Argumente zur gesetzlichen Frauenquote in Deutschland


Seminararbeit, 2012

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

Abbildungsverzeichnis. III

1. Einleitung. 1

2. Was ist die Frauenquote?. 3

2.1 Wichtige Begriffe im Rahmen der Debatte. 3

2.2 Gründe für die Ungleichverteilung. 5

2.3 Mögliche Ausprägungsformen der Frauenquote. 6

3. Was für die Frauenquote spricht 7

3.1 Juristische Dimension. 7

3.2 Moralische Argumente. 9

3.3 Argumente im Hinblick auf die Praxis. 10

4. Argumente gegen die Frauenquote. 12

4.1 Das Problem der „umgekehrten Diskriminierung“. 12

4.2 Leistung contra Quote?. 14

4.3 Das Rechtfertigungsproblem der „Quotenfrau“. 15

5. Schlussbetrachtung. 17

Literaturverzeichnis. 19

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Übersicht wichtiger Begriffe... 5

1. Einleitung

Ein überparteiliches Bündnis von weiblichen Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen und VertreterInnen verschiedener Frauenverbände stellte im Rahmen einer Pressekonferenz im Dezember 2011 die so genannte „Berliner Erklärung“ vor, um ihrem politischen Ziel einer verpflichtenden Frauenquote von 30 % in den Aufsichtsräten deutscher Unternehmen Nachdruck zu verleihen. [1]

„Unser Ziel ist, mehr Frauen in die Entscheidungsprozesse der Wirtschaft einzubeziehen - paritätisch und gleichberechtigt. Alle bisherigen Versuche, dieses Ziel mit freiwilligen Vereinbarungen zu erreichen, sind gescheitert. “[2]

Mit Verweis auf Staaten wie Italien oder Spanien, in denen gesetzliche Frauenquoten bereits umgesetzt wurden, ist es Ziel der mit der Berliner Erklärung verbundenen Petition, einen entsprechenden Gesetzesentwurf an Bundeskanzlerin Angela Merkel heranzutragen und dessen politische Umsetzung zu bezwecken. [3] Die Berliner Erklärung repräsentiert einen Ausschnitt aus der Debatte über das Für und Wider einer gesetzlichen Frauenquote in Deutschland, die vor allem durch politische Forderungen verschiedener Art, initiiert durch verschiedene politische Strömungen und VertreterInnen immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit rückt. So unter anderem durch den Vorschlag der Familienministerin Kristina Schröder einer gezwungenen Selbstverpflichtung für Unternehmen zur Einhaltung bestimmter Anteilsquoten weiblicher Führungskräfte in Unternehmensvorständen im Oktober 2011. [4] Dabei findet die Idee einer Frauenquote nicht nur BefürworterInnen, sondern auch vehemente GegnerInnen. So kommentiert der Journalist Olaf Preuß im Hamburger Abendblatt, deutsche Unternehmen, die bestimmte Geschlechter diskriminieren, würden damit ohnehin ihre eigene Leistungsfähigkeit einschränken und sich gewissermaßen selbst bestrafen. Auch befürchtet er eine mit der Frauenquote einhergehende Schädigung der Qualität der Führungsgremien, da diese nun möglicherweise mit „Proporzfrauen“ besetzt würden, die dort nach Leistungsgesichtspunkten gar nicht hingehörten. Gleichzeitig erkennt er allerdings an, dass Frauen in den Führungsgremien der deutschen Unternehmen unterrepräsentiert sind.[5]

Innerhalb der Debatte, auch der dieser Arbeit zugrunde liegenden Literatur, besteht weitestgehend ein Konsens darüber, dass letztlich soziale Gerechtigkeit ein Hauptziel politischer Handlungen sein soll. Ziel dieser Arbeit ist es aufzuzeigen, dass die Argumentation für und wider einer gesetzlichen Frauenquote entscheidend davon abhängt, welches Verständnis von sozialer Gerechtigkeit der Argumentation zugrunde liegt. So wird auf Seiten der BefürworterInnen tendenziell Verteilungsgerechtigkeit gefordert, die sich dann als realisiert darstellt, wenn im Ergebnis, das heißt im Endzustand, die einflussreichen und als wichtig geltenden gesellschaftlichen Stellungen unter Frauen und Männern gleich aufgeteilt sind oder die Verteilung von Frauen und Männern in der Gesamtbevölkerung anteilig repräsentieren. Die Frauenquote wäre demnach ein legitimes Instrument zur Herbeiführung einer solchen Verteilungsgerechtigkeit. Auf Seiten derjenigen, die die Frauenquote ablehnen, ist tendenziell die Forderung nach Chancengerechtigkeit zu finden. Gemäß derer ist soziale Gerechtigkeit dann realisiert, wenn alle Menschen – unabhängig ihres Geschlechts – die gleichen Chancen zur Erlangung der besagten Positionen im Ausgangszustand besitzen und sich diese rechtmäßig im fairen leistungsorientierten Wettbewerb verdienen müssen. Frauenquoten sind nach diesem Verständnis sozialer Gerechtigkeit abzulehnen, da sie diesem als meritokratisch bezeichneten Prinzip[6] widersprächen und eine Teildiskriminierung des mehrheitlich repräsentierten Geschlechts – in aller Regel der Männer – akzeptieren.

Im Rahmen dieser Arbeit wird bewusst darauf verzichtet, Stellung zu beziehen. Vielmehr sollen die Argumentationsansätze der jeweiligen Positionen gegenübergestellt werden, um aufzuzeigen, inwiefern sich die verschiedenen Verständnisse von sozialer Gerechtigkeit auf die bezogene Position auswirken. Hierzu werden im zweiten Kapitel zunächst wichtige Begriffe im Rahmen der Debatte voneinander abgegrenzt, die Gründe für die vorherrschende Ungleichverteilung der gesellschaftlich wichtigen Positionen unter den Geschlechtern aufgezeigt und mögliche Ausprägungsformen der Frauenquote skizziert. Im dritten Kapitel werden die Argumente für eine Frauenquote zusammengetragen. Dabei werden eine juristische, moralische und praktische Dimension unterschieden – ähnlich der entsprechenden Literatur. Dem folgt im vierten Kapitel die Darstellung der Argumente gegen eine Frauenquote, wobei nicht anhand der vorgenannten Dimensionen, sondern der Hauptargumente, namentlich der Diskriminierung der Männer, der fehlenden Leistungsanreize und des Rechtfertigungsproblems der „Quotenfrau“ differenziert wird. Abschließend werden die gewonnenen Erkenntnisse in einer Schlussbetrachtung zusammengefasst.

2. Was ist die Frauenquote?

Nachfolgend werden zunächst wichtige Grundbegriffe der Debatte voneinander abgegrenzt. Im Anschluss werden Gründe für die Ungleichverteilung aufgezeigt und einige Ausprägungsformen der Frauenquote skizziert.

2.1 Wichtige Begriffe im Rahmen der Debatte

Innerhalb der sich mit der Frauenquote auseinandersetzenden Literatur sind wiederholt die Begriffe der Gleichberechtigung, Gleichstellung , Chancengleichheit, Verteilungsgerechtigkeit und Chancengerechtigkeit zu finden. Mit ihrer Verwendung deuten die Autorinnen und Autoren die Verfolgung dieser Gleichheits- und Gerechtigkeitsideale an. [7] Problematisch ist allerdings ihre unterschiedliche und zum Teil widersprüchliche Verwendung innerhalb der Literatur. Nur wenige Autorinnen und Autoren nehmen hier eine explizite Abgrenzung vor. Ansätze finden sich bei Leicht-Scholten[8] und Jarosch. [9]

Die Begriffe Gleichberechtigung und Gleichstellung ordnen sich dem Begriff der Chancengleichheit unter, der hier einer Dualität unterliegt: Gleichberechtigung bedeutet die Gleichheit – in diesem Fall der Geschlechter – vor dem Gesetz im Ausgangszustand. Hier wird auch von formaler Chancengleichheit gesprochen.[10] Gleichberechtigung existiert dann, wenn der Grundsatz der Chancengleichheit gesetzlich verankert ist. [11] Der Begriff der Gleichstellung geht hier weiter. Er impliziert einen „Anspruch auf (…) soziale Veränderung“ [12] im Sinne der Möglichkeit, im Einzelfall gegen Ungleichbehandlung vorzugehen.[13] Hier wird vonsubstantieller Chancengleichheit gesprochen. [14] Leicht-Scholten erachtet Gleichstellung als Notwendigkeit, da durch den ihrer Ansicht nach allgemeingültigen Begriff der Gleichberechtigung die soziale Wirklichkeit ausgeblendet würde, die demnach einen Mangel an praktischer Umsetzung der Chancengleichheit zeige. Ziel der Gleichstellung ist die gleiche Partizipation von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen.[15] Gleichstellung sei daher nach Boshammer / Kayß kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck der Chancengleichheit, wobei die Frauenquote ein legitimes Instrument der Gleichstellung darstellt.[16] Entsprechend verwenden GegnerInnen der Frauenquote tendenziell den Begriff der Gleichberechtigung, während BefürworterInnen meist den Gleichstellungsbegriff gebrauchen. [17]

Neben dem Begriff der Chancengleichheit spielt der damit korrelierende Begriff der sozialen Gerechtigkeit eine ebenso wichtige Rolle. [18] Auch dieser Begriff unterliegt der angesprochenen Dualität: Im substantiellen Ansatz ist eine Gesellschaft nach Herrmann demnach nur dann gerecht, wenn die Individuen gleichgestellt sind. [19] Daraus schließt sie, dass eine Gesellschaft, in der die Güter ungleich verteilt sind, mittels Gleichstellung gerechter gestaltbar sei. [20] Im Ergebnis wird von Verteilungsgerechtigkeit gesprochen, die dann erreicht ist, wenn gesellschaftliche Gruppen die gleiche Erfolgsrate aufweisen können und demnach „unsichtbare Vorteile privilegierter Gruppen“ neutralisiert sind. Es wird demnach eine latente Unterdrückung durch diese privilegierten Gruppen, in diesem Fall der Männer, angenommen, die es zu neutralisieren gilt, um Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen. Entscheidend ist hier der bewusste Einschnitt in die formale Chancengleichheit als Mittel zum Zweck der Erreichung dieser Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit. Entsprechend wird die Frauenquote als ein gerechtes Instrument erachtet, auch wenn es im Zweifelsfall die formale Chancengleichheit zuungunsten der Männer beschneidet. [21] Oft wird hier auf die Gerechtigkeitstheorie des amerikanischen Philosophen John Rawls zurückgegriffen, wonach eine reine Fokussierung auf den formalen Ansatz der Chancengleichheit auf Grund der „Lotterie der Natur“, also den unverschuldeten individuellen Eigenheiten der Menschen, nicht notwendigerweise zu Gerechtigkeit führe. [22] Im formalen Ansatz der Gerechtigkeit, meist als Chancengerechtigkeit bezeichnet, herrscht Gerechtigkeit dann vor, wenn Individuen unabhängig ihres Geschlechtes im Ausgangszustand die Möglichkeit haben, basierend auf ihren Leistungen und Fähigkeiten im fairen Wettbewerb gleichberechtigt um Positionen zu konkurrieren. Daher, argumentiert Gräfrath, kann keine bestimmte Verteilung als Gerechtigkeitsmaßstab betrachtet werden. Soziale Gerechtigkeit wird also am Ausgangs- und nicht am Endzustand gemessen. [23] Entsprechend verstößt jede Maßnahme, die Gleichstellung jenseits der Ausgangsbedingungen anstrebt, gegen diese meritokratische Vorstellung von Gerechtigkeit. Frauenquoten als Instrument der Gleichstellung sind nach diesem Verständnis abzulehnen. [24] In Abbildung 1 sind die Begriffe noch einmal der Übersicht halber dargestellt.

[...]


[1] Vgl. Spiegel Online (Hrsg.) (2011): http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,804056,00.html, abgerufen am 08.01.2012.

[2] Verband deutscher Unternehmerinnen (Hrsg.) (2012): http://www.berlinererklaerung.de/, abgerufen am 08.01.2012.

[3] Vgl. Spiegel Online (Hrsg.) (2011): http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,804056,00.html, abgerufen am 08.01.2012.

[4] Vgl. tagesschau.de (Hrsg.) (2011a): http://www.tagesschau.de/inland/frauenquote154.html, abgerufen am 17.10.2011.

[5] Vgl. Hamburger Abendblatt (Hrsg.) (2011): http://www.abendblatt.de/hamburg/article2061614/Die-Frauenquote-bringt-nichts.html, abgerufen am 17.10.2011.

[6] Vgl. Kayß / Ach (1999), S. 106.

[7] Vgl. Jarosch (2001), S. 29.

[8] Vgl. Leicht-Scholten (1997), S. 6ff.

[9] Vgl. Jarosch (2001), S. 29ff.

[10] Vgl. Rössler (1999), S. 34.

[11] Vgl. Leicht-Scholten (1997), S. 12.

[12] ebenda, S. 13f.

[13] Vgl. ebenda, S. 19.

[14] Vgl. Rössler (1999), S. 37.

[15] Vgl. Leicht-Scholten (1997), S. 20f.

[16] Vgl. Boshammer / Kayß (1999), S. 7.

[17] Vgl. Rössler (1999), S. 37.

[18] Vgl. Jarosch (2001), S. 29.

[19] Vgl. Herrmann (1999), S. 76.

[20] Vgl. ebenda, S. 82.

[21] Vgl. Jarosch (2001), S. 31f.

[22] Vgl. Kayß / Ach (1999), S. 108.

[23] Vgl. Gräfrath (1999), S. 62.

[24] Vgl. Jarosch (2001), S. 30.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Argumente zur gesetzlichen Frauenquote in Deutschland
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg  (Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Pädagogische Perspektiven auf Differenz: Begegnung mit dem Anderen
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
23
Katalognummer
V278925
ISBN (eBook)
9783656726715
ISBN (Buch)
9783656726654
Dateigröße
471 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
argumente, frauenquote, deutschland
Arbeit zitieren
Daniel Eberhard (Autor:in), 2012, Argumente zur gesetzlichen Frauenquote in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/278925

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