Ein Vergleich der Volksinitiativen "Für eine soziale Einheitskrankenkasse" und "Für eine öffentliche Krankenkasse"

Alter Wein in neuen Schläuchen oder neuer Wein in alten Schläuchen?


Seminararbeit, 2014

21 Seiten, Note: 5.5 (Schweiz)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Materialienverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Fragestellung und thematische Eingrenzung

3. Analyse der Initiative „Für eine soziale Einheitskrankenkasse“
3.1 Rahmen
3.2 Die Vorlage im Detail
3.2.1 Obligatorium
3.2.2 Organisationsform
3.2.3 Finanzierung

4. Analyse der Initiative „Für eine öffentliche Krankenkasse“
4.1 Rahmen
4.2 Die Vorlage im Detail
4.2.1 Obligatorium
4.2.2 Organisationsform
4.2.3 Finanzierung

5. Fazit

6. Anhang
6.1 Text Volksinitiative „Für eine soziale Einheitskrankenkasse“
6.2 Text Volksinitiative „Für eine öffentliche Krankenkasse“

Literaturverzeichnis

BECK KONSTANTIN: Sackgasse Einheitskasse. Warum die Monopolisierung der Krankenversicherung in die Irre führt, Zürich 2013.

GÄCHTER THOMAS/RÜTSCHE BERNHARD: Gesundheitsrecht. Ein Grundriss für Studium und Praxis, Basel 2013.

HAUSHEER HEINZ/E. AEBI-MÜLLER REGINA: Das Personenrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, Bern 2008.

KIESER UELI/LENDFERS MIRIAM: Gesundheitsrecht in a nutshell, Zürich/St.Gallen 2013.

KIESER UELI: ATSG-Kommentar. Kommentar zum Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrecht vom 6. Oktober 2000, Zürich/Basel/Genf 2003.

KIESER UELI: Leistungen der Sozialversicherung. Sozialversicherungen im Klartext - Begriffe, Voraussetzungen, Checklisten, Zürich 2003.

LANDOLT HARDY: Öffentliches Gesundheitsrecht. Public Health Law, Zürich/St.Gallen 2009.

MAURER ALFRED: Das neue Krankenversicherungsrecht, in: Das Recht in Theorie und Praxis, Basel 1996.

OGGIER WILLY: Scheinlösung Einheitskasse. Die Volksinitiative „Für eine soziale Einheitskasse“ - einige Gedanken aus gesundheitsökonomischer Sicht, Solothurn/Zürich 2006.

POLEDNA TOMAS/BERGER BRIGITTE: Öffentliches Gesundheitsrecht, Bern 2002.

SAX ANNA: Einheitskasse - Warum nicht? Krankenversicherungsmarkt oder öffentliche Krankenkasse: Eine Wirkungsanalyse, in: Schriftenreihe der SGGP, Bern 2013.

WOLF LINDER/CHRISTIAN BOLLINGER/YVAN RIELLE (Hgs.): Handbuch der eidgenössischen Volksabstimmungen 1848-2007, Bern/Stuttgart/Wien 2010.

Materialienverzeichnis

Amtliches Bulletin des Nationalrats, Frühjahrssession 2014, dritte Sitzung.

Amtliches Bulletin des Nationalrats, Frühjahrssession 2014, vierte Sitzung.

Amtliches Bulletin des Nationalrats, Frühjahrssession 2014, siebtzehnte Sitzung. Amtliches Bulletin des Nationalrats, Sommersession 2006, fünftzehnte Sitzung. Amtliches Bulletin des Nationalrats, Sondersession Mai 2006, erste Sitzung. Amtliches Bulletin des Ständerats, Frühjahrssession 2014, fünfzehnte Sitzung. Amtliches Bulletin des Ständerats, Sommersession 2006, achte Sitzung. Amtliches Bulletin des Ständerats, Sommersession 2006, dreizehnte Sitzung. Amtliches Bulletin des Ständerats, Wintersession 2013, neunte Sitzung. Botschaft vom 20. September 2013 zur Volksinitiative „Für eine öffentliche Krankenkasse“, BBI 2013 7929-7950 (nachfolgend zitiert: Botschaft öffentliche Krankenkasse (2012)).

Botschaft vom 9. Dezember 2005 zur Volksinitiative „Für eine soziale Einheitskrankenkasse“, BBI 2006 735-760 (nachfolgend zitiert: Botschaft soziale Einheitskrankenkasse (2004)).

Bundesbeschluss über die Volksinitiative „Für eine öffentliche Krankenkasse“, BBI 2014 2849-2850 (nachfolgend zitiert: Initiativtext öffentliche Krankenkasse (2012)).

Bundesbeschluss über die Volksinitiative „Für eine soziale Einheitskrankenkasse“, BBI 2006 5743-5744 (nachfolgend zitiert: Initiativtext soziale Einheitskrankenkasse (2004)).

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

In den letzten zehn Jahren wurden zwei eidgenössische Volksinitiativen eingereicht, welche beide eine tiefgreifende Revision des Krankenkassensystems anstrebten. Es handelte sich um die Initiativen „Für eine soziale Einheitskrankenkasse“ und „Für eine öffentliche Krankenkasse.“ In National- und Ständerat wurde über beide Volksanliegen kontrovers diskutiert: „Räumen wir auf mit den kranken Kassen und den Profiteuren, denen die alljährlich steigenden Krankenkassenprämien egal sind.“1 Dieses Votum von der ehemaligen Nationalrätin Goll ist eines von vielen aus der Ratsdebatte aus dem Jahr 2006 rund um die Vorzüge und Nachteile des Modells einer sozialen Einheitskrankenkasse. Sie unterstellt den Krankenkassenbetreibern dabei Profitgier und macht sie für die steigenden Prämien verantwortlich. Nicht minder angriffslustig hören sich die Argumente der Gegenpartei an, wie folgendes Beispiel zur öffentlichen Krankenkasse belegt: „Im März 2007 lehnte das Stimmvolk mit erdrückenden siebzig Prozent Nein-Stimmen die Schaffung einer staatlichen Einheitskasse in der Krankenversicherung ab. […] Keine fünf Jahre später sammelten dieselben Kreise wiederum Unterschriften für praktisch das gleiche Vorhaben.“2 Mit diesen Worten eröffnet der damalige Nationalrat Leutenegger das Vorwort zu einem Büchlein, in welchem er das Modell der Einheitskrankenkasse mit mehr oder weniger überzeugenden Argumenten torpediert und selbst vor Vergleichen mit der DDR nicht zurückschreckt.3 Im Hauptfokus der politischen Diskussion rund um eine mögliche Einheitskrankenkasse stehen gesundheitsökonomische Fragen. Hinter all den Argumenten stecken diverse Kosten-Nutzen-Studien, welche je nach politischer Couleur beigezogen oder verschwiegen werden.

2. Fragestellung und thematische Eingrenzung

Die vorliegende Arbeit sieht keine Annährung an das Modell der Einheitskasse auf der oben skizzierten ökonomischen Schiene vor. Stattdessen wird versucht, die von Leutenegger aufgeworfene Frage, weshalb in so kurzer Zeit nach dem Scheitern der ersten Initiative bereits eine neue Initiative für praktisch dasselbe Vorhaben eingereicht wurde, anzuknüpfen. Es soll untersucht werden, ob es sich wirklich um dasselbe Vorhaben handelt. Allfällige Unterschiede zwischen den beiden Entwürfen sollen dargestellt und analysiert werden.

In Anbetracht der Kürze dieser Arbeit beschränken sich die Ausführungen auf den Bereich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Auswirkungen auf die einzelnen Sozialversicherungen sowie auf die Zusatz- und Privatversicherungen werden inhaltlich nicht explizit behandelt. Gegebenenfalls wird zur Erläuterung eines Sachverhaltes darauf zurückgegriffen. Ebenfalls ausgeschlossen vom Inhalt dieser Arbeit sind die politischen Diskussionen um die Zu- oder Abnahme der Qualität des Gesundheitssystems bei der allfälligen Einführung einer Einheitskasse. Die Übergangsbestimmungen beider Initiativtexte können aufgrund der Kürze dieser Arbeit ebenfalls nicht behandelt werden.

Nach der Erläuterung der Fragestellung und der Eingrenzung wird in Kapitel 6 zuerst die Initiative „Für eine soziale Einheitskrankenkasse“ behandelt. Im Kapitel 6.1 soll Zusätzlich soll eine Einführung in die Thematik geschehen. Danach wird jeweils zur schärferen Umreissung des ersten Initiativtextes und zur Einbettung in den Kontext der aktuell gültigen Praxis auf Unterschiede zum aktuell und auch 2004 in Kraft stehenden Rechts fokussiert. Da die Initiative „Für eine öffentliche Krankenkasse“ inhaltlich vielerlei Überschneidungen zum Vorschlag von 2004 enthält, werden bei der Darstellung des Entwurfs von 2012 hauptsächlich auf die Unterschiede beider Entwürfe geachtet. Auf eine wiederholende Interpretation und Ausführung der Passagen, hinter welchen sich gleiche Bedeutungen wie verzichtet.

3. Analyse der Initiative „Für eine soziale Einheitskrankenkasse“

3.1 Rahmen

2004 verstecken, wird Als Ursprung des heutigen Krankenversicherungsrechts darf das KUVG von 1912 betrachtet werden. Auf der normativen Ebene waren zu dieser Zeit die Unfall- und die Krankenversicherung noch nicht von einander getrennt. Ebenfalls basierte es auf Seiten der Bevölkerung auf dem Prinzip der freiwilligen Teilnahme.4 1964 kam es zur ersten Revision. Die Hauptveränderung war, dass die Rechtsbeziehungen zwischen den Versicherungen und den Versicherten nicht mehr privatrechtlich sondern öffentlich-rechtlicher Natur waren und somit anstelle der zivilen Gerichte kantonale Versicherungsgerichte, respektive das EVG zuständig werden.5 1996 erfolgte mit Inkrafttreten des KVG eine umfangreiche Revision des Krankenversicherungswesens. Die Einführung der obligatorischen Krankenpflege- versicherung darf dabei als bedeutsamste Änderung betrachtet werden.6 Ab den 1990er Jahren erfuhr das Gesundheitswesen nicht nur auf rechtlicher Ebene eine weitreichende Veränderung, sondern auch im bereits angesprochenen Bereich der Gesundheitsökonomie. Präzis lässt sich das Kostenwachstum pro Versicherten für die Jahre 2000 bis 2004 sagen. Der Anstieg der Kosten für die Grundversicherung betrug in diesen fünf Jahren 20.1 %.7 Das führte zu politischen Auseinander- setzungen, wie sie in den einleitenden Passagen dieser Arbeit angetönt sind. Die Diskussionen wurden durch das Einreichen von verschiedenen Volksbegehren zum Gesundheitswesen noch intensiviert.

Das „Mouvement Populaire des Familles“ reichte 2004 die Initiative „Für eine soziale Einheitskrankenkasse“ ein.8 Unterstützung erfuhr das Komitee durch links- grüne Kreise. Der Bundesrat empfahl die Initiative 2005 zur Ablehnung ohne einen Gegenvorschlag vorzulegen. 2006 lehnte der Nationalrat mit 122 zu 67 Stimmen die Initiative ab.9 Der Ständerat folgte dem Entschluss mit 34 zu 6.10 An der Urne scheitere das Vorhaben mit 71.2 % Nein-Stimmen, bei einer Stimmbeteiligung von 46.1 %. Einzig die Kantone Neuenburg (51.3 %) und Jura (57.7 %) nahmen die Initiative an.11

3.2 Die Vorlage im Detail

3.2.1 Obligatorium

Nach Art. 117 Abs. 1 und 2 BV erlässt der Bund Vorschriften über die Kranken- und Unfallversicherung und kann der Bevölkerung allgemein oder einzelnen Gruppen die Kranken- oder Unfallversicherung obligatorisch vorschreiben. Die Initiative verlangte einen neuen Art. 117 Abs. 3 der BV. Darin wird der Bund verpflichtet, eine „Einheitskasse für die obligatorische Krankenpflegeversicherung“12 einzurichten.

Im Jahr 2005 boten 85 Versicherungsunternehmer die obligatorische Krankenpflegeversicherung an.13 Die Initiative sah vor, dass anstelle dieser 85 Versicherer eine einzige, vom Bund neu geschaffene Institution diese obligatorische Krankenpflegeversicherung anbietet.14 Das momentane System sieht in Art. 7 KVG vor, dass der Versicherte einmal pro Jahr den Versicherer wechseln darf. Diese Wahlfreiheit wäre nach der ehemaligen Ständerätin Heberlein bei einer Einheitskrankenkasse verloren gegangen und anstelle dessen wäre ein konkurrenzloses Einheitsprodukt auf den Markt gekommen.15 Die Geschäftstätigkeit der momentanen Versicherer hätte sich auf den Zusatzversicherungsbereich reduziert.16

Die obligatorische Krankenpflegeversicherung entspricht dem Versicherungs- obligatorium, welche nach Art. 3 Abs. 1 des KVG wie folgt festgelegt wurde. Das Obligatorium umfasst sämtliche Personen mit Wohnsitz in der Schweiz. Die Versicherungspflicht für die obligatorische Krankenpflegeversicherung umfasst auch ausländische Arbeitskräfte sowie Asylbewerber. Für Personen in diplomatischen Missionen sowie Grenzgänger - Arbeitskräfte mit festem Wohnort im Ausland und Arbeitsort in der Schweiz - ist die Versicherung fakultativ.17 All diesen Personen stehen gemäss Art. 1a Abs. 2 KVG Leistungen im Bereich Krankheit, Unfall sofern dafür keine Unfallversicherung aufkommt und Mutterschaft zu. Als Krankheit gilt nach Art. 3 ATSG jede Beeinträchtigung körperlicher, geistiger oder psychischer Gesundheit, welche nicht durch einen Unfall verursacht wurde und eine medizinische Behandlung oder eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Es handelt sich bei der Krankheit folglich um einen Auffangtatbestand.18 Im Bereich der Mutterschaft werden vom Obligatorium während der Schwangerschaft, der Geburt und der nachfolgenden Erholungszeit sämtliche medizinischen Behandlungen gedeckt. Der Gesetzgeber unterscheidet die Mutterschaft teilweise von der Krankheit, da eine komplikationslos verlaufende Schwangerschaft ausser Kontrolluntersuchen und Geburtshilfe keine weiteren Massnahmen notwendig macht.

[...]


1 Votum Goll, AB 2006 N, 538.

2 KONSTANTIN BECK, Einheitskasse, S. 9.

3 Ebd., S. 20.

4 THOMAS GÄCHTER et al., Gesundheitsrecht, S. 159.

5 ALFRED MAURER, Krankenversicherungsrecht, S. 1.

6 ANNA SAX, Einheitskasse, S. 11.

7 Ebd., S. 127.

8 Initiativtext soziale Einheitskrankenkasse (2004); WOLF LINDER et al. (Hgs.), Volksabstimmungen 1848-2007, S. 670.

9 AB 2006 N, 1148.

10 AB 2006 S, 620.

11 WOLF LINDER et al. (Hgs.), Volksabstimmungen 1848-2007, S. 670.

12 Initiativtext soziale Einheitskrankenkasse (2004).

13 Botschaft soziale Einheitskrankenkasse (2004), S. 756.

14 Ebd., S. 743.

15 Votum Heberlein, AB 2006 S, 471.

16 WILLY OGGIER, Einheitskasse, S. 95-96.

17 ALFRED MAURER, Krankenversicherungsrecht, S. 35-36.

18 UELI KIESER, ATSG-Kommentar, S. 50; UELI KIESER, Sozialversicherung, S. 35.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Ein Vergleich der Volksinitiativen "Für eine soziale Einheitskrankenkasse" und "Für eine öffentliche Krankenkasse"
Untertitel
Alter Wein in neuen Schläuchen oder neuer Wein in alten Schläuchen?
Hochschule
Universität Bern
Note
5.5 (Schweiz)
Autor
Jahr
2014
Seiten
21
Katalognummer
V279831
ISBN (eBook)
9783656737148
ISBN (Buch)
9783656737063
Dateigröße
467 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Abstimmungen, Schweiz, Einheitskrankenkasse, öffentliche Krankenkasse, Initiative, 28.9.2014, Initiativtext
Arbeit zitieren
Beat Hatz (Autor:in), 2014, Ein Vergleich der Volksinitiativen "Für eine soziale Einheitskrankenkasse" und "Für eine öffentliche Krankenkasse", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279831

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Ein Vergleich der Volksinitiativen "Für eine soziale Einheitskrankenkasse" und "Für eine öffentliche Krankenkasse"



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden