Aufgaben und Ziele des Unterrichts und der Erziehung bei Sehbehinderten

Zusammenfassung ausgewählter Lerninhalte


Prüfungsvorbereitung, 2006

24 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Aufgaben und Ziele des Unterrichts und der Erziehung bei Sehbehinderten, ausgewählte Lerninhalte

Sehbehinderung

Grade:

- Krit. Visuswerte (Fernvisus mit optimaler Refraktionskorrektur (vgl. Nater; ICF)
- 4/5 bis 1/3 (0,8 – 0,3): geringgradig Sehbehinderte
- 1/3 bis 1/20 (0,3 – 0,05): Sehbehinderte i.e. Sinne (mittelgradig, gesetzlich)
- 1/20 bis 1/50 (0,05 – 0,02) oder Gesichtfeld kleiner als 10 °: hochgradig Sehbehinderte
- 1/50, 1/200 (0,02 – 0,005) oder Gesichtsfeld kleiner als 5 °: päd. Blindheit
- Lichtschein mit Projektion
- Lichtschein
- Visus 0: Amaurose

Häufigkeit:

0,2 % der deutschen Bevölkerung: blind (155.000)

0,6 % der deutschen Bevölkerung: sehbehindert (500.000)

70 % älter als 60 Jahre

0,002 % der Kinder und Jugendliche zwischen 0-18 Jahren sind blind (1.500); 7% davon sind völlig blind geboren

mehr Jungs bei Blinden 128:100, bei Sehbeh. 140:100 (durch Erbgangsgesetze)

Prof. Nater

- Sehbehindertenpädagogik ist eine Modifikation der Regelpädagogik (regelpäd. Erziehungs- und Bildungstheorien, sehbeh. Menschen sind bildungsbedürftig und -fähig)

- Die Modifikationen ergeben sich aus einem anthropologischen Verständnis sehgeschädigter Menschen (Ausgangspunkt: allgemeines Menschsein) / Berücksichtigung des Normalitätsprinzips (Modifikationen nur dann, wenn dies aufgrund modifizierter Bedingungen / Folgen der Sehschädigung erforderlich ist)
- Gleichbleibende Struktur des Erziehungs- und Bildungsprozesses (s. Folie)
- Kriterien für die Modifikationen erfordern umfassendes Verständnis vom Menschen (mit Sehschädigung)
- Anthropogene und soziokulturelle Bedingungen / Auswirkungen, Rückwirkungen
- Entscheidungsebene: Interdependenzen zwischen Zielen, Methoden, Medien und Organisationsformen (Strukturelle Komponenten des Erziehungs- und Unterrichtsprozesses)
- Ziele (Inhalte: materialer Aspekt; Intentionen: formaler Aspekt)
- Ziele sollten möglichst beibehalten werden
- Ziele, die voll erreicht werden können: Lesen und Schreiben
- Ziele, die partiell erreicht werden können: Versuchsaufbau in Physik, Chemie
- Ziele, über die nur Bedeutungswissen vermittelt werden kann (evtl. Malen von Aquarellen, Farbenlehre)
- Ziele, die für Sehbeh. völlig ohne Bedeutung sind, gibt es nicht, da der sehbeh. Mensch in einer Welt der Sehenden lebt, muss er zumindest Bedeutungswissen von den Sachverhalten gewinnen, die ihm wahrnehmungsmäßig nicht zugängig sind (Visualisationsbezug des Blinden)
- Rehabilitatorische Ziele (Förderung von Inhaltsbereichen, die im Regelbereich nicht mit der gleichen Intensität gefördert werden, weil sie nebenbei gelernt werden, z.B. O&M kann jedoch auch als Akzentuierung verstanden werden; Förderung kompensatorischer Fähigkeiten)
- Methoden
- Makroebene: Lern- und Lehrtheoretische Modelle
- Didaktische Großformen: handlungsorientierter Unterricht (Verständnis für den Prozess der Tätigkeit, Handlungsplan, Verlaufsplanung, Denkprozess; Lernen mit Kopf, Herz und Hand, Aktivierung aller Sinne, selbstverantwortlich, schülerorientiert, kollektiv / kooperativ, produktorientiert, viel Selbstkontrolle, Handlungsergebnis ermöglicht externe Überprüfung von Vorstellungen, schwerer zu benoten (z.B. Projekt, Schülerfirma, offener Unterricht), individualisierende und binnendifferenzierende Methoden
- Organisationsformen
- Blindengerechte Schulgebäude, Schulumfeldgestaltung, Funktionsräume
- Geschultes Personal
- Stundentafel
- Internat
- Integration
- Besonderheiten bei Sehbehinderten: organischer Sehschädigung (Körperstruktur: Fehlbildung / Köperfunktion: beeinträchtigtes Sehvermögen)
- Ätiologischer Aspekt (Verursachungsformen)
- Struktureller Aspekt (Missbildungen, Krankheitsprozesse)
- Funktioneller Aspekt (beeinträchtigtes oder fehlende Sehvermögen)
- Aus der Wechselwirkung zwischen physiologischer Beeinträchtigung und Anlage-, Erziehungs- und Umweltfaktoren können Erschwerungen des Lebens und Lernens (Aktivität: Lesestörung und Partizipation: Verlust der Arbeit) entstehen: funktionale Ebene
- Verschiedene Ebenen (den Entwicklungsbereichen zugeordnet: somatisch, psycho-somatisch, motorisch, sensorisch, sprachlich-kognitiv, sozial-emotional, existentiell)
- Konstrukte der Kompensation und Kompensationshilfen (physiologische und psychische Kompensation)
- Drei Entwicklungsschritte des Konstrukts:

1. ungestörtes Funktionieren
2. Analyse von Störfaktoren und deren Auswirkungen
3. Kompensation: physiologische und psychische

Rechtliche und politische Rahmenbedingungen

1. Grundgesetz (Artikel 3, Absatz 3: Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden); Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) von 2002
2. Gesellschaftliche und politische Entwicklungen (Empfehlungen auf internationaler Ebene: Salamanca-Erklärung der UNESCO von 1994; auf nationaler Ebene: Empfehlungen der KMK von 1994)
3. Schulgesetzgebung (2004), SopädVO (2005) und Richtlinien der einzelnen Bundesländer (Rahmenrichtlinien von 1988)

Wie wird die Modifikation in bildungspolitischen Vorentschei-dungen gesehen?

KMK 1994

Erziehung und Unterricht

- Ziele, Methoden, Organisationsformen und Medien werden dem Förderbedarf entsprechend ausgewählt
- Sonderpädagogik unterscheidet sich nicht prinzipiell von allgemein-pädagogischer Arbeit, aber hat subsidiäre Aufgaben

Förderschwerpunkte im Bereich des Sehens, der visuellen Wahrnehmung, des Umgehen-Könnes mit einer Sehschädigung

- Erschließung der Umwelt
- Entwicklung von Orientierungstechniken und Verhaltensweisen zur Bewältigung des Alltags
- Steigerung der Mobilität
- Erwerb LPF
- Aktivierung des Restsehvermögens, sowie der taktil-kinästhetischen und auditiven Wahrnehmung und der Sprache (leerem Wortwissen/Verbalismus entgegenwirken)
- Ausnutzung technischer Hilfsmittel
- Sicherheit in der Bewegung, gute Körperbeherrschung und Körperhaltung durch Schwimmen, Bewegungsspiele, Rhythmik, Sport und Tanz
- Bildnerisches Gestalten und Musik haben hohen Bildungswert

KMK 1998

1. Ziele und Aufgaben

1.1 Allgemeines

- Orientierung am Rahmenplan der allgemeinen Schule (bzw. lb oder gb)
- Erfüllung eigenständiger Bildungsaufgaben, die sich aus der Lebenswirklichkeit und dem zukünftigen Leben der Schüler mit Sehbehinderung ergeben
- Befähigung, Leben in sozialer Begegnung sowohl mit nichtbehinderten Menschen als auch mit sehbehinderten Menschen sinnerfüllt (Lebenssinn; Annahme der Behinderung, vertiefter Vollzug des gegenwärtigen und zukünftigen Lebens, Übernahme einer Aufgabe) zu gestalten, sich aktiv mit Auswirkungen der Sehschädigung auseinander zu setzen, Kompensationsmöglichkeiten zu entwickeln und auszuschöpfen

Erziehung und Unterricht

- Unterricht
- Grundlage: Bildungspläne der allgemeinen Schule
- Förderbedarf hat Konsequenzen für didaktisch-methodische Entscheidungen
- Unterricht muss entsprechend den Lernbedingungen modifiziert, differenziert und erweitert werden
- Gewährleistung von Grundvoraussetzungen: Klassenraumgestaltung, Lehr-Lernmittel, Medien, Unterrichtsorganisation
- Klassenraumgestaltung: ergonomische Ausrichtung des Arbeitsplatzes, höhen- und neigungsvariable Tische und Konzepthalter, blendungsarme Gesamtausleuchtung des Raumes, stufenlos zu schaltende Einzelplatzbeleuchtung bei erhöhtem Lichtbedarf, Fenstervorhänge bei Blendungsempfindlichkeit, klar strukturierte Anordnung des Mobiliars
- Lehr- und Lernmittel: Überprüfung der Eignung, Adaptation (Vergrößerungskopien, tastbare Landkarten, mit Braillezeichen versehene Spielkarten, Schutzvorrichtungen bei Werkzeugen und Maschinen), Umrüstung (elektronische Braillezeile am Computer, Reliefbilder, Punktschriftbücher), individuelle Ausstattung mit optischen und elektronischen Sehhilfen
- Unterrichtsorganisation: Anleitung zum Ordnung halten im Unterrichtsraum, Regelungen für den Schutz und die Unterbringung der individuell genutzten Medien im Klassenraum, Sicherheitsvorkehrungen zur Vermeidung von Verletzungen, klare Strukturierungshilfen insbesondere bei individualisierenden und offenen Unterrichtsformen und bei häufigem Methodenwechsel; Entwicklung einfacher Hilfen als Kompensationsmaßnahmen: z.B. Vorlesen des Tafelanschriebs oder von Arbeitsbögen

SopädVO (2005)

§ 3 Unterricht und Erziehung
- Rahmenlehrpläne der allgemeinen Schule
- Nachteilsausgleiche
- Vorrang der allgemeinen Schule

Berliner Schulgesetz (2004)

§ 2 Recht auf Bildung und Erziehung
- Unabhängig von Geschlecht, Sprache, Abstammung, Behinderung, Religion, sexuellen Identität etc.
- Bezug auf die Berliner Verfassung
- Differenzierung des Unterricht, so dass alle Schüler Lernfortschritte machen können

§ 4 Grundsätze für die Verwirklichung

- Differenzierung des Unterricht, so dass alle Schüler Lernfortschritte machen können
- Vorrang des gemeinsamen Unterrichts

Rahmenplan der Schule für Sehbehinderte Berlin (1988)

Bildungsauftrag und Erziehungsziel

- Orientierung an den Lehrplänen der allgemeinen Schule, bzw. anderer Sonderschultypen (lb oder gb)
- Anpassung der Lernziele, Inhalte, Methoden und Lernzielkontrollen an de Bedürfnisse der sehbehinderten Schüler

Fächer- und klassenübergreifende Empfehlungen
- Individualisierung und Differenzierung
- Lernanforderungen richten sich nach den Lernvoraussetzungen der Schüler
- Individualisierung nach Medien, Lerntempo etc.
- Sozialintegrative Arbeitsformen; z.B. Gruppenunterricht und Partnerarbeit (Neigungen zu Isolierung und Introversion entgegen wirken)

[...]

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Details

Titel
Aufgaben und Ziele des Unterrichts und der Erziehung bei Sehbehinderten
Untertitel
Zusammenfassung ausgewählter Lerninhalte
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Rehabilitationswissenschaften)
Veranstaltung
Sehbehindertenpädagogik
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
24
Katalognummer
V278326
ISBN (eBook)
9783656714453
ISBN (Buch)
9783656714446
Dateigröße
499 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
aufgaben, ziele, unterrichts, erziehung, sehbehinderten, zusammenfassung, lerninhalte
Arbeit zitieren
Sonderpädagogin Anne Graefen (Autor:in), 2006, Aufgaben und Ziele des Unterrichts und der Erziehung bei Sehbehinderten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/278326

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