4CID-Modell am Beispiel eines Bildungswissenschaftlers im Bereich Schulbildung

4CID-Schulungskonzeption zur Kompetenz „Einen Sachtext zusammenfassen“ für Schüler


Hausarbeit, 2014

16 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Theoretischer Exkurs

3 Hierarchische Kompetenzanalyse

4. Bildung von Aufgabenklassen

5 Entwicklung von Lernaufgaben

6 Prozedurale und unterstützende Informationen

7 Part-task Practice

8 Didaktische Szenarien

9 Fazit

Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Sequentialisierung der Aufgabenklassen und ihre vereinfachenden Annahmen (eigene Darstellung)

Tabelle 2: Prozedurale und unterstützende Informationen (eigene Darstellung)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Fertigkeitenhierarchie (eigene Darstellung) 9

1. Einleitung

Zielsetzung: Mit dieser Arbeit soll dargestellt werden, wie mit Hilfe des von Van Merriënboer (Van Merriënboer et al., 2002) entwickelten Vier-Komponenten-Instruktionsdesign-Modell, auch 4CID-Modell genannt, Schüler auf die Zusammenfassung eines Sachtextes trainiert werden können. Um den Lesefluss nicht zu beeinträchtigen, wird die männliche Bezeichnung gewählt. Dies soll keine Art der Benachteili­gung darstellen. Gemeint sind immer beide Geschlechter.

Aus der PISA-Studie geht hervor, dass sich der Deutschunterricht verstärkt den Strategien der Informationsentnahme und -verarbeitung widmen muss, damit die Heranwachsenden den wandelnden Ansprüchen in der zukünftigen Arbeitswelt, der starken medialen Präsenz von Sachtexten im Internet, sowie den Anforderungen bei der Bewältigung des Alltags gewachsen sind. Durch das Lesen und Zusammenfassen sachorientierter Texte eignen sie sich neues Wissen an. Die intensive Auseinandersetzung mit einem Thema und das Verarbeiten vielfältiger Informationen aus verschiedenen Sachtexten erweitert das Vorwissen zu unterschiedlichen Themen. Ein wichtiger pädagogischer Auftrag in diesem Zusammenhang besteht darin, Heranwachsende zur Bewältigung von Lebenssituationen außerhalb der Schule zu befähigen. Sachtexte sind geschriebene Texte, die in ihrem Umfang von wenigen Sätzen bis hin zu einem Sachbuch reichen. Die Zusammenfassung altersgerechter Sachtexte im Unterricht trägt dazu bei, die Informationsentnahme in lebensnahen Kontexten einzuüben. Im Zusammenhang mit der Arbeit an Texten ist vor allem auf eine altersgerechte und motivierende Textauswahl zu achten.

4CID-Modell: Speziell für das erfolgreiche Erlernen komplexer kognitiver Fähigkeiten (Bastiaens, Deimann, Schrader & Orth, 2013, S. 90) entwickelte Van Merriënboer ein Instruktionsdesignmodell. Das Modell bezieht sich explizit auf Training, d.h. im Vordergrund steht die Vermittlung von Handlungswissen. Es soll die Lernenden dazu befähigen, die gelernten Inhalte auf neue Situationen zu übertragen. Das Modell besteht aus den mit Hilfe eines Blueprints erläuterten Entwurfskomponenten: Lernaufgaben, unter­stütz­ende Informationen, Just-in-time Informationen sowie Part-task Practice.

Da die Aufgabe „einen Sachtext zusammenfassen“ für den Schüler einen systematischen Prozess darstellt, eignet sich eine Schulung der Kompetenz auf 4CID-Basis, weil diese für das Training komplexer kognitiver Fähigkeiten entwickelt wurde und den Anspruch von Transferleistungen berücksichtigt (Van Merriënboer et al., 2002).

Szenario: Der vorliegende 4CID-Entwurf wird für die Schüler der 7. Jahrgangsstufe (21 Schüler) des fiktiven Gymnasiums „Beda Weber“ in Kaufbeuren entworfen. Sie lernen im Fach Deutsch einen Sachtext zusammenzufassen. Auf eine altersgerechte und motivierende Textauswahl wird besonders geachtet. Schon das Auffinden treffender Sachtexte zu einem bestimmten Thema stellt oft eine Herausforderung dar. Die Schüler haben bisher Strategien kennengelernt, wie sie in der Bibliothek als auch im Internet auf schnellstem Wege geeignete Sachbücher bzw. -texte finden. Da sie in den verschiedenen Unterrichtsfächern künftig vermehrt Vorträge, Präsentationen und Kurzinformationen zu sachspezifischen Themen ausarbeiten müssen, ist es an der Zeit eine Grundlage dafür zu schaffen und sich intensiv mit Informationen auseinanderzusetzen und das Zusammenfassen eines Sachtextes einzuüben. Nicht immer wird dem Schüler gleich viel Zeit für die Vorbereitung eines Vortrages zur Verfügung stehen, z.B. wenn der Schüler ihn als Erster der gesamten Klasse halten muss oder genau im Bearbeitungszeitraum auch vermehrt außerschulische Verpflichtungen, z.B. häufigeres Kunstturntraining aufgrund einer Vorführung, anstehen. Der verfügbare Zeitrahmen hängt natürlich auch vom Lehrenden und anderen verpflichtend auszuführenden Aufgaben ab. Auch mit zunehmender Länge und Fremdwörteranteil eines Sachtextes erhöht sich die Komplexität entsprechend. Eine wesentliche Rolle bei der Zusammenfassung spielt natürlich auch der Inhalt. Ist er für den Lernenden lebensnah, findet er schneller Zugang zum Sachtext und folglich fällt ihm auch die Zusammenfassung leichter. Um diesen Herausforderungen gewachsen zu werden, wird die Kompetenz „einen Sachtext zusammenfassen“ in variierenden Lernaufgaben trainiert. Das Gymnasium verfügt über zwei Computerräume mit je 25 PCs, welche eine Netzwerkumgebung darstellen.

Überblick: Im Verlauf der Arbeit werden zunächst theoretische Überleg­ungen zum 4CID-Modell aufgezeigt und eine Bezugstheorie des Modells beschrieben. In einem zweiten Teil werden einige Schritte des Vier-Komponenten-Instruktionsdesign-Modells, auch 4CID-Modell genannt, beschrieben. Schüler, welche die Kompetenz „einen Sachtext zusammenfassen“ erwerben, dienen hier als Muster. Hierbei geht es erst um die Ausarbeitung einer Fertigkeitenhierarchie, dann werden die verschiedenen Aufgabenklassen sequentialisiert, mit Hilfe des Prinzips der vereinfachten Annahmen und deren Ausarbeitung. Es werden ferner Lernaufgaben entwick­elt und Beispiele für prozedurale und unterstützende Informationen dargestellt. Dann folgen Angaben über zusätzliche repetierende Übungen (Part-task Practice) (Bastiaens et al., 2013, S. 93) und über die Umsetzbarkeit zweier didaktischer Szenarien. Die Arbeit wird mit einem Fazit beendet, welches die Verortung der einzelnen Elemente des vorlieg­enden Schulungsentwurfes im ADDIE-Phasenmodell aufzeigt und Stärken als auch Schwächen darlegt.

2. Theoretischer Exkurs

Pfadabhängigkeit: In Deutschland sind die Ansätze der Allgemeinen Didaktik stärker verbreitet als Ansätze des Instruktionsdesigns. In der Fachdiskussion werden die klassischen didaktischen Modelle, die im Wesentlichen aus der langen europäischen pädagogischen Tradition entstanden sind, häufig gegen das Instruktionsdesign gestellt, das aus dem amerikanischen Raum stammt und als vorwiegend umsetzungs- und ergebnisorientierte, deshalb auch technikfreundliche Disziplin gilt. Die Modelle der Allgemeinen Didaktik entstanden auf dem Hintergrund Studierende des Lehramts auf die Unterrichtspraxis vorzubereiten. Dazu wurden methodische Vorgehensweisen entwickelt, um Unterricht beschreibbar und reflektierbar zu machen. Die Modelle der Allgemeinen Didaktik beziehen sich damit traditionell auf schulischen Unterricht. Mit der Zeit etablierte sich auch hier die Medienthematik, konzentrierte sich aber zunächst nur auf die Institution Schule. Die Entwicklungen, Grundlagen und Regeln der Allgemeinen Didaktik bürgerten sich ein und wurden zur Routine, welche bis in die Gegenwart hinein wirken. Diese in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen unterliegen einer gewissen Historizität, welche die zukünftige Entwicklungsrichtung in maßgeblicher Weise beeinflusst, weil die Stabilitätsneigung pfadabhängiger Prozesse in aller Regel als hoch eingestuft wird. Im Zusammenhang mit Pfadabhängigkeiten ist häufig von einem Zustand des „Locked In“ (Klebl, 2013, S. 71) die Rede, was die Assoziation nahe legt, dass Pfadabweichungen oder -wechsel als reine Ausnahmefälle oder gar als unmögliche Ereignisse zu betrachten sind. Dies ist vermutlich einer der Faktoren für die Bevorzugung der Ansätze Allgemeiner Didaktik in Deutschland.

Ein weiterer Faktor ist möglicherweise, dass die Verfolgung bereits eingeschlagener Pfade ökonomischen Nutzen verspricht (Klebl, 2013, S. 71). Pfadabhängigkeiten schaffen Erwartungssicherheit und mit der anhaltenden Gel­tung entwickelt sich ein Interesse an ihrer Aufrechterhaltung. Nebenbedingungen der Aufrechterhaltung sind die hohen Gründungskosten einer Entwicklung. Ein Pfadwechsel wäre mit hohen Transaktionskosten belastet, werden Entwicklungen beibehalten, sichert dies geringere Kosten. Die fehlenden anerkannten deutschen Lehrbücher zum Instruktionsdesign bekräftigen diese Annahme.

Unterschied zwischen Didaktik und Instruktionsdesign: Der Begriff Instruktionsdesign geht auf den amerikanischen Psychologen und Pädagogen Robert Mills Gagné zurück. Es handelt sich um einen lern- bzw. kognitionspsychologischen Ansatz. Damit grenzt er sich von der Allgemeinen Didaktik ab, die im Wesentlichen geisteswissenschaftlich begründet ist. Instruk­t­ions­design bezieht sich im Gegensatz zur Allgemeinen Didaktik, welche sich eher mit dem schulischen Unterricht befasst, nicht nur darauf, sondern allgemein auf das Lernen und Lehren in verschiedenen Umgebungen, dabei bildet die außerschulische Weiterbildung einen der Hauptschwerpunkte (Seel, 1999). „Instruktion“ bezeichnet jedes systematische Arrangement von Umgebungsbedingungen, welches geeignet ist, Kompetenzen zu fördern. Damit ist der Begriff deutlich weiter gefasst als „Unterricht“ oder „Lehre“. Die Allgemeine Didaktik wird seit dem 20. Jahrhundert als Wissenschaft des Lehrens und Lernens bezeichnet, während das Instruktionsdesign eine andere Herangehensweise an das Lehren und Lernen bezeichnet und zwar eine systematische Vorgehensweise zur Gestaltung und Entwicklung von Lernumgebungen (Bastiaens et al., 2013, S. 31).

Bezugstheorie: Das 4CID-Modell baut auf zahlreichen schon existierenden psychologischen Theorien auf. Eine davon ist die „Cognitive Load Theory“ (CLT). Der Begründer der CLT ist John Sweller, ein australischer Lernpsychologe. Die Theorie wird in der Publikation „Cognitive Load Theory and Instructional Design: Recent Developments“ von Paas, Renkl, & Sweller (2003) näher beschrieben und befasst sich mit drei Arten der kognitiven Belastung beim Lernen. Die intrinsische kognitive Belastung (intrinsic cognitive load) meint die Belastung durch die Komplexität des Lernmaterials. Die extrinsische kognitive Belastung (extraneous cognitive load) bezeichnet die Darstellung und Gestaltung des Lernmaterials und die lernbezogene kognitive Belastung (germane cognitive load) bezieht sich auf den Aufwand für den Lernenden, das Material zu verstehen (Paas, Renkl, & Sweller, 2003, S.1ff). Das 4CID-Modell überträgt die Annahmen und Erkenntnisse der Cognitive Load Theory (CLT) in ein Instruktionsdesignmodell. Dabei beschränkt das Modell in Übereinstimmung mit der CLT die Hauptanforderung bei der Gestaltung von Lernumgebungen auf die Beachtung der Begrenzungen des Arbeitsgedächtnisses:

„[...] limited working memory is no doubt the most central aspect of human cognitive architecture. There are many factors that an instructional designer must consider, but the cognitive load imposed by instructional designs should be the preeminent consideration when determining design structures.” (Van Merriënboer, Kirschner & Kester, 2003, S.12)

Das 4CID-Modell soll die Bearbeitung komplexer Aufgaben in authentischen Lernumgebungen erleichtern helfen, da besonders Neulinge hierbei oft überfordert sind (Van Merriënboer et al., 2003, S. 5ff.). Zwei Einsetzmöglichkeiten sind generell möglich. Zum einen kann der intrinsische Load verringert werden, indem das komplexe Problem in Teilaufgaben gegliedert wird. Dies birgt allerdings die Gefahr, dass der spätere Transfer auf neue Problemsituationen nicht möglich ist. Das 4CID-Modell präferiert deshalb die Sequentialisierung der Lernaufgaben, hier wird der extrinsische Load z.B. durch das Bearbeiten von bereits ausgearbeiteten Lösungsbeispielen verringert, die Komplexität des Materials (= sein intrinsischer Load) allerdings bleibt bestehen. Die Lernenden betrachten die Problemstellung von Anfang an ganzheitlich und die Lehrmaßnahme beginnt mit der einfachsten und dennoch authentischen Aufgabe. Verschiedene Lernaufgaben setzen eine Einfach-zu-Komplex Sequenzierung um. Sie variieren im Ausmaß der in den Aufgaben enthaltenen Lernhilfen: von hoher Hilfe bei den ausgearbeiteten Lösungsbeispielen oder Imitationsproblemen über mittlere Hilfestellung bei den Vervollständigungsproblemen, bis hin zu den Formaten der Zielfreien und Konventionellen Probleme ohne Hilfe (die praktische Um­setzung einiger Formate wird unter Punkt 5 „ Lernaufgaben“ beschrieben). Die Abfolge der Aufgabentypen passt den extraneous Load dem Vorwissen der Lernenden an. Das Bearbeiten von komplexen Gesamtaufgaben kann außerdem dadurch erleichtert werden, dass zunächst einfache Ver­sion­en der Gesamtaufgabe (siehe unter Punkt 4 „ Aufgabenklassen“) bearbeitet werden und dann immer schwierigere, womit der intrinsische Load beein­flusst wird. Beide Ansätze kommen im Rahmen des 4CID-Modells gemeinsam zum Einsatz.

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Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
4CID-Modell am Beispiel eines Bildungswissenschaftlers im Bereich Schulbildung
Untertitel
4CID-Schulungskonzeption zur Kompetenz „Einen Sachtext zusammenfassen“ für Schüler
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
1
Autor
Jahr
2014
Seiten
16
Katalognummer
V277431
ISBN (eBook)
9783656704652
ISBN (Buch)
9783656707646
Dateigröße
660 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
4CID-Modell, FernUniversität Hagen, Modul 2B, Instruktionsdesignmodell, Blueprint, Bildungswissenschaftler, Deutschunterricht, Sachtext zusammenfassen, Mediendidaktik
Arbeit zitieren
Veronika Mayr (Autor:in), 2014, 4CID-Modell am Beispiel eines Bildungswissenschaftlers im Bereich Schulbildung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277431

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