Motive und ihre Entstehung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2000

18 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Versuche der Verhaltenserklärung
2.1. Erster Blick: Eigenschaftspsychologie
2.2. Zweiter Blick: Reiz-Reaktionspsychologie
2.3. Dritter Blick: moderne Motivationspsychologie

3. Motiv
3.1. Motiv vs. Motivation
3.2. Motive: wiederkehrende Anliegen

4. Das Leistungsmotiv
4.1. Voraussetzungen
4.2. Kausalattribuierung als Voraussetzung
4.3. Angeborene Unterschiede
4.4. Leistung und Intelligenz

5. Einflußfaktoren der Motiventwicklung
5.1. Herausforderung der Situation und individuelles Leistungsmotiv
5.2. Gesellschaftliche Realisierungsmöglichkeiten
5.3. Einfluß des soziokulturellen Lebensraums auf die Motiventwicklung
5.4. Motiv ist nicht Verhalten
5.5. Unerwünschte Entwicklungen des Motivs

6. Literatur

1. Einleitung

Wenn man die Frage nach Motiven stellt, mögen Menschen die unterschiedlichsten Assoziationen parat haben. Der eine denkt an Fotomotive, ein anderer vielleicht an Lokomotive. Für die psychologische Forschung sind indes die Motive des Menschen von besonderem Interesse, die Motive, die das Individuum dazu bringen bzw. es veranlassen etwas bestimmtes zu tun oder auch nicht, also allgemein gesprochen: sich zu verhalten.

Auf die Frage, warum sich der Mensch so verhält, wie er sich verhält, bekäme man bei einer Zufallsumfrage ganz unterschiedliche Antworten zu hören. Der Mensch handelt aus Leidenschaft oder Begierde, wären mögliche Antworten, die affektive Erklärungsmöglichkeiten zugrunde legen. Instinkt, Interesse, Neigung, Wille oder Wunsch könnten als andere Antriebe des Menschen vermutet werden.

Dies sind jedoch allesamt vorpsychologische Erklärungen, wobei es nicht verwundern kann, wenn Menschen diese Erklärungen vergleichsweise schnell parat haben, denn das Handeln des Menschen ist tagtäglich im Alltag zu beobachten; dabei ist eine ganze Fülle von Auffälligkeiten festzustellen.

- Das Handeln des Mensch ist zielgerichtet, auch wenn es sich über einen langen Zeitraum erstreckt, beispielsweise beim Liebeswerben, wo dem Angebeteten unter Umständen über einen langen Zeitraum immer wieder „der Hof gemacht“ wird.
- Es ist eine Vielfältigkeit der konkret verfolgten Handlungsziele zu beobachten und zwar sowohl in gleichen wie in ungleichen Situationen. Daraus ergibt sich die Frage, wieweit allgemeine Klassen von Handlungszielen ableitbar sind, was in jedem Fall vom Verallgemeinerungsniveau abhängig ist, denn während Sigmund Freud mit zwei Trieben, nämlich dem Sexual- und dem Todestrieb auskommt, differenzieren andere 18 bis 27 verschiedene Haupttendenzen bzw. Bedürfnisse1.
- Das Handeln des Menschen verläuft nicht immer erwartungsgemäß, situationsgemäß oder verständlich, wenn zum Beispiel ein eifriger Feuerwehrmann sich als Pyromane entpuppt und selbst Brände legt oder ein Kind zu lachen anfängt, wenn im Märchen der Wolf die Großmutter frißt.

Wenn vorschnell Versuche zur Erklärung dieser Phänomene vorgenommen werden, besteht die Gefahr eines Zirkelschlusses, so wenn etwa Spielhandlungen von Personen auf den „Spieltrieb“ zurückgeführt werden, „benennt ‚Spieltrieb‘ nur das zu Erklärende.“2

2. Versuche der Verhaltenserklärung

Um sich der Ausgangsfrage nach dem „Warum“ des menschlichen Verhaltens zu nähern, versucht Heinz Heckhausen eine Verhaltenserklärung auf den ersten, den zweiten und den dritten Blick. Das Verhalten des Menschen betrachtet Heckhausen unter dem Blickwinkel der Eigenschaftspsychologie, der Reiz-Reaktionspsychologie und der modernen Motivationspsychologie. Hier soll dieser Annäherung gefolgt werden.

2.1. Erster Blick: Eigenschaftspsychologie

Die Eigenschaftspsychologie führt individuelle Unterschiede auf feste Eigenschaften von Personen zurück. Und „Motive sind eine Gruppe solcher Eigenschaften.“3 Folgende

Grunderfahrungen legen den Schluß nahe, daß unterschiedliche Verhaltensweisen auf diese Motiveigenschaften zurückführbar sind:

1. Individuelle Unterschiede beim Handeln von Mensch sind feststellbar.
2. Eine Konsistenzüber Situationen hinweg ist gegeben.
3. Es existiert eine Stabilitätüber die Zeit hinweg.

Das heißt also, daß zu beobachten ist, daß
1. sich verschiedene Personen in gleichen Situationen nie alle gleich verhalten,
2. in ähnlichen Situationen sich dieselben Personen gleich oder ähnlich verhalten,
3. sich in gleichen Situationen dieselben Personen so verhalten, wie sie sich früher schon in der gleichen Situation verhalten haben.

Aus der Verbindung dieser drei Faktoren leitet die Eigenschaftspsychologie überdauernde individuelle Eigenschaften, sogenannte Wesenseigenschaften von Personen ab. Diese führen in bestimmten Situationen (also unter bestimmten Anregungsbedingungen) zu bestimmtem Handeln von diesen Personen. Es ist also von einer Interaktion zwischen Motiven (als Persönlichkeitseigenschaften) und Situationsfaktoren zu sprechen.

Schließlich wendet sich der Blick der psychologischen Forschung weg vom Handlungsträger, hin zur Situation.

2.2. Zweiter Blick: Reiz-Reaktionspsychologie

Dieser zweite Blick kann sich nicht mehr auf alltägliche Beobachtungen stützen, sondern greift auf Forschungsergebnisse zurück, die ein Verdienst der Reiz-Reaktionstheorien (S-R- Theorie für stimulus-reponse) sind. Hierbei erfolgt die Erklärung von Änderungen individuellen Verhaltens unter detaillierter Situation-Reiz-Kontrolle. Die so gewonnenen Erkenntnisse verpflichten zum Revidieren der Eindrucksperspektiven, die unter 2.1 gewonnen wurden.

1. So sind gleiche Situationen eben nicht für alle gleich, die Gleichheit erscheint nur von außen als eine solche, das heißt in wirklich gleichen Situationen verhalten sich verschiedene Personen eben doch gleich, wenn die Situation von ihnen „im gleichen Sinne wahrgenommen und beurteilt“4 wird.
2. Situationen, in denen eine Person gleiches Verhalten zeigt, können äußerlich sehr wohl unterschiedlich sein, die Ähnlichkeit besteht dann in den Handlungs folgen, die der Handelnde in der Situation vorwegnimmt, also die Folgen die er erwartet, wobei diese Erwartung der Folgen für Außenstehende nicht sichtbar ist.
3. Zwar ist in der Gesellschaft mehr oder minder institutionalisiert, was im einzelnen auf welche Handlung folgt, d.h. die Normen, an denen unser Handeln beurteilt wird, liegen fest, beispielsweise in der Schule oder der Familie. Deswegen ist ein Ausrichten des Verhaltens an leicht voraussagbaren Handlungsfolgen möglich, es ist also diese Stabilisiertheit der Handlungsfolgen, die das Handeln einer Person stabil macht und weniger die Persönlichkeitszüge.

Da nach dem geschärften Blick auf die Situation immer noch ein „unaufgeklärter Rest“5 bleibt, folgt ein weiterer Blick.

[...]


1 Cf. Heinz Heckhausen „Motive und ihre Enststehung“ in: F.E. Weinert, C.F. Graumann, H. Heckhausen, M. Hofer et al. (1975) Pädagogische Psychologie (Funk-Kolleg). Frankfurt a.M.: Fischer, p. 136.

2 Ibid.

3 Ibid., p. 137.

4 Ibid., p. 138.

5 Ibid., p. 140.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Motive und ihre Entstehung
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Schulpsychologie)
Veranstaltung
Lern- und Leistungsmotivation in der schule
Note
gut
Autor
Jahr
2000
Seiten
18
Katalognummer
V27920
ISBN (eBook)
9783638298360
Dateigröße
542 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Wie kann Verhalten aus Sicht der PSychologie erklärt werden, was ist ein Motiv? Nach klärung dieser Fragen geht es um das Leistungsmotiv, Leistung und Intelligenz bevor Einflussfaktoren der Motiventwicklung untersucht werden.
Schlagworte
Motive, Entstehung, Lern-, Leistungsmotivation
Arbeit zitieren
Ralf Strauss (Autor:in), 2000, Motive und ihre Entstehung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27920

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