Analyse des Change Management Prozesses vor dem Hintergrund einer Corporate Social Responsibility (CSR) Implementierung


Masterarbeit, 2014

149 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise
1.3.1 Methodik
1.3.2 Gliederungssystematik

2 Grundlagen des Change Managements
2.1 Begriffsdefinition des Change Management
2.2 Entwicklung des Change Management
2.2.1 Historische Einordnung
2.2.2 Herausforderungen und Widerstände des Change Managements
2.3 Darstellung von Change-Management-Prozessen
2.3.1 Drei-Phasen Modell nach Lewin
2.3.2 Wachstumsmodell nach Greiner
2.3.3 Sieben-Phasen Modell nach Streich
2.4 Kritisches Zwischenfazit

3 Grundlagen Corporate Social Responsibility
3.1 Begriffsdefinition und Charakteristik der Corporate Social Responsibility
3.1.1 Gründe für die Implementierung von CSR aus Unternehmenssicht
3.1.2 Historie CSR
3.2 Abgrenzung der CSR zu artverwandten Themen
3.2.1 Corporate Citizenship
3.2.2 Corporate Governance
3.2.3 Nachhaltige Entwicklung
3.3 Ansätze der Social Corporate Responsibility
3.3.1 Stakeholder Theorie
3.3.2 CSR-Pyramide
3.3.3 Triple Bottom Line
3.3.4 Reifegrade
3.4 Internationale Richtlinien und Standards
3.4.1 Richtlinie der Vereinten Nationen
3.4.2 Richtlinie der OECD
3.4.3 Richtlinie ISO
3.4.4 Standard der Global Reporting Initiative
3.5 Implementierung einer CSR-Strategie
3.5.1 Implementierung nach Kirchhoff
3.5.2 Implementierung nach Kleinfeld und Schnurr
3.5.3 Implementierung nach Köppl und Neureiter
3.5.4 Allgemeine Risiken einer Implementierung
3.6 Kritisches Zwischenfazit

4 Praxisbeispiele für die Übernahme von Verantwortung durch Unternehmen
4.1 BASF SE Unternehmensprofil
4.1.1 Verantwortung im Sinne der BASF SE
4.1.2 Nachhaltigkeitsberichterstattung
4.1.3 Darstellung eines Change Management Prozesses
4.2 Siemens AG Unternehmensprofil
4.2.1 Verantwortung im Sinne der Siemens AG
4.2.2 Nachhaltigkeitsberichterstattung
4.2.3 Darstellung eines Change-Management-Prozesses
4.3 KiK Textilien und Non-Food GmbH Unternehmensprofil
4.3.1 Verantwortung im Sinne der KiK Textil und Non-Food GmbH
4.3.2 Nachhaltigkeitsberichtserstattung
4.3.3 Darstellung eines Change-Management-Prozesses
4.4 Darstellendes Zwischenfazit

5 Kritische Analyse der Unternehmensbeispiele zur Ableitung einer Handlungsempfehlung
5.1 Unternehmensbeispiel BASF SE
5.1.1 Analyse der Verantwortung und Nachhaltigkeit der BASF SE
5.1.2 Beurteilung des CM-Prozesses der BASF SE
5.2 Unternehmensbeispiel Siemens AG
5.2.1 Analyse der Verantwortung und Nachhaltigkeit der Siemens AG
5.2.2 Beurteilung des CM-Prozesses der Siemens AG
5.3 Unternehmensbeispiel der KiK GmbH
5.3.1 Analyse der Verantwortung und Nachhaltigkeit der KiK GmbH
5.3.2 Beurteilung des CM-Prozesses der KiK GmbH
5.4 Allgemeine Analyseaspekte der dargestellten Unternehmen
5.5 Handlungsorientierter Vorschlag zur konkreteren Vorgehensweise einer CSR-Implementierung
5.5.1 Initiierungsphase
5.5.2 Durchführungsphase
5.5.3 Kontroll- und Weiterentwicklungsphase

6 Fazit und Ausblick

Anhangsverzeichnis

Darstellungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

"Es ist nicht die stärkste Spezies die überlebt, auch nicht die intelligenteste, es ist diejenige, die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann."

Charles Darwin (Englischer Naturforscher)

Was Darwin in seinem Zitat so treffend geäußert hat, lässt sich auch auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft anwenden. Trotz der Tatsache, dass der Wandel überall gegenwärtig ist, lässt sich erkennen, dass besonders im Bereich der Wirtschaft ein hoher Veränderungsdruck herrscht. Dieser Druck begründet sich, neben der voranschreitenden Globalisierung, aufgrund des zunehmenden Einflusses von unterschiedlichen Interessengruppen auf Unternehmen.

1.1 Problemstellung

Seit Mitte der 90er-Jahre wird vor dem beschriebenen Hintergrund in der Öffentlichkeit ein Thema besonders stark diskutiert: das gesellschaftlich verantwortungsvolle Handeln von Unternehmen (Corporate Social Responsibility) in einer globalisierten Marktwirtschaft. Entfacht wurde dieser Diskurs um die Corporate Social Responsibility (CSR) von Unternehmen durch eine wachsende Anzahl an Reportagen und Zeitungsartikeln, die an moralischen und legalen Werten vieler Unternehmen zweifeln lassen. Die schlechten Arbeitsbedingungen in Billiglohnländern der Textilindustrie, die fortlaufende Zerstörung der Natur durch schädliche Fördermethoden der Erdöl- und Gasindustrie, Korruption sowie unterschiedliche Skandale in der Lebensmittelindustrie sind nur einige Beispiele dafür.[1] Unterschiedliche Interessengruppen verlangt es immer häufiger nach einem moralischen Handeln von Unternehmen, anstatt ihrer reinen Gewinnmaximierung. Auf Grund dessen findet, zumindest in vielen europäischen und nordamerikanischen Unternehmen und der Politik, ein Umdenken statt.[2] Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie ihr Handeln unter Berücksichtigung des Change Managements (CM) Prozesses verändern müssen. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Richtlinien und Vorgaben in Bezug auf Menschenrechte, Sozialstandards und umweltschonende Produktionsverfahren, die dabei helfen sollen, ein verantwortlicheres Verhalten von Unternehmen darzustellen.[3] Um den Forderungen der Öffentlichkeit nachzukommen, stellt sich jedoch die Frage, wie CSR in Unternehmen implementiert werden kann.

1.2 Zielsetzung

Im Hinblick auf die in der Problemstellung formulierte Frage ist es Ziel dieser Masterarbeit zu untersuchen, wie der Anspruch von Interessengruppen hinsichtlich einer Übernahme von mehr Verantwortung durch Unternehmen in Bezug auf die Implementierung von CSR erfüllt werden kann. Dazu bedarf es einer Darstellung der Themengebiete des CM und der CSR, um Grundlagen über Veränderungen von Unternehmen zu schaffen und ein Verständnis für deren Verantwortung im Sinne der Gesellschaft aufzubauen. Anschließend erfolgt eine Analyse von bereits durchgeführten Implementierungen bekannter Unternehmen auf Basis der im theoretischen Teil beschriebenen Kernpunkte, um schlussendlich einen idealtypischen Implementierungsansatz abbilden zu können.

1.3 Vorgehensweise

1.3.1 Methodik

Im folgenden Abschnitt wird beschrieben, wie in der vorliegenden Master Thesis vorgegangen werden soll, um die Beantwortung der in der Problemstellung aufgeführten Frage zu ermöglichen. Dazu erfolgt im deskriptiven Teil der Thesis die Erarbeitung des notwendigen Hintergrundwissens über die Themengebiete des CM und der CSR anhand ausgesuchter Fachliteratur. Im darauffolgenden Analyseteil soll bestimmt werden, wie reale Unternehmen bei der Implementierung von Nachhaltigkeitsthemen im Sinne von CSR vorgegangen sind. Im letzten Teil der Thesis erfolgt mit Hilfe der zuvor gewonnenen Erkenntnisse ein handlungsorientierter Vorschlag zur konkreten Vorgehensweise einer CSR-Implementierung in Unternehmen. Die nachfolgende Darstellung 1-1 zeigt grafisch die Vorgehensweise zur Beantwortung der Forschungsfrage:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darstellung 1.1 grafische Vorgehensweise zur Beantwortung der Forschungsfrage

Quelle: Eigene Darstellung

1.3.2 Gliederungssystematik

Die vorliegende Master Thesis gliedert sich in sechs Kapitel. Im ersten Kapitel der Thesis wird neben der Problemstellung die Zielsetzung formuliert und die Vorgehensweise zur Beantwortung der Forschungsfrage eruiert.

Im zweiten Kapitel wird die notwendige wissenschaftliche Literatur zum Themengebiet des Change Managements analysiert und aufgearbeitet. Nach einem Vergleich unterschiedlichster CM-Definitionen erfolgt ein Überblick über allgemeine Grundlagen des Themengebietes und die Darstellung von drei CM-Prozessen, welche in einem kritischen Zwischenfazit durch den Verfasser bewertet werden.

Das dritte Kapitel dient zur Analyse der wissenschaftlichen Literatur hinsichtlich der CSR. Auch hier werden eingangs allgemeine Grundlagen zum Themengebiet beschrieben und ein Vergleich von unterschiedlichen Definitionen durchgeführt. Im Anschluss daran erfolgt eine Abgrenzung der CSR sowohl zu artverwandten Begriffen als auch zur Beschreibung von CSR-Ansätzen, Richtlinien und Standards. Im letzten Teil dieses Kapitels werden zudem Implementierungsstrategien beschrieben, die in einem kritischen Zwischenfazit ebenfalls durch den Verfasser bewertet werden. Dies geschieht als Voraussetzung für die Erstellung des handlungsorientierten Vorschlags zur konkreten Vorgehensweise einer CSR-Implementierung in Kapitel 5.

Im vierten Kapitel der Thesis werden drei Unternehmen vorgestellt, welche bereits Erfahrungen hinsichtlich des CM-Prozesses bei der Implementierung von CSR aufweisen können. Darüber hinaus soll aufgezeigt werden, wie die Unternehmen Verantwortung verstehen, worauf der Fokus bei ihrer Berichterstattung gelegt wurde und wie ein CM-Prozess in früheren Wandlungsvorhaben mit Bezug zum Themengebiet gestaltet wurde.

In Kapitel 5 erfolgt die kritische Analyse der in Kapitel 4 beschriebenen Unternehmen. Die sich hieraus ergebenden Erkenntnisse werden in Ergänzung mit Erkenntnissen aus den vorherigen Kapiteln genutzt, um den gewünschten Handlungsvorschlag zu formulieren.

Im letzten Kapitel erfolgen ein Fazit und der Ausblick auf die zukünftigen Entwicklungen des Themengebietes aus Sicht des Verfassers. Dabei werden die wichtigsten Erkenntnisse der Thesis zusammengefasst und Vorschläge über zukünftige Untersuchungen gegeben.

2 Grundlagen des Change Managements

In diesem Kapitel werden die Grundlagen zum Themengebiet des Change Managements (CM) gegeben. Der Schwerpunkt liegt sowohl auf der Entwicklung des Themengebietes als auch auf der Beschreibung unterschiedlicher Change Management Prozessansätze.

2.1 Begriffsdefinition des Change Management

Die Fachliteratur zum Themengebiet des CM bietet keine allgemeingültige Definition der Begriffe. Das Begriffspaar selbst stammt aus dem angelsächsischen Raum und wird im deutschen Sprachgebrauch synonym zu „Veränderungs- oder Transformationsmanagement“ verstanden.[4] Tabelle 2-1 zeigt die Definitionen des Change Managements verschiedener Autoren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2.1 Definitionen des Change Managements verschiedener Autoren

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an genannte Quellen

Die in Tabelle 2-1 zitierten Definitionen haben alle unterschiedlichen Wortlaut. Dennoch lässt sich erkennen, dass bei allen Definitionen die gleiche Kernaussage getroffen wird. Demnach wird unter CM der geplante Umgang von Organisationen mit Veränderungen verstanden. Hartwich geht dabei noch über das reine Management der Veränderung hinaus, indem er einen direkten Bezug zur Strategie zieht, was eine dauerhafte, festverankerte Unternehmenspolitik des CM impliziert. Das CM wird als Anpassung verstanden, welche, anders als in der Definition von Lauer, kontinuierlich fortzuführen ist.

Die Unternehmensberatung Capgemini, eine der ältesten und anerkanntesten Beratungsgesellschaften in Europa, führt seit dem Jahr 2003 Studien zum CM durch und kommt zu einer ähnlich unscharfen Begriffsbestimmung. Dabei beschreibt Capgemini das CM im Kern als bedeutsames Implementierungsinstrument zur Steuerung und Gestaltung der Veränderung.[8]

Laut der Studie von Capgemini wird das CM als eine Sammlung unterschiedlicher Methoden, Instrumente und Theorien verstanden. Die drei gebräuchlichsten Definitionen lassen sich dabei in folgende Kategorien einteilen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2.2 Hauptdefinitionen des Change Management nach Capgemini

Quelle: Vgl. Studie Capgemini: Veränderungen erfolgreich gestalten Change Management 2003/2008, S. 14.

Wie in Tabelle 2-2 gezeigt, wird das CM, je nach Betrachtungsweise, von den Befragten der Studie anders definiert. Auch hier ist der Wortlaut jeweils ein anderer, wobei der Kern der Aussage, wie bei den allgemeinen Definitionen aus Tabelle 1, weitgehend übereinstimmt. Für die vorliegende Thesis ist die stakeholderorientierte Sichtweise von besonderer Bedeutung (siehe Kapitel 3.3.1.), da im Themengebiet der Corporate Social Responsibility der Stakeholdertheorie ein hoher Stellenwert eingeräumt wird. Im Folgenden soll unter Change Management die bestmöglich aktive Gestaltung der Veränderung von Organisationen, in einem kontinuierlichen Prozess, verstanden werden.

Zu beachten ist, dass der ganzheitliche Ansatz des Change Managements von Krisenmanagement abzugrenzen ist.[9] Das Krisenmanagement beginnt als Reaktion auf ungewollte vergangene bzw. akute Zustandsveränderungen. Im Gegensatz dazu ist das CM als geplanter Veränderungsprozess zu sehen, der sich aktiv an fortlaufend sich verändernde Gegebenheiten anpasst.

2.2 Entwicklung des Change Management

Durch den steigenden externen Wettbewerbsdruck der Globalisierung und die Anforderungsveränderungen unterschiedlicher Interessengruppen sind Unternehmen dazu gezwungen, sich ständig an neue Gegebenheiten anzupassen.[10] Weiter verstärkt wird dieser Anpassungsdruck durch kürzer werdende Innovationszyklen und schnellere Reaktionszeiten der Konkurrenten.[11] Die für die Unternehmen notwendigen Verbesserungen können dabei nicht durch technische Neuerungen allein erlangt werden, sondern betreffen das Unternehmen als Organisation insgesamt.

Ein Wandel ohne die Einbeziehung der Mitarbeiter ist nicht möglich. Um als Unternehmen dynamischer und flexibler zu werden, ist eine Partizipation der Mitarbeiter bedeutend. Durch ihre gesteigerte Beteiligung in unternehmensrelevanten Themen kann für Unternehmen die Möglichkeit geschaffen werden, aus den Erfahrungen ihrer Mitarbeiter zu lernen und darüber hinaus deren persönliche Entwicklung zu fördern.[12] Die Mitarbeiter und Manager sämtlicher Unternehmensebenen benötigen dazu Fähigkeiten und Fertigkeiten, sich den wechselnden Anforderungen der Unternehmensumwelt zu stellen.[13] Der häufigste Anstoß zur Veränderung einer Organisation erfolgt von oben herab über die Unternehmensführung und wird, über alle Ebenen des Unternehmens, herunter gebrochen. Der Anstoß kann aber auch von unten, durch die Mitarbeiter, erfolgen. Hierzu gibt es zahlreiche Methoden, wie die Partizipation des Mitarbeiters gewährleistet werden kann, wie ein betriebliches Vorschlagswesen, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess oder Ähnliches.[14] Dass der Impuls im Regelfall von der Unternehmensleitung erfolgt, liegt oft an der Größe des Unternehmens. Bei großen Unternehmen kann beispielsweise ein Mitarbeiter in der Produktion, aufgrund seiner Tätigkeit, nicht den vollen Überblick über alle Gesamtgeschäfte und Prozesse des Unternehmens erlangen. Das ist Aufgabe des Managements und es muss bedacht werden, dass der Wandel in den meisten Fällen nicht initiiert wird, weil er gewollt ist, sondern da erkannt wird, dass die Notwendigkeit dazu besteht.

Der maßgebliche Auslöser ist das Umfeld der Organisation, und kann viele Ursachen haben. Als eine Ursache kann der Fortschritt in der Technologie hinsichtlich der Daten- und Kommunikationsübermittlung benannt werden. Hierdurch kommt es zu einer immer schneller werdenden Abwicklung vieler Teilbereiche im Privat- und Geschäftsleben. Die vorgetriebene globale Vernetzung bewirkt, dass beispielsweise neue Produktionstechnologien und Distributionswege schneller erschlossen werden können. Deren Kehrseite ist, dass der Wettbewerbsdruck national und international steigt.[15] Eine weitere Ursache für die Notwendigkeit des Wandels liegt in der Veränderungsbereitschaft der Konsumenten. Durch das Internet haben sie die Möglichkeit, Produkte und Dienstleistungen direkt zu vergleichen und zu bestellen. Dabei erheben sie die Forderung auf innovative Produkte und eine stetige Qualitäts- und Effizienzverbesserung, um günstige Preise zu erhalten.[16] In vielen Wohlstandsländern steigt zudem der inhaltliche Anspruch an die angebotenen Leistungen und Produkte der Unternehmen. Eine gesündere Lebensweise sowie das Interesse an den Herstellungsverfahren und der Herkunft der angebotenen Güter werden immer bedeutender.[17] Das öffentliche Interesse ist dabei nicht nur auf lokale Veränderungen beschränkt. Skandale und Krisen, wie die atomare Katastrophe im Kraftwerk von Fukushima zeigen deutlich, dass der öffentliche Druck schnell etablierte Branchen, wie die Energieversorger in Deutschland, verändern kann. Die Veränderung des Energiesektors hat wiederum Auswirkungen auf viele nationale und internationale Branchen. Es entsteht eine Spirale, die nur sehr schwer oder überhaupt nicht zu kontrollieren ist.

Die politische Einflussnahme durch Erlasse und Gesetze ist ein weiterer Grund für die Notwendigkeit des Wandels eines Unternehmens.[18] Durch die Verschärfung von Umweltauflagen beispielsweise sind Unternehmen gezwungen, sich an diese anzupassen oder im schlechtesten Fall aus dem Markt auszutreten. Ein Wandel kann jedoch auch als eine bewusste Entscheidung des Managements aus dem Inneren einer Organisation heraus entstehen. Die Auslagerung bestimmter Produktionsabschnitte, der Kauf eines Wettbewerbers oder ähnliches wirken sich nicht nur auf die direkt betroffenen Abteilungen, sondern auch auf die gesamte Organisation aus. Um den gewünschten Nutzen dieser Maßnahmen zu erzielen, ist es notwendig, die Organisation auch als Ganzes anzupassen.[19] Die Literatur beschreibt, neben den hier aufgeführten Gründen für eine Veränderung, noch eine Vielzahl anderer. Eine Vertiefung ist an dieser Stelle im Fokus der Forschungsfrage nicht zielführend, sodass auf die weiterführende Fachliteratur verwiesen wird. Die Diskussion über CM ist ein hoch aktuelles, aber kein neues Themengebiet unterschiedlichster Forschungsrichtungen. Im folgenden Kapitel wird die Entstehung und der historische Verlauf des CM näher betrachtet, um einen tieferen Einblick zu erhalten.

2.2.1 Historische Einordnung

Der Ursprung des CM ist in der Organisationsentwicklung (OE) zu finden. Die Forschungen zum Themengebiet der OE begannen während der 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts in den USA. Durch Experimente wurde erkannt, dass die Leistungsfähigkeit von Mitarbeitern mehr gesteigert wird, wenn ihnen Aufmerksamkeit geschenkt wird, als durch die Veränderungen ihrer Arbeitsbedingungen. Anhand dieser Erkenntnisse entstanden erste Ansätze zu den Theorien über Motivation und Mitarbeiterführung.[20] Als einer der bedeutendsten Entwickler für Konzepte des Wandels gilt bis heute der Sozialpsychologe Kurt Lewin.[21] In den Folgejahren nach 1950 wurde aufgrund weiterer Experimente die Human-Relation-Bewegung eingeleitet. In den 60er-Jahren bestanden in vielen Unternehmen starke Hierarchien. Die Untergebenen erhielten ihre Aufgaben durch Vorgesetze und akzeptierten diese. Erst ab den 70er-Jahren kam u.a. der Trend zur Teambildung bzw. –entwicklung auf.[22] Dieser Trend nahm in den Folgejahren weiter an Relevanz zu und legte den Grundstein für die Organisationsentwicklung in Deutschland.[23] Zu bemerken ist, dass in dieser Zeit bei einem Wandel noch strikt in strukturelle oder mitarbeiterbezogene Veränderungen unterteilt wurde. Der ganzheitliche Ansatz des Change Managements, ohne diese Unterteilung, erfolgte erst ab der Mitte der 90er- Jahre.[24]

2.2.2 Herausforderungen und Widerstände des Change Managements

Die Wandlung einer Organisation ist ein schwieriger und teilweise langwieriger Vorgang. Es ist sinnvoll im ganzheitlichen Grundgedanken des CM eine Differenzierung in zwei unterschiedliche Bereiche vorzunehmen. Den ersten Bereich bilden die „harten“ Faktoren. Darunter werden u.a. Strukturen und Prozesse einer Organisation verstanden. Der zweite Bereich besteht aus den “weichen“ Faktoren. Hier stehen menschliche Aspekte im Vordergrund. Zu diesen Faktoren zählen u.a. die Unternehmenskultur wie auch die Art und Weise des Umganges der Menschen einer Organisation untereinander.[25]

Die Veränderung von reinen Strukturen und Prozessen in einer Organisation gestaltet sich vergleichsweise einfach. Durch geeignete Maßnahmen kann der nicht humane Teil eines Unternehmens nahezu widerstandslos verändert bzw. durch Neuerungen in den gewünschten Zielzustand versetzt werden.[26] Im Gegensatz zu den „harten“ Faktoren gestalten sich die Veränderungen der „weichen“ Faktoren als schwieriger. Ein Paradigmenwechsel, die Einbeziehung einer neuen, innovativen Sichtweise und mentale Prozesse sind dabei Gegenstand der humanen Veränderungen. Das CM fasst beide Bereiche zusammen, wobei der Fokus deutlich auf den weichen liegt.[27] Auch andere menschliche Aspekte wie Bedürfnisse, Gefühle und Gewohnheiten der Mitarbeiter dürfen nicht außer Acht gelassen werden und bestimmen über den Erfolg der Wandlung.

Die Neugestaltung von gewohnten Verfahrens- und Verhaltensweisen erzeugt aufgrund ihrer Unsicherheit bei vielen Menschen Ablehnung. Das bewährte, bis dato praktizierte Verhalten gibt eine Orientierung, die bei einem Wandel erst wieder erlangt werden muss und als ungewiss erscheint. Durch Bräuche, Gewohnheiten und Sitten hegen Menschen den Anschein, Herr der eignen Umwelt zu sein und diese kontrollieren zu können. Neben dieser Unsicherheitsvermeidung kann es sein, dass der Wandel auf Gegenwehr durch die Mitarbeiter stößt, weil zusätzliche körperliche bzw. geistige Energien aufgebracht werden müssen, wozu sie nicht bereit sind. Etwas Neues zu erlernen und Verhaltensweisen zu ändern, ist aufwendig. Hier spielt die Frage des „Wollens“ der Mitarbeiter eine Rolle. Ein weiterer Auslöser für Widerstände bei Mitarbeitern liegt in der Angst vor der Veränderung von Machtverhältnissen. Es wird befürchtet, dass sich soziale Verbindungen und Rangordnungen verschieben oder gänzlich aufgelöst werden.[28] Zwischenmenschlichen Verbindungen, welche im Laufe der Vergangenheit aufgebaut wurden und persönlichen Mehrwert erzeugt haben, droht die Trennung.[29] Ebenso wie der Widerstand durch das „Nicht Wollen“ ausgelöst werden kann, besteht die Gefahr, dass Mitarbeiter überfordert und den Anforderung der Veränderung nicht gewachsen sind. Hier handelt es sich nicht um ein Problem der Motivation sondern, um ein Problem des „Nicht Könnens“ des Mitarbeiters.[30]

Eingehender betrachtet lässt sich erkennen, dass es unterschiedliche Ausprägungen von Widerständen gibt, die in ihrer Stärke variieren. Die Unterscheidung liegt darin, ob es sich bei den Mitarbeitern um Beteiligte oder Betroffene der Veränderung handelt. Bei Beteiligten findet eine direkte Miteinbeziehung in den Prozess der Veränderung statt. Daraus resultiert, dass die Beteiligten den Wandel mit tragen und akzeptieren. Die Betroffenen andererseits sind gezwungen, den geplanten Wandel mitzutragen, ohne direkt darauf einwirken zu können. Diese sehen sich oft als Benachteiligte und versuchen den Wandel zu verweigern oder zu hemmen.[31] Der Widerstand kann offen oder verdeckt erfolgen. In den meisten Fällen wird nur auf den offenen Widerstand eingegangen, der sich beispielsweise in Form von lautstarkem Protest bis hin zur Sabotage äußert. Durch die Erkennbarkeit bietet diese Art des Widerstands die Chance einer geplanten Gegenreaktion durch die Verantwortlichen. Gleichermaßen sollte auf den versteckten Widerstand eingegangen werden, wenngleich dieser auch schwerer zu erkennen ist. Anzeichen dafür können eine andauernde schlechte Laune, Konflikte und Gereiztheit, höhere krankheitsbedingte Fehlzeiten, Qualitätsverluste in der Leistungserstellung der Mitarbeiter oder Ähnliches sein.[32]

Der Widerstand darf dabei nicht als rein egoistisches Verhalten der Mitarbeiter angesehen werden. Er bietet die Möglichkeit, aufgegriffen und konstruktiv diskutiert zu werden. Die offene Missbilligung zeigt auf, welche Aspekte der Veränderung durch den Mitarbeiter als schlecht empfunden und evtl. abgewandelt werden können, um die Kritiker des Wandels zu Beteiligten zu machen.[33]

Ein Scheitern von Change-Management-Ansätzen ist aber nicht allein mit bestehenden menschlichen Widerständen zu erklären. Auch ohne diese kann es vorkommen, dass Veränderungen, die mit viel Motivation begonnen wurden, an Elan verlieren. Unterschätzte Komplexität, mangelnde Vorbereitung oder andere ungeahnte Komplikationen bei der Durchführung von Veränderungsmaßnahmen können ebenso Gründe für ein Scheitern sein.[34] Ron Ashkenas, Dozent an der Universität in Berkeley, bemängelt, dass trotz der hohen Anzahl an Methoden und Instrumente des Change Managements, dieses in den meisten Fällen scheitert. Er sieht das Problem nicht in einer mangelnden Literatur oder dem theoretischem Wissen über CM, sondern in der mangelnden Fähigkeit der Manager zur Umsetzung. Hervorgerufen wird dieses Problem laut Ashkenas durch die Abhängigkeit der Manager von Beratern. Manager nehmen CM nur als Projekt war, anstatt als komplett neue Denkrichtung. Den Beratern hingegen fehlt der direkte Bezug, da sie nicht zum Unternehmen gehören und deren Kultur nicht teilen. Erfolge werden nur erzielt, wenn ein gemeinsames Bündel an Definitionen, Methoden und Ansätzen vorhanden ist, mit denen jeder Mitarbeiter in der Organisation vertraut ist.[35]

2.3 Darstellung von Change-Management-Prozessen

Im folgenden Kapitel wird der eigentliche Prozess des CM erklärt. Ziel soll es sein, Veränderungsprozesse in Organisationen aufzuzeigen und nachvollziehbar zu machen. Vorrangig ist es daher notwendig, eine Differenzierung zwischen CM -Projekten, -Programmen und -Prozessen vorzunehmen. Change-Management-Projekte haben einen klar definierten Start- und Endpunkt. Sie sind aufgrund dessen zeitlich begrenzt und werden als einmaliges, außergewöhnliches Vorhaben durchgeführt. Dabei werden detaillierte Vorgaben in Bezug auf das eigentliche Ziel, die Kosten und den Personalansatz gegeben. Der Begriff „Programm“ hingegen ist dadurch gekennzeichnet, dass es keine zeitliche Begrenzung gibt. Es handelt sich um feststehende, fortschreitende Konzepte, die Maßnahmen in regelmäßigen Abständen wiederholen, um Verbesserungen in unterschiedlichen Bereichen zu erzielen.[36] Beispiele für solche Konzepte sind Kaizen, das Lean Management oder das Total Quality Management, welche im aus Gründen des Umfanges nicht weiter beleuchtet werden. Der Begriff „Prozess“ wird in der Literatur nicht einheitlich definiert. Laut Pfitzinger ist ein Prozess „…eine Serie von Handlungen, Tätigkeiten oder Verrichtungen mit einer messbaren Eingabe (Input), einer messbaren Verarbeitung und einer messbaren Ausgabe (Output) in einer sich wiederholenden Folge“[37] Die Autoren Greif/ Runde/ Seeberger hingegen sehen den Begriff als zusammenfassende Oberbezeichnung für Projekte und Programme. Demnach können Prozesse sowohl zeitlich begrenzt als auch fortlaufend sein und in ihrer Komplexität variieren.[38] Die unterschiedlichen Definitionen des Prozesses zeigen, dass es kein einheitliches Verständnis über den Begriff „Prozess“ gibt. Das liegt, nach Auffassung des Verfassers, zum einen an Vereinfachungsgründen, zum anderen an der Sichtweise der unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen. Im Folgenden wird unter dem Ausdruck „Prozess“ die Auffassung von Pfitzinger geteilt, um eine nähere Betrachtung zu ermöglichen.

Grundsätzlich lässt sich der Prozess des Change Management in mehrere Phasen unterteilen. In der Literatur wird zur Veranschaulichung dieses Prozesses eine Vielzahl an unterschiedlichen Modellen beschrieben, von denen nachstehend die geläufigsten dargestellt werden.

2.3.1 Drei-Phasen Modell nach Lewin

Das bekannteste Modell ist das Drei-Phasen Modell nach Kurt Lewin. Er gilt, mit der von ihm entwickelten Theorie, als einer der Pioniere des CM. In seinem Modell unterteilt er den Prozess der organisationalen Veränderung in:

1. Phase des Auftauens (Unfreezing),
2. Phase der eigentlichen Bewegung (Moving) und
3. Phase des Wiedereinfrierens (Refreezing)

In Phase eins wird erkannt, dass es keine Deckung des gewollten mit dem real vorliegenden Zustand in der Organisation gibt. Um diese Diskrepanz der Soll-Ist-Abweichung zu beheben, ist es notwendig das Unternehmen „aufzutauen“. Es muss die Bereitschaft und Motivation erzeugt werden, diesen Zustand verändern zu wollen, um einen Wandel herbei zu führen.[39] In der Bewegungsphase findet die eigentliche Änderung der Verhaltensweisen von Mitarbeiter bzw. die Neustrukturierung der Organisation statt.[40] Nachdem die gewünschte Veränderung zum Sollzustand hin erreicht wurde, beginnt die letzte Phase des Modells. Hier findet das „Einfrieren“ dieses Zustandes statt, um eine anhaltende Veränderung zu etablieren. Durch diese Stabilisierung soll, nach diesem Modell, ein Stadium des Gleichgewichts in der Organisation erzeugt werden, das vor einem Rückfall in den Ursprungszustand schützt.[41] Der beschriebene Ansatz von Lewin wird in der Literatur als Grundmodell betrachtet. Dieses Drei-Phasen Modell wurde von verschiedenen Wissenschaftlern erweitert, um genauere Erkenntnisse über die Veränderung von Organisationen zu erlangen.

2.3.2 Wachstumsmodell nach Greiner

Ein weiterer Ansatz zur Erklärung des Ablaufes von Change Management Prozessen ist das Wachstumsmodell nach Greiner. Dieses Modell beruht auf der Annahme, dass es fünf Phasen des evolutionären Wachstums einer Organisation gibt, die durch revolutionäre Krisen, als Folge von internen Managementfehlern, ausgelöst werden. Die Phasen werden dabei chronologisch durchlaufen und hängen vom jeweiligen Alter und der Größe des Unternehmens ab. Ist die Krise durch eine Veränderung der Organisation überstanden, entsteht infolgedessen wieder evolutionäres Wachstum. Dementsprechend ist jede Phase das Ergebnis der vorherigen und gleichzeitig der Auslöser für den nächsten Wachstumsschub. Eine direkte Reihenfolge, welche Krisen aufeinander folgen, gibt es grundsätzlich nicht. Es kann sein, dass Phasen übersprungen oder vorherige wiederholt werden. Von der Unternehmensführung sollte darauf geachtet werden, dass keine der Phasen übergangen wird, da es sonst zu einem Verlust von notwendigen Lernprozessen in der Organisation kommen kann[42]

Mit der Gründung eines Unternehmens beginnt die erste Phase des Modells nach Greiner. Zu diesem Zeitpunkt geht es vorrangig darum, die Marktreife eines Produktes oder einer Dienstleistung zu erarbeiten. Geprägt ist diese Phase vom Erfindungsreichtum weniger Personen, die ohne formelle Strukturen und Abläufe miteinander umgehen und zusammenarbeiten. Die erste Krise entsteht, wenn die Gründer durch das entstehende Wachstum der Organisation an ihre Kapazitäts- bzw. Kompetenzgrenzen gelangen. Eine einfache informelle Führung reicht nicht mehr aus. Es werden Führungskräfte notwendig, die beispielsweise die betriebswirtschaftlichen Abläufe der Organisation koordinieren. Die Lösung der Krise erfolgt durch eine erste formale Strukturierung der Organisation, die Festlegung von Abläufen und die Verteilung von Verantwortlichkeiten. In der zweiten Phase wird das Wachstum durch ein energisches oberes Management forciert, das zentral alle Angelegenheiten des Unternehmens steuert. Dem steht der Wunsch der unteren Führungsebenen nach mehr Eigenständigkeit und Entfaltung entgegen. Diese Autonomiekrise wird gelöst, indem das obere Management mehr delegiert, wobei Aufgaben und Zuständigkeiten auf die unteren Ebenen übertragen werden.[43] In der dritten Phase entstehen durch die Delegation von Verantwortungen und Kompetenzen autarke Organisationseinheiten. Die interne Kommunikation dieser Einheiten erhöht sich aufgrund ihrer Eigenständigkeit. Der Informationsaustausch mit der eigentlichen Unternehmensführung hingegen nimmt ab, was zur Kontrollkrise führt. Dieser Krise, in Phase fünf, wird die Implementierung von Koordinationsmethoden entgegengesetzt. Es entstehen Planungssysteme, ein verbessertes Berichtswesen und Leitlinien. Diese Maßnahmen erzeugen mehr Transparenz, Einheitlichkeit und Kontrolle der betrieblichen Prozesse aller Geschäftseinheiten und erleichtern der Geschäftsleitung die Steuerung des Gesamtunternehmens. Es werden Stabs- und Dienstleistungsstellen eingerichtet, die alle grundlegenden Aufgaben der Organisationseinheiten koordinieren und kontrollieren. Diese Maßnahmen führen zu erneutem Wachstum. Die nun folgende Krise wird durch die reine Größe und die entstandene Bürokratie ausgelöst. Die Organisation lähmt sich zunehmend selbst und verliert ihre Innovationsfähigkeit, weil mehr Verwaltungsaufwand entsteht und bestehenden Regularien gefolgt werden muss. Die Steuerung der Organisation ist in dieser Phase nur möglich, wenn alle Geschäftseinheiten kooperieren, enger geführt werden und gleichzeitig mehr Handlungsspielräume erhalten. Die vorerst letzte Phase fünf, nach der Bürokratiekrise, ist geprägt von stärkerem Teamgeist. Es kommt zu einer einheitsübergreifenden Sichtweise des gesamten Managements aller Geschäftsbereiche und einem antizipativen Führungsstil. Bei Komplikationen werden Lösungsansätze gemeinsam erarbeitet. Das Übermaß an Verwaltung wird reduziert und durch effizientere Informations- und Kommunikationssysteme ersetzt. Durch diese Veränderungen erwächst eine mehrdimensionale Organisationsstruktur, die durch Projektmanagement-Strukturen erweitert werden. Welche Krise im Anschluss als nächstes folgt ist nicht näher bestimmt. Es wird angenommen, dass es bei der Zusammenarbeit von Mitarbeitern zunehmend zu Konflikten kommt, die durch die Komplexität der gesamten Organisation entsteht. Die Mitarbeiter sind nicht mehr in der Lage alles zu überblicken und können sich nicht mehr mit ihrer Arbeit und dem Unternehmen identifizieren. Viele Fachkräfte begegnen dieser Situation mit einem Wechsel des Unternehmens.[44]

2.3.3 Sieben-Phasen Modell nach Streich

Weiterentwickelt wurde das Modell von Lewin u.a. auch durch Richard K. Streich. Darstellung 2-1 zeigt die sieben Phasen dieses Modells, die nachfolgend kurz erläutert werden. Dabei ist zu bemerken, dass sich die Phasen nicht auf eine Organisation als Ganzes beziehen, sondern auf deren Mitarbeiter als Individuen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Darstellung 2.1 Das Sieben-Phasen-Modell nach Streich, ergänzt durch das Drei-Phasen-Modell nach Lewin

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wörpel, 2011.

Die erste Phase ist die Überraschungs- oder Schockphase, die stark von Gefühlen über die geplante Veränderung geprägt ist. Die Mitarbeiter werden direkt mit der Veränderung konfrontiert und müssen diese neue Situation erst verarbeiten. Dabei entsteht ein Gefühl der emotionalen Schwerelosigkeit, da der gewohnte Zustand nicht mehr gilt und ein neuer noch nicht erreicht wurde. In dieser Situation können Blockaden und Schockzustände entstehen, die Orientierungslosigkeit mit sich bringt. Die Akzeptanz der Veränderung sinkt. Wie intensiv diese Phase ausfällt, liegt dabei am Individuum selbst und dem Ausmaß der Veränderung. Eine Abschwächung der Symptome kann eintreten, wenn Vorahnungen oder Anzeichen einer Veränderung im Vorhinein erkannt wurden.[45] In der Phase der „Abwehr“ kommt es zu einem Ansteigen der Kurve, was mit einer Erhöhung der Akzeptanz einhergeht. Die Mitarbeiter verneinen die Veränderung und erachten sie als zu risikoreich. Es entsteht bei ihnen ein Sicherheitsgefühl, weil sie denken, nicht von der Situation betroffen zu sein und glauben, dass der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt wird. In der dritten Phase ist der anfängliche Schock weitgehend verarbeitet. Die rationalere Sicht erlaubt, dass die Veränderung der Ausgangssituation als notwendig erkannt wird.[46] Aufkommende Neugierde wird dadurch bestärkt, dass erste Erfolge des Wandels unter den Mitarbeitern kommuniziert werden.[47] Zu einem Absinken der Kurve kommt es aufgrund der weiterhin herrschenden Unsicherheit, da die endgültigen Auswirkungen der Veränderungen durch die Mitarbeiter noch nicht abzuschätzen sind. In der darauf folgenden Phase vier befindet sich die Akzeptanz zur Veränderung auf dem Tiefststand. Es kommt zur endgültigen Erkenntnis, dass die eigene Position nicht vom Wandel ausgeschlossen ist. Die daraus resultierenden Gefühle wie Trauer, Wut und Frustration führen zur Einsicht, sich von alten Verhaltensweisen zu lösen und neue erlernen zu wollen.[48] Die Phase fünf ist durch einen positiven Verlauf der Veränderung gekennzeichnet. Die Mitarbeiter beginnen erste Vorgaben auszuprobieren und sich mit den neuen Gegebenheiten vertraut zu machen. Wichtig ist in dieser Phase, dass erkannt wird, welche Fortschritte und Verbesserungen durch den Wandel erzielt werden. Ist dies nicht der Fall, kann es zu einem Misserfolg des gesamten Change-Management-Prozesses kommen. In der Erkenntnisphase haben die Mitarbeiter die Vorteile der Veränderung erkannt und bauen alte Verhaltensweisen bewusst ab. Schlussendlich kommt es zur Akzeptanz- und Konsolidierungsphase. Das Neue wird in den normalen Arbeitsablauf integriert und als Gewohnheit gefestigt[49]

2.4 Kritisches Zwischenfazit

Das Kapitel zwei der vorliegenden Thesis hatte zum Ziel, einen Überblick über die Grundlagen zum Themengebiet des Change Managements zu geben. Dabei wurde zuerst auf die schwierige Definition des Begriffes eingegangen und festgestellt, dass das CM je nach wissenschaftlicher Disziplin anders interpretiert wird. Grundsätzlich kann unter CM die bestmögliche aktive Gestaltung der Veränderung von Organisationen in einem kontinuierlichen Prozess verstanden werden. Darüber hinaus wurde erarbeitet, warum der Wandel für Organisationen notwendig ist und dass menschliche Widerstände bei der Umsetzung von Veränderungen von besonderer Relevanz sind. Ein zweiter Schwerpunkt lag in diesem Kapitel auf der Beschreibung ausgewählter Change Management Prozessansätze bzw. Modellen. Die nachfolgende Tabelle 2-3 dient dazu, die Stärken und Schwächen dieser Modelle aufzuzeigen, um deren Anwendbarkeit in realen Unternehmen zu bewerten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2.3 Stärke und Schwächen beschriebener Implementierungsansätze

Quelle: eigene Darstellung

Der beschriebene Ansatz von Lewin wird als Grundmodell betrachtet, das nur rudimentär auf das Verstehen von Veränderungsprozessen eingeht. Es besteht die Problematik, dass in der Praxis nur schwer zu erkennen ist, wann die einzelnen Phasen beginnen bzw. enden und welche Merkmale sie kennzeichnen.[50] Das Modell zieht Rückschlüsse auf das Verhalten von Organisationen. Die ursprüngliche Betrachtung Lewins kann bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht empirisch belegt werden und galt nur den Mitarbeitern als Individuum, die nicht an der aktiven Mitgestaltung eines Wandels beteiligt wurden. Unklar ist auch, ob die Phasen hintereinander, bei allen Gruppen bzw. Organisationen, ablaufen oder ob es Überschneidungen oder Verflechtungen gibt. Laut Greif, Runde und Seeberg dient Lewins Modell nur als Werkzeug, den Wandel aus der Makroebene zu beschreiben. Für eine Betrachtung aus der Mikroebene sind Modelle mit mehr Phasen und kürzeren Zyklen notwendig.[51]

Bei dem Wachstumsmodell von Greiner handelt es sich um ein wirklichkeitsnahes Modell mit evolutionären und revolutionären Ereignissen. Dabei zeigt es die wiederkehrenden Veränderungsprozesse einer Organisation im Laufe der Zeit. Durch die Einfachheit des Modells bietet es die Chance, auf erkennbare Krisen einzugehen und einen Nutzen zu erzielen.[52] Von Nachteil ist, dass genau wie bei dem Drei-Phasen-Modell von Lewin, dieses Modell nur eine phasenorientierte Betrachtung der Entwicklung einer Organisation vollzieht. Es wird davon ausgegangen, dass eine Veränderung nur in bestimmten Phasen stattfindet und sie nicht kontinuierlich erfolgt. Daraus entsteht die Gefahr, dass Anzeichen eines notwendigen Wandels zwar erkannt werden, aber nicht darauf reagiert wird, weil sich das Unternehmen evtl. in einer anderen Phase befindet oder eine Phase übersprungen wurde und keine Entwicklungsphase identifiziert werden kann. Der Wandel wird nicht als „Normalfall“ angesehen, sondern als temporäre Notwendigkeit, die nach erfolgreicher Krisenbewältigung als abgeschlossen gilt. Nach Auffassung des Verfassers besteht das größte Problem bei diesem Modell darin, dass es nicht pauschal auf alle Organisationen angewandt werden kann, da das Alter des Unternehmens einen wesentlichen Faktor darstellt. Junge Unternehmen oder Branchen mit sehr schnellen Lebenszyklen haben gar nicht die Möglichkeit, eine genaue Einordnung durchzuführen.

Das Sieben-Phasen-Modell von Schein bezieht sich, anders als die beiden Modelle vorher, nicht auf die Veränderungen von Organisation als Ganzes, sondern auf das Individuum, welches dem Wandel ausgesetzt ist. Dabei geht es nicht um einen speziellen Wandel und dessen Auslöser, sondern um die Erklärung des Verhaltens von Personen bei Veränderungen. Die Skizzierung der einzelnen Phasen löst damit nicht die Problematik einer Change-Management-Umsetzung. Sie hilft eher zu erkennen, wie Veränderungen auf Mitarbeiter wirken, unabhängig davon, um welche für Veränderungen es sich handelt. Sind die Indikatoren der einzelnen Phase erkannt, besteht die Chance, gezielt auf den Mitarbeiter einzuwirken, sodass die Möglichkeit eines erfolgreichen Wechsels deutlich erhöht wird. Zu beachten ist bei diesem Modell, dass eine allgemeine Aussage über das Verhalten und Empfinden aller Mitarbeiter getroffen wird, was in der Realität so nicht haltbar ist, da jeder Mensch anders auf Veränderungen reagiert.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das CM nicht als Projekt, sondern als ständige Aufgabe in das operative Tagesgeschäft einer Organisation übergehen muss. Unternehmen befinden sich, aufgrund der unterschiedlichen Einflüsse, in einem andauernden Transformationsprozess. Dabei ist es wichtig, dass auf die Mitarbeiter besonders eingegangen wird, um diese Herausforderung zu bewältigen. Das nachfolgende Kapitel drei beschäftigt sich mit einem gegenwärtig zunehmend geforderten Veränderungsprozess: der Übernahme von Verantwortung durch Unternehmen.

3 Grundlagen Corporate Social Responsibility

In diesem Kapitel erfolgt eine Darstellung über das Themengebiet der Corporate Social Responsibility (CSR), die dabei helfen soll, ein einen Einblick in diesen Bereich zu erlangen.

3.1 Begriffsdefinition und Charakteristik der Corporate Social Responsibility

Die Definition von CSR stellt sich, ähnlich wie die Definierung von Change Management, als nicht ganz einfach dar. Wie bei vielen anderen Begriffen der Wirtschaft stammt die Wortpaarung aus dem angloamerikanischen und wird in Deutschland unterschiedlich verstanden. Die nachfolgende Tabelle 3 zeigt unterschiedliche Definitionen ausgewählter Autoren bzw. Organisationen zu den Begriffen Social Corporate Responsibility:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3.1 Definitionen zu Corporate Sozial Responsibility

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an genannte Quellen

Bei den Definitionen lässt sich, trotz des unterschiedlichen Wortlautes, die gleiche Aussage erkennen. Es geht im Kern darum, dass sich Unternehmen freiwillig der gesellschaftlichen Verantwortung stellen. An dieser Stelle bleibt bei allen Definitionen jedoch offen, was gesellschaftliche Verantwortung bedeutet und in welchem Umfang diese gemessen werden kann. Interessant ist auch, dass die Kommission der europäischen Gemeinschaften CSR in den Jahren 2001 und 2011 unterschiedlich definiert. Während im Jahr 2001 noch die Stakeholder sowie die Freiwilligkeit explizit angesprochen werden, erfolgt eine Nennung dieser Kriterien in der Definition von 2011 nicht mehr. Der neue Wortlaut ist kürzer gefasst, erhebt aber einen umfangreichen Anspruch an die Unternehmen und erhöht zugleich die Interpretationsmöglichkeiten.

Die weite Auslegungsmöglichkeit der CSR birgt die Gefahr, dass Unternehmen sie nach eigenem Verständnis interpretieren und umsetzen. Dabei liegt das Risiko darin, dass eventuell nur das öffentliche Ansehen gesteigert wird, um einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern zu erhalten, da durch mangelnde Vorgaben keine konkreten Maßnahmen auferlegt werden. Eine Ahndung, infolge der Nichtbeachtung einzelner Kriterien oder Verstöße gegen die Prinzipien der CSR, ist ebenso in keinem der aufgezeigten Definitionen vorgesehen, da CSR freiwillig ist. Die reine Begriffsdefinition der CSR ist aus diesem Grunde nicht ausreichend.[57] Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Frage, ob ein Unternehmen dem Konzept der CSR genügt, wenn es Profit, gerecht entlohnte Arbeitsplätze und saubere Herstellungsverfahren bei der Erzeugung von Qualitätsprodukten oder Dienstleistungen garantiert, oder ob es darüber hinaus auch noch Wohltätigkeit verlangt, wie beispielsweise die Investierung in das Bildungssystem oder die Unterstützung des Jugendsports.[58] Das Lexikon der Nachhaltigkeit nimmt eine klare Abgrenzung zwischen ähnlichen Begriffen rund um das Thema CSR vor. Demnach wird CSR als global und gesamtgesellschaftlich betrachtet und bezieht sich auf ökonomische, soziale und umweltbezogenen Faktoren. Diese Faktoren dienen nicht der Erzielung von Gewinnen oder deren Verteilung. Ebenso wenig ist CSR als Nebenaktivität, die das Image der Unternehmen verbessern soll, anzusehen wie beispielsweise die Zahlung von Spenden, Vereinsförderung oder Stiftungen. CSR betrifft das Kerngeschäft und bedeutet, dass umweltschonend, ethisch korrekt, ökonomisch erfolgreich und sozial verantwortlich agiert werden soll.[59] Nach dieser Auffassung handelt z.B. ein Unternehmen im Kohleabbau im Sinne von CSR, wenn es zumindest kostendeckend, in den dafür vorbestimmten Gebieten, ohne die Schädigung von Flora und Fauna, unter Befürwortung der Bevölkerung, Kohle abbaut und im Nachgang der Arbeiten sogar eine Aufwertung der Landschaft durch Rekultivierung vornimmt.

3.1.1 Gründe für die Implementierung von CSR aus Unternehmenssicht

Wie einführend zum Kapitel 3 beschrieben wurde, gibt es zunehmend Gründe, warum sich Unternehmen mit dem Begriff der CSR auseinandersetzen müssen. Neben externen Einflussgrößen, die durch den Staat oder durch öffentlichen Druck entstehen, gibt es auch interne Einflussgrößen, die den Einsatz einer CSR-Strategie als sinnvoll erscheinen lassen. Die Implementierung einer solchen Strategie erhöht, neben den positiven Auswirkungen für die Gesellschaft, auch die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens, indem beispielsweise Ressourcen eingespart oder die Motivation der Mitarbeiter gesteigert werden können.[60] Unter „Implementierung“ wird im Allgemeinen die Einführung einer entweder technologischen oder verhaltenswissenschaftlichen Veränderung in einer Organisation verstanden.[61] Die vorliegende Arbeit bezieht sich bei der Nutzung des Begriffs ausschließlich auf die verhaltenswissenschaftliche Sichtweise.

Die Universität der Bundeswehr hat im Jahr 2010 eine Studie durchgeführt, die über die in der Praxis herrschenden Gründe deutscher Unternehmen für eine Implementierung von CSR Aufschluss geben sollte (siehe Anhang A). Demnach geben 80,8% der befragten Unternehmen an, dass ihr Hauptziel die Kommunikation sozialer Verantwortung ist. Darauf folgt das Ziel der Integration des Unternehmens in das gesellschaftliche Umfeld mit 66,7%. Den drittgrößten Zuspruch, mit 65,3 %, hat das Ziel der Imageverbesserung. Auf Rang 4 und 5 folgen die Ziele der Mitarbeitermotivation (43,1%) und der nachhaltige ökonomische Nutzen (37%).[62] Eine Interpretation ob, oder inwiefern diese Aussagen den eigentlichen Prinzipien der CSR entsprechen, kann erst im Zwischenfazit des Kapitels erfolgen, da hierzu eine genauere Betrachtung des Themengebietes notwendig ist.

3.1.2 Historie CSR

Die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung durch Unternehmen ist kein neuer Trend, sondern hat eine lange Tradition. Der Begriff des „Gemeinwohls“ wird bereits in der Antike durch Philosophen wie Aristoteles verwendet. Sein Bestreben war es, dass die Bürger selbst bestimmen, was für das Wohl der Gemeinschaft an Handlungen festzuschreiben ist und wer die Verantwortung dafür trägt.[63]

So gibt es viele Ansätze aus den unterschiedlichsten Kulturen, Religionen und Epochen, die zur Regelung der Verantwortung von Organisationen gegenüber der Gesellschaft bestimmt sind. Das im deutschsprachigen Raum entstandene Mäzenaten- oder Stiftertum begann in der Zeit der Industrialisierung und setzt sich bis heute fort. Dabei stehen die Mitarbeiter im Mittelpunkt, die durch eine Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingung, wie z. B. durch den Bau von Wohnsiedlungen für sie, motivierter und leistungsfähiger sind und somit einen Mehrwert für das Unternehmen schaffen. Ähnliches entwickelte sich zu dieser Zeit auch in den Vereinigten Staaten von Amerika, wenngleich noch nicht unter dem Begriff des CSR. Industrielle und Visionäre wie Rockefeller oder Ford vertraten die Meinung, dass Unternehmer, welche Beschäftigung und Wohlstand fördern, ihrem Land einen größeren Anteil von historischem Wert erbringen, als Politiker und Soldaten.[64] Der eigentliche Begriff des CSR wurde erst in den 50er-Jahren durch den Amerikaner Howard R. Bowen geprägt. Seine Publikation mit dem Titel „Social Responsibilities of a Businesman“ löste eine Welle vieler weiterer Veröffentlichungen zu dem Themengebiet aus, die bis heute anhält.[65] Anhand der Literatur und der öffentlichen Diskussion zeigt sich, dass es je nach Unternehmensumfeld, Branche und Fachbereich ein anderes Verständnis über CSR gibt. Um das Universum um CSR genauer zu verstehen, ist es notwendig, eine genaue Differenzierung von ähnlichen Begriffen und Konzepten vorzunehmen.[66]

3.2 Abgrenzung der CSR zu artverwandten Themen

CSR wird oft als Überbegriff für verantwortungsvolles Handeln von Organisationen in Gesellschaft und Umwelt verstanden, was sich bei eingehender Betrachtung als falsch darstellt. Die CSR ist vielmehr selbst nur eines der Konzepte unter dem Dach der Corporate Responsibility (CR), welche auch die Konzepte des Corporate Citizenship (CC) und der Corporate Governance (CG) beinhaltet.[67] In der allgemeinen Diskussion werden diese Begriffe oftmals synonym verwendet. Deshalb erfolgt nachfolgend eine genauere Abgrenzung der Begriffe.

3.2.1 Corporate Citizenship

In der Definition des Begriffs „Corporate Citizenship“ zeigt sich erneut die unscharfe Bestimmbarkeit des gesamten Themengebietes um CSR. Die Literatur ordnet den Begriff CC in seiner Wertigkeit einerseits unter, andererseits auch über die CSR. Hinzu kommt, dass sich das Verständnis über die eigentliche Aussage von CC im Laufe der Zeit verändert und in Europa anders verstanden wird als in Nordamerika. Aufgrund dessen wird nachfolgend nur die herrschende Meinung in Deutschland über CC näher bestimmt.

Unter dem Begriff „Corporate Citizenship“ versuchen Unternehmen in der Öffentlichkeit die Gleichstellung mit einem Staatsbürger zu suggerieren. Als „Staatsbürger“ unterliegen sie gesellschaftlichen Rechten und Pflichten, welche sie befähigen am öffentlichen Leben teilzunehmen. Dabei sind sie der Annahme, dass jeder Bürger sich zum Wohle der Gemeinschaft engagieren muss. Damit wird eine Legitimität geschaffen, die dem Unternehmen sowohl eine aktive Mitgestaltung in politischen wie auch gemeinwohlorientierten Themen erlaubt.[68] Hintergrund ist beim CC aber kein philanthropischer Gedanke eines Unternehmenseigentümers, der der Gesellschaft etwas zurück geben will. Das wird am Einsatz des Managements vieler Unternehmen ersichtlich, die im Regelfall nicht die Eigentümer des Unternehmens sind, für das sie arbeiten. Die Initiative erfolgt aus strategischer Sicht. Ökonomisch betrachtet müsste das Unternehmen sein Engagement verringern oder einstellen, da es nicht zum Unternehmenserfolg im eigentlichen Sinne beträgt. Dies ist häufig jedoch nicht der Fall, da aufgrund der bereits beschriebenen Gründe der Globalisierung und des Wertewandels bei Interessengruppen eine Intensivierung des Engagements verlangt wird. Bei einer moralisch ernsthaften Verfolgung von CC soll eine Win-Win-Situation für die Gesellschaft und das Unternehmen entstehen.[69] Dabei wird zunehmend eine Kooperation mit mindestens einem weiteren Partner aus der Wirtschaft oder dem privaten Sektor favorisiert[70] Die für das Kerngeschäft notwendigen Ressourcen wie Personal oder Finanzen werden dabei der Gesellschaft zur Verfügung gestellt, was als Nebeneffekt eine Imageverbesserung für das Unternehmen bedeutet.[71] Hier liegt der Hauptkritikpunkt am Konzept des Corporate Citizenship. Es muss nachweisbar sein, dass CC nicht als reiner Werbezweck genutzt wird. Ein Missbrauch wird deutlich, wenn beispielsweise ein Agieren des Unternehmens entgegen dem von ihm propagierten Handeln erkennbar ist, oder wenn die Verhältnismäßigkeit in Bezug auf geringe Ausgaben zu messbaren erhöhten Einnahmen durch die Einführung von CC-Maßnahmen angestrebt wird.[72] Einen anderen Ansatz dagegen vertritt u.a. Raith. Laut seiner Ansicht ist CC nicht durch die Wertkette und die eigentlichen Geschäfte des Unternehmens bestimmt. Corporate Citizenship dient als Konzept mit strategischer Absicht und bezieht sich aus ethischen Gründen auf die Lösung von gesellschaftlichen Problemen im direkten Unternehmensumkreis.[73] Die eigentlichen Instrumente der CC sind Spenden, Stiftungen und andere Formen des gesellschaftlichen Einsatzes (Corporate Giving, Corporate Volunteering, Corporate Foundations usw.).[74] Die schwierige Bestimmung des Begriffs CC zeigt sich auch im „Grünbuch“ der Europäischen Kommission, die sich weder im Jahr 2001 noch im Jahr 2011 endgültig für eine Definition entscheidet.[75] Der eindeutigste Unterschied zum Konzept CSR ist, dass Corporate Social Responsibility innerhalb und CC außerhalb der Wertschöpfungskette eines Unternehmens zur Anwendung kommt.[76]

3.2.2 Corporate Governance

Die Corporate Governance (CG) ist ebenfalls ein Konzept, dass sich im Verständnis seiner Bedeutung im Lauf der Zeit verändert hat. Ursprünglich kommt es aus dem angloamerikanischen und dient zur Erhöhung der Kontrolle und der Führungsfähigkeit von Unternehmen zur Steigerung seines Wertes im Sinne ihrer Interessengruppen[77] Die umgangssprachlich übersetzte „gute Unternehmensführung“ hat zur Aufgabe, durch geeignete interne Regelungen die bestmögliche Position für das Unternehmen und seine Interessengruppen in ihrer Umwelt zu schaffen.[78] Hierbei geht es, im Gegensatz zu CC, um die rein interne Kommunikation von Unternehmen. Die CG dient als Instrument zur Regulierung der Beziehungen einzelnen Gruppen wie Management, Aufsichtsrat, Anteilseigner und anderen untereinander, um die Ziele des Unternehmens bestmöglich zu erreichen. Die in der CG festgelegten Auflagen enthalten dabei einerseits geltende Gesetze und Vorgaben des jeweiligen Rechtssystems und andererseits freiwillige Instrumente wie den individuellen Code of Conduct oder das Leitbild des Unternehmens.[79]

3.2.3 Nachhaltige Entwicklung

Im öffentlichen Diskurs wird der Begriff CSR darüber hinaus oft im Zusammenhang mit einer „nachhaltigen Entwicklung“ verwendet, obwohl die Zielsetzung beider Konzepte sich unterscheidet. Der von der Bundesregierung geschaffene „Rat für nachhaltige Entwicklung“ definiert die nachhaltige Entwicklung wie folgt: „Nachhaltige Entwicklung heißt, Umweltgesichtspunkte gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen. Zukunftsfähig wirtschaften bedeutet also: Wir müssen unseren Kindern und Enkelkindern ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge hinterlassen. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben.“[80] Der Unterschied in der Definition zu CSR ist offensichtlich. Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung ist als umwelt- und gesellschaftspolitischer Leitsatz zu verstehen und geht auf die Interpretation der Brundtland-Kommission aus dem Jahr 1987 zurück.[81] Es ist im Kontext der globalen Gesellschaft zu sehen und nicht aus Sicht eines Unternehmens. Die drei Hauptmerkmale (siehe hierzu Kapitel 3.3.3., Triple Bottom Line) des Konzepts, Soziales, Ökologisches und Wirtschaftliches, stehen dabei gleichberechtigt nebeneinander, um die Zukunft nachfolgender Generationen zu sichern. Diesem allumfassenden Anspruch kann ein Unternehmen, das Gewinn erzielen will, nicht gerecht werden, da hier die Ökonomie im Vordergrund steht, um das das eigene Überleben zu gewährleisten.[82] Eine Verschmelzung beider Konzepte wird als Corporate Sustainability bezeichnet.[83]

[...]


[1] Vgl. Wieland/ Schmiedeknecht, Verantwortungsvolle Unternehmensführung, 2010, S. 78.

[2] Vgl. Friesl, Erfolg und Verantwortung, 2008, S. 5.

[3] Vgl. Wieland/ Schmiedeknecht, Verantwortungsvolle Unternehmensführung, 2010, S. 78.

[4] Vgl. Kraus/ Becker-Kolle/ Fischer, Handbuch Change Management, 2006, S. 14.

[5] Kraus/ Becker-Kolle/ Fischer, Handbuch Change Management, 2006, S. 15.

[6] Lauer, Change Management, 2010, S. 3.

[7] Hartwich, Grundlagen Change Management, 2011, S. 21.

[8] Vgl. Capgemini, Studie: Change Management, 2008, S. 13.

[9] Vgl. Kraus/ Becker-Kolle/ Fischer, Handbuch Change Management, 2006, S. 14.

[10] Vgl. Wehrlin, Change Management, 2010, S. 18.

[11] Vgl. Opitz, Lernen am Unterschied, 2007, S. 241.

[12] Vgl. Augustin/ Hornstein/ Stihl, Change Management, 2011, S. 11.

[13] Vgl. Wehrlin, Change Management, 2010, S. 18ff.

[14] Vgl. Berger/ Chalupsky/ Hartmann, Change Management, 2008, S. 19.

[15] Vgl. Rischar, Veränderungsmanagement, 2005, S. 3.

[16] Vgl. Greif/ Runde/ Seeberg, Erfolge und Misserfolge beim CM, 2004, S. 20.

[17] Vgl. Rischar, Veränderungsmanagement, 2005, S. 4.

[18] Vgl. Kraus/ Becker-Kolle/ Fischer, Handbuch Change Management, 2006, S. 16.

[19] Vgl. Rischar, Veränderungsmanagement, 2005, S. 4.

[20] Vgl. Wehrlin, Change Management 2010, S. 39.

[21] Vgl. Greif/ Runde/ Seeberg, Erfolge und Misserfolge beim CM, 2004, S. 55.

[22] Vgl. Kraus/ Becker-Kolle/ Fischer, Handbuch Change Management, 2006, S. 15.

[23] Vgl. Doppler/ Lauterburg, Change Management, 2009, S. 89.

[24] Vgl. Kraus/ Becker-Kolle/ Fischer, Handbuch Change Management, 2006, S. 15.

[25] Vgl. Opitz, Lernen am Unterschied, 2007, S. 242.

[26] Vgl. Buchner/ Hofmann/ Magnus, Prozess-Power, 1999, S. 156.

[27] Vgl. Buchner/ Hofmann/ Magnus, Prozess-Power, 1999, S. 30.

[28] Vgl. Kraus/ Becker-Kolle/ Fischer, Handbuch Change Management, 2006, S. 13.

[29] Vgl. Rigall/ Wolters, Change Management für Konzerne, 2005, S. 22.

[30] Vgl. Augustin/ Hornstein/ Stihl, Change Management, 2011, S. 27.

[31] Vgl. Kraus/ Becker-Kolle/ Fischer, Handbuch Change Management, 2006, S. 13.

[32] Vgl. Rigall/ Wolters, Change Management für Konzerne, 2005. S. 40ff.

[33] Vgl. Rigall/ Wolters, Change Management für Konzerne, 2005, S. 38.

[34] Vgl. Krause, Change Management, 2010, S. 11.

[35] Vgl. Ashkenas, Was sich ändern muss, 2012, http://www.harvardbusinessmanager.de.

[36] Vgl. Greif/ Runde/ Seeberg, Erfolge und Misserfolge beim CM, 2004, S. 28.

[37] Pfitzinger, Geschäftsprozess-Management, 2003, S. 9.

[38] Vgl. Greif/ Runde/ Seeberg, Erfolge und Misserfolge beim CM, 2004, S. 28.

[39] Vgl. Wehrlin, Change Management, 2010, S. 43.

[40] Vgl. Bornewasser, Organisationsdiagnostik und Organisationsentwicklung, 2009, S. 168.

[41] Vgl. Wehrlin, Change Management, 2010, S. 44.

[42] Vgl. Vahs, Organisation, 2009, S. 321.

[43] Vgl. Koch, Gründungsmanagement, 2001, S. 289.

[44] Vgl. Vahs, Organisation, 2009, S. 322ff.

[45] Vgl. Kraus/ Becker-Kolle/ Fischer, Handbuch Change Management, 2006, S. 116.

[46] Vgl. Wörpel, Change Management in der öffentlichen Verwaltung, 2011, S. 19ff.

[47] Vgl. Kraus/ Becker-Kolle/ Fischer, Handbuch Change Management, 2006, S. 118.

[48] Vgl. Wörpel, Change Management in der öffentlichen Verwaltung, 2011, S. 20.

[49] Vgl. Kraus/ Becker-Kolle/ Fischer, Handbuch Change Management, 2006, S. 118.

[50] Vgl. Heini, Eine Megafusion, 2003, S. 73.

[51] Vgl. Greif/ Runde/ Seeberg, Erfolge und Misserfolge beim CM, 2004, S. 57ff.

[52] Vgl. Vahs, Organisation, 2009, S. 326.

[53] Kommission der europäischen Gemeinschaften, Grünbuch, 2001, S. 7.

[54] BMAS, Aktionsplan CSR, 2010, S. 35.

[55] Jonker/ Stark/ Tewes, Corporate Social Responsibility, 2011, S. 5.

[56] Europäische Kommission, EU-Strategie (2011-2014) für die soziale Verantwortung von Unternehmen, 2011, S. 7.

[57] Vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit, Stichwort: Corporate Social Responsibility, o.J., http://www.nachhaltigkeit.info.

[58] Vgl. Schranz, Wirtschaft zwischen Profit und Moral, 2007, S. 21.

[59] Vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit, Stichwort: Corporate Social Responsibility, o.J., http://www.nachhaltigkeit.info.

[60] Vgl. Hafner/ Hartel/ Bluszcz/ Stark, Gesellschaftliche Verantwortung, 2007, S.140ff.

[61] Vgl. Welge/ Al-Laham, Strategisches Management, 2012, S. 791.

[62] Vgl. Universität der Bundeswehr, Studie CSR-Ziele, 2010, http://de.statista.com.

[63] Vgl. Münkler/ Bluhm, Gemeinwohl und Gemeinsinn, 2001, S. 16ff.

[64] Vgl. Braun, Gesellschaftliches Engagement, 2010, S. 50.

[65] Vgl. Jonker/ Stark/ Tewes, Corporate Social Responsibility, 2011, S. 12.

[66] Vgl. Hardtke/ Kleinfeld, Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen, 2010, S. 16.

[67] Vgl. o.V., Lexikon der Nachhaltigkeit, Stichwort: Abgrenzung, o.J., http://www.nachhaltigkeit.info.

[68] Vgl. Raupp/ Jarolimek/ Schulz, Handbuch CSR, 2011, S. 520.

[69] Vgl. Habisch/ Wildner/ Wenzel, Corporate Citizenship, 2008, S. 5ff.

[70] Vgl. Lüth/ Welzel, Vom engagierten Unternehmen zum Verantwortungspartner, 2007, S. 148.

[71] Vgl. Allgäuer/ Larisch, Public Relations, 2011, S. 284.

[72] Vgl. Habisch/ Wildner/ Wenzel, Corporate Citizenship als Bestandteil der Unternehmensstrategie, 2008, S. 5ff.

[73] Vgl. Raith, Mythos CSR, 2013, S. 70ff.

[74] Vgl. Jonker/ Stark/ Tewes, Corporate Social Responsibility, 2011, S. 79.

[75] Vgl. Lamprecht, Schaffe Vertrauen, 2013, S.20.

[76] Vgl. Jonker/ Stark/ Tewes, Corporate Social Responsibility, 2011, S. 79.

[77] Vgl. Lionel/ Djomo, Die Corporate Governance, 2009, S. 22.

[78] Vgl. Raupp/ Jarolimek/ Schulz, Handbuch CSR, 2011, S. 520.

[79] Vgl. Kommission der europäischen Gemeinschaften, Grünbuch, 2001, S. 28.

[80] Rat für nachhaltige Entwicklung, o.J., http://www.nachhaltigkeitsrat.de.

[81] Vgl. Jonker/ Stark/ Tewes, Corporate Social Responsibility, 2011, S.7.

[82] Vgl. Burckhardt, Corporate Social Responsibility, 2013, S. 5.

[83] Vgl. Schneider, Reifegradmodell CSR, 2012, S. 24.

Ende der Leseprobe aus 149 Seiten

Details

Titel
Analyse des Change Management Prozesses vor dem Hintergrund einer Corporate Social Responsibility (CSR) Implementierung
Hochschule
Rheinische Fachhochschule Köln
Note
1,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
149
Katalognummer
V278063
ISBN (eBook)
9783656715337
ISBN (Buch)
9783656715320
Dateigröße
3730 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
CSR, Corporate Social Responsibility, CM, Change Management, Nachhaltigkeit, DIN ISO 26000, Corporate Citizenship, Corporate Governance, Implementierung, Widerstände, Lewin, Greiner, Streich, CSR-Pyramide, Triple Bottom Line, Reifegrade, Richtlinien, Standards, Unternehmensanalyse
Arbeit zitieren
Björn Bolten (Autor:in), 2014, Analyse des Change Management Prozesses vor dem Hintergrund einer Corporate Social Responsibility (CSR) Implementierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/278063

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