Jenseits des Guten und Schönen. Unbequeme Denkmäler

Krappscher Turm, Graf-Douglas-Villa und Staßfurter Warte in Aschersleben


Hausarbeit, 2013

22 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung:

2. ,,Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmale?‘‘ oder ,,Denkmale im Abseits‘‘:
2.1. Die Graf-Douglas-Villa:
2.2. Der Krappsche Turm:
2.3. Die Staßfurter Warte:

3. Zusammenfassung:

4. Anhang:
4.1. Literaturverzeichnis
4.2. Abbildungen
4.3. Abbildungsverzeichnis
4.4. Karte und Kartennachweis

1. Einleitung:

In dieser Hausarbeit geht es um die Auseinandersetzung mit dem Thema ,,Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmale?‘‘ oder: ,,Denkmale im Abseits‘‘ anhand von drei Beispielen. Es geht um die Bewertung und Analyse von sogenannten ,,unbequemen‘‘ Denkmalen. Des Weiteren werde ich versuchen die Beispiele zu erfassen, zu beschreiben und zu bewerten. Wichtig zu betrachten sind die Gründe, wodurch die Beispiele in ihre aktuelle Situation gekommen sind. Die drei gewählten Beispiele befinden sich alle, mehr oder weniger, in Aschersleben. Der im 8. Jahrhundert erstmals erwähnte Ort Aschersleben liegt im nordöstlichen Harzvorland an der Eine. Aufgrund ihrer Lage wird die Stadt oft als ,,Tor zum Harz‘‘ bezeichnet. Bei den Beispielen handelt es sich zum einen um eine Villa in der Ermslebener Straße. Die anderen Beispiele sind Teil der historischen Stadtbefestigung Ascherslebens. Der Krappsche Turm befindet sich im Zentrum der Stadt und ist einer von 15 noch erhaltenen Türmen. Die Staßfurter Warte hingegen befindet sich vor der Stadt am Rand eines Feldweges. Alle drei Beispiele sind aus unterschiedlichen Gründen ,,unbequeme‘‘ Denkmale.

2. ,,Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmale?‘‘ oder ,,Denkmale im Abseits‘‘:

2.1. Die Graf-Douglas-Villa:

Im 12. und 13. Jahrhundert waren es die askanischen Grafen von Aschersleben, die als Fürsten von Anhalt durch ihre Residenz dem seit 1266 mit dem Stadtrecht verliehenen Ort zu Anerkennung und Wohlstand verhalfen. Das Dreistädtebündnis, das die Stadt 1326 mit den Nachbarstädten Quedlinburg und Halberstadt schloss und das 150 Jahre hielt, verschaffte ihr eine herausragende Machtstellung, die weit in den mitteldeutschen Raum ausstrahlte[1]. Bemerkenswert sind die verschiedenen Baustile, die sich im Stadtbild zeigen. Ein Beispiel hierfür ist die Graf-Douglas-Villa im Stil des Spätklassizismus. Es handelt sich hierbei um einen ortsbildprägenden, großen Putzbau mit Turm und unterschiedlich hohen Gebäudeteilen (Abb. 1). Im Inneren der Villa sind noch ein Ofen und mehrere Türen aus der Erbauungszeit erhalten. Es existieren einige Nebengebäude, die zum Teil aus Fachwerk und zum Teil aus Ziegeln bestehen. Laut Denkmalverzeichnis stammt der Bau aus dem späten 19. Jh.[2]. Eine der ersten Zeichnungen von der Villa stammt von dem Architekten G. Weber aus dem Jahr 1858 (Abb. 2)[3]. Er entwarf die Villa für Gustav Douglas. Er hatte von 1832-1856 das Amt des Bürgermeisters in Aschersleben inne und ließ sich in der Ermslebener Straße 6, heute entspricht das der Hausnummer 10, ein Wohnhaus bauen. Bereits 1871/77 kam es zu einer Vergrößerung des Wohnhauses (Abb. 3). Dies blieb jedoch nicht die einzige bauliche Veränderung. Ein weiterer wichtiger Umbau fand 1919 statt. Zu dieser Zeit war die Villa im Besitz von Dr. med. Karl Kuntzsch, der hier eine Frauenklinik einrichtete. Die ehemaligen Wohnräume wurden in Operations-, Vorbereitungszimmer und Krankensäle umgebaut (Abb. 4). 1938 folgte dann der Anbau zweier Wohnräume. Die unterschiedlichen Verwendungszwecke der Villa sind nicht lückenlos nachweisbar.1986 erfolgte die Aufstellung einer Baracke, die nach der Nutzung als Baustelleneinrichtung später für die Lehrunterweisungen von Maurerlehrlinge verwendet werden sollte. Zwischenzeitlich wurde die Villa wohl als Jugendwerkhof genutzt und später dann als Jugendwohnheim. Seit dieser Zeit, steht die Villa leer. Der Zustand ist dementsprechend desolat. Die zahlreichen Anbauten aus unterschiedlichen Materialien und Zeiten lassen die Villa uneinheitlich wirken und zerstören das Gesamtbild. Trotz dieser Makel ist die Douglas-Villa ein Baudenkmal und das nicht zuletzt durch den ortsbildprägenden Turm und dem spätklassizistischen Hauptgebäude. Trotz dieser ,,harter Kriterien‘‘ besteht kein öffentliches Interesse an der Villa. Der momentanen Besitzer konnte nicht ermittelt werden, ersichtlich ist nur, dass das Gebäude seit einiger Zeit zum Verkauf steht. Hierbei spielt die Lage sicherlich eine wichtige Rolle. Die Ermslebener Straße liegt am Stadtrand und führt aus der Stadt hinaus. Das Grundstück ist direkt an der Straße gelegen (Abb. 5) und in einer unattraktiven Umgebung, die von einer Tankstelle, einer großen Lebensmittel-Einzelhandelskette und einigen kleineren Wohnhäuser geprägt ist. Eine erneute Nutzung als eine Klinik würde sich nicht lohnen, da Aschersleben bereits ein Krankenhaus besitzt und in der nächsten Nähe zu zahlreichen weiteren Kliniken liegt. Der Blick von der Straße auf die Villa wird durch eine hohe Mauer und die vernachlässigte Vegetation verwehrt (Abb. 6). Auch dies könnte ein Grund sein, dass das Denkmal kein nennenswertes öffentliches Interesse weckt. Für die meisten Vorbeifahrenden fällt nur der, über die Mauerflucht hinausragende, Turm auf. Hier spielt die Vermittlung von Informationen und die Kommunikation eine große Rolle. Für Menschen, die sich nicht weiter mit dem Thema beschäftigen, fällt es deshalb schwer zu verstehen, warum die Villa unter Denkmalschutz steht. Denn hier leistet die Stadt oder der aktuelle Besitzer keinerlei Arbeit, um die Wahrnehmung des Denkmals zu unterstützen. Vielmehr gerät das Gebäude immer mehr und mehr in Vergessenheit, bis der zunehmende schlechte bauliche Zustand überhandnimmt und das Gebäude nicht mehr zu retten ist.

2.2. Der Krappsche Turm:

Das wertvollste mittelalterliche Baudenkmal der Stadt ist die eindrucksvolle Stadtbefestigungsanlage. Der ehemals 2,3 km lange Mauerring umfasste den gesamten Stadtkern. Von den damaligen 51 Türmen und Schalen sind heute noch 15 mehr oder weniger gut erhalten (Karte 1). Keine der Nachbarstädte, wie Quedlinburg, Halberstadt, Wernigerode, Staßfurt oder Bernburg kann Reste ihrer Stadtbefestigung in solchem Erhaltungsgrad und in einer solchen Geschlossenheit aufweisen. Für jemanden der nicht mit den Türmen der Stadt vertraut ist, fiel der Krappsche Turm nicht weiter auf. Der Turm zeigte sich nur noch als schmaler über die Hauswand hinausragender Bau (Abb. 7, Karte 1. Nr. 18). Da er um 1880 in ein Haus einbezogen wurde (Badstuben 14, ebenfalls ein Baudenkmal), ist er keine 10 m hoch und wurde einst mit einem Satteldach versehen[4]. Laut Kilian wurde der Turm 1441 erbaut und war ca. 30 m hoch[5]. Die Grundfläche des Turmes beträgt 4,77 x 4,77 m[6]. Trotz der geringen Ausmaße des Krappschen Turmes war er keineswegs unbedeutend. Er bildete den nördlichen Abschluss des Elisabethzwingers. Schon in der DDR war man sich der Bedeutung der Stadtbefestigungsanlage bewusst und nahm sie in die zentrale Denkmalliste (Nr. 143) auf[7]. Was heute in dem alten Mauerring nicht mehr vorhanden ist, verschwand nach 1722. In diesem Jahr verzichtete der König von Preußen auf die militärische Nutzung der Verteidigungsanlagen[8]. Die Anlagen und Türme blieben in der Zeit nicht einfach ungenutzt stehen. Ein Teil der Türme und Bastionen wurde an Bürger zum Ausbau als Wohn- und Wirtschaftsräume verpachtet. Dies sehen wir z.B. noch heute am Liebenwahnschen Turm (mit dem Fenster zur Breiten Straße) und am Krappschen Turm. Zusätzlich wurden die Türme als Verliese benutzt, weshalb die meisten Untergeschosse der Türme als solche ausgebaut wurden. Bevor die Kunstschatulle hier ihren Sitz fand, war das Gebäude eine Fleischerei, dies sieht man besonders jetzt nach dem Abriss noch an einigen Stellen. So sind z.B. an der Stadtmauer noch Haken zu erkennen, an denen die Tiere festgemacht wurden und der Fliesenspiegel ist ebenfalls noch deutlich sichtbar (Abb. 8). Wenn man den Standort des Turmes heute besichtigt bietet sich ein ungewohnter Anblick. Wo bis vor kurzem noch die ehemalige Kunstschatulle das Ende der Straße Badstuben markierte, breitet sich jetzt eine leere Fläche aus. Genauer gesagt eine fast leere Fläche. Denn der Krappsche Turm als Teil der Stadtbefestigung ist stehen geblieben (Abb. 9). Erst durch diesen Abriss wird deutlich, wie sehr der Turm Teil des Hauses gewesen ist. Der Abriss hat die Ansicht der Altstadt verändert und macht klar, welche Bedeutung Stadtentwicklung hat. Der Eigentümer des Grundstücks, Mike Schubert, hätte das Gebäude gern erhalten. ,,Normalerweise sind wir sehr daran interessiert, historische Substanzen zu bewahren und zu erhalten und hatten das mit der Kunstschatulle auch vor‘‘[9]. Jedoch wurden die Schäden des jahrelang leerstehenden Gebäudes unterschätzt. Das ganze Haus war von Schwamm befallen und Setzungserscheinungen beeinträchtigten die Statik. Während das Haus von der Straßenseite zumindest äußerlich noch ganz gut aussah, sei hinten auf dem Hof schon ein Teil des Gemäuers zusammengebrochen. Hier wäre eine Sanierung für den Besitzer wirtschaftlich nicht tragbar gewesen. Vor dem Abriss ließ er das ebenfalls unter Denkmalschutz stehende Haus ausführlich mit Hilfe der Fotogrammetrie dokumentieren. Der Besitzer steht im engen Kontakt mit der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises, da durch den nun fehlenden ,,Schutz‘‘ des Turmes baldiger Handlungsbedarf besteht. Auch die freie Fläche neben dem Turm soll auf mittlere Sicht nicht frei bleiben. Die genauen Pläne hat Schubert jedoch noch nicht öffentlich gemacht. Der Turm sollte wie die anderen Anlagen saniert werden und der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden. In diesem Bereich bietet die Stadt viele Möglichkeiten an, um sich mit der Geschichte und der damit verbunden Stadtbefestigung auseinanderzusetzen. Am Tag des offenen Denkmals sind die Türme für Besucher begehbar und es werden mehrmals im Jahr Führungen ,,Über den Dächern der Stadt‘‘ angeboten. Der Krappsche Turm ist als Teil des wichtigsten mittelalterlichen Denkmals der Stadt von unschätzbarem Wert. Im Falle des Turms spielt die Kommunikation, die Informationen und die Vermittlung von Wissen bei der Wahrnehmung des Denkmals eine sehr große Rolle. Bis zum Anfang des Jahres war das Denkmal so versteckt, das es von den Leuten, die sich nicht mit der Befestigungsanlage auskannten, achtlos an ihm vorbeigingen. Die meisten der Anlagen erhielten im Zuge der Landesgartenschau eine eigene Informationstafel. Dieses Denkmal hingegen wurde offensichtlich als so unwichtig empfunden, dass es als einziges der noch stehenden Türme keine solche Tafel erhielt. ,,Man sieht nur das, was man weiß‘‘ zeigt sich an diesem Beispiel am deutlichsten. Es bleibt zu hoffen, dass der Besitzer dem Turm zu dem Glanz verhilft, der ihm zusteht.

[...]


[1] Vgl. Reisberg – Kleinau 2003: S. 39.

[2] Vgl. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt 2000, S. 37.

[3] Die folgenden Informationen stammen aus der Akte der Unteren Denkmalschutzbehörde des Salzlandkreises.

[4] Vgl. Brinkmann 1904: S. 107.

[5] Vgl. Kilian o. J. a.

[6] Vgl. Brinkmann 1904: S. 107.

[7] Vgl. Initiativgruppe Bau- und Stadtgeschichte im Kulturkreis ,,Adam Olearius‘‘ Aschersleben 2002: S. 13.

[8] Vgl. Förderkreis Restaurierung und Erhaltung der historischen Stadtbefestigungsanlage Aschersleben e. V. 1993: S. 8.

[9] Beier, K.: Historische Gebäude, immer mehr Abrisse in: Mitteldeutsche Zeitung, Aschersleben 10.01.2013.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Jenseits des Guten und Schönen. Unbequeme Denkmäler
Untertitel
Krappscher Turm, Graf-Douglas-Villa und Staßfurter Warte in Aschersleben
Hochschule
Hochschule Anhalt - Standort Dessau  (Fachbereich 3)
Veranstaltung
Methodologie der Denkmalpflege 1
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
22
Katalognummer
V279273
ISBN (eBook)
9783656720584
ISBN (Buch)
9783656722045
Dateigröße
2890 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
jenseits, guten, schönen, unbequeme, denkmäler, krappscher, turm, graf-douglas-villa, staßfurter, warte, aschersleben
Arbeit zitieren
Bachelor of Arts, Master of Science in Heritage Management Anne Schwarz (Autor:in), 2013, Jenseits des Guten und Schönen. Unbequeme Denkmäler, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279273

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