Grenzüberschreitende Umwandlungen in der EG


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

27 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Teil Schwarz: Gliederungspunkte 1. - 4.

Teil Eichler: Gliederungspunkte 4.5 - 5.

1. Einleitung

2. Umwandlungsmöglichkeiten nach dem deutschen
Umwandlungsgesetz

2.1 Verschmelzung gem. § 2 UmwG
2.2 Spaltung gem. § 123 UmwG
2.3 Vermögensübertragung gem. § 174 UmwG
2.4 Formwechsel gem. § 190 UmwG

3. Die generelle Problematik grenzübergreifender Um- wandlungen

4. Grundsätzliche Zulässigkeit grenzüberschreitender
Umwandlungen innerhalb der EU

4.1 Europäische Lösungsansätze
4.2 Anknüpfung der Umwandlung an eine Rechtsordnung
4.3 Parallele Anwendung nationaler Umwandlungs- vorschriften: Vereinigungstheorie
4.3.1 Kollisionsrechtlicher Aspekt
4.3.2 Anwendungsprobleme illustriert am Beispiel des
deutschen UmwG

4.4 Verfahren und Ablauf grenzüberschreitender
Umwandlungen – Theorie trifft Praxis:

4.4.1 Verschmelzung einer deutschen GmbH auf eine
österreichische GesmbH (Hinausverschmelzung)

4.4.1.1 Wirksame Durchführung der register- gerichtlichen Eintragung
4.4.1.2 Gläubigerschutz
4.5 Ausweichkonstruktionen
4.5.1 Die von Hoechst und Rhône-Poulenc gewählte
Transaktionsstruktur

4.5.2 Weiterführende Überlegungen
4.5.3 Vergleich mit dem Fall der DaimlerChrysler AG

5. Grenzüberschreitende Umwandlung und die Europäische
Aktiengesellschaft

5.1 Rechtlicher Rahmen der Europäischen Aktiengesellschaft
5.2 Gründungsmodalitäten
5.2.1 Die abgeleitete Gründungsform
5.2.2 Unmittelbare Gründungsmöglichkeiten
5.3 Gründung durch Verschmelzung, Art. 2 Abs. 1 SE-VO
5.3.1 Formale Voraussetzungen
5.3.2 Überprüfung der Rechtmäßigkeit
5.4 Praktische Bedeutung

6. Ergebnis und Ausblick

1. Einleitung

Die zunehmende Europäisierung und Globalisierung der Weltmärkte führt bei international tätigen Unternehmen zu einem stetig anwachsenden Bedürfnis, die Betriebsstrukturen an die sich verändernden Rahmenbedingungen anzupassen. Dies hat in den letzten Jahren zu einem weltweiten Anstieg grenzüberschreitender Unternehmensakquisitionen sowie zu zahlreichen Unternehmenszusammenschlüssen geführt. Für großes Aufsehen und Medieninteresse sorgte etwa die Fusion der Daimler-Benz AG mit der Chrysler Corp. zur DaimlerChrysler AG oder der Zusammenschluss der Hoechst AG mit der französischen Rhône-Poulenc S.A. zur Aventis S.A.. Neben den Veränderungen der Global Player, hat es auch im kleineren Rahmen eine ganze Reihe von Umstrukturierungen, insbesondere deutscher und europäischer Kapitalgesellschaften gegeben.

Die folgende Ausarbeitung beschäftigt sich mit den grundsätzlichen Möglichkeiten und Voraussetzungen, solche Umstrukturierungen innerhalb der EG vorzunehmen. Dabei geht es zunächst um die Frage, ob und in welcher Form grenzüberschreitende Umwandlungen, insbesondere Verschmelzungen und Spaltungen, innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zulässig sind und welche Rolle die Europäische Aktiengesellschaft in Zukunft spielen wird. Weitere Schwerpunkte sind Fragen der Rechtsanwendung, die Problematik grenzüberschreitender Verschmelzungen im speziellen sowie die exemplarische Darstellung von in der Praxis auftretenden Umsetzungsproblemen. Auch die oft verwandten Einbringungsmodelle bzw. Holdingkonstruktionen werden anhand von Beispielen erläutert[1].

Begonnen wird mit einer kurzen Vorstellung der dem deutschen Recht bekannten Umwandlungsformen.

2. Umwandlungsmöglichkeiten nach dem deutschen Umwandlungs- gesetz gem. § 1 Abs. 1 UmwG

Das deutsche Umwandlungsgesetz[2] (UmwG) kennt vier Umwandlungsarten und zählt diese in § 1 Abs. 1 UmwG abschließend auf. Im Folgenden werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten der verschiedenen Formen kurz dargestellt und die verschiedenen Varianten auf ihre Tauglichkeit für transnationale Umwandlungen untersucht.

2.1 Verschmelzung gem. § 2 UmwG

Eine Verschmelzung zeichnet sich gem. § 2 UmwG dadurch aus, dass das gesamte Vermögen eines oder mehrerer Rechtsträger (übertragender Rechtsträger) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf einen anderen bereits bestehenden Rechtsträger (Verschmelzung durch Aufnahme) oder auf einen eigens gegründeten Rechtsträger (Verschmelzung durch Neugründung) übergeht. Der übertragende Rechtsträger wird dabei ohne Abwicklung aufgelöst, er verschmilzt mit dem übernehmenden Rechtsträger[3]. Inhaber oder Anteilseigner des übertragenden Teils erhalten als Gegenleistung Anteile oder Mitgliedschaften am übernehmenden Rechtsträger[4].

Die Verschmelzung ist jene Umwandlungsart, die dem Vereinheitlichungs- und Umstrukturierungsbedürfnis international agierender Konzerne besonders entgegen kommt. Aus diesem Grund ist sie die für grenzüberschreitende Umwandlungsvorgänge am häufigsten verwandte Umwandlungsform.

2.2 Spaltung gem. § 123 UmwG

Die Spaltung stellt die bedeutendste Neuregelung des deutschen UmwG dar[5]. Es sind gem. § 123 UmwG drei Unterarten zu unterscheiden: Aufspaltung (§ 123 Abs. 1 UmwG), Abspaltung (§ 123 Abs. 2 UmwG) und Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 UmwG).

Die Aufspaltung stellt das Gegenstück zur Verschmelzung dar. Das gesamte Vermögen eines Rechtsträgers wird dabei auf mindestens zwei neue[6] oder bereits bestehende[7] Rechtsträger übertragen. Der übertragende Rechtsträger wird aufgelöst und erlischt mit der Eintragung der Spaltung im Handelsregister.

Bei der Abspaltung überträgt der abspaltende Rechtsträger lediglich einen Teil des Vermögens und wird folglich auch nicht aufgelöst[8]. Auch hier kann zwischen Abspaltung zur Aufnahme und Abspaltung zur Neugründung unterschieden werden. Die Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers erhalten Anteile des neuen Rechtsträgers.

Bei der Ausgliederung überträgt der übertragende Rechtsträger, wie bei der Abspaltung, einen oder mehrere Teile seines Vermögens auf einen oder mehrere Rechtsträger. Der übertragende Rechtsträger bleibt bestehen. Der Unterschied zur Abspaltung besteht darin, dass die Anteile des übernehmenden Rechtsträgers nicht an die Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers, sondern direkt auf diesen selbst übergehen. Es entsteht dabei entweder ein Konzernverhältnis oder eine Mutter-Tochter Beziehung[9].

Aufgrund der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten kommt auch die Spaltung für grenzüberschreitende Umwandlungen in Betracht.

2.3 Vermögensübertragung gem. § 174 UmwG

Die verschiedenen Ausprägungen der Vermögensübertragung entsprechen der Verschmelzung (Vollübertragung) bzw. der Abspaltung/Ausgliederung (Teilübertragung). Der Unterschied liegt darin, dass die Gegenleistung nicht in Form von Anteilen am aufnehmenden Rechtsträger erfolgt, sondern die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers eine Ausgleichszahlung in bar oder andere Wirtschaftsgüter erhalten. Vermögensübertragungen sind nur von einer Kapitalgesellschaft auf die öffentliche Hand und zwischen Versicherungsunternehmen zulässig[10]. Die Vermögensübertragung hat somit keine Bedeutung für internationale Umstrukturierungen.

2.4 Formwechsel gem. § 190 UmwG

Im Unterschied zu den anderen Umwandlungsarten ist am Formwechsel nur ein Rechtsträger beteiligt. Es handelt sich hierbei gem. § 190 UmwG um den Wechsel der Rechtsform. So kann beispielsweise eine GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Es findet keine Vermögensübertragung statt, ebenso bleibt üblicherweise der Personenkreis, der vor und nach dem Rechtsformwechsel an dem Rechtsträger beteiligt ist, identisch[11]. Die wirtschaftliche und rechtliche Identität des umgewandelten Rechtsträgers als Verband bleibt unberührt, es ändert sich lediglich die äußere Form. Sieht man von Vorbereitungs- oder Abschlussmaßnahmen ab, hat der Formwechsel in aller Regel keine eigenständige Bedeutung für internationale Umwandlungen[12].

3. Die generelle Problematik grenzübergreifender Umwandlungen

Im Gegensatz zu rein nationalen Umwandlungsvorgängen sind an internatonalen Umwandlungen Rechtsträger beteiligt, die ihren Sitz in verschiedenen Staaten haben. Dies wirft in erster Linie Rechtsanwendungsprobleme auf, insbesondere die Frage nach welcher Rechtsordnung die Umwandlung durchgeführt werden soll. Viele Mitgliedstaaten haben für eine solche Konstellationen (noch) keine Regelungen geschaffen. Schwierigkeiten können sich auch dadurch ergeben, dass unter Umständen mehrere Rechtsordnungen parallel Ablauf und Voraussetzungen des Verfahrens bestimmen.

Zu unterscheiden sind bei der internationalen Verschmelzung zwei grundlegenden Typen. Zum einen die Hineinverschmelzung, bei der die aufnehmende Gesellschaft aus Betrachtersicht ihren Sitz im Inland hat und die das gesamte Vermögen der übertragenden Gesellschaft in sich aufnimmt. Zum anderen die Hinausverschmelzung: die übertragende Gesellschaft ist ein inländisches Unternehmen, ihr Vermögen wird im Zuge der Verschmelzung auf die ausländische, aufnehmende Gesellschaft übertragen.

4. Grundsätzliche Zulässigkeit grenzüberschreitender Umwandlungen innerhalb der EU

Auf europäischer Ebene verlangt Artikel 43 EGV die Aufhebung sämtlicher Beschränkungen der freien Niederlassung innerhalb des europäischen Binnenmarktes. Die daraus abgeleitete Niederlassungsfreiheit gilt gemäß Artikel 48 EGV auch für Gesellschaften. Zwar hat der EuGH zunächst die direkte Anwendbarkeit der Artikel 43 und 48 EGV in der Entscheidung „Daily Mail“[13] verneint[14], ansatzweise im Urteil „Centros“[15] und endgültig in den noch jungen Entscheidungen „Überseering“[16] bzw. „Inspire Art“[17] bejahte der EuGH jedoch die grundsätzliche Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Sitzverlegung. Ausgehend von der Tatsache, dass transnationale Verschmelzungen bzw. Spaltungen nur Sonderfälle der Sitzverlegung sind[18], ergibt sich somit nach europäischem Recht die Zulässigkeit grenzüberschreitender Umwandlungen. Sie leitet sich aus der unmittelbaren Anwendung der Artikel 43 und 48 EGV („Niederlassungsfreiheit“) ab[19]. Nationale Verbote oder Einschränkungen dieser Freiheit stellen einen Verstoß gegen geltendes EG-Recht dar und sind deshalb unwirksam[20]. Fraglich ist jedoch, welche Rechtsvorschriften bei internationalen Umwandlungen innerhalb der EU anzuwenden sind[21]. Folgende Lösungsansätze sind denkbar:

[...]


[1] Hierbei handelt es sich in aller Regel nicht um „echte“ Umwandlungen im Sinne der deutschen Terminologie.

[2] Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts vom 28.10.1994, BGBl I, 3210 ff..

[3] Lutter/Lutter, § 2, Rn. 20.

[4] Kallmeyer, § 2, Rn. 12.

[5] Semler/Stengel, § 1, Rn. 59.

[6] Sog. Spaltung durch Neugründung.

[7] Sog. Spaltung zur Aufnahme.

[8] Kallmeyer, § 123, Rn. 9.

[9] Vgl. Semler/Stengel, § 1, Rn. 63.

[10] Vgl. Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Vorbemerkungen § 174 - § 189, Rn. 1-4.

[11] Vgl. Semler/Stengel, § 1, Rn. 68.

[12] Solche Maßnahmen können im Einzellfall notwendig sein, um formelle Umwandlungsvoraussetzungen zu erfüllen.

[13] EuGH, Rechtssache C- 81/ 87, Slg. 1988, 5483 ff..

[14] Gegenstand des Verfahrens war jedoch nicht die Zulässigkeit einer grenzüberschreitenden Umwandlung, sondern eine Sitzverlegung von Großbritannien in die Niederlande aus steuerlichen Gründen.

[15] EuGH, Rechtssache C-212/ 97; EuGH NJW 1999, 2027 – Centros.

[16] EuGH, Rechtssache C- 208/ 00; ZIP 2002, 2037 – Überseering.

[17] EuGH, Rechtssache C- 167/ 01; ZIP 2003, S. 1885 ff. – Inspire Art.

[18] Entweder handelt es sich um eine Sitzverlegung im Zuge eines grenzüberschreitenden Zusammenschlusses zweier Gesellschaften oder um die Sitzverlegung im Rahmen der Abspaltung zur Neugründung oder der Abspaltung zur Aufnahme. In beiden Fällen ist die Niederlassungsfreiheit, entweder die der Gründer oder die der Gesellschaft, berührt. Vgl. hierzu Kallmeyer, § 1 Rn. 2 ff.. Kritisch differenzierend Lennerz, S. 75 ff..

[19] Statt vieler Lawall, IStR 1998, S. 345, S. 346; Lutter in Lutter, UmwG, § 1, Rn. 9 ff.; Kallmeyer, § 1, Rn. 10.

[20] Ausführlich zur Europarechtswidrigkeit Kruse, S. 137 ff.; vgl. auch Lutter in Lutter, § 1, Rn. 9.

[21] Jedenfalls soweit keine nationalen Vorschriften der Mitgliedsstaaten für solche Sachverhalte existieren.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Grenzüberschreitende Umwandlungen in der EG
Hochschule
Fachhochschule Trier - Hochschule für Wirtschaft, Technik und Gestaltung  (Institut für Handels- Gesellschafts- und Kartellrecht)
Note
1,0
Autoren
Jahr
2004
Seiten
27
Katalognummer
V27805
ISBN (eBook)
9783638297523
Dateigröße
692 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Grenzüberschreitende, Umwandlungen
Arbeit zitieren
LL.B. (Melb.); LL.M. (Melb.)/Dipl. Wirtschaftsjurist (FH) Florian Schwarz (Autor:in)Andrea Eichler (Autor:in), 2004, Grenzüberschreitende Umwandlungen in der EG, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27805

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