Vereinbarkeit von Headhunting mit § 1 UWG


Seminararbeit, 2004

14 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Gliederung

A. Headhunting - was ist das?

B. Vereinbarkeit mit - 1 UWG
I. Grundsätzliche Zulässigkeit
II. Unzulässige Varianten
1. Entziehung von Arbeitskräften
2. Verleitung zum Vertragsbruch
a) Schlechtleistung
b) Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen
c) Mitnahme von Kunden
3. Eindringen in die Betriebssphäre
III. Zusammenfassung

C. Aktueller Streitfall: Telefonisches Abwerben von Mitarbeitern
I. Sittenwidrig
II. Nicht sittenwidrig
III. Stellungnahme

D. Ausblick

A. Headhunting - was ist das?

In der Arbeitswelt besteht ein ungebrochener Trend zur Spezialisierung. Für immer komplexere Aufgaben benötigen Unternehmer eigens dafür ausgebildete Arbeitskräfte. Aber auch trotz einer großen Zahl von Er- werbslosen gibt es zunehmend Fälle, in denen ein Arbeitgeber auf dem freien Arbeitsmarkt keinen geeigneten Kandidaten für eine offene Stelle findet.

Dies führt dazu, dass manch ein suchender Arbeitgeber den Entschluss fasst, den gesuchten Spezialisten aus einem bestehenden Arbeitsver- hältnis bei einem anderen Unternehmen abzuwerben. Diese gezielte Abwerbung von erfahrenen, besonders qualifizierten Mitarbeitern bzw. Führungskräften bezeichnet man als Headhunting.1 Dies kann er per- sönlich oder mit eigenen Leuten versuchen. Häufig aber wendet er sich an einen sogenannten Headhunter. Darunter versteht man jemanden, der sich darauf spezialisiert hat, für bestimmte Stellen die geeigneten Mitarbeiter zu finden. Headhunter sind in der Regel auf bestimmte Branchen spezialisiert.2 Durch diese Kenntnisse sind sie in der Lage, geeignete Arbeitskräfte zu finden und anzusprechen. Diesen wird die vakante Stelle beim Auftraggeber angeboten. Bei erfolgreicher Abwer- bung bzw. Stellenbesetzung beim Auftraggeber erhält der Headhunter eine Erfolgsprovision, die durchaus die Höhe von einigen Monatsgehäl- tern des akquirierten Mitarbeiters betragen kann.

Teilweise wird unter Headhunting auch die private Arbeitsvermittlung von Spezialisten oder Managern verstanden. Diese Fälle sollen im Wei- teren jedoch keine Rolle spielen, da kein wettbewerbsrechtlicher Bezug besteht, wenn ein Arbeitnehmer vo n sich aus einen Headhunter ein- schaltet oder der Headhunter einen derzeit oder zukünftig erwerbslosen Arbeitnehmer vermittelt.

B. Vereinbarkeit mit - 1 UWG

Headhunting ist ein Ärgernis für den Arbeitgeber, dem ein fähiger oder besonders ausgebildeter Arbeitnehmer ausgespannt wird. Gegen sol- che Abwerbeversuche wird er sich zur Wehr setzen wollen. Rechtlich gesehen ist sein Ziel, dass Abwerbeversuche für die Zukunft bei Sank- tionsandrohung untersagt werden und dass ihm ein durch die erfolgte oder versuchte Abwerbung entstandener Schaden ersetzt wird.

I. Grundsätzliche Zulässigkeit

Wettbewerbsrechtlich kann sich ein solcher Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch aus - 1 UWG ergeben.

Die Abwerbung fördert den Geschäftszweck des Auftraggebers des Headhunters, der nun seine vakante Stelle besetzen kann. Darüber hinaus ist die Abwerbung geeignet, den Absatz oder Bezug des Auf- traggebers zu fördern. Dies geschieht zum Nachteil des bisherigen Ar- beitgebers, der einen wichtigen Mitarbeiter verliert. Eben mit dieser Ab- sicht werden Auftraggeber und Headhunter aktiv. Headhunter sind als Dienstleister stets Gewerbetreibende, auch der Auftraggeber wird sich in aller Regel in die Reihe der anerkannten Störer einfügen.3 Insoweit werden Headhunter und Auftraggeber im geschäftliche n Verkehr zu Zwecken den Wettbewerbs tätig. Ausschlaggebend, ob ein Anspruch nach - 1 UWG besteht, ist also, ob ein Abwerbeversuch gegen die gu- ten Sitten verstößt.

Headhunting ist als Mittel der Personalgewinnung marktüblich. Der Markt der Arbeitskräfte besteht nicht nur aus den Arbeitssuchenden, sondern auch aus den Arbeitnehmern, die sich derzeit in einem Ar- beitsverhältnis befinden. Diese sind häufig bereit, ihr Arbeitsverhältnis zu beenden und einen besser ausgestalteten Arbeitsvertrag bei einem anderen Arbeitgeber zu unterschreiben. Headhunting ist damit nur ei- nes der vielen Instrumente, die den Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt aufrecht erhalten. Dies ist wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisch gewollt und in soweit grundsätzlich mit dem Anstandsgefühl aller billig und ge- recht Denkenden vereinbar. Die Betätigung als Headhunter fällt in den Schutzbereich des Grundrechtes auf freie Berufswahl und -ausübung nach Art. 12 GG. Damit ist im Abwerben von Mitarbeitern als solchem ein Verstoß gegen die guten Sitten nicht zu erkennen. Es ist daher auch grundsätzlich zulässig und erfüllt damit nicht die Voraussetzungen des - 1 UWG.4

II. Unzulässige Varianten

Allerdings kann das Abwerben im Einzelfall doch unzulässig sein, wenn der verfolgte Zweck oder die angewandten Mittel und Methoden als sit- tenwidrig zu missbilligen sind.5 Die Anstößigkeit ist durch eine Abwä- gung zu ermitteln, in die alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind und die sowohl die Interessen des abwerbenden Unternehmens als auch die des betroffenen Unternehmens, des Mitarbeiters und der Öffentlichkeit zu berücksichtigen hat.6 Hier hat die Rechtsprechung ei- nige Fallkonstellationen entwickelt.

1. Entziehung von Arbeitskräften

Besteht der Zweck des Abwerbeversuchs nicht in der Anwerbung des angesprochenen Mitarbeiters für das eigene Unternehmen, sondern primär in der Abwerbung als solcher, ist dies sittenwidrig.7 Denn soll der Mitarbeiter lediglich dem bisherigen Arbeitgeber entzogen werden, dient dies alleine der Behinderung des Konkurrenten im Wettbewerb.8 Bei Abwägung der widerstreitenden Interessen lässt sich dann feststellen, dass das Abwerbeinteresse dem Leitbild des Leistungswettbewerbs widerspricht und damit nicht schützenswert ist. Die Zulässigkeit eines Abwerbeversuchs widerspricht in diesem Fall zudem den Interessen des betroffenen Unternehmens, der angesprochenen Arbeitnehmer und der Allgemeinheit. Das betroffene Unternehmen verliert einen qualifi- zierten Mitarbeiter und hat damit einen Wettbewerbsnachteil. Der Ar- beitnehmer wird nicht wegen seines Wertes für den Abwerbenden, son- dern wegen seines Wertes für den bisherigen Arbeitgeber angespro- chen. Die Allgemeinheit letztlich hat keinen Vorteil von dem Abwerbe- versuch, er behindert den Wettbewerb und führt nicht zu einer besseren Marktversorgung.

2. Verleitung zum Vertragsbruch

Aus dem Arbeitsverhältnis entstehen dem Arbeitnehmer verschiedene Haupt- und Nebenleistungspflichten. Wird der Arbeitnehmer durch den Abwerbeversuch dazu veranlasst, seinen Pflichten nicht mehr vertrags- gemäß nachzukommen, greift der Abwerber unmittelbar die wettbe- werbliche Betätigung des Konkurrenten an.9 Dieser muss mit einer Kün- digung seines Arbeitnehmers rechnen, nicht aber mit einem Vertrags- bruch. Daher widerspricht ein solches Vorgehen dem Sinn eines fairen Wettbewerbs und ist damit verwerflich und wettbewerbsrechtlich zu missbilligen.10

Dabei ist es unerheblich, ob dieses Verhalten vom Abwerbenden beabsichtigt war. Bedingter Vorsatz reicht aus, das bedeutet, es war ihm bekannt, dass der angesprochene Arbeitnehmer so handeln könnte.11 Das Verleiten zum Vertragsbruch kann alle Pflichten des Arbeitnehmers betreffen und tritt daher in verschiedenen Fällen ein.

[...]


1 Luczak, S. 20; http://www.iaw.rwth-aachen.de/download/lehre/vorlesungen/2003-ss- pmb/PM_02_SS03.pdf.

2 vgl. Hierzu z.B. http://www.pabstconsulting.de/index3.html.

3 Diese Definitionen entsprechen denen im Skript.

4 So auch BGH, GRUR 1961, 482 (Spritzgussmaschine), GRUR 1966, 263 (Bau-Chemie); Köhler/Piper, - 1 UWG, Rn. 368.

5 Vgl. BGH GRUR 1966, 362, 265 (Bau-Chemie), GRUR 1984, 129, 130 (shop-in-the-shop).

6 Köhler/Piper; - 1 UWG, Rn. 369.

7 Siehe auch Drexler/Sakowski; Fallgruppen b).

8 RGZ, 149, 114, 118; BGH, GR 1966, 263, 266; Köhler/Piper; - 1 UWG, Rn. 370.

9 Hefermehl/Baumbach, - 1 UWG, Rn. 584.

10 BGH, GR 1956, 273 (Drahtverschluss); OLG Stuttgart, WRP 2000, 318, 320.

11 Hefermehl/Baumbach, - 1 UWG, Rn. 584.

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Details

Titel
Vereinbarkeit von Headhunting mit § 1 UWG
Hochschule
Fachhochschule Kiel  (Fachbereich Wirtschaft)
Veranstaltung
Seminar Wettbewerbsrecht
Note
1.3
Autor
Jahr
2004
Seiten
14
Katalognummer
V27820
ISBN (eBook)
9783638297592
ISBN (Buch)
9783656882916
Dateigröße
387 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine Hausarbeit zum Thema Headhunting und dessen Vereinbarkeit mit dem Wettbewerbsrecht. Anhand einer allgemeinen Einordung und einem aktuelllen Fall vom BGH aus dem Frühjahr 2004 werden typische Problematiken dargestellt. Die UWG-Reform wird dabei berücksichtigt.
Schlagworte
Vereinbarkeit, Headhunting, Seminar, Wettbewerbsrecht
Arbeit zitieren
Alexander Wiesner (Autor:in), 2004, Vereinbarkeit von Headhunting mit § 1 UWG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27820

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