, Ralf (2013) S. 26f.

[6] Vgl. Birkenfeld, Wolfram und Forst, Christian (1992) S. 45ff.

[7] Ebenda.

[8] Ebenda.

[9] Ebenda.

[10] Vgl. Sikorski, Ralf (2013) S. 26f.

[11] Ebenda.

[12] http://de.wikipedia.org/wiki/Exportweltmeister

[13] Sikorski, Ralf (2013) S. 53

[14] Vgl. Art. 402 MwStSystRL

[15] Schlussfolgerung aus § 4 Nr.1b und § 15 (1), (2) Nr.1 und (3) Nr. 1a) UStG.

[16] BFH-Urteil vom 29. Juli 2009 XI B24/09

[17] EuGH-Urteil vom 7. Dezember 2010, Rs. C-285/09, BStBl. 2011 II S. 846

[18] BGBl. I 2013, S. 602

[19] BFH-Urteil vom 8. November 2008 V R 72/05

[20] BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 59/03

[21] Vgl. Scholz, Jürgen und Nattkämper, Stefanie (2013) Rn. 45

[22] Ebenda.

[23] EuGH-Urteil vom 27. September 2007, Rs. C-184/05, BStBl 2008 II S. 83

[24] Huschens, Ferdinand (2013) Kapitel VII.

[25] Aus dem BMF-Einführungsschreiben vom 16. September 2013.

Ende der Leseprobe aus 46 Seiten

Details

Titel
Nachweispflichten zum Warenverkehr mit Auslandsbezug
Untertitel
Die neue Gelangensbestätigung im innergemeinschaftlichen Warenverkehr
Hochschule
Fachhochschule der Wirtschaft Paderborn
Note
2,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
46
Katalognummer
V280025
ISBN (eBook)
9783656742029
ISBN (Buch)
9783656741992
Dateigröße
645 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
nachweispflichten, warenverkehr, auslandsbezug, gelangensbestätigung
Arbeit zitieren
Christoph Werner (Autor:in), 2013, Nachweispflichten zum Warenverkehr mit Auslandsbezug, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/280025

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