Das Leben der Frau am Hof im frühen Spätmittelalter


Hausarbeit, 2009

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Jungfräulichkeit
2.1. Die weibliche Kindheit am Hof
2.2. Zwischen Spiel und Kontrolle
2.3. Ausbildung und Erziehung

3. Ehelichkeit
3.1. Die Ehe als Lebensform
3.2. Das Zustandekommen der Ehe
3.3. Die Vermählung
3.4. Das Verhältnis zum Ehepartner
3.5. Die Frau und ihre Folgschaft
3.6. Das Frauenbild der Kirche
3.7. Mutterschaft

4. Witwenschaft

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Ihnen sei das Glück im Diesseits besonders gewogen im Blick auf ihren Stand und Reichtum, und das bedeute eine große Verpflichtung für sie.“[1]

Humbert de Romans beleuchtet die Vor- und Nachteile adeliger Damen am Hof. Der Verfasser sieht einerseits den Vorteil der Standeszugehörigkeit zum Adel und andererseits die große Bürde, die eine adelige Frau zu tragen hatte

Waren Stand und Reichtum Variablen für Zufriedenheit oder Last im Leben einer Edelfrau? Welche Möglichkeiten boten sich den Frauen? Waren sie sich ihres Schicksals – bestimmt durch den Mann- bewusst?

Ich möchte das Alltagsleben einer adeligen Frau schildern, wie man es vom heutigen Standpunkt aus in der Literatur erfährt.

Das Leben der adeligen Frauen in Westeuropa überschnitt sich in wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnissen. Neben lokalen, regionalen und nationalen Unterschieden waren die patriarchalische Herrschaft und der katholische Glauben grundlegende Gemeinsamkeiten. Die Ähnlichkeit erlaubt mir, das Bild einer Frau im beginnenden 12. bis zum Ende des 13. Jahrhunderts zu zeigen.

Die Lebensphasen einer Frau im Mittelalter wurden nach dem Grad der sexuellen Reinheit eingeteilt. Es gibt drei Abschnitte: Jungfräulichkeit, Ehelichkeit und Witwenschaft nach denen ich auch diese Arbeit gliedere.[2]

2. Jungfräulichkeit

2.1. Die weibliche Kindheit am Hof

Innerhalb der hohen Ringmauern mit ihren Mauertürmen befanden sich Wohn -und Wirtschaftsgebäude, Pferdeställe und das Eingangstor; hier spielten die jungen adligen Mädchen mit Puppen und Reifen unter der strengen Aufsicht ihrer Kinderfrauen. Sie konnten sich innerhalb der Hofmauern frei bewegen, versteckten und fingen sich gerne.[3]

Es konnte sich hierbei um den elterlichen Hof handeln. Häufig wurden jedoch im kindlichen Alter oder schon kurz nach der Geburt Ehen versprochen, weswegen viele Adelstöchter nicht lange am Hof ihrer Eltern verweilten, bevor sie in den Haushalt der Schwiegereltern zogen. Der Empfang am neuen Hof war freudig, da es nach zumeist langen Verhandlungen zum Zusammenschluss zweier Adelsfamilien kam.

Die erzieherische Verantwortung und gesunde körperliche und geistige Entwicklung bis zur offiziellen Eheschließung im frühesten Alter von manchmal zwölf Jahren oblag nun den Eltern des künftigen Gemahls. Diese Kinderehen waren normal und wurden von der Kirche anerkannt.[4]

Im Kloster entstanden im 12. Jahrhundert Frauenabteien, die auch junge Mädchen aufnahmen.[5] Das Kloster bot einen weiteren Ort zum Verbringen der Kindheit. Die abgeschottete Umgebung sicherte die Überwachung der Tugenden. Der Entschluss, seine Tochter ins Kloster zu schicken, bestand darin, dass bei mehreren Töchtern nun eine nicht mehr annähernd so hohe Mitgift verrichtet wurde. Zur Aufnahme ins Kloster gab es keine gesetzliche Regelung zur Entrichtung einer Mitgift, aber es war Brauch. Deswegen beschränkte sich die Aufnahme auf die adelige Kundschaft.

Die meisten adeligen Mädchen wurden hier aufgezogen, bis sie verheiratet wurden oder legten ein Gelöbnis ab dem Alter von zwölf Jahren ab, um Ordensschwester zu werden.

Der Verlauf der Kindheit wird eindeutig durch den Vater vorgegeben. Er bestimmt, an welchem Ort seine Tochter ihre Kinderjahre verbringt.

2.2. Zwischen Spiel und Kontrolle

Durch die meist frühe Trennung von der Herkunftsfamilie bauten sich keine engen Beziehungen zu den Eltern und Geschwistern auf. Erzieherinnen und Dienerinnen übernahmen die Fürsorgepflicht. Deren Aufgabe war es auch, den Mädchen emotionalen Beistand zu leisten, wenn sie den elterlichen Hof schon früh verlassen mussten. Weitere Unterstützung erhielten die Töchter durch gleichaltrige Freundinnen, die sie am Hof oder im Kloster kennenlernten. Um die Härte und Zucht im Kloster oder die Aufnahme in eine neue Familie besser zu meistern, waren diese Freundschaften wichtig und wurden deshalb von Erwachsenen gefördert. Diese Kinderfreundschaften beruhten auf intensiver Vertrauensbasis und existierten meist bis ins hohe Alter.[6]

Die Adelstöchter fanden ihre Gespielinnen nicht in der Nachbarschaft, denn sie spielten nur innerhalb der Hofmauern. Daher handelte es sich bei den Freundinnen meist um Verwandte oder um Angehörige der Hofbediensteten. Sie spielten zusammen „Hüpfspiel“, „Reigen“, „Haschen“ und „Ringspiel“[7]. In ihrer Freizeit übten sie sich im Schach und in anderen Gesellschaftsspielen, tanzten und sangen. Die Nachahmung der Erwachsenen bot einen weiteren Zeitvertreib. Durch das Rollenspiel lernten die Heranwachsenden auf eine spielerische Art und Weise gesellschaftliche und religiöse Rituale kennen.[8]

Aus praktischen Gründen lernten sie auch das Reiten. So waren sie später in der Lage, den eigenen Gutsbereich zu kontrollieren. Auf Reisen zu heiligen Stätten, Turnieren oder anderen gesellschaftlichen Veranstaltungen diente das Pferd als Transportmittel. Ein weiteres Freizeitvergnügen war die Beschäftigung mit der Falkenzucht. Die Frauen verstanden es besser als die Männer, die Vögel abzurichten und bei der Jagd einzusetzen.[9]

Die Mädchen waren von viel Kontroll- und Aufsichtspersonal am Hof umgeben. Dadurch konnten sie ständig beaufsichtigt und ihr Verhalten immer aus der Nähe überwacht werden, so dass ein schnelles Eingreifen bei „ungehörigem Verhalten“[10] möglich war. Daher ist es erstaunlich, dass die Adelstöchter getrennt von ihren männlichen Spielgefährten aufwuchsen.

Diese strikte Überwachung lässt sich auch im Umgang der Kinder mit ihren Eltern beobachten. Die Anrede der Eltern mit „Sie“ war steif und unpersönlich. Als Ideal der Erziehung galt eine mütterliche Milde bis autoritäre und auch gewalttätige Strenge, besonders gegenüber widerständigen jungen Mädchen.[11]

Ab einem gewissen Alter kamen die adligen Mädchen häuslichen Pflichten nach. Sie unterstanden der Kontrolle der Mutter, der Äbtissin oder Erzieherin. Diese unterwiesen die Mädchen in der Haushaltsführung. Beten und Handarbeiten gehörten zu den alltäglichen Aufgaben.

2.3. Ausbildung und Erziehung

Am Hof wurde ein Elementarunterricht für die Adelstöchter angeboten, die nicht ins Kloster gingen. Ein Privatlehrer vermittelte ihnen Lesen und Schreiben in ihrer Volkssprache. Selten lernten sie Rechnen. In England und Frankreich wurde den Kindern eine Fremdsprache beigebracht. Die Mädchen wurden in Latein unterrichtet, aber meist lernten sie nur Bibelstellen in lateinischer Sprache auswendig.[12]

Diese Grundkenntnisse brachten sie später in die Lage, einfache Verwaltungsarbeit zu leisten. Auf Grund ihrer Fähigkeiten fanden sie Verständnis für liturgische Lieder und Texte. Die Vermittlung geistlicher Inhalte bestand im Studium der Schriften. Weitere theologische Kenntnisse entwickelten sie, indem sie Latein lesen und die Lehren der neuen Orden lernten.

Die adeligen Damen sollten zur Geselligkeit am Hof Gedichte vortragen und zur allgemeinen Erheiterung Geschichten erzählen. Vorteilhaft erwies es sich, wenn eine Dame ein Musikinstrument beherrschte, wobei es sich meist um ein Saiteninstrument handelte.[13]

Im Vergleich zur Erziehung im Kloster unterschied sich die höfische Ausbildung im Umfang und Inhalt der Lehre. Den Novizinnen oder Oblaten wurden ein reichhaltigeres Wissen und eine tiefere Kenntnis der heiligen Schrift und Liturgie abverlangt. Der Unterricht war ebenfalls abhängig davon, ob das Mädchen für eine geistliche oder weltliche Karriere vorgesehen war. Die Erziehung hatte einen stärker moralischen und höheren intellektuellen Anspruch.

Der schulische, überwiegend religiöse Unterricht war ein Privileg des Adelsstandes. Die Ausbildung gestaltete sich nicht nach einem festgelegten Curriculum und wurde von verschiedenen Lehrpersonen am Hof oder im Kloster erteilt. Auch die Erziehung beruhte auf keinen festgelegten Maßstäben, sondern wurde unterschiedlich ausgelegt.[14]

Während des Erwerbs grundlegender Fähigkeiten erlernten Mädchen das Kunsthandwerk. Die Heranwachsenden webten, stickten, nähten und lernten Wolle zu spinnen, um zum Beispiel Kirchenschmuck herzustellen. Andere interessierten sich wiederum für die Heilkunde und studierten die Anwendung verschiedener Heilkräuter.[15]

Zur weiblichen Erziehung gehörte auch der Anstandsunterricht, der als weitaus wichtiger betrachtet wurde als die schulische Bildung. Dafür ausgebildete Erzieherinnen vermitteltelten höfische Tugenden und gute Sitten. Die Verhaltensregeln von Thomasin geben einen Einblick in die verlangten Disziplinen. Neben den höfisch-höflichen Umgangsformen wurde viel Wert auf die Körperhaltung gelegt, so soll ein „…adeliges Fräulein…mit sanfter Stimme und nicht zu laut sprechen; mit überschlagenen Beinen zu sitzen, gehört sich ebenfalls nicht für sie, schnelle und große Schritte hat sie zu vermeiden…“[16]. Es wurde den Mädchen nahegelegt, während des Essens nur dann zu sprechen, wenn sie gefragt würden und dann „beim Sprechen… die Hände still zu halten…“[17]. Diese Maßnahmen zielten vor allem auf die Körperbeherrschung der jungen Adligen und entsprachen damit den gesellschaftlichen Anforderungen. Zur Vorbereitung auf die Hochzeit war besonders die Einführung in gesellschaftliches Benehmen wichtig. Die zukünftigen Bräute nahmen an Gastmählern und anderen gesellschaftlichen Anlässen teil, um ihre höfischen Fähigkeiten zu verbessern.[18]

Die körperliche Attraktivität und ein geziemtes Verhalten erhöhten außerdem die Heiratschancen. Die Schönheit der Frau sollte das Begehren des Mannes steigern und ihn dadurch zeugungswilliger werden lassen. Diese Vorbereitungen zeigen die Ausrichtung der weiblichen Kindheit. Sofern einem Mädchen nicht eine religiöse Laufbahn bevorstand, lag die Aufmerksamkeit in der Suche nach einem geeigneten Ehemann und der Erziehung zu einer guten Ehefrau. Sie wird auf die Rolle an der Seite ihres Ehemannes schon von klein auf vorbereitet und damit in ihrer Individualität reduziert. Aber auch im Kloster wurde nur eines Mannes, Gott gedacht.

3. Ehelichkeit

3.1. Die Ehe als Lebensform

Eine eigene Entscheidung für diese Lebensform hatte die adelige Dame selbstverständlich nicht. Ihr Vater oder stellvertretend ein anderer männlicher Verwandter führte das Auswahlverfahren um den richtigen Partner durch. Die eigentlichen Hauptfiguren, die Eheleute, besaßen kein Mitspracherecht. Wenn der Mann aber ein gewisses Alter erreicht hatte, durfte er seine Partnerin frei wählen, doch auch dann mussten ökonomische oder politische Interessen berücksichtigt werden. Bei Frauen zählte das Alter nicht: Es kümmerte sich stets die Familie um deren Lebensplanung.

Die Ehe war die kirchliche Legitimierung zum Zusammensein eines Paares, aber auch die Schaffung eines „sozialen Friedens“[19]. Aus der spirituellen Eheschließung gründete sich die Familie, die aus Vater, Mutter, Kind und der Dienerschaft bestand. Am Hof zählten außerdem die Eltern und weitere Verwandte zum Kreis der „familia“. Die Funktion der Ehe waren die Geburt und Aufzucht des Nachwuchses, wodurch es Erben und somit eine Weitergabe der Herrschaft geben sollte. So war die Ehe die Grundlage für eine Familienplanung und bildete im 13. Jahrhundert die sozial anerkannte Form des Zusammenlebens.

3.2. Das Zustandekommen der Ehe

In den Kreisen des Adels waren standesgemäße Ehen die Norm. Das soziale Ansehen spielte dabei eine erhebliche Rolle. Es gab immer bestimmte Motive zur Eheschließung eines Erben mit einer Frau, aber an erster Stelle stand das Fortbestehen des Herrschaftshauses. Handelte es sich um politische Pläne, so war meist eine Friedenssicherung der Grund für eine Verbindung zweier Familien. In vielen Fällen hatten wirtschaftliche Überlegungen Priorität. Durch die dynastisch motivierte Zusammenführung entstand eine Steigerung des Reichtums. Die Territorialgewinne waren oft beträchtlich.[20] Daher verhandelten die Familien meist lange, um beste Konditionen zu erzielen.

[...]


[1] Shahar, Die Frau, S. 121 : Humbert de Romans, a.a.O., Sermo XCV.

[2] Vgl. Duby, Frauen, S. 382.

[3] Vgl. Rösener, Leben.

[4] Vgl. Winter, Kindheit und Jugend, S.149.

[5] Vgl. Duby, Mütter, S.197/ Duby, Frauen, S. 360.

[6] Vgl. Opitz, Frauenalltag, S. 72-73.

[7] Opitz, Frauenalltag, S. 56.

[8] Vgl. Opitz, Frauenalltag, S. 56-57.

[9] Vgl. Shahar, Kindheit, S. 253-256.

[10] Vgl. Opitz, Frauenalltag, S. 57.

[11] Vgl. Opitz, Frauenalltag, S. 52-52.

[12] Vgl. Shahar, Kindheit, S. 238-256.

[13] Vgl. Shahar, Kindheit.

[14] Vgl. Opitz, Frauenalltag, S. 59-64.

[15] Vgl. Opitz, Frauenalltag, S. 56.

[16] Vgl. Winter, Kindheit und Jugend, S. 108.

[17] Vgl. Winter, Kindheit und Jugend, S. 108.

[18] Vgl. Opitz, Frauenalltag, S. 64.

[19] Duby, Mütter, S. 94.

[20] Vgl. Shahar, Die Frau/ Duby, Mütter.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Das Leben der Frau am Hof im frühen Spätmittelalter
Hochschule
Universität Münster  (Didaktik der Geschichte)
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
19
Katalognummer
V277889
ISBN (eBook)
9783656708032
ISBN (Buch)
9783656709657
Dateigröße
425 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
leben, frau, spätmittelalter
Arbeit zitieren
Sara Maria Strobel (Autor:in), 2009, Das Leben der Frau am Hof im frühen Spätmittelalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277889

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