Problemorientierter Sportunterricht aus Sicht von Lehrenden

Eine explorative Studie


Examensarbeit, 2013

183 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


1 Einleitung

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Offene Schulsportkonzepte
2.1.1 Definitionen zum offenen Sportunterrichts
2.1.2 Merkmale und Ziele offenen Sportunterrichts
2.1.3 Konzepte offenen Sportunterrichts in der Schulpraxis
2.2 Problemorientierter Sportunterricht
2.2.1 Konzeption des problemorientierten Sportunterrichts
2.2.2 Das Problem im problemorientierten Sportunterricht
2.2.3 Merkmale des problemorientierten Sportunterrichts
2.2.4 Ziele des problemorientierten Sportunterrichts
2.2.5 Begründung des problemorientierten Sportunterrichts
2.2.5 Zusammenfassung und Bezug zur empirischen Studie

3. Methoden
3.1 Erhebungsmethode: Das Leitfadeninterview
3.2 Auswertungsstrategie: Kodierverfahren der Grounded Theory

4 Auswertung der Leitfadeninterviews
4.1 Erleben der eigenen Person und der Klasse
4.2.1 Veränderte Lehrerrolle
4.1.2 Veränderte Lernkultur
4.2 Sportartenübergreifende Merkmale von problemorientiertem Sportunterricht
4.2.1 Sinnhaftigkeit erfahren
4.2.2 Gesteigerte Motivation der Schüler
4.2.3 Mit- und voneinander lernen
4.2.4 Differenziertes Lernen
4.2.5 Entstehung einer effektiveren Bewegungszeit

5. Reflexion
5.1 Reflexion der Ergebnisse
5.2 Reflexion der Methodik

6 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang

1 Einleitung

Schulsportkonzepte stehen häufig im Fokus der fachdidaktischen Diskussion. Die Frage danach, auf welche Art und Weise Schüler[1] nachhaltig lernen, ob und wie sie sich für den außerschulischen Sport qualifizieren oder sich davon emanzipieren können, wird sowohl in Fachzeitschriften als auch in den Seminaren der Fachdidaktik an der Universität gestellt. Vor allem das schlechte Abschneiden deutscher Schüler in den großen Leistungsvergleichsstudien erhitzte die Diskussion über die vorherrschende Lehr-Lernkultur an deutschen Schulen. Aus Sicht eines konstruktivistischen Lernverständnisses häuft der aktuell praktizierte lehrerzentrierte Unterrichts vor allem „träges Wissen“ (Renkl, 1996, 78) an, anstatt die Schüler zu einer reflexiven Eigentätigkeit zu führen und nachhaltiges Wissen anzueignen. Im Sportunterricht steht zwar nicht die Kognition im Vordergrund, jedoch lässt sich diese Ansicht auch dorthin übertragen. Das traditionelle Unterrichtskonzept des Sportartenprogramms steht schon lange in der Kritik, da es zu einer „mechanischen Solidarität“ (Hildebrandt & Laging, 1981, S. 54) führe, die Unterrichtspraxis hat sich aber nicht nachhaltig verändert. So werden im Sportunterricht sportartspezifische Techniken und Bewegungsausführungen zumeist mit Hilfe von methodischen Übungsreihen vermittelt. Auch in meiner Schulzeit stand diese Methodik im Fokus, nur selten wurde die Klasse dazu angehalten im Sportunterricht kreativ tätig zu sein oder Bewegungsprobleme zu lösen. Im Vordergrund standen Techniken, die nach einem bestimmten Bewegungsschema durchzuführen waren und je nach Ausführungsqualität bewertet wurden. Eine eigene Auseinandersetzung mit einem Gegenstand fand – wenn überhaupt -, nur in Sportarten statt, in denen eine gewisse Kreativität im Normalfall gefordert ist, wie z.B. im Tanzen. Mit dem Eintritt in das Universitätsleben eröffneten sich mir zahlreiche Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung. In nahezu allen Seminaren der Fachdidaktik standen reformpädagogische Unterrichtsmethoden im Fokus und es wurde Wert auf eine offenere Unterrichtsform gelegt. Die Forderung nach geöffnetem Unterricht ergibt sich daraus, dass dieser ein „gesteigertes Schülerinteresse“ (ebd., S. 278) mit sich bringt, da er den Schüler im Sportgeschehen partizipiert und ihn auf die grundlegenden Fragestellungen des Sports zurückführt.

Wie ich selber bei einer Hospitation erleben durfte, bietet der problemorientierte Sportunterricht eine Lösung, da der Schüler und seine individuelle motorische Ausübung im Fokus stehen. Der Unterricht begann mit einer offenen Spielphase, in der sich für die Lehrkraft mehrere Probleme im Spiel Volleyball eröffneten, an die sie hätte anknüpfen können. Im daran anschließenden Sitzkreis wurden die Schüler dazu angehalten, selbst Probleme im Spielablauf zu formulieren. Erstaunlich an dieser Phase des Unterrichts war, dass die Schüler mehrere Anschlussstellen selbst erörterten und großes Interesse daran hatten, zu einer ergiebigeren Bewegungsausführung und zu längeren Ballwechseln zu gelangen. Sie einigten sich darauf, eine Bewegungshandlung finden, die es ermöglichte, den Ball ohne Deckenberührung „von unten nach oben“ zu spielen und entwickelten in der anschließenden freien Arbeitsphase verschiedene Möglichkeiten der Arm- und Körperhaltung. Hier zeigte sich für mich, wie fruchtbar es sein kann, Schülern den Unterrichtsgegenstand selbstständig festlegen zu lassen und dass sie durchaus in der Lage sind, angemessene Lösungen zu finden. Die Gruppen erarbeiteten selbstständig und kooperativ viele verschiedene Lösungen zu ihrer Bewegungsaufgabe und konnten über die Bewegungsausführung hinaus implizit ihre Team- und Kommunikationsfähigkeit erweitern. Natürlich führte die Auseinandersetzung bei vielen Schülern dazu, dass sie zur Standardtechnik des Baggerns gelangten, doch ergab sich durch die individuelle Auseinandersetzung mit dem Spielgerät und dem eigenen Körper eine sinnvolle Bewegung. Viele verstanden, warum man eine Senkbewegung des Körpers ausführen und wie der Winkel der Arme gewählt werden sollte. Aus meiner eigenen Erfahrung mit dem Thema Volleyball im Schulsport war ich hingegen gewohnt, dass der Bagger technikorientiert eingeführt und das Leitbild bestmöglich umgesetzt werden sollte, ohne dass jedoch der Sinn des genauen Bewegungsbildes verstanden wurde.

Gleichzeitig stellen sich aber auch Fragen bezüglich der Voraussetzungen im Schulalltag. Meine Erfahrungen mit der Problemorientierung belaufen sich auf eine Doppelstunde Schulsport an einem Gymnasium. Aber wie sieht der Alltag der Lehrkräfte aus? Inwiefern lässt sich Konzept des problemorientierten Sportunterricht mit zwei Wochensportstunden realisieren? Darüber hinaus bezieht sich mein Interesse auf die Wahrnehmung und Deutung der Methode durch Sportlehrer, die problemorientiert unterrichten. Welche Gründe und Ziele verfolgen Lehrer damit und können sie tatsächlich Auswirkungen auf die überfachlichen Kompetenzen durch eine eigenständige Auseinandersetzung der Schüler mit dem Lerngegenstand feststellen? Diese Fragen führten mich zu einer ausdifferenzierten Untersuchung des Erlebens und Deutens des problemorientierten Sportunterrichts aus Sicht von Lehrenden. Um Einsichten in den Sportunterricht aus Lehrersicht zu erhalten, werde ich Sportlehrer mit Hilfe von Leitfadeninterviews befragen und diese auswerten.

Die ausführliche Beantwortung meiner Fragen erfordert zunächst eine theoretische Einführung in die Grundlagen des problemorientierten Sportunterrichts. Da der problemorientierte Sportunterricht auf offene Unterrichtssituationen angewiesen ist (vgl. Brodtmann & Landau, 1982, S. 20) und auch Kern und Söll ihn in die Modelle des „offenen Sportunterrichts“ (Kern & Söll, 2005, S. 277) verorten, werde ich den theoretischen Abriss mit einer Einführung in den offenen Unterricht beginnen.[2] Da für den offenen Unterricht keine einheitliche Definition vorliegt und der Begriff selbst in der fachdidaktischen Diskussion für Verwirrung und Unklarheit sorgt, werde ich zunächst eine Arbeitsdefinition erarbeiten. Anschließend werden die bekanntesten Konzepte offenen Sportunterrichts vorgestellt und daraufhin charakteristische Merkmale für offene Unterrichtssituationen herausgearbeitet.[3] Auf dieser Grundlage werde ich das Konzept des problemorientierten Sportunterrichts vorstellen. Um eine deutliche Charakteristik des Modells zu erhalten, wird im Anschluss daran der Problembegriff genauer definiert. Zur Unterstreichung der Notwendigkeit einer Problemorientierung im Schulsport wird eine Begründung des problemorientierten Sportunterrichts aus bildungs- und entwicklungstheoretischer Sicht vorgenommen.

Die Beantwortung meiner Fragen erfolgt über die Durchführung und Auswertung von Leitfadeninterviews. Um Fragen für die Interviews aus dem theoretischen Teil zu formulieren, werden in Kapitel 2.2.5 Grundannahmen formuliert. Im methodischen Teil der Arbeit werden die zur Erhebung und Auswertung verwendeten Forschungsmethoden sowie das Untersuchungsfeld und der Gang der Untersuchung aufgeführt.

Im letzten Teil der Arbeit werden die Ergebnisse der Interviews dargestellt, erläutert und mit Rückbezug auf den theoretischen Teil reflektiert. Diese Vorgehensweise ermöglicht es, das Potential eines problemorientierten Sportunterrichts nicht nur theoretisch aufzuarbeiten, sondern seine Bedeutung in der schulischen Praxis zu erfahren und bewerten.

2. Theoretische Grundlagen

2.1 Offene Schulsportkonzepte

Zwar wird die Integration offener Unterrichtsformen für den schulischen Sportunterricht durchweg gefordert, dennoch ist aufgrund divergierender Einflüsse unklar, was mit dem Begriff des „offenen Unterrichts“ gemeint ist. Das heutige Verständnis eines offenen Unterrichts entspricht keiner linearen Entwicklung mit einer zugrundeliegenden Idee oder Vorstellung (vgl. Peschel, 2010a, S. 2), sondern geht aus einem langen Prozess unterschiedlichster Einflüsse hervor und befindet sich auch heute noch in steter Weiterentwicklung. Der offene Unterricht im Fach Sport hat seine Wurzeln schon in den 1930er Jahren, das „Natürliche Turnen“ nach Gaulhofer und Streicher zeigte deutliche Ansätze eines am Kind orientierten Unterrichts und „öffnet[e] damit erstmals die sportdidaktische Perspektive für eine subjektbezogene Rückbindung des Unterrichts an die Schüler selbst“ (Döhring, 2013, S. 26). Die erste öffentliche Diskussion um offenen Unterricht begann „in den 70er Jahren als Gegenbewegung gegen starre Lehrpläne, strenge Außenkontrolle […] und lehrerzentrierten Unterricht“ (Ramseger 1977, zitiert nach Leyrer, 2008, S. 3) Vermittelnde Positionen und Neuansätze treten verstärkt seit den 1990er Jahren auf, die aktuelle Diskussion um einen offenen Sportunterricht findet also seit etwa 25 Jahren statt und kaum ein anderer unterrichtspraktischer Entwurf hat die Sportdidaktik so sehr beschäftigt wie der des offenen Sportunterrichts (vgl. Döhring, 2013, S. 12).[4] Doch auch nach drei Jahrzehnten der Verwendung der Begriffe 'offener Unterricht' oder 'offene Lernsituation' liegt kein bestimmtes didaktisches Konzept vor. Elflein formuliert zur Pluralität der Beiträge:

„Eine Vielzahl heterogener Publikationen und Meinungsbekundungen zum offenen Sportunterricht vermitteln ein unklares Bild darüber, was Lehren und Lernen im Verständnis dieser Konzepte bedeuten soll.“ (Elflein, 2012, S. 219)

Mit Blick auf Veröffentlichungen zum offenen Sportunterricht erweist sich als problematisch, dass die umfangreiche sportdidaktische Rezeption und Diskussion nicht nur vielfältig, sondern auch widersprüchlich zugleich ist.

„Kritik und Gegenkritik, vermittelnde Ansätze und Neuansätze, aktuelle Deutungen, empirische Befunde und zahllose Beispiele der Praxis sind diversifizierende Schlaglichter einer Debatte, die bisher kaum aufgearbeitet ist“ (Döhring, 2013, S.13).

Um ein tragfähiges Verständnis von offenem Sportunterricht zu erhalten, orientiert sich diese Arbeit neben der fachdidaktischen ebenfalls an der allgemeindidaktischen Debatte. Dieses scheint notwendig, da

„[d]er Blick über die Fachgrenzen hinaus zeigt, dass Konzepte offenen Unterrichts aus der Sicht der allgemeinen Didaktik deutlich umfangreicher und differenzierter erörtert werden […] als dies für den Sportunterricht gelten kann.“ (ebd., S. 14)

Zwar wird momentan auch durch die allgemeine Didaktik keine „eindeutige Theorie“ (ebd.) vorgelegt, doch die Bestandsaufnahme des offenen Unterrichts wäre nicht vollständig ohne allgemeindidaktische Positionen. Döhring unterstreicht, dass sowohl Fachunterricht als auch Fachdidaktik stets übergreifende, allgemeine Gesichtspunkte bedenken müssen. Ein Konzept „offener Sportunterricht“ sollte sich daher am Konzept „offener Unterricht“ orientieren. Es sollte beachtet werden, dass Fach- und Allgemeindidaktik „kaum isoliert voneinander zu einem Erkenntnisgewinn für die Gestaltung von Unterricht beitragen [können]“ (ebd., S. 15). Erst im Zusammenspiel beider Perspektiven können somit fundierte Ableitungen für den Unterricht gefunden werden.

Wie sich zeigt, ist die Generierung einer Arbeitsdefinition für die vorliegende Arbeit unerlässlich, da sowohl die allgemeine als auch die fachdidaktische Diskussion keine einheitlichen Definitionen vorgeben. Ich werde im folgenden zunächst die Definitionsversuche der Sportdidaktik und anschließend die der allgemeinen Didaktik aufzeigen, um daraus eine Arbeitsdefinition zu generieren.

2.1.1 Definitionen zum offenen Sportunterrichts

Die Diskussion um einen offenen Sportunterricht spiegelt sich in den derzeitigen fachdidaktischen Lexika nicht wieder. Auch ähnliche Termini wie „offener Unterricht“ oder „Öffnung des Unterrichts" werden nicht ausführlich definiert. Im Handlexikon Sportwissenschaft (Maraun) wird unter dem Stichwort „Sportunterricht“ kurz auf offene Konzepte eingegangen. Diese werden als Kritik an einem Schulsport formuliert, der ausschließlich einem engen Sportkonzept folgt (vgl. Döhring, 2013, S. 201). Hier zeigt sich also der traditionelle Sportunterricht als Gegenspieler des offenen Sportunterrichts. Im sportwissenschaftlichen Lexikon findet sich folgende Formulierung: „Generell wird für eine S. (N. St.: Sportstunde) ein gewisses Maß an Offenheit gefordert“ (Hecker, 1992, S. 462). Jedoch wird nicht weitergehend erläutert, wie diese Öffnung im Speziellen auszusehen hat. Betrachtet man die im einleitenden Teil schon erwähnte Fülle der Publikationen zum Thema „Offener Sportunterricht“, lässt sich dieses „Defizit“ (Döhring, 2013, S. 202) in den fachspezifischen Lexika nicht nachvollziehen. Im Unterschied zu den sportwissenschaftlichen Lexika bieten gängige pädagogische und didaktische Nachschlagewerke eine nähere Umschreibung des Konzeptes „offener Unterricht“. Im Pädagogik-Lexikon wird der offene Unterricht in seiner Entstehung aus der „curricularen Reform in der 70er Jahren“ verortet und als Prinzip dargestellt, dass „sich kritisch gegen herkömmlichen, als 'geschlossen' empfundenen Unterricht“ (Reinhold, Pollak & Helm, 1999, S. 390) wendet. Indes bezeichnet 'Offener Unterricht' „einen Lern- und Erfahrungsprozeß, den Lehrer und Schüler gemeinsam planen und gestalten“ (ebd.). Schröder fasst den offenen Unterricht in „Grundwortschatz Erziehungswissenschaft“ als Unterricht zusammen, „der im Hinblick auf das Lehrziel, den Inhalt und die Lehrmethode nicht festgelegt ist. […] Dominierende Unterrichtsprinzipien eines offenen Unterrichts sind die Schülerorientierung, die Differenzierung und die Individualisierung“ (Schröder, 1992, S. 257). Außerdem grenzt er den offenen Unterricht vom geschlossenen, lehrerzentrierten Unterricht ab. Im „Neuen schulpädagogischen Lexikon“ wird der offene Unterricht als Sammelbegriff zusammengefasst. Darunter fallen alle Unterrichtsformen, „[...] die den Anspruch erheben, die in der Schule vorherrschende Form des lehrgangsorientierten Unterrichts für handlungsrelevante Aspekte zu öffnen“ (Hintz, Pöppel & Rekus, 1993, S. 232). Auffällig an den aufgeführten Definitionen ist die Gemeinsamkeit hinsichtlich der Abgrenzung zum traditionellen, geschlossenen Unterricht, auf die im Folgenden noch genauer eingegangen wird.

Neben fach- und allgemeindidaktischen Lexika, finden sich bei zahlreichen Didaktikern Definitionsversuche. Kern und Söll bezeichnen den offenen Sportunterricht beispielsweise, ähnlich zu Hintz, Pöppel und Rekus, als „Sammelbegriff für alle Formen eines betont schüler- und prozeßorientierten Unterrichts“ (Kern & Söll, 2005, S. 273), der in zwei Grundtendenzen auftreten kann. Zum einen kann die unterrichtliche Form vom Ansatz her offen sein, andererseits können Verfahrensweisen angewendet werden, die zum Ziel hin offen sind (vgl. ebd.). Döhring bezeichnet den offenen Unterricht als „Schlagwort oder Überbegriff für eine sportdidaktische Vereinigungsmenge durchaus unterschiedlicher Unterrichtsansätze“ (Döhring, 2013, S. 183). Der Vorteil eines Schlagworts ist laut Döhring seine Diffusität, es lässt unterschiedliche Deutungen zu und ist dadurch für eine große Masse attraktiv, was eventuell zur langanhaltenden Diskussion um den offenen Unterrichts führen mag. Auch Allgemeindidaktiker halten keine spezifischeren Definitionen bereit. Laut Kasper ist offener Unterricht „eher eine Bewegung, als ein klar definiertes didaktisches Konzept“ (Schumacher, 2003, S. 35). Eiko Jürgens betitelt den offenen Unterricht als „Oberbegriff“, der eine „Vielfalt von unterschiedlichen, zusammenströmenden Denk-, Motiv- und Handlungsformen“ (Jürgens, 2004, S. 24) umfasst, denen gemein ist, dass sie sich gegen eine traditionelle Unterrichtspraxis wenden.

In Bezug auf dieses traditionelle Unterrichtsverständnis lässt sich der offene Unterricht wohl am deutlichsten konturieren. Sprechen die bisher genannten Theoretiker häufig von einem Sammel- oder Oberbegriff, lassen sich in Abgrenzung zum Gegenkonzept, dem geschlossenen Unterricht, spezifischere Aussagen treffen. Die Kritik am geschlossenen Unterricht bildet ein konstitutives Element offener Unterrichtsformen. Was „offen“ für den Unterricht bedeutet, wird also nicht aus einer pädagogischen Tradition ersichtlich, sondern in Abgrenzung zum vermeintlich Gegensätzlichen gefunden.

„Erst aus der Kritik generieren sich die dargestellten offenen Unterrichtskonzepte und Unterrichtsvorschläge, die insgesamt versuchen, Sportunterricht an Bedürfnissen und Interessen der Schüler auszurichten sowie Selbstständigkeit, Eigentätigkeit, Mitsprache und Subjektivität als grundlegende Kategorien des Unterrichts zu implementieren“ (Döhring, 2013, S. 211).

Das wohl bekannteste Konzept eines geschlossenen Sportunterrichts ist das „Sportartenprogramm“ nach Wolfgang Söll.[5] Es ist der qualifikatorischen Strömung zuzuordnen und hat die Körper- und Bewegungsbildung zum Ziel. Einige Sportpädagogen unterstellen dem Sportartenkonzept eine reine „Abbild-Didaktik“ (Prohl, 1999, S. 106) zu sein, da sich die Schüler an einem bestimmten Leitbild zu orientieren haben. Der geschlossene Sportunterricht ist allgemein durch eine stark lehrerzentrierte Führung und inflexible Vorgaben hinsichtlich der Lernziele und Lerninhalte gekennzeichnet, auch die Wahl der Methoden und Unterrichtsorganisation liegt bei der Lehrkraft. Sie verfügt somit über die Entscheidungsgewalt in allen Bereichen des Unterrichts, was dazu führt, dass die Schüler reaktiv auf die Lehrperson bezogen bleiben müssen. Hildebrandt und Laging bezeichnen diese Art von Unterrichtsführung als „mechanische Solidarität“ (Hildebrand & Laging, 1981, S. 54), da die Schüler lernen, „motorische Ereignisse als sinnvoll und richtig, […] legitim und alternativlos anzuerkennen“ (ebd., S. 54). Sie bezeichnen die Formen des geschlossenen Unterrichts als eine „zweckrationale Gestaltung“ (ebd., S. 17), die nicht für das Interesse und die Ansprüche der Schüler offen ist. Im Gegensatz dazu steht ein Unterricht, der nicht nur an überprüfbaren Ergebnissen, sondern auch an der Weiterentwicklung der kognitiven, affektiven und sozialen Fertigkeiten interessiert ist. Das vorherrschende Ziel besteht darin, eine Mündigkeit und Handlungsfähigkeit des Schülers im Unterricht zu erreichen.

Es wird deutlich, dass sich Offener Unterricht mit Hilfe der Literatur nicht abschließend und einheitlich definieren lässt, trotzdem soll auf der Grundlage der aufgezeigten Definitionsvorschläge und in Betracht der Abgrenzung zum geschlossenen Unterricht, eine Arbeitsdefinition vorgelegt werden:

„Offener Sportunterricht wird in Anlehnung an Wallrabenstein (1992) und Kern und Söll (2005') als Unterrichtsstil zusammengefasst, der schüler- und prozessorientiert angelegt ist und den Schüler auf der methodischen, organisatorischen, inhaltlichen oder politisch-partizipativen Ebene aktiv das Unterrichtsgeschehen beeinflussen lassen. Der Sportunterricht sollte verlaufs- und ergebnisoffen arrangiert sein, um sowohl sportmotorische als auch soziale, affektive und kognitive Fähigkeiten zu verbessern.“ (Steinbrink, 2013)

2.1.2 Merkmale und Ziele offenen Sportunterrichts

Die Versuche, offenen (Sport-)Unterricht über die Bestimmung seiner Merkmale, Dimensionen, Ziele oder Prinzipien zu beschreiben, begleiten die Diskussion um dieses Konzept schon seit den 1970er Jahren (vgl. Döhring, 2013, S. 279). Diese Spezifizierung ist durchaus positiv anzusehen, da die vorliegenden Definitionen, wie bereits aufgezeigt, den offenen (Sport-)Unterricht nur unzureichend kennzeichnen. Trotz der Diversität der zahlreichen theoretischen Positionen, bestehen durchaus Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Merkmale, Ziele und Perspektiven. Die Mehrzahl der Autoren (u.a. Jürgens (2004), Peschel (2010a), Auras (2004)) versuchen über Merkmale eine Strukturierung der offenen Unterrichtsformen zu erreichen, wodurch die praktische Ausgestaltung konkreter bestimmt werden soll.

Die zentralen Kennzeichen offenen Unterrichts werden im Folgenden knapp umrissen. Aus Platzgründen werden lediglich die Merkmale aufgeführt, die in den meisten Konzepten offenen Sportunterrichts zu finden sind und somit als Basismerkmale offenen Sportunterrichts gelten.

Mitgestaltung- und -verantwortung

Das zentrale Merkmal, das nahezu allen Ansätzen offenen Unterricht inhärent ist, ist die Mitwirkung und Mitverantwortung des Schülers im Unterrichtsgeschehen. Er soll konsequent „handelnd und gestaltend“ (Kern & Söll, 2005, S. 281) einbezogen werden und nicht bloß Reaktant sein. Daraus ergibt sich für den offenen Sportunterricht die wesentliche Aufgabe „Unterrichtssituationen zu arrangieren, die den Schülern Möglichkeiten bieten, selbst steuernd zu handeln“ (Leistenschneider, 2008, S. 2). Die Partizipation des Schülers kann auf verschiedenen Dimensionen ermöglicht werden. Ramseger hat diese Dimensionen wie folgt unterteilt:

- inhaltliche bzw. thematische Offenheit
- methodische Offenheit
- institutionelle Offenheit[6]

Dem Schüler können in allen Dimensionen Mitsprache- und Gestaltungsrechte zugesprochen werden. Dadurch soll er aus seiner „Objektrolle“ (Hildebrand & Laging, 1981, S. 23) herausgehoben werden und „Sporttreiben als subjektiv bestimmbares Handeln“ (ebd.) erfahren.

Verlaufsoffenheit

Ein wichtiges Merkmal des offenen Sportunterrichts ist die Eröffnung von Handlungsspielräumen. Zum einen lassen sich diese in Bezug auf den Unterrichtsverlauf realisieren. Zwar ist eine vorhergehende Grobplanung durch die Lehrperson durchaus sinnvoll, sie sollte sich jedoch aktuellen Voraussetzungen und Befindlichkeiten der Schüler nicht verstellen. Es ist demnach kein „schematisches Vorgehen“ (Kurz, 1993, S. 277) nach bestimmten Unterrichtsabschnitten einzuhalten, sondern auf bestimmte Lernprobleme einzugehen, die Lehrperson solle eher eine „Entscheidungslogik“ (ebd., S. 227) verfolgen, um den Schüler bestmöglich in seiner persönlichen Entfaltung zu fördern. Durch eine Verlaufsoffenheit werden Diskrepanzen zwischen Planung und Wirklichkeit des Unterrichts nicht als ein „vermeidbares Übel“ wahrgenommen, sondern als eine „unabdingbare Notwendigkeit“ aufgefasst, da der Sportunterricht von einem sich entwickelnden Lernprozess lebt und dieser nur durch Reaktion auf den Schüler entstehen kann (vgl. Hildebrand & Laging, 2001, S. 31).

Ergebnisoffenheit

Andererseits können Handlungsspielräume bezüglich des Ergebnisses eröffnet werden, denn „Lösungen und Lernergebnisse von initiierten Unterrichtssituationen sollten […] immer Handlungsalternativen zulassen“ (ebd.). Kurz (1993) spricht in einem solchen Fall von Ergebnisoffenheit. Dabei soll bedacht werden, dass Offenheit in keinster Weise mit Ziellosigkeit in Verbindung gebracht, jedoch dem Schüler im offenen Unterricht nach Möglichkeit kein definiertes Endverhalten abverlangt werden sollte. Im Gegensatz zum Sportartenkonzept von Söll, bei dessen Umsetzung am Ende einer Übungsreihe ein Leitbild nahezu optimal nachgeahmt werden sollte, somit die Produktorientierung vordergründig ist, steht im offenen Sportunterricht die „situationsspezifische Interpretation“ mit der Entwicklung „individuelle[r] Bewegungsmuster“ (Kurz, 1993, S. 225) im Fokus, mit dem Ziel eigenständige Lösungen zu produzieren. Dem Schüler wird dadurch ermöglicht, sich selbst zu entfalten und die Bewegung entsprechend seiner Fertig- und Fähigkeiten auszuführen.

Erfahrungsoffenheit

Eine typische Variante der Öffnung von Sportunterricht ist, ihn erfahrungsoffen zu gestalten. Dafür planen Sportlehrer im Vorwege ein Bewegungsthema, „das offen genug ist für entdeckende Erfahrungen und Auseinandersetzungen“ (Fritsch & Maraun, 1992, S. 43). Es werden so Situationen arrangiert, die den Schüler motivieren sollen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen und individuelle Erfahrungen mit der Umwelt zu machen. Im Fokus steht die Innensicht und das persönliche Bewegungsgefühl der Schüler. Ein typischer Bereich für das erfahrungsoffene Lernen stellt das Turnen da, weil die Schüler grundlegende, dem Alltag untypische Bewegungserfahrungen wie Schwingen, Schweben oder Fliegen machen können.

Realisierung von Erziehungszielen

Wie schon angedeutet, reicht es nicht aus, den Sportunterricht als ein „Lernen, Üben und Anwenden sportlicher Inhalte“ zu definieren, da er in einem „sozial-kognitiv-affektiv-erzieherischen Zusammenhang“ (Hildebrand & Laging, 1981, S. 20) steht und somit auch Ziele außerhalb der Sportmotorik verfolgt. Zu diesen weiteren Zielen, den sogenannten Erziehungszielen, zählen neben Kritik-, Kommunikations- und Mitentscheidungsfähigkeit auch Mündigkeit, Verantwortungsbewusstsein, soziale Kompetenz und Kreativität (z.B. ebd., S. 24ff.). Auch in den Lehr- und Bildungsplänen nimmt der Kompetenzerwerb der Schüler einen Stellenwert ein und bildet ein wichtiges Lernziel.[7] Der Schüler soll durch das Lernen an offenen Unterrichtssituationen somit zur „Bewältigung von aktuellen und künftigen Lebenssituationen befähigt werden“ (ebd., S. 32). Die Realisierung dieser Erziehungsziele werde durch eine Produktorientierung verhindert, da der Schüler lediglich der Adressat externer Entscheidungen ist. Werden ihm diese Entscheidungen jedoch zugesprochen, erhält er die Möglichkeit sich in sportmotorischer Auseinandersetzung soziale und überfachliche Kompetenzen anzueignen.

2.1.3 Konzepte offenen Sportunterrichts in der Schulpraxis

In der Fachdidaktik existieren zahlreiche Konzepte offenen Sportunterrichts[8]. Loibl (2001) stellt fest, dass die Anzahl von Konzepten offenen Sportunterrichts je nach Analyst, „zwischen einer knappen Handvoll und einer unübersichtlichen Hundertschaft“ (Loibl, 2001, S. 25) liegt. In diesem Kapitel sollen daher nur einige bedeutende vorgestellt werden, die sich anhand bestimmter Merkmale, Zielvorstellungen, Dimensionierungen oder Prinzipien dem offenen Sportunterricht zuweisen lassen. Diese fragen stets nach dem Auftrag des Schulsports, nach seinen Zielen, Inhaltsbereichen und den Vermittlungsformen. Da es um offene Konzepte geht, ist die Vermittlungsform in den Folgenden immer geöffnet, schülerzentriert und induktiv.

Allgemein lässt sich in der Fachdidaktik in eine „generelle Öffnung“ und eine „partielle Öffnung“ unterscheiden (vgl. Döhring, 2013, S. 194ff.) Fachartikel weisen vorwiegend Beispiele aus, die den Unterricht partiell, also auf einzelne Aspekte bezogen, öffnen. Die generelle Öffnung findet stattdessen sehr selten statt und bietet mit den Konzepten der „Initiativstunde“ von Funke, Heine und Schmerbitz (1979) und der „Wunschsportstunde“ nach Schieling (1993) zwei Konzepte, die dem Kind völligen Freiraum in Bezug auf inhaltliche und organisatorische Aspekte des Unterrichts lässt. Häufiger praktiziert, und hier betrachtet, werden hingegen die Modelle der partiellen Öffnung.

Körpererfahrung nach Funke

Das Konzept der Körpererfahrung ist eines der bekanntesten Konzepte mit einer partiellen Öffnung. Die Bewusstheit und Erlebbarkeit des eigenen Körpers soll gefördert und geschult werden, es wird stets von den Wahrnehmungen und Empfindungen des Schülers ausgegangen. Inhalte sind nicht nur Bewegungserfahrungen über Selbsterfahrung, sondern auch soziale Erfahrungen (vgl. Kern & Söll, 2005, S. 266).

„[...] Sport soll für die Subjekte die Erlebbarkeit, Bewusstheit und weitreichende Handhabung ihres Körpers sichern. Damit ist zugleich verbunden, dass über den Körper als ein Mittler und Fühler auch die menschliche und dingliche Umwelt miterfahren wird. [...] Körpererfahrung sei ,Erfahrung des Körpers’ und ,Erfahrung mit dem Körper‘“ (Treutlein, Funke & Sperle, 1992, S. 10)

Die Inhaltsbereiche werden durch den Körper in Ruhe, in Bewegung und in Beziehung gebildet. Die Themen sind auf die Sensibilisierung der Körpersinne, die Entwicklung der Wahrnehmungsfähigkeit und die Ausbildung der Fähigkeit, körperliche Reize, Zustände und Bewegungen zu erleben, ausgelegt. (vgl. Bräutigam, 2003, S. 100f.) Im Mittelpunkt stehen deshalb erlebnisreiche und empfindungsintensive Übungen. Zum Ziel hat sich das Konzept der Körpererfahrung den selbstbestimmten Umgang des Schülers mit dem eigenen Körper gesetzt, er soll eine Bewegungsidentität entwickeln.

Soziales Lernen nach Pühse

Der Auftrag des Sozialen Lernens nach Pühse liegt in der Erziehung zum sozialen Miteinander im und durch den Sport. Pühse definiert soziales Lernen als Lernen gemeinsam mit anderen (vgl. Pühse, 2009, S. 335), es bezeichnet demnach ein Lernen unter sozialen Bedingungen. Soziales Lernen heisst für Pühse,

„die Fähigkeit zu erlangen, gemeinsam mit anderen Sport treiben zu können und die dabei auf- tretenden sozialen Probleme zu meistern. Soziales Lernen heißt darüber hinaus jedoch auch, im Sport Erfahrungen und Qualifikationen im Umgang mit anderen Menschen zu erwerben, die persönlichkeitsbildend sein können“ (ebd., S. 461).

Als typische Lernfelder des sozialen Sportunterrichts sind „Regeln verstehen und handhaben“, „Konflikte vermeiden und bewältigen“ oder auch „Unterschiede erkennen und berücksichtigen“ (vgl. Balz, 2003, S. 156ff.) zu nennen. Ziel ist der „Erwerb sozialer Tugenden wie Rücksichtnahme, Kooperationsfähigkeit, Toleranz, Teamfähigkeit, Hilfsbereitschaft, Fairneß […] u.ä.“ (Pühse, 1998, S. 457).

Spaß-Konzept nach Volkamer

Volkamer verfolgt nicht den Anspruch, mit seinem Ansatz ein didaktisches Konzept zu bieten, sondern er sieht in der Sportorientierung eine Grundlage, auf dessen Basis Bildungs- und Erziehungsziele formuliert werden können. Methoden und Inhalte werden aus diesem Grund kaum angegeben. Es lässt sich jedoch festhalten, dass bezüglich der Inhalte eine möglichst große Vielfalt angestrebt werden sollte, da Spaß eine subjektive Kategorie darstellt. Die Aufgabe des Sportlehrers liegt laut Volkamer darin, den Schülern so viel Spaß am Sport zu vermitteln, dass diese Sport auch in außerschulischen Kontexten betreiben und Sport als Lebensinhalt betrachten lernen (Vgl. Volkamer, 2003, S. 70). Spaß stellt somit für den Autor die intrinsische Motivation des Sporttreibens dar. Eines der wichtigsten Ziele ist dem Hauptvertreter das Entwickeln von Kritikfähigkeit der Schüler in Bezug auf die Sinnhaftigkeit des Sporttreibens (ebd., S. 66.)

Handlungsfähigkeit nach Kurz

Die Handlungsfähigkeit nach Kurz ist in einem Mix aus offener und geschlossener Vermittlungsform konstruiert. Aufgrund dieser mittleren Position wird das Konzept als „intermediär“ (Balz, 2009, S. 29) bezeichnet. Unter der Perspektive von Offenheit geht es vor allem um Sinnerschließung und produktive Erzeugung von Bewegungen, Arrangements und Situationen. Die Vermittlung der konkreten Wirklichkeit des Sports findet anhand geregelter Sportarten in einem geschlossenen Organisationsrahmen statt. Das Ziel des Konzepts liegt darin, die Schüler zum selbstständigen Handeln im Sport zu qualifizieren, außerdem solle der Schüler die „ […] vorgefundenen und angebotenen Formen des Sports auf ihre Sinnhaftigkeit prüfen und in ein individuelles Lebenskonzept [einordnen]“ (Kurz, 1992, S. 16). Den inhaltlichen Bezugspunkt des didaktischen Konzepts von Kurz bilden die traditionellen Sportarten. Er sagt zur Notwendigkeit einer Handlungsfähigkeit im Sport aus, dass es nicht den einen Sinn des Sports gebe, „ […] sondern Sport auf unterschiedliche Weise als sinnvoll erfahren und mit Sinn belegt werden (kann)“ (ebd., S. 15).

Genetisches Lernen nach Loibl ()

Als ein sehr ähnliches Konzept, bzw. in Teilen mit dem der Problemorientierung übereinstimmendes, ist das Genetische Lernen nach Loibl aufzufassen. Das Konzept des Genetischen Lernens geht ursprünglich auf Wagenschein zurück und wurde für den Bereich Naturwissenschaft und Mathematik entwickelt. Der Grundgedanke besteht, wie beim problemorientierten Lernen ebenso darin, dass Schüler selbstständig Lösungen suchen, erproben und annehmen oder verwerfen, anstatt fertige Lösungen zu reproduzieren. Loibl beschreibt das Genetische Lernen als „Re-konstruktion“ (Loibl, 2001, S. 21): „Bezogen auf die Vermittlung von Sportspielen meint Genetisches Lehren die Entwicklung, die Re-Konstruktion eines Spiels aus seinem Ursprung heraus, der Spielidee, in der jeder Lernende das Spiel für sich neu erfindet.“ (ebd.) Ziel ist, dass die Schüler ausgehend von ihrem lebensweltlichen Hintergrund, ein Sportspiel als vom Menschen erschaffenes Gut ansehen und es den Gegebenheiten entsprechend re-konstruieren können.

Im nächsten Schritt soll der problemorientierte Sportunterricht als weiteres Konzept offenen Sportunterrichts genauer vorgestellt werden.

2.2 Problemorientierter Sportunterricht

Wie einleitend herausgestellt, basiert der problemorientierte Unterricht auf offenen Unterrichtssituationen. Damit wurde er schon grob im Kanon der Vermittlungskonzeptionen eingeordnet.[9]

Die Literaturanalyse zeigte auf, dass der problemorientierte Sportunterricht eher eine Randstellung einnimmt. Positiv anzumerken ist, dass die Problemorientierung den Eingang in Fachlexika gehalten hat, was die Wichtigkeit des Konzepts unterstreicht. Jedoch ist sie weder in der Praxis des Sportunterrichts noch in der darauf bezogenen Literatur systematisch realisiert (vgl. Brodtmann & Landau, 1982, S. 11). Es konnten vor allem Veröffentlichungen in Form von Zeitschriftenartikeln in den bekannten Magazinen[10], oder in Sammelbänden gefunden werden. Eigenständige Werke über das Unterrichtskonzept hingegen liegen nur in geringer Menge vor (z.B. Brodtmann, 1984). Auf Basis dieser noch unzulänglichen Literaturlage fällt es schwer, eine ausführliche Darstellung zu liefern, daher versuchen die folgenden Abschnitte eine Annäherung an eine spezifische Ausarbeitung des problemorientierten Sportunterrichts.

Zunächst steht die genauere Klärung des problemorientierten Ansatzes im Fokus. Es wird erläutert, was unter Problemorientierung zu verstehen ist und auf welchen Problemen sie basiert. Bei der Betrachtung des Konzepts werden Fachlexika sowie Veröffentlichungen herangezogen. Da es sich bei den im Kapitel 2.1.2 herausgearbeiteten Merkmalen um die mit der größten Schnittmenge zwischen allen offenen Unterrichtskonzeptionen handelt, werden darüber hinaus weitere, für den problemorientierten Unterricht charakteristische Merkmale und Prinzipien aufgeführt. Außerdem werden die angestrebten Ziele genauer betrachtet. Abschließend soll eine lern- und bildungstheoretische Begründung für den problemorientierten Sportunterricht geliefert werden und anhand dieser die Sinnhaftigkeit des Konzepts für den Sportunterricht herausgestellt werden.

2.2.1 Konzeption des problemorientierten Sportunterrichts

Ebenso wie der offene Unterricht ist auch die Idee des problemorientierten Unterrichts keine neuartige Entdeckung. Erste Vorschläge für eine Problemorientierung im Sportunterricht kamen bereits in den 70er Jahren von Adden (1977) und Adden, Leist und Petersen (1978). Ein grundlegendes Konzept und Unterrichtsbeispiele wurden daran anschließend von Brodtmann (1984) veröffentlicht. Brodtmann entwickelte sein didaktisches Modell aus einer kritischen Auffassung gegenüber des herkömmlichen Unterrichts heraus. Auslöser war ein „generelles Desinteresse“ (Elflein, 2012, S. 208) der Schüler am schulischen Sportunterricht. Sporttreiben kann aus Sicht von Brodtmann jedoch eine gewisse Faszination ausüben, wenn eine bestimmte Unterrichtsform vorherrscht. Für ihn bedeutet Sporttreiben unter anderem, dass Schwierigkeiten überwunden werden müssen (vgl. Brodtmann, 1984, S. 12). Die Faszination des Sports besteht somit laut Brodtmann darin, Probleme zu überwinden, da das Finden von spezifischen Lösungen die Sporttreibenden begeistert. Um das Desinteresse zu überwinden und die dargestellten Grundgedanken zu integrieren, entwickelte er ein alternatives Programm, dass an der „Erfahrung seiner selbst in Bewegungsformen, daran gebundene Bewegungserlebnisse und die Stärkung des Ichs als Subjekt von Bewegungshandlungen“ (Brodtmann & Trebels, 1983, S. 11) orientiert ist. Für Brodtmann heißt Problemorientierung zu allererst,

„den Schüler aus jener eher rezeptiven Lernhaltung zu lösen, in der er üblicherweise vorgegebene und zumeist noch didaktisch zubereitete Wissens- oder Könnensbestände aufnimmt und sich anzueignen versucht“ (Brodtmann, 1984, S. 11).

Damit verlangt er eine Lernhaltung, die schon im offenen Sportunterricht aufgezeigt wurde. Lernen solle nicht nur als einfaches Nachahmen oder Auswendiglernen von Bewegungen verstanden werden, sondern durch aktive Auseinandersetzung mit auftretenden Problemen als „begreifendes Lernen“ (ebd.) in Gang gesetzt werden. Probleme, die auftreten können, werden nicht als hinderlich, sondern als bereichernd angesehen und zum Unterrichtsgegenstand erhoben. Eben darum ist der problemorientierte Sportunterricht auf offene Unterrichtssituationen angewiesen.

„Ein völlig geschlossener und durchplanter, an genau definierten Lernzielen ausgerichteter Unterricht bietet keinen Raum für Probieren und Experimentieren, für Spontaneität, für Um- und Irrwege, für unterschiedliche Problemlösungsstrategien und Problemlösungen“ (ebd., S. 14.).

Brodtmann betont die Eigentätigkeit der Lernenden und die Subjektivierung des Schulsports. Der Schüler soll an Problemen lernen, um grundlegende Einsichten zu erhalten und die eigene Sinnfindung sportlicher Bewegung zu ermöglichen.

Nach Schütz wird der problemorientierte Unterricht auch als problemlösender Unterricht bezeichnet und benennt ein „Unterrichtsprinzip, nach dem der Lernprozess von der Lösung eines möglichst realen, komplexen Problems getragen und gesteuert wird“ (Schütz, 2008, S. 33). Identisch zur Definition des offenen Unterrichts hebt Schütz den problemorientierten Unterricht von seinem Gegenkonzept ab und stellt den motivierenden Faktor heraus. Im Vergleich zum lehrer- und lernzielorientierten Unterricht biete der problemorientierte „einen für die Lernenden besonders motivierenden Zugang zum Unterrichtsgegenstand“ (ebd., S. 32), da er eine lebensnahe Problemsituation für sie schafft. Die problembehaftete Ausgangssituation stellt bei Schütz das Kernstück des Unterrichtsmodell dar, da diese tatsächlich die intrinsische Motivation der Schüler wecken müsse. In Anlehnung an Schütz definiert Gräsel problemlösendes oder problembasiertes Lernen als Lernformen, „deren Kennzeichen das Lernen anhand einer realitätsnahen Aufgabe bzw. eines authentischen Problem ist“ (Gräsel, 1999, S. 31; Hervorhebungen N. St.). Sie umschreibt das problemorientierte Lernen treffend als eine Möglichkeit, anwendendes Wissen zu erwerben. Im Gegensatz dazu steht das von Renkl (1996) formulierte „träge Wissen“, das viele Schüler zwar fachspezifisch erwerben, welches jedoch nicht durch Nachhaltigkeit geprägt ist. Dieses liegt zum einen an „fehlende[r] Berücksichtigung aktiver und konstruktiver Lernprozesse“, zum anderen an „fehlende[r] Berücksichtigung der Situationsgebundenheit von Lernen und Wissen“ (Gräsel & Mandl, 1999, S. 4f.). Beide Aspekte werden demnach von den Autoren beim Konzept der Problemorientierung gefordert. Bönsch stellt den problemorientierten Sportunterricht als Unterricht dar, „der Probleme als Lernausgang virulent macht, um nach der Problemidentifikation (Relevanz, Inhaltlichkeit) Problemlöseaktivitäten zu erreichen mit dem Ziel der Problemlösung“ (Bönsch, 2004, S. 247). Hier lässt sich mit Neumann unterstützend festhalten, dass „das Erkennen und Beschreiben des Problems sowie das Kombinieren und Anwenden von Wissen und Fertigkeiten zu dessen Lösung“ (Neumann, 2009, S. 5) im Mittelpunkt der Unterrichtsform steht. Probleme können unmittelbar und sofort erkannt werden oder auch erst nach einiger Zeit der Überlegung, um aber das Konzept umsetzen zu können, müssen die Probleme von den Schülern erkannt und als wichtig anerkannt werden.

Wie schon deutlich wurde, zielt problemorientierter Sportunterricht nicht darauf ab, einen „vorgedachten und vorgefertigten Unterricht abzuspulen“ (Lange, 2006, S. 8), der zum Einüben eines „sinnentleerten Kunststück[s]“ führt (ebd.). Um einen authentischen Sportunterricht zu kreieren, müssen die Schüler Fragen stellen und Bewegungen ausprobieren, um die Bewegungen ihren speziellen koordinativen und konditionellen Fähigkeiten anzupassen. Hierzu ist es nötig, das „Grundproblem“[11] einer Bewegung zu entdecken und dieses von den Schülern frei bearbeiten zu lassen. Dabei wird auf eine Kleinarbeitung und Methodisierung durch den „Fachmann“ (Brodtmann & Landau, 1982, S. 16) verzichtet. Problemorientierter Sportunterricht ist jedoch nicht nur auf bewegungstechnische Fertig- und Fähigkeiten anzuwenden, sondern richtet den Blick auch auf soziale oder organisatorische Probleme des Unterrichts. Ebenso können technische Spielzüge oder Aufstellungsvarianten in Sportspielen von Schülern in problemorientierten Unterrichtssituationen selbstständig erarbeitet werden. Grundlegend dafür ist die reflektierende Auseinandersetzung der Schüler mit der Problemsituation.

Zusammenfassend kann der problemorientierte Unterricht auf der dargestellten Grundlage, als Unterrichtskonzept, dass ein „here and now-Problem“ (Köck & Ott, 1994, S. 555) zum Unterrichtsgegenstand erhebt, welches bei den Schülern Problemlöseaktivitäten weckt und sie durch subjektive und individuelle Auseinandersetzung zu unterschiedlichen Lösungen führt. Im Fokus der Problemorientierung steht die subjektive Auseinandersetzung des Schüler mit dem Problem, welche durch das Hervorrufen von Problemlösekompetenzen zu einer intrinsischen Motivation des Schülers führen soll.

Um der Allgemeinheit der Formulierungen zu entrinnen, wird im folgenden Kapitel der Problembegriff genauer definiert und aufgezeigt, wie ein Problem laut Brodtmann und Landau definiert wird und welche Möglichkeiten zur Problematisierung bestehen. Darüber hinaus wird erarbeitet, welche Probleme für Schulsport besonders „lohnend“ (Brodtmann & Landau, 1982, S. 21) sind.

2.2.2 Das Problem im problemorientierten Sportunterricht

Allein vom Wortlaut steht das Konzept des problemorientierten Sportunterrichts in der Versuchung, mit alltäglichen Problemen einer zu großen Klasse, unruhigen Schülern oder Konflikten im Sportunterricht in Verbindung gebracht zu werden. Kern und Söll (2005) veröffentlichen in ihrem Werk „Alltagsprobleme des Sportunterrichts“ eine Reihe von möglichen Problemen, die im Schulsport auftreten können und bieten verschiedene Lösungsansätze. Die Autoren zeigen Situationen auf, „die von Sportlehrern allgemein als belastend empfunden werden“ (Kern & Söll, 2005, S. 7) und geben Empfehlungen zur Handhabung im Unterricht. Zwar können mit Hilfe des problemorientierten Unterrichts auch soziale Konflikte oder Spannungen in den Fokus des Unterrichts erhoben werden, jedoch basiert das Konzept auf der sinnhaften Erfassung von Bewegungsproblemen. Der Ansatz befasst sich demnach nicht mit jeder Art von Problemen, sondern legt den Fokus Probleme motorischer Umweltbewältigung oder „solche sportbezogenen Probleme, die in die Probleme motorischer Umweltbewältigung hineinwirken, aber nur fächerübergreifend bewältigt werden können (z.B. […] Körperreaktionen bei sportlicher Betätigung)“ (Brodtmann & Landau, 1982, S. 16).

Ein Problem kann daher in diesem Kontext eher in Abgrenzung zur Aufgabe definiert werden. Auch Neumann nimmt diesen Vergleich vor, um den didaktischen Kern des problemorientierten Sportunterrichts genauer bestimmen zu können. Bei einem im Unterricht fokussierten Problem, „steht die Auseinandersetzung der Schülerinnen und Schüler mit einem noch unbekannten Vorgehen, um von einem unbefriedigenden Ist-Zustand zu einem gewünschten Soll-Zustand zu kommen“ (Neumann, 2009, S. 5) im Fokus. Bei der Aufgabe hingegen sind die möglichen Vorgehensweisen bekannt. Hier greift wiederum der Vergleich mit dem Sportartenkonzept von Söll. Während eine methodische Übungsreihe die Ausführung einer Bewegung deutlich macht, ist die Besonderheit bei einem Problem, dass dem Bearbeiter kein Standardverfahren zur Verfügung steht. Die Bearbeitung eines Problems verlangt dem Schüler demnach die Entwicklung von problemlösenden Verfahren ab, sie erfordert Kreativität und ist immer mit einem „schöpferischen Moment“ (Eberle & Hillig, 1989, S. 303) verbunden. Der Vorteil dieser Herangehensweise beruht darin, dass die Schüler Lösungen entsprechend ihrer spezifischen körperlichen Konstitutionen und Fertigkeiten finden und auf ihre Effektivität prüfen können. Grundlegend für die Arbeit an Problemen ist, dass dem Schüler die zugrundeliegende Thematik bewusst wird. Viele technische Bewegungen entstanden aufgrund bestimmter körperlicher Voraussetzungen von Sportlern, so erfordert der Tiefstart eine explosive Muskulatur und ein gutes Reaktionsvermögen (vgl. Kirsch, o.J., S. 40, zitiert nach Brodtmann & Landau, 1982, S. 17). Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht bei allen Schülern vorhanden, was dazu führt, dass der Tiefstart nicht die bestmögliche Lösung für das Problem „schnell loslaufen“ bedeutet. Ist dem Schüler jedoch bewusst, dass das eigentliche Problem darin besteht, möglichst schnell eine kurze Strecke zu überwinden, steht der Tiefstart ihm nicht mehr losgelöst von seinem „Entstehungszusammenhang“ (ebd., S. 17) gegenüber und ermöglicht eine sinnhafte und zielführende Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten des schnellen Startens. Dieses Erkennen des Sinnzusammenhanges aus dem sich Bewegungsprobleme ergeben, ermöglicht Schülern, die Problemlagen zu erkennen und in Bezug zu ihrem eigenen Können zu setzen. Um dem Schüler zu ermöglichen, immer die eigentliche Problemstellung, das zugrundeliegende Phänomen zu erfassen, muss der Sportlehrer in der Lage sein,

„von den jeweiligen Erscheinungsformen des Sports und des Unterrichts zu den darin enthaltenen ursprünglichen Probleme zurückzufragen, sich vorgefundenen Problemdefinitionen zu entziehen, um den Schülern die Möglichkeiten zu eröffnen, Erfahrungen an den ursprünglichen Problemen zu sammeln und individuelle Lösungen zu finden.“ (Brodtmann, 1984, S. 14)

Vor allem in Bezug auf die motorischen Probleme des Sportunterrichts muss der Lehrende demnach beachten, dass er die Möglichkeit zur Einsicht in die jeweilige Bewegungsproblematik nicht einschränkt, in dem er die Lernsituation überwiegend vorwegbestimmt (vgl. Brodtmann & Landau, 1982, S. 17).

Allerdings zeichnen sich im Sport zahlreiche Handlungsfelder dadurch aus, dass sie einer Sinnvorgabe folgen und dementsprechend eine inhärente Einschränkung besitzen. So verfolgen die Disziplinen der Leichtathletik die Sinnvorgabe „schneller, höher, weiter“ und sind durch einen „fest vorgegebenen Satz an Handlungsregeln“ (ebd., S. 17) bestimmt. Diese Einschränkungen des Handlungsspielraum durch „Raumnormen und Handlungsvorschriften“ (ebd.) ergeben geschlossene Problemräume, die nur wenige Möglichkeiten zur individuellen Auseinandersetzung bieten. Hier stellt sich, wie beim Beispiel des Tiefstarts, zumeist die Frage nach der Bewegung, die den maximalen Erfolg verspricht. In einem engen Problemraum greifen Schüler häufig auf eine bestimmte Technik zurück, die sie aus den Medien oder aus dem Sportverein kennen, was wenig verwunderlich ist, verspricht diese doch den größtmöglichen Erfolg. Die Aufgabe des Schülers besteht nun darin, verschiedene Lösungsmöglichkeiten des schnellen Startens zu erproben. Laut Brodtmann und Landau erproben die Schüler selbstständig verschiedene Lösungen wie den Fallstart, Tiefstart oder Hochstart und beschaffen sich Informationen über die spezifischen Merkmale der Startformen (Abstoßrichtung, Moment des Abdrückens, etc.). Diese Merkmale können sich von Schüler zu Schüler zu unterscheiden und sollten deshalb mit Hilfe einer Stoppuhr auf die Effektivität für jeden einzelnen geprüft werden. Durch ein solch forschendes Vorgehen erhalten die Schüler einen Einblick in die Entstehung der für sie angemessenen Bewegung und sehen sie in einem Sinnzusammenhang.

Besteht im Sportunterricht keine Festlegung von Raum,- Geräte- oder Handlungsreglements, sprechen Brodtmann und Landau von offenen Problemlagen (vgl. Brodtmann & Landau, 1982, S. 13). Findet keine Einschränkung des Schülerhandelns statt, ermöglichen die Problemräume vielfältige Bewegungserfahrungen und –lösungen. Diese Problemstellungen gelten als ursprünglich, da sich bei der Auseinandersetzung mit der Situation unmittelbar Probleme ergeben und der Schüler durch „Ausprobieren und Nachdenken den Gesetzmäßigkeiten und Regeln nachspürt, die in die Sache eingelassen sind und sie als handhabbar entdeckt“ (ebd., S. 19). In diesem Fall orientiert sich das Vorgehen am genetischen Lernen im Sinne Wagenscheins (1968). Der Schüler soll keine vorgefertigten Bewegungslösungen übernehmen, sondern „Erfahrungen an der originalen Sache, an den ursprünglichen Phänomen“ (ebd., S. 19) machen. Ein Beispiel für das genetische Vorgehen ist die Auseinandersetzung mit dem Naturphänomen Wasser. Während ein deduktiver Unterricht wiederum vorgibt, wie der Schüler sich im Wasser fortzubewegen hat, ermöglicht der problemorientierte Zugang dem Schüler, dass er „sich auf die Gesetzmäßigkeiten des Wassers einlässt und experimentierend erprobt, wie sein Körper sich im Wasser verhalten kann“ (Brodtmann & Landau, 1982, S. 14).

Bezüglich der Themenbereiche, hält Brodtmann fest, dass generell alles zum Problem werden kann und nimmt daher keine Einschränkung vor. Er schlägt jedoch vor, vor allem Probleme zu behandeln, die aus Sicht der Lehrenden als besonders „lohnend“ oder aus Sicht der Lernenden als „lösungsbedürftig“ (ebd., S. 16) angesehen werden. Als lohnend werden Probleme bezeichnet,

„bei deren Bearbeitung beispielhaft Grunderfahrungen […] und zugleich wesentliche (Zugangs-)Qualifikationen erw[o]rben [werden] können, die [Schülern] den Zugang zu bedeutsamen sportlichen Handlungsbereichen erleichtern.“[12] (ebd., S.16)

Enge Problemräume sollten dann problemorientiert unterrichtet werden, wenn scheinbar festgelegte Bewegungen auf ihren Sinnzusammenhang hinterfragt und die Effektivität in Bezug auf den eigenen Körper geprüft werden soll. Werden die Probleme von den Schülern selbst in den Unterricht eingebracht, werden sie lösungsbedürftig bezeichnet, da die Schüler das Interesse verfolgen, eine Lösung zu finden. Für alle Probleme sollte stets gelten, dass sie komplex und authentisch sind. Unter Authentizität wird in diesem Fall verstanden, dass der Schüler einen Bezug zum Problem herstellen kann, das Problem sollte ihn etwas angehen und subjektiv berühren, um eine „leibliche Betroffenheit“ (Brodtmann & Landau, 1982, S. 12) hervorzurufen. Das Problem muss im Auge des Betrachters wichtig erscheinen, damit es ihn anreizt, Problemlösungen zu konstruieren. Komplexität wird dadurch erreicht, „dass ein Problem durch eine Vielzahl beteiligter Variablen bestimmt ist“ (Rischke, 2009, S. 43). So können zu Beginn des Problemlöseprozesses mehrere unterschiedliche Zielvorstellungen existieren und vergleichbare Lösungswege ausgetestet werden.

Die unterschiedlichen zeitlichen Möglichkeiten eine Problematisierung in den Unterricht zu integrieren, wurden von Neumann (2009) aufgeführt und sollen hier in kurzer Form Platz finden. Neumann empfiehlt, sich die verschiedenen zeitlichen Schnittstellen vor Augen zu führen, an denen eine Problemorientierung im Sportunterricht stattfinden kann. Er unterscheidet dazu fünf verschiedene Möglichkeiten, wobei im Rahmen dieser Arbeit vor allem die Problematisierung am Stundeneinstieg, im Stundenverlauf und zum Stundenende von Interesse sind:

- Problematisierung am Stundeneinstieg
- Problematisierung im Stundenverlauf
- Problematisierung am Stundenende
- Stundenübergreifende Problematisierung
- Fächerübergreifende Problembearbeitung

Die Problematisierung am Stundenbeginn zeichnet sich meist durch eine leitende Fragestellung auf, die entweder durch den Lehrer aufgeworfen oder von den Schülern selbst formuliert wird. Die Fragestellung wird offen formuliert, so dass sich mehrere Bearbeitungswege ergeben und fragt häufig nach grundsätzlichen Bewegungsausführungen oder geht auf ein Grundphänomen zurück.[13] Ebenfalls möglich ist eine Problematisierung am Stundenanfang durch ein vom Lehrer konstruiertes Bewegungsarrangement, auf das die Schüler mit unterschiedlichen Bewegungsmöglichkeiten reagieren sollen. Technisch und taktische Probleme werden häufig in Spielsituationen sichtbar und somit im Stundenverlauf problematisiert. Meist entsteht die Problematisierung durch eine für die Schüler unbefriedigende Spielsituation.[14] Zur Lösung werden die Faktoren der Unzufriedenheit bestimmt und bearbeitet. Die Problematisierung am Stundenende erfolgt häufig in einer Reflexionsphase, in der problematische Bereiche festgehalten werden, die dann im folgenden Unterricht wieder aufgegriffen werden können. Im Alltag des Schulsports kommt es häufig vor, dass die Lehrperson vom Schüler geäußerte unbefriedigende Zustände direkt in konkrete Arbeitsaufträge überführt (vgl. Neumann, 2009, S. 4). So werden Lösungswege bereits vorgedacht und der Lösung entsprechend Materialien bereit gestellt. Dieses Verfahren ist zwar ein verkürztes, aber dennoch problemorientiertes und vor allem dann anzuwenden, wenn der Lehrkraft wenig Zeit oder Platz zur Verfügung steht (vgl. ebd.). Direkte Arbeitsaufträge werden häufig in Form von Bewegungsaufgaben gestellt. Sie „geben eine Vorstellung von dem, was gemacht werden soll, überlassen aber die Art der Ausführung jedem einzelnen“ (Streicher, 1931, S. 204). Es sind stets „persönlich verschiedene Lösungen der Aufgabe“ (Laging, 2002, S. 6) möglich. Es geht demnach darum, Bewegungsmöglichkeiten auszuprobieren und zu entdecken, und weniger darum möglichst nahe an das Ziel einer normgerechten Bewegungsausführung zu gelangen.[15] Die Bewegungsaufgabe rückt die Perspektive und den Lernprozess jeden Schülers in den Mittelpunkt und steht für die Realisierung eigener Bewegungsabsichten. Bewegungsaufgaben werden rahmenthematisch eingebettet und setzen einen initiierenden Impuls zur Bewegungslösung, der parallele Bearbeitungswege eröffnet.

Abschließend lässt sich zusammenfassend zum Problembegriff dieser Arbeit festhalten, dass ein Problem weniger alltägliche Phänomene des Unterrichts beschreibt, sondern sich auf die motorische Umweltbewältigung bezieht. Es ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl beteiligter Variablen, die unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten erlauben und damit dem Schülern individuelle, auf seine körperliche Konstitution abgestimmte Bewegungslösungen ermöglicht. Probleme sollten immer dann in den Fokus gestellt werden, wenn grundlegende Bewegungserfahrungen gemacht oder der Sinnzusammenhang von bestimmten technischen Elementen erfahren werden soll. Durch Authentizität des Problems soll eine leibliche Betroffenheit des Schülers angestrebt werden, die ihn anreizt, Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten und auf ihre Effektivität zu prüfen.

2.2.3 Merkmale des problemorientierten Sportunterrichts

Im Folgenden sollen die Merkmale des problemorientierten Sportunterrichts herausgearbeitet werden. Viele stimmen mit denen des offenen Unterrichts (Kap. 2.1.3) überein, sollen nun aber konkret auf den problemorientierten Sportunterricht bezogen werden. Außerdem sollen spezifische Merkmale aufgezeigt werden. Aufgrund der differenzierten Ausarbeitung des Problembegriffs lassen sich Redundanzen nicht ausschließen.

Darbietung komplexer und authentischer Probleme und Bezugnahme auf Alltagsprobleme

Als zentrales Merkmal des problemorientierten Sportunterrichts lässt sich die „Darbietung komplexer und authentischer Probleme“ (Rischke, 2009, S. 43) nennen. Um an Problemen zu lernen, muss die Lernumgebung so gestaltet sein, dass sie den Umgang mit realen Problemen und authentischen Situationen ermöglicht. Auf eine didaktische Kleinarbeitung von Problemen und Schwierigkeiten im Lernprozess sollte daher verzichtet werden. Oelkers unterstreicht die Notwendigkeit von Schwierigkeiten und Problemen im Lernprozess und stellt fest, dass Bildung gerade in der Auseinandersetzung mit diesen entsteht:

„Bildung ist immer Zumutung und nicht einfach Bestätigung. Sie setzt […] Fragestellungen […], die man auch nicht unmittelbar beantworten kann und die auf weiterführende Bereiche des Wissens und Könnens verweisen [voraus]“ (Oelkers, 2004, S. 5).

Wie im vorherigen Kapitel dargestellt, können die Probleme entweder durch die Lehrkraft konstruiert werden und den Schüler auf wichtige grundlegende Bewegungserfahrungen oder Sinnzusammenhänge hinweisen. Andererseits entstehen Probleme häufig aus dem Spielgeschehen heraus und können in einer anschließenden Reflexionsphase thematisiert werden. Darüber hinaus sind die Schüler dazu angehalten, aufkommende Fragen zu formulieren und so den Unterrichtsgegenstand zu definieren. Meist werden die Probleme mithilfe von leitenden Fragenstellungen thematisiert, um einen Bezug zum Kind herzustellen. Diese bieten die Möglichkeit des ständigen Rückbezugs und geben eine grobe Richtung vor, in der Antwortmöglichkeiten gesucht werden sollen. Die Lehrkraft erstellt durch eine konstruierte Problemsituation somit ein Feld der Auseinandersetzung, in welchem dem Schüler die Möglichkeit zum entdeckenden, ideengenerierenden Handelns gegeben wird.

Erfahrungsoffenheit

Brodtmann und Trebels plädieren sehr stark für ein erfahrungsoffenes Lernen. Grundsätzlich wird dies durch die These gestützt, „dass man Erfahrungen selbst machen muss und sie nicht rein sprachlich vermitteln werden können.“ (Beckmann, 2011, S. 34) Nur die Erfahrung mit einem Gegenstand ermöglicht es, die Struktur des bisherigen Wissens über etwas zu verändern. Lernen kann daher nur stattfinden, wenn dem Schüler die Möglichkeit gegeben wird, sein Wissen auf spezifischen Erfahrungen zu erwerben. Es solle daher stets darauf geachtet werden, dass die Erfahrungen der Schüler nicht durch „zweckrationale Handlungsstrategien“ (Elflein, 2012, S. 209) entwertet werden, sondern bewusst herbeigeführt und stets gestärkt werden. Gerade bei Disziplinen, in denen unterschiedliche Techniken vorherrschen, kann eine erfahrungsoffene Herangehensweise von Nutzen sein, da die Schüler so entdecken können, welche für sie die ideale Problemlösung darstellt. Aufgrund unterschiedlicher körperlicher Voraussetzungen können unterschiedliche Bewegungen die ideale Bewegungslösung für Lernende sein. Es gibt nicht die eine optimale Lösung eines Bewegungsproblems, da der Mensch mit seinen individuellen Voraussetzung jeweils die entscheidende Bezugsgröße ist (vgl. Beckmann, 2011, S. 35). Durch eine gegebene Erfahrungsoffenheit wird jedem Schüler die Möglichkeit gegeben, seine optimale Bewegungsausführung zu finden und darüber hinaus grundlegende Bewegungserlebnisse zu machen.

Ergebnisoffenheit

Im Fokus des problemorientierten Sportunterrichts stehen nicht, wie im lernzielorientierten Unterricht, bestimmte Bewegungsfertigkeiten, sondern subjektive befriedigende Bewegungslösungen. Das vorherrschende Unterrichtsproblem sollte immer aus der subjektiven Betroffenheit der Schüler gelöst werden, womit unterschiedliche Ergebnisse impliziert werden. Im Lernverlauf wird sich zeigen, „dass sich eine Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten herausstellen [kann] und die sportiven Lösungsmuster mit anderen sinnhaften Lösungen [konkurrieren]“ (Elflein, 2012, S. 209). Solange die Schüler nachgewiesen haben, dass die gefundene Bewegungslösung die für sie sinnvollste ist, können unterschiedliche Bewegungen nebeneinander existieren.

Verlaufsoffenheit

Das Maß an Selbstständigkeit der Schüler kann im problemorientierten Sportunterricht sehr unterschiedlich sein und variiert unter den Lehrpersonen. Wichtig ist jedoch, dass der „Grundsatz der Selbstständigkeit“ (Brodtmann, 1984, S. 15) für den Prozess des Problemlösens auf jeden Fall aufrecht gehalten wird. Hier stehen den Schüler die Wahl der Problemlösungsstrategien und der Einsatz der Hilfsmittel frei. Sie können sich demnach auf ihre eigene Weise, individuell mit dem Lerngegenstand auseinander setzen. Die Lenkung im problemorientierten Sportunterricht sollte möglichst nur indirekt stattfinden, „etwa als Anregung zum Nachdenken, als Erinnern an frühere Problemlösungsversuche, als Verweise auf verfügbare Materialien oder als Hilfe beim Präzisieren des Problems“ (ebd., S. 16). Natürlich können diese Anregungen und Hilfestellungen von Schüler zu Schüler unterschiedlich sein, wichtig ist aber, dass die Schüler durch das Eingreifen der Lehrkraft nicht in eine bestimmte Richtung gedrängt werden, der Sportlehrer also eine Entscheidungslogik verfolgt, die den Schüler lediglich auf seinem eigenen Weg unterstützt.

Mitgestaltung und Mitverantwortung

Die Forderung Brodtmanns, den Schüler aus der Objektrolle u lösen und ihn aktiv am Unterrichtsgeschehen zu beteiligen, bringt eine gewisse Mitverantwortung mit sich. Da die Schüler selbstständig Problemsituationen handhaben müssen, werden sie „handelnd und gestaltend“ (Kern & Söll, 2005, S. 277) einbezogen. Die Mitgestaltung des Unterrichts kann sich beim problemorientierten Sportunterricht different gestalten. Ergibt sich ein Problem im Unterricht, kann dieses zum Unterrichtsgegenstand erhoben werden. Stellt ein Schüler ein Bewegungs- oder auch soziales Problem in den Fokus, so kann auch dieses behandelt werden. Eine inhaltliche bzw. thematische Offenheit nach Ramseger ist also möglich. Wie schon aufgeführt, haben die Schüler in der Regel die Möglichkeit über die Materialien und Hilfestellungen frei zu entscheiden, was auf eine methodische Offenheit signalisiert. Diese wird aber je nach Sportlehrer variieren. Auch die institutionelle Offenheit wird variabel angelegt sein. Wie sich zeigt, ist ein generelles Mitsprache und Gestaltungsrecht des Unterrichts gegeben, dass jedoch abhängig von der Lehrperson ist.

Verhalten der Lehrkraft

Sportlehrer müssen sich beim problemorientierten Ansatz davon befreien, auftretende Probleme selbst lösen zu wollen und jegliche Entscheidungen selbst zu treffen. „Eine Problemorientierung beruht eben auf dem manchmal schwierigen Selbstverzicht der Lehrkraft, den Schülern eine Problemlösung schnell zu zeigen“ (Neumann, 2009, S. 6). „[K]leinschrittig belehrende Einwirkungen auf die Lernenden“ (Rischke, 2009, S. 44) sollten vermieden werden, stattdessen sollte die Lehrkraft eher als Berater oder Lernunterstützer zur Seite stehen und eingreifen, wenn die Schüler offensichtliche Irrwege einschlagen, die den Lösungsprozess nachhaltig beeinträchtigen oder zu Desinteresse und Überforderung führen. Die Anleitung zu „Eigentätigkeit, Selbstregulation und Kooperation“ (Reusser, 2005, S. 170) sollte im Mittelpunkt stehen. Wichtigste Aufgabe der Lehrkraft ist, lohnende Probleme zu kreieren, die in der Lebenswelt der Kinder einen großen Stellenwert besitzen oder sie auf grundlegende Phänomene von Bewegungen aufmerksam machen.

Methodischer Dreischritt

Der Problemlöseprozess sollte stets von einer grundlegenden Fragestellung begleitet sein. Damit diese den Schülern konsequent bewusst ist, wird sie zu Beginn erarbeitet oder dargestellt. Außerdem kann in einem ersten Gespräch das weitere Vorgehen besprochen werden und die Gruppenbildung für die Arbeitsphase stattfinden. Anschließend steht den Schülern Zeit zur Verfügung, die Spielidee, Bewegungsausführung o.ä. nach ihren Vorstellungen und ihrem derzeitigen Könnensstand zu verwirklichen. Während der Experimentalphase kommt es darauf an, dass der Sportlehrer sich im Hintergrund hält und nicht in das aktive Arbeiten der Schüler eingreift. Vermittlungshilfen sind nur angedacht, wenn die Schüler tatsächlich neue Impulse benötigen. Diese sollten sich in Form von weiteren Fragestellungen vollziehen und keine direkten Anweisungen sein. Da verschiedene Lösungen zugelassen werden, ist es unbedingt notwendig, eine Reflexionsphase durchzuführen, um diese zu vergleichen und die effektivsten Lösungen herauszuarbeiten. Laut Brodtmann (1984) darf nicht auf das Feststellen und Formulieren der Lösungen verzichtet werden. Meist werden dazu die Schüler zu einem Auswertungsgespräch zusammengerufen und die Lösungen an Tafeln, Flipcharts, o.ä. festgehalten (vgl. Janalik, 1984, S. 20). Während der Reflexion soll ein Bezug zur leitenden Fragestellung hergestellt werden, damit deutlich wird, ob die Schüler nachhaltige Erkenntnisse gewinnen konnten. In einer der Reflexionsphase anschließenden Phase können und sollten die Lösungen der unterschiedlichen Gruppen noch einmal ausprobiert werden und auf ihre Sinnhaftigkeit geprüft werden.

[...]


[1] In der vorliegenden Arbeit wird wegen des besseren Leseflusses durchweg die männliche Form benutzt, auch wenn bei jeglichen Formen sowohl Männer als auch Frauen gemeint sind.

[2] Ich beschränke mich in der vorliegenden Arbeit auf die Einordnung des problemorientierten Sportunterrichts in die Konzeption des offenen Unterrichts und werde das sportdidaktische Modell darüber hinaus nicht weitergehend in die Grundorientierungen der Sportdidaktik verorten, da die Zielperspektive dieser Arbeit eine ausführliche Diskussion der grundsätzlichen Kategorisierung der Sportdidaktik verbietet. Für eine übersichtliche Darstellung der historischen Grundmuster und sportdidaktischen Orientierungen siehe z.B. Döhring, 2013, S. 26ff.

[3] Da es zahlreiche Konzepte offenen Unterrichts gibt, ist auch die Anzahl der Merkmale immens. Ich werde mich in der Darstellung der Merkmale von offenem Unterricht auf jene beschränken, die in den überwiegenden Konzepten vorliegen und somit als grundlegenden Merkmale offenen Unterrichts aufzufassen sind.

[4] Der geschichtliche Hintergrund soll hier nicht weiter betrachtet werden, siehe dazu u.a. Döhring (2013), Kern & Söll 2005), Bohl & Kucharz (2010).

[5] Problematisch bei der Konturierung des offenen Unterrichts mit Hilfe von geschlossenen Modellen ist, dass die geschlossenen Modelle häufig nicht lange in ihrer Einseitigkeit verharren. (vgl. dazu Kern & Söll, 2005, S.249f. und Döhring, 2013, S.120).

[6] Thematische Offenheit besteht, wenn die Schüler an der Auswahl der Lerninhalte beteiligt sind. Von methodischer Offenheit spricht man, wenn die Schüler zwischen verschiedenen Lernwegen auswählen können. Ein Unterricht ist organisatorisch offen, wenn der Schüler sein Arbeitstempo, die Arbeitszeit und den Arbeitspartner selbstständig bestimmen können.

[7] Siehe hierzu z.B. Rahmenplan Sport für die Stadtteilschule (5-11) in Hamburg für das Fach Sport: „In der Schule erwerben Schülerinnen und Schüler sowohl fachliche als auch überfachliche Kompetenzen. […] [d]ie Vermittlung von überfachlichen Kompetenzen [ist] gemeinsame Aufgabe und Ziel aller Unterrichtsfächer sowie des gesamten Schullebens. Die Schülerinnen und Schüler sollen überfachliche Kompetenzen in drei Bereichen erwerben: Im Bereich Selbstkonzept und Motivation […] , sozialen Kompetenzen […] , lernmethodische Kompetenzen […].“ (S. 12f.).

[8] Schulsportkonzepte werden in diesem Sinne verstanden als idealtypische Entwürfe unterrichtlichen Handelns, in denen Leitideen ausgewiesen werden und spezifische methodische Arrangements nahegelegt werden. Der problemorientierte Unterricht wird hier als ein Unterrichtskonzept angesehen.

[9] Ich beschränke mich in dieser Arbeit auf die Einordnung des problemorientierten Sportunterrichts in die Konzepte des offenen Unterrichts und werde diesen nicht weitergehend in die Grundorientierungen der Sportdidaktik verorten. Für eine übersichtliche Darstellung der historischen Grundmuster und sportdidaktischen Orientierung siehe Döring, 2013, S. 26ff.

[10] Sportpädagogik, SportPraxis, Sportunterricht

[11] Das Grundproblem beim Tiefstart wäre demnach: Wie laufe ich am schnellsten los?

[12] Solche Grunderfahrungen sind nach Brodtmann (1982, S. 22) z.B.: „in Balance bleiben“, „in Schwung kommen“, „in Rhythmen finden“, „ein Spiel in Gang bringen“, „Chancengleichheit herstellen“, „Regeln bei Spiel oder Wettkampf den jeweiligen Absichten anpassen“, „gleichwertige Gruppen bilden“

[13] Beispiel für eine leitende Fragestellung: „Wie können wir diesen Kasten am besten überwinden?“. Hiermit wird auf grundlegende Sprungelemente abgezielt, dem Schüler wird die Art der Ausführung dennoch frei überlassen.

[14] Beispiel für eine aus der Spielsituation entstandenen Problematisierung: „Wie können wir mehr Tore im Spiel erzeugen?“. Diese Fragestellung soll die Schüler dazu anreizen, sich beispielsweise verschiedene Aufstellungsvarianten auszudenken und diese zu uberprüfen.

[15] Zum Erreichen genauer Bewegungshandlungen werden Bewegungsanweisungen formuliert, die den spezifischen Ablauf einer Bewegung genau definieren.

Ende der Leseprobe aus 183 Seiten

Details

Titel
Problemorientierter Sportunterricht aus Sicht von Lehrenden
Untertitel
Eine explorative Studie
Hochschule
Universität Hamburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
183
Katalognummer
V279535
ISBN (eBook)
9783656724803
ISBN (Buch)
9783656724797
Dateigröße
1053 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Preis: 24,99
Schlagworte
problemorientierter, sportunterricht, sicht, lehrenden, eine, studie
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Nadine Steinbrink (Autor:in), 2013, Problemorientierter Sportunterricht aus Sicht von Lehrenden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279535

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Titel: Problemorientierter Sportunterricht aus Sicht von Lehrenden



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