Literaturhistorische, poetologische und soziologische Bereiche der Anthologien


Bachelorarbeit, 2012

28 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Vorwort

II. Die grossen Meister
1. Der Titel
2. Angaben zum Buch
1.2 Der Herausgeber
2. Das Auswahlverfahren
3. Das Vorwort
4. Das Ordnungsprinzip
5. Paratext
6. Qualitat

III. British Poetry since 1945
1. Der Titel
2. Der Aufbau der Anthologie
2.1 Information uber den Herausgeber und Verlag
2.2 Die Widmung
2.3 Das Inhaltsverzeichnis
2.4 Die Danksagung
2.5 Das Vorwort
2.5.1DieAufgabe der Anthologie
2.5.2Nichtaufnahme
2.5.3 British Poetry - venire contra factum proprium
2.5.4Das Ordnungsprinzip
2.6 Der Textkorpus
2.7DerAnhang
2.8 Index
2.9 Paratext
10. Qualitat der Anthologie
10.1DieSelbstaufnahme

IV. The Norton Anthology of American Literature
1. Der Titel
2. Die Herausgeber
3. Das Vorwort
3.1 Bearbeitung
3.2 Bibliographie
4. Kommentar
5. Der Aufbau der Anthologie
6. Das Ordnungsprinzip
7. Paratext
8. Qualitat der Anthologie

V. TheOxford Anthology ofBritishLiterature
1. DerTitel
2. Der Aufbau der Anthologie
3. Herausgeber und Redakteure
4. Das Vorwort
4.1 Das Auswahlprinzip
4.2 Die Auslassungen
4.3 Bearbeitung
4.4 Illustrationen
5. Paratext
6. Qualitat

VI. Il canone della letteratura italiana
1. Der Titel
2. Die Herausgeber
3. DieWidmung
4. Das Vorwort
4.1DieAufgabe der Anthologie
4.2 Nichtaufnahme
5. Das Ordnungsprinzip
6. Paratext
7. Aufbau der einzelnen Kapitel
8. Qualitat

VII. Fazit

VIII. Nachwort

I. VORWORT

Anhand der vorliegenden Arbeit soil gezeigt werden, wie die hier behandelten Anthologien, stellvertretend fur die Allgemeinheit und Pluralitat aller Anthologien, „literaturhistorische, poetologische und soziologischeul Bereiche in sich vereinen und auf welche Weise sie verknupft werden. Dabei beziehe ich mich primar auf die Strukturiertheit der Werke, das heifit auf die soziologische Verbindung von Inhalt und Anthologist, auf die Anordnung und den Umfang der einzelnen Teilbereiche, auf das Vor- und Nachwort, Paratextualitat, die Auflagenstarke, bewusste Auslassungen, wie auch auf die Gestaltung bezuglich der Ubersichtlichkeit und Nachschlagemoglichkeiten. Schlussendlich mochte ich so die vermittelte Seriositat, Verwendbarkeit und Anwendungsgebiete der Anthologien aufzeigen. Die Analyse wird unter Zuhilfenahme der Deutschsprachigen Anthologie Band eins und zwei von Joachim Bark und Dietgar Pforte vorgenommen.

Zur Analyse habe ich folgende Werke herangezogen:

1. Die Grossen Meister. Deutsche Erzahler des 20. Jahrhunderts.
2. BritishPoetry Sincel945
3. The Norton Anthology of American Literature
4. The Oxford Anthology of English Literature
5. Il Canone della Letteratura Italiana. Antologia degli autori da Dante a Marino.

Die ersten beiden angefuhrten Werke umfassen einen konkreten zeitlichen Rahmen der prasentierten Literatur.

Die drei Letzteren erheben einen padagogischen und historischen Anspruch.

Um die Arbeit vornehmlich komparatistisch interessant zu gestalten, habe ich Anthologien verschiedener Sprachen und Lander gewahlt: deutsche, englische und italienische.[1]

II. Die Grossen Meister - Deutsche Erzahler des 20. Jahrhunderts

1. Der Titel

Der Untertitel weist durch die ihm inharenten Schlagworter, wie „deutsch“, „Erzahler“ und ,,20. Jahrhhundert“, auf eine Prosasammlung mit georgraphischer und zeitlicher Einschrankung hin. Der Obertitel „Die grossen Meister“ suggeriert eine Aufwertung und „Emporhebung“ der gesammelten Autoren durch das Adjektiv „gross“ und die Bezeichnung der Autoren als „Meister“. Daraus lasst sich schliefien, dass in dieser Anthologie populare Autorengrofien angefuhrt sind.

2. Angaben zum Buch

Das behandelte Werk besteht aus zwei Banden, wobei der erste 606 und der zweite 608 Seiten umfasst, und entspricht dem Buchformat einer Oktav.

Publiziert wurde die Anthologie im Bertelsmann Lesering ohne Angabe eines Erscheinungsjahres. Meinen Recherchen zufolge musste siejedoch in dem Zeitraum zwischen 1955 und 1963 entstanden sein, da Rolf Hochhut in dieser Periode als Lektor im Bertelsmann- Lesering tatig war, und im Zuge dessen bei der Herausgabe verschiedener Werkausgaben und Anthologien mitwirkte.[2] Es bedingenjedoch zwei Sachverhalte, dass die Anthologie 1963 erschienen sein muss. Erstens ist das Vorwort 1963 verfasst worden und es gibt keinen Hinweis darauf, dass es sich hierbei nicht um die erste Auflage handelt. Zweitens ist Otto Flakes „Des trockenen Tones satt“ erst im Fruhjahr 1962 erschienen. Bei der Herausgabe besagten Werkes durfte der Anthologist somit um die 30 Jahre alt gewesen sein.

An dieser Stelle sei anzumerken, dass der Titel der Anthologie zeitbezogen irrefuhrend ist, da der Publikationszeitraum der in ihr enthaltenen Werke nur 1900 bis ungefahr 1960 umfassen kann, ergo nicht das gesamte 20. Jahrhundert.

1.2 Der Herausgeber

Der 1931 geborene Herausgeber RolfHochhuth ist freier Autor und Dramatiker. Eine Lehre als Buchhandler bot ihm schon fruh die Moglichkeit, viel und ausfuhrlich zu lesen. Bereits zujener Zeit begeisterte er sich fur die Erzahlungen des 19. und 20. Jahrhunderts, insbesondere fur Thomas Mann. Hochhuths literarischer und kritischer Fokus liegt in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus.[3]

2. Das Auswahlverfahren

Das Auswahlprinzip der Anthologie ,,Grosse Meister. Deutsche Erzahler des 20. Jahrhunderts“ wird weitgehend in dem Vorwort von Rolf Hochhuth erklart.

Demzufolge wurden nur Autoren in die beiden Bande aufgenommen, deren Werk abgeschlossen ist. Mit nicht-vollendeten Werken meint Hochhuth an dieser Stelle Autoren, die dem Kriege zum Opfer gefallen waren und ihnen somit die Vollendung ihrer Werke versagt geblieben ist.

3. Das Vorwort

Das Vorwort umfasst zwei und eine dreiviertel Seite und wurde in Basel im Dezember 1963 von Rolf Hochhuth verfasst.

Der Anthologist entschuldigt sich fur das Nichtaufnehmen etwaiger Autoren - als Beispiele werden hier Anna Seghers und Joachim Maass genannt - und begrundet dies mit der unausweichlichen Notwendigkeit der Exklusion: ,,Man muss eine Auswahl treffen und wird allen Autoren und auch den aufgenommenen nie genug Wurde erweisen konnen.“4 Er bedauert ebenfalls den raumlichen Mangel einer Anthologie.

,,Wie immer man dieses Prinzip beurteilen mag: wer Anthologien macht, der mufi verzichten lernen, ja er mufi unrecht tun - die Bevorzugung oder Benachteiligung liegt oft schon im grofien oder - vergleichsweise - im zu geringen Umfang eines einzelnen Beitrages.“5 Des Weiteren wirbt er in seinem Vorwort um die Gunst des Lesers und bittet ihn um eine freundliche Aufnahme seiner Anthologie, um somit gegebenfalls eine - skurrilerweise - dritte Auflage des Sammelbandes zu ermoglichen.

Uber die Anordnung der Texte werden keine Angaben gemacht.

4. Das Ordnungsprinzip

Alle Autoren, ausgenommen Polgar und Hauptmann - sind nach Geburtsjahr geordnet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Sind zwei der Autoren im gleichen Jahr geboren, erfolgt die Reihung der auserwahlten Beitrage willkurlich:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dem Ordnungsprinzip der Geburtszeitpunkte folgend, fallen drei der insgesamt sieben Autorenpaare - beziehungsweise das Autorentrio Grimm, Mann und Rilke - aus der Chronologie, ebenso das Sterbejahr betreffend. Was das Alphabet der Autorennamen anbelangt, stimmt die Ordnung nach Vornamen uberein - Rilke ausgenommen. Bezuglich der Betrachtung der Nachnamen waren nur ein Autorenpaar und das Autorentrio in der richtigen alphabetischen Reihenfolge ubereinstimmend.

Die Einstimmigkeit der Ordnung nach Vornamen beziehungsweise Publikations- oder Erscheinungsdatum ist kongruent - mit Ausnahme von Rainer Maria Rilke.

5. Paratext

Der Anteil des Paratext des gesamten Druckerzeugnisses von 611 Seiten, von denen nur 606 nummeriert sind, betragt 1,01 %.[4]

Die Bertelsmann-AG, deren Buchvertrieb heute unter dem Namen Verlagsgruppe Random House agiert und 45 Verlage umfasst6, bezeichnet sich selbst in ihrer Firmenphilosophie als kapitalmarkt -

4 Qualitat

Zu den enthaltenen Primartexten gibt es keine editorische Notiz oder sonstige Informationen zur Erschliefiung der einzelnen Schriftstucke. Der Textkorpus wirkt nicht sonderlich gut strukturiert, da die einzelnen Beitrage sukzedan gereiht sind, ohne einen zyklischen beziehungsweise formalen Aufbau erkennen zu lassen. Dieses Faktum vermittelt dem Leser den adaquaten Eindruck, namlich dass es sich bei vorliegender Anthologie um eine reine Unterhaltungslekture handelt.

Die Seitenanzahl pro Autor und Werk ist ungleichmafiig verteilt. Dieser anthologistische Schonheitsfehler verstarkt ebenfalls nur den Eindruck, dass es sich in diesem Fall um keine wissenschaftlich etablierte Anthologie handelt, sondern nur dem Anspruch genugen will, seinem Leser in freizeitlichen Mufiestunden als Amusement zu dienen.

Auch das Erscheinen im Bertelsmann-Verlag, genauer im Bertelsmann-Lesering, ist bezeichnend fur die Qualitat der Anthologie.

und wertsteigerungsorientiertes Unternehmen.[5] [6] Niedrige Herstellungskosten und Lizenzgebuhren, Direktvertrieb, Popularliteratur, Massenproduktion und aggressive Kundenwerbung sind Stichworte, mit denen sich der ehemalige Bertelsmann-Lesering und auch der heutige Buchclub umschreiben lasst.[7] Die „leichte Kost“ und reinen ,,Unterhaltungswert“ der Anthologie wiedergebend meinte einst Otto Oelze ,,dass mehr als 80 % der gewonnen Mitglieder vorher zu den Menschen gehorten, die mehr oder weniger > ohne Buch < lebten“.[8]

Ein Quellenverzeichnis befindet sich auf den letzten Seiten der Anthologie, wobei erwahnt wird, dass der Abdruck der enthaltenen Erzahlungen mit freundlicher Genehmigung der Verlage und Erben erfolgte.

II. BRITISH POETRY SINCE 1945

1. Der Titel

Der Titel schildert den raumlichen und zeitlichen Gegenstand der Anthologie und bezeichnet deren literarische Gattung. Es handelt sich diesbezuglich und oberflachlich, weil fluchtig betrachtet, um einen ,,informativen Titel“[9].

Edward Lucie-Smith bezeichnet in seinem Vorwort die literarische Produktion in Grofibritannien ab 1945 als ,,what has been written since the war“. Gerade die neutrale Bezeichnung ,,the war“ lasst auf eine personliche Distanzierung zu den Geschehnissen des Zweiten Weltkrieges schliefien. Die Formulierung vermittelt einen apokalyptischen Einschnitt in die Menschheitsgeschichte, und somit auch in die ihr innewohnende literarische und dichterische Schopfung. Ebenso der Titel ,,British Poetry since 1945“ suggeriert quasi einen Neuanfang, eine Zeit, die das Jahr 1945 retrospektiv durch das Jahr 0 substituiert. Ergo gibt es eine Zeit vor 1945 und eine nachfolgende. So ubt der Anthologist bereits durch die Titulierung eine unterschwellige Kritik und annonciert der potentiellen Zielgruppe die politische Tendenz und den affektiven Inhalt seines Werkes. Der Titel transzendiert dem aufmerksamen Betrachter im Vorhinein das Selbstverstandnis des Autors.[10]

2. Der Aufbau der Anthologie

2.1 Information uber Herausgeber und Verlag

Edward Lucie Smith wurde 1933 in Jamaica geboren und ubersiedelte 1946 nach England, wo er Kunst studierte. Heute ist er als freiberuflicher Autor, Historiker und Kunstkritiker bekannt.[11] In der kurzen Information uber den Autor zu Beginn des Buches, wird auch Werbung fur weitere Bucher des Editors im Peguin Verlag gemacht.

Weiterfuhrend findet der Leser Informationen uber den Herausgeber und den Verlag anhand eines Titelblatts und eines Impressums.[12]

2.2 Die Widmung

Neben dem Titel und dem Layout gibt es noch weitere Elemente, wie etwa die Widmung, die dem Betrachter einen ersten Eindruck und eine Information uber die Anthologie und deren Herausgeber ubermitteln.

So lassen Zueignungen, ,,als literatur-soziologisch aufschlussreiche Quelle“[13], beispielshalber „Ruckschlusse auf die soziale Rangordnnung des Anthologisten zu“[14] [15].

Vermutlich mochte Edward Lucie-Smith anhand der Widmung an Walter White seine personliche Bindung mit dem Adressaten unterstreichen und intendiert einen gedanklichen Nexus hinsichtlich der Gleichstellung der eignen Person mit dem Genannten von Seiten des Lesers. Da White ebenfalls - wie Lucie-Smith selbst - ein Kunstkritiker und ,,arts administrator4416 war, findet durch diese Widmung eine Selbstinszenierung als Intellektueller anhand einer fiktiven Fraternisierung oder realen Kollegialitat statt. Der Anthologist konnte die Personlichkeit Eric Walter White als „Erkennungsmarke“[16] nutzen, um beim Rezipienten bestimmte Assoziationen zu wecken.

Die personliche Widmung wird von vielen Anthologisten auf eine Weise gestaltet, in der der Adressat zwar noch als Individuum auszumachen ist, in dem Individuum aber Kollektives beschlossen liegt. Der zufallige Leser - z.B. wir - partizipiert, die individuelle Widmung schlagt um in eine, zuvor berechnete, kollektive Widmung.[17]

Der Rezipient wird zu einer produktiven Nachempfindung gedrangt und im weiteren Sinne an sein Vertrauen appelliert.

[...]


[1] Die deutschsprachige Anthologie Bd. l

[2] Vgl. RolfHochhuth. S.129 f.

[3] Vgl. Ebda. S. 9 ff.

[4],,Die grossen Meister - Deutsche Erzahler des 20. Jahrhunderts“, S. 7

[5] www.randomhouse.de

[6] Vgl. www.bertelsmann.de

[7] Vgl. Bertelsmann. Hinter der Fassade des Medienimperiums. S. 138 ff.

[8] Ebda. S. 142

[9] Die deutschsprachige Anthologie. S. IC

[10] Vgl Ebda. S.XLII

[11] Vgl. www.edwardlucie-smith.co.uk

[12] Vgl. BritishPoety Since 1945.S.1 ff.

[13] Die deutschsprachige Anthologie. S. LXIX

[14] Die deutschsprachige Anthologie. S. LXIX

[15] http://library.mcmaster.ca

[16] Die deutschsprachige Anthologie. Bd. 1. S. LXX

[17] Ebda.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Literaturhistorische, poetologische und soziologische Bereiche der Anthologien
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Europäische und Vergleichende Sprach- und Literaturwissenschaft)
Veranstaltung
Die Anthologie
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
28
Katalognummer
V278425
ISBN (eBook)
9783656745341
ISBN (Buch)
9783656745327
Dateigröße
464 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Anthologie, Vergleichende Literaturwissenschaft, Komparatistik
Arbeit zitieren
Winnie Faust (Autor:in), 2012, Literaturhistorische, poetologische und soziologische Bereiche der Anthologien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/278425

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