Wallenstein. Feldherr des Dreißigjährigen Krieges


Seminararbeit, 2012

27 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Grundlagen der Themenbearbeitung
2.1 Vorüberlegungen
2.2 Fragestellung und Aufbau der Arbeit
2.3 Untersuchungszeitraum
2.4 Quellenlage und Forschung

3. Aufstieg und Fall eines Machtmenschen
3.1 Wallensteins Etablierung
3.2 Wallensteins Aufstieg
3.3 Erstes Generalat
3.4 Wallensteins Abberufung
3.5 Zweites Generalat
3.6 Wallensteins Ende

4. Bewertungen
4.1 Wallenstein als Militärökonom
4.1.1 Kriegsführung
4.1.2 Heeresfinanzierung
4.2 Wallenstein als Kriegsherr
4.3 Wallenstein als Politiker
4.4 Wallenstein als Befehlsverweigerer und Verräter?

5. Zusammenfassung und Schlussbemerkung

6. Bibliographie 246.1 Literaturverzeichnis
6.2 Quellenverzeichnis
6.3 Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein steht in der deutschsprachigen Forschung wie kein anderer Name für den 30-jährige Krieg und besitzt eine Strahlkraft, die sogar seinen Vorgesetzten, den habsburgerischen Kaiser Ferdinand II in den Schatten stellt. Er faszinierte Geschichts- und Literaturwissenschaft gleichermaßen, inspirierte die europäische Kunst und nicht zuletzt auch Friedrich Schiller, dessen monumentales Werk die eingedeutschte Schreibweise des Namens „Wallenstein“ verfestigte. Mehrere tausend Untersuchungen, Werke und Stücke haben Leben und Wirken Wallensteins zum Inhalt und seine immer noch währende Bedeutung und Anziehungskraft lässt sich an aktuellen Inszenierungen des Dramas von Schiller in deutschen Theatern ablesen.[1]

Dabei wird Wallensteins Platz in der Geschichte, ebenso wie seine Errungenschaften und deren Bewertung seit jeher intensiv diskutiert. Bereits kurz nach seinem Tod 1634 setzte die Beschäftigung mit dem Generalissimus ein, erlebte für das 19. und 20. Jahrhundert eine regelrechte Phase der Hochkonjunktur[2] und ebbte nicht zuletzt dank Golo Manns erfolgreicher Biografie aus den siebziger Jahren nie ganz ab.[3] Wallensteins rasanter Aufstieg, sein finanzielles Geschick, sein unternehmerischer Geist, sein skrupelloses Machtgebaren, seine karriereorientierte Vorgehensweise und sein Erfolg, der in seinem ebenso tiefen Sturz gipfelte, sind auch im beschleunigten Jetzt noch aufsehenerregend. Zwar mag dieses Vokabular heute eher an Londoner Bänker erinnern, aber das ist der Stoff aus dem Träume sind und vielleicht lässt sich acuh damit die enorme Tragweite und Faszination dieses Böhmenherzogs erklären. Seine Abgrenzung zu seinen Vorgesetzten, das Überschreiten der Standesgrenzen - was ihn seinen Zeitgenossen als Emporkömmling erschienen ließ -, der Bruch mit dem Kaiser und sein rätselhaftes Ende machen ihn zu einem schwer (be)greifbaren Charakter. Diese Ambivalenz zeichnet verantwortlich für die dogmatisch anmutende Diskussion zwischen apologetischen Wallensteinanhängern und Wissenschaftlern, die in der Debatte um seine Einordnung als verhinderter Friedenstifter, Verräter oder als Attentatsopfer anderen Interpretationen anhängen. Der Konflikt um die Deutungshoheit bemüßigte so manchen Historiker, sich auf die Suche nach der Lösung einer „Wallensteinfrage“ zu begeben. Oftmals spielt für die Rezeption Wallensteins auch „der politische und konfessionelle Standpunkt des Historikers und seine weltanschauliche Verortung eine gewichtige Rolle.“[4] Unabhängig von regionaler Pointierung, kann man den Generalissimus nur begreifen, wenn man sich anhand einer Betrachtung seiner vielschichtigen Wirkungsbereiche – der Vergleich mit Puzzleteilchen sei hier erlaubt – ein Bild der Symbolfigur Wallenstein macht, ohne dabei zwingend einer Wallensteinfrage nachzujagen.

2. Grundlagen der Themenbearbeitung

2.1 Vorüberlegungen

Ein unmittelbarer Zugang zur Materie kann über eine Untersuchung der vorliegenden Quellen gewonnen werden. Es gilt also die Ereignisgeschichte mit Argumenten zu garnieren, wozu die Analyse der Schriftquellen Grundlage und willkommene Hilfestellung bietet. Natürlich kann die Person Wallenstein nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist in einen historischen Gesamtzusammenhang zu rücken, der überregionale Vorbedingungen und Entwicklungen mit einbezieht.

2.2 Fragestellung und Aufbau der Arbeit

Ziel der Arbeit ist es, die Figur Wallenstein in einem ersten Teil in die Zeitgeschichte einzubetten und anschließend die Wirkungsbereiche zu eruieren. Mithilfe der Quellen und Forschungsliteratur soll eine Darstellung und Bewertung des Böhmenherzogs als Unternehmer, Kriegsherr, Finanzier und Kapitaljongleur gelingen, ebenso wie eine Betrachtung seines politischen Wirkens und der Frage nach dem Volksverrat. Der Fokus soll dabei auf Wallensteins Entwicklung gelegt werden, der dreißigjährige Krieg stellt dabei zuvorderst den Handlungsrahmen da.

2.3 Untersuchungszeitraum

Als Untersuchungszeitraum wird die Zeit 1615 an bis zum Tod Wallensteins 1634 gesetzt. So kann der Dreischritt von Etablierung, Aufstieg und Fall nachvollzogen werden, von den ersten Schritten als Kriegsunternehmer im Friauler Krieg 1615 über das erste und zweite Generalat - unterbrochen von seiner Abberufung – bis hin zu seiner Exekution.

2.4 Quellenlage und Forschung

Erfreulicherweise steht für den dreißigjährigen Krieg eine Vielzahl an Schriftquellen zur Verfügung, die sich von kaiserlichen Dekreten, über Mitteilungen, Gesprächsprotokolle, Akten, Briefe und Urkunden erstreckt.[5] Ebenso angenehm ist die Tatsache, dass ausgearbeitete Quelleneditionen existieren, die den Zugang erleichtern. So lässt sich zu einschneidenden Ereignissen häufig ein entsprechender Beleg finden, oder zumindest können diese mit auf Quellen basierenden Erkenntnissen unterfüttert werden.

Ein Versuch der quantitativ erdrückenden Forschung gerecht zu werden, ist zum Scheitern verurteilt, weswegen an dieser Stelle und im Literaturverzeichnis nur auf einige wichtige Biografien, Aufsätze oder Quelleneditionen hingewiesen werden kann.[6] In der Interpretation des Wirkens Wallenstein gibt es oftmals auch politisch oder national motivierte Strömungen, die in Konkurrenz zu einander stehen, wie sich in der tschechischen Forschung gerade im Zusammenhang mit der Schlacht am Weißen Berg erkennen lässt.[7] Für die unterschiedlichen Topoi wie Militär, Politisches oder Unternehmertum gibt es ebenfalls eine Vielzahl an Untersuchungen, wie auch für die verschiedenen Wallensteinbilder in Geschichtsschreibung, Kunst und Kultur.[8]

Für den Moment genügt es, einige Forschungstendenzen zu identifizieren: Vielfaches Sujet der Publikationen war der Wallenstein-Mythos bzw. die Wallensteinfrage und das von Schiller beeinflusste Bild des potentiell edelmütigen Verräters, welches die Grundlage für die Renaissance des Themas im 19. Jahrhundert darstellte. Bis Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts wurde Wallenstein - als Militär mit hochtrabenden Zielen und politischen Ambitionen zur Vollendung eines Nationalstaats - eine fundamentale Tragweite zugeschrieben, und dessen Tod als „Katastrophe“ oder als Bremsklotz für die Staatenentwicklung und den Religionspluralismus im Alten Reich bewertet - eine regelrechte Zäsur.[9] Die aktuelle Forschung zeichnet dagegen - mit dem Hinweis auf fehlende Selbstzeugnisse Wallensteins - ein gemäßigtes Bild, was die politischen Motive, Absichten und Ziele angeht. Der Tenor lautet, dass der General in politischen Fragen und konfessionellen Angelegenheiten auch zurückhaltend agierte und sein Handeln nicht durch ein verborgenes politisches Interesse bestimmt wurde. Vielmehr versuchte Wallenstein seine militärische Machtposition stetig auszubauen und externe Einflüsse auf seine Truppe zu unterbinden: dem Primat der größtmöglichen Autonomie folgend, sogar bis hin zur Missachtung der Befehlshierarchie.

3. Aufstieg und Fall eines Machtmenschen

Nachdem Wallenstein mit der Konvertierung zum katholischen Glauben die Grundvoraussetzung für eine spätere Karriere am Habsburger Hof geschaffen hatte, ist es sein vitales Interesse sich im Umfeld der Entscheidungsträger und Regierungszirkel zu positionieren. Die Heirat mit der begüterten Witwe Lukrezia von Witschkow stattet ihn mit finanziellen Mitteln aus und öffnet das Tor in die Oberschicht des mährischen Adels. Sein Networking zahlt sich erstmals dem Entschluss aus, den designierten Thronfolger Ferdinand in seiner Konfrontation mit Venedig - erfolgreich, wenn auch nicht kriegsentscheidend - zu unterstützen, als er auf eigene Kosten 80 Musketiere und 180 Kürassiere ausrüstet. Eine risikobehaftete Investition, die Früchte trägt, steigt Wallenstein doch so in der Gunst des kommenden Kaisers.

3.1 Wallensteins Etablierung als kaiserlicher Kriegsunternehmer

Ein erneutes Risiko geht Wallenstein im Zuge des böhmischen Aufstandes 1618 ein:[10] Er übernimmt als Oberst der mährischen Stände den Befehl über ein Fußsoldatenregiment, welches zusammen mit zwei Reiterregimenten ursprünglich zur Wahrung der Neutralität (!) aufgestellt worden war und lässt zugleich über Mittelsmänner ein Reiterheer in den Niederlanden anwerben. Im Frühjahr 1619 übernimmt er das kaiserliche Obristenpatent und ist somit parallel Obrist der neutralen mährischen Fußtruppen und seines angeworbenen und von Wien vertraglich verpflichteten Reitertrupps. Als Wallenstein bei den mährischen Truppen die Tendenz erkennt, sich dem Aufstand anzuschließen, setzt er auf das habsburgerische Pferd, entwendet die Ständekasse[11] unter Einsatz von Waffengewalt und begibt sich mit seinem Regiment nach Wien. Die Konsequenzen dieser Aktion sind zweierlei: In Böhmen und Mähren wird er zur Unperson, verliert alle dortigen Besitztümer - bietet so auch eine erste Grundlage für die Einstufung als Volksverräter in mancher Publikation - und am Habsburger Hof wird er als kaisertreuer Gefolgsmann aufgenommen und 1920 Mitglied des Hofrats.

3.2 Wallensteins Aufstieg

Als Profiteur des böhmischen Aufstands gelingt Wallenstein der weitere soziale und militärische Aufstieg: Nach der siegreichen Gestaltung der Schlacht am Weißen Berg durch kaiserliche Militärs mit Beteiligung von Wallensteins Truppen, sehen sich die aufständischen Adeligen und Städte einer Enteignungswelle ausgesetzt, die Wallenstein brillant ausnutzt. Als Militär-Gubernator befriedet er im Auftrag des Kaisers die aufständischen Gebiete mit blutiger Konsequenz, erwirbt unter der Protektion des Souveräns die konfiszierten Güter zu Spottpreisen und findet mit dem Beitritt in das neu gegründete Münzkonsortiums und dem Erwerb des privaten Münzrechts ein weiteres Puzzleteil um seinen Aufstieg perfekt zu machen und entscheidende Kontakte zu knüpfen.[12]

Neben der Deckung von Kriegsdarlehen durch Ländereien seitens Ferdinands, trägt auch Wallensteins gezieltes Kaufen von Gebieten dazu bei, ihn als Feudalherr in Böhmen zu positionieren. Regelrechte Maklertätigkeiten sind im für die Jahre 1621-24 zu attestieren, die die Basis für die Vereinigung seiner Ländereien zum Fürstentum Friedland legen.[13] Abgesehen von finanzieller Konsolidierung, war aber das zeitgleiche Klettern auf der Karriereleiter der habsburgerischen Funktionselite das prägende Leitmotiv dieser Zeit. Beginnend mit der Ernennung zum Obristen von Prag im Januar 1622, über den Erhalt des Lehens Friedland, die Erlangung erblicher Pfalz- und Reichsgrafenwürde im September, wird Wallenstein schließlich am 7.9.1623 in den Reichsfürstenstand (von Friedland) erhoben, wie im entsprechenden Protokoll nachzulesen ist: „So haben Wir demnach bemeldten Albrecht Wenzl Euseby von Waldstein [...] als künftigen Regierer des Hauß Waldstein und Friedland, auch nachgehends von Erben zu Erben [...] in Ewigzeit, in dem Stand, Ehr, und Würde, Unseere und des heiligen Reichs Fürsten gnädiglich erhöbt, gewürdiget, und gesetzet [...].“[14] Durch die Nobilitierung war er endgültig im Establishment angekommen und die Beziehung zum kaiserlichen Hof sollte sich noch weiter intensivieren.

3.3 Erstes Generalat

Hatte Wallenstein bereits seit 1623 mehrmals angeboten für Ferdinand eine Armee aufzustellen und zu führen,[15] willigen der Souverän und sein Hofkriegsrat am 25.Juli 1625 schließlich ein und verkünden, „daß Wir demnach den Hochgebornen, Unßern Kriegsrath, Cammerern und bestelten Obristen, auch Unßern und deß Reichs Fürsten und Lieben Getreuen Wenzel Albrecht Eusebien Hertzogen zue Fridtlandt wegen des gnedigsten vertrauens [...] und dann auch der umb der gueten beywohnenden qualitaeten, Kriegs experienz und erfahrenhait zum General“ der gesamten kaiserlichen Armee im Reich erheben.[16] Der Böhmenherzog rechtfertigt die in ihn gesetzten Erwartungen, wirbt in rasantem Tempo Truppen an, vertreibt mit der Katholischen Liga durch eine Reihe von Siegen Christian IV vom Festland und entscheidet den Niedersächsisch-Dänischen Krieg. Militärische Meriten, in Verbindung mit der Verpflichtung des Kaisers, die enorme Summe zu begleichen, die Wallenstein für die Kriegsführung vorgestreckt hatte, verhelfen ihm zu einem weiteren Herzogtum. Mit der rechtlich fragwürdigen Übertragung[17] des angesehenen Reichsfürstentums Mecklenburg als Erblehen („Wir überlasse [...] obangeregtes Herzogthum Mecklenburg [...] mit allen landesfürstlichen Hoheit, Jurisdiction und Regalien sammt allen Ein- und Zugehörungen, Recht und Gerechtigkeiten [...] sein Unsers Oheimbs und Herzogens zu Friedland“[18] ) vom 1.2.1628 stößt er endgültig in die High-Society der Fürsten vor – eine Entwicklung, die Sorge bereitet, wie sich an zeitgenössischen Reaktionen erkennen lässt.[19] Wenig später wird ihm auch Sagan als Erblehen zugesprochen und zum Herzogtum aufgestuft. Was die Ämterlaufbahn betrifft, geht Wallenstein aus dieser Zeit militärisch hochdekoriert hervor. Am 21.04.1628 erklärt Ferdinand „Alß haben Wir Unß gnedigst entschlosßen, in Ansehnung der ansehnlichen gueten quailiteten [...] Unßeres und des Reichs Fürssten und lieben getreuen Albrechten Herzogen zue Fridtland und Sagen L: zue Unßerm General-Obristen Veldt-Haubtmann zu bestellen“.[20] Mit der gleichzeitigen Ernennung zum General-Obrist Feldhauptmann und zum General des ozeanischen und baltischen Meeres befindet er sich im Jahr 1628 auf dem Gipfel seiner Macht. Aufgrund der Vollmacht, selber Obristen zu ernennen und die Armee al gusto vergrößern zu können, verantwortete er eine „Armee, die sich über das ganze Reich und Dänemark ausbreitete, gl[e]ich einem Koloß“.[21]

Seine Beförderung zum Flottenkommandeur über eine noch nicht existente Flotte impliziert gleichzeitig den Herrschaftsanspruch der Habsburger über die Ostsee. Durch die Verhandlungen über den Lübecker Frieden mit Christian IV geriert sich Wallenstein ebenfalls auf einer bisher nicht dagewesenen Handlungsebene: Als Entscheidungsträger und politisches Subjekt. Der zunehmende Wille, Einfluss zu nehmen und die entsprechende Machtfülle, diesen auch Nachdruck zu verleihen, hatte sich bereits in seiner Oppositionshaltung gegenüber dem Restitutions-edikt am Kurfürstentag 1627 gezeigt.

3.4 Wallensteins Abberufung

Mit Wallensteins wachsender Macht nehmen aber zeitgleich auch die Ressentiments ihm gegenüber überall im Reich zu, welche letztlich zur temporären Abberufung auf dem Regensburger Kurfürstentag 1630 führen. Der Böhmenherzog ist gewissermaßen gezwungen „an zwei Fronten zu kämpfen: nach außen gegen feindliche Armeen, nach inne gegen seine Feinde bei Hofe“.[22]

Eine von den unfassbaren Truppenmassen gebeutelte und durch die Kontributionspraxis belastete Bevölkerung unterstützt Wallensteins Kurs nicht in der Breite, die Quartiergebiete begehren auf. Die Heuschrecken gleichende Plage, die übers Land zieht, frisst die Ländereien von Freund und Feind gleichermaßen auf und Stimmen werden laut, die eine Truppenreduzierung und eine Milderung der Kontributionen fordern. Wallenstein befiehlt ob der Tatsache, dass „bei einem Teil der Regimenter große Unordnung herrsche, keine Disziplin gehalten werde, die Untertanen unterdrückt und geplagt, die Quartiere ruiniert und die Bauern vertrieben werden“[23] in verschiedenen Weisungen (z.B. in obiger an Oberst Conti) die Erneuerung von Zucht und Ordnung. Auch von bisher unerwarteter Seite regte sich Widerstand. Überraschender weise entzieht der madrilenische Hof Wallenstein trotz dessen Unterstützung spanischer Interessen die Gefolgschaft.[24] Für die katholische Kirche ist er als Gegner des Restitutionsedikts ein Dorn im Auge und auch vom Kaiserhof entfremdet er sich zunehmend – durch politisches Agieren einerseits und durch die als drückend empfundene Abhängigkeit des Hofes vom starken Mann im Reich andererseits. Die Antipathie der Standesdünkel hatte sich Wallenstein durch die Durchsetzung militärischer Zwänge gegenüber den lokalen Obrigkeiten zugezogen. Besonders aber die Kurfürsten avancieren aus Angst vor dem mächtigen Emporkömmling[25] und aus Sorge um die deutsche Libertät zu Wallensteins einflussreichsten Gegnern. Der Böhmenherzog droht die Selbstbestimmung der Stände Reichs zu gefährden und das föderalistische Prinzip in seiner alles bestimmenden Machtfülle ad absurdum zu führen. Neben den atmosphärischen Störungen über die Übertragung Mecklenburgs, empörte die Kurfürsten ihre Marginalisierung auf außenpolitischer Ebene. Die kaiserliche Linie, das Reich in eine Auseinandersetzung mit den Generalstaaten zu lotsen, die Nähe zu Spanien und die Verquickung im mantuanischen Erbfolgekrieg[26] empfindet das kurfürstliche Konsortium als Verstoß gegen das Wahlkapitel und Zeichen mangelnden Respekts.

[...]


[1] prominent zuletzt eine zehnstündige Inszenierung aus dem Jahre 2007 durch Paul Stein; in diesem Zusammenhang sei auch auf die Wallensteinfestspiele in Altdorf/Nürnberg verwiesen

[2] Georg Schmid und Victor Loewe zählten alleine bis zum Jahr 1908 2.524 Studien zu Wallensteins Leben (= Mittheilungen des Vereines für Geschichte der Deutschen in Böhmen Bd. 17-49)

[3] Mann, Golo: Wallenstein. Sein Leben. Frankfurt am Main (1983).

[4] vgl. Rebitsch, Robert: Wallenstein. Biografie eines Machtmenschen. Köln (2010), S.10f.

[5] Exemplarisch: Documenta Bohemica Bellum Tricennale Illlstrantia Bd. II-V; ebenso: Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Neue Folge: Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618-1651. Hg. von der Historischen Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaft: Bd. II2 bis II 10; Lorenz, Gottfried: Quellen zur Geschichte Wallensteins (= Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit Bd. 20). Darmstadt (1987) und weitere wie z.B. Hallwich, Hermann:

Wallensteins Ende. Ungedruckte Briefe und Acten. Leipzig (1879)

[6] beispielsweise die populäre Biografie von Mann, Golo: Wallenstein. Frankfurt am Main (1983); und Diwald, Helmut: Wallenstein. München (41999); oder die aus dem tschechischen übersetzte Arbeit von Polišenský Josef und Josef Kollmann: Wallenstein. Zus. z. T.: Feldherr des Dreißigjährigen Krieges. Köln (1997).

[7] So versuchte die tschechische Forschung vordergründig zu ergründen, ob der Herzog sein eigenes (das tschechische) Volk verraten habe; vgl. Rebitsch, Robert (2010), S.10f., vgl. dazu ebenfalls das Wallensteinbild Josef Pekars als genuin tschechischer Nationalheld und dessen kontroverse Rezeption in der Forschung, bei: Bahlcke, Joachim: Geschichtsdeutungen in nationaler Konkurrenz, in: Kampmann, Christoph und Bahlcke Joachim (Hrsgg.): Wallensteinbilder im Widerstreit. Eine historische Symbolfigur in Geschichtsschreibung und Literatur vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (=Stuttgarter Historische Forschungen Bd. 12). Köln (2011), S.279-312.

[8] Eine Synthese der Wallensteinbilder versuchen z.B. der Sammelband Kampmann, Christoph und Bahlcke Joachim (Hrsgg.): Wallensteinbilder im Widerstreit. Eine historische Symbolfigur in Geschichtsschreibung und Literatur vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (=Stuttgarter Historische Forschungen Bd. 12). Köln (2011).

[9] so z.B. der Historiker Sbrik, Heinrich: Wallensteins Ende. Ursachen. Verlauf und Folgen der Katastrophe. Salzburg (1952).

[10] Bezugnahme auf Mann, Golo (1983), S.133ff.

[11] die Ferdinand allerdings der Markgrafschaft Mähren wieder zukommen lässt, weil er sich als böhmischer König das Wohlwollen der Region erhalten wollte

[12] Das Konsortium um de Witte, Liechtenstein, Wallenstein erhält für 6 Millionen Gulden das Recht, von Februar 1622 an ein Jahr lang für die Länder Böhmen, Mähren und Niederösterreich Geld zu prägen, weniger Wallensteins persönlicher Vermögenszuwachs, sondern die Verbindungen zu z.B. de Witte sind der eigentliche „Gewinn“

[13] vgl. zu Wallensteins Anteil am Ausverkauf der Landgüter: Polišenský Josef (1997), S.78ff.

[14] Lorenz, Gottfried: Quellen (1987), S.57.

[15] zu Wallensteins mehrfachen Angeboten an den Kaiser auch: Polišenský Josef (1997), S.99ff

[16] Lorenz, Gottfried (1987), S.97. und vgl. auch Documenta Bohemica Bellum Tricennale Illlstrantia Bd. IV: Der dänisch-Niederdeutsche Krieg und der Aufstieg Wallensteins. Quellen zur Geschichte der Kriegsereignisse der Jahre 1625-1630. Prag (1974), S.54

[17] Die Region stand durch die Ächtung der alten Fürsten überhaupt erst zur Verfügung und wurde von Ferdinand quasi im Geheimen ohne Konsultation der Kurfürsten übertragenen, außerdem zu der Problematik Mann, Golo (1983), S.427ff.

[18] die Übertragungsurkunde in den wichtigsten Passagen - Lorenz, Gottfried (1987), S.156, Anmerkung 1

[19] so offenbart der spanische Marquis in einem Brief an Phillip IV von Spanien fast hellseherische Fähigkeiten, als er die Übertragung Mecklenburgs folgendermaßen bewertet: „Der Kaiser hat durch seine Güte und Nichtbeachtung aller Warnungen den Herzog so mächtig gemacht, dass man sich deshalb der Sorge nicht entschlagen kann; er ist jetzt der alleinige Gebieter und lässt dem Kaiser kaum etwas anderes als den Titel. Er erklärt sich zwar stets als den treusten Diener der kaiserlichen Familie und ist es thatsächlich, aber doch nur, wenn man ihn die absolute Gewalt, wie er sie jetzt innehat, noch weiter handhaben lässt.“, in: Lorenz, Gottfried (1987), S.157; dazu auch Diwald, Helmut (41999), S.407-418

[20] Lorenz, Gottfried (1987), S.158ff.

[21] Polišenský Josef (1997), S.149

[22] ebd., S.212, vgl. auch die folgende Bewertung des mantuanischen Friedensschlusses als „schlimmsten Vertrag, den man je gesehen hatte. Nie zuvor wurde ein Krieg derart militärisch gewonnen und politisch verspielt“ unter dem Eindruck einer Entlassung Wallensteins zur Unzeit

[23] DBBTI Bd. IV (1974), S.287

[24] Die feindselige Haltung des Marquis Aytona, der auch Phllip IV. von der Gefahr überzeugte, die von einem mächtigen Armeeführer Wallenstein ausgehe, ist allerdings nur bedingt nachvollziehbar. So auch: Polišenský Josef, S.146

[25] dazu auch Rebitsch, Robert (2010), S.41-45.

[26] siehe Polišenský Josef (1997), S.189

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Wallenstein. Feldherr des Dreißigjährigen Krieges
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Geschichte)
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
27
Katalognummer
V277517
ISBN (eBook)
9783656701507
ISBN (Buch)
9783656702511
Dateigröße
5642 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wallenstein, feldherr, dreißigjährigen, krieges
Arbeit zitieren
Bernhard Weidner (Autor:in), 2012, Wallenstein. Feldherr des Dreißigjährigen Krieges, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277517

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