Unternehmerische Tätigkeit. Kapitalaufbringung und Rechnungslegung

Unter Berücksichtigung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) 2009


Akademische Arbeit, 2008

78 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Überblick

2 Kapitalaufbringung
2.1 Eigenkapital und Fremdkapital
2.2 Eigenkapital
2.3 Fremdkapital

3 Kapitalverwendung
3.1 Abgrenzung von Anlagevermögen und Umlaufvermögen
3.2 Immaterielle Vermögensgegenstände
3.3 Sachanlagen
3.4 Finanzanlagen
3.5 Umlaufvermögen
3.6 Aktive Rechnungsabgrenzungsposten
3.7 Latente Steuern
3.8 Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag

4 Realisierung – Gewinn- und Verlustrechnung
4.1 Überblick
4.2 Erfolgsausweis im Gesamtkostenverfahren
4.3 Erfolgsausweis im Umsatzkostenverfahren

5 Verwendung von Gewinn und Liquidität
5.1 Ermittlung und Feststellung des Periodenerfolgs
5.2 Gewinnverwendung

6 Geplante Änderungen der Rechnungslegung durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)
6.1 Befreiungen und Erleichterungen
6.2 Bestandteile und Befreiungswirkung des (internationalen) Jahresabschlusses
6.3 Neuregelung der Bilanzierung
6.3.1 Neuregelung des Vollständigkeitsgebots
6.3.2 Abschaffung der umgekehrten Maßgeblichkeit
6.3.3 Ansatzgebot für immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens
6.3.4 Ansatzverbot für Aufwandsrückstellungen
6.3.5 Rechnungsabgrenzungsposten
6.3.6 Ansatzverbot für Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen
6.3.7 Latente Steuern
6.4 Ausweis
6.5 Bewertung
6.5.1 Überblick
6.5.2 Bewertungsmodell
6.5.3 Niederstwertprinzip
6.5.4 Einführung des Zeitwertes
6.5.5 Zu Handelszwecken erworbene Finanzinstrumente
6.5.6 Realistischere Bewertung von Rückstellungen
6.5.7 Verbrauchsfolgeverfahren
6.5.8 Währungsumrechnung und Bewertungseinheiten
6.6 Geplante Änderungen der Rechnungslegung im Konzernabschluss
6.7 Erste Würdigung

Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Abbildung der unternehmerischen Tätigkeiten im Rechnungswesen

Abbildung 2: Merkmale zur Abgrenzung von Eigenkapital und Fremdkapital

Abbildung 3: Bilanzielles und Wirtschaftliches Eigenkapital

Abbildung 4: Systematisierung der Verpflichtungen im bilanzrechtlichen Sinne

Abbildung 5: Rückstellungsarten

Abbildung 6: Anlagespiegel

Abbildung 7: Gewinnverwendung

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Eigenkapitalausweis bei Kapital- und Personengesellschaften

Tabelle 2: Schrittfolge zur Ermittlung von Pensionsrückstellungen

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Überblick

Die unternehmerische Tätigkeit erschöpft sich nicht in der bloßen Vermögens­umschichtung. Kapital wird aufgenommen und investiert, um „mehr“ daraus zu machen, also das Reinvermögen im Sinne des Eigenkapitals zu erhöhen. Gewinnerzielung bedeutet Mehrung des Reinvermögens und damit Erhöhung des Eigenkapitals.

Nun sind aber nicht vermögende Unternehmen, sondern vermögende Gesellschafter bzw. Aktionäre Ziel der unternehmerischen Tätigkeit. Es kommt also nicht nur darauf an, dass sich das Reinvermögen rein betragsmäßig mehrt. Es müssen auch ausreichende liquide Mittel vorhanden sein, um die Ausschüttungen in der gewünschten Form zu realisieren, ohne die Investitions- und Finanzierungstätigkeit des Unternehmens einzuschränken. Der Gewinn ermittelt sich aus der Gegenüberstellung von Erträgen und Aufwendungen und nicht von Einnahmen und Ausgaben.

Es kommt also nicht nur auf die Erwirtschaftung von Gewinnen, sondern auch auf die Generierung von Liquidität an.

Insoweit kann man die unternehmerische Tätigkeit in die Phasen der Kapital­aufbringung, der Investition, der Strukturierung des Vermögens sowie der Realisierung von Gewinn und Liquidität unterscheiden. Unter Kapitalaufbringung versteht man die Aufnahme von Eigen- oder Fremdmitteln (Eigen- oder Fremdkapital). Im Rahmen der Investition werden diese aufgenommenen Mittel verwendet und damit Sach- oder Finanzanlagen bzw. kurzfristiges Vermögen erworben.

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Abbildung 1: Abbildung der unternehmerischen Tätigkeiten im Rechnungswesen

2 Kapitalaufbringung

2.1 Eigenkapital und Fremdkapital

Zur unternehmerischen Freiheit gehört auch die Finanzierungsfreiheit. Der Kaufmann kann sein eigenes Vermögen einsetzen (Eigenkapital) oder Kapital Dritter (Fremdkapital). Finanzierungsfreiheit bedeutet nicht gleichzeitig Finanzierungs­möglichkeit. Die Fremdkapitalgeber erwarten nicht nur die Rückzahlung der Darlehen, sondern auch ihre angemessene und laufende Verzinsung. Sie erwarten auch, dass der Kaufmann, dem sie vertrauen – und nichts anderes als Vertrauen steht hinter den Begriffen Kredit und Kreditor –, sein eigenes Kapital investiert. Dieser wird sein Engagement u. a. von der Rendite seines eingesetzten Kapitals abhängig machen. Diese steigt (bei gleichbleibender Gesamtkapitalrendite), wenn der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital sinkt. Andererseits steigt mit der Verschuldung die Abhängigkeit von den Fremdkapitalgebern. Deren Risiko steigt.

Die Abstimmung von Rendite und Risiko, das Streben nach Unabhängigkeit und Sicherheit sowie die Verfügbarkeit eigener Mittel spiegeln sich in der Kapitalstruktur des Unternehmens wider. Eine optimale Kapitalstruktur kann daher nur unter Beachtung jeweils einen Aspekts – bspw. Kapitalkosten – erreicht werden.

Eigenkapital kann einmal abstrakt, als reine Saldogröße, verstanden werden.[1] In diesem Sinne bezeichnet man als Eigenkapital den Überschuss des Vermögens über die Schulden. In diesem abstrakten Sinne ist Eigenkapital nicht greifbar. Es ist nicht gegenständlich greifbar, sondern nur betragsmäßig berechenbar.

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Beispiel 1: Betraglicher Nachweis von Eigenkapital

Der gegenständliche Nachweis gelingt allerdings dann, wenn dem Unternehmen Vermögensgegenstände – üblicherweise Zahlungsmittel − zugeführt werden.

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Beispiel 2: Gegenständlicher Nachweis von Eigenkapital

Die Bilanz dient u. a. der Information der Anteilseigner und Gläubiger. Die Kapitalstruktur ist für ihre Entscheidungen, ob und zu welchen Konditionen sie dem Unternehmen Mittel zur Verfügung stellen, relevant. Es kann nicht dem Unternehmen überlassen werden, ob es diese als Eigen- oder Fremdkapital ausweist, sondern es bedarf – wie in anderen Fragen der Rechnungslegung auch – weitgehend transparenter und objektivierter Vorschriften.

Unglücklicherweise ist weder der Begriff des Eigenkapitals, noch der Begriff des Fremdkapitals gesetzlich definiert. Es haben sich jedoch Merkmale herausgebildet, nach denen unterschieden wird, ob es sich bei den fraglichen Kapitalbestandteilen um Eigen- oder Fremdmittel handelt. Danach setzt die Qualifikation als Eigenkapital dreierlei voraus:[2]

1. Nachrangigkeit, also Rückzahlung in der Insolvenz erst nach Befriedigung der Ansprüche der Gläubiger;
2. Erfolgsabhängigkeit der Vergütung sowie Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe sowie
3. Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung.

Eigenkapital muss nicht zurückgezahlt werden. Die Anteilseigner erhalten ihr eingesetztes Vermögen zunächst nur durch den Verkauf ihres Anteils an Dritte wieder zurück. Ein Rückzahlungsanspruch gegen die Gesellschaft besteht nur bei Kündigung des Anteils und ist nur unter engen gesetzlichen bzw. gesellschaftsvertraglichen Voraussetzungen möglich. Die Nachrangigkeit ist beim gezeichneten Kapital stets gegeben. Bei hybriden Instrumenten, also Titeln, die erst über ihre Ausstattung im Einzelfall als Eigen- oder Fremdkapital qualifizieren, ist die Reichweite der Nachrangigkeit umstritten: Ist ein Rücktritt hinter die Gläubiger ausreichend, oder auch der Eintritt in die Reihe der (echten) Gesellschafter erforderlich? Der Kommentierung genügt Ersteres, die Rechtsprechung verlangt Letzteres.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Merkmale zur Abgrenzung von Eigenkapital und Fremdkapital

Dass das Eigenkapital erfolgsabhängig vergütet wird, ergibt sich zum einen schon aus dem buchhalterischen Zusammenhang: Verluste vermindern das Reinvermögen und zehren damit das Eigenkapital auf. Der auf die Anteilseigner entfallende Teil am Gesamtvermögen des Unternehmens reduziert sich und entsprechend verringern sich die Ansprüche aus der Auskehrung dieses Vermögens. Ob und inwieweit sich diese Verluste auch in der laufenden Rechnung der Anteilseigner niederschlagen, hängt von der Rechtsform der Gesellschaft ab. Kapitalgesellschaften entfalten gegenüber ihren Anteilseignern eine sog. Abschirmwirkung. Hier verhindert die eigene Rechtspersönlichkeit, dass ein Verlust unmittelbar den Anteilseignern zugewiesen wird. Nur mittelbar wirken sich diese ggf. über eine Abwertung von Beteiligungsansätzen oder Forderungen aus. Etwas anderes gilt bei Personengesellschaften. Diese besitzen zwar auch eine (eingeschränkte) eigene Rechtspersönlichkeit, sind jedoch hinsichtlich der Gewinne transparent. Nach Maßgabe der gesetzlichen bzw. gesellschaftsvertraglichen Regelungen werden hier die Verluste unmittelbar den Anteilseignern zugerechnet.

Die Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung verlangt, dass aus Sicht des Bilanzstichtages die dem Unternehmen überlassenen Mittel noch mindestens fünf Jahre zur Verfügung stehen. Soweit es sich um die gesetzliche bzw. gesellschaftsvertraglich erforderliche Kapitalausstattung (gezeichnetes Kapital) handelt, ist diese Langfristigkeit ohne weiteres gegeben. Wird die Ausschüttung freien Vermögens beschlossen, so handelt es sich bei den dafür vorgesehenen Kapitalteilen mit Beschluss der Ausschüttung (Gewinnverwendung) um Fremdkapital, das entsprechend ausgewiesen werden muss.

Eine Beachtung der Fristen ist schließlich bei sog. mezzaninen Finanzierungen erforderlich (Genussrechte, stille Beteiligungen etc.). Zunächst als Eigenkapital qualifizierende Bestandteile können bei Erreichen des dafür maßgebenden Zeithorizontes in Fremdkapital umqualifizieren.

2.2 Eigenkapital

2.2.1 Rechtsformunterschiede

Ganz allgemein setzt sich das Eigenkapital aus dem gesetz- und/oder satzungsmäßigen Haftkapital zusammen sowie weiteren, den Gesellschaftern zustehenden Bestandteilen des Reinvermögens, das diese im Unternehmen „stehen lassen“. Dabei kann es sich um Zuführungen handeln, die außerhalb der vorgeschriebenen Kapitalziffer geleistet werden (Kapitalrücklagen) oder aus dem Gewinn gebildete Rücklagen (Gewinnrücklagen). Werden Gewinnanteile nicht ausgeschüttet und auch nicht den Rücklagen zugeführt, so werden sie in das nächste Geschäftsjahr vorgetragen (Gewinnvortrag). Schließt das Geschäftsjahr mit einem Jahresfehlbetrag und wird dieser nicht durch die Auflösung von Rücklagen ausgeglichen, wird ein Bilanzverlust ausgewiesen. Dieser wird in das folgende Geschäftsjahr als Verlustvortrag vorgetragen.

Auch bezüglich der Rücklagen gilt, dass diese zwar betraglich, aber nicht gegenständlich nachzuweisen sind. Die Bildung von Rücklagen hat nur wenig mit dem „Zurücklegen“ im umgangssprachlichen Sinne zu tun. Rücklagen werden zur unternehmerischen Risikovorsorge gebildet. Sie werden aus freiem Vermögen dotiert, das nicht notwendigerweise auch in liquider Form vorhanden sein muss.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Bilanzielles und Wirtschaftliches Eigenkapital

Im Detail unterscheidet sich das bilanzielle Eigenkapital von Kapital- und Personengesellschaften. Zum einen sehen nur Kapitalgesellschaften zwingend ein haftendes Kapital vor, so dass es auch nur hier ein gezeichnetes Kapital geben kann. An dessen Stelle treten bei Personengesellschaften die Konten der unbeschränkt haftenden Gesellschafter. Zum anderen sieht das Gesellschaftsrecht für Personengesellschaften zunächst eine Vollausschüttung vor. Die Einbehaltung von Gewinnen, die Bildung von Rücklagen ist gesetzlich nicht vorgesehen.[3] Soll dies dennoch erfolgen, sind entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag erforderlich. Schließlich werden bei Personengesellschaften Konten geführt, auf denen die Einlagen und Entnahmen der Gesellschafter verbucht werden (sogenannte variable Kapitalkonten).[4] Diese sind erforderlich, weil bei Personengesellschaften – anders als Kapitalgesellschaften – die Gesellschafter unabhängig von der Gewinnsituation Entnahmen tätigen können.

Im Unterschied zum haftenden Kapital der Kapitalgesellschaften weisen Personengesellschaften lediglich Kapitalkonten der einzelnen Gesellschafter aus. Was der Kapitalanteil eines Gesellschafters genau repräsentiert, ist umstritten. Der größte gemeinsame Nenner der unterschiedlichen Meinungen besteht in der Charakterisierung als eine Ziffer, die das Verhältnis der Rechte (oder Pflichten) der Gesellschafter angeben soll.[5] Es handelt sich grundsätzlich um die geleistete Einlage, zuzüglich der Einlagen und Gewinne, abzüglich der Verluste und Entnahmen. Der Vergleich mit dem Eigenkapital der Kapitalgesellschaft ist nur insofern zulässig, als der Kapitalanteil variabel ist und als Saldogröße von Vermögen und Schulden den unternehmerischen Erfolg der individuellen Mitunternehmerschaft darzustellen vermag. Eine Garantiefunktion besitzt der ausgewiesene Kapitalanteil hingegen nicht.

Das Kapitalkonto des Gesellschafters hat vielmehr zwei Funktionen. Zum einen soll es eine Gesamtabrechnung zwischen den Gesellschaftern ermöglichen. Alle Einlagen jedes Gesellschafters und alle auf die einzelnen Gesellschafter entfallenden Gewinne und Verlustanteile und alle Entnahmen der Gesellschafter sind zu erfassen. Zum anderen soll das Kapitalkonto über die Haftungslage des Gesellschafters Aufschluss geben: Wurde die Einlage des Kommanditisten geleistet ist, können Gewinne haftungsunschädlich entnommen werden soweit keine Verluste entstanden sind, die eine solche haftungsunschädliche Entnahme ausschließen.

Die Veränderlichkeit des Kapitalanteils ist systembedingt und ergibt sich aus der Aufnahme der Einlagen und Entnahmen, der Gewinne und Verluste. Für die Qualifikation als Eigenkapital kommt es daher auf die Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung auch nicht an.[6]

In der Praxis wird bilanztechnisch in feste und variable Kapitalkonten unterschieden. Diese Differenzierung erfolgt, um die Gewinnverteilung zu vereinfachen und die Beteiligungsverhältnisse eindeutig festzulegen. Im Regelfall werden zwei Kapitalkonten geführt. Das feste Kapitalkonto nimmt die vereinbarte Einlage auf. Gewinne, die den festen Kapitalanteil übersteigen, werden auf einem separaten Konto verbucht, dem variablen Kapitalkonto (Kapitalkonto II). Die Qualifikation des Kapitalkontos II als gesellschaftsrechtliche Beteiligung oder schuldrechtliche Forderung ist nicht immer zweifelsfrei möglich, hat aber entscheidende materielle Auswirkungen. Handelt es sich um eine schuldrechtliche Forderung, so nimmt sie im Falle des Konkurses wie jede andere Forderung am Konkursverfahren teil, begründet hingegen keine Gewinnansprüche oder Stimmrechte. Bei der Qualifikation als Beteiligung gilt das Umgekehrte. Diese Fragen werden regelmäßig im Gesellschaftsvertrag geregelt.

Für den Kommanditisten besitzt der Kapitalanteil dieselbe Funktion wie für den Komplementär. Dessen Kapitalanteil ist gem. § 167 Abs. 2 HGB nach Leistung der bedungenen Einlage fest. Auch durch nicht entnommene Gewinne kann sich dieses Konto nicht erhöhen. Ein variables Kapitalkonto II wird im Regelfall nicht eingerichtet werden, da Kommanditisten keine Einlagen und Entnahmen tätigen.

Der Saldo der Kapitalkonten der einzelnen Gesellschafter ist als Grundlage der Beurteilung der Haftungsbasis ungeeignet. Dieser weist nur einen Teil des unbeschränkt haftenden Vermögens der einzelnen Gesellschafter aus, nämlich den aktuellen Stand des Kapitalanteils. Dieser zeigt das Geschäftsergebnis der Gesellschaft, über den Wert der Beteiligung erlaubt der Saldo des Kapitalkontos keine Aussage. Die materielle Wertung des Eigenkapitals von Personengesell­schaften wird ferner dadurch erschwert, dass selbst wenn eine Personengesellschaft aufgrund ihrer Größe gem. § 9 Abs. 1 PublG i.V.m. § 1 Abs. 1 PublG offenlegungs­pflichtig wird, der dort ausgewiesene Eigenkapitalbetrag aufgrund seiner Verdichtung im Regelfall wenig aussagefähig ist. § 9 Abs. 3 PublG räumt den Gesellschaften das Wahlrecht ein, „bei der Offenlegung die Kapitalanteile der Gesellschafter, die Rücklagen, ein(en) Gewinnvortrag, ein(en) Gewinn unter Abzug der nicht durch Vermögenseinlagen gedeckten Verlustanteile von Gesellschaften, eines Verlustvortrags und eines Verlustes in einem Posten“ auszuweisen.

Besondere Vorschriften sieht das Handelsrecht für die sogenannten Kapital- und Co.-Gesellschaften vor. Das KapCoRiliG zeichnete mit § 264a HGB die bereits haftungsrechtliche Identität zwischen Kapitalgesellschaften und sogenannten Kapital- und Co.-Gesellschaften (also GmbH oder AG & Co. KG, GmbH oder AG & Co. oHG) in der Rechnungslegung nach. Haftungsbeschränkende Rechtsformen unterliegen damit zusätzlich den strengeren Vorschriften der §§ 264–330 HGB. Auf die Besonderheiten der Eigenkapitalgliederung nimmt § 264c HGB Rücksicht.

Anstelle des Postens „Gezeichnetes Kapital“ sind die Kapitalanteile der persönlich haftenden Gesellschafter (auch zusammengefasst) auszuweisen. Der auf den Kapitalanteil des persönlich haftenden Gesellschafters für das Geschäftsjahr entfallende Verlust, ist vom Kapitalanteil entsprechend abzuschreiben. Soweit der Verlust den Kapitalanteil übersteigt, ist er auf der Aktivseite unter der Position „Einzahlungsverpflichtung persönlich haftender Gesellschafter“ zu bezeichnen. Kapitalanteile von Kommanditisten einer KG sind insgesamt gesondert gegenüber den Kapitalanteilen der Komplementäre auszuweisen.

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Tabelle 1: Eigenkapitalausweis bei Kapital- und Personengesellschaften

2.2.2 Vorschriften zur Kapitalausstattung und Kapitalaufbringung

Die Vorschriften zur Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung sind eng mit den Vorschriften über die Haftung der Anteilseigner verbunden. Bei Personen­gesellschaften, in denen die Anteilseigner persönlich und unbeschränkt für die Schulden der Gesellschaft haften, verzichtet der Gesetzgeber auf ein Mindestkapital. Bei haftungsbeschränkten Rechtsformen wie den Kapitalgesellschaften werden hingegen Mindestanforderungen an das sog. gezeichnete Kapital gestellt. Unter dem gezeichneten Kapital versteht man das Nennkapital der Kapitalgesellschaft, auf das die Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaften gegenüber den Gläubigern beschränkt ist (§ 272 Abs. 1 HGB). Diese Einlagen können entweder in bar, als reine Sachanlagen oder aber auch als gemischte Einlagen erbracht werden. Die Einbringung von Dienstleistungen ist unzulässig.

2.2.3 Veränderungen des gezeichneten Kapitals

Das gezeichnete Kapital kann nach erstmaliger Dotierung erhöht oder – soweit die Mindestkapitalausstattung dadurch nicht unterschritten wird – herabgesetzt werden. Kapitalerhöhungen oder Kapitalherabsetzungen sind streng formalisierte Verfahren die − weil stets in die Position der Gläubiger und Anteilseigner eingegriffen wird − eine Änderung der Satzung bedürfen, notariell beurkundet und entsprechend bekannt gemacht werden müssen (§§ 179 – 240 AktG, §§ 55 – 58f GmbHG).

Das Kapital einer AG und einer GmbH kann zunächst durch eine ordentliche Kapitalerhöhung heraufgesetzt werden. Hierbei wird das gezeichnete Kapital durch die Ausgabe neuer Aktien bzw. neuer Gesellschaftsanteile um deren Nominalbetrag erhöht. Werden die Anteile für einen Preis über dem Nominalbetrag ausgegeben (Agio), wird dieser Unterschiedsbetrag in die Kapitalrücklage eingestellt (§ 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB). Diese Kapitalrücklage steht – soweit nichts anderes vereinbart ist – allen Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Anteile zu.

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Beispiel 3: Bildung einer Kapitalrücklage aus dem Agio bei Börsengang

Bei AG und GmbH können auch Gesellschaftsmittel (also bestehende Kapital- oder Gewinnrücklagen) für eine Kapitalerhöhung verwendet werden (§§ 207−220 AktG, § 57 c−o GmbHG). Beide Formen der Kapitalerhöhung dürfen bilanziell erst mit Eintragung in das Handelsregister berücksichtigt werden. Sind die Beschlüsse zum Bilanzstichtag zwar gefasst und ist das Kapital unter Umständen bereits eingezahlt, die Eintragung aber noch nicht erfolgt, darf das gezeichnete Kapital noch nicht erhöht werden. Stehen die Mittel für eine ordentliche Kapitalerhöhung am Bilanzstichtag auch schon zur Verfügung, können auch diese passivisch als zur Erhöhung des gezeichneten Kapitals geleistete Einlagen gesondert ausgewiesen werden.[7]

Nur für die AG besteht die Möglichkeit einer bedingten Kapitalerhöhung bzw. der Schaffung von genehmigtem Kapital. Eine bedingte Kapitalerhöhung kann gem. § 192 Abs. 2 HGB nur zu folgenden Zwecken beschlossen werden:

1. zur Gewährung von Umtausch- oder Bezugsrechten an Gläubiger von Wandelschuldverschreibungen,
2. zur Vorbereitung des Zusammenschlusses mehrerer Unternehmen,
3. zur Gewährung von Bezugsrechten der Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung der Gesellschaft oder eines verbundenen Unternehmens im Wege des Zustimmungs- oder Ermächtigungsbeschlusses.

Eine genehmigte Kapitalerhöhung ist auf die Hälfte des bis dahin eingetragenen Grundkapitals beschränkt. Der Nennbetrag ist in der Bilanz beim gezeichneten Kapital zu vermerken. Mit genehmigtem Kapital schafft sich der Vorstand die Möglichkeit, eine Kapitalerhöhung ohne den ansonsten zeitraubenden Vorlauf in Abhängigkeit vom Kapitalbedarf und der Kapitalmarktsituation durchzuführen. Der Nennbetrag des genehmigten Kapitals darf nicht mehr als 50 % des im Zeitpunkt der Genehmigung vorliegenden Grundkapitals umfassen (§ 202 Abs. 3 Satz 1 AktG). Die Höhe des genehmigten Kapitals ist im Anhang anzugeben (§ 160 Abs. 1 Nr. 4 AktG).

Die Kapitalherabsetzung kann für AG und für GmbH zunächst im Wege einer ordentlichen Kapitalherabsetzung erfolgen (§§ 222 bis 228 AktG; § 58 GmbHG). Das die Mindestausstattung übersteigende Kapital der Gesellschaften kann dabei entweder in Rücklagen umgewandelt oder an die Gesellschafter ausgekehrt werden. Die ordentliche Kapitalherabsetzung dient häufig dazu, die Eigenkapitalsituation einer reduzierten Geschäftstätigkeit anzupassen.

Die vereinfachte Kapitalherabsetzung dient hingegen der bilanziellen Sanierung und der Restrukturierung des Eigenkapitals. Vereinfachte Kapitalherabsetzung bedeutet, dass das Eigenkapital zwar nominell herabgesetzt wird, die frei werdenden Beträge jedoch nicht ausgeschüttet, sondern mit den aufgelaufenen Bilanzverlusten verrechnet werden. Das Eigenkapital verändert sich in seiner Summe dadurch zwar nicht, der Verlustausweis reduziert sich jedoch zu Lasten des gezeichneten Kapitals. Üblicherweise wird ein solcher Kapitalschnitt mit einer gleichzeitigen Erhöhung des Kapitals verbunden, wodurch dem Unternehmen wieder neues Kapital zugeführt wird. Soweit die bisherigen Anteilseigner nicht an der folgenden Kapitalerhöhung teilnehmen, verwässern ihre Anteile erheblich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beispiel 4: Kapitalherabsetzung

Die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist unabhängig von der Rechtsform nur zulässig, wenn keine Gewinnvorträge existieren und derjenige Anteil der Kapitalrücklage und die gesetzliche Rücklage aufgelöst wurden, welcher 10 % des herabgesetzten Grundkapitals überschreitet (§§ 229 – 236 AktG, §§ 58a–58f GmbHG). Da es sich um ein bilanzielles Sanierungsinstrument handelt, ist die vereinfachte Kapitalherabsetzung mit einer Ausschüttungssperre verbunden (§ 230 AktG). Bei der GmbH besteht diese Ausschüttungssperre über einen Zeitraum von fünf Jahren (§ 58 d Abs. 1 GmbHG). Die im obigen Beispiel gebildete Rücklage darf also über diesen Zeitraum hinweg nicht aufgelöst und ausgeschüttet werden.

Eine Kapitalherabsetzung kann schließlich durch die Einziehung von Anteilen erfolgen. Per Gesetz ist dies für die AG in den §§ 237–239 AktG vorgesehen; bei der GmbH kann dies in der Satzung geregelt werden (§ 34 GmbHG). Anteile einzelner oder mehrerer Gesellschafter werden dabei gegen eine Abfindung aus dem Gesellschaftsvermögen eingezogen. Für diese Einziehung ist stets ein Beschluss der Hauptversammlung bzw. Gesellschafterversammlung erforderlich.

2.2.4 Kapitalrücklagen

Kapitalrücklagen nehmen zunächst ganz allgemein Vermögenszuweisungen seitens der Anteilseigner auf, die zwar als Eigenkapital qualifizieren, jedoch nicht unter das strenge Regime über das gezeichnete Kapital fallen sollen. Dazu zählt einmal das oben bereits beschriebene Aufgeld (Agio), das bei der Ausgabe von Anteilen über den Nennbetrag hinaus erzielt wird. Aber auch ohne formale Kapitalerhöhung beschlossene Zuführungen, seien es nun Bar- oder Sacheinlagen, werden in der Kapitalrücklage ausgewiesen. Auch Einlagen Dritter, die ohne Gegenleistung an die Gesellschaft erbracht werden, können Gegenstand einer Kapitalrücklage sein (bspw. Forderungsverzicht durch Gläubiger). Entscheidend ist, dass die Vermögensmehrung den Anteilseignern zusteht.

§ 272 Abs. 2 HGB führt die in die Kapitalrücklage einzustellenden Beträge auf:

1. Agio bei der Ausgabe von Anteilen,
2. Agio bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrecht und Optionsrecht zum Erwerb von Anteilen,
3. Zuzahlungen der Gesellschafter gegen Gewährung eines Vorzugs,
4. andere Zuzahlungen der Gesellschafter.

Die Dotierung und Auflösung von Kapitalrücklagen unterliegt keiner unmittelbaren Beurkundungspflicht bzw. Publizität. Kapitalrücklagen können zur Erhöhung des gezeichneten Kapitals (Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln siehe oben) verwendet werden oder aber ausgeschüttet bzw. mit Verlusten verrechnet werden. Formal ist die Auflösung von Kapitalrücklagen bereits im Rahmen der Aufstellung des Jahresabschlusses durch Geschäftsführung bzw. Vorstand vorzunehmen (§ 270 Abs. 1 S. 1 HGB) . Letztlich entscheiden jedoch die den Jahresabschluss feststellenden Organe darüber.

Zu beachten ist, dass die Bildung einer Kapitalrücklage an Gewinnbezugs- oder Stimmrechten der bisherigen Anteilseigner nichts ändert. Die Gesellschaft erwirbt also Vermögen, ohne neue Anteile dafür auszugeben. Da insoweit ein unentgeltlicher Erwerb stattfindet, gelten auch die allgemeinen Vorschriften über die Bilanzierungsverbote (§ 248 Abs. 2HGB): Sind immaterielle Vermögensgegenstände Teil einer solchen Zuführung an eine Kapitalrücklage, geht die ganz herrschende Meinung davon aus, dass aufgrund des unentgeltlichen Erwerbs auch ein Ansatz dieser unentgeltlich erworbenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens nicht in Betracht kommt.[8] Etwas anderes gilt, wenn die Einlage eines immateriellen Vermögensgegenstandes als Nebenleistung zu einer ansonsten bar erfolgenden Erhöhung des gezeichneten Kapitals festgelegt ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beispiel 5: Bildung einer Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB

2.2.5 Gewinnrücklagen

Gewinnrücklagen werden aus laufenden Gewinnen der Kapitalgesellschaft gebildet (§ 272 Abs. 3 HGB). Im Unterschied zu Kapitalrücklagen, die Zuführungen von Außen aufnehmen, handelt es sich bei Gewinnrücklagen um einbehaltene sog. thesaurierte Gewinne. Zu beachten ist auch hier, dass es sich bei den buchhalterischen Gewinnen um Reinvermögensmehrungen handelt, die zwar zu einem „mehr“ an aktivem Vermögen bzw. „weniger“ an Schulden korrespondieren. Reinvermögensmehrung bedeutet aber nicht notwendigerweise auch die Mehrung von Zahlungsmitteln. Wenn Unternehmen Rücklagen bilden, so darf dies nicht im umgangssprachlichen Sinne als das Zurücklegen liquider Mittel verstanden werden.

Wie schon beim gezeichneten Kapital spiegeln sich auch in den Vorschriften über die Gewinnrücklagen Rechtsformunterschiede wider. So sind bei reinen Personen­gesellschaften Gewinnrücklagen gesetzlich überhaupt nicht vorgesehen. Aufgrund der persönlichen unbeschränkten Haftung der Anteilseigner ergibt sich keine Notwendigkeit, per Gesetz für eine substanzerhaltende Gesellschaft zu sorgen. Die Bildung von Gewinnrücklagen obliegt daher allein den Gesellschaftern, die dies im Gesellschaftsvertrag entsprechend vereinbaren können.

Anders verhält es sich bei Kapitalgesellschaften. Hier kommt dem Gläubigerschutz ein anderer Stellenwert zu. Auch erfordert die weitgehende Trennung von Eigentum am Anteil der Gesellschaft (dies steht dem Aktionär zu) und weitgehendem Verfügungsrecht über das Vermögen der Gesellschaft (dies steht dem Vorstand zu) besondere gesetzliche Vorkehrungen. So müssen gem. § 150 Abs. 1 und 2 AktG Aktiengesellschaften 5 % des um einen eventuellen Verlustvortrag bereinigten Jahresüberschusses in die gesetzliche Rücklage einstellen, soweit die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 HGB zusammen nicht mehr als 10 % des Grundkapitals umfassen. Diese gesetzliche Rücklage dient vorwiegend dem Verlustausgleich. An die Auflösung sind strenge Bedingungen geknüpft (§ 150 Abs. 3 und 4 AktG). Die Vorschrift über die gesetzliche Rücklage führt zu einer Zwangsthesaurierung, die damit über die gesetzliche Kapitalausstattung hinaus einen Mindestbetrag im Eigenkapital des Unternehmens hält. Die gesetzliche Rücklage ist eine Eigenart der Aktiengesellschaft; für die GmbH existiert keine vergleichbare Vorschrift.

Für AG und GmbH können Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag sog. satzungsmäßige Rücklagen vorsehen (§ 58 Abs. 4 AktG; § 29 Abs. 1 GmbHG). Diese können bspw. vorsehen, dass ein bestimmter Prozentsatz des Jahresüberschusses in die Gewinnrücklage eingestellt wird. Auch diese Formulierungen dienen dem Substanzerhalt der Gesellschaft. Weiter steht es den Anteilseignern frei, unbeschadet der Regelungen in Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag per Beschluss weitere Einstellungen des laufenden Ergebnisses in die Gewinnrücklagen vorzunehmen.

2.2.6 Ausstehende Einlagen

Bei Kapitalgesellschaften muss das haftende Kapital nicht sofort in voller Höhe eingezahlt werden. Bei der GmbH muss mindestens ein Viertel der Stammeinlage eingezahlt werden, beschränkt man sich auf das Mindestkapital von 25.000 €, müssen dies mindestens 12.500 € sein (§ 7 Abs. 2 S. 1 und 2 GmbHG). Wird die Gesellschaft durch nur eine Person gegründet, muss für die ausstehende Einlage eine Sicherung bestellt werden (§ 7 Abs. 2 S. 3 GmbHG). Bei der AG ist mindestens ein Viertel des Mindestnennkapitals von 50.000 € zu leisten, also auch 12.500 €.

Das gezeichnete Kapital wird in satzungsmäßiger Höhe im Handelsregister ausgewiesen, auch wenn tatsächlich nur ein Teilbetrag darauf erbracht wurde. Die Differenz zwischen dem gezeichneten und dem eingezahlten Kapital ist in der Bilanz als ausstehende Einlage auf das gezeichnete Kapital gesondert auszuweisen. Diese Position weist einen Doppelcharakter auf:[9] Zum einen handelt es sich um eine Forderung gegen die Gesellschafter, zum anderen um einen Korrekturposten zum Kapital. Für den Ausweis ist zu beachten, dass es sich bei dem Differenzbetrag zunächst um die in der Summe ausstehenden, also noch nicht geleisteten Einlagen handelt. Diese können ganz oder teilweise auch schon bereits eingefordert sein. Durch entsprechenden Beschluss der Gesellschafterversammlung wird aus der ausstehenden Einlage dann eine echte Forderung gegen die Gesellschafter. Entsprechend der Doppelnatur der Position bestehen handelsrechtlich zwei Möglichkeiten zum Ausweis der ausstehenden Einlage:

1. Nach der sog. Bruttomethode werden die ausstehenden Einlagen auf das gezeichnete Kapital auf der Aktivseite vor dem Anlagevermögen ausgewiesen (§ 272 Abs. 1 S. 2 HGB). Sofern bereits Teile oder die gesamten ausstehenden Einlagen von Gesellschaftern eingefordert wurden, ist dies als Davon-Vermerk in der Bilanz auszuweisen. In diesem Fall unterbleibt der gesonderte Ausweis einer Forderung gegenüber den Gesellschaftern bzw. gegenüber dem Anteilseigner.
2. Ausweis nach der Nettomethode; hier werden die noch nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen auf der Passivseite offen vom gezeichneten Kapital abgesetzt (§ 272 Abs. 1 S. 3 HGB). Die bereits eingeforderten ausstehenden Einlagen werden auf der Aktivseite unter der Bilanzposition ‚Forderungen’ separat ausgewiesen und gekennzeichnet.

§ 272 Abs. 1 S. 3 HGB sieht für die Nettomethode vor, dass der Ausweis auf der Passivseite als „Eingefordertes Kapital“ erfolgen muss. Zu beachten ist jedoch, dass dieses Kapital sowohl ausstehende, aber eingeforderte, jedoch auch bereits geleistete Einlagen umfasst.

2.2.7 Rücklage für eigene Anteile

In den Gewinnrücklagen ist ferner die sog. Rücklage für eigene Anteile auszuweisen. Eine solche Rücklage muss gebildet werden, wenn eigene Anteil erworben werden (§ 272 Abs. 4 Satz 1 HGB).

Voraussetzung für den wirksamen Erwerb ist bei GmbH und AG, dass in Höhe der Anschaffungskosten eine Gewinnrücklage gebildet werden kann. Die auf der Aktivseite ausgewiesenen eigenen Anteile sind in ihrer Werthaltigkeit ja unmittelbar mit dem Unternehmen als solchem verbunden. Es handelt sich um kein Vermögen, auf das die Gläubiger im Insolvenzfall zurückgreifen können. Die passivisch ausgewiesene Rücklage für eigene Anteile stellt gewissermaßen einen Korrekturposten für die aktivisch bilanzierten eigenen Anteile dar. Der Erwerb eigener Anteile ist nur zulässig, wenn eine solche Gewinnrücklage auch tatsächlich gebildet werden kann. Dies kann aus dem laufenden Gewinn oder aber durch die Auflösung von Gewinnvorträgen bzw. einer Kapitalrücklage erfolgen.

Ist weder ein Gewinnvortrag vorhanden noch eine Kapitalrücklage, so ist ein Erwerb nur dann zulässig, wenn unter Berücksichtigung der zukünftigen Geschäfts­entwicklung davon ausgegangen werden kann, dass während der Restlaufzeit des Geschäftsjahres noch ein ausreichender Gewinn erwirtschaftet werden kann, um die Rücklage in erforderlicher Höhe zu bilden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2.8 Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag

Ist das Eigenkapital (also nicht nur das gezeichnete, sondern das gesamte bilanzielle Eigenkapital) durch Verluste aufgebraucht, so ist der Fehlbetrag als ‚nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag’ gesondert am Ende der Aktivseite auszuweisen. Das Unternehmen ist in diesem Fall bilanziell überschuldet. Eine Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne ist damit nicht unmittelbar verbunden, sie kann jedoch ein Hinweis darauf sein. Ob ein Insolvenztatbestand tatsächlich vorliegt, ergibt sich nicht aus der Handelsbilanz. Deren Mengen- und Wertgerüst bildet zwar den Ausgangspunkt, die Überschuldungsprüfung setzt jedoch die Erstellung einer sog. Fortführungsprognose und die Ableitung eines entsprechenden Überschuldungs­status voraus. Ein solcher Überschuldungsstatus berücksichtigt auch stille Reserven und stille Lasten, die nicht in der handelsrechtlichen Regelbilanz erfasst werden.

2.2.9 Sonderposten mit Rücklageanteil

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beispiel 7: Bildung eines Sonderpostens mit Rücklageanteil

Auch die im Sonderposten enthaltenen steuerfreien Rücklagen müssen nach einer bestimmten Zeit auf einen Vermögenswert übertragen werden. Wird dieser abgeschrieben, vermindern sich die planmäßigen Abschreibungen nach Maßgabe der übertragenen Rücklage. Handelt es sich um nicht planmäßig abzuschreibendes Vermögen, fällt spätestens das bei Verkauf oder Abgang zu verbuchende Ergebnis höher (bei Gewinn) oder niedriger (bei Verlust) aus.

In beiden Fällen handelt es sich lediglich um eine Steuerstundung. Die erfolgswirksame (ergebniserhöhende) Auflösung des Sonderpostens ist spätestens dann geboten, wenn der nach den steuerlichen Vorschriften abgeschriebene Vermögensgegenstand aus dem Betriebsvermögen ausscheidet.

Aus diesem Grund entspricht der Sonderposten mit Rücklageanteil materiell vorübergehend unversteuerten Gewinnen. Dies begründet bereits den bilanziellen Ausweis zwischen Eigen- und Fremdkapital. Aus analytischer Sicht ist dem Eigenkapital nur derjenige Betrag zuzurechnen, der dem Unternehmen nach Steuern verbleibt. Bei einer vertiefenden Strukturanalyse der Kapitalseite kann bei Kapitalgesellschaften eine Aufteilung in einen fiktiven Steuer- und Nach-Steuer-Anteil vorgenommen werden.

2.3 Fremdkapital

2.3.1 Bilanzielles Fremdkapital

Unternehmen finanzieren ihre Investitionen nicht ausschließlich durch Eigenkapital. Fremdkapital verbrieft im Unterschied zum Eigenkapital keine Stimm- und Gewinnbezugsrechte, ist grundsätzlich nach einer bestimmten Frist zurückzuzahlen und trägt keine Verluste. Im Insolvenzfall wird es vorrangig vor dem Eigenkapital bedient. Da es keine Verluste trägt und insgesamt gesehen weniger Risiken trägt als das Eigenkapital, sind die Kosten der Kapitalüberlassung (Zinsen) in der Regel günstiger als die Kosten des Eigenkapitals (Dividenden, Rendite zzgl. Kurssteigerung). Aus diesem Grund ist es schon unter Rentabilitätsgesichtspunkten sinnvoll, Investitionen in angemessenem Umfang auch mit Fremdkapital zu finanzieren.

Neben einer unmittelbaren Investitionsfinanzierung durch Darlehen erfüllen auch Lieferungs- oder Leistungsverpflichtungen gegenüber Dritten eine Finanzierungs­funktion, soweit die dafür benötigten Gelder im Unternehmen vorhanden sind, aber noch nicht abfliessen. Fließen bspw. Aufwendungen für zukünftige Pensionszahlungen, den Rückbau von Großanlagen oder die Rekultivierung von Kohlegruben in die Preisgestaltung ein und können diese Preise schließlich auch am Markt durchgesetzt werden, so werden diese Aufwendungen, die noch nicht zu Ausgaben geführt haben, tatsächlich verdient. Der Markt vergütet also in bar Aufwendungen, die bei den Unternehmen erst später zu Ausgaben führen. Die Unternehmen finanzieren sich in diesem Fall durch die Bildung von Rückstellungen.

Vergleichbares gilt für die kurzfristigen Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. Diese sind mit den kurzfristigen Vermögensgegenständen der Aktivseite in einem sog. cash conversion circle verbunden: Das Unternehmen erwirbt Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe auf Ziel, was zunächst zu einer Bilanzverlängerung führt. Daraus werden im Produktionsprozess unfertige, dann fertige Erzeugnisse hergestellt, die schließlich verkauft werden. Im Moment der Lieferung der Ware oder des Produktes bzw. der Abnahme der Leistung durch den Kunden, erfolgt der sog. Wertsprung: Anstelle der bislang zu ihren Herstellungskosten bilanzierten fertigen Erzeugnisse, unfertigen Leistungen oder Waren tritt die zu den jeweiligen Umsatzerlösen bewertete Forderung. Mit Eingang der Forderung verfügt das Unternehmen über die Liquidität, um die auf der Passivseite bilanzierte Verbindlich­keit zu tilgen. Im eingeschwungenen Zustand von Unternehmen sind die Zahlungs­ziele auf den Produktionsprozess abgestimmt. Kundenziel und Umschlagsdauer der Vorräte entsprechen dem Lieferantenziel.

In diesem Fall würde der cash conversion cycle um die 0 Tage betragen. Ergibt sich ein positiver Wert, so werden die Verbindlichkeiten fällig, bevor die Liquidität aus dem Umsatzprozess bereitsteht. Eine zusätzliche Fremd­finanzierung wird erforderlich. Ergeben sich negative Werte, so gelingt es durch Lieferantenkredite, nicht nur den Produktionsprozess, sondern zusätzlich auch Investi­tionen zu finanzieren.

Kapital dient also betriebswirtschaftlich zur Finanzierung von Investitionen und dem Prozess der Leistungserstellung. In bilanzieller Sicht dient das Fremdkapital dem vollständigen Ausweis der Schulden des Unternehmens, zum anderen werden Aufwendungen, die erst in Zukunft zu Ausgaben führen, abgegrenzt.

Das bilanzielle Fremdkapital umfasst zunächst alle Verpflichtungen des Unternehmens, die am Bilanzstichtag in ihrem Betrag und in ihrer Höhe feststehen. Diese werden als Verbindlichkeiten ausgewiesen. Daneben sind Verpflichtungen denkbar, bei denen der Kaufmann zwar weiß, dass er in Anspruch genommen wird, allein sind hier Betrag und Zeitpunkt ungewiss. Schließlich ist denkbar, dass es am Stichtag nicht sicher ist, ob eine Verpflichtung besteht oder nicht. Aus Vorsichtsgründen sind für solche Verpflichtungen, die dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewiss sind, Rückstellungen zu bilden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Systematisierung der Verpflichtungen im bilanzrechtlichen Sinne

Schließlich geht der Kaufmann Verpflichtungen ein, aus denen er nicht mit einer Inanspruchnahme rechnet. Es handelt sich um sogenannte Haftungsverhältnisse, die zwar angabepflichtig sind, aber nicht bilanziert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beispiel 8: Kategorisierung von Verpflichtungen des Kaufmanns

[...]


[1] Vgl. Steiner/Wagner [1993] Sp. 589.

[2] IDW HFA 1/1994 Abschnitt 2.1.1.

[3] Vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, § 120, Rdnr. 5.

[4] Zum System der festen und variablen Kapitalkonten Bundessteuerberaterkammer: Hinweise zum Ausweis des Eigenkapitals bei Personenhandelsgesellschaften im Handelsrecht, DStR 2006, S. 670 f.

[5] Vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, § 120, Rdnr. 13.

[6] IDW HFA RS 7.14.

[7] Vgl. Beck’scher Bilanzkommentar, § 272, Rdnr. 20; ADS, § 272, Rdnr. 19.

[8] Vgl. Beck’scher Bilanzkommentar, § 248, Rdnr. 12.

[9] Vgl. MünchKommHGB, § 272, Rdnr. 7, m.w.N.

Ende der Leseprobe aus 78 Seiten

Details

Titel
Unternehmerische Tätigkeit. Kapitalaufbringung und Rechnungslegung
Untertitel
Unter Berücksichtigung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) 2009
Autor
Jahr
2008
Seiten
78
Katalognummer
V277637
ISBN (eBook)
9783656702474
ISBN (Buch)
9783668138391
Dateigröße
749 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
unternehmerische, tätigkeit, kapitalaufbringung, rechnungslegung, unter, berücksichtigung, bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes, bilmog
Arbeit zitieren
Prof. Dr. Tobias Hüttche (Autor:in), 2008, Unternehmerische Tätigkeit. Kapitalaufbringung und Rechnungslegung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277637

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